Sustainable Switzerland (D)

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Special Nachhaltig handeln

Rechenzentren

WieClouds demKlima zusetzen

Biodiversität

Lebensgrundlagen in Gefahr

Olympische Spiele in Paris

Schneller, höher, nachhaltiger

Samstag, 22. Juni 2024 CH-8021Zürich·Telefon +4144258 16 98 ·nzzone.ch PIXABA Y
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Hitzetauglich?

Parisbei 50 Grad

Klima&Energie Schon bald dürfte die französischeHauptstadt mit neuen Höchsttemperaturen zu kämpfen haben. Derzeit wächst die Sorge,dass man für diese Auswirkungen des Klimawandels nicht ausreichendgerüstet ist. BETTINA KAPS

25. Juni 2032,achtUhr früh. Zeit für die Nachrichten.«Seit zehnTagen liegtParis unter einer nie dagewesenenHitzeglocke.Der Wetterdiensthat schon44,7 Grad gemessen, aber es kommt schlimmer. Wirerwarten Höchstwerteum50 Grad»,sagteineSprecherin.

Die fiktive TV-Sendung ist Teil des Krisenszenarios «Paris bei 50 Grad». So heiss wird es in der französischen Hauptstadt noch nicht. Der bisherigeRekord aus dem Jahr 2019 beträgt 42,6 Grad. Aberschon das ist unerträglich.Die Fachzeitschrift «The Lancet Planetary Health» hat ein Negativ-Ranking veröffentlicht, wonach Paris bei Hitzewellen die tödlichste MetropoleinEuropa ist:Vonden 854 Städtenund städtischen Gebieten, die in die Untersuchung einbezogen waren, wies die französische Kapitale in allen Altersgruppen das höchste temperaturbedingte Sterberisikoauf,gefolgt von Amsterdam undZagreb.

Krisenszenarien durchgespielt

Die Frage drängt: Wiesehr undwie schnell muss sich Paris verändern, um auch im Sommer bewohnbar zu bleiben? Um Antworten zu finden, hat das Rathaus im vergangenenOktober erstmalig eine Katastrophenübung Hitzeab-

gehalten. Pénélope Komitès,beigeordnete Bürgermeisterinfür Resilienz,also dieWiderstandsfähigkeit derStadt will den Pariserinnen und Parisernzeigen, «dass wiruns vorbereiten und Lösungen suchen, damitdie Menschen auch in Extremsituationen möglichst normal lebenkönnen».Bei dergross angelegten Übungwurden unter anderem Stromausfälle simuliert und Evakuierungsmassnahmen durchgespielt. «Die Anwohnersollen mit solchen Szenarien vertraut undzuAkteurengemacht werden»,soKomitès

Neugepflanzte Wäldchen sollen kühle Inseln bilden

Handeln sollenauchdie Wohnungseigentümer.Deshalb gibt es einstädtisches Förderprogramm, das zum«ÖkoRenovieren»motivieren will. «Wir rechnendamit,dassesinParis so heiss wer-

bkw.ch/lebensräume

den wirdwie im spanischenSevilla, mit Temperaturen bis zu 50 Grad, spätestens im Jahr 2030. DieStadt muss sich darauf einstellen»,sagt DanLert, beigeordneter Bürgermeisterfür ökologischen Wandel und den Klimaplan.

Schlecht isolierte Dächer

Ein Grossteil der Wärme, die eineStadt im Sommer speichert, kommt von den Dächern. In Paris sind fast 80 Prozent allerGebäudemit Zink undSchieferbedeckt. Und die wenigsten sind isoliert. Diegraue Dachlandschaft mitden vielenMansardenist den striktenStilvorgaben des Stadtplaners George Eugène Haussman zu verdanken, der Parisvor 170Jahren modernisierte.Für die flachen Abschnitteist Zinkblech das beste Material. DiesteilenAbschnitte sind traditionell mitSchiefergedeckt. Neues Zinkbleck ist hell und reflektiert etwa 50 Prozent derSonneneinstrahlung.Es erhitzt sich zwar schnell, kühlt aber auch rasch wieder ab –vorausgesetzt, das Dach istgut isoliertund belüftet.

Ein Fünftel aller Gebäude in Paris wurde nach demZweitenWeltkrieggebaut. Viele sind noch schlechter isoliert als die GebäudeimHaussmann-Stil. Ob alt oderneu: Eine MillionPrivatwohnungen in Parissind Teil einer Wohneigentümergemeinschaft. Derzeit werdenpro

DurchschnittlicheAnzahlder Hitzewellentage proJahrin ausgewähltenLändern EuropasimZeitraum1980bis 2024

Quelle: Statista (Stand:Februar 2024)

Jahr etwa 2000 Privatwohnungen saniert. DasZiel sind 40000 –der Wegist also noch weit. Dasehrgeizige Klimazielder Stadtlautet: DerEnergieverbrauchaller Wohnungen soll halbiert werden. 2023 hat der Stadtrat auch das Projekt eines neuen Flächennutzungsplans verabschiedet, den er «bioklimatisch» nennt. Dasheisst: Bei jedem Bauvorhaben sollen auchkühle Inseln entstehen, Zufluchtsorte. Undweil Bäumebekanntlich dasbeste Mittel gegen Hitze sind, soll Parisum300 Hektar grüner werden Dochdie Suchenach freien Flächen ist mühsam. Zunächst werden vorallem Schulhöfe,Plätze und Strassen entsiegelt und bestehendeParkanlagen erweitert. Oberbürgermeisterin Anne Hidalgo will in ihrerAmtszeit 170000 Bäume pflanzen. Einige davon sollen zu «forêts urbaines» heranwachsen. Der erste «urbane Wald» wurde kürzlich aufeinem Platz im Montparnasse-Viertelgepflanzt. Wo

früher nackter Asphalt war,wachsen jetzt470 Bäume,dicht an dicht. «Im diesemWäldchen mit seiner kleinenLichtung wirdesvier Grad kühler sein als ausserhalb», verspricht Hidalgo. Tangui Le Dantec,Dozent fürUmwelttechnik undangewandte Ökologie,ist skeptisch: «Das komplexe ÖkosystemWald funktioniertnicht auf Befehl. Die Bäume haben viel zu wenig Erdreich proWurzel, siewerden verkümmern. Und mit dem komplexen Ökosystem eines Waldes,seiner vielfältigen Faunaund Flora hatdie Anlage rein garnichts gemein.» Eine Aufgabe aber hat nun höchste Dringlichkeit: Die Stadtwill eine Liste erstellen mitallenÖrtlichkeiten,die alsZufluchts-und Frischeräume geeignet sind. Die Sorgewächst, dass es im Juli undAugustunerträglichheiss werden könnte.Genau dann,wenn Parisdie Olympischen Spiele austrägt (s.Seite 7) und 15 MillionenGästeerwartet werden

2 Special Nachhaltig handeln Samstag, 22.Juni2024 Maximiert den winn re irm Mit eigenerStromproduktion
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eigener Stromproduktion sparen und etwas für die Umwelt tun.
1980–1984 1985–1989 1995–1999 1990–1994 2005–2009 2000–2004 2015–2019 2020–2024 2010–2014 0 2,5 5 7,5 10 12,5 15 Frankreich Deutschland Schweiz Du rc hs ch ni tt li che An za hl de rT age
Spanien Griechenland Italien

DerUkraine-Krieg hatFolgenfür dieSchweizer Strompolitik

Meinung Handeln istbesser alsNichthandeln,wenneineEnergiekriseverhindert werden soll: DasSchweizer Stimmvolkauf demlangenWeg in dieKlimazukunft. VonFelix E. Müller

Alle reden nun von Albert Rösti, aber man sollte Wladimir Putin nichtvergessen. Dass fast 70 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger Ja zum neuen Stromgesetz gesagt haben, darf sicher zu einem guten Teil dempolitischen Geschickdes Berner Oberländers zugeschriebenwerden, der noch als Parlamentariereine mehrheitsfähige Vorlage gezimmert unddieseals Bundesrat im Wahlkampf geschickt vertretenhat. Aberohne den russischen Diktator wäre es am 9. Juni vielknapper geworden Rückblende:Am13. Juni 2021 lehnte dasStimmvolk das CO2-Gesetzab, das als grosser Sprung vorwärts Richtung klimaneutrale Energiezukunftgalt, wie sie die bundesrätliche Energiestrategie 2050 definiert. Die Gegner des Gesetzes bemängelten aber,das Gesetz bringe eine übermässige Verteuerung vonBenzin und Heizöl; Fliegenwerde verteuert; beim Neubau von Gebäudenwürden viel zu rigorose Klimaschutzzielevorgeschrieben. Als Gesamtpaket wirkte das vorgeschlagene Gesetz offensichtlichfür viele allzu dirigistisch.

Breiter abgestützt

Bern nahm einen zweiten Anlauf, der unter dem Namen Stromgesetz firmierte.Dieserwollte die wichtigsten Kritikpunkte entschärfen. Subventionen ersetzten Vorschriften, dieUmweltverbände wurdenindie Vorbereitungsarbeiten eingebunden, einrunderTisch fand einen Kompromiss beimAusbau der Wasserkraft. Insgesamt zeichnete sich diese zweite Version dadurch aus, dass er breiter abgestützt war und auf staatlichen Dirigismus weitgehend verzichtete.Das hiess: Er verfügte über bessereChancenander Urne,obwohl dann die SVPunter demEinflussder Familie Blocher eine Kehrtwende machte und erneut dieNein-Parole beschloss.Dabei hatte dieParteiimParlamentdas Stromgesetz nochunterstützt. Dasgingdann manchen Parteiexponentendoch zu weit; einige SVP-Parlamentarier schlossen sich deswegen demonstrativ dem befürwortenden Komitee an.

Doch fast so wichtig wie das politische Geschickvon Rösti fürdas Ja war ein anderes Ereignis,das zwischen den beidenAbstimmungen die Welt und auch die Schweiz erschütterte: Am 24. Februar 2022 überfiel Russland die Ukraine.Dieses Ereignis hat die Stimmungslage der Schweizer Bevölkerung geradeinder Energiepolitik massgeblich verändert. Europa drohte plötzlich eine Energiekrise, weil Putin Erdgasund Erdöl als Waffegegen denWesten einsetzte.Die Schweiz gehörte zu den potenziellen Opfern, weilsie im Winter auf Stromimporte aus dem Ausland angewie-

sen ist. Sollte es dort zu einer Mangellage kommen,erschien es nun alshöchstunsicher,dassdie Nachbarländer dannnoch Strom in die Schweizexportieren würden. Dass einoffiziellerVertreter der Energiebranche dieSchweizerinnenund Schweizer im Herbst 2022 aufforderte, Kerzenvorräte anzulegen,illustrierte

SchweizerElektrizitätserzeugung

das Ausmass des Schocks, den Russlands AggressioninBezug auf die Energiesicherheit in der Schweiz auslöste. Wie prekär es um diese stand, wurde jetzt allen schlagartig bewusst.Und damitauch dieEinsicht,dass nach Jahren des energiepolitischen Stillstands,des fruchtlosen Pingpongszwischenden verschie-

InländischeProduktion 2022 in Gigawattstunden(GWh) Quelle: BFS2023

thermische Kraft- undFernheizkraftwerke

diverseerneuerbare Energien¹ Kernkraftwerke Wasserkraft: Speicherwerke2 Wasserkraft: Laufwerke

¹Holzfeuerungen,Biogasanlagen,Photovoltaikanlagen,Windenergieanlagen ²Abzüglich VerbrauchSpeicherpumpen

denen Interessengruppen endlichgehandelt werdensollte.EineAblehnung des Stromgesetzes hätte diese Pattsituation nochmals um Jahreverlängert, was die Mehrheitder Stimmbürgerinnenund Stimmbürger offensichtlich als fahrlässig beurteilte.Nichthandeln erschien nun als dieschlechteste aller Optionen.

Vielzahl von Massnahmen

Die Zustimmung zumStromgesetz bringt zunächst einmal eine Bestätigung, dass dieSchweizerinnen undSchweizer am Grundsatz festhalten wollen,aus den fossilenEnergieträgern auszusteigen. Deswegen befürwortensie eine Förderung von CO2-freien Energiequellen wie Photovoltaik, Windkraft oder Wasserkraft.Aberdies geschiehtnicht miteiner grossen Geste, sondern einer Vielzahlvon Massnahmen,die dann im konkreten Anwendungsfallnoch heftig umstritten sein werden. Um eine Vision, wie gewissermassen auf einen Schlag die Energiezukunft 2050 erreicht werdenkönne,handelt es sich also nicht. Die letzte Vision in diesem Politikgebiet stellte der Ausstieg ausder Kernkraft dar,den die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkelnachder Katastrophe im AKWFukushimadurchdrückte

und der von der Schweizkopiert wurde. Mittlerweile weiss man, dass daraufin Deutschland dieAbhängigkeit von der schmutzigenKohle und von Putins Gaslieferungenmassiv zunahm.

Viele hegen längst second thoughts, was diese Vision betrifft. Die Schweizerinnen und Schweizer,solchen ohnehin abhold,haben sich in derEnergiepolitik nundezidiert einempragmatischen Vorgehen verschrieben. Die Zukunft liegt weit weg und ist nebelverhangen; der WegdorthininvielerleiHinsicht noch unklar,weshalb dieser nun Schrittfür Schrittbeschrittenwerden soll. In der Tat sind dieHerausforderungen immernoch gewaltig.Der Stromverbrauch wirdin dennächsten Jahrzehntenmassivzunehmen. Grund dafür sind etwa der wachsende Anteil an Wärmepumpen für die Gebäudeheizung oder die Umstellung auf E-Mobilität im Verkehr.Aber auch das starkeBevölkerungswachstum bringt eine stetigeZunahme derNachfrage

Braucht es am Ende doch Gaskraftwerke als Back-up für den Winter?

Diebis jetztbeschlossenen Massnahmenwerdenjedenfalls nichtausreichen, um diese StromlückeCO2-frei zu füllen, vorallem nicht, wenn dann noch die AKWs abgeschaltet werden sollen. So werden neue Debatten und neue Entscheidungen aufdie Schweizerinnen und Schweizer zukommen. Wieweiter mit der Atomenergie? Wielassen sich dieNetze rasch so ausbauen, dass siemit demneuenEnergiemixmit seinen stark wechselnden Belastungen zurandekommen? Welche Folgen hat es,wenn die Verhandlungen mit der EU scheitern undein StromabkommeninweiteFerne rückt? Braucht es am Ende doch Gaskraftwerkeals Back-upfür denWinter? Oder doch mehr Zwang und Dirigismus? Die Schweizer Energiepolitik befindet sich im Umbruch.Esist kein UmbruchimSinneeinessingulärenEreignisses,sondern ein Umbruch als Prozess,der sichüber einige Jahrzehnte hinziehen wird. Nach der Abstimmung ist folglich vor der Abstimmung,und zwarnoch einige Male.

SustainableSwitzerland:Nachhaltigkeitsinitiative derNZZ erfolgreichauf Kurs

DieMenschheitsteht aktuell voreiner Vielzahl von Herausforderungen und Gefahren, man denkenur an die geopolitischen Spannungen im Nahen Osten oder an Russlands Krieg gegen die Ukaine.Gleichwohl bleiben Nachhaltigkeitsthemen ganz oben aufder Agenda –auchinder Schweiz. Stichworte: Klimawandel, Gesundheitswesen, Altersvorsorge,Umweltschutz, Energiesicherheit Gefragt sind überzeugende Lösungen und wirksame Fortschritte.Genauhier setzt Sustainable Switzerland an: Zusammen mit starken Partnern aus Wirtschaft

undWissenschaftleistet die2022gegründete Initiative des Unternehmens NZZ einenwichtigenBeitrag,umdie nachhaltigeEntwicklungder Schweiz zu beschleunigen.Zugleich trägt sie dazu bei, nachhaltiges Unternehmertum zu fördern, in der Bevölkerung sichtbar zu machen und gemeinsam voranzutreiben.

Millionen-Reichweite

DieInitiative erreichtheute mehr als 4,2 Millionen Menschen und inspiriert am jährlichen Sustainable Switzerland

Forum zahlreiche Entscheidungsträger aus der Unternehmens-und der Hochschulwelt (s.Seite 7).Neben weiteren Events in der ganzen Schweiz machen die umfangreichen Medienkooperationen, Kommunikationskampagnen, Social-Media-Aktivitäten und Partnerschaften –wie künftig mit dem Verkehrshausder SchweizinLuzern–Nachhaltigkeitauchfür diebreiteÖffentlichkeit erlebbar.

Einoffenes Netzwerk fürdie Macher vonheute und morgenbildet derSustainable Switzerland Entrepreneurs Club

Die aktuellmehrals 100Mitglieder profitieren vom engen Austausch untereinander underhaltendurch den Kontakt mit hochkarätigen Expertinnen undExperten vielfältige Impulsefür diePraxis

Informationsportal

Als zentrale Informationsplattform der Initiative dient das Onlineportal sustainableswitzerland.ch mit einer Fülle an spannenden Berichten, Analysenund Videointerviewszuaktuellen Themen. Einmal wöchentlich erschei-

nen die Top-Storys zudem im NZZNewsletter «Planet A»,verfügbar per E-Mail oderauf LinkedIn. Mitder SustainableSwitzerlandAcademy fördertdie Initiative auch gezielt denWissensaufbau beikleinen undmittlerenUnternehmensowie bei Professionals.Das modulare Bildungsangebot richtetsichgezieltanEntscheider, Nachhaltigkeitsverantwortliche und interessierteMitarbeitende. In Kooperationmit renommierten Schweizer Bildungsinstitutionen werdenzudem weiterführende Lehrgänge zur Nachhaltigkeit angeboten.

Samstag, 22.Juni2024 Nachhaltig handeln Special 3
Mitder Annahme desneuen Stromgesetzesist der Wegfrei zurFörderungvon einheimischen erneuerbaren Energien. DieAufnahme zeigtden Windpark Gries im KantonWallis. ADOBE STOCK
1974 0 10000 20000 30000 40000 50000 60000 1981 1988 1995 2002 2009 2016
Nachhaltig handeln ist ein Special von NZZone in Kooperation mit SustainableSwitzerland, derNachhaltigkeitsinitiative des UnternehmensNZZ. Beilagen werden nicht von der Redaktion produziert, sondern von unserem Dienstleister für journalistisches Storytelling: NZZ Content Creation. Hinweis: Verlagsbeilagensindkomplett von einem Kunden finanziert; Redaktionsmitglieder des Unternehmens NZZ arbeiten freiwillig mit. Konzept: Elmar zur Bonsen (Senior Editor,Sustainable Switzerland). Layout: Büyükkavir Bahar Koordination:Donika Dakaj (ProjectManager,Sustainable Switzerland) Verkauf: NZZone. Kontakt: NZZone, c/o Neue Zürcher Zeitung AG, Falkenstrasse 11, CH-8021 Zürich, +41 44 258 16 98, sales@nzzone.ch, nzzone.ch. IMPRESSUM

Wiewir leben, wasuns bewegt

Zahlen &Fakten DieZiele fürnachhaltige Entwicklungzuerreichen isteinegrosseHerausforderung,auchfür dieSchweiz Es geht dabeiumganzunterschiedlicheAufgabenbereicheund Themenfelder –soziale,wirtschaftliche undökologische

330

Food Waste in der Schweiz

Fast drei Millionen Tonnen Lebensmittel gehen jedesJahrinder Schweiz aufdem Wegvom Ackerauf den Teller verlorenoderwerdennachder Zubereitung weggeworfen. Dasentspricht einem Drittel aller produzierten Lebens-mittel. Statistisch gesehen,landen jährlich proPerson im Durchschnitt 330 Kilogramm Nahrung im Abfall, wie eineStudie der ETHZürich ergeben hat. Dasentspricht 66 vollgefüllten 35-Liter-Abfallsäcken.Auf Privathaushalte entfallenrund 40 Prozent derLebensmittelverluste.LautBundesamt für Umwelt sind 25 Prozentder Umweltbelastung unseresErnährungssystems auf Food Waste zurückzuführen.

Pflanzenschutzmittel

Jährlich werden in derSchweiz mehr als 2000 Tonnen Pflanzenschutzmittel versprüht. Nach Angaben der DachorganisationAgrarallianzwerdendavon schätzungsweise 85 bis 90 Prozent in der Landwirtschaft eingesetzt, im direkten Zusammenhangmit derLebensmittelproduktion. Weit über dieHälfte der Anwendungen gehe aufdas Kontovon Pestiziden,während derAnteil derAnwendungen bei den unproblematischen Pflanzenschutzmitteln bei weniger als 10 Prozent liegen dürfte.Wie eine ETHStudie zeigt, gewinnt in der europäischen Landwirtschaft einneuer Ansatz an Bedeutung: ein «dritter Weg» zwischen konventioneller Produktion und Biolandbau. Hierbeiwirdauf denEinsatzsynthetischer Pestizide verzichtet.

56000 –1,7%

Stromverbrauch

2023 hat die Schweiz weniger Stromverbrauchtals im Vorjahr. Der Landesverbrauch lagbei 60,3 Milliarden Kilowattstunden(kWh).NachAbzug der Übertragungs- und Verteilverluste von 4,2 Milliarden kWhergibt sich ein Stromendverbrauch von 56,1Milliarden kWh. Dassind1,7 Prozentoder1,0 MilliardenkWh (entspricht etwa dem Jahresverbrauchvon 200000 Haushalten) wenigerals 2022.Die inländische Elektrizitätsproduktionstieg dagegen um 13,5 Prozent auf einen neuen Rekordwert von 72,1 Milliarden kWh.An der Stromproduktion waren die Wasserkraftwerke zu 56,6 Prozent,die Kernkraftwerke zu 32,4 Prozent sowie die konventionellthermischenund erneuerbaren Anlagenzu11,0Prozent beteiligt

Korallenriffe in 3D

Korallen, wirbellose Meerestieremit einem Exoskelettaus Kalziumkarbonat, gehören zu den vielfältigsten Ökosystemender Erde: Obwohl sieweniger als 0,1 Prozent derMeeresoberfläche bedecken, bieten sie Schutz undLebensraum fürfastein Drittelder bekannten Meeresarten.Doch dieKorallen sind durch die steigenden Meerestemperaturenund lokale Verschmutzungen immer mehr bedroht.Ein an derEPFL entwickeltes KI-System ist nun imstande, aus Unterwasseraufnahmen handelsüblicher Kameras in wenigen Minutenmehrere hundertMeter lange 3D-Karten von Korallenriffenzuerstellen. Ausserdem ermöglicht es den Forschern, Korallenanhand bestimmter Merkmale und Eigenschaftenzuerkennen.

Bedrohte Artenvielfalt

Der Zustand derBiodiversität in der Schweiz ist besorgniserregend. Laut Bundesamt für Umwelt (Bafu) sind die Hälfteder Lebensräume und einDrittel der56000 in derSchweiz bekannten Tier-und Pflanzenarten bedroht. Mit jeder ausgestorbenen Population gehe auch die genetische Vielfalt verloren, heisst es.Die bisherigenBemühungen reichten nicht aus,umdie Artenvielfalt langfristig zu erhalten. Das Bafu hat anhand ausgewählter Kenngrössen den Zustand («gut»,«mittelmässig»,«schlecht») unddie Entwicklung («positiv»,«unbefriedigend»,«negativ») der Umwelt im Bereich Biodiversität bewertet, s. Grafik rechts

BiodiversitätSchweiz

BewertunganhandausgewählterIndikatoren Quelle: Bafu

ZustandEntwicklung

Ausgewiesene

Gebietefür Biodiversität Besonderswertvolle Lebensräume

Biodiversitätsförderflächen

Biologisch bewirtschaftete Landwirtschafsfläche

Bodenversiegelung

Invasive gebietsfremde Arten

Landschaftszersiedelung

Neue erneuerbareEnergien Rote Listen

690000000 0,1% 2000 41 19000 80%

Gesündeste Lebensmittel

Aufder Suche nach dem gesündesten Lebensmittel haben US-Forscher insgesamt 41 Obst- und Gemüsesorten untersucht und miteinander verglichen. Gewinner —offiziell als dasnährstoffreichste Lebensmittel der Welt bezeichnet —ist dieeher unscheinbare Brunnenkresse.Sie punktet mitihrem gesundheitsförderlichen Reichtum an Vita-minen, Mineralien undsekundären Pflanzenstoffen. Schon 100Gramm des grünen Krauts würden ausreichen, um den grössten Teil des Tagesbedarfs an Vitamin Czudecken, heisst es.Wegen ihres Gehalts an Senfölglycosiden wird aber davonabgeraten,Brunnenkresse in grossenMengen zu verzehren

Klimagefahren für Arbeitskräfte

Schätzungenzufolge kommen jährlich fast 19 000Menschen wegen übermässigerHitze während der Arbeit umsLeben. Nacheinem UN-Bericht dürfte der Klimawandel fürmehrals 70 Prozent allerArbeitskräfte weltweit Sicherheits- und Gesundheitsrisikenmit sich bringen. Die Internationale Arbeitsorganisation spricht von einemwahren Gefahrencocktail ausHitze,UV-Strahlung undExtremwetterereignissen. Im Freien arbeitendeMenschen seienauch zunehmend durch Parasiten gefährdet, diesichwegen der Erderwärmung in immer grösserenGebieten ausbreiteten.

Superfood-Ranking

DiePunkteder Lebensmittel aufgrund ihrerNährstoffdichte

Quelle: WilliamPatersonUniversity(USA)

40000000

Energieaus

Hühnerfedern

Als Abfälle der Geflügelproduktion werdenjährlichrund40MillionenTonnen Hühnerfedernverbrannt. Dassetzt nichtnur grosse Mengen an CO2 frei, sondernauchgiftige Gase wieSchwefeldioxid.Forschendeder ETHZürich und der Technischen UniversitätSingapur haben nun eineMöglichkeit gefunden, diese Federn sinnvoll zu nutzen. Mithilfe eineseinfachen undumweltfreundlichen Verfahrens extrahieren sieaus denHühnerfedern dasProtein Keratinund wandeln es in sogenannte Amyloidfibrillen um. Diese feinen Keratinfasern werden dann in derMembran einerBrennstoffzelle verwendet.Aus ungenutzten Abfällenentstehtsosaubere Energie

Menschen in extremer Armut Rund um denGlobusleben nach Angaben der Weltbank 690 Millionen Menschen in extremerArmut –davon rund 60 ProzentinAfrikasüdlich der Sahara DieWeltbank definiertMenschen alsextrem arm, dieweniger als2,15US-Dollarpro Tagzur Verfügung haben. Einem jüngst veröffentlichtenBerichtder Bank zufolgewirderstmals in diesem Jahrhundert dieScherezwischen armen undreichen Ländernwiedergrösser.Die Hälfte der 75 ärmsten Staaten verlieremehr und mehr den Anschluss.Invielen der betroffenenLänder habe das Wachstum schon vor der Coronapandemie nachgelassen. Auch derEinmarschRusslandsindie Ukraine,der Klimawandel und die Zunahme von Konflikten belasteten die Aussichten derärmsten Länder schwer.

Arzneimittelherstellung

Rund 80 Prozent allerregistriertenArzneimittel undmehrals 70 Prozent aller Krebsmedikamente werden aus Pflanzengewonnen oder sindvon der Natur inspiriert.Vor allem Pflanzen, Pilzeund Mikroorganismen bilden seit jeher eine wahreSchatzkammer für pharmazeutische Entdeckungen. Die Eingriffe des Menschen in Natur undUmwelt haben daher auf die Pharmaindustrie grosse Auswirkungen. In weiten Teilen der Welt sind traditionelleArzneimittel aus pflanzlichenund tierischen Quellennach wie vor die wichtigste Grundlage zur Behandlungvon Krankheiten aller Art.

4 Special Nachhaltig handeln Samstag, 22.Juni2024
Brunnenkresse 100 Chinakohl 91.99 89.27 87.08 86.43 73.36 70.73 65.59 63.48 62.49 62.12 61.39 60.44 Mangold Grün derRanden Spinat Chicorée Blattsalat Petersilie Romanasalat Blattkohl Rübengrün Senfgrün Endiviensalat
FOTOS: ISTOCK LW IMAGES A DOBE STOCK

Mehr Nachhaltigkeit in derLieferkette

Wirtschaft Die BMWGroup will bisspätestens2050den wissenschaftsbasierten Netto-Null-Standardfür Unternehmenin ihrerWertschöpfungskette erreichen. Miteiner umfassendenDekarbonisierungsstrategieund demkollaborativenDatenÖkosystemCatena-X richtetder Münchner Fahrzeughersteller besonderesAugenmerk aufdie bevorstehendeHerausforderung

FLAVIAN CAJACOB

VomAuspufftopf biszum Zylinderkopf: Ein Auto besteht im Durchschnittaus 10000 Teilen.Dakommtsoeiniges an Rohstoffen zusammen.Allein dieBMW Group (BMW,Mini, Rolls-Royce,BMW Motorrad) verbaut in ihrenProduktionsstätten rund um denGlobus36Millionen Einzelteile –aneinemeinzigen Tag. Da einGrossteil der Komponenten von externen Zulieferern stammt, verlagert sich der Fokusder CO2-Emissionen mehr und mehraus deneigenen Hallen aufdie gesamte Lieferkette.

Im RahmenseinerBemühungenum eine verantwortungsvolle Rohstoffgewinnung setzt BMW auf eine 360-GradStrategie,die nicht alleinden gesamten Lebenszyklus von Fahrzeugen berücksichtigt, sondern auch Partner,Liefe-

ranten undMitbewerber miteinbezieht

BMWrechnet damit, dass bis2026 jeder dritte vonihnen ausgelieferte Neuwagen ein Elektrofahrzeug seinwird. Aktuell bietet BMWfür zwölfModellreihen vollelektrischeFahrzeugean, insgesamt stehen 25 Modelle zur Bestellung bereit. Insbesondere mit der«NeuenKlasse», die ab 2025 vom Band laufen wird, sieht die BMW Groupdas Potenzial, die Marktdurchdringung derElektromobilität weiter zu beschleunigen.Die Traditionsmarketreibt die Innovation weiter voranund setztsichhohe Ziele: Schon 2030 soll jeder zweite frisch in Verkehr gesetzte BMW über einenvollelektrischenAntriebsstrang verfügen Der Boom hat allerdings auch seine Schattenseiten. Denn ohne zusätzliche Massnahmen führt die zunehmende Elektrifizierung erst mal zu einem An-

Für die Produktion von Batteriezellen muss grüner Strom verwendet werden.

Catena-X –miteinander stattgegeneinander

Catena-X vernetzt diegesamte automobile Wertschöpfungskette –für noch mehr Nachhaltigkeit. Oliver Ganser,Vice President Digitalisierungdes Einkaufsund Lieferantennetzwerksbei derBMW Group und Vorstandsvorsitzender des Catena-X e.V.,über Ziele und Bedeutung des digitalen Daten-Ökosystems Um washandelt es sich beiCatena-X? Oliver Ganser: Catena-X ist einwegweisendes,weil kollaboratives Daten-Ökosystem, das die BMW Groupzusammen mit weiteren Unternehmen wie Volkswagen, Bosch, SAP, Siemens oder ZF Friedrichshafen initiierthat.Essollein einheitliches und durchgängiges Netzwerk für die gesamte automobile Wertschöpfungskettebilden, in dem sämtliche Hersteller und Zulieferer zusammenfinden undauf Basis derselben Standards und Prinzipien Daten tauschen, um Mehrwerte für ihr Unternehmen zu generieren

Waswar der Auslöser für die Lancierung von Catena-X? Die Pandemie 2020 führte uns allen drastisch vorAugen, wie fragil die Lieferketten sind. Zudem haben zusätzlicheNachhaltigkeitsanforderungenund geopolitische Auseinandersetzungen den Warenmangel zurNormalität gemacht. Wenn wir alle unsereZiele erreichen wollen, danngeht dasnur miteinander –nicht gegeneinander.

Welchessind die Zieledes Daten-ÖkosystemsCatena-X? Es sind zwei Hauptziele.Zum einen dieSicherstellung vonLieferketten, darüber hinaus aber auch, eine Basis für künftige Herausforderungen wie CO2-Reduktion und Kreislaufwirtschaftzuschaffen. Dank des globalen Datenaustauschs sollen die ermittelten CO2-Werte bereitgestellt und Rückrufaktionen reduziert werden. Gerade

von CO2-optimalenMaterialien. Lieferantenvon Batteriezellensind alsodazu verpflichtet, grünen Strom in der Produktion zu verwenden, Aluminium wiederumsoll mitSolarstrom produziert werden. Weit über 700solcher Vereinbarungen konntenallein bis Ende2023 erzielt werden.

Es ist dies ein weiterer Baustein in der aufdie Stichdaten2030 und2050ausgerichteten Dekarbonisierungsstrategie von BMW.Bereits 2030 nämlich sollen die CO2-Emissionen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg–also von derRohstoffbeschaffungüberdie Produktion und die Nutzung bis hin zur Wiederverwertung –gegenüber 2019 um 40 Prozent proFahrzeug reduziertwerden. Undspätestens2050 willdie BMWGroup das Ziel «Netto-Null» in der Wertschöpfungsketteerreichen.

stiegder Treibhausgasemissionen in den Lieferketten. Grunddafür sind in erster Linie die auf Elektroautos ausgerichteten Hochvoltspeicher sowie weitereKomponenten, die in ihrer Herstellung eine hohe Energieintensität aufweisen. Sie werdenmeist vonZulieferern bezogen Im Rahmen einer umfangreichen Dekarbonisierungsstrategie –weg von fossilen Brennstoffen, hinzukohlenstofffreien und erneuerbaren Energiequellen –spielt die Lieferketteinden ökologischenBestrebungen von BMW denn auch einezentrale Rolle.Mit den Lieferanten hat der Münchner Fahrzeughersteller CO2-reduzierende Massnahmen vereinbart unddiese vertraglich verankert. Dazu gehören als wichtigste Hebel die Nutzung von Ökostrom, eine Quote für Sekundärrohstoffe sowie Prozessoptimierungenoder der Einsatz

weniger Rückrufaktionen bedeuten auch wenigerRessourcenund geringereKosten

Ein Projektalsovon undfür einpaar weltweit führende Player? Überhaupt nicht! DasDaten-Ökosystem stehtallen Akteurender Automobilindustrie offen,alsovom kleinen mittelständischen Unternehmen bis hin zumGrosskonzern. Catena steht lateinisch für Kette. Und in einer Kette istbekanntlich jedes Glied wichtig. Je mehrstarkeGlieder ineinandergreifen destostärker dieKette undderen Wirkung.Nur durchdieses Netzwerkkönnenaktuelle und zukünftigeHerausforderungen gelöst werden: sei es, Lieferketten zu stabilisieren odersie nachhaltiger zu machen. Denn die Herausforderungen der heutigen Zeit kann kein Unternehmen mehralleine meistern.

Dass dies nicht im Alleingangfunktioniert, sondern nur in Zusammenarbeit mitPartnern undLieferanten,scheint logisch.Schrittfür Schritt, einStein aufden anderen. DieFrage,wie derCO2-Abdruck von Fahrzeugen über deren gesamten Lebenszyklusverringert werden könne,sei zu einem zentralen Bewertungsfaktorfür unternehmerisches Handeln geworden,soOliverZipse,der Vorsitzende des Vorstands der BMW AG, mit Blick auf die Bedeutung einer lückenlosenNachhaltigkeitsstrategie DasLieferkettenmanagement in der Automobilbranche ist hochkomplex. Daten, Digitalisierung und künstliche Intelligenzgelten dahingehend als Schlüssel zu einer nachhaltigen undtransparenten Versorgungmit Nachschub Auch hier gilt der Grundsatz: Bessergemeinsam als im Alleingang.Die BMW Grouphat darauf aufbauenddie Initiative Catena-X mitlanciert, einbranchenübergreifendes,kollaboratives Netzwerk, das unter anderem namhafte Mitbewerber und Zulieferer in seinenReihen eint und einen sicheren, standardisierten Austausch von Daten zwischenallen Beteiligten ermöglicht (s.Interview) DenFokus sowohl auf den ökologischen Aspektals auch aufdie Versorgungssicherheit richtet darüber hinaus der Ansatz «Localfor local».Mit diesem solleninersterLinie die regionalen Lieferketten gestärkt werden; eingekauft wirdmöglichstdort, wo auch die Produktion angesiedelt ist –also in Europa für Europa oder in China fürChina. BMW verspricht sich davonmehrFlexibilitätund Resilienz gegenüber unvorhergesehenen politischen und wirtschaftlichen Ereignissen. Gleichzeitig verringern kürzereTransportwege bekanntlich auchden ökologischen Fussabdruck bei der Fahrzeugproduktion. Nachhaltige Produktionsmethoden, Ausbau der Elektromobilität, Förderung von Kreislaufwirtschaft undMiteinbezug derLieferkette:Mit ihrer umfangreichen Dekarbonisierungsstrategie nimmt sich die BMW Group der Herausforderungen derZeit an undstellt die Weichen für eine klimafreundliche Zukunft in der Automobilbranche.Und dieseigentlich nicht erst seit heute:Bereits 1973 stellte BMWals erstes Unternehmen derAutomobilindustrieüberhaupt einen Umweltbeauftragten ein –und legte damitden Grundstein zur heute nach wie vorgültigen Nachhaltigkeitsstrategie.

Welche Rollekommt derBMW Group bezüglich Catena-X zu?

DieBMW Groupist einer derImpulsgeber und eine der treibenden Kräfte als Mitglied des Vorstands von Catena-X e.V. Gemeinsam mitPartnern bautder Verein 2021 dieses transparente und kooperative Netzwerk auf,mit dem Know-how von 28 führenden Unternehmen entstehen Services und Applikationen. Der Verein zur Entwicklung von Standardsund Spielregeln dieses Ökosystems zählt bereits über 180Mitglieder.Zudem gehört die BMW Group zu den Gründern der BetreibergesellschaftCofinity-X, welche die operativen Belange des Netzwerks steuert. Kollaboration und Digitalisierung sollen künftig nichtnur unsereeigene Wettbewerbsfähigkeit stärken, sondern der Automobilindustrie ganz generell den Wegindie Zukunftebnen.

Samstag, 22.Juni2024 Nachhaltig handeln Special 5
Derneue BMWi7: Produktion im Werk Dingolfing (Bayern) FOTOS: BMW

WieClouds demKlima zusetzen

Klima&Energie Rechenzentrensindwahre Energiefresser.Forschungsteams derEPFLarbeiten daran, diedigitale Welt nachhaltiger zu gestalten. Eine neuentwickelte Lösung kann helfen,Leerläufe derServerinDatenzentrenzuverhindern.

SUSANNE WEDLICH

Dank der Cloud istdie Freiheit fast grenzenlos: Jederzeit undnahezuüberall können wir Filmeund Serien streamen, Musik hören, das nächste Reiseziel recherchieren –oder noch ein Katzenvideo posten. Doch die digitalen Dienstekonsumieren sehr viel Energie, habenalso einen enormen ökologischen Fussabdruck, der künftig noch steigen könnte Am EcoCloud-Center der EPFLwerden Methoden fürmehrNachhaltigkeit in der digitalenWelt entwickelt. EcoProphet gehörtdazu. DieseAnwendungsoll Rechenzentren bei der effizienten Verteilung ihrerRessourcen helfen –per digitaler Signatur der Kunden. WirlebenineinerÄra derUngeduld Weronline einenFilm sehen oder einen Song hören möchte,hat keine Zeit zu verlieren. Jede noch so kleine Verzögerung ist ärgerlich.Und dasist eingrosses Problem der digitalen Anbieter. Genervte Kunden kommenvielleicht nichtwieder. Daslässt sichnur verhindern,wennjedes Angebot auf Knopfdruck verfügbar ist. DasVerhalten einzelner Kunden ist aber eine Black Box unddie Unternehmen dürfen nicht nachschauen. So wie persönliche Küchenchefs im Handumdrehen jedes Gerichtzubereiten können, müssensichdie Anbieterstattdessen auf jede Eventualität vorbereiten

Maximale Nutzung

KI als Gamechanger

Egal, welcher Onlineservicevon Kundenverlangt wird, ob Google-Suche, Social-Media-Postoder das Streamen eines Films: Die Daten kommen von hier.Momentan verteilt sich der Energieverbrauch derdigitalen Welt zu gleichenTeilenauf drei Bereiche:Endgeräte wie Smartphones und Laptops,die Infrastruktur desInternets und die Rechenzentren. Diese sind alsoschonjetzt enorme Energiefresser.Inder Schweiz beispielsweisebeläuft sich ihrgesammelterVerbrauchlauteiner Studie im Auftrag des Bundesamtes für Energie auf 3,6 Prozent des nationalen Stromverbrauchs.Und in Zukunft müssenRechenzentrennochmehrleisten, ihrökologischer Fussabdruck wirdalso weiter steigen Dafür gibt es drei Gründe: Zum einenwächst dasInternet um rund ein Drittel proJahr.Dann speichernimmer mehr Menschenund Unternehmenihre Dateien, Dokumente,Bilder und Videos statt auf deneigenen Geräten in der Cloud, also aufexternen Servern der Rechenzentren. Zudem droht künstlicheIntelligenz zumGamechanger in Sachen Energieverbrauch zu werden. Generative KI wie das bekannte ChatGPT kannetwaTexteund Bilder erstellen. Dabeigreifen die Modelleauf unfassbar grosse Datenmengen zurück, mit denensie gefüttert wurden. Dieses Trainingverbraucht schon jetzt extrem viel Energie.Neue Modelle sollen

Auch auf das schlimmste Szenario,erklärt Professor DavidAtienza, der das EmbeddedSystems Labander School of Engineering sowie EcoCloud leitet. Er meint diemaximaleNutzung derAngebote durchdie Kunden. «Es macht beispielsweise einen grossen Unterschied, ob wir einen Film aufdem Laptop oder –wie mittlerweileimmer häufiger –auf dem Smartphone ansehen»,sagt er.«Je grösser der Bildschirm, destomehr Pixel müssengeneriertwerden. Die Anbieter müssen die Rechnerressourcen bereitstellen, damit alleKundenauf dengrössten Bildschirmendiesen Film sehenkönnen.Auchwennsie dannnichtbenötigt werden.»Einfach gesagt:WoimEndeffekt vielleicht fünfServerfür ein Angebot ausreichenwürden, stehen möglicherweise zehnparat –und können nicht anderweitig genutzt werden. Das istnicht effizient und trägtzum hohen Energiekonsum digitaler Angeboteund vonderen Rechenzentrenbei.Indiesen meist gigantischgrossen Hallen sind Server neben- und übereinandergestapelt.Grosse Unternehmen wie Google und Netflix habeneigene Rechenzentren, kleinereAnbieter können hier Speicherkapazität mieten.

Nachhaltig handeln

Energie sparen: Waskannjeder von uns dazu beitragen?

Der einzelneKunde kann nicht beeinflussen, wie effizientund ressourcenschonend Rechenzentren laufen. Trotzdem können wir alle mit ein paarKniffszumehr Nachhaltigkeit beitragen, wie Professor David Atienza betont. «Jeder Laptop hat eine Low-Energy-Option»,sagt er «Ich benutze sie fast immer,weilich diemaximale Rechnerleistung nur in seltenen Fällen benötige. Und nachts schalte ich meine Gerätenatürlich immer komplettaus.»

Ausserdem sollte die Cloud nurmit gutenGründengenutzt werden: «Ein Beispiel sindAnfragenauf Google», sagt Atienza. «Viele Leute suchen nochmal, anstattdie Antwort beim ersten Mal auf ihrem Gerät zu speichern –und dannbei Bedarf abzurufen.» Einletzter Tipp:Warum nicht mal nach alter Schule vorgehen?Es mag bequem sein,Medieninhalteund MusiknachLustund Launezustreamen. Werstattdessen analog guckt undlauscht, spartabervielEnergie

DasEcoCloud-Center derEPFList daseinzige akademischeZentrum seiner Art, das eine führende Rolle auf dem Gebiet dernachhaltigenCloud-Computing-Technologien einnimmtund Innovationen vorantreibt. EPFL

noch leistungsstärker werden und viele Anbieter sind in dieses Rennen eingestiegen. So etwa auch Google mit «Gemini», dasdie Kundenfastwie ein persönlicher Assistentunterstützenund rundumversorgen soll. «Es wirdeinegigantische Datenbasis haben»,sagtAtienza. «Das bedeutet, dass viel Geld undviel Energie ins Training fliessen. Bisherwar das kaum ein Thema, weil Strom so billig war Dasändert sich jetzt aber.» So bauen grosse Anbieter ihreRechenzentren beispielsweiseinNorwegen, wo siegeothermale Energie nutzenkönnen. Keine Option, die füralle und überall funktioniert. «Deshalb machen wir dieArbeit in EcoCloud»,sagt Atienza. «Wir suchen nach Wegen, die allgemein helfen, die Effizienzvon Cloudsystemen und Rechenzentrenzuverbessern.»

Insgesamt 37 Laboremit rund 200 Mitarbeitenden gehören der Einrichtungan. Sieforschen unter anderem zum reibungslosenEinsatz erneuerbarerEnergien in Rechenzentren oder aber zurVermeidungvon Leerläufen bei den Servern. Atienzas Team hat dafürEcoProphet als Manager der Cloud entwickelt. DasProgramm analysiert Anwendungen,die in einzelnen Servern genutzt werden, sowie die dafür nötigen Ressourcen. DieseDaten ergeben eine Art Signatur,die rückschliessenlässt,ob etwa einFilm in einembestimmtenFormatgestreamtwirdoder ob jemand einfach nur Antwortenauf Google sucht. Verbindet sich einKunde erneutmit einemProgramm, lässt sich nach ein paarSekunden über die dazupassende Signaturrückschliessen, was er plant: Ein Movie aufdem Mobiltelefon? Eine

Wasser aus dem Genfersee kühlt die Rechner und nimmt deren Abwärme auf.

Serie auf dem Laptop? Ein Hinweis darauf,welche Ressourcen benötigt werden. Dasist keine exakte Wissenschaft, aber EcoProphet hat eine einzigartig hohe Trefferquote: Nur in fünf Prozent der Fälle liegtdas Programmnach bisherigenTests daneben.

Wenn die Server heisslaufen

Daserklärt,warumdie IndustriesointeressiertanAtienzas Arbeitund derForschung an EcoCloud ist. Sie finanziert einige Stellen im Labor undist am Bau desneuen undbemerkenswerten EPFLRechenzentrums beteiligt. Solche Einrichtungen sind auch Energiefresser,weil die Server buchstäblich heisslaufen. Sie müssenbeständigauf erträgliche 20 bis maximal 30 Grad Celsius gekühlt werden. An der EPFL läuftdas übereinen nachhaltigen Kreislauf:Wasser ausdem Genfersee kühltdie Rechner undnimmt dabeideren Abwärme auf, diedannüber Wärmepumpen zurHeizung derCampusgebäude genutzt wird.

Am neuen EPFL-Rechenzentrum werden alldie neuen Ansätzezumehr Effizienz getestet undoptimiert.Die dafür nötigen Daten liefern einige Branchengrössenwie IBM,Metaund Google Es isteineDopplungechter Aktivitäten die anderswo und damit geschützt vor Fehlern ablaufen.Trotzdem können Forschende ihre Ideenhier wie in derPraxis testen. Eine Chance,die Atienza nicht fürEcoCloud alleinbeansprucht: «Jeder kann sich mit einem Projektvorschlag melden», sagter. «Es trägt zurNachhaltigkeit derAnlage bei, dass wir siemit der gesamtenForschergemeinschaftteilen.»

6 Special Nachhaltig handeln Samstag, 22.Juni2024
David Atienza Professor an der EPFL
PD

Schneller, höher, nachhaltiger

Klima&Energie DiebevorstehendenOlympischen undParalympischenSpiele2024inParis versprechennicht nur sportliche Höchstleistungen.Nachdem Willen derGastgeberstadtund desIOC sollen sieauchganzneue Umweltstandardssetzen–mit einergeringerenKlimabelastungund einemdeutlichreduzierten CO2-Fussabdruck

CÉCILE HANA

Der Countdown läuft:Nur noch wenige Wochen, und das grösste Sportspektakelder Welt kann beginnen.Die Olympischen Spiele in Paris dürften gleichin mehrfacher HinsichtGeschichteschreiben. Es beginnt schon mitder Eröffnungsfeier.Die wird erstmals nichtin einem Stadion zelebriert, sondern auf einem Fluss: Mehr als 10 000Athletinnen und Athleten werdenineiner grossen Schiffsparade auf der Seine das Zentrum von Paris durchqueren, bejubelt von 400000 Menschen entlang der Ufer Die Ausrichterstadt möchte keineswegs nur als herausgeputzte Kulisse dienen, sondern integraler Teil derSpielesein.

Emissionen reduzieren

Und noch in anderer Hinsicht will Paris ganz neue Massstäbe setzen: DieSpiele 2024 sollen dienachhaltigsten der Historie werden. So hatman sich dazu verpflichtet,die mit der Veranstaltung verbundenen Treibhausgasemissionenim Einklang mit dem PariserKlimaabkommen von 2015 drastischzureduzieren Konkret geht es darum,den CO2-Fussabdruck im Vergleich zu den Olympischen Spielen 2012 (London) und2016 (Rio de Janeiro) von3,4 Millionen beziehungsweise3,6 Millionen Tonnen auf rund 1,6 Millionen Tonnen zu verringern. Treibhausgasemissionen,die nicht reduziert oderverhindert werden können, sollen durch Umweltprojekteausgeglichen werden Parisentspricht damit auchden Vorgabendes Internationalen Olympischen Komitees(IOC), das sich immer wieder der Kritik am umweltschädlichen Gigantismusder Spielezustellen hat. Deshalb hat es das IOC zurBedingunggemacht, dass die Organisatoren ab 2030 die Spiele im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen ausrichten müssen. «Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst», unterstrich Marie Sallois, Corporate and SustainableDevelopment Director beim IOC,jüngst bei einer Veranstaltung von Sustainable SwitzerlandinLausanne «Wir möchten in unsererRolleals OlympischesKomitee unddurch denSport zu einer besserenund nachhaltigeren Welt beitragen.» Die Verbesserung der Klimabilanz soll in Paris auchdurch möglichst kurze Wege erreicht werden: Der Grossteil der Athletenwirddie Sportstätten, die in einem Radius vonnur zehn Kilometern voneinander entfernt liegen,innerhalb von dreissig Minuten erreichenkönnen Neubauten gibt es fast gar nicht,denn 95 Prozentder Austragungsortesindbereits vorhanden und haben nur ein Facelifting erhalten. Im Prinzenparkstadion, in dem normalerweise Frankreichs Serien-Fussballmeister ParisSt.Germain spielt, finden einigeSpieledes olympischen Fussballturniers statt, im Stade Roland Garros (French Open)die Ten-

Dasolympische Beachvolleyballturnier wirdvor derKulisse desEiffelturmsauf dem PariserMarsfeldstattfinden.

nispartien,imStade de France Rugbymatches undLeichtathletikwettkämpfe. Dieeinzigen grossenNeubauten sind dieSchwimmhalle AquaticsCentre,die Sportarena Porte de La Chapelle und das olympischeDorf,verteilt auf drei Banlieue-Gemeinden im sozial schwachen DépartmentSeine-Saint-Denis.Sie dienen als Vorbilder für kohlenstoffarmes,nachhaltiges Bauen,werden –wie alle Wettkampfstätten –zu100 Prozent mit erneuerbarer Energie aus Wind- und Solarparks betrieben und sollen nach denSpielen vor allem derlokalen Bevölkerung zugutekommen.

So werden diebewusst ohneKlimaanlagen ausgestatteten Athletenunterkünfte in dringend benötigte Wohnungen für Familienund Studierende umgewandelt werden. Längst wächst allerdings dieSorge,dassall die Milliardeninvestitionen des Staates in neue InfrastrukturenamEnde die Preise in der ohnehinteuren Kapitale nur nochweiter indie Höhe treiben.

Zum Konzept der Spiele gehört auch, dass eingrösserer Teil der Wettkämpfe nicht in Arenen am Stadtrand stattfindet, sondern in temporären Stadien mitten inParis, die sich gut mitöffentlichen

VieleLehrengezogen

Energie&Klima Olympiasteht fürglobale Sporteventsim XXL-Format.Dochjegigantischerdie Spiele geworden sind, destolauterwurdenauchdie kritischenStimmen.

CÉCILE HANA

Zu teuer,zuaufwendig,zuumweltschädlich.BeimInternationalenOlympischenKomitee(IOC) hat solcheKritik an den Olympischen Spielen der letzten Jahrzehnte offenbar Eindruck hinterlassenund zu einem Sinneswandel geführt:Das IOCzählt dieThemen Nachhaltigkeit und Klimaschutz heute

zu den Kernelementen seiner Strategie, wieMarieSallois,Direktorin der IOCAbteilung «Corporate and Sustainable Development»,jüngst bei einer Veranstaltung vonSustainable Switzerland in Lausanne unterstrich.Nachhaltiges Engagement beziehesich dabei nicht allein aufdie Ausrichtung der SommerundWinterspiele.«Wirsehen uns verpflichtet, auchinnerhalb unserer Orga-

Das IOC möchte durch denSportzu einerbesseren Welt beitragen.

Verkehrsmitteln erreichen lassen und gleich nach den Spielen wieder abgebaut werden. Schon vor einemJahr hat Paris zudem damit begonnen, innerstädtische Parkplätzezubeseitigen und den dadurch gewonnenen Raum in Grünflächenumzuwandeln.Auch neue Radwege wurdenangelegt und zusätzliche VerbindungenimPariserMetronetz geschaffen. FürUnmutsorgte allerdings die Ankündigung derBehörden, dass sich der Preis für dieU-Bahn-Tickets während der Spiele fast verdoppeln werde.Der öffentliche Nahverkehr in Paris gilt schon lange als überlastet.

Plastikmüll vermeiden

Geht es um die Verpflegung von Athleten, Offiziellen, Freiwilligen und Zuschauern, setzt Paris beiden zu erwartenden 13 Millionen Mahlzeiten auf nachhaltige,fleischarme Kost mit lokalen und saisonalen Produkten. Ausserdem sollen die bei Grossveranstaltungen üblichenMüllbergevermieden unddie Lebensmittelverschwendung in Grenzen gehaltenwerden. Um den Plastikabfall, wie vorgesehen, um 50 Prozent reduzierenzukönnen, stehen zum Durstlöschen

nisation ESG-Kriterien zu befolgenund nachhaltig zu handeln», so MarieSallois DaszeigtsichetwaamOlympicHouse, dem 2019 bezogenen neuen Hauptsitz des IOC in Lausanne: Es wurde nach den höchsten Schweizer undinternationalen Nachhaltigkeitsstandards gebaut. Für die Mitarbeitendenhabeman zudemein CO2-Budget eingeführt, berichtetSallois «Konkret geht es darum, unserenglobalen CO2-Fussabdruck ab 2024 um 30 Prozent zu verringern und somit auch die Emissionen im Zusammenhang mit dem Reisen um 30 Prozentzureduzieren, der Hauptquelle derEmissionen.»

Anderes Beispiel: Als Teil der Initiative zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme in der Sahelzone und im Vorfeldder Olympischen Jugend-Sommerspiele 2026 in Dakar hat das IOC sich mit lokalen Communitys zusammenge-

tan, um aufeiner Gesamtflächevon rund 2000 Hektarenrund590000 einheimischeBäume anzupflanzen «Ein Umdenkenhat auch innerhalb vonSwissOlympic stattgefunden», bekräftigte deren Präsident Roger Schnegg in Lausanne.«Wenn vorzwölf Jahren die meiste Zeit ins Sportdepartement investiert wurde,widmen wir heute der Nachhaltigkeit die grösste Aufmerksamkeit.» Ausden Winterspielen in Sotschi und Peking seien viele Lehren gezogen worden. «Die Entwicklung ging in eine ungute Richtung:Alleswurde immergrösser,immer mehrInfrastrukturenwurden gebaut.» Sergei Aschwanden, OlympiaMedaillengewinner von 2008 und Exekutivrat beiSwiss Olympic, verwiesdarauf, dass sich auch beiden Sportlern dieHaltung geändert habe:«Heuteist eineSensibilitätder Umweltgegenüber vorhan-

in sommerlicherHitze neue Trinkbrunnenbereit, ausserdemwerdenwiederverwendbareTrinkwasserflaschen ausgegeben.

Apropos Wasser:Wenn vom 26.Juli bis zum 11.August die Sommerspiele bereits zum drittenMal in der französischen Hauptstadtausgerichtet werden, feiert auch dieSeine ihr olympisches Comeback –und das nicht nur am Eröffnungstag.Schon bei den ersten Pariser Spielen im Jahr 1900 fanden die Schwimmwettkämpfe in den Fluten des Flusses statt. Nun,überhundert Jahre später, wirddie Seine wieder als Austragungsort genutzt, unter anderem für das olympische Freiwasserschwimmen und den Schwimmteil desTriathlons.Doch während dieVorfreude aufdiese historischeRückkehrsteigt, bleiben nochFragenzur Wasserqualität

Dabei haben die Stadt Paris und die Behörden in derRegionÎle-de-France enorme Anstrengungen unternommen, um die verschmutzte Seine mit modernen Kläranlagen wieder schwimmtauglich zu machen. Es wäre ein sichtbares Zeichen überdie Zeit der Spiele hinaus dass Nachhaltigkeit mehr ist als eine viel beschworene Vision.

den, vorallem,was das Reisen angeht», so Aschwanden.Nachdem vergeblichen Versuch, die Winterspiele 2030 in die Schweiz zu holen, strebt Swiss Olympic nun eineAustragung für dasJahr 2038 an. Zuvor hatteeine Machbarkeitsstudiegezeigt,dass dieSchweizüber«dasPotenzial, das Wissen und die Unterstützung der Bevölkerung» verfüge,umOlympischeund ParalympischeWinterspielegemäss einemneuen Konzeptdurchzuführen: dezentral, aufbestehendenAnlagen undweitgehend privatfinanziert.

Wieeine Umfrage ergab, unterstützen 67 Prozentder Bevölkerung dieIdee, die Winterspielezum drittenMal nach 1928 und1948inder Schweiz durchzuführen. Zuvor hatte die Öffentlichkeit die letzten Schweizer BemühungenumOlympia weit zurückhaltender begleitet.Diese waren jeweils am Volkswillen gescheitert.

Samstag, 22.Juni2024 Nachhaltig handeln Special 7
PARIS
2024

und Gewerbequartierkonzipiert und soll

ROBERTO STEFANO

DasAreal desehemaligenGüterbahnhofs Mariendorf in Berlins Süden erstreckt sich über 100000 Quadratmeter.Bis vor kurzemprägtenzweilanggezogene Lagerhallen das Gebiet im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, daneben dieVerkaufsflächen einesDiscounters und ein grosser Baumarkt.EineunwirtlicheBrache,kaumGrünflächen,eingerahmt von zweiHauptstrassen undder S-Bahn-Linie.

Bald soll hier alles anders sein. Auf der weitenFläche entsteht ein komplett neuer Kiez,ein gemischtes Stadtquartier mit Mietwohnungen und Büros, Gewerbeflächen undGastronomie,einer Geflüchtetenunterkunft undeinem Quartierhaus.Nachhaltigkeitwirdgrossgeschrieben.Auseinem ungenutzten, weitgehend versiegelten Grundstück soll lebenswerterLebensraumwerden.

«Ideen muss man haben.»Der Slogan des Baumarkts am Eingang des Areals,der als letzter Zeuge der Vergangenheit den Baumaschinenweichen musste,hat es aufden Punkt gebracht: Werhier etwas Grosses schaffen will, muss kreativ sein undseinemEinfallsreichtum freien Lauf lassen –genauso wie es das Planerteam desArchitekturbürosCollignon Architektur getan hat, dem die Bauherren denEntwicklungsauftrag zugesprochen haben

Nicht einfach eine Baulücke schliessen

Wieaussergewöhnlich dasMarienhöfeProjekt ist, zeigen allein schon die Dimensionen des Vorhabens: Aufdem ehemaligen Bahngelände sind 20 Gebäude geplant, insgesamt 170000 Quadratmeter Geschossflächen, 800Wohnungen auf 80 000 Quadratmetern, 90 000 Quadratmeter Gewerbeflächen, dazwischen Erholungszonen mit viel Natur,Ausbildungsstätten, Altersresidenzen und einem Handwerkerhaus mit subventioniertenArbeitsflächen,in dem auch etwas lärmigere Kleinbetriebe einen Standort finden. Letzteres wurde auf besonderen Wunschdes Bezirksin die Planung aufgenommen, genauso wie auch andereAnliegen von zahlreichen Interessengruppen ins Projekt integriert wurden.Esgalt,die verschiedensten Ansprüche unter einen Hutzubringen –jene der zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner genauso wie jene derangrenzenden Gebiete,der Ämter undder Bauherren. «Beim ProjektMarienhöfe ging es nicht einfachdarum, eine Baulücke zu schliessen»,erinnert sich Architek-

Berlin im Kleinformat

Lebensräume Im Südender Spreemetropole,zwischenden Stadtteilen Tempelhofund Steglitz,entstehtauf einerunwirtlichenBrachevon zehn Hektaren eingänzlichneuer Kiez,ein nachhaltiggestalteter Lebensraum fürdie breite Bevölkerung. Wasdazunötigist,zeigt dasProjekt Marienhöfe vonCollignon Architektur, einerKonzerngesellschaft desEnergie-und InfrastrukturunternehmensBKW.

tin HeikeWarns.Vielmehr wollte man die architektonischen Chancen nutzen, dieein solcherFreiraum mitten in Berlinbietet, undfür eine breiteBevölkerung einen lebenswerten Lebensraum schaffen. «Inden Marienhöfen soll eine Durchmischung entstehen, wie sie auch andernorts in der Stadt anzutreffen ist und wofür Berlin weitherum geliebt wird», so Warns. Gemeintist das pulsierendeLeben, wie manesvon der Spreemetropole kennt, ein Nebeneinander von Arbeit undFreizeit, Wohnen, Gewerbeund Handwerk. Ein Abbild von Berlin, inklusive gut eines Drittels geförderter Wohnungen und einer Geflüchtetenunterkunft für 300Migrantinnen und Migranten

Damit sich die Vision eines lebenswerten Lebensraums für alleinder Realität umsetzen lässt, brauchtesneben derNutzmischung aucheine passende architektonischeGestaltung des Gebietes.Laut den Planernist eine Einheitder Neubauten gefragt. DieGebäude sollen aufeinander Bezug nehmen, aber gleichzeitig nichtbeliebigund austauschbar wirken. AlsLeitgedanke dient eine Familie,bei der man von weitem sieht, dass dieFamilienmitglieder zusammengehören, obwohl sie durchausunterschiedlicheCharaktere aufweisen.

Ein traditioneller Anger als Mittelpunkt

«Ein weiterer wichtiger Aspekt für einen lebenswerten Lebensraum bildet die Verbindungmit dem Aussenraum», erklärt Collignon-ArchitektTilman Weitz. Nach traditionellem Vorbild bildet einAnger das Zentrum der Marienhöfe, einmeist grasbewachsenes

Attilastrasse/Ecke Röblingstrasse, 12105Berlin

„ Fläche: 170000 Quadratmeter oberirdisch und 52 000Quadratmeterunterirdisch, davon 80 000 Quadratmeter Wohnenund 90 000QuadratmeterGewerbe

„ Projektplanung:CollignonArchitektur, eine Konzerngesellschaftdes Energie- und Infrastrukturunternehmens BKW

„ Programm: Neubau einesStadtquartiers,Wohnen, Gewerbe,Handwerkerhaus, Büro, Einzelhandel,Gastronomie, medizinische Versorgung,Seniorenwohnen, Kita, Geflüchtetenunterkunft, Quartiershaus

„ Kostenschätzung: 500MillionenEuro Herstellungskosten

„ Nachhaltigkeit: Gesamtes Arealim Betrieb CO2-neutral

„ Auszeichnung: Platin-Vorzertifikat für nachhaltige Stadtquartiereder DeutschenGesellschaftfür Nachhaltiges Bauen (DGNB)

Land oderein Dorfplatz in Gemeinbesitz, dervon allen Bewohnern des Quartiers genutztwerden kann. Die Innenund Aussenräumesollen miteinander im Austausch stehen:Wersich in der freien Natur zwischenden Gebäudenaufhält, soll mitbekommen, was hinter den Mauernund Fensternder Häuser geschieht.

«Das Ganze soll einladend sein, nicht abweisend.Das isteinewesentlicheVoraussetzung dafür,dassein Quartier lebendig wird»,ergänztWeitz 15-Minuten-Stadt für mehrere Generationen

Die gewünschte Lebendigkeit wirdzusätzlich durchdie öffentlicheNutzung der Erdgeschosseerreicht. Deshalb sind im ParterreRestaurants und Caféseingeplant, handwerkliche Betriebe wie eine Fahrradwerkstatt, eine Kindertagesstätteoder auchCo-Working-Spaces und Einkaufsläden. Die Marienhöfe entsprechen dem Konzept einer 15-Minuten-Stadt: Die Bewohnerinnenund Bewohner brauchen im täglichen Leben keine weiten Wege zu gehen. AllesNotwendige istvor Ort erhältlich –und dies für sämtlicheGenerationen. «Eigentlich könnte manals SäuglingimQuartiereinziehen und selbst als Senior noch dort wohnen»,ist Weitz überzeugt. Füreinen problemlosen Anschluss an die angrenzenden Kieze und die Innenstadt sorgen dienaheS-Bahn-Station sowie Rad- und Fusswege,die dasneue Quartier aufallenSeiten ansBerliner Langsamverkehrsnetz anbinden. Ansonstenhat der motorisierte Individualverkehr in den Marienhöfen fast keinen Platz– zumindest an der Oberfläche.Das Zentrumdes Kiezes soll grün

bleiben. Daher kann die Strasse durch das Quartier nurvon Fussgängern, Radfahrernund zum Beispielvon Rettungsdiensten durchgängig genutzt werden. DerAnwohner-und Zubringerverkehr wirdmöglichst frühzeitig unter die Erdoberfläche umgeleitet. AuchsonsthabendieArchitektenvon Collignon Architekturbei derPlanung der Marienhöfegrossen Wert aufNachhaltigkeit gelegt. DasAreal soll CO2neutral betriebenwerden. Grundlage dafür bildet ein innovatives,ganzheitliches Energiekonzept,welches auf Solarenergie,Geothermie sowieEisspeicher setzt und die Spitzenlasten mit Hilfe eines eigenen Blockheizkraftwerks auffangensoll, das mit Biogas betrieben wird. EinenwesentlichenTeildes Energiekonzepts bilden auch die Gebäude selbst, diedank ihrerDämmstandards einehoheEnergieeffizienzklasseerreichen undweitere wichtige Funktionen für einen lebenswerten Lebensraum übernehmen. So sind die Dächerund teilweise auchdie Fassaden derHäuser begrünt, was dem Mikroklimazugutekommt.Die zahlreichenöffentlichen und privaten Grünflächen sowie eine gute Winddurchströmungsorgen auch in denheissen Sommermonaten fürein angenehmes Mikroklima. Füreinen weiteren Kühleffekt ist die Regenwasserversickerung verantwortlich, diekomplettauf dem eigenen Grundstückstattfindet. Dadurch fliesst dasRegenwasser nicht einfach direkt in die Kanalisation,sondernerzeugt mehr Luftfeuchtigkeit und damit einen besserenKühleffekt. «Um die spätereCO2Neutralität zu erreichen, habenwir zahlreiche Nachhaltigkeitslösungen schon sehr früh in die Planung aufgenommen», erklärt MoritzAlt, Architekt beiCollignon Architektur.Kein Wunder,dass das Projekt Marienhöfe bereitsvor Baubeginn das Platin-Vorzertifikat fürnachhaltige Stadtquartiereder Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB)erlangen konnte.«In derBauausschreibungund auchimBau werden die Generalunternehmen ebenfalls darauf bedacht sein, dass schadstoffarme und recycelbareBaustoffe zum Einsatz kommen. Unser Ziel ist es,dass wir auch am Ende die Topauszeichnung Platin erhaltenwerden»,ergänztAlt Inzwischen hat das Projekt einen Grossteil der Teilbaugenehmigungen erhalten, demnächst ist der Wegfür den Baubeginn frei. Läuft alles nach Plan, soll der «Kiez» Marienhöfe in einigen Jahren bezugsbereit sein –und gut 3000 Einwohnerinnen und Einwohnern einen lebenswertenLebensraum bieten.

8 Special Nachhaltig handeln Samstag, 22.Juni2024
COLLIGNON ARCHITEKTUR
Lebenswert und nachhaltig: Dasneue Stadtviertel Marienhöfe istals gemischtesWohn- CO2-neutral betrieben werden.

Lösungen füreinenachhaltige Zukunft

Best Practice DieHelbling-Unternehmensgruppe,spezialisiert aufBeratungs-und Engineering-Dienstleistungen, entwickelt Produkte undKonzepte,die Energieund Ressourcen sparen helfen.Von Haushaltsgeräten biszum Gütertransport.

JO BERLIEN

Zum Beispiel Mikroplastikfilter: Zuverlässige Filtertechnik in Waschmaschinen kann verhindern, dasswinzige Kunststoffpartikel aus der Kleidung ins Abwasser gespült werden und in dieUmwelt gelangen. Spezialisten von HelblingTechnik haben in ihrer Entwicklungsarbeit einen Durchbruch erzielt und die Lebensdauer von Filternsignifikanterhöht. OderanderesBeispiel Wasserheizer:Die von Helbling in HoReCa-Geräten eingesetzte Thick-Film-Technologie senkt denStromverbrauchummehrals 25 Prozent –eine Einsparung von 50 Kilogramm CO2 pro Gerät und Lebenszyklus

Drastische Veränderungen

So können Innovationen für mehr Nachhaltigkeit in der Praxis und en détail aussehen. Ob Haushaltsgeräte,Medizintechnik, Pharma, Apparate undLaborgeräte,Transportund Verkehr,Automotive,Maschinen und Anlagenbau oder Energieanlagen –die SchweizerHelbling-Gruppehilft, wo neue,zukunftsweisende Lösungen gebraucht werden Bereits seit sechs JahrzehntenunterstütztHelblingStartups undmultinationaloperierende Unternehmen.«Mindestens auch in den nächsten 60 Jahrenwollenwir Partner sein in Engineering und Unternehmensberatunginder Kreislaufwirtschaft undinunternehmerischer Nachhaltigkeit,imProdukt-Ökodesign»,sagtThomas Bertschinger, Leiter des Nachhaltigkeitsausschusses.

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DerSchlüssel zumErfolg istein ganzheitlicher Ansatz, der sich aufFakten und Zahlenaus derWissenschaft stützt.Um die Komplexität pragmatischer Lösungen auf Produkt- und Unternehmensebene bewältigenzukönnen,sindSpezialisten gefragt, die über Expertise auf vielen Gebietenverfügen: Unternehmensstrategie und -prozesse,Wertschöpfungskette,Produktentwicklung,Technologie und Nachhaltigkeit.Die Anforderungen–und der Bedarf –sindgrösserdennje. Jonathan Demierre, EntwicklungsleiterSustainability Engineering,spricht vondrastischen Veränderungen in allen Wirtschaftssek-

Einsparpotenzial an Emissionenist gewaltig.

Nachhaltige Bauprojekte: WieBeton die Zukunft gestaltet

Modernes Bauen ist kein Kinderspiel–esgeht um viel mehr als nurStein auf Stein zu setzen. In Zeiten desKlimawandels und begrenzter Ressourcen steht die Bauindustrie vorder grossen Herausforderung: Wieschaffenwir Gebäude, die wenigerRessourcen verbrauchen, klimaneutral sind und dabei langlebig und recycelbar bleiben?

Werbaut, braucht einen zuverlässigen Partner Und hier kommt Beton ins Spiel. Dieser vielseitigeBaustoffist nicht ohne Grund so beliebt. Ob für Gebäude, Brücken, Tunnel oder Staudämme –Beton bietet Stabilitätund Beständigkeit. Aber kann Beton auch nachhaltig sein? Die Antwortist ein klares Ja!

Nachhaltigkeitmit Beton?Naklar!

Beton ist weltweit der am häufigsten verwendete Baustoff und eignet sich hervorragend für nachhaltigeBaukonzepte. Innovative Projekte zeigen, dass Beton nicht nurlanglebig und robust ist, sondern auch nachhaltig sein kann. Der Baustoff ist kreislauffähig unddie Rohstoffedafür sind meistlokal verfügbar.Aber wie setzen wir Beton gezielt und nachhaltig ein? Ein Beispiel aus Zürich zeigtden Weg: Das Projekt «Freihofstrasse» baut auf der Geschichte des Areals auf. Unter der filigranenBetonstruktur des ehemaligen Ausstellungs- undMontageraums der Autogarage, entsteht eine Stadtloggia mit öffentlichen Nutzungen.

NachhaltigkeitimFokus

Die Verdichtung des Areals baut auf Bestehendemauf.Für dasWohnhochhaus ist eine filigrane, ressourcenschonende Betonstrukturmit einer Leichtbaufassade vorgesehen. Diese Bauweise ist nachhaltig underinnertinihrer Ausstrahlung an die industrielleVergangenheitdes Areals

Gemeinsamsind wirstark

Nachhaltiges Bauen gelingt nur, wenn allean einem Strang ziehen –Architekten, Ingenieure, Bauherrensowie Investoren. Frühe Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg.Das Projekt «Riedholz» macht es vor: Die Integration der ausführenden Unternehmerindie Planungsphase brachteeinen echten Mehrwertfür das gesamteProjekt. VonBeginn an floss das Fachwissen der Ausführenden im Rahmen von Werkgruppen in die Konzeption ein. Das gemeinsame Verständnis für das Projekt bleibt so von der Konzeption bis zurAusführung im selben Team erhalten.

toren: «Wer sich am schnellsten anpasst, wirdeinen Wettbewerbsvorteil davontragen.» Mit «einpaar technologischen Durchbrüchen»,sagt er,werde es dabei nichtgetan sein. «Wir würdenviele Möglichkeiten verpassen, wenn wir uns nur darauf konzentrierten.»Umindividuelle unternehmerische Herausforderungen in puncto Nachhaltigkeit zu verstehen und anzugehen,brauche es einegesamtunternehmerischePerspektive. «AlsSpezialist fürtechnologischeInnovation undBusiness Consulting verfügt Helblingüber dienötigeKompetenz,Erfahrung und Multidisziplinarität.» In der Entwicklungvon weltweiteingesetzten Kaffeemaschinen hat Helbling beispielsweise das Kunststoffchassis um 35 Prozentreduziert.Ausserdem gelang es,70Prozentder Bestandteile,die nicht mit demKaffee direkt in Berührung kommen,aus recyceltemKunststoff zu konzipieren. In derPraxiszeigt sich auch, welchgrosseWirkungfokussiertesArbeitenamDetailentfaltet.«Kleine Änderungen können zu einer wesentlichen Verbesserung führen und sind oft leichterumzusetzen undvon denStakeholdern zu akzeptieren»,weiss Jonathan Demierreaus Erfahrung.«In der Summe tragen sieerheblich zurVerringerung des CO2-Fussabdruckseines Produkts bei.» Fürdie bereits erwähnten MikroplastikfilteranWaschmaschinenhat Helblingeinen Filterreinigungsprozess mit Feststoffabscheidungentwickelt –und so die Lebensdauer eines Filters um das Hundertfache erhöht, wie Christian Seiler, Leiter der Entwicklungsabtei-

InnovativeArealentwicklung

Der Fokus der Beurteilung des Teilprojekts «Lagerhaus» auf dem Riedholz-Areal lag auf den Themen Städtebau/Architektur,Nachhaltigkeitsowie Wirtschaftlichkeit. Überzeugt hateineschlanke Tragstruktur in Skelettbauweise aus Beton. Sie bietet nicht nurdie Flexibilität für mögliche, spätere Umnutzungen,sondern betontauch das Bekenntnis zu ressourceneffizientem Bauen Durch die gezielteVerwendung vonCO2-reduziertemZement, CO2-angereichertemRecyclingbeton und die Wiederverwertungvon Betonabbruch sowie kurzen Transportwegen trägt das Projekt zur Reduzierungdes gesamten CO2-Verbrauchsbei und fördertkreislauffähiges Bauen

Den ganzen Lebenszyklus im Blick

Nachhaltiges Bauen hörtnicht beim ersten Spatenstich auf. Es geht darum, diegesamteLebensdauer eines Gebäudes zu betrachten –von der Planung über den Bau bis hin zur Nutzung und schliesslich zum Rückbau. Eine Lebenszyklusbetrachtung zeigt die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen und hilft, die besten Lösungen zu finden.

lung,berichtet. Ein echter Fortschritt Eine enorme Herausforderung bleibt der Strassenverkehr.Der Mobilitätsektor ist der grösste Emittent von Treibhausgasen, noch vorIndustrie undPrivathaushalten.«GezielteProjektierungund technologische Innovationen sind dringendnötig»,sagtSimonMüller,Leiter Entwicklung Kraftfahrzeugtechnik bei Helbling Technik. «Das Einsparpotenzial an Emissionenist gewaltig.»

SpitzenreiterinEuropa Müller beschäftigt sich mit Spezialanfertigungen und Umrüstungen von Fahrzeugen, wie sieimBaugewerbe und in derLandwirtschaft eingesetzt werden, ebenso mitWarentransportenüber längereStrecken. Statistiken zufolge werden hierzulande etwa37Prozent aller Güter mit der Bahn transportiert. «Die Verschiebungzum Schienenverkehrbei längeren Transporten lässt die Schweiz im EU-Vergleichgut dastehen,hat aber auch hierzulande noch merklich Luft nach oben», so Müller. Mitbatterieelektrischen Lkw mit einer Reichweite von biszu550 Kilometernkönne bereits ein grosser Teil der Transporte in derSchweiz elektrifiziert werden. Und doch steht diese Entwicklung noch am Anfang: Mit 77 vollelektrischenLkw wardie Schweiz 2021 Spitzenreiter in Europa. Helbling nehme auch diese Herausforderung an, sagt Simon Müller: «Wir verfügen über Kompetenzenbei der Entwicklung und Realisierung von Energiekonzepten in sämtlichenMobilitätsbereichen.»

Wohnhochhaus

Beton eine zentrale Rolle?

Warumspielt

Beton bietet vieleMöglichkeiten, um ressourcenschonend undnachhaltig zu bauen. Durchdas Wiederverwenden vonRecyclingmaterialien und die Karbonatisierung –ein Prozess,bei dem in BetongranulatCO2 aktivgespeichertwird–trägt dieser Baustoffzur Reduktion des CO2-Fussabdrucks bei undhilft, die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen voranzutreiben. Auch Entwicklungen im Betonsektor,wie etwaCO2-effizientereZemente und Betone, die gezieltereNutzung desBeton als Wärme- und Kältespeicher undder Einsatz von Carbon als Bewehrungsmaterial unterstützen diese Ziele.

Investoren, Immobilienverantwortliche, Architekten, Forschende und Politiker sind gefragt, die Chancen derBetonbauweise zu nutzen und gemeinsam an einer nachhaltigen Zukunft zu arbeiten. Mit einem klaren Fokus auf ressourcenschonendes Bauen und das Schliessen von Kreisläufen könnenwir ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigeLösungen schaffen –für uns undfür kommende Generationen beton2030.ch

Samstag, 22.Juni2024 Nachhaltig handeln Special 9
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Unsere Lebensgrundlagen in Gefahr

Klima&Energie Forschende derETH Zürich engagieren sich am Crowther Labund in mehreren anderenProjekten fürden Erhalt derArtenvielfalt.Sie spieleneinezentraleRolle beider Bewältigungder Biodiversitätskrise, vonder auch dieSchweiz betroffenist

ANJARUOSS UND ELMAR ZURBONSEN

Fünf Mal schon stand dasLeben aufder Erde kurz vordem Aus. Asteroideneinschläge,verheerende Vulkanausbrüche und andereNaturkatastrophen sorgten jeweils für ein gewaltigesArtensterben Man denkenur an dasEndeder Dinosaurier vor 66 Millionen Jahren. Manchen Experten zufolge erlebenwir derzeit den Beginn des sechsten grossen Artensterbens in derGeschichte unseresPlaneten.

So vieldürfte jedenfalls feststehen: Der Menschist für einenmassiven Abwärtstrend der biologischen Vielfalt verantwortlich.Schätzungsweise 60 Prozent der weltweiten Ökosysteme haben sich in den letzten 50 Jahren verschlechtert. Nach Angaben der Vereinten Nationen verschwindenheute bereits100 bis 150Tier-und Pflanzenarten für immer von unserem Planeten –pro Tag. Wenn nichtdeutlichmehrzum Schutz vonNatur und Umweltgeschieht,dürften es in den nächstenJahrzehnten noch viel, viel mehr werden.Die Rede istvon über zweiMillionenTier-,Pflanzen-und Pilzarten –und damit etwa einemFünftel aller Arten weltweit, dieam Rand des Aussterbens stehen. Gründe sind die Auswirkungendes Klimawandels, die Umweltverschmutzung,aber auch die schiereAusbreitung desMenschen in immer fragilereÖkosysteme

Riesige Datensätze

Sollte es zum Kollapsder biologischen Vielfalt kommen, wärendie Folgengravierend. «JederTeilunseres Lebens ist direkt oder indirekt von der Biodiversität abhängig»,betont Thomas Crowther,Professor für globale Ökosysteme und Leiter des von ihmgegründeten CrowtherLabsander ETHZürich. Der 38-jährige Wissenschaftlermusses wissen:Gemeinsam mit seinem Team erforscht er die Biodiversität in der Schweizund dokumentiertdie zahlreichen Veränderungen aufgrund derErderwärmung.Crowther gehört zu einer Generation von Ökologen, deren wichtigsteArbeitsgrundlagenriesigeDatensätze undausgefeilte Algorithmen sind. Die Forschungsarbeit am Zürcher Laberfolgt interdisziplinär, die Ergebnisse unterschiedlicher Fachrichtungen fliessen zusammen. «Wir untersuchen Bodenmikroben durch Mikroskope und ganze Ökosysteme durch Satelliten;wir führen sowohl Feldexperimente als auch Computermodellierungen durch»,so Crowther.Ein Forschungsschwerpunkt sind die alpinen Ökosysteme.«WirwidmenunsereArbeit aber auch derBiodiversität in den Böden sogenannter gemässigterWälder. Diese gehören zu den vielfältigsten Ökosystemen auf der Erde undspeichern riesigeMengenanKohlenstoff, die uns beider Bewältigung des Klimawandels helfen können.» Wenn er über die Schweizspricht, gerät Thomas Crowther geradezu ins Schwärmen:«Vonmajestätischen Berg-

ZurPerson

Thomas Crowther (rechts im Bild), der aus Walesstammende Ökologe, ist Assistenzprofessor an der ETHZürich im Department fürUmweltsystemwissenschaften. Dort gründete der 38-Jährige auch das CrowtherLab,eine interdisziplinäreGruppe von Wissenschaftlern, die sich schwerpunktmässig mit dem Zusammenhang vonBiodiversität und Klimawandelbefasst.Für seine Arbeit zumSchutz und zur Wiederherstellung derArtenvielfalt wurde Crowther 2021 vom Weltwirtschaftsforum zum «Young Global Leader» ernannt. Sechs Jahrezuvor hatte Crowther mit einem bahnbrechendenModell auf sichaufmerksam gemacht,das Daten von Satelliten mit den Erkenntnissender Umweltforschungverknüpft. Aufdiese Weise konnte er erstmalsberechnen, dass es auf derWeltrunddrei Billionen Bäume gibt. 2019 erregte seine Arbeit über das weltweitePotenzialzur Wiederherstellung von Bäumen für

gipfeln biszualtenTälern bietet das Land eine grosse Zahl an Lebensräumen mit einer vielfältigen Tier-und Pflanzenwelt.» Nachgewiesen sind rund 56 000 verschiedene Arten, Pilze und Flechten mitgerechnet.EinesolcheBiodiversität sei für die Wirtschaft hierzulande unerlässlich,soCrowther:«Sie unterstützt

Aufsehen. Mit seinem Team berechnete Crowther,dass theoretisch eine Fläche von 0,9 Milliarden Hektar zur natürlichenWiederbewaldungverfügbar sei.Auf dieser Flächekönnten 1Billion (1000 Milliarden) Bäume gepflanzt werden, um so enorme Mengen Kohlenstoff ausder Luft zu absorbieren.

Biodiversität

Natürliche Lebensräumeund Artenversorgen unsmit Nahrung und sauberem Wasser,liefern Grundstoffefür Arzneien und regulieren das Klima. Kurz gesagt: Die Biodiversitätist für dieMenschheit unverzichtbar. DerBegriffbezeichnet die biologische Vielfalt, die alle lebenden Organismen in einemGebiet umfasst.Man unterscheidet drei Ebenen derBiodiverstät: genetische Vielfalt (die Variation vonGenen innerhalb einer Art),Artenvielfalt unddie Vielfaltder Ökosysteme, die aufden komplexenWechselwirkungenzwischen allendortlebendenArten beruht.Dem Crowther Labzufolge befindenwir unsmitten in einer Krise der biologischenVielfalt: Mehr als 8400TierundPflanzenartensind vomAussterben bedroht, rund 30000 weitere Arten gefährdetoderschutzbedürftig.«Wirkönnen die biologische Vielfalt fördern, indemwir Lebensräume undÖkosysteme wiederherstellen und natürliche Ressourcennachhaltignutzen»,heisstes.

Landwirte,indem sie für hochwertige Böden und bestäubende Insektensorgt, was wiederum die Ernten verbessert. Sie unterstützt unsereInfrastruktur, indem sieBodenerosion begrenzt und das Klimareguliert. Sie fördert den Tourismus,indemsie Besucherinnenund Besucher anzieht, die die Pracht der Na-

tur erleben wollen.» Dochdas ist nur die eine,die positiveSeite der Medaille Denn fest stehtauch, dass «die Hälfte der Lebensräume und ein Drittel der Arten» in der Schweiz bedroht sind, wie das Bundesamt für Umwelt(Bafu) im vergangenen Jahr konstatiert hat. Mit demRückgang der Artenvielfaltgehe auch die genetische Vielfalt verloren. «Die Verlustehalten aufallen Ebenen der Biodiversität an», so dasBafu weiter. Die bisher ergriffenen Massnahmen seien zwar «teilweise erfolgreich,aber längst nicht ausreichend»

Schädlingeund Waldbrände

Die Auswirkungen sind Thomas Crowther zufolgeunübersehbar: «Wir können zum Beispiel beobachten, wie mit dem Anstieg der Temperaturen viele Arten höher in denAlpenraum wandern,um geeigneteLebensbedingungen zu finden.» Diese Veränderung könnezur Destabilisierung einzelner Ökosysteme führen. «So haben wir festgestellt, dass Schädlinge wie der Borkenkäfer immer häufiger auftreten. Zudem steigt dasRisikovon Waldbränden, da vieleBöden trockener werden. DieseEntwicklungenstellenein Risiko füruns alle dar»,warnt Crowther. Der ETH-Professor sieht sich nicht nur als Forscher,sondern auch als Teil einer globalen Bewegung,die den rapiden VerlustanBiodiversitätbekämpfen will. Und so ist Crowtherheute unteranderem im Beirat der Initiative «Dekade für die Ökosystemrestaurierung» des UN-Umweltprogramms aktiv. Ausserdem hat er das ETH-Spinoff «Restor» gegründet, eine Art Google Earth,das lokaleInformationenvon Naturprojekten mit Daten von Ökosystemforschern und Satellitenbildern kombiniert(s. Kasten).Mit der Open-DataPlattform werde«die ganze Welt der Umwelterhaltung und-restaurationauf jedem Smartphone zugänglich»,heisst es Nebendem CrowtherLab engagiert sich auch die ETH-Professorin Kristy Deiner fürden Schutz derBiodiversität. Unterihrer Leitung ist es dem interdisziplinären Team vonETH BiodivX gelungen, DNA-Proben in natürlichen Lebensräumen zu sammeln und so die Vielfalt derArten in unterschiedlichen Ökosystemenzuerfassenund zu überwachen.

Die Anstrengungen der ETH-Forschungsteams sind beträchtlich. Doch reicht das aus,umdie Biodiversität zu schützen –inder Schweizund weltweit? ThomasCrowther ist optimistisch: «Wir sind die erste Generation, die das volle Ausmass unsererEinflüsse auf die Biodiversität erkennt und die Fähigkeit besitzt, Veränderungen herbeizuführen.»

Nachhaltig handeln SozialesNetzwerkfür Umweltschutz

Die in Zusammenarbeit mit Google entwickelte offene Datenplattform «Restor» (restor.eco)gibtökologische Einblickeinmehr als 32000Wieder-

herstellungs-und Naturschutzprojekte Siezeigtauf,welcheArt vonPflanzen in einer Region gedeihen, und informiertüberörtlicheEntwicklungen

10 Special Nachhaltig handeln Samstag, 22.Juni2024
Im Rahmen seiner Forschungsarbeit untersucht Thomas Crowtherdie Biodiversität in denAlpen. FOTOS: ETHZ
QUELLE: RESTOR.ECO

DerRisk Filter des WWFbewertetlokaleGeschäftsrisiken anhand vonGeodatenzum Zustand derBiodiversität.Inrot gefärbten Gebieten ist das Risiko besonders hoch.Zum Beispielkanneswegen eines BienensterbenszuErnteausfällen kommen. RISKFILTER.ORG

Schutz derBiodiversität: kein Nice-to-have

Meinung Wegenihrer starkeninternationalen Verflechtung spielen SchweizerUnternehmen eine Schlüsselrolle beim Schutz derArtenvielfalt VonIon Karagounis

Netto-Null, Klimabilanz, Scope3– das sind Begriffe, mit denensichheute die meisten Unternehmen mehr oderminderfreiwilligauseinandersetzen.Sie haben sich daran gemacht, CO2-Absenkpfade zu formulieren und ihreGeschäftstätigkeit an kommendeRealitäten anzupassen. Die meisten dürften unterdessen gemerkt haben, dass das kein Spaziergang wird. Dochdie Klimazielewerden wirnur erreichen, wenn wir gleichzeitig den Verlust der Biodiversität stoppen. Lange dachten und hofften dieUnternehmen,

dass der Schutzder Biodiversität ein Themafür dieWissenschaft und für die öffentliche Hand bleibe.Oder sie gingen davonaus,dassesnur weitvon unsentfernt Problemegebe, irgendwobei den brennenden WäldernamAmazonas oder in Indonesien, und dassdiese nur einzelne Branchen wie die Land- oder die Forstwirtschaft beträfe.Doch fast die Hälfte derglobalerbrachtenWirtschaftsleistung –rund44Billionen US-Dollar–hängt von einerintakten Natur ab.Im neuesten Risk Report des World EconomicForum(WEF) wirddeshalbdie Ge-

Letzte Reserven

Meinung DerGartenwirdzur öffentlichen Planungszone DerStaat siehtimprivatenGrünzunehmend eingrosses Potenzial, um dienegativenFolgenvon Verdichtungund Klimaerwärmung zu bekämpfen. VonFelix E. Müller

EinGartenist einStück umzäunte Natur.Der Zaun dient dazu, ungebetene Besucher fernzuhalten, seien es Menschen oder Tiere. Die Verwendung dieses Fleckens Erde kann sehr unterschiedlich sein: Es gibt Nutzgärten, dieder Lebensmittelproduktion dienen. Kartoffeln werden gepflanzt,Karottenoder Bohnen. DieUmrandung sollnaschende Tiereund diebischeMenschen fernhalten. Ein Garten kann aber auch dem Vergnügen, der Erbauung,der Erheiterung dienen. Dann schmückenihn Blumen und Blütensträucher; ein Brunnen plätschert, Kieswege laden zum Lustwandeln ein.Und dann gibt es denParadiesgarten In einem solchen lebtenAdamund Eva Er istdas Abbilddes himmlischen Paradieses und dadurch ein Gegenentwurf zur mundanen Umwelt. Adam undEva bewegten sich im Paradiesgarten nackt. Denn der Garten ist Privatsphäre; was dort geschieht, geht niemanden etwas an So wareswenigstens bisvor Kurzem. Denn der Garten ziehtimmer mehr Interesse von Politik und Gesellschaft auf sich. Dem Staat ist es immer weniger egal,was in denprivatenGärten geschieht. Er sieht in diesen ein grosses Potentialfür den Kampf gegenunerwünschte Entwicklungen, die ihn immer stärker fordern.Die Stichworte heissen Verdichtungund der Klimaschutz DasstarkeBevölkerungswachstum der Schweiz erfordert die intensive Pro-

duktion von Wohnungen. Deswegen verdichtendie grossen Städte,wosie nur können. ÄltereGebäude werden abgebrochen unddurch solche ersetzt, welche dieGrundstückemaximalausnutzen.Sogeht viel Grün verloren. Nun schreibtein Richtwert etwa im Kanton Zürich vor,dasspro Einwohnerinoder Einwohner acht Quadratmeter Grünfläche zurVerfügung stehen müsse. Mit wachsender Verdichtung steigt somit dieSchwierigkeit der Behörden, diesen Wert zu erreichen

Bäume unter Schutz gestellt

Eine Folge davon ist, dass private Innenhöfe oder Dachterrassen öffentlich begehbar gemacht werden sollen. Auch denSchrebergärtenblüht einähnliches Schicksal. Eine andereFolge ist, dass die Zahl grosser Bäume deutlich zurückgeht. Dasstellt auchaus einemanderen Grund eine unerwünschte Entwicklung dar.StichwortKlimaschutz:

Grosse Bäume spenden in innerstädtischen Lagen Schatten und vermögen die Temperaturen deutlich zu senken. Also strebt derStaat an, die Zahlder grossen Bäume zu erhöhen. Deswegen werden bestehende Bäume unter Schutz gestellt. Zudem will etwa die Stadt Zürich die Privaten mitsanftem Druckdazubringen, vermehrt wiedergrosseBäumein ihrenGärten zu pflanzen. Wenn es sich

gegenist vielschichtiger undkleinräumiger: Da geht es um tropische Wälderauf Sumatra, um die Fischgründe vorMadagaskar, um dieDurchgängigkeit vonGewässern in der Schweiz oder um den Erhalt der BodenfruchtbarkeitinSpanien.

Zweitens: Beim Klimaschutz verfügen wir über einen riesigen Pool von technologischen Ansätzen, allen voranEnergiegewinnungsformen, die die Umwelt weniger belasten, als dies heute der Fall ist. Daraus lassen sich interessanteGeschäftsfelderentwickeln. Anders sieht es bei der Biodiversität aus Dieeffektivste Schutzmassnahmeheisst hier schlicht: «Hände weg!» Wertvolle Flächen lässt man am besten unberührt. Dasfällt uns Menschen bekanntlich schwer

Anspruchsvolle Aufgabe

siko von unternehmerischen Tätigkeitenausgeht. Er stellt zudem verschiedene Instrumente bereit, um Massnahmen gegen den Verlust von Biodiversität zu ergreifen. VergleichbareToolsofferiert das Science-based-targets-Netzwerk (SBTN). «Der Schutz der Biodiversität ist ein Luxus.Etwas,das teuer ist

fahr des Verlusts der Biodiversität und eines möglichen Kollapses der Ökosysteme alsbesondershocheingeschätzt.

Vielschichtig und kleinräumig Die Biodiversität zu schützen dürfte aus zwei Gründennoch kniffligerwerden, alsdas Klima zu schützen:

Erstens:Beim Klimaist die Stossrichtung klar –weg von der Verbrennungfossiler Stoffe.Damit lässt sich einGrossteil der klimawirksamen Emissionenvermeiden. Der Schutz der Biodiversität da-

Natürlich gibt es Nutzungen, die auf die Biodiversität Rücksicht nehmen, aber sie sind –zumindest kurzfristig –mit einemMinderertrag oder einem grösserenAufwand verbunden. Beides schmälert die Rendite.Biologische Landwirtschaft beispielsweise ist umweltschonender,erfordert aber mehrArbeit.InWäldern lassensich verschiedene Produkte gewinnen wie Pilze,Honig,Nüsseoder Heilpflanzen. Aber das bringt weniger ein, als den Wald zu roden und auf der freiwerdendenFläche Futtermittel wie etwa Soja anzubauen Waskann nun ein einzelnes Unternehmen tunfür die Biodiversität?Den Firmenvorplatz oder das Dach desBetriebsgebäudes begrünen? Dasmag Sympathien einbringen, bewirkt jedoch nur wenig.Denn die Hauptbelastung geht meistvom Kerngeschäftaus Am Anfang steht deshalb eine Analyse: Wo trägtmein Unternehmen am meisten zurZerstörung vonBiodiversität bei? Bei einem Bauunternehmen mag dies in der nächsten Kiesgrube oder in einem Neubaugebiet der Fall sein, bei einem Milchproduzenten auf der Weide vor seinem Haus.Bei den meisten Schweizer Industrie- und Dienstleistungsunternehmen liegtdas Hauptproblem jedoch bei seinen Zulieferern irgendwoimAusland. Entsprechend anspruchsvoll gestaltet sich dieAufgabe Hilfe bietet etwa der BiodiversitätsRisikofilterdes WWF (riskfilter.org). Er zeigt,inwelchen Weltregionenfür die Biodiversität einbesondershohes Ri-

«Die effektivste Schutzmassnahme: Hände weg von wertvollen Flächen!»

und das mansich nur dann leisten kann, wenn die Wirtschaftrundläuft.» Diesen Eindruck gewinnt manoft in der politischen Diskussion. Doch wer so denkt, liegt falsch. Eine eintakte Natur ist die wichtigste Produktionsgrundlage der Wirtschaft. Ohnesie geht garnichts

DerBiodiversitätsRisikofilter desWWF istein kostenloses Online-Tool–einfach denQR-Code scannen:

IonKaragounisist beim WWFSchweiz verantwortlichfür neue Wirtschaftsmodelle und Zukunftsfragen.Kürzlichist sein Roman«Was wirhinterlassen» erschienen

um einen Neubau handelt, fällt dies nicht schwer.Die Baubewilligung erfolgtnur, wennentsprechende Forderungen erfüllt werden. Mittlerweile schreibt die Stadt vor,woineinem Garten welche Bäumegepflanztwerden müssen. Sie duldet auch keine Neophyten mehr,also Schmuckpflanzen ausländischer Herkunft. So sind der Kirschlorbeeroder der Schmetterlingsflieder auf eine schwarzeListe geraten. Ehret die heimischenPflanzen, lautet das Motto DieerstenKantone haben auchSchottergärtenverboten, diese pflegearmen

Steinwüsten,die wenig zur Biodiversitätund im Sommervielzur Aufheizung derLuft beitragen

Abschied vom Paradies

Es zeigt sichimmerdeutlicher, dass der Staat in den privaten Gärten dieletzten Reserven sieht, dieergegen dienegativen Folgen der Verdichtung sowie des Klimawandelsmobilisieren kann. Diese Tendenz dürfte zunehmen. Im Kanton Zürich werden demnächst neue Bestimmungen für eine «klimaangepasste

Siedlungsentwicklung» in Kraft treten. Grosse Bäume dürfendann viel näher an das Grundstückdes Nachbarngepflanzt werden alsbisher.Eine Baumpflanzpflicht wirdeingeführt,die Grundstückbegrünung staatlich stipuliert, die Begrünung von Flachdächernvorgeschrieben. Der Garten wird so in den Dienst der Öffentlichkeit gestellt. Spätestens heute hätten Adam undEva wohl ihrParadies verlassen müssen, zumindestinZürich.

FelixE.Müller istfreierPublizist undwar der ersteChefredaktorder «NZZ am Sonntag»

Samstag, 22.Juni2024 Nachhaltig handeln Special 11
ADOBE
DerGartenist Privatsphäre. So wareswenigstens bisvor Kurzem
STOCK

Nachhaltigkeit:Soambitioniertgehen

ESG-Zielsetzungen Unternehmenund Organisationen können dienachhaltige Transformation aufvielfältige Weisevorantreiben. Undsie tundiesauch, wiedie Partnervon SustainableSwitzerland eindrucksvollbelegen

Sieleisten einen wichtigen Beitragauf demWeg zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und nachhaltigen Entwicklung.Dabei agieren sie häufig schneller unddynamischer alsdie Politik. Im Zeichen der weltweiten Klimakrise habenviele Unternehmen damit begonnen, die Weichenentsprechend zu stellen: Produkte und Prozesse kommen auf denPrüfstand, Strategienund Geschäftspraktiken werden neu justiert. Es geht um eine umfassende Transformationinder Wirtschaft –und damitinjedem einzelnen Betrieb Der Wandel beginnthäufigmit denBemühungen, CO2-Emissionen zusenken, idealerweise mit der Umstellung auf erneuerbareEnergien. Gefordert ist auch ein verantwortungsvolles Management der Lieferketten: Unternehmenmüssenheute transparent nachweisen,dass ihreSupply Chains nachhaltigen Standards entsprechen –vom Rohstoffbezug bis zur Auslieferung an die Kunden. Und natürlich spielen auch Finanzen eine wichtige Rolle, genauer: Investitionen in Forschungsprojekte und in dieEntwicklungnachhaltigerTechnologien.Sie tragen ebenso dazu bei, Umweltproblemezulösen, Ressourcennoch effizienter zu nutzen –und natür-

lich, das Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig zu machen. WieStudienzeigen,haben drei Viertel der SchweizerUnternehmeninden letztenJahrendeutlich mehr MittelinESG-Aktivitäten(Umwelt,Soziales, Governance)investiert, trotzwachsender Unsicherheiten und Krisen. Sie tundies nicht nur unter dem Druckverschärfter regulatorischer Vorgaben, sondern auch aus eigenem Interesse. Sie übernehmen soziale, ethische undökologischeVerantwortung –und sichernsolangfristig auch ihren eigenen wirtschaftlichen Erfolg.Zahlreiche Firmen haben erkannt: Werauf Kreislaufwirtschaft setzt, Energie spart,Abfälle rezykliert und in die Qualifikation seiner Mitarbeitenden investiert, reduziert am EndeKosten,macht sich wenigerabhängigund punktet auf den Märkten. Es gibt viele Wege und Möglichkeiten, Nachhaltigkeit im Unternehmen umzusetzen.ImKleinen wieimGrossen.Esgilt,Ambitionen für verschiedene Nachhaltigkeitsthemen zu formulieren und sich konkreteZiele zu setzen. DiePartner von Sustainable Switzerland berichten im Folgenden, wie ihr Beitragfür eine nachhaltige Zukunft aussieht, was sieantreibt und was sieerreichen wollen.

UBS

Neue Wege für eine nachhaltigere Welt

UBS willdie bevorzugte Finanzanbieterin für Kunden sein, die Kapital für die Erreichung der 17 Zielefür nachhaltige Entwicklung derVereinten Nationen (die Sustainable Development Goals) und für den geordneten Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft mobilisierenwollen. UBS hat deshalb zum Beispiel die Ambition, die Scope-1-und Scope-2-Emissionen durchEnergieeffizienz und Umstiegauf nachhaltigereEnergiequellen zu minimieren.Ausserdem werden historische Emissionen zurückbis ins Jahr 2000 kompensiert.

UBS hat für 2030Dekarbonisierungszielehinsichtlich der Finanzierung derSektorenSchwei-

zer Wohn-und Gewerbeimmobilien, Stromerzeugung,Eisen undStahl,Zementund fossile Brennstoffe festgelegt.UBS hatsichzudem einMehrjahreszielgesetzt,bis 20251Mrd.US-Dollaran Spendenfür kundenseitige Philanthropie-Stiftungenund -Fonds zu sammelnund 26,5 Millionen Begünstigtezuerreichen.

Gemeinsam mitanderenVordenkern will UBS die Standards in Forschung,Entwicklung sowie Produktentwicklung global vorantreiben. Mit dem Sustainability Report,der 2024für die kombinierte Bank erschienen ist, dokumentiert UBS ihren Fortschritt und setzt sich neue ehrgeizige Ziele aufdem Wegzur Dekarbonisierung

BKW Nachhaltige Stromversorgung

Um lebenswerte Lebensräume zu schaffen, befasst sich die BKW mitdem eigenen Fussabdruck– konkret mit den CO2-Emissionen, die sieals Energieproduzentin direktverursacht.Dabei hatsichdie BKW mit derReduktion vonden eigenen Treibhausgasemissionen aus dem Energiegeschäftbis spätestens 2040 auf «Net Zero»ein ambitioniertes Ziel gesetzt. So soll das Bedürfnisnacheiner nachhaltigen Stromversorgung gewährleistet werden. DieBKW produziert Energie auserneuerbaren Energien wie Windkraft, Photovoltaik, Kleinwasser-und Biomasse-kraftwerke.Allein durch dieEnergie ausden 42 Windparks in sechsLändern konnte im Jahr 2023 derStrombedarfvon knapp 500000 Vierpersonen-

haushalten gedeckt werden. Über 800000 Haushalte können allein durch die Wasserkraftwerkemit Strom versorgt werden. Damit ist die BKW auf gutem Weg, ihrerAmbitiongerechtzuwerden. Mit den Wasser-,Solar-und Windkraftwerken ist die Stromproduktion weitgehend bereits fossilfrei und somit CO2-arm. So stammten 2023 ganze 62 Prozent der Stromproduktion der BKW aus erneuerbaren Energiequellen. Damit hat sich der Anteil gegenüberdem Jahr 2022 um sieben Prozent ausgebaut. DieserAnsatz wirdweiterangetrieben, um das ZielNet Zero im Energiegeschäft bis 2040 zu erreichen und gleichzeitig densteigendenEnergiekonsum sicherzustellen.

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TopSpeaker ChristineAntlanger-Winter CountryDirector, GoogleSwitzerland Prof.Dr. Ambrogio Fasoli Prof.EPFL, CEOEUROfusion Dr.Antje vonDewitz CEO,Vaude 22.August2024,KursaalBern
SustainableSwitzerland Forum

en Unternehmen in derSchweiz vor

Nachhaltig handeln

Ambitionen der Partner unsererInitiative

Zusammen packen wir’s: Die Partner derInitiativeSustainable Switzerland verfolgen konkrete Ziele auf ganz unterschiedlichen Feldern der Nachhaltigkeit. Wassie in dennächsten Jahren in puncto ESG(Umwelt, Soziales undGovernance)erreichenwollen undwelchekonkreten Ambitionensie verfolgen, habensie füruns auf den Punktgebracht.

FürweitereInformationenzu Sustainable Switzerland –einfach den QR-Codescannen:

ETH Zürich Lösungen für globaleHerausforderungen

Energie,Klima,Ernährung,zukünftige Städte und der Umgang mit komplexenRisiken sindThemen von globaler Bedeutung, in denen sich die ETHZürich als Forschungseinrichtungetabliert hat. Die meisten Departemente der ETHund eine wachsende Zahl an Kompetenzzentren erforschen und schaffen Lösungen für die nachhaltigeEntwicklung unserer Gesellschaft.

Beispiel Energiebereich: Hier hat dieETH Zürich massgeblich zur Umsetzung der bundesrätlichen Energiestrategie 2050 beigetragen.Die ETH leitet drei der acht Zentrendes SwissCompetence Center for Energy Research.Unter demDach des Energy ScienceCenter arbeitenForscher aus den Ingenieur-, Natur-und Sozialwissenschaften gemeinsam an erneuerbarenEnergien und derenInte-

BCG

grationindie Energieinfrastruktursowieannachhaltigen Geschäftsmodellenfür den Energiesektor In derKlimaforschung arbeitet dieETH Zürich gemeinsam mit Partnern am Aufbau des Schweizer Polarinstituts; es betreibtauch dasNationale Zentrumfür Klimadienste.ImCenter for Climate System Modeling sind Kompetenzen zur Klimasimulation undzur Modellierungihrer zukünftigen Entwicklung gebündelt.Forscher verschiedenerFachbereiche untersuchen ausserdem, wie sich der Klimawandel auf Ökologie,Wirtschaft und Gesellschaft auswirkt. Die ETHZürich ist davon überzeugt, dass Universitätennicht nureine grosse Chance,sondern aucheine gesellschaftliche Verantwortung haben, innovative Lösungen fürdie Herausforderungen derMenschheitzuentwickeln

Netto-Null-Bilanz bis 2030

BCGhat sichdas Zielgesetzt,bis 2030 eineNettoNull-Bilanz und danach einepositive Klimabilanz zu erreichen, das heisst, mehr Kohlenstoffaus der Atmosphärezuentfernen,als wir jedes Jahr ausstossen. Wirfolgender Emissionsminderungshierarchie,indemwir zunächst dieEmissionen innerhalb unserer Wertschöpfungskette verringern und dann unsereverbleibendenEmissionen kompensierenund neutralisieren.Wir habenunsereScope-1und Scope-2-Emissionen bereits deutlich reduziert und einen klaren Dekarbonisierungsplanfür unsereScope-3-Emissionenaus Geschäftsreisen aufgestellt. Seit 2022 kooperieren wir mit Sylvera das eine unabhängige Plattform zur Bewertung und

Swisscom

Die Chancen der Digitalisierung nutzen

Als Swisscom-Gruppe haben wir uns ein ehrgeiziges Netto-Null-Ziel gemässScience BasedTargets initiative (SBTi) bis 2035 gesetzt. Seit 1990 haben wirimSchweizer Geschäft über88Prozent unsererdirektenCO2-Emissionenreduziert.Wir bauen unserePhotovoltaikaus und stellen bis Ende2024 unseregesamte Personenwagenflotte auf E-Autos um. Netto-Null erwarten wir auch vonunseren Lieferanten in Ausschreibungen und führenmit ihnen gemeinsame CO2-Reduktionsprogramme durch. So besteht unsereneueste TV-Box zu 65 Prozent aus Recyclingkunststoff, sie ist35Prozent energieeffizienterals ihreVorgängerin und zu 100Prozent plastikfrei verpackt

Datenbasierte Nachhaltigkeit

Wirermöglichen Unternehmen, nachhaltig zu arbeiten, indem wir datenbasierte IT-Lösungen anbieten. Mit ESG- und Carbon-Management-

economiesuisse

lösungen unterstützen wir Unternehmen dabei, ihre Emissionen automatisiert zu erfassen undzu bewerten. Zudem investieren wir in innovative Startupsmit nachhaltigem Fokusund unterstützen vielversprechende Startups langfristig durch die Stiftung DeepTech Nation.

Digitalisierung prägt alle Lebensbereiche

Die Digitalisierung bietet enorme Chancen. Sie kann jedoch für Teile der Gesellschaft überfordernd sein.Deshalbwollen wirdie Schweizer Bevölkerung mitunserer Plattformswisscom.ch/campus bereit fürein medienkompetentes Lebenmachen Wirbieten Online-Kurse und Ratgeber an –auf besonderen Anklang stossenzum Beispiel derElternratgeber «Mein erstesHandy»oder Unterrichtseinheiten fürKinderzuökologischen undsozialen Aspekten in derWertschöpfungskette einesSmartphones

Dekarbonisierung nach Fahrplan

Die Cendres+Métaux Holding ist spezialisiert auf die feinmechanische Fertigung und Oberflächenbehandlung in derUhrenbrancheund Medizinaltechnik.Als SchweizerIndustriegruppeanerkennt Cendres+Métauxdie Wichtigkeit dieses Jahrzehnts im Kampf gegenden Klimawandelund nimmt ihre Verantwortunggegenüber derGesellschaft, ihren Mitarbeitenden und Kunden ernst. Als Teil des Swiss-Triple-Impact-Programmshat siesich 2022 dasambitionierte Zielgesetzt, dieKlimaneutralität dereigenenEmissionen bis 2030 zu erreichen. Gleichzeitigwill sie sich in derScience Based Targets initiative (SBTi) engagieren und damitdie indirekten Emissionen aus der vor-und nachgelagerten Wertschöpfungskette angehen, mitdem Ziel NettoNull bis2050. Derzeit arbeitet dieGruppeander Schaffungeiner solidenDatengrundlage, um einen Dekarbonisierungsfahrplan zu entwickeln. Dazu müssen Gebäude,Energie- und Rohstoffbezüge, Geschäftsmodelle undLieferantenjedes einzelnen Unternehmensdetailliert analysiertwerden. Darüberhinaus strebtCendres+Métaux die Digitalisierung der Emissionsbuchhaltung an, um

«Dialogund Datenaustausch zwischen verschiedenen Partnern der Lieferkette sollen verstärkt werden.»

Investitions- und Geschäftsentscheide zukünftig besser auf die Klimastrategie abzustimmen und Klimaschutz systematisch in die Managementsysteme zu integrieren. Eine Erhöhung des Dialogs und Datenaustauschs zwischen verschiedenen Partnern der Lieferkette ist ebenfalls vorgesehen, da das grösste Reduktionspotenzialbei den eingekauften Gütern unddamit in dervorgelagerten Wertschöpfungsketteliegt.

BMW Gesamte Wertschöpfungskette im Blick

Die BMW Group hat sich dem Ziel des Pariser Klimaabkommens verpflichtetund im Vorfeldder UN-Klimakonferenz von 2021 die Initiative «BusinessAmbition for 1.5°C» unterzeichnet.Die Ambitionensindklar: DieBMW Group willbis spätestens 2050 vollständig klimaneutral sein. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, hat sich das Unternehmenstarkeund nachvollziehbare Zwischenzielegesetzt Erstens: Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen vonFahrzeugen der BMW Group über die gesamte Wertschöpfungskette um mindestens 40 Prozent gegenüber2019gesenkt werden. Dazu werden nichtnur dieEmissionen dereigenen Werkeund Standorte reduziert, sondern auch wirksame Hebel innerhalb derLieferkette identifiziert.

die

Mobiliar

Überwachungvon Kohlenstoffgutschriftenanbietet. Dies hilft uns, einen besseren Einblick in unser früheres und aktuelles Portfolio zu gewinnen, informiert uns über vorausschauende Käufe und stellt sicher,dass dieQualität der Projekte in unserem EntscheidungsprozessanersterStelle steht.

«Wir haben Emissionen bereits deutlich reduziert.»

Zweitens:Mindestens 50 Prozent der jährlich abgesetzten Fahrzeuge sollen bis 2030 vollelektrisch sein. Schon jetzt nimmtdie Zahl derelektrifizierten Fahrzeuge der BMW Group jedes Jahr zu. Doch der Kampf gegen den Klimawandel erfordertweitere Anstrengungen und einen forcierten Ausbau derE-Mobilität.

Drittens: Secondary First! Der sparsame Einsatz von Ressourcen und ihreVerwertbarkeit in der Kreislaufwirtschaftist einwichtigesElement des Klimaschutzes.Bereits heute müssenFahrzeuge zu 95 Prozent recyclingfähigsein. DerAnteil an Sekundärmaterialien in neuen Fahrzeugen istjedochnochvergleichsweise niedrig.Deswegen plant die BMW Group,diesen Anteil in ihrenFahrzeugenperspektivisch auf 50 Prozentzuerhöhen.

Resilienz für den Siedlungsraum

Die Stadtder ZukunftspeichertRegenwasserwie ein Schwamm. Dasreduziert das Überschwemmungsrisiko, verbessert dasMikroklima undwertet Lebensräume auf.Deshalb unterstützt die Mobiliar Schwammstadt-Projekte.Asphaltböden in dichtbesiedelten Gebieten werden entsiegelt.Dadurch fliesst weniger Regenwasser oberflächlich ab,sondern versickert; oder es wirdinRückhaltebecken zwischengespeichert. Mitbaulichen Massnahmen und dem Pflanzen von Bäumen und Sträuchernnimmt der Boden dasWasser auf.Erspeichert es wie ein Schwamm.WährendHitzeperioden wird dasWasser vonPflanzen genutztoderverdunstet. So entstehteinenatürlicheKlimaanlage.

DasKonzept der Schwammstadt bringt mehrfachen Nutzen –ökologisch, sozial und ökonomisch: Verbesserung von Mikroklima undWasserhaushalt (Hitzeminderung), mehrBiodiversität, Aufwertung des öffentlichen Raums,mehr Lebensqualität, Entlastung des Kanalisationssystems,weniger Überschwemmungsschäden. Mitihrem Schwammstadt-Engagement aus der Genossenschaft leistetdie Mobiliar einen Beitrag, um Schäden zu minimieren und gleichzeitig die Folgendes Klimawandels abzufedern.Dies geht über diereineGefahrenabwehr hinaus: SchwammstadtProjekte tragen dazu bei, dass die Lebensqualitätin dichtbesiedeltenGebieten hoch bleibt.

Samstag, 22.Juni2024 Nachhaltig handeln Special 13
ISTOCK
«Wer

nachhaltig agierenwill,

muss auch wirtschaftlich

denken»

Wirtschaft DieVersicherungsbrancheist mitrund50000 MitarbeitendeneinebedeutendeAkteurinder SchweizerWirtschaft. Schon aufgrund ihreslangfristig angelegten Geschäftsmodells gehöre Nachhaltigkeit zurDNA derAssekuranz, betont Jean-PhilippeMoser, stellvertretenderDirektordes SchweizerischenVersicherungsverbandes(SVV).Sie müssedabeiimmer gesamtheitlich betrachtet werden.

Überschwemmung nach Starkregen:Versicherungsunternehmen sehensichbei derEinschätzungzukünftiger Risikenund Schäden mit Unsicherheiten konfrontiert. ISTOCK

DerKlimawandel sorgt für neue Risiken –und damit für zusätzlichenVersicherungsbedarf.Zudem lassensichAusgaben fürSchäden auf diePrämien überwälzen.Warum sind Versicherungsgesellschaften überhaupt an Nachhaltigkeit interessiert?

Jean-Philippe Moser: Tatsächlich gehört es zu den Aufgaben derAssekuranz, Risiken, die dem Klimawandel folgen, zu versichern.Aber niemandhat einInteressedaran,dasseszuSchäden kommt:Wer eine Autoversicherung abgeschlossenhat,willauchkeinen Unfall haben, unddie Versicherer freuen sich über Kundinnen und Kunden, die unfallfrei unterwegssind. Ziel der Versicherungswirtschaft ist es,dazubeizutragen, dass dieMenschen ihre Risikoeinschätzung reflektieren undsichfinanziellabgesichert fühlen. Dabeiist dieBranche grundsätzlich sehr langfristigausgelegt Wirversichern künftigeund auchlangfristige Risiken, etwa in der Altersvorsorge.Zudem sind wir eine der ersten Industrien, die den Klimawandelzuspürenbekommt. Er wirktsichsehrdirekt aufunser Geschäft aus,etwa bei Naturgefahren und Elementarschäden. Daher ist es selbstverständlich, dass sich die Brancheintensiv mit Nachhaltigkeit beschäftigtund sich auch in derPrävention stark engagiert

Waskann die Versicherungsbranche zur Nachhaltigkeitbeitragen?

Jeder kann undmuss einenBeitragzu mehr Nachhaltigkeit leisten. AusInteresse für die Gesellschaft von morgen –und auch im eigenen Interesse Fürdie Versicherer stellt sich, wiefür alle Unternehmen, die Frage: Waskönnenwir innerhalb unseres Betriebs tun? Hier passiert in der Branche bereits sehr viel, vom Abfallkonzept über die energetische Sanierung vonBürogebäuden bishin zur Reduzierung von Geschäftsreisen. Aber auchausserhalb des Unternehmensgiltes, Nachhaltigkeit zu fördern.Auchhier geschieht viel: So werden Lehrstühle im Klimabereich finanziert, es wird vielPräventionsarbeit initiiert und finanziert und

so weiter.Zudem motivieren wir unsere Mitarbeitenden dazu,inallen Lebensbereichen verantwortungsvoll zu handeln.

Einenbedeutenden Einfluss können

Versicherer mitdem Geld ausüben, das sie in Form von Prämien oder Beiträgen erhalten und anlegen. Es geht um Kapitalanlagen in der Grössenordnung von rund 540 MilliardenFranken. Die Versicherungsbranche trägt eine grosse Verantwortung dafür,dass dieses Kapital richtig eingesetzt wird. Hier zeigt sich auch, dass Nachhaltigkeit ebennicht allein auf den ökologischen Aspekt reduziertwerden kann. Wer langfristig Renditen am Markt erzielenwill, muss ökologischeund ökonomische Zieleausgewogen berücksichtigen. WerKundenerwartungen zu erfüllenhat, muss auchinJahrenund Jahrzehntennoch Renditen ermöglichen, um zum Beispiel Renten zu finanzieren. Wernachhaltigagieren will,muss auch wirtschaftlich denken.Ein Beispiel: Die Dekarbonisierung unserer Gesellschaftkostet Geld.Dieses Geldmüssen Unternehmen verdienen können, um Investitionen tätigen zu können. Beim Klimaschutzsind ökonomisch erfolgreiche Marktwirtschaften oftinnovativer. ÖkologischeNachhaltigkeitauf Kosten der ökonomischen Nachhaltigkeit ist riskant. Denndie ökologische

ZurPerson

Dr.Jean-Philippe Moser, 52, ist Leiter des Ressorts Versicherungsbranchen und stellvertretender Direktor des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV. Er war zuvor in der Unternehmungsberatung,inverschiedenen Managementfunktioneninder Versicherungsbranche, bei den SchweizerRegionalbanken sowie zuletzt alsGeschäftsleitungsmitgliedbei der Mobiliar tätig

Nachhaltigkeit baut auch auf Innovation, welchemarktwirtschaftlichgetrieben sein muss

In seinem Nachhaltigkeitsberichtschreibt der SVV,ein steuermildes Umfeld sei unabdingbar,damit dieWirtschaft die notwendigen Mittel fürdie Dekarbonisierung erwirtschaften könne.Das Umfeld in der Schweizist bereits recht steuermild.Was fordernSie konkret? Dass der Staat mit den Geldern, die ihm zur Verfügungstehen,nachhaltig umgeht. Gerät ein Haushalt aus dem Gleichgewicht, können entweder die Kosten gesenkt oder die Einnahmen erhöht werden. DieForschung zeigt, dass es nachhaltiger ist,die Kostenzusenken, als neueSteuern zu schaffen. Es geht um den sorgsamenUmgang mitunserenRessourcen, den ökologischen wie den finanziellen. Einwichtiges Prinzip der Nachhaltigkeit lautet, unsereBedürfnisse heutesozubefriedigen, dass wirdie Möglichkeitenkünftiger Generationen nicht einschränken. Doch genau das tunwir im Moment:Wir bürden den künftigen Generationen grosse Lasten auf.Auch bei den Pensionskassenfindet eine Umverteilung zwischen den Generationen statt: Werden die jährlichenUmverteilungssummen von 2014 bis 2022 addiert, wurdengemäss den Schätzungen der Oberaufsichtskommission der beruflichen Vorsorge

OAKBVinnerhalb von neun Jahren 45,1 MilliardenFranken von denaktiven Versicherten zu denRentenbeziehenden umverteilt.Das schränkt den Handlungsspielraum derJungen und derkünftigen Generationen ein. Nachhaltig istdas jedenfalls nicht.

Die Assekuranz setzt vermehrt auf explizitgrüne Anlagen. 15 SchweizerPrivatversicherer sind Mitglied beider NetZero AssetOwner Alliance (NZAOA), die von denVereinten Nationen und Versicherernins Lebengerufenwurde.Die Mitgliederverpflichten sich, ihre Portfolios bis 2050 klimaneutral auszugestalten.Damitunterstehtheute über die Hälftealler Kapitalanlagen derSchweizerPrivatversicherer diesem Versprechen.Was bedeutet daskonkret?Oder anders gefragt: Wasist eigentlicheine nachhaltigeAnlage?

Wichtig ist, dass zwischenNachhaltigkeitsrisiken und Nachhaltigkeitswirkung unterschiedenwird. Es gilt für Anlegerinnen und Anleger verständlich darzulegen, inwiefern ein Produkt Nachhaltigkeitsrisiken minimiert,auf Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet ist oder effektiv zu Nachhaltigkeitszielen beiträgt. Es bleibt so odersoeine schwierige Frage,wie mit nachhaltigen Anlagen umzugehenist.Investitionenin CO2-arme Energieträger können Investitionen in Atomkraft begünstigen, derweil bestimmte Länder aus der Atomenergie aussteigen und stattdesseninGas und Kohle investiert haben. Die Politik ändert sich, auchBefindlichkeiten unddie Wahrnehmung vonNachhaltigkeit können sich ändern.Auch bisher sehr anerkannte Beratungsunternehmen für Klimaschutzprojekte sind kürzlichindie Kritik geraten. Plötzlich zeigteine gut gemeinte Nachhaltigkeitsbemühung Nebenwirkungenund wird nicht mehrals nachhaltig erkannt. Vielleicht, weil sie zu einseitig war,detaillierterund starrer Regulierung folgte oder schlicht nichtbreit genug angedachtwar

Wiefindetdie Assekuranz da denrichtigen Weg?

Letztlichgeht es immer um die Bedürfnisseder Kundenund um die Anwendung eines breiten und ausgewogenen Nachhaltigkeitsverständnisses DasNachhaltigkeitsbewusstsein ist sowohl bei den Privatkundinnen und -kunden wie auchbei den zu versichernden Unternehmen sehr breitvorhanden Entscheidend ist deshalb einklaresBekenntnis zu einemnachhaltigen Finanzplatz –und ein schrittweises Vorgehen Wiralle haben ein vitalesInteresse an einem langfristig erfolgreichen Finanzplatz. Einer der Gründefür den Erfolg der Schweizer Wirtschaftist die Partizipation: Es wirdnicht einfachvon oben herab entschieden, sonderndie Betroffenensetzensichzusammenund suchen nach Lösungen. Auch darumhat der Bundesrat die Akteuredes Finanzplatzes aufgefordert,imBereich des «Greenwashings» dieSelbstregulierung weiterzuentwickeln und gemeinsamumzusetzen. DieAsset Management Association, die Schweizerische Bankiervereinigung und der Schweizerische Versicherungsverband arbeiten eng zusammen, um Standards zu Nachhaltigkeitsthemen mitzugestalten.

Je stärkerNachhaltigkeit in den Fokus rückt, desto mehr nimmt auchdie Regulation auf diesemGebiet zu. Wiestehen Sie dazu?

Wirsind an einemPunkt angelangt, an dem man sich fragen muss,was die einzelnenVorgaben bringen. Die Bürokratie hat in den letztenJahren weiter zugenommen. Es besteht dieGefahr, dass die Kosten dadurch immerhöher werdenund denNutzenübersteigen. Das Strebennach Nachhaltigkeit darf nicht zu einem Papierkrieg gegen den Klimawandel verkommen. Nachhaltigkeit ist zu wichtig,umsie zu bürokratisieren oder politisch zu ideologisieren.Mehr Regulierung bedeutet nicht zwingend mehr Nachhaltigkeit,vor allemnicht langfristig.Das Gegenteil kann der Fall sein. Dann nämlich, wenn die Bürokratie dringend notwendige Innovationen verhindert. Damitsind wir zurückbeim Gleichgewicht: Einzelne Schritte müssen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Es geht nicht um Gut und Böse, sondern darum, Nachhaltigkeit aus einer Gesamtsicht anzustreben. Wirsollten immer im Blick behalten, dass nachhaltigesDenken ohne Scheuklappen dieVoraussetzung für unseren Wohlstand und unsere sozialenErrungenschaftenist

«Ökologische Nachhaltigkeit auf Kosten der ökonomischen Nachhaltigkeit ist riskant.»

Interview: Marius Leutenegger

14 Special Nachhaltig handeln Samstag, 22.Juni2024
PD

Fachwissen und Ressourcen gefragt

Reporting DerregulatorischeDruck wächst:Immer mehr Unternehmenmüssenimmer umfangreichere Nachhaltigkeitsinformationen offenlegen.Jenach Firmengrössestelltdiesdie Geschäftsleitungen vor unterschiedliche Herausforderungen.

ELMAR ZUR BONSEN

In den letzten Jahren hatsichdie Taktfrequenz in derGesetzgebungzur sogenannten nichtfinanziellen Berichterstattung massiv erhöht –und dasweltweit. BeimThema Kapitalmarktkommunikation gibt es aufglobalerEbene undim europäischen Raum seit langem intensive Bemühungen, konsistente und vergleichbareStandards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu entwickeln. So hatdie Europäische Unioninzwischen im Rahmen ihres Green-Deal-Programms mitder Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) umfangreiche Berichterstattungsvorgaben eingeführt.

Risiken analysieren

Auch derSchweizer Gesetzgeber hat die Zügel angezogen: Dasneue Klimaund Innovationsgesetz (KIG)verpflichtet ausnahmslos alleUnternehmen, also auch KMU,bis spätestens 2050netto null Emissionen aufzuweisen (Art. 5Abs.1 KIG) und den Pfad dorthin zu beschreiben. Zudem wurde dasObligationenrecht (OR) um Vorschriftenzur nichtfinanziellen Berichterstattung(Art. 964a ff OR) inklusive ausführlicher Klimaberichterstattung ergänzt. DasORverlangt auch, Sorgfalts-und Transparenzpflichten bezüglich Mineralienund Metallen aus Konfliktgebieten undKinderarbeit (Art 964j ff.OR) zu erfüllen. Betroffen sind Gesellschaften desöffentlichen Interesses ab einer bestimmten Grössenordnung (s.Seiten 20 und22). Die CSRD derEU nimmt viele Schweizer Unternehmendi-

rekt oder indirekt in diePflicht.Das Obligationenrecht soll sogar weiter an die CSRDangepasstwerden.

Diese Neuerungenhaben viel Bewegung in die Reporting-Szene gebracht. Um «compliant» (gesetzeskonform)zu bleiben, müssen Verwaltungsräte und CEOsstrategische Entscheidungentreffenund Ziele setzen. Es gilt zudem, Risikenund Auswirkungenauchinder Lieferkette zu analysieren,Stakeholder einzubinden, zahlreiche Daten und Infor-

Quer durch alle Branchen stehen viele Firmen noch ganz am Anfang.

mationen zu erheben undregelgerechte Berichte auszuformulieren. Konzerne tun sich naturgemäss leichter alskleinere Unternehmen, dasdafür notwenige Personal und die Mittel bereitzustellen, etwa fürexterne Fachberatung bei derTreibhausgasbilanzierung oder bei derErstellungvon Klimaberichten gemäss den TCFD-Empfehlungen, wie es das OR vorsieht (TCFD steht für «Task Force on Climate-Related Financial Disclosures»). Doch auch global aufgestellte Firmen sindmit grossenHerausforderungen konfrontiert:Somüssen sieeinheitliche Analyseverfahren undkonsolidierte Datenerhebungenimgesamten Konzern implementieren, in dem oftmalsganz

Transformation zumnachhaltigen Wirtschaften: In den Chefetagenbleibt noch viel zu tun.

unterschiedliche Geschäftsmodelle vereint sind.Allein dieGrösse bereitet also Probleme. Daher werdenhäufig solche Beratungs- oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaftenherangezogen, welche die nötigen Kapazitäten fürGap-und Risikoanalysen mitbringen, die bei zahlreichen Standorten weltweit undeiner hohen Wertschöpfungstiefe recht umfangreich ausfallen können

Zulieferer in Bedrängnis

Anders siehtesbei kleineren Unternehmen mit überschaubarenNachhaltigkeitsbudgetsaus.Hier fehlt oft schlicht ein Sustainability-Manager oder eine -Managerin, der oder diesich um die Thematik kümmert. Fehltdieses Knowhow, so sind zumindest Zuliefererfrüher schon in Bedrängnisgeraten, sobald Kunden Nachhaltigkeitsinformationen einge-

fordert haben. «Viele Unternehmen müssen erst einmaldie Vorgaben im Detail verstehen und diese dann auch gemäss ihrerAusgangslageumsetzen.Dazu fehlt es meistanFachwissen,anZuständigkeiten, an geeigneten Toolszur Datenerhebung,anProzessen undanErfahrung», erklärt Paul Schnabl, Geschäftsführer der BeratungsagenturSchnabl+Partner Der ESG-Expertemit betriebswirtschaftlichem Hintergrund kennt die Reporting-Nöte grosserund mittlerer Unternehmenseit vielen Jahren.Umberichtenzukönnen, braucheman idealerweise zuerst den Willen zurVeränderung und belastbareGovernance-Strukturen, um eine Strategiefür das Unternehmen entwickelnzukönnen. AufdieserBasis liessensich diegeforderten Informationen erheben und professionell aufbereiten,soSchnabl. MitanderenWorten: Erstkommt dasManagement, dann die

standardisierte Berichterstattung.Wie anschliessend Marketing und Kommunikation die Nachhaltigkeitskennzahlen und-inhaltefür sich nutzbarmachen,ist wieder einanderes, aber nichtunwichtiges Thema. Firmen realisieren allerdings nichtseltenerst dann, wennder regulatorischeDruck hoch ist, dass dasReporting keine lästige Zusatzübung ist, sondern einInstrumentfür dieTransformation desgesamtenUnternehmens hinzu nachhaltigem Wirtschaften. Es bleibt also viel zu tuninden Chefetagen Joachim Stephan, Managing Partner von BCG Switzerland, formuliert es so: «Querdurch alle Branchen hinweg stehen noch immer zahlreiche Unternehmen ganz am Anfang.Wir beobachten eine breite Unsicherheit über regulatorische Rahmenbedingungen,ReportingPflichten sowie über die Kunden- und Stakeholder-Kommunikation.»

«Nachhaltigkeitist füruns einstrategisches Thema»

Best Practice DieWilhelm SchmidlinAGaus Oberarth stellt hochwertigeBade- undDuschwannen her. DasinhabergeführteUnternehmen orientiert sich am Leitbild einernachhaltigenEntwicklung,wie CEOUrs Wullschleger im Interviewerläutert

Welchen Stellenwert hatNachhaltigkeit fürIhr Unternehmen?

Urs Wullschleger: Nachhaltigkeit beschränkt sich für unsnicht aufökologische und soziale Aspekte.Wir betrachten sie als einstrategischesThema, unddas in einem umfassenden Sinne.Wirverfolgen ein nachhaltiges Geschäftsmodell und wirtschaften so,dass wirneben der Verantwortung für Umwelt, Mitarbeitende und die Gesellschaft auch grossen Wert auf faire, transparente Beziehungen zu unseren Geschäftspartnern legen.

Welche Rollespielen für Sie die Sustainable DevelopmentGoals(SDGs)der Vereinten Nationen?

Wirsehen die SDGs alswertvolle Innovationsquelle.Auch unsereKunden sind sehrdaran interessiert.Sohat unser grösster Kunde in der Schweiz ein Nachhaltigkeitsengagementgefordert, welches mit Scorecards bewertetwird. Wir stellenauch in Exportmärktenfest, dass insbesonderevon Architekten derEinsatz vonKunststoffen im Baugemieden wird.Das ist eine grosse Chance für uns, da alle unsereProdukte komplettreziklierfähig sind.Wirwollen unsereVerantwortung auch alsProduktherstellerfür das Bauwesenwahrnehmen.

Zur Herstellung Ihrer hochwertigen Badprodukte verwenden Sie Stahl und Email. Im Schmelzverfahren werden diese Materialienzuglasiertem Titanstahl verarbeitet Wirsind der einzige Schweizer Hersteller von Badprodukten,die ausdiesem äusserst robusten Material bestehen. Sämt-

liche Rohstoffe,die wir zurEmailherstellungbenötigen, sind Mineralien, die natürlichvorkommenund im Kreislauf vonRohstoffgewinnung, Produktionund Entsorgung ihrenWerterhalten.

DerHerstellungsprozesserfordertsehr viel Energie. Industrieproduktion ohne Energieist nicht möglich.Wirtun aber unser Bestes, um Energie zu sparenund diesesoweit wie möglich aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Mit unserer Photovoltaikanlageproduzieren wirbereits einFünftel unseres Stromverbrauchs selbst. Darüber hinaus beziehen wirausschliesslichzerti-

«Ein

wichtiger Hebel istdie Kreislaufwirtschaft innerhalb unseres Betriebs.»

fiziertenStrom aus Wasserkraft.Seitlängerem verfolgen wir dasZiel, denEnergieeinsatz prohergestelltem Produkt und denAnteil derdarin enthaltenen grauen Energiezusenken. Dazu arbeiten wir mit derEnergie-Agenturder Wirtschaft und demBundesamtfür Umwelt zusammen.

Seit 2013 bestehen mitdiesen Behörden Zielvereinbarungen fürdie stetigeReduktionunseresEnergieaufwands und derCO2-Emissionen.Unser Nachhaltigkeitsteam befasst sich auch mit Klimazielen,wie siedie ScienceBased Target initiative (SBTi) vorgibt.Wir evaluieren derzeit,obwir diesen wissenschaftlichen Ansatzkünftig verfolgenkönnen Welche Massnahmen haben Sie ergriffen, um denEnergie-und Ressourcenverbrauchzusenken? In erster Linie gehtesumEnergieeffizienz. Dazu gehört, dass wir dieAbwärme von Emaillierofen und Trocknern rückgewinnen, energetische Gebäudesanierungen vornehmen undMassnahmen zurReduktion des Strom- und Gasverbrauchs umsetzen. Einen weiteren wichtigen Hebel sehen wirinder Kreislaufwirtschaft innerhalb unseres Betriebs.Unseregrosse Wertschöpfungstiefe kommt uns da sehr entgegen. So habenwir in einigen Prozessen die Möglichkeit,selbst «Abfälle» zu rezyklieren undwiederindie eigenen Prozesse zurückzuführen.

Undwas istfür Siedie grössteHerausforderung?

Sie besteht derzeit darin, die graue Energie auchinScope3 –also in Bezug auf die gesamte Lieferkette– zu bilan-

zierenund entsprechende Absenkpfade zu definieren und durchzusetzen. Unser Geschäftsmodell baut sehr stark auf lokale Zulieferer. Dies erweist sich in der Nachhaltigkeitsbetrachtung als Vorteil

Sie bieten Produktein«GreenSteel»Varianten an, die teurer sind als solche mit herkömmlichproduziertem Stahl.Akzeptieren Ihre Kunden diehöheren Preise für denCO2-reduzierten «grünen Stahl»? Wirhaben dieses Angebot im Januar 2024 lanciert und sind gespannt, wie es sich entwickelnwird. Wirwollenesaber nichtbei GreenSteel belassen.Der reine Rohmaterialanteilvon Stahlist in unserenProdukten sehr hoch, daherliegt in dieser Komponente der grössteHebel zurCO2-Reduktion. Parallel dazu laufen auch beimVerpackungsmaterialund bei denRohstoffenzur Herstellungder Glasur viele Aktivitäten, um den ökologischen Fussabdruck zu verringern

Welche Nachhaltigkeitsziele verfolgen Sie im Hinblickauf Ihre Mitarbeitenden? Wirleben seit 2011 eine Kaizen-Philosophie,welche die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterkonsequent in denVerbesserungsprozess einbezieht.Dafür investieren wir explizitzehnProzent unserer Arbeitszeit. Weiterezehn Prozent entfallen auf Schulungen,damitsichdie Mitarbeitenden laufendweiterentwickeln.Dass Mitarbeitende daswichtigste Guteines Unternehmensdarstellen,wirdoft gesagt. Wirsind überzeugt, dass wirdiesmit unsererPhilosophie auchexplizit leben.

Interview: Elmar Zur Bonsen

Samstag, 22.Juni2024 Nachhaltig handeln Special 15
ISTOCK
CEOUrs Wullschlegersetzt aufInnovation, nicht nurbei denProdukten SCHMIDLIN AG

Nachdem ReaktorunglückinFukushima 2011 hat Deutschland beschlossen, seine Atomkraftwerke abzuschalten und auf erneuerbare Energien umzusteigen. WashaltenSie von derEnergiewende?

François Tibi: Es kommt aufdie Strategie an, mit derman dieEnergiewende umsetzenwill. Wenn wir in Europa das Ziel Netto-Null bis 2050 erreichenwollen, müssen wir eine Alternative zur Kohle finden unddie CO2-Emissionen reduzieren. Dann brauchen wireinen glaubwürdigen Plan, um das Ziel zu erreichen. Wenn wir alsoimIdealfall einen solchen Plan hätten, bei dem wir auf lange Sicht auf Nuklearstrom verzichtet könnten, dann wäreesmöglich, die Kernkraftwerkevor demEnde ihrer technischen Lebensdauer abzuschalten. Ich halte es aber fürproblematisch, wenn Länder ihre Kernkraftwerkeohne glaubwürdige Planung abschalten. Dennsokommen stattdessen erhöht fossile Brennstoffe zum Einsatz. Deutschland hatdie Laufzeiten für Gas und Kohle um einige Jahreverlängert, um Kernkraftwerke abzuschalten

Ist der Umstieg auf erneuerbare Energien wirklich realistisch?

Ja,zueinem sehr grossenAnteil.Man muss aber beachten, dass in einem zu 100Prozent erneuerbaren System besonders im Winter Energieengpässe drohen könnten.InDeutschland spricht man von einer «Dunkelflaute», wenn gleichzeitig Dunkelheitund Windstille herrschen. Bei dieser Wetterlage kann weder Solar-nochWindenergie erzeugt werden, während der Strombedarf meist hoch ist. Allgemeiner gesagt und aus globaler Sicht betrachtet, schätzt die Internationale Energieagentur (IEA) dass wir heute zumErreichen desZiels Netto-Null-Emissionen die Kapazitäten der Kernenergie verdreifachen müssten. Dies ist eine derSchlussfolgerungen der Klimakonferenz COP28imletzten Jahr

In derSchweiz stelltsichdie Situation etwas anders dar Ja,absolut. Hier ist die wichtigsteStromquelle Wasserkraft,zuetwa 60 Prozent, undKernkraftzuungefähr 30Prozent Wirhaben füreinen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie gestimmt. Nun stellt sich aber die Frage,inwieweit es wirklich möglichsein wird, die Wasserkraftreserven stärker zu nutzen und Windkraftanlagen in dem Masse zu bauen, wieesnötigist. Insbesondere Windkraftprojektestossen auf Widerstand. Ein alternatives Szenario ist, dass sich unser Land verstärkt durch Wasserkraft («Europas Batterie») auf dem europäischen Energiemarkt positioniert und seinen BedarfanerneuerbarenEnergien/Wasserstoff aus anderen Ländern importiert,was jedoch zu einer erhöhten Abhängigkeit von Europa führenwürde.Diesineiner Realität, in der der gesamte Kontinent mitseinenPlänenzur Dekarbonisierung im Rückstand ist. Die Frageist:Akzeptiert eine Gesellschaft die optische undakustische Belästigung durch Windturbinen? Oder die Entsorgung abgebrannter Brenn-

ZurPerson

François Tibi ist ManagingPartner der Boston Consulting Group in der Schweiz, ausserdem Leiter der Energiesparte.Erverfügtüberlangjährige internationale Erfahrungindieser Sparte: Seit seinem Eintritt in das Unternehmen vor fast25Jahren hat Tibi mitKunden in Europa,Afrika, Asien undNord- und Südamerikaentlang der ganzen Wertschöpfungskette im Energiebereich gearbeitet

«Kernkraft

braucht einen

100-Jahre-Businessplan»

Klima&Energie Weltweit fliesstheute mehr Geld in dieForschung und Entwicklungder Kernenergie alsjezuvor.FrançoisTibi, Energieexperteund Managing Partnerder Boston Consulting Group(BCG) in derSchweiz, erklärt, warumdie Technologie dazu beitragenkönnte, dieKlimazielezu erreichen–ohnedie Versorgungssicherheit zu riskieren.

elemente unddie Lagerung von Kernbrennstoffen bei der Kernenergie? Oder eine erhöhte Abhängigkeit von den Nachbarländern? Mit dem einenoder anderenmussman lebenkönnen.

Sie haben beim Kernenergiegipfelin BrüsselPodiumsdiskussionenmit Wirtschaftsführern und Staatschefszum Thema Kernenergiegeleitet. Washat Sie am meisten überrascht?

Wirhaben bei den europäischen StaatsundRegierungschefseinenSinneswandelfestgestellt, dernochvor kurzem undenkbarschien. Inzwischen sehen alle osteuropäischen Länder,Schweden, Finnland, die Niederlande,Frankreich und Grossbritannien die Kernenergie aktiv als Teil einersicheren und nachhaltigen Energieversorgung.Einige Länderwie Polen und Tschechiensind mit ihrenPlanungen von neuen Atomkraftwerken bereits weit fortgeschritten.Lediglich Deutschland, die Schweiz, Italien undSpanien weichenvon diesem Konsens ab.Hier spielen zweifelsohne die lokale Sichtauf diedamit verbundenen Risikenund der emotionale Aspektder Kernenergie eine bedeutendeRolle.

HabenSie aufder Konferenzauchnegative Überraschungenerlebt?

Allesprachen überihrePläne und grossenAmbitionen, präsentierten aberoft keineklarenLösungen zu den Finanzierungskosten. DieKernenergieist heute zwar die billigste Energiequelle im europäischen Energiemix,weilalle Anlagen abgeschrieben sind. Sie ist aber vor allem in derBauphase sehr teuer.Kernkraftwerkebrauchen einen Businessplanfür 100Jahre.Alleinvon der Entscheidung über dieGenehmigung bis zumBaubeginn verstreichen oft 15 Jahre. Danach läuftdie Anlage 50 bis80Jahre. Zudem sollten die zukünftigen Strompreise planbar sein. Es gilt also,eine Finanzierungslösung zu erarbeiten,die vom freien Energiemarkt, der sich in den

«Die Frage ist: Akzeptiert eine Gesellschaft die Belästigung durch Windturbinenoder die Lagerung von Kernbrennstoffen?»

letztenrund 20 Jahren in Europa etablierthat,abweichen kann unddie das Risikoder Zinsvolatilität während der Bauzeit einbezieht. Ausserdem kommt mankaum umhin, einen Teil der Infrastruktur staatlich zu finanzieren. Gelingt es nicht, das Finanzierungsproblem zu lösen, verschieben sich die Baupläne immerweiternachhinten.

Wassind die Vorteile derneuestenReaktorgeneration? Die Weiterentwicklung konzentriertsich vor allemauf die Sicherheit.ImMittelpunkt stehen Konzepte für kleinere, modular aufgebauteReaktoren –sogenannte SMR (Small Modular Reactors). Sie sind einfacher zu bauen und, wie die Hochleistungsreaktoren (EPR,AP1000), widerstandsfähiger gegen äussereAngriffe durchRaketen, Bombenund Ter-

Nachhaltig handeln

Kernenergie Schweiz

Dievier Schweizer Kernkraftwerke Beznau-1, Beznau-2, Gösgen und Leibstadt liefern rund ein Drittel des hierzulande produzierten Stroms: jährlich insgesamt rund 22 Milliarden Kilowattstunden. Dies entspricht weit mehr als dem Verbrauch sämtlicher Haushalte.Im Winter kann der Anteil der Kernkraftwerkebis auf die Hälfte der heimischen Stromproduktion steigen. Einenhöheren Anteil an Kernenergie im Strommix als die Schweiz weisen in Europa im langjährigen Vergleichnur Frankreich (rund zwei Drittel), Belgien,die Slowakei, Slowenien, Schweden und Ungarn auf.Nach dem Reaktorunfallvon Fukushima beschloss derBundesrat2011, schrittweiseaus der Kernenergie auszusteigen. Seither ist der Bauneuer Kernkraftwerkeverboten. Die vierbestehendenAnlagen dürfeninBetriebbleiben. Die Nuklearforschung kann weitergehen, sie wirdmit der Schweizer «Energiestrategie 2050»nicht eingeschränkt.

zur Zeit seines umfangreichen Atomprogramms in den 1970er-und 1980erJahren auf amerikanische Konstruktionen stützte.Auch Russland kann auf eine lange Geschichteder Nuklearforschung zurückblicken. Im Zug des Ukrainekriegs und im Kontext der aktuellengeopolitischen Situationdürften wir in Europaeherauf Anbieteraus OECDLändern –einschliesslich Südkorea und Japan–setzen. So bereichernd derDesign-und Innovationswettbewerb ist:Irgendwann muss man sich im Kernkraftwerksbaufür ein Modell entscheiden unddiese Lösungkopierenund multiplizieren.Nur so lässt sich dieTechnologie wirtschaftlich betreiben.

Wielange lassen sichdie Schweizer Kernkraftwerkenochsicherbetreiben?

rorismus.Ausserdem sind sie oft mit verbessertenpassiven Sicherheitssystemen ausgestattet,die bei einem Vorfall ohne Energiezufuhr funktionieren. AuflängereSicht (nach 2050) werden Reaktoren des Typs AMR (Advanced Modular Reactors), eine Sonderform der SMR, auchalternativeBrennstoffe nutzen können, zum Beispielabgebrannte Brennelemente ausälteren Reaktoren. Auch die Kernfusionmacht grosseFortschritte.Interessantist, dass heute mehr Geld in dieForschung und Entwicklung der Kernenergie fliesst als je zuvor.Ein Grossteil stammt von Hightech-Unternehmen respektive Milliardären wie Bill Gates, denn zuverlässiger und CO2freier Strom ist für Tech- und KI-Akteure zentral.

Chinaerrichtet einAtomkraftwerk nach dem andern. Kommendie Zukunftstechnologien von dort?

China hat noch keinen reellen Technologievorsprung,aber viel Erfahrung im Bauvon Kernkraftwerken, derzeit sind 24 neue Kernkraftwerke im Bau. Ursprünglichhat Chinadie Technologie aus den USA, Frankreich und Deutschland übernommen. So,wie Frankreich sich

Diese Frage muss dieEidgenössische Kommission für nukleareSicherheit beantworten. Eineswissen wir aber: Weltweit wurdedie Betriebsdauer dermeistenKernkraftwerkebis auf50bis 60 Jahreverlängert.Einige Anlageninden USAhaben sogar eine Verlängerung auf 80 Jahrebeantragt. Die Möglichkeiten hängenvon der Technologie, der Wartung und vonKosten-Nutzen-Erwägungenab. In derRegel knüpfen die Behörden eine Verlängerungsentscheidung an eine Reihe von Bedingungen.

SehenSie Lösungen fürdas Atommüllproblem?

Dazu gibt es drei Strategien. Die USA sammeln alle Abfälle in einem Zwischenlager undhoffen, dassirgendwann eine Lösung gefundenwird. Die nordischen Länder,allen voran Finnland,lagerndie radioaktivenAbfälle in einem stabilen Endlager.Sie können damit anscheinend leben. Der japanischerespektive französische Ansatz basiert auf dem Recycling-Gedanken.Ein Teil des Brennstoffs soll recycelt, aufbereitet und wiederverwendetwerden.Am Ende diesesdoppelten Kreislaufs bliebe einRestabfall übrig,der weniger gefährlichist und sich etwas einfacher endlagern lässt.

Interview: Stephan Lehmann-Maldonado

KernkraftwerkeimLändervergleich GlobaleVerteilungbetriebsfähiger KernreaktorenimJanuar2024, TopTen

16 Special Nachhaltig handeln Samstag, 22.Juni2024
derKernenergiebeschlossene
BCG
In der Schweizist derschrittweiseAusstiegaus
Sache
Quelle: Statista USA 93 Frankreich 56 55 37 33 26 22 19 15 9 China Russland Japan Südkorea Indien Kanada Ukraine UK PD

Handlungsimpulse undErfolgsgeschichten

Konferenz Am 22.August2024findetimKursaal in Bern bereitszum drittenMal dasSustainable SwitzerlandForum (SSF)statt. Expertinnenund Experten ausWirtschaft, Wissenschaft undPolitik gebenwertvolle Anregungenzur nachhaltigenEntwicklung

«Wir müssen Teil derLösungsein»

BestPractice Seit 15 Jahren istAntje vonDewitz CEOder Outdoor-MarkeVaude.Sie hatdas süddeutsche Familienunternehmenkonsequentauf Nachhaltigkeit ausgerichtet–und damitauchwirtschaftlichsehr erfolgreichgemacht

ELMAR ZUR BONSEN

DasThema Nachhaltigkeitsteht ganz obenauf ihrer Agenda, unddas nicht erst seit gestern. Ob Klimawandel, Ressourcenverbrauch oder humane Arbeitsbedingungen:Antje von Dewitz, CEO von Vaude,bezieht klarePositionen, geht voran und motiviert. Ihr Credo: «Als Unternehmenfair undmenschlich zu agieren, nachhaltig zu sein und damit wirtschaftlichen Erfolg zu haben,ist möglich!» Schon als sie 2009 dieFirmenleitung von ihrem Vater übernommenhabe, sei ihr bewusst gewesen, dass «wir zu einer der kritischsten Branchezählenund somit grossen Anteil an dengrossen globalen Problemenhaben». Da sei es «nur logisch, dass wir auch Teil der Lösung sein müssen unduns dieser Aufgabe stellen»,betont von Dewitz.Bei Vaude verfolgt die51-Jährige darum eine konsequent nachhaltige Unternehmensstrategie.«Unter anderem haben wiruns zum Greenpeace Detox Committment oder den Science Based Targets verpflichtet,umunseren Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Zielsgemäss dem Pariser Klimaabkommen zu leisten.» Konkret sichtbar wirddas nachhaltige Engagement am eigenenNachhaltigkeitslabel «Green Shape»,das über 80 Prozent der Vaude-Produkte bereits erfüllen. Green-Shape-Waren werden

Im Fokus der ganztägigen Veranstaltung stehen diesmal die Themenfelder «Mobilität &Energie»,«Alpiner Lebensraum &Biodiversität»und «Nachhaltige Unternehmensführung»

DasForum, Teil der NZZ-Initiative Sustainable Switzerland,ist diewichtigste Dialog- und Erlebniskonferenz der Schweizer Wirtschaft, Wissenschaft und Politik für Nachhaltigkeit. DieTeilnehmenden erwartet ein inspirierendes Programm, das neue Denkanstösse und wertvolle Handlungsimpulse vermittelt. Am Vormittagwerden drei parallel veranstaltete Themenstreams angeboten, die sich jeweils vertieft mit einemder Themenfelder befassen.Die Besucherinnen undBesucher könnenindividuell auswählen, an welchem Streamsie teilnehmen möchten.Vorgestellt werden unteranderem eine Studie zur «NachhaltigkeitslückeSchweizer Unternehmen»,erstellt von BAK Economics im Auftrag der Mobiliar, sowieeine Untersuchung des ForschungsinstitutsSotomo zumThema «Wahrnehmungdes alpinen Lebensraums».Einblickeinihr Unternehmen gibt Christine Antlanger-Winter, CountryDirector vonGoogleSwitzerland. Sieberichtetüber«gelebte Nachhaltigkeit» beiGoogle Schweiz.

Thema Energie

Ob der steigende Energiebedarf der Schweiz durch erneuerbareEnergien gedeckt werden kann, darüber diskutieren FDP-PräsidentThierry Burkart, Jürg Grossen, Nationalrat und Präsident derGLP,SP-Nationalrat RogerNordmannund diePhysikerin IreneAegerter,eineVerfechterinder Kernenergie

Am Nachmittag bietetdas Programm auf der Hauptbühne des Kursaals ebenfalls interessante Einblickeund Best Practices.Prof. Dr.Werner Sobek, Experte für Engineering,Design und Nachhaltigkeit sowieGründerund Aufsichtsratsvorsitzender der Werner Sobek AG,geht in seinem Vortrag derFrage nach: «Wie werden wirden Interessen kommender Generationen gerecht?» Dr.Antje von Dewitz, CEOvon Vaude, wirddarlegen,wie manein Geschäftsmodell entwickelt,das zugleich nachhaltig und wirtschaftlicherfolgreich ist (s.Porträtunten). Vaude gehört zu den Vorreitern fürfair produzierte OutdoorProdukte und wurde gleichzwei Mal mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024 ausgezeichnet.

Moderner Ablasshandel?

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion werden auch mehrereSchweizerUnternehmen ihrespezifischen Nachhaltigkeitsansätze vorstellen. Es sprechen Sarah Model (Model AG), Andreas Christen (LantalTextiles AG)und Urs Wullschleger (Wilhelm Schmidlin AG).

Ausserdemdiskutieren Antoinette Hunziker,Gründungspartnerinund CEO derVermögensverwaltungsgesellschaft Forma FuturaInvest AG,Bastien Girod, Nationalrat der Grünen, sowie Simon Michel, CEO desMedizintechnikunternehmens Ypsomed, über diekontroverseFrage «Klimaneutralität durch Finanzierung vonKlimaschutzprojekten –Ablasshandel oder Teil der Lösung?»

Die Keynote hält der Historiker,Philosoph und Bestsellerautor Philipp Blom Er spricht zum biblischen Thema «Macht Euch die Erde untertan!»

DieThemenstreams

„ Mobilität &Energie Im Mittelpunkt dieses Themenstreams stehen unter anderem folgende Fragestellungen: Wiesieht die Mobilität von morgenaus? Wiekönnenwir dieEnergiewende vorantreiben? Kann der Energiebedarf bis 2050 durch erneuerbare Energiengedecktwerden? Wasist die Energie der Zukunft?

„ AlpinerLebensraum &Biodiversität In diesem Themenstream werden vor allem folgende Fragen diskutiert: Inwiefern soll der alpine Lebensraum geschützt werden? Darf er touristisch oder zur Stromgewinnung genutzt werden? Wiehängen Biodiversitätund Klima zusammenund wasfolgtdaraus für das Ressourcenmanagement?

„ NachhaltigeUnternehmensführung Bei diesem Programmpunkt geht es vor allem um die Nachhaltigkeitslücke in Schweizer Unternehmen, datengetriebene Nachhaltigkeit, Herausforderungen und Lösungsansätze derTransformation zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell.

QR-Codescannen und weitereInformationen zumProgrammund zur Anmeldungerhalten:

in Produktionsstätten, die von der Fair Wear auditiert sind, hergestellt.Sie sind schon im Design aufMaterialeffizienz, eine möglichsthohe Reparatur-und Recyclingfähigkeitund ein langes Produktleben angelegt. Die Materialien entsprechen höchstenNachhaltigkeitsstandards und sind zudem mehrheitlich recycelt oder biobasiert. Aufdiese Weise werden rund 50 Prozent EmissionenimVergleich zu neuwertigen Materialien eingespart, wie Antjevon Dewitz erläutert. «Green Shapezahltvoll aufunser Klimaengagement und unsereBemühungen rund um die Kreislaufwirtschaft ein. In Deutschland sindwir durch Einsparungen und Kompensationen bereits seit 2012 bilanziell klimaneutral,seit 2022 gilt dies auch fürunsereweltweithergestellten Produkte.»

Emissionen stark gesenkt

Nunhat Vaude einenweiterengrossen

Meilensteingeschafft: Es ist der Outdoor-Markegelungen, ihreweltweiten Treibhausgasemissionen 2023 im Vergleich zumBasisjahr 2019 um 30 Prozent zu senken, während der Unternehmensumsatzimgleichen Zeitraum um 32 Prozent stieg.Damit zeigt Vaude, dass es möglich ist, den Ressourcenverbrauchvom Unternehmenswachstum zu entkoppelnund denAusstossder CO2-Emissionen im Einklang mit wis-

senschaftsbasierten Klimazielenzusenken. Bei ihrem Einsatz fürnachhaltigen Erfolg kommtAntje von Dewitzzugute, dasssie das Geschäft mitOutdoor-Textilien und -Ausrüstungen von der Pike auf gelernt hat. Nach ihrem Studium der Wirtschafts- und Kulturraumstudienwar siebei Vaude zunächst als Produktmanagerin,dannals Verantwortlichefür die Kommunikation tätig.Von 2002 bis 2005 promovierte und arbeitetesie am Stiftungslehrstuhl Entrepreneurship der UniversitätHohenheim.2005wurde sie Marketingleiterin von Vaude Wenn Antje vonDewitz,eine begeisterteBergsportlerin, für ökologische und sozialeVerantwortung eintritt,beziehtsichdas nichtnur auf den VaudeFirmensitzimschwäbischenTettnang, sondern ebenso auf diekomplexen Lieferketten, national und international. Sie plädiert dafür, dass Unternehmen Verantwortung für Menschund Natur übernehmen müssen undunternehmerischer Erfolg nichtnur am Finanzgewinn,son-

dern auchamBeitrag zum Gemeinwohl zu messen sei. DabeibeweistAntje von Dewitz, dass ein nachhaltig ausgerichtetesUnternehmenauch wirtschaftlich sehr erfolgreich seinkann: Im hart umkämpften Outdoor-Markt wächstVaude seit Jahren überdurchschnittlich.

Frauen in Führungspositionen Möglich ist einsolcher Erfolg nur,wenn alleimUnternehmen an einemStrang ziehen. FürVaude gehörteszur Firmenphilosophie,die eigenen Mitarbeitenden bei der Vereinbarung von Beruf und Familiebeziehungsweise Privatleben nach Kräften zu unterstützen.Angeboten werdenzum Beispiel eine betriebliche Kinderbetreuung,flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice-Möglichkeiten. Entsprechendhochist derAnteil derFraueninFührungspositionen: Er liegt heute bei rund 45 Prozent. Antje vonDewitzvertrittihrePositionenauch bewusstgegen aussen,inder

eigenen Branche unddarüberhinaus So istihr Unternehmen Gründungsmitglieddes Bündnissesfür nachhaltige Textilien, das sich für weltweit anerkannte Umwelt- undSozialstandards in der gesamten Lieferketteder Textilproduktion einsetzt und 2019 das staatliche Textilsiegel «Grüner Knopf» für sozial und ökologischfairproduzierte Textilienin Deutschland eingeführt hat. Die Firmenchefin gehört unter anderem dem Vorstand des BundesverbandsNachhaltige Wirtschaft an, und sie war lange Vizepräsidentindes Europäischen OutdoorBranchenverbandes EOG Eine Frage bekommt sie bei ihren AuftrittenimIn- undAusland immer wieder zu hören: Wasbedeutet Vaude–undwie sprichtman es korrekt aus? Die Antwort:Alsihr Vater Albrecht von Dewitz 1974 das Unternehmen gründete, benannte er es nachden Initialen seines Nachnamens v. D.,sprich: [fau´de]. Heute steht der Firmenname für eine derführenden Bergsportmarken Europas

Samstag, 22.Juni2024 Nachhaltig handeln Special 17
ist dieschweizweit
NZZ
DasSSF
führende Konferenzfür Nachhaltigkeit.
CONNECT
Für ihr Nachhaltigkeitsengagementhat Antje vonDewitz zahlreiche Auszeichnungen erhalten. VAUDE

«Mit Nachhaltigkeit Vertrauengewonnen»

Unternehmen AlsLidl2009die ersten Filialen in derSchweiz eröffnete, warman zunächst etwasskeptisch.Heute istLidlSchweiz eine festeGrösseimDetailhandelhierzulande–mit hohenWachstumsraten. DasUnternehmen setztbewusst aufnachhaltige Konzepte, wieCEO Nicholas Pennanen unddie Nachhaltigkeitsverantwortliche JuliaBaumann erläutern.

LidlSchweiz habe sichambitionierte Ziele gesetzt, so dieNachhaltigkeitsverantwortliche Julia Baumann undCEO Nicholas Pennanen. LIDL

Lidl Schweizfeiertseinen 15.Geburtstag. Wiegeht es dem Teenager?

Nicholas Pennanen: DerTeenagerist voller Elan und entwickelt sichprächtig.Doch wie es bei Teenagern so ist, ist das Wachstum noch nicht abgeschlossen. Wobei: Wirhoffennatürlich,dass Lidl Schweiz auch nach derAdoleszenz weiterwachsen wird. DasSchöne daranist, dass wir den Markt mitunseren Entscheidungen und mit nachhaltigem Handeln mehr und mehrmitprägen und einen Unterschied machen können

Wiehat es Lidl Schweiz als Discounter mit deutschen Wurzeln geschafft, die Schweizervon sich zu überzeugen? Pennanen: Vorabmöchte ich anmerken, dass Lidl Schweiz einSchweizer Unternehmen mitHauptsitz im Kanton Thurgauist. Auch unser grösstes Verteilzentrum stehthierinWeinfelden. Aber um auf IhreFrage zurückzukommen: Wir haben den SchweizerKunden sehr gut zugehört und gehen auf ihreBedürfnisse ein. Der Schweizer Markt funktioniert anders alsbeispielsweise der deutsche oder der französische.Wir haben uns an-

Nachhaltig handeln

Zielsetzungen vonLidlSchweiz

„ Bis 2030 wird der Anteilpflanzenbasierter Proteinquellen im Sortiment auf 20 Prozent erhöht

„ Bis 2030 werden alle Filialen fossilfrei beliefert.

„ Bis 2025 wirdPlastik in Verpackungen um 30 Prozent reduziert und mindestens 25 ProzentRecyclingmaterial beiEigenmarkenprodukten verwendet.

„ AlleWarenverteilzentren und Filialen im Eigentum von Lidl Schweiz verfügen über eine Photovoltaikanlage.

gepasst undlegenvielWert aufFrische undSwissness. Auch konnten wir nicht zuletzt dank unseres starken Engagements in Sachen Nachhaltigkeit das Vertrauen der Schweizer Kunden gewinnen.

JuliaBaumann: Wirnehmen Schweizer Kunden als qualitätsbewusst war.Und unterdie Qualitätsdimension fälltauch dasThemaNachhaltigkeit. Hinsichtlich Swissnesssindfür unsdie Beziehungen mitLieferanten ausder Schweizzentral.Mit diesenmachen wir mehr alsdie Hälfte unseres Umsatzes.Aber auch die Aktionswochen «kleinaberfein»,während welchenwir Kleinproduzentenaus der Schweiz einen unkomplizierten Einstieg in den Detailhandel bieten, finde ichpersönlichtoll.

Wasversteht man bei Lidl Schweiz denn unterNachhaltigkeit? Und welche Meilensteine konnte Lidl Schweiz in puncto Nachhaltigkeitbereits erreichen? Pennanen:Nachhaltigkeit bezieht sich bei uns nicht nur auf den Umgang mit derNaturund derUmwelt –diese Dimensionkann Julia sicherlich nochmals detaillierter ausführen alsich –, sondern auch auf die Mitarbeitenden. Lidl Schweiz wurde bereits mehrmals als «Great Place to Work» sowie als «Top Employer» ausgezeichnet, unter anderemaufgrundder Förderung vonWorkLife-Balance-Themen und Teilzeitarbeitsmodellen. Wirsind auch derDetailhändler mit dembesten durcheinen Gesamtarbeitsvertrag abgesicherten Mindestlohn. Ganz allgemein kommt es unsbei allunseren Nachhaltigkeitsbemühungensehr entgegen, dass Lidl Schweizals Teil der Schwarz-Gruppe zu einem nicht börsenkotierten Familienunternehmen gehört. So wirdnicht von Quartalsergebnis zu Quartalsergebnis, sondern langfristig geplant.

Baumann:Auf gewissen Themen ist Lidl Schweiz seit Markteintritt führend. Dazu gehört nebst dem Lohn auch das Flugverbot, welches seit Beginn an für den Transport von Obst undGemüsegilt undmittlerweileauch auffrische Kräuter, Frischfleisch oder frischen Fisch ausgeweitet wurde.Ein weiteres Beispielist der Ausbau erneuerbarer Energie:Wirsetzen seit Jahrenauf Photovoltaikanlagenund sind

«Als schweizweit aktiverDetailhändler haben wir die Chance, vieles zu bewegen.»

heutesoweit,dass wirauf denDächern all unserer Verteilzentren und eigenen Filialeneine Photovoltaikanlage installiert haben.Wichtigfindeich auch die Erkenntnis,dasszur Bewältigung dergrossen Herausforderungen, mit denen wir im Bereichder Nachhaltigkeit konfrontiertsind, starkePartnerschaften das A undO sind.Soist ein Meilenstein sicherlichunsereseit 2017 bestehendePartnerschaft mit dem WWFSchweiz

Wiewirkt sichdie Zusammenarbeit mit demWWF Schweiz aus?

Pennanen: Gemeinsamhaben wir konkrete,verbindlicheund ambitionierte Ziele definiert,umein nachhaltigesAngebot sowie ein umweltverträgliches Handeln bei Lidl Schweiz zu fördern. Die Ziele werden offengelegt, und ein externesAudit-Unternehmen prüft, ob sieaucherreichtwerden. Unddie bisherigenErgebnisse können sich sehenlassen: So haben wirbeispielsweise unsere betrieblichen Treibhausgasemissionen zwischen 2013 und 2019 mehr als halbiert. Letztes Jahr haben wir dieseZusammenarbeitzum zweiten Mal verlän-

gert und gemeinsam nochmals ambitioniertereZiele vereinbart –sowohl betreffend unsereSortimentsgestaltung als auch in Bezug aufunser betriebliches Handeln. Diese beinhalten auch, dass wir uns zu den strengenwissenschaftsfundiertenNachhaltigkeitskriteriender Science BasedTargets Initiative(SBTi) verpflichtethaben

Undwas hatsichspezifischimSortiment getan? Inwiefernist das nachhaltiger geworden?

Baumann: Zusammen mit dem WWF habenwir zumBeispielkritischeRohstoffe definiert. Dazu gehören Kakao,Kaffee, Teeoder Palmöl. Da schauen wir ganz genau hinund haben bereits 2017 eine Roadmap verabschiedet, um solche Rohstoffe in unserem Eigenmarkensortiment nurnochaus nachhaltigen, zertifizierten Quellenzubeziehen. Dass wirdiesedefiniertenZiele auch in dieTat umsetzten, zeigte dieebenveröffentlichtePalmOil Scorecarddes WWF Schweiz am Beispiel von Palmöl, das in unseren Eigenprodukten, wie gesagt,zu100 Prozentaus nachhaltigen, zertifizierten Quellen stammt. In der Scorecardbelegen wir unter allen in der Schweiz ansässigen Unternehmen den ersten Platz. Darüber hinaus bauen wir aber auch unser Angebotanklimafreundlichen Produktenimmerweiteraus undfördern denAbverkauf dieser pflanzenbasiertenProdukte. Dasspiegelt sich in einer markanten Steigerung der Produkte wider,die in unseremSortiment mitdem V-Label ausgezeichnet sind. Füruns ist auch wichtig dass wir Nachhaltigkeit in unseremSortiment transparent machen und durch diese Transparenz wiederum auch für einenbewussten Ernährungsstil sensibilisieren können DasZiel, durchTransparenzganzallgemein einen bewussten Kaufentscheid zu ermöglichen,verfolgen wirnatürlich auch in anderen Sortimentsbereichen. So haben wir als erster Detailhändler das Tierwohlratingdes Schweizer Tierschutzes STSeingeführt. Dieses gibt dem Konsumenten direkt auf dem Produkt eine Einordung zu den Haltungs- und Lebensbedingungen derTiere.

Im Zeitalter des gesteigerten Gesundheitsbewusstseins achten Konsumenten nicht

nurauf nachhaltig produziertes,sondern auch aufgesundes Essen.Was trägt Lidl Schweizzur bewussten Ernährungbei? Pennanen:Das istfür unsein wichtiges Thema. Konzernweit hat Lidl eine Reduktionsstrategielanciert,die darauf abzielt, in denProduktender Eigenmarken den durchschnittlichen Gehalt an zugesetztem Zuckerund Salz bis2030 um jeweils 20 Prozentzuverringern. Wirsetzen seit Jahren auch aufmehrTransparenz am Regalund haben den«NutriScore»,eineergänzende, freiwillige Nährwertkennzeichnung,eingeführt.Sie istin Form einer Farbskala vomdunkelgrünen Abis zumrotenE gutsichtbarauf den Verpackungen aufgebracht.

Welchen Stellenwert haben für Sie Bioprodukte?

Pennanen:Wirsindstolz darauf,dass Lidl Schweiz denUmsatz mitbiologisch produzierten Lebensmittelninden letzten Jahren weiter steigern konnte.Wir stellen fest, dass es die Schweizer Konsumentinnen undKonsumentensehrschätzen, dass wir ihneninZeitenmarktweitsteigender Preise hohe Qualität zu fairen Preisenanbieten. Bei Lidl Schweiz sind mittlerweile mehr als 350Bioprodukte erhältlich,sprich, über 10 ProzentunsererLebensmittel sindBio-zertifiziert, Tendenz stets weiter steigend. Darüber hinaus beteiligen wir uns aber auch an Forschungsprojekten für dieErhaltung derBiodiversität und unterstützen Projekteunserer Produzenten füreinebiologische Landwirtschaft.

Wiegehen Siemit Food-Trends,wie zum Beispiel derpflanzenbasiertenErnährung oder High-Protein-Produkten,um? Pennanen:Esist wichtig,amPulsder Zeit zu bleiben.Daher beschäftigenwir uns mit Food-Trends.Hier geht es aber noch um mehr. Eine ausgewogene,gesundeKost ist entscheidend für das persönliche Wohlbefinden. Gleichzeitig könnenwir mit unserer Ernährung und unserem Einkaufsverhalten dazu beitragen, dass es auch unserem Planeten besser geht. Erwiesenist, dass pflanzliche Nahrungsmitteldas Klima deutlich wenigerbelastenals tierische Produkte wie Fleisch oder Kuhmilch. Im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie möchtenwir daherden Anteil von Nahrungsmitteln aus pflanzlichenProteinquellen kontinuierlich ausbauen.

Können Sie dazu Zahlen nennen? Baumann: Aktuell beläuftsichdas Verhältnisvon pflanzlichen zu tierischenProteinquellenimSortimentvonLidlSchweiz auf16Prozentpflanzlich zu 84 Prozent tierisch.Diese Zahlen haben wir erstmals fürdas Geschäftsjahr 2022 anhandeines volumenbasiertenAnsatzes ermittelt. Im Rahmen unsererProteinstrategiehaben wir unsnun dasZielgesetzt,bis 2030den Anteil pflanzenbasierter Proteinquellen auf20Prozent zu erhöhen

Kommen wir noch einmal zurück aufIhr Firmenjubiläum.Was wünschenSie sich zum15. Geburtstag vonLidlSchweiz? Pennanen: Einerseits wünsche ich mir, dass wir weiterhin einen respektvollen Umgang miteinander und mit der Naturpflegen. Andererseits möchten wir noch mehr Kundenfür unser nachhaltigesGeschäftsmodell begeistern können und bei unseren Stakeholdern –unserenKunden, Lieferantenund Mitarbeitenden –immer die ersteWahl bleiben. Baumann: Mein Wunsch ist, dass wir auch in Zukunft mit ungebrochenemElanam ThemaNachhaltigkeit dranbleiben,um unsere ambitionierten Zieleerreichen zu können.Dazu gehörtzum Beispielauch, die Lebensmittelabfälle hierzulande bis 2030 auf die Hälfte zu reduzieren. Als schweizweit aktiver Detailhändler haben wir dieChance, vieles zu bewegen.Diese Chance wollen wirnutzen.

Interview: Christina Hubbeling

18 Special Nachhaltig handeln Samstag, 22.Juni2024

Pflegefachfrau Andrea Hurschler-Andermatt(links) im Gespräch mit Lucienne Dauwalder, Fachspezialistin für betriebliches Gesundheitsmanagement, im Alterszentrum Nägeligasse in Stans

Resilienzist eine

Schlüsselkompetenz für heuteund morgen

Soziales AlsInvestition in dieZukunft wird innere Widerstandsfähigkeitoder Resilienz oftschon Kinderngelehrt.Dennwer resilientist,meistertKrisen, aberauchden beruflichenund privaten Alltag besser.Wie einAlterszentrum in Nidwaldenmit Resilienztrainings seineMitarbeitenden stärkt.

MARTINA SCHÄFER

Im Restaurant der «Nägeligasse» in Stans wirdgerätselt. Konzentriert versuchen Seniorinnen und Senioren, unvollständigeRedewendungen zu ergänzen. Mehr als 120 Menschenleben im Alterszentrum, betreut von200 Mitarbeitenden. Zu Letzteren gehört Andrea Hurschler-Andermatt. Die 37-jährige Pflegefachfrau nimmt zurzeit an einer einjährigen Serie von Resilienzschulungen für Mitarbeitende teil–freiwillig, während der Arbeitszeit. Die Veranstaltungen heissen zum Beispiel «soziale Unterstützung» oder «kognitiveFlexibilität».Die «Nägeligasse» arbeitetdafür mitdem betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM)der Mobiliar zusammen(siehe Interview rechts). Gesund und leistungsfähigzusein, ist nicht selbstverständlich. Mitarbeitende,die wegen physischer oderpsychischer Probleme ausfallen, kostendie Wirtschaft jährlich mehrereMilliarden Schweizer Franken. DasGesundheitsundSozialwesen istvon Absenzen überdurchschnittlich betroffen, wiedie aktuellste Arbeitsvolumenstatistik des BFS zeigt. Die Belastungist hoch,und Fachkräfte sind nicht erstseitder Pandemie schwierig zu finden.

An der Belastungsgrenze «Selbstfürsorge istfür michals Pflegefachfrau und Mutter besonders wichtig»,sagt AndreaHurschler-Andermatt. «Damit ichauch für anderegut sorgen kann.» DasThema Resilienzinteressiert sie schon lange.Familiäre Herausforderungen in ihrer Jugend und Burnouts im Bekanntenkreis haben sie geprägt. ElfJahrearbeitete sie in einem Akutspital und stiess zwischen Dreischichtbetrieb,Wochenendarbeit und später den zwei Kindern an ihreBelastungsgrenzen. In der «Nägeligasse»hat

sieein gutes Gleichgewicht zwischen Arbeit undFamilie gefunden. Würde sie sich selbst als resilient bezeichnen? «Ich habestarkeWurzelnentwickelt, ein Sturmentwurzelt mich nicht so schnell» sagt Hurschler-Andermatt. In den Resilienztrainings lernt sie,mit schwierigenMomenten umzugehen:Zum Beispiel, indem sie DistanzzueinerSituationschafft, die Perspektive wechselt odersich Unterstützung holt. Es helfe ihr, zu wissen, dassselbst die resilientesten Menschen überfordert, genervtoder

gestresst sein können. «Ich muss nicht perfektsein»,sagt sie.«Es reicht, wenn ichgut bin.»Hurschler-Andermatt hat Strategien entwickelt, um ihre Batterien aufzuladen, zufriedenund möglichst gesund zu bleiben.Weil zwischen ihren verschiedenen Rollen und Verpflichtungen die Zeit knapp ist, kombiniert sie Aktivitäten, dieihr Freude bereiten: Siegeniesst beim Reiten die Natur oder treibt Sport mit Freunden. In derFamilie und im Freundeskreis findet sie Menschen, dieihr Kraft geben.

Ein gutes Gefühl

Flexibel wieein Antistressball

Resilienz kann manlernen und trainieren wie einen Muskel, erläutert Lucienne Dauwalder,Psychologinund Fachspezialistin fürbetriebliches Gesundheitsmanagement.

Lucienne Dauwalder,Sie unterstützen Unternehmen unter anderem mit Resilienzschulungen. Wasist Resilienz? Stellen Siesich einen Antistressball vor. Sie können ihn mit einer Hand klein zusammendrücken. Sobald Sie loslassen, nimmt er seine ursprüngliche Form wieder an. So funktioniert auch unserepsychische Widerstandsfähigkeit,die Resilienz.Wir erleben Belastungen, aber erholen uns wieder und wachsen oft sogardaran,jenachLebensphase unterschiedlich gut. Die Forschung dazu geht zurück bis in die 1950er-Jahre. Heute sprichtman meist vonden sieben Säulender Resilienz: Optimismus,Akzeptanz, Zukunftsorientierung,soziale Unterstützung,kognitive Flexibilität, Achtsamkeitund Selbstwirksamkeit

Waszeichnet resiliente Menschen aus? Sie gehen beispielsweise besser mit Stress um.Sie sind fähig, auch Unangenehmes zu akzeptieren,und lassen sich nichtvon Dingen aus der Bahn werfen, die sienicht ändern können.Sie gestalten ihrLeben aktiv, schauen positivindieZukunft und haben starkesoziale Netzwerke. Das heisst abernicht,dass siedeshalbkeine schwierigen Zeitenerleben.

Kann ichmir diese innere Widerstandsfähigkeit aneignen?

Manche starten genetisch mit einem Vorsprung. Später prägen unsdie Erfahrungen in der Kindheit und Jugend.Aber Resilienz kann manauch lernen undtrainieren wie einen Muskel. Beispielsweise, indem man seine sozialen Beziehungen pflegt. Menschen, diedas tun,sindnicht nurresilienter.Sie sind auchglücklicher, wie Resultate aus der Glücksforschung zeigen. Wersoziale Beziehungen stärkt, stärkt sich selbst, das Gegenüber und die Gesellschaft als Ganzes

Wiekann ein Unternehmen seine Mitarbeitenden dabei unterstützen, resilienter zu werden? Es gibt viele Möglichkeiten. Zum BeispielAufgabennach Stärken verteilen, den Mitarbeitenden Einflussmöglichkeiten geben oder soziale Beziehungen untereinander fördern. Damit meine ich nicht das Feierabendbier,sondern den Schwatzander Kaffeemaschine.Es braucht Interesse am Menschen, nicht

nur an seinen Leistungen. Führungspersonensind oft froh um unsereTipps,wie sie gute Beziehungen zu ihren Mitarbeitenden aufbauenkönnen, ohne persönliche Grenzen zu überschreiten.

Wasumfasst ein Resilienztraining?

Die Massnahmenhängen von der Ausgangslage ab.JenachRessourcen und Wünschen eines Unternehmens kann ein Training im Sinne einer Sensibilisierung auch nur wenige Stunden dauern. Dann treffenwir unter den sieben Resilienzfaktoreneine Auswahl und fokussieren auf einzelne.Nachhaltiger ist es,das Themaüber einenlängeren Zeitraum zu bearbeiten. So haben dieMitarbeitenden mehr Zeit, das Gelerntezu übenund daraus mitzunehmen, wasihnen entspricht

Sind die Ergebnisse der Trainingsmessbar?

Ja,sie sind gut messbar. Studienbelegen dies, auchfür das betriebliche Gesundheitsmanagement als Ganzes.Mitarbeitende fallen deutlich weniger aus,sie sind zufriedener und produktiver.Das senktdie Kosten fürAbsenzen um bis zu 25 Prozent. Die Investitionindie Gesundheit der Mitarbeitenden zahlt sich alsoaus

Lucienne Dauwalder Psychologinund Fachspezialistinfür betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) beider Xpert CenterAG, einem Tochterunternehmender Mobiliar

Nachhaltig handeln WieSie sozialeBeziehungen stärken

«Selbstfürsorge ist für mich als Mutterund Pflegefachfrau

besonders wichtig.»

DieSchulungenwirken sich auch positiv auf dieZusammenarbeit undden Betrieb als Ganzes aus.Andrea Hurschler-Andermattbeschreibt, wie das neueWissen an konkreten Praxisbeispielenerprobt wird. Zum Beispielder besonnene Umgang miteinemaufbrausendenBewohner. Dadurch werde man nicht nurals Einzelperson, sondern auch alsTeamstärker.«Bei derArbeiterinnernwir uns gegenseitig daran, was wir im Kurs gelernthaben.»

Darüber hinaus wirdinder «Nägeligasse»auchauf betrieblicher Stufe an gesundheitsrelevanten Themen gearbeitet. Im «Gesundheitszirkel»,moderiert von den BGM-Spezialistinnen der Mobiliar, diskutierten Mitarbeitende überHerausforderungen und entwickelten Lösungen. Die Resultate werden gemeinsammit derGeschäftsleitungumgesetzt. DieStanserhornbahn fährtunter der Passarelle der «Nägeligasse» hindurch. Manwinkt einanderfreundlich zu,das hat hier Tradition. Neben demBahntrasseeentsteht einNeubau des Alterszentrums. Andrea Hurschler-Andermattist dankbar,dassihreArbeitgeberin nicht nur in Infrastruktur,sondern ebensoin die Gesundheit des Personals investiert. «Das gibt mirals Mitarbeiterin eingutesGefühl.»

Einer der effektivsten Resilienzfaktoren, um Krisenzubewältigen, istdie Unterstützungdurch andereMenschen. Schon mit alltäglichen HandlungenpflegenSie IhresozialenBeziehungen:

„ Kurztelefonat: Manchmal denken wir an eine Person, bei der wir uns schon lange melden wollten. Warum nicht kurz anrufen? Vielleicht rufen Siegeradedannan, wenn es diePersonbesonders nötighat

„ Kaffeepause:Eine gemeinsame Pause stärkt die soziale Beziehung und fördert denAustausch.Und diePause hilftdabei,Energie zu tanken.

„ Dankbarkeit: Die glücklichsten Menschen nehmen sich Zeit, anderezu würdigen.DenkenSie an eine Person, dieIhnen wichtigist. Wasschätzen Sie an ihr? SchreibenSie es aufund lassen Sieesder Personzukommen.

„ Zuhören: Nichtimmerist eine Lösung gefragt. Manchmal reicht es einfach zuzuhören. Dasfördert die

gegenseitige Wertschätzung,schafft Vertrauen, stärkt dieBeziehung und verbessert dieZusammenarbeit.

„ Plaudern:Auchder kurzeSchwatz mit derNachbarin oderdem Kassiererist wertvoll für unser psychisches Wohlbefinden. Solche«unbedeutenden» Beziehungen stärken unser Zugehörigkeitsgefühl.

„ Hilfeannehmen: Wirmüssennicht alles allein lösen. WerUnterstützung annimmt,gibt anderen dieMöglichkeit, Unterstützung zu geben.Denn Gebenund Nehmen ist dasGrundprinzipmenschlichen Handelns. Mehr Resilienztipps und Informationen über das betriebliche Gesundheitsmanagement der Mobiliarunter mobiliar.ch/resilienz.

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Samstag, 22.Juni2024 Nachhaltig handeln Special 19
FOTOS:OLIVIER MESSERLI

Noch viel Luft nach oben

Unternehmen Eine Studie derNachhaltigkeitsberatung SustainservinZusammenarbeitmit derUniversitätBernzeigt auf: SchweizerFirmenrichten ihre Nachhaltigkeitsbemühungenderzeit noch primär nach Compliance-Anforderungen aus.

RALF FRANK

Grün ist das neue Schwarz. Welches Unternehmenkann sich nochleisten, keine Position in Bezug aufNachhaltigkeit zu haben? Vorbei sindallerdings die Zeiten, in denen Unternehmen Spielräume hatten undInhalte selektivkuratieren konnten:Der Gesetzgeberhat dieunternehmerische Berichterstattung über Nachhaltigkeit zur Verpflichtung gemacht. Besonders hart trifft es dabei klein- und mittelständische Unternehmen (KMU). Denn bei ihnen ist das Nachhaltigkeitsmanagementmeist nicht ausreichend ausgestattet.

Standards erfüllen

Aber auch die grossen Unternehmenin der Schweiz müssen noch zulegen,wie eine gemeinsame Studieder Managementberatungsfirma Sustainserv mit Prof.Dr. MarkusArnoldvon derUniversität Bern zeigt. Schweizer Unternehmen richten im Moment ihre Nachhaltigkeitsbemühungen nochprimärnach Compliance-Anforderungen aus, das heisst, sie orientierensichanden minimalen Anforderungen und habenNachhaltigkeitsansätzebisher kaum in ihrer Unternehmenskultur verankert

Die Studielegt denFokus auf die Organisation und die Implementierung von Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeitszielenund zugehörigenKennzahlen sowie auf die Berichterstattung. Gemeinsam mit der Universität Bern ist Sustainserv der Frage nachgegangen,

welchenReifegraddie Nachhaltigkeitsbemühungen Schweizer Unternehmen aufweisen.Die 2023durchgeführte Studiezeigt klar,dassdie Mehrheit der Firmen Nachhaltigkeitsstrategien vorwiegend zur Einhaltung gesetzlicherund öffentlicher Standards implementiert haben. Viele Unternehmen investieren auchbereitsinNachhaltigkeitsinitiativen. DieMotivesind, neben der Erfüllung vonCompliance-Regeln, die Stärkung vonRuf und Glaubwürdigkeit.Je nach Branche gehörtfür Unternehmen zuweilen auchdie Identifizierung und

Minimierung von Risiken dazu,oder es sind grosse Kunden, die ihreLieferanten, häufig KMU,verpflichten, ihre Nachhaltigkeitsleistungen offenzulegen. Sonst droht ein Ausschluss von der Lieferantenliste.

«Die SchweizerUnternehmeninvestierenseit Jahren in ihreNachhaltigkeitsbestrebungen. Allerdings hatdies in vielen Fällennochnichtdazugeführt, dass dieNachhaltigkeit bereits wirklichTeilihrer DNAgeworden ist»,sagt Prof.Dr. Markus Arnold. Dies bestätigen vor allemdie Umfrageergebnisse zu

Zieleund Zwecke derNachhaltigkeitsstrategie

den Vergütungen, welche starkvon wirtschaftlichen Kennzahlengetrieben sind Kennzahlenzuden Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) spielen nur eine untergeordnete Rolle.

Hoher Aufwand

Der Studie zufolgeberichten kleine Unternehmen im Schnittseit mehr als fünf Jahren und grosse Unternehmen seit mehr alszehnJahrenüberihreNachhaltigkeitsbestrebungen. Dabei werden in erster Linie die Standards der Global Re-

Unabhängigvon Unternehmensgrösseist Nachhaltigkeit einwichtiger Bestandteilder Unternehmensstrategie. Quelle: UniversitätBern

ErfüllunggesetzlicherVorschriftenund öffentlicherNormen

Stärkung derReputationund derGlaubwürdigkeit

Identifikationund Minimierungvon Risiken

Integration vonNachhaltigkeit in Governance-Strukturen

Ausübungeines positivenEinflusses aufGesellschaftund Planeten

Förderungdes Bewusstseins fürNachhaltigkeitinder gesamten Organisation

Erhalt undAkquisition von(neuen) Kund*innen

Identifikationund Umsetzung strategischerInnovationenund Chancen

Akquisition vonneuem Personalund Motivation fürbestehendes Personal

Veränderungder Unternehmenspraktikenund Standards

Identifikationund Umsetzung potenzieller Kosteneinsparung

Trifft garnicht zu Grosse Unternehmen KleineUnternehmen

MitBeton die Zukunft gestalten

Trifft völligzu

portingInitiative(GRI) unddie SustainableDevelopmentGoals (SDG) angewandt.Rasch aufgeholt habendie neuen Pflichten gemäss Schweizer Obligationenrecht, die bereits für das Geschäftsjahr 2023erfüllt werden mussten.Vorallemgrosse Unternehmen wenden dafür nebenexternen Kostenauch erhebliche Personalressourcen auf–imSchnitt eine Vollzeitstelle über vier Monate.Dieser Aufwandentstehthauptsächlich bei der Zusammenstellung der relevanten Kennzahlen und schliesslich bei der Erstellung desNachhaltigkeitsberichts Wirstellen fest, dass das Nachhaltigkeitsthemabei vielen Unternehmen pro-fessionalisiert wurde.Umaberim internationalen Wettbewerb mithaltenzukönnen, müssenviele Schweizer Unternehmen noch zulegen und ihrvertieftes Verständnis vonNachhaltigkeit in konkrete Transformationsinitiativen umsetzen. Diesist vor allenDingennotwendig vor dem Hintergrund derEURegulierung.Viele Schweizer Unternehmen betreiben Tochterunternehmen in EU-Ländern und sind 2026 verpflichtet, für dasGeschäftsjahr 2025 EU-Richtlinien beziehungsweise Verordnungen wie die CorporateSocial Responsibility Directive(CSRD) oder die EU-Klimataxonomie anzuwenden. Um dieswirksam tun zu können, müssennochmals detailliertere Informationen und Daten aufbereitetwerden.

Prof.Dr. Ralf Frankist Managing Partnerbei Sustainserv,einem weltweit tätigenManagementberatungsunternehmen

Beton schafftlanglebige und stabile Bauwerke–vielseitig, umnutzbarund fürGenerationen gemacht.Seine lange Nutzungsdauer und hohe Werterhaltung schonen Ressourcen.

20 Special Nachhaltig handeln Samstag, 22.Juni2024
Bauen
Sienachhaltigmit Beton beton2030.ch
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DasPotenzial nachhaltiger Investitionen

Best Practice Fürihre Fahrzeugflotte hat dieRetripa-Gruppe, einesder führenden Recyclingunternehmen in derWestschweiz, jüngst vollelektrische Trucks angeschafft–über eine langfristige Finanzierung durch UBS. DieBanksetzt gezieltauf dieUnterstützung nachhaltiger Investitionen.Interview mitXavier Mahue, CEO der Retripa-Gruppe, Gaël Crausaz und Joël Maibach, beide UBS.

Herr Mahue,wie wichtigist Nachhaltigkeitfür IhrUnternehmen?

Xavier Mahue: DurchunsereGeschäftstätigkeit ist Nachhaltigkeitein zentrales Thema füruns.Dazu muss man wissen: Die Retripa-Gruppe istseitbald70 Jahreninder Romandie im Bereich der Abfallsammlung,Entsorgung unddes Recyclings aktiv.Wir verarbeiten jährlich rund 250 000TonnenAbfall undWertstoffe,die sowohl vonöffentlichen und halböffentlichen Betrieben wie auch vonPrivatunternehmen stammen Unser Geschäft umfasst die gesamte Wertschöpfungskette –von derAbfallsammlung über dasSortieren, Recyceln bis hin zurVermarktungvon Sekundärrohstoffen.

Nachhaltigkeit istfür Siedamit nicht nur ein Managementaspekt,sondern Ihr eigentliches Geschäft Ja.Und wir stehen voll dahinter. Vom Verwaltungsrat bishin zu denMitarbeitendenist jederinunserem Unternehmen davon überzeugt, dass der Schrittin eine nachhaltigere, fairereZukunftnicht nur aus ökologischen und sozialen, sondern auch auswirtschaftlichenGründen zentralist.SeitSeptember 2023 verfügen wir ausserdem über die ISO-Zertifizierung «EcoEntreprise Excellence» Diese Zertifizierung wirdinder Romandie nicht nur bei öffentlichen Aufträgen sehr geschätzt, sie bescheinigt auch unsere Leistungen in den Bereichen umweltfreundlicheEntwicklungund gesellschaftliche Verantwortung.

Sie haben sich entschieden,zu100 Prozent elektrischeLKW für denFuhrpark Ihres Unternehmens neuanzuschaffen Washat Siedazuveranlasst?

Dafür gab es drei Motive: erstens der Wille des Verwaltungsrats,die Dekarbonisierung im Unternehmen voranzutreiben.Wir wollendie CO2-Emissionen deutlich reduzieren.Zweitens haben sich unsereMitarbeitenden, die durch ihreArbeit täglich mit dem ThemaUmwelt konfrontiert sind, klar dafürausgesprochen,dass derSchritt in einenachhaltige Zukunft unumgänglichsei.Und drittens müssenwir darauf achten,dass wir konkurrenzfähig bleiben und neue Partnerschaften, vor allemmit Gemeindenund öffentlichenBetrieben,eingehenkönnen. Wirsind davon überzeugt: Investitionen in dieNachhaltigkeit sind nicht nur eine Verpflichtung,sondern eine echte Chance.

Sie haben sichbei derAnschaffung der Elektro-LKW füreine langfristige Finanzierung entschieden. Wasist dabei zu beachten? Bei einer langfristigen Finanzierung sollte man folgende Kriterien erfüllen:Rentabilität über einen längeren Zeitraum,tiefere Unterhaltskosten undWirtschaftlichkeit

DieRetripa-Gruppe hat jüngst drei neue vollelektrischeKehrichtfahrzeuge angeschafft, übereinelangfristigeFinanzierung durchUBS

Bei E-Lastwagen istzwar die Anschaffung teurer,die Lebensdauer und Garantie aber doppelt so langewie beiFahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Zudem ist der Unterhaltgünstiger und dieEnergiekosten sindtiefer.Weil wir vollumfänglichden Nachhaltigkeitskriterien entsprechen möchten,stammtauchder bezogene Strom aus erneuerbarenQuellen. Deshalbhaben wir auf den Dächern unsererStandorte,die über Ladestationen mitSchnelllader verfügen, Photovoltaikanlagen angebracht. Die dritte Voraussetzung erfüllen wir,indem wir den zunehmenden Nachhaltigkeitsanforderungen seitens unsererAuftraggeber nachkommen

Kamen durchdie Anschaffung von Elektro-LKWneue Partnerschaftenzustande?

Ja,absolut. Eine Voraussetzung,ummit Städten und Gemeinden Verträge abschliessen zu können, war,dasswir auf Elektromobilität umsteigen. E-Lastwagen bringen nicht nurfür die Umwelt,sondern auch fürdie Bevölkerung mehrere Vorteile mit sich.Sie erzeugen keineAbgaseund sind leiser.Eine Voraussetzung, derwir natürlich nachkommen wollen und müssen

UBShat dieRetripa Group beider langfristigen Finanzierung unterstützt. Welchen Ansatz verfolgen Sie als Bank, wenn es um nachhaltige Unternehmen geht?

GaëlCrausaz, Berater für Unternehmenskunden UBS: Die Finanzierungsgrundlageist stetsdie gleiche– wirbieten Leasing-Finanzierungslösungen in

DasUnternehmen

Die Retripa-Gruppe ist seit 1956 in der Westschweiz im Bereichder Bewirtschaftung und desRecyclings von Abfällen und Wertstoffen tätig.Das Unternehmen mit Hauptsitz in Crissier(Kanton Waadt) beschäftigt200 Mitarbeitende. Fürseine umfangreiche Fahrzeugflotte hat Retripa jüngst drei vollelektrische,dreiachsige E-Trucksangeschafft. DerStrom für die neuen Kehrichtfahrzeuge kommt direkt vom Firmengelände:Die auf den Hallendächern installierten Photovoltaikanlagen produzieren 655 000Kilowattstunden elektrische Energie proJahr

«Investitionen in die Nachhaltigkeit sind nicht nur eine Verpflichtung, sondernauch eine echte Chance.»

Bezug aufverschiedene Artenvon Objektenan. Im Fall derRetripa-Gruppe war die Tatsache ausschlaggebend, dass sich eine Investition in E-Fahrzeugevor allemlangfristig lohnt. WieHerr Mahue erwähnt hat,ist zwar die Anschaffung teurer,die Lebensdauer aber länger und der Unterhalt langfristig günstiger Zudem brachte diese Investition nach Nachhaltigkeitskriterien derGruppe einen Wettbewerbsvorteil in der Branche.Auf der Grundlage der erhaltenen Zertifizierungen erhielt die RetripaGruppe im Rahmen derLeasing-Finanzierung in nachhaltige Ausstattung einen Öko-Bonus in Form einer Zinsreduktion.

Mahue: UBSunterstützt uns bereitsseit mehr als zehn Jahren bei derFinanzierung unserer Projekte.Das Vertrauen basiertdaher aufGegenseitigkeit.Zudem verfügtUBS über fundierte Kompetenzen.Die Bank sieht auf nationaler und internationalerEbene,wohin der Trend führt. Sie weiss,wie wichtig es für Unternehmen ist, Schritte in Richtung Nachhaltigkeit zu unternehmen, und dass es eineStrategie ist, die sich langfristig auszahlt

Herr Crausaz,wie lief dasVerfahren mit der Retripa-Gruppe im konkretenFall ab?

Sehen Sie aus der Bankenperspektive einen TrendinRichtung Finanzierung von InvestitionennachESG-Kriterien? Crausaz: Immer mehr Unternehmen suchenheute nach Investitionen, die es ihnen ermöglichen, Nachhaltigkeitsstrategien im Unternehmen zu implementieren. DaskannverschiedeneFormen annehmen. UnsereArbeit spielt sich daherauf zweiEbenenab. Zumeinen positionierenwir uns alsPartnerinder Strategiefindung.ImAustauschmit dem Kundenerörtern wir, welche langfristigen Vorteile eine nachhaltige Investition mit sich bringt.Wiemöchtesich der Unternehmenskunde in seiner Branche positionieren? Welche konkreten Massnahmen ergreift er,umauch in Zukunft konkurrenzfähig zu bleiben? Dafürermutigenwir unsere Unternehmenskunden, mitdem Tool «esg2go» ihre Performance im Bereich Nachhaltigkeit zu beurteilen. Anhand einesFragenkatalogs könnensie ihre Auswirkungenauf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) im Vergleich zu anderen UnternehmenimselbenSektormessen und dieErgebnisse voneinemexternen Auditorvalidieren lassen.

Joël Maibach, Marktgebietsleiter Firmenkunden, Waadt-Ost,UBS: Zumanderen istesein zentralesAnliegen von UBS,dass sich unsereUnternehmenskundenNachhaltigkeitsziele setzenund diese auch erreichen.Wirbieten deshalb diverse Anreize beiInvestitionen nach ESG-Kriterien. Wiezum Beispiel der bereits erwähnte Öko-Bonus und das Tool esg2go sowie Sustainability-Linked Loans und das UBS-Darlehen Green.

Herr Mahue,wie hat UBS Ihnen bei der UmsetzungIhrer Nachhaltigkeitsstrategie geholfen?

Crausaz: Der Kunde kam mit einem Businessplan auf uns zu,der die wirtschaftlichen AspekteimEinklang mit den Nachhaltigkeitszielen aufwies.Darin war zu sehen, wie sich die RetripaGruppe von der Konkurrenz abheben würde und wie sie neue Märkte gewinnen kann –etwa bei der Müllabfuhr in bestimmten Städten und Gemeinden durch dieUmstellung auf saubere, zu 100Prozent elektrische Fahrzeuge.UnsereRolle ist es,zuverstehen, wie unser Kunde mit seinen Lieferanten, Einrichtungen undPartnernarbeiten wirdund wie die Investition zu einernachhaltigen Rentabilität des Unternehmensbeiträgt

Interview: Cécile Hana

Nachhaltig handeln

Unterstützung fürFirmenkunden

Um Interaktionen mitFirmenkunden systematisch voranzutreiben, hatUBS einkundenorientiertes Frameworkentwickelt,das Daten, Produkte undKundenengagementumfasst.UBS konzentriert sich darauf, dieKunden im Rahmeneines strategischen Dialogs zu beratenund gemeinsam mitihnen neue Lösungen zu implementieren dieambesten aufihrejeweiligen Geschäftsmodelle undWertschöpfungskettenzugeschnittensind. UBS bietetFirmenkunden auch dielangfristige Finanzierung von Investitionennach ESG-Kriterien an.Weitere Informationen: ubs.com/corporate-sustainability

Samstag, 22.Juni2024 Nachhaltig handeln Special 21
FOTOS:RETRIPA Xavier Mahue CEO derRetripa-Gruppe

CorporateResponsibilityund IT:

Gemeinsamfür eine nachhaltigeZukunft

Unternehmen Eine Zusammenarbeit auf Augenhöhezwischen CorporateResponsibility undITist eine wichtige Grundlagefür eine professionelle Nachhaltigkeitsberichterstattung.Dochinvielen Unternehmenbesteht noch Handlungsbedarf. Eine neue Community soll denAustausch zwischen denBereichen fördern.

ROBERTO STEFANO

Seit Anfangdes Jahres istsie in Kraft, die«Verordnung überdie Berichterstattung über Klimabelange».Die etwas schwerfällig betitelte Bestimmung,Teil des Obligationenrechts zur nichtfinanziellen Berichterstattung, verlangtvon Schweizer Publikumsgesellschaften, dass sie über ihren ökologischen Fussabdruck Rechenschaftabgeben. Vonden Unternehmen wirdzusätzlicheTransparenz gefordert– vor allemüberUmweltkennzahlen, an denen siezukünftig genauso gemessenwerden wie an Umsatz, Gewinnund Dividende. DasZiel istklar: Dieergänzenden OffenlegungspflichtensollenAnreize schaffen, damit die Firmen freiwillig ihreBilanzen dekarbonisierenund sich aus klimaschädlichen Aktivitäten zurückziehen.

Excel und andere Tools

holt zur Diskussion gestellt, und sie wurde uns vonzahlreichen Unternehmen bestätigt»,soMarion Roeder,BusinessDevelopment Data Driven Sustainabilitybei Swisscom.

Nachhaltig handeln

Diewichtigsten Factszur Community

„ Austauschplattformfür IT-und ESG-Verantwortliche

„ Offener Wissenstransfer; Organisations- und Business-Unit-über greifend

„ BestPractices&Learnings

„ Problemstellungen direkt aus dem eigenen Alltag

„ Netzwerkerweitern

Die Berichterstattungspflicht besteht derzeit nur für grössereUnternehmen miteinem Umsatzvon mehr als 40 Millionen Franken, einer Bilanzsumme von über 20 Millionen Frankenund mehr als 500 Mitarbeitenden.Aber auch kleinere Unternehmen sind gefordert, wenn sie Teil derLieferketteeinerreportpflichtigenFirma sind.Ein neuer Gesetzesentwurf soll zudem bald die Schwelle für berichtspflichtigeBetriebe senken. Unabhängig davonversuchen Unternehmen schon heute,sich einen Überblick über ihreklimarelevanten Einflussfaktorenzuverschaffen. Doch etliche Betriebe stehen erst am Anfang. Dies zeigt sich unter anderem an der Grösse der Nachhaltigkeitsbereicheund denTools,mit denen siedie Parameter erheben. «Tatsächlich arbeiten viele Verantwortlichenochmit Excelund erfassen dierelevanten Daten für die Klimaberichterstattung manuell», bestätigt ResWitschi, verantwortlich fürnachhaltige Digitalisierung bei Swisscom. DieInformationen seienoftmalsdezentral gespeichert.Umsoschwierigerist es fürdie Mitarbeitenden, an die richtigen Kennzahlen zu gelangen.«DieArbeit kann sehr zeitraubend und mühselig sein»,weiss Witschi. Eine besonderswichtige Rolle für dieCorporate-Responsibility-Datenerhebung spielt die IT.«Diese Hypothese habenwir in den vergangenen zwei Jahrenanöffentlichen Auftritten wieder-

Die Argumente leuchtenein: DieIT kontrolliertdie Datenflüsse in denBetrieben, weshalb eineAnalyse dernachhaltigkeitsrelevanten Zahlen an dieser Stelle wohl am geeignetsten wäre. Zudem implementiert die IT neue Softwarelösungeninden Firmen,alsoauchjene, die dasErfassen von Nachhaltigkeitskennzahleninden verschiedenenBereichen erlauben. Schliesslich kann die IT die Rolle einesInnovatorsübernehmen, wenn beispielsweisedurch künstliche Intelligenzoderdas Internet of Things die Prozesse beschleunigt werden Noch vorwenigen Jahren warenfür Nachhaltigkeitsfragen selbst bei Swisscomnur wenige Mitarbeitende zuständig.AlsimRahmen einer Pensionierung dieOrganisation neu aufgestellt wurde, mussten informelle Informationspfade zeitnah durch klar definierte Wege ersetzt, wesentliche Datenquellen erschlossen und Verantwortlichkeiten neuvergeben werden. Es bestand das Risiko, dass die Berichterstattung sonstnicht mehr regulierungskonform gewesenwäre. «Die nötigen Veränderungen sind nichtüberall gleich gut angekommen –auch weil oftmals das Verständnis für das Gegenübergefehlthat und die Rol-

lenverteilung nicht ganz klar geregelt war»,soRes Witschi. DenVerantwortlichen fehltedie gemeinsame Basis und manhat nicht dieselbe Sprache gesprochen. «Bis wir den heutigen Zustanderreicht hatten,brauchte es vielAufklärungsarbeit, Geduld und eine klareStrategie», ergänztRoeder Kein Wunder,dass Swisscom allen Unternehmen,die sich erst am Anfang dieser Reise befinden, empfiehlt, schon sehr früh alle Stakeholder an einen Tisch zu holen– seiendies IT-Leute oder Personen ausdem Einkauf,dem Management, aus dem Controllingund selbst aus dem Verwaltungsrat. «Nachhaltigkeit und die darausresultierenden Regulatorien sind Themen, die alle Organisationsstufenbetreffen», erklärtRoeder Mehrwert für Unternehmen

Angesichts der Herausforderung bei der Einführung eines zeitgemässen Nachhaltigkeitsreportings ist Swisscomim Begriff, eine eigeneCommunityzulancieren. Dass Bedarf besteht, hat der ICTDienstleistersowohl in Kundenprojektenals auchinzahlreichen Gesprächen mit Personenandiversen Veranstaltungen bestätigt bekommen. Zwar gibtes spezifische User Groups,die sich über dieEinführungkonkreter Softwarelösungen austauschen, wie die Sweep User Group des gleichnamigen Soft-

ware-Startups.OderCommunitys wie GreenBuzz Global, welche unter anderemüber Sustainability-Regulatorien undihreFolgen aufklären,meist im grösseren Rahmen. Eine Community aber, die sich der Zusammenarbeit zwischen IT und CorporateResponsibility annimmt, fehlt. «Wir haben gespürt, dass wir hier einenMehrwert für die Unternehmen bieten können –nicht zuletzt weil wir den Wegselbst gegangen und stark mitSchweizer Unternehmen vernetzt sind»,erklärtRoeder Anfang April ist die Communitymit einem Beta-Launchineiner kleineren Runde gestartet.Mit dabeiwaren Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen aus verschiedenen Bereichen wie Anlagenbau, Versicherung,öffentliche Dienstleistung,Energie,Produktion oder dem Lebensmittelsektor.Beim erstenZusammentreffenging es hauptsächlichdarum,das Format zu testen, da sichsowohl die Struktur als auchdie Inhalte vollends an denBedürfnisse der Teilnehmendenorientierensollen. Künftig werden bei denCommunityTreffen jeweils zwei bis maximal drei Themen behandelt, die von den Teilnehmenden ausden IT-oderCorporate-Responsibility-Bereichen eingebracht wurden. In Breakout-Sessions vertiefen die Teilnehmenden gemeinsam mit FachexpertInnen dieDiskussionen mitden anderen Community-Mitgliedern. «Es handelt sich dabei um qualitative Gespräche.Über Herausforderungen und Lösungen soll entlangeiner bestimmten Methodik offendiskutiert werden»,erklärt Roeder. Drei- bis viermal proJahr soll ein solcherAustausch stattfinden –physisch vor Ort während rund drei Stunden im Swisscom-Business-Campus bei der HardbrückeinZürich.

Spannende Kontakte

DasFazit vonTabea Brielmann,Projektmanagerin Nachhaltigkeit beiDTSwiss nach demBeta-Launch:«DerAustausch mit Teilnehmenden aus anderen Branchen hat mirwertvolleInputs eingebracht.Esist spannend zu sehen, dass sich viele Unternehmen mit ähnlichen Herausforderungen beschäftigen. Zusätzlichschätze ichessehr, an derEntwicklung des Formats aktivmitwirken zu können.Ich binüberzeugt, dass dieErweiterung um themenbezogene Fachexpertinnen und -experten dabei hilft, Denkanstösse zu liefern,die sichpositiv aufdie Diskussionen auswirken.» Die Community istimApril 2024 klein gestartet unddarf in Zukunft auch wachsen, wobei stets Qualität über Quantität stehen soll. «Bei uns hat derDialog und der Erfahrungsaustausch Priorität, und das funktioniert nur mit den richtigen Leuten im Raum»,betont Marion Roeder Angesprochen sind Verantwortliche aus Unternehmen,die in der Nachhaltigkeitsberichterstattung bereits erste Schritte umgesetzt haben. Die Teilnehmendensollen wissen,vor welchen Herausforderungen sie stehen und mit welchen Fragen siekonfrontiertsind.Vonder Community istein gewisses Engagementgefordert,damit am Ende alle profitieren. Ansonsten sind dieVorgaben aber relativ offen «Heute stehenuns viele der Teilnehmenden in irgendeiner Form nahe.Die Community erfüllt keinenkommerziellen Zweck und wirsindoffen füralle Interessenten, die dabei helfen, die Brückezwischen IT und Nachhaltigkeit zu schlagen», sagt Roeder.Nicht die Grösse oder die Kundenbeziehung seien entscheidend, sondern vielmehr die Erfahrungen und die Eigeninitiative –damit am Ende Nachhaltigkeit undITauf Augenhöhe miteinander sprechen.

QR-Codescannen und weitereInformationen zurSustainability Communityerhalten:

22 Special Nachhaltig handeln Samstag, 22.Juni2024
vonIT- undCorporate-Responsibility-Teamsist
Beider Zusammenarbeit
derAustausch
über konkreteThemen wichtig ISTOCK
FOTOS: SWISSCOM Marion Roeder Business Development Data Driven Sustainability beiSwisscom ResWitschi Verantwortlichfür nachhaltige Digitalisierung beiSwisscom

«GeradeimSpitalbereich haben wirzuvielStaat»

Gesellschaft DieStossrichtungist klar:Das Gesundheitssystemmusseffizienter,nachhaltigerund digitaler werden.Nationalrätin Regine Sauter (FDP)setzt aufmehrWettbewerbund dieFörderung neuerModelle Ausserdemsei es an derZeit, dieBelange derFrauenstärker in denFokus zu rücken,auchinder Medizin.

Siefordern wenigerStaat und mehrEffizienz im Gesundheitswesen.Was läuft derzeit alles schief?

Regine Sauter: Ich möchte gerne mit dem Positivenbeginnenund festhalten, dass wir ein hervorragendes Gesundheitswesen in der Schweiz haben. Umfragen bestätigendie hohe Qualität des Schweizer Systems.Die Frage ist:Was müssen wir tun,umdieses hohe Qualitätsniveauhalten,aberauchdie Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens gewährleisten zu können? Dafür muss man dort ansetzen, wo das System ineffizient ist. Zu viel Regulierung,also Staat, verhindert eine zielführendeEntwicklung

Wo sehen Sie den grösstenHandlungsbedarf? Wenn wir von Ineffizienzen sprechen: Viel mehrBehandlungen müssten ambulanterfolgen undnicht stationär.Da haben wirheute einfach die falschen Anreize und die falschen Finanzierungsstrukturen. WasRegulierungen betrifft: DasKrankenversicherungsgesetz wurdeinden vergangenenJahrenunzählige Malerevidiert. FürSpitäler,Ärztinnen und Ärzte sowie alle Leistungserbringer bedeutetdies in den meisten Fällen mehr administrativen Aufwand.

Greift der Staathier ausIhrer Sicht zu sehr ein?

Ja,geradeimSpitalbereichhaben wir heute stattWettbewerb,wie es eigentlich gedacht war,zuvielStaat. Die öffentliche Hand istoft Eigentümerin, Finanziererin und Planerin von Spitalangeboten;vielfach besteht darüberauch zu wenig Transparenz, oder die öffentlichenSubventionen greifen relativ willkürlich.Dies führt zu ungleich langenSpiessen.

Regine Sauter NationalrätinFDP

Wasmuss sich denn ändern?

Die Gesundheitsversorgungmussüberdachtwerden.Wir sind heuteanvielen Orten zu kleinräumig organisiert. Stattdessensollte manzugrösseren Versorgungsräumen übergehen und partnerschaftlicheModelle aufbauen.Das sogenannteHub-and-Spoke-Modell zum Beispiel sieht ein Spitalzentrumpro Region vor, mitkleineren Gesundheitszentren in denAussenbereichen.Auchauf diese Weisehaben wir eine sichereVersorgung für dieBevölkerung,aber eine effizientere.

Sie setzen sichstarkfür Innovationen und digitaleTechnologien im Gesundheitswesen ein, Stichwort elektronische Patientendossiers.Welche Anwendungsbereiche und Vorteile sehen Sie dafür? EinVorteil istbestimmt, dassbei mehrerenbehandelnden Ärztinnen und Ärz-

tenalle den gleichen Wissensstand über den aktuellen Zustand der Patientinnen und Patienten haben. Dasdient der Patientensicherheit, es können aber auch Doppelspurigkeiten vermiedenwerden, was wiederum Kostenspart. Letztlich dient es aber auch derEntlastung der Ärztinnen und Ärzte, weil sieauf einen Blick alle nötigen Informationen haben Somit kann deradministrativeAufwand reduziert werden. Dort sehe ich auch Sparpotenzial

Warum wurde das E-Dossier bisher nochnicht grossflächig umgesetzt? Die heutige Version entspricht den genannten Anforderungen nochüberhaupt nicht.Zudem ist ein grosser Widerstand von Seiten der Ärzteschaft zu spüren Es geht letztlichumeineInvestition, die mit Kosten verbunden ist,zudem scheut man die Transparenz oder bezweifelt den Nutzen. Ärztinnen undÄrzte sind heute auchnichtverpflichtet, mit einem E-Dossier zu arbeiten. Man hat damals im Gesetz darauf verzichtet.Mit anderen Worten, es nützt einem Patientennichts, ein E-Dossier zu haben,wenn sein Arzt dannnichtdamit arbeitet.

Damitdie E-Dossiers vermehrtzum Einsatz kommen,muss deren Nutzen klar ausgewiesenwerden undallen Beteiligten etwas bringen. Es ist wie bei anderen technologischen Neuerungen: Sie muss breit getragensein und alle mitnehmen.

Wasmacht die Politik, um die Einführungvon E-Dossierszubeschleunigen?

WirhabenimParlament in derletzten Session einen Kreditbewilligt, der Anreizeschaffensoll, dassmehr Patientendossiers eröffnetwerden. ProeröffnetemPatientendossier gibteseinenBeitrag des Bundesund des Kantons.Es istein Anreiz, um dieHürden der An-

zum Beispielsinddie Symptome je nach Geschlecht unterschiedlich.Das kann dazu führen, dass das Krankheitsbild bei einerFraunicht sofort erkannt wird.

DasProblem beginnt bereits in derAusbildungder Ärztinnen und Ärzte? Ja,eswirdinder Lehrezuwenigauf die Unterschiededer Geschlechter in der Medizin eingegangen. Dashat manerkannt, indem man zum BeispielinZürich jetzt einen Lehrstuhl für Gendermedizin eingerichtet hat, waseine sehr gute Sache ist. Aber nicht nur in der Lehre, sondern auch in derForschung wirdnoch zu wenig in den Fokus genommen, dass zum Beispiel neu entwickelte Medikamente bei Männernund Frauen unterschiedlichwirken können.

Worauf muss sonst noch derFokus gelegt werden?

Aufdie Innovations-und Forschungsförderung.Hier geht es darum, Projekte von Frauen für Frauen stärker zu unterstützen.Dahintersteht die Überlegung dass mannichtdie eine Hälfte der Bevölkerungaus dem Blick verliert.

fangsinvestition etwas tiefer zu setzen. Dieheutige Lösung überzeugtjedoch noch nicht, das hat auchder Bundesrat erkannt, der nun eine Überarbeitung vorschlägt

Siesetzen sichspeziell für dieBedürfnissevon Frauen im Gesundheitssystem ein, Stichwort Femtech.Wasist damit gemeint?

Die Bedürfnisse der Frauen im Bereich der Gesundheitsversorgung sind andereals jene derMänner.Dem hat man bis jetzt zu wenig Beachtunggeschenkt, unteranderem in der Diagnostik. So können Frauenganzandere Symptome aufweisen alsMänner bei derselben Krankheit. Bei einem Herzinfarkt

Seit über einem Jahr sind Sie Präsidentin des Spitalverbands H+, desnationalen Spitzenverbands der öffentlichen und privaten Schweizer Spitäler,Kliniken und Pflegeinstitutionen. Im Interview mit der NZZ sagten Sie,dass die Spitäler,die Einrichtungen des Gesundheitswesensund die FDP das gleiche Zielhätten,nämlich die Kosten zu senken. Ohne Qualitätseinbussenatürlich. Inwiefern konnte dieses Ziel bereits umgesetzt werden? Diessorasch umsetzen zu könnenwäre ein hoherAnspruch.Aber wir haben die richtige Stossrichtung.Auch die Spitäler tragen die Forderungnacheinergrossräumigeren überregionalen Gesundheitsversorgungmit. Zu denken ist an Versorgungsnetzwerke,welche es auch bereits gibt.Zudem beginnen die Spitäler,auch neue Modelle wie etwa «Hospital at Home» zu testen –eine Erweiterung dergängigenPflege zu Hause: Patientinnen undPatienten werden nach einer Behandlung,die üblicherweise eine Hospitalisation erfordert, im häuslichen Umfeld therapiert. Aufdiesem Gebiet hatdie Schweiz, im Vergleich mit anderenLändern, durchaus Nachholbedarf. DieSpitälerhaben erkannt, dass es neue Wege für die Zukunft braucht. Neuerungen verursachen meist auchKosten. Greift diePolitik den GesundheitseinrichtungendafürunterdieArme?Bietet sie Anreize, neue Wege zu beschreiten? Klar istfür mich:Spitäler,die wirtschaftlich arbeiten undihreLeistungen in der geforderten Qualität erbringen, müssen adäquatfinanziertwerden. Dasist leider aktuellnicht gegeben –ein Problem, das sich in denfinanziellen Schwierigkeiten vieler Spitäler im Momentzeigt.Die Tarife,die wir heutehaben,sindnicht kostendeckend, das muss sich ändern, und es brauchteineneueTarifstruktur. Ansonstenkommt es zu einer willkürlichenEntwicklung der Spitallandschaft.Einzelne Spitäler werden subventioniert,andere nicht. Es sollte stattdessen eine Entwicklung derSpitallandschaftgeben,die sich am Bedarf,anQualität und Wirtschaftlichkeit orientiert.

Interview: Viktoria Stauffenegger

Gesundheitsausgabeninder Schweiz: Entwicklungbis 2025

Bis2025werdendie Gesundheitsausgaben hierzulandeauf fast 100MilliardenFrankensteigen 2022 betrugen sierund91,5MilliardenFranken.NachAngaben derKonjunkturforschungsstelle derETH werden vorallem dieKostenbei Prävention,Verwaltungund Reha deutlich zulegen. Quelle: Statista

ErwarteteVeränderungen nach Leistungen 2022bis 2025,inProzent:

Insgesamt Stationäre Behandlungen

Ambulante Behandlungen Reha

Langzeitpflege

Unterstützende Dienstleistungen

Gesundheitsgüter

Prävention

Verwaltung

1 02 345

Samstag, 22.Juni2024 Nachhaltig handeln Special 23
PD
ISTOCK
Schweizer Gesundheitssystem am Tropf? Besondersdie Spitälersind eingewaltiger Kostenblock.
678 +3,2% +2,3% +5,4% +7,1% +1,8% +3,2% +3,3% +4,4% +3,3%

So könntenwir in Zukunft alsnachhaltige Gesellschaft zusammenleben. Wie es wirklich wird, liegtinunserer Hand.

SustainableSwitzerland istdie Nachhaltigkeitsinitiativedes Unternehmens NZZmit Partnernaus Wirtschaftund Wissenschaft–und allen, dieetwas bewegenwollen. Jetzt informi e r e n

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