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Freitag, 8. April 2022

ADOBE STOCK

Verlagsbeilage

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Freitag, 8. April 2022

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Krisenresistente KMU Die vergangenen Krisenmonate haben den Schweizer KMU stark zugesetzt. Und nach wie vor bläst ihnen eine steife Brise entgegen. Dass die Aussichten für viele Betriebe dennoch optimistisch sind, hat mehrere Gründe. ROBERTO STEFANO

Der kleine Betrieb aus Zürich hatte sich auf die Herstellung von biologischen Süssgetränken spezialisiert und sich damit über die Stadt hinaus einen Namen gemacht. Im Untergeschoss einer ehemaligen Bäckerei produzierte man verschiedene Sorten für Privatkunden und den Detailhandel. Das Geschäft lief gut. Kistenweise wurden die Flaschen auf die Transporter verladen – bis Corona und der Lockdown kam. In den folgenden Wochen wurde die Liquidität nach und nach knapper und gipfelte in einem Aufruf an die Kundschaft, die biologischen Süssgetränke online zu kaufen und damit zur Existenzsicherung des Firmeninhabers und seiner Familie beizutragen. Zwei Jahre später und nach dem Ende der Pandemiemassnahmen ist der Kleinbetrieb zwar nach wie vor aktiv. Doch an der Spitze ist es zu einem Wechsel gekommen. Zu unbefriedigend waren die vergangenen Monate der ­Unsicherheit für den Firmengründer, zu zermürbend die ungewisse Zukunft. Wie dem Süssgetränkehersteller ist es in den von der Pandemie geprägten Jahren viele kleineren und mittleren Betrieben in der Schweiz ergangen. Und doch hat der Grossteil der Firmen durchgehalten und dem heftigen Gegenwind getrotzt. Das hat viele Gründe, die eng mit der Struktur der KMU verbunden sind.

«In den Corona-Monaten haben zwar einige Unternehmerinnen und Unternehmer aufgegeben», weiss Urs Fueglistaller, Professor für Unternehmensführung und Direktor des Schweizerischen Instituts für KMU und Unternehmertum der Universität St. Gallen. So ist die Zahl der Firmen- und Privatkonkursverfahren 2021 gegenüber dem Vorpandemiejahr 2019 gemäss dem Bundesamt für Statistik (BFS) gestiegen – jedoch nur um moderate 1,7 Prozent. Laut dem KMU-Experten sind die Geschäftsaufgaben dabei nicht nur auf Corona zurückzuführen. «Manche Firmen befanden sich auch einfach am Ende ihres Lebenszyklus», so Fueglistaller. Genaue Zahlen zu den direkten Auswirkungen der Pandemie sind derzeit noch nicht erhältlich, wohl sind jedoch die Auswirkungen in vielen Branchen massiv gewesen (siehe unten).

Neue Herausforderungen Auf der anderen Seite gebe es jene KMU, die den widrigen Umständen trotzen und sich durch die Krise durchschlagen konnten, selbst wenn sie heute wiederum vor grossen Herausforderungen stehen. «Nachdem sie Corona gemeistert haben, müssen sie mit Lieferkettenproblemen, hohen Energiekosten und einem anhaltenden Fachkräftemangel fertig werden», so Fueglistaller. Die Probleme werden damit nicht kleiner.

Drei Viertel der Schweizer KMU sind Kleinstunternehmen.   ADOBE STOCK

Dass viele KMU hierzulande trotz allem erfreulich unterwegs sind und in den vergangenen Monaten sogar einen grossen Teil der finanziellen Überbrückungshilfen des Bundes zurückzahlen konnten, liegt zu einem wesentlichen Teil an der Struktur der KMU. So zählte das BFS 2019 insgesamt 601 400 kleine und mittlere Unternehmen mit maximal 249 Beschäftigten. Bei rund drei Viertel davon, sprich gut 450 000 Firmen, handelt es sich um Kleinstunternehmen, bestehend aus einer bis drei Personen – von der Barbetreiberin über Treuhänder, Webdesigner bis zur Tätowiererin. «KMU werden häufig als Rückgrat der Schweizer Wirtschaft bezeichnet. Ich bevorzuge ein anderes Bild: Sie sind schnell, flexibel, experimentierfreudig. Deshalb sind sie für mich wie der Tast-

sinn der Wirtschaft», sagt Fueglistaller. In den vergangenen Krisenmonaten hat sich diese hohe Flexibilität und Schnelligkeit nun ausgezahlt.

Vorausschauendes Denken Weil den KMU allerdings oftmals die Marktmacht fehlt, um höhere Preise durchzusetzen, ist darüber hinaus gutes Verhandlungsgeschick gefragt – und vorausschauendes Denken. «Erfolgreiche KMU planen behutsam und denken genauso operativ wie auch strategisch», sagt Fueglistaller. Nicht umsonst sind gemäss dem Staatssekretariat für Wirtschaft Seco auch nach der Pandemie und einem deutlich erhöhten Finanzierungsbedarf rund 37 Prozent aller Betriebe in der Schweiz ausschliesslich eigenfinan-

ziert. Es erstaunt daher kaum, dass zahlreiche Firmeninhaberinnen und -inhaber in den Krisenmonaten für sich selbst Lohneinbussen in Kauf genommen haben, um die Belegschaft halten zu können. «Ich kenne viele Unternehmerinnen und Unternehmer, die kaum etwas verdient haben, damit sie die Löhne zahlen konnten. Denn sie sind und waren überzeugt, dass der Wind wieder drehen wird», ergänzt er. Entsprechend optimistisch ist der KMU-Experte denn auch für die Zukunft der hiesigen Betriebe. «Viele KMU haben sich in der Krise angepasst, sind sehr fit und agil und schliessen sich, wenn nötig, mit anderen Firmen zusammen», sagt er. Dies seien beste Voraussetzungen, um auch die aktuellen Herausforderungen gut zu überstehen.

So geht es drei besonders belasteten Branchen Gastronomie Die gastgewerblichen Betriebe mussten während der Corona-Krise knapp 700 Tage lang mit teils massiven Einschränkungen leben. «Die gastgewerblichen Umsätze brachen gemäss Daten von GastroSuisse und der Konjunkturforschungsstelle (KOF) in den Jahren 2020 und 2021 gegenüber 2019 um rund 40 Prozent ein», sagt GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer. Das entspreche einem wirtschaftlichen Schaden von über 20 Milliarden Franken. Angesichts dessen überrascht es nicht, dass die Prognosen für das erste Halbjahr 2022 gemäss der «Konjunkturumfrage Gastgewerbe» der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich noch durchzogen ausfiel. So erwarteten 38,9 Prozent der Betriebe eine ­Verbesserung der Geschäftslage, wobei fast genauso viele keine Veränderung

(35,7 Prozent) und 28,0 Prozent gar eine Verschlechterung befürchteten. Mittlerweile ist in der Branche aber wieder Optimismus zu spüren. Für eine verbindliche Prognose sei es allerdings noch zu früh. «Zu den Umsatzentwicklungen der letzten Wochen liegen uns nämlich noch keine Angaben vor», so Platzer. Hotellerie Die weltweit eingeschränkte Reise­ tätigkeit sowie die veränderten Voraussetzungen bei den Geschäftsreisen machen der Schweizer Hotellerie nach wie vor zu schaffen. So liegt das Niveau der verzeichneten Übernachtungen weiterhin unter dem Vorkrisenniveau. «Im Februar 2022 wurden 15 Prozent weniger Logiernächte verzeichnet als vor der Krise (Februar 2020)», sagt HotellerieSuisse-Sprecher Vinzenz van den Berg. Vor allem die grossen Städte wie Ba-

sel, Zürich, Lausanne, Genf und Bern seien besonders stark von der Krise betroffen. «Insgesamt verzeichneten die Betriebe in diesen Städten im Februar 2022 durchschnittlich 40 Prozent weniger Logiernächte als noch im Februar 2020.» In den klassischen Tourismus­ regionen fehlen hingegen noch 5 Prozent im Vergleich zu vor der Krise. Der Ausblick für die Schweizer Hotellerie fällt derzeit noch zurück­ ­ haltend aus. Zwar hat die Branche im Verlauf der vergangenen zwei Jahre gezeigt, dass sie in der Lage ist, sich zu erholen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. «Die Erholung der Branche ist abhängig von einem Wechselspiel der vergleichsweise hohen Inlandnachfrage und einer langsamen Rückkehr der Fernmärkte», sagt van den Berg. Die Entwicklungen in den Fernmärkten seien ein wichtiger Faktor für

UNTERNEHMERPREIS

BUSINESS-ÖKOSYSTEME

ARBEIT AUF ABRUF

Fünf Firmen sind für den Prix SVC Wirtschaftsraum Zürich 2022 im Rennen.

Wie die Organisationsform die wirtschaftlichen Abläufe zukünftig verändern wird.

Die wichtigsten Fragen und Antworten bei dieser äusserst flexiblen Arbeitsform.

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INTERVIEW

Reto Bollhalder, Leiter SBB Geschäftskunden, über die mobile Schweiz der Zukunft. Seite 6

Fitness- und Gesundheitscenter Der Anfang März verkündetet Konkurs des Kieser-Filiale in der Zürcher City hat weitherum für Aufsehen gesorgt. «Der Fall zeigt klar auf, dass für unsere Fitnessunternehmen die Corona-Krise noch lange nicht ausgestanden ist», sagt

Impressum

Inhalt

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den hiesigen Tourismus, doch bleibe die Nachfrage aus wichtigen Fernmärkten momentan nach wie vor fast aus. «Aus China konnten im Februar 2022 beispielsweise nur 14 Prozent der Logiernächte von Februar 2020 verzeichnet werden», ergänzt er. Aufgrund des Rückgangs des Geschäftstourismus und des mehrheitlichen Ausbleibens der aussereuropäischen Touristen wird die Erholung in den Städten noch länger dauern. «Es ist zu erwarten, dass das Vorkrisenniveau frühstens 2023 erreicht werden kann.»

DIE NEUE REALITÄT

GESCHÄFTSAUFGABE

Hilfreiche Tipps für KMU zu fünf essenziellen Themen der digitalen Transformation.

Welche Punkte Sie bei einer Liquidation unbedingt berücksichtigen sollten.

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Seite 11

KMU_today ist eine Verlagsbeilage des Unternehmens NZZ. Inhalt realisiert durch NZZ Content Creation. Verlagsbeilagen werden nicht von der Redaktion produziert, sondern bei NZZone von unserem Dienstleister für journalistisches Storytelling. Projektmanagement NZZ Content Creation: Roberto Stefano (Inhalt) und Sara Sparascio (Layout); NZZone, c/o Neue Zürcher Zeitung AG, Falkenstrasse 11, Postfach, 8021 Zürich nzzcontentcreation.ch

Claude Ammann, Präsident des Schweizer Fitness- und Gesundheitscenter-Verbands. Laut Ammann würden die Wirtschaftshilfen sowie die in allen Kantonen in unterschiedlicher Höhe ausbezahlten Härtefallgelder den entstanden Schaden in keiner Weise decken. «Hinzu kommen nun noch die Begehrlichkeiten der Kunden auf Gutschriften für die geschlossene Zeit, auf die man als Dienstleister praktisch eingehen muss, um den Kunden nicht ganz zu verlieren», sagt er. Diese Gutschriften sind ein grosser Posten, für welche die Firmen selber aufkommen müssen. Der Ausblick des Verbandspräsidenten für die nächsten Monate fällt zurückhaltend aus. Die entfallenen respektive nach hinten geschobenen Einnahmen könnten gemäss Ammann im Sommer wegen der angespannten Situation der letzten zwei Jahre zu einem Liquiditätsengpass führen.

NZZ-Inhalte neu auf KMU_today NZZ Syndication macht es möglich: Anfang April konnte KMU_today sein journalistisches Angebot ausweiten. Neu finden die Leserinnen und Leser auf der serviceorientierten KMU-Plattform täglich exklusiv kuratierte Inhalte aus Medien des Unternehmens NZZ − eins zu eins sowie kostenlos konsumierbar. «KMU_today – News und Infos zu Businessthemen für Schweizer KMU und Startups» ist eine Onlineplattform der NZZ, gemeinsam betrieben und vermarktet von audienzz und NZZone. kmutoday.ch/nzz


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NZZ-Verlagsbeilage

Freitag, 8. April 2022

Diese Finalisten sind im Rennen um den Zürcher Unternehmenspreis Prix SVC Am 20. September 2022 wird im Kongresshaus Zürich zum achten Mal der Prix SVC Wirtschaftsraum Zürich vergeben. Aus gut 100 Unternehmen der Region hat die siebzehnköpfige Expertenjury die nachfolgenden fünf Firmen für den KMU-Preis nominiert. Träger und Initiant der Prix SVC Verleihungen, die inzwischen in acht Wirtschaftsregionen im Zweijahrestakt durchgeführt werden, ist der Swiss Venture Club (SVC), ein unabhängiger Verein zur Förderung und Unterstützung von KMU in der Schweiz.

PLANZER

Zustelldienst mit Zusatzservice Mit einem neuen Paketdienst ist Planzer 2018 ins kompetitive Privatkundengeschäft eingestiegen. Dabei setzt der Logistikdienstleister auf das breite Standortnetz aus dem Stückguttransport, welches über die Bahn nachhaltig miteinander verbunden ist.

Die Pakete werden nicht mehr gestapelt, damit sie nicht beschädigt werden.

Seit vier Jahren sind die beigen Lieferwagen mit dem roten Planzer-Schriftzug auf den Schweizer Strassen zu den Privatkunden unterwegs, und bereits ­ sind sie nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken. «Ich werde viel auf die Fahrzeuge mit dem neuen Logo angesprochen», sagt Nils Planzer, CEO und Miteigentümer des Logistikdienst­ leisters mit Sitz in Seewen. Dabei sei das Markenzeichen des Planzer-Paketdienstes eigentlich gar nicht neu, sondern vielmehr retro. «Wir haben für das neue ­Angebot jenes Firmenzeichen gewählt, das bereits mein Grossvater eingeführt hatte», erklärt der Planzer-Chef, der das

ROBERTO CONCIATORI

Familienunternehmen in der dritten Generation führt. Gar nicht retro ist die Art und Weise, wie die Pakete in den Transportern auf Regalen liegen, an dem vom Computer festgelegten Platz und mit einem Barcode gekennzeichnet für die Sendungsverfolgung. Der Grund für diese relativ aufwendige Form der Beladung ist einfach: «Für immer mehr Versender stellt auch die Verpackung ein Unterscheidungsmerkmal dar», so Planzer. Entsprechend dürften auch die Schachteln und Kartons nicht beschädigt werden. Zudem würden mit dem E-CommerceBoom deutlich mehr Pakete mit einem

sensiblen Inhalt versandt. «Die Güter werden heute nicht mehr gestapelt. Deshalb bezeichne ich unsere Lieferwagen inzwischen vielmehr als fahrende Lager. Die schonendere Transportform gehört zu jenen Zusatzdienstleistungen, mit denen sich Planzer gegenüber der starken Konkurrenz durch in- und ausländische Zustellfirmen abheben will – genauso wie weitere Zusatzservices, beispielsweise eine persönliche Beratung. «Bei Fragen werden unsere Kunden nicht von einer Computerstimme abgefertigt, sondern von einem regionalen Ansprechpartner unterstützt», erklärt Planzer. Noch weiter geht der «Planzer Homeservice», der neben der Lieferung an die Kunden auch die Montage von Möbeln oder die Installation von Geräten umfasst. Von den Mitarbeitenden in diesem Bereich sind entsprechend zusätzliche Fähigkeiten gefragt. Alles in allem stehen bei Planzer im Paketservice inzwischen 200 Lieferwagen sowie 300 Personen im Ein-

satz. In Zukunft soll die Zahl auf 300 Transporter und 600 Mitarbeitende steigen.

Nur noch letzte Meile mit Lastwagen Das eigentliche Kerngeschäft von Planzer bleibt aber der Stückguttransport im In- und Ausland. Dazu unterhält das Familienunternehmen mit über 5300 Mitarbeitenden insgesamt 59 Standorte in der Schweiz sowie einzelne Stützpunkte in Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Liechtenstein und Hongkong. Das weit verzweigte Netz in der Schweiz nutzt der Logistikdienstleister für eine möglichst nachhaltige Verteilung der Güter. «Man spricht viel von Citylogistik. Genau das ist es, was wir hier bereits seit Jahren umsetzen», erklärt Planzer anlässlich der Besichtigung des Verteilzentrums in Zürich-Altstetten. Mit der Bahn gelangt die Fracht in die Umschlaghalle, wo sie für die Fein-

verteilung in der Stadt Zürich und Umgebung auf die entsprechenden Lastwagen umgeladen wird. Am Abend verlassen die Sendungen aus der Region den Standort dann wieder auf der Schiene. «Auch wir setzen zum Teil Elektrolastwagen ein für die Zustellung der Güter. Einen deutlich grösseren Einfluss auf die Nachhaltigkeit in unserem Unternehmen haben jedoch die regelmässigen Bahntransporte», erklärt Planzer. Bereits erfolgen 60 Prozent der Transporte auf der Schiene, rund 300 Eisenbahnwagen sind pro Nacht für den Logistiker unterwegs. Zukünftig soll dieser Anteil auf 70 Prozent erhöht werden. «Wir setzen nur auf der letzten Meile Lastwagen ein.» Und auch das nicht immer: In Zermatt nutzt Planzer für die Auslieferung von Kleinpaketen Pferd und Wagen – ganz retro und im Stil des Grossvaters. planzer.ch

KYBURZ SWITZERLAND

Elektromobile mit drei Leben Das KMU aus Freienstein ist bekannt für die dreirädrigen Zustellfahrzeuge der Post. Doch Kyburz hat noch mehr zu bieten: Dank Innovation, Freude und einem Fokus auf Nachhaltigkeit ist es heute bereits der grösste Schweizer Hersteller von Elektrofahrzeugen. Am Ende des Besuchs bei Kyburz Switzerland am Hauptsitz in Freienstein ­begleitet uns «Stine» aus der alten Spinnerei, in welcher der Hersteller von Elektrofahrzeugen für Zustellund Industriebetriebe, Gemeinwesen sowie Privatpersonen einen Showroom und ein Lager mit Werkstatt unterhält. Bei «Stine» handelt es sich um ein vierrädriges Elektromobil mit Kabine, im Volksmund auch als Seniorenwagen bekannt. Anders als jene Elektroautos, die seit der Gründung durch Martin Kyburz im Jahr 1991 auf den Schweizer Strassen unterwegs sind, ist dieses in markantem Grün gehalten, verfügt über einen auffälligen Aufbau mit Kameras und Sensoren – und ist gänzlich ohne Fahrer unterwegs. Einen Testbetrieb im Alltag hat das autonome Fahrzeug bereits hinter sich. «Unsere Versuchsperson, eine stark sehbeeinträchtigte Frau, konnte ihre Mobilität damit wieder deutlich ausweiten und war entsprechend glücklich», sagt Erik Wilhelm, Leiter Forschung bei Kyburz. In Zukunft soll der autonome Personentransporter für die letzte Meile nicht nur bei Privatpersonen zum Einsatz kommen, sondern darüber hinaus

beispielsweise auch Busse auf wenig ausgelasteten Strecken ersetzen. Dabei dürfte die neue, hauseigene Software «Kyburz Fleet» zum Einsatz kommen. Das Hersteller-unabhängige Tool für die Flottenbewirtschaftung zeigt, wie und welche Vehikel für einen Auftrag unterwegs sind und verbessert gleichzeitig ihre Sicherheit und Performance während des Gebrauchs. Ein umfassender Service sowie ein zuverlässiger Unterhalt der Fahrzeuge gehören von Anfang an zu den Kernanliegen von Kyburz. Hinzu kommt die Anpassung der Vehikel an die spezifischen Wünsche der Kunden. Dank dieser Strategie ist es dem ElektromobilSpezialisten gelungen, zahlreiche Gemeinden und Postbetriebe weltweit mit Elektrofahrzeugen auszustatten und in vier Ländern – unter anderem in der Schweiz – sogar zum Marktführer zu avancieren. Hierzulande prägen die gelben, dreirädrigen Vehikel den Alltag, seit das Unternehmen im Jahr 2010 die ersten Zustellfahrzeuge an die Post übergeben hat. Derzeit liefert die Firma Cargovehikel mit einem geräumigen Kistenaufsatz an den gelben Riesen, nachdem sich die Post dazu entschieden

hat, die Pakete in urbanen Agglomerationen wieder zusammen mit den Briefen auszuhändigen.

Einzigartiges Recyclingsystem Neben Innovation sind Freude und Nachhaltigkeit wichtige Pfeiler im Leitbild von Kyburz. Letztere zeigt sich insbesondere im Multilife-Konzept der Firma, mit dem die Ökobilanz der Dienstleistungen und Produkte verbessert wird: Statt ein Fahrzeug am Ende seiner Lebenszeit zu verschrotten, nimmt es Kyburz zurück, bereitet es auf und bringt es als 2ndLife-Fahrzeug wieder auf den Markt. Wenn auch dessen Zyklus vorbei ist, ermöglicht Kyburz den eingebauten Batterien ein drittes Leben als Energiespeicher. Erst wenn auch diese Einsatzmöglichkeit ausgeschöpft ist, werden die Batterien ausrangiert. Für das Batterienrecycling hat das Unternehmen zusammen mit der Empa ein einzigartiges Recyclingsystem entwickelt und dazu eine innovative InhouseAnlage in Betrieb genommen. «Damit können wir 91 Prozent der Rohstoffe in einem Akku ohne Einsatz von Chemikalien zurückgewinnen und in den Ma-

terialkreislauf zurückführen», so Kyburz-Projektleiter Olivier Groux. Er ist einer von mittlerweile über 170 langjährigen Mitarbeitenden, viele von ihnen stammen ebenfalls aus der Region um Freienstein, die mit Freude beim KMU tätig sind. Hier zeigt sich auch der Einfluss von Firmengründer Martin Kyburz, der das Unternehmen zusammen mit seinem Team mit viel

Enthusiasmus weiterbringt. «An Ideen hat es uns nie gefehlt. Vielmehr müssen wir uns manchmal etwas bremsen, damit wir unseren Fokus halten und so in der Zukunft weiterhin erfolgreich arbeiten können», sagt Flurin Vicentini, Geschäftsführer Service bei Kyburz. kyburz-switzerland.ch

Seit 2010 beliefert Kyburz die Post mit ihren elektrischen Zustellfahrzeugen.

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G. BOPP + CO

Metallgewebe für Smartphones und Co. Seit über 100 Jahren produziert die G. BOPP + Co. AG ausschliesslich Gewebe aus Drähten in den unterschiedlichsten Grössen. Deren Einsatzgebiet ist so vielfältig, dass die Produkte aus Zürich-Affoltern gar den Weg auf den Mond fanden. Die Fassade am Sitz der G. BOPP + Co. AG in Zürich-Affoltern liefert einen Hinweis darauf, worauf sich die 1881 gegründete Firma spezialisiert hat. Ein Drahtgewebe umhüllt das Gebäude, Drahtgewebe, wie es in unterschiedlichster Feinheit in zahlreichen Branchen – von der Automobil- und Fahrzeugindustrie und Solartechnik über die Unterhaltungselektronik bis hin zur Medizinalund Raumfahrttechnik – zur Filtration, für den Siebdruck, für die Akustik und viele andere Anwendungen zum Einsatz kommt. «Unsere Produkte sind in allen Branchen zu finden, auch wenn es viele nicht wissen», sagt BOPP-Verwaltungsrat David Rolny sichtlich stolz. So erreichten beispielsweise im Rahmen des ApolloProgramms der NASA bis 1972 hunderte Filter aus dem Hause BOPP den Mond. Enthusiastisch erzählt Rolny auch von einer aktuelleren und deutlich alltäglicheren Anwendung der Drahtge-

webe: in Smartphones. «Weltweit gibt es nur eine Handvoll Anbieter, welche die geforderten Standards erfüllen können. Dabei deckt wohl kein anderes Unternehmen den gesamten Prozess, von der Herstellung des Gewebes bis zur Konfektionierung, ab», erklärt er. Die grosse Bedeutung der Drahtgewebe aus Zürich-Affoltern in den unterschiedlichsten Verwendungsbereichen zeigte sich zuletzt auch in der Corona-Pandemie. Weil die Produkte des Familienunternehmens eine wichtige Funktion in den Labors erfüllten und weiterhin erfüllen, wurde das KMU unter anderem in den USA und in der Schweiz von den Behörden als systemrelevant eingestuft.

Eigene Weberei im Appenzell Bis die Produkte allerdings passgenau für die einzelnen Anwendungen bereitstehen, sind zahlreiche Bearbeitungs-

schritte nötig – angefangen bei der Herstellung des «Stoffes». Wie Textilien werden auch die Drahtgewebe aus feinen Fäden – in diesem Fall aus Metall – gewoben. Dies geschieht bei der Firma BOPP, die Niederlassungen unter anderem in China oder Korea betreibt, nach wie vor in der Schweiz am traditionellen Webereistandort in Wolfhalden im Appenzell. Hier verarbeiten insgesamt 150 Webmaschinen Drähte, die zum Teil dreimal dünner sind als ein menschliches Haar. Von 870 Spulen laufen die Fäden zusammen und ergeben ein Gewebe, das von seiner Haptik her zum Teil kaum noch von einem Stoff aus Baumwolle zu unterscheiden ist. Für die weitere Bearbeitung gelangen die Metallgewebe in langen Bahnen an den Hauptsitz in Zürich. Dort bringen sie die Mitarbeitenden in die von den Kunden gewünschte Form, sei dies durch Stanzen, Schneiden oder Pressen. In ther-

FALU

Wattestäbchen für die Welt FALU aus Rüti baut Maschinen zur Herstellung und Verpackung von Wattestäbchen und -pads. Das Unternehmen beliefert damit Kunden auf der ganzen Welt. Zum Service gehört eine lebenslange Ersatzteilelieferung zu den Anlagen. Wer sich beim Anblick eines Wattestäbchens schon immer gefragt hat, wie denn

die Watte auf die beiden Enden des Trägerstäbchens kommt, erhält bei FALU

Die SVC-Jury bestaunt eine Wattestäbchen-Produktionsanlage von FALU.

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in Rüti die Antwort. Seit 1965 stellt das Unternehmen mit heute 20 Mitarbeitenden Maschinen zur Produktion von Wattestäbchen und -pads für den globalen Markt her. Wattebahnen werden in Sekundenschnelle verarbeitet und auf die heute üblichen Träger aus Zellulose aufgewickelt, wobei auch diese Träger ab einer Papierrolle in derselben Linie hergestellt werden: eine Weltneuheit. Pro Sekunde spuckt die Maschine gut 50 Stück aus, exakt aufgereiht in mehreren Lagen, um sogleich in die vorgesehene Verpackung verstaut zu werden − nicht nur für die Reinigung der Ohren. «Viele Leute verwenden die Endprodukte auch für Kosmetikanwendungen. Weitere wichtige Abnehmer sind die Elektronik- oder die Medizinalbranche», erklärt Guy Petignat, Chef und ­Co-Inhaber von FALU. Einen Boom erlebte der Anlagenbauer zuletzt durch die Corona-Pan-

SOUTH POLE

Kampf der Klimaerwärmung Die Zürcher Firma South Pole fördert weltweit Projekte, die helfen, Treibhausgase zu reduzieren. Zudem unterstützt sie CO�-Verursacher mit Beratungsdienstleistungen. Noch nie war die Firma so gefragt wie heute. Vielen Schweizer Jungunternehmen wird vorgeworfen, dass sie sich zu stark auf den Heimmarkt fokussieren, statt über die Grenzen zu blicken und global zu denken. Nicht so South Pole. Als das Klimaschutzunternehmen 2006 mit fünf Mitarbeitenden startete, arbeiteten drei von ihnen in China, Thailand und Mexico. Kommuniziert wurde, lange vor Corona, hauptsächlich digital. Inzwischen ist aus dem fünfköpfigen Team ein Unternehmen mit über 800 Angestellten in 19 Ländern geworden. Geblieben ist die Bestimmung der Firma, mit Klimaschutzprojekten und Beratungen in Sachen Nachhaltigkeit den Klimaschutz voranzubringen. «Der Treibhauseffekt ist wissenschaftlich seit über 20 Jahren unbestritten. Dennoch unternahm niemand etwas dagegen. Das wollten wir ändern», erinnert sich Renat Heuberger, Gründer und Chef von South Pole. Mit ETH-Studienkollegen hatte er

die Stiftung Myclimate gegründet, über die Reisende ihren CO2-Ausstoss freiwillig kompensieren konnten. Als Abspaltung daraus entstand wenige Jahre später South Pole. «Der Pinguin in unserem Logo ist sinnbildlich dafür, dass wir gegen das Schmelzen der Eisberge am Südpol ankämpfen wollen», so Heuberger. So unterstützt die Firma mit Sitz im Zürcher Technopark fast 1000 Projekte in über 50 Ländern, die Treibhausgase einzusparen helfen. Die Vorhaben reichen von der Förderung von erneuerbaren Energien in China über den Schutz von Regenwald im Kongo bis hin zur Revitalisierung von landwirtschaftlichen Böden in Deutschland. Dabei handelt es sich nicht immer um South-Pole-eigene Vorhaben. Das Unternehmen hilft auch Partnern bei der Identifizierung, Umsetzung und Überwachung wirksamer und seriöser Projekte, die Treibhausgasemissionen vermeiden, mindern oder binden.

Finanziert werden diese Projekte zum Teil über Zertifikate, die CO2-Verursachern verkauft werden. Die einzelnen Projekte wiederum werden nach internationalen Standards von unabhängigen Drittorganisationen überprüft. Verkauft wird in Form von Zertifikaten nur tatsächlich eingespartes CO2.

Vor dem Versand durchlaufen die Produkte eine optische Kontrolle.

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mischen und chemischen Prozessen werden die Produkte bei Bedarf veredelt, bevor sie eine optische und mechanische Kontrolle durchlaufen und für den Versand an die Abnehmer bereit gemacht werden – von einzelnen Prototypen bis hin zu ganzen Serienfertigungen. So hat das Unternehmen im Jahr 2021 rund eine Million Quadratmeter Metallgewebe fabriziert und in Form gebracht. Die G. BOPP + Co. AG wird aktuell in der vierten Generation geführt, beschäftigt weltweit 450 Mitarbeitende, ­davon sind 200 in der Schweiz tätig. Derzeit findet eine Erneuerung der Ge-

schäftsleitung statt, wobei das Unternehmen hauptsächlich auf interne Lösungen setzen kann. Seit dem Jahr 2015 konnte der jährliche Umsatz auf 59 Millionen Franken verdoppelt werden, womit das beste Ergebnis in der langjährigen Geschichte des Metallverarbeiters erzielt wurde. Ein Ende des Aufwärtstrends ist laut David Rolny nicht in Sicht, so dass die über 100-jährige Erfolgsgeschichte noch gerne ein weiteres Jahrhundert fortgesetzt werden dürfte.

demie und die Produktion der Teststäbchen für die Covid-19-Tests.

Mitte 2021 in Kraft ist. Durch die neuen Vorschriften mussten nicht nur zahlreiche bestehende Maschinen umgerüstet werden, viele Kunden haben die Anlagen komplett erneuert. FALU nutzte die Gunst der Stunde, um sein Sortiment um einen zusätzlichen Produktionsschritt – die Herstellung der Zellulosestäbchen – zu erweitern. Nun bietet die Firma ihren Kunden in Zusammenarbeit mit einem türkischen Partner auch die entsprechenden Verbrauchsmaterialien an. Eine weitere Innovation wiederum befindet sich derzeit in Entwicklung. Weil Wattestäbchen von den Leuten trotz allem nach wie vor für die Reinigung der Gehörgänge genutzt werden, arbeitet FALU an einem neuen System, welches ausschliesslich zur Reinigung der Ohren geeignet ist und den Schmutz nach aussen transportieren soll. Hierzu kooperiert das Unternehmen mit Ohrenärzten sowie Firmen aus der Region. «Wenn immer möglich arbeiten wir mit lokalen Anbietern zusammen», so Petignat. Mit der neusten Innovation, dem weiteren Ausbau des Servicegeschäfts und ständig verbesserten Produktionsund Verpackungsmaschinen sieht sich FALU gewappnet für eine weiterhin erfolgreiche Zukunft.

Langjährige Partnerschaften mit globalen Kunden Als einer der wenigen Anbieter von automatischen Maschinen für die Herstellung und Verpackung von Wattestäbchen, Wattepads und Nonwovens-Baumwollprodukten beliefert FALU Kunden in mehr als 70 Ländern in der ganzen Welt vom Standort in Rüti aus. Dort ist auch das Ersatzteilelager untergebracht sowie eine eigene Werkstatt, in der wenn nötig ein fehlendes Element einer Anlage nachgebaut werden kann. Mit den Kunden bestehen langjährige Partnerschaften, die der Firmenchef persönlich pflegt; nahe am Markt findet sich auch die Inspiration zur Verbesserung der Produktionsanlagen. Gleichzeitig hat das Service- und Reparaturengeschäft traditionellerweise bei FALU eine starke Bedeutung, schliesslich gewährt das KMU seinen Kunden eine lebenslange Lieferung von Ersatzteilen. «Wir erhalten hin und wieder Reparaturanfragen für Maschinen, die älter sind als die Mitarbeitenden, welche die Anfragen bearbeiten», sagt Petignat. Besonders viele Anfragen gehen beim Anlagenbauer ein, seit sich die EU 2018 auf ein Verbot von Plastikstäbchen geeinigt hatte, das seit

die Corona-Pandemie den Trend nicht stoppen konnte. Vielmehr verzeichnete das Klimaschutzunternehmen in den vergangenen zwei Jahren sein stärkstes Wachstum. Mittlerweile nehmen rund 3000 Firmen die Beratungsdienstleistungen von South Pole in Anspruch, unter ihnen Grosskonzerne wie Nestlé, UBS, Facebook oder Coca-Cola. Wer bei Digitec Galaxus ein Produkt kauft, kann die Umweltkosten, die damit verursacht werden, mit einem Klick kompensieren. Den CO2-Fussabdruck von tausenden Produkten der Onlineplattform hat South Pole berechnet.

bopp.com

falu.com

Das Ziel von South Pole ist es, in Zukunft mit 10 000 Kunden zusammenzuarbeiten. Dazu will das Unternehmen seine eigene Plattform digitalisieren und diese damit auch kleineren Kunden zugänglich machen. Daraus sollen sich auch neue Business-Cases ergeben. Schliesslich vermeiden die Firmen laut dem South-Pole-Chef mit einer klaren Klimastrategie nicht nur, ins Kreuzfeuer der Kunden und der Öffentlichkeit zu geraten, sondern verbessern auch ihr Geschäftsmodell. southpole.com

Beratung für 3000 Firmen Während sich die CO2-Kompensation und der Zertifikatehandel in den Anfangsjahren von South Pole einer steigenden Beliebtheit erfreute, brach die Nachfrage mit der Finanzkrise regelrecht ein. Es folgte eine jahrelange Durstperiode, die nur dank einer gehörigen Portion Idealismus überstanden werden konnte. Seit die Klimabewegung jedoch den Weg auf die Strasse gefunden hat, geht es auch mit South Pole stetig aufwärts – so sehr gar, dass auch

South Pole unterstützt fast 1000 Projekte, die Treibhausgase einzusparen helfen.

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«Viele Betriebe überdenken ihren Umgang mit der Mobilität» Reto Bollhalder, Leiter SBB Geschäftskunden bei SBB CFF FFS, über die Chancen nach den beiden Corona-Jahren, neue Arbeitsformen, innovative ÖV-Abonnements für Pendler und die mobile Schweiz der Zukunft. richtlinien werden angepasst. Als letzter Schritt in diesem Kreis wird die Wirkung der Massnahmen überprüft und diese gegebenenfalls weiterentwickelt. In diesem Managementprozess begleitet SBB Geschäftskunden die Unternehmen, soweit dies hilfreich und sinnvoll ist.

Seit dem 1. April ist die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr (ÖV) aufgehoben. Was bedeutet die Rückkehr zur neuen Normalität für den Geschäftskundenbereich der SBB? Reto Bollhalder: Es bedeutet für uns wieder mehr physische Interaktionen. Während der Pandemie waren wir in erster Linie digital mit unseren Kunden im Kontakt.

Wie wichtig ist multimodale Mobilität? Multimodale Reisen sind weit verbreitet. Wo früher entweder Auto oder ÖV gelebt wurde, ist heute die Kombination der Verkehrsmittel weit verbreitet. Je nach Situation setzen Reisende das passende Verkehrsmittel ein und verschiedene Verkehrsmittel werden kombiniert. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Park+Rail, wo am Bahnhof parkiert wird und die grosse Distanz mit dem Hauptverkehrsmittel Zug zurückgelegt wird. Dieser Trend wird sich verstärken, weil in den Ballungszentren meist nicht genügend Parkplätze zur Verfügung gestellt werden können und generell knappe Platzverhältnisse Alternativen fordern.

Welches sind zurzeit die grössten Herausforderungen? Die Kunden zurückzugewinnen. Das Gesamtverkehrsvolumen hat während der Pandemie nicht abgenommen – es hat sich auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) verlagert. Unser Ziel ist es, Verkehrsanteile vom MIV wieder in den ÖV zu verlagern. Welche durch die Pandemie bewirkten Veränderungen sind bleibend? Die neuen Arbeitsformen, flexibleres und ortsunabhängiges Arbeiten, HomeOffice oder «work anywhere» werden aktiver und bewusster gelebt. In den Kundengesprächen zeigt sich, dass ÖVAbos weiterhin genutzt werden. Zwar teilweise weniger oft – jedoch lohnt sich das Abonnement in den meisten Fällen ab zwei bis drei Fahrten pro Woche weiterhin. Dies den Kunden aufzuzeigen ist eine Kernaufgabe. Wie haben die SBB die beiden CoronaJahre genutzt, um Innovationen zu entwickeln und umzusetzen? Ich kann hier nicht für die ganze SBB ­reden, es gibt verschiedene grosse ITProjekte, die wir vorantreiben. Bei SBB Geschäftskunden haben wir die Zeit vor allem für die Weiterentwicklung unserer Kenntnisse rund um die Gesamtmobilitätsberatung genutzt. Wir waren und sind aber auch während der ganzen Pandemiezeit für unsere Firmenkunden da und haben sie beraten und bei Fragen oder Problemen aller Art unterstützt. Welche Neuheiten gibt es im Geschäftskundenbereich? In den Beratungen setzen wir neue Tools ein. Diese ermöglichen analytische Auswertungen über die Pendelwege und die bestgeeigneten Verkehrsmittel – vom Auto über den Zug bis zum Velo –, auch kombiniert! Und wie steht es mit flexiblen Abos für Pendler? Es laufen im Augenblick diverse Pilotprojekte, bei denen getestet wird, wie neue Angebote den geänderten Kundenbedürfnissen zukünftig noch besser gerecht werden. Zum Beispiel das ÖVGuthaben: Dort kauft der Kunde ein Guthaben für Billette und bekommt dafür einen höheren Gegenwert. 800 Franken bezahlen – für 1000 Franken Einzelbillette beziehen. Auch in verschiedenen Tarifverbundgebieten laufen Tests, etwa bei der Mobilis mit dem Flexi-Abonnement. Dort kann der Kunde wählen, ob er an 104 oder 156 Tage im Jahr sein Abo benützen möchte. Gibt es weitere Bestrebungen von Seiten des ÖV, um Pendlerströme besser zu steuern? Das Entlasten der Hauptverkehrszeiten war schon vor der Pandemie eine Aufgabe von SBB Geschäftskunden, seit der Lancierung im Jahre 2015 setzen wir uns für flexible und ortsunabhängige Arbeitsformen ein. Über Vorteile dieser Arbeitsweisen beraten wir unsere Firmenkunden also schon eine Weile. Das neue Buzzword heisst «ganzheitliche Mobilität». Was versteht man darunter? Unter ganzheitlicher Mobilität versteht SBB Geschäftskunden die Gesamtsicht auf die Mobilität eines Unterneh-

Oft ist der Zug für die Strecke von Stadt zu Stadt die schnellste Option.   FOTOS: SBB

mens unter Einbezug des öffentlichen ­Verkehrs ÖV, des motorisierten Individualverkehrs (MIV) und des Muskelverkehrs – und ­ natürlich der Kombinationen daraus – der multimodalen ­Mobilität. Beleuchtet werden die Bereiche der ­betrieblichen Mobilität, geschäftlicher Fahrten, der Pendlermobilität sowie der ­Kundenmobilität. Eine weitere wichtige Dimension der ­gesamtheitlichen ­Betrachtung der Mobilität sind die zeitliche und örtliche Flexibilität der Arbeit und die damit verbundenen Einflüsse auf den Mobilitätskonsum. Worin liegen die Vorteile? Die Vorteile dieser gesamtheitlichen Betrachtung liegen insbesondere d ­ arin, dass Bedürfnisse von Arbeitgebern und von Arbeitnehmern berücksichtigt werden. Folgendes Beispiel verdeutlicht dies: Pendlerwege gelten grundsätzlich als private Angelegenheit. Beim ­Pendeln mit dem Auto ist der Arbeitgeber aufgrund des Parkplatzbedarfs trotzdem direkt betroffen. Indem Parkplätze optimal und fair zugeteilt werden und Alternativen mit dem ÖV dazu angeboten werden, profitieren sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer.

«Unser Ziel ist es, Verkehrsanteile vom motorisierten Individualverkehr wieder in den öffentlichen Verkehr zu verlagern.»

Welche Visionen hat die SBB zur ganzheitlichen Mobilität? Das passende Verkehrsmittel soll zum ­jeweiligen Zweck eingesetzt werden. Dabei gilt es, ÖV und MIV und Muskelverkehr gut zu kombinieren. Die Vision von SBB Personenverkehr ist diesbezüglich, geeignete Konzepte und Angebote in die Mobilitätskette einzubinden und den Nutzern zugänglich zu machen. Wo stehen wir heute? SBB Personenverkehr leistet bereits einen Beitrag zur kombinierten Mobilität. Wo es nicht möglich ist, den ganzen Weg mit dem ÖV sinnvoll abzu­decken, werden für die erste Wegetappe Alternativen vorgeschlagen. Ein Beispiel dafür sind Parkplätze für ÖV-Nutzer an Bahnhöfen, also Park+Rail. Am Zielort stehen Fahrzeuge von Mobility für die letzte Wegetappe bereit. Dieses Konzept wird konsequent ausgebaut. Unter anderem werden Parkplätze sukzessive reservierbar und auch die Flotte von MobilityFahrzeugen wird laufend erweitert.

Reto Bollhalder Leiter SBB Geschäftskunden bei SBB CFF FFS

Was bedeutet die Rückkehr in den ­«normalen Alltag» für die ganzheitliche Mobilität? Viele Firmen überdenken ihren ­Umgang mit der Mobilität – und zwar für g­ eschäftliche Fahrten und fürs Pendeln. In vielen Branchen werden aufgrund der Zunahme von Home-Office weniger Pendelwege geleistet. Das führt zur Frage, wie weit sich bestehende Nutzungskonzepte wie zum Beispiel ­ Parkplatzvergaben oder Kostenbeteiligungen an ÖV-Abos noch bewähren. Unternehmen entscheiden sich nun öfters dazu, die Vorgaben den neuen Gegebenheiten anzupassen. Welche Konzepte für ganzheitliche ­Mobilität haben die SBB und wie beraten Sie Ihre Kunden? Von der Analyse bis zur Einführung von Neuerungen im Mobilitätsverhalten sind grundsätzlich vier Schritte sinnvoll. Im ersten Schritt der Analyse wollen wir im Gespräch mit dem Firmenkunden die Mobilitätssituation verstehen. Wo drückt der Schuh? Dabei geht es um die Erreichbarkeit des Standorts für Arbeitnehmer und Kunden. Wichtig ist auch zu wissen, welche Mobilitätsformen das Unternehmen nutzt, um seine Firmentätigkeit auszuüben. Wie ist die Verteilung der Mobilität auf ÖV und MIV? Oft werden die Bedürfnisse der Mitarbeitenden mittels einer Umfrage aktiv abgefragt und einbezogen. Wie geht es dann weiter? Auf Basis dieser Analyse werden im zweiten Schritt zusammen mit der Firma Handlungsoptionen erarbeitet. Beispiels­ weise möchte das Unternehmen die R ­ eiserichtlinien auf den neuesten Stand bringen oder neue Mobilitätsformen anbieten? Sollen ÖV und MIV gleich­ berechtigt werden? Sollen Parkplätze bewirtschaftet werden? Wie werde ich zum attraktiven Arbeitgeber dank Lohnnebenleistungen in der Mobilität? Im dritten Schritt wird die Umsetzung der vereinbarten Massnahmen organisiert. Hier geht es zuerst darum, in der Firma die nötigen Entscheide festzulegen. Dann erfolgt die Umsetzung, zum Beispiel der Parkplatzbewirtschaftung, der Vergabe von ­Kostenbeteiligungen an die Mobilität, oder Reise- und Spesen-

Welche Bedeutung hat die letzte Meile und wie sehen die Konzepte für diese aus? Die Transportlösung am Zielort – eben die letzte Meile – ist entscheidend, ob das Auto für die ganze Strecke eingesetzt werden muss oder ob das Ziel auch mit ÖV oder einem Sharing-Angebot gut erreicht werden kann. Oft ist der Zug für die Strecke von Stadt zu Stadt die schnellste Option. Kombiniert mit Taxi oder Car-Sharing sind effiziente Lösungen einfach nutzbar. Weitere Alternativen sind Velo-Sharing wie Publibike. Welche Entwicklungen sind bezüglich des Konzepts «Auto auf die Schiene» zu erwarten? Park+Rail-Angebote werden ausgebaut. Zurzeit laufen Praxistests mit reservierbaren Parkplätzen. Die Digitalisierung verhilft hier zu praktischen Lösungen für die Nutzer. Darüber hinaus werden Parkplätze «elektrifiziert», sodass eben beim Parken auch gerade das Fahrzeug mit Strom aufgeladen werden kann. Wie wird die mobile Schweiz der ­Zukunft aussehen? Die Mobilität ist und bleibt im Wandel. Zum einen fordert die Klimasituation neue Konzepte. Zum anderen sind insbesondere für städtische und urbane Regionen flächeneffiziente Verkehrsmittel notwendig. Entsprechend wird in Ballungsgebieten die Nachfrage nach ÖV weiter steigen. Dies wiederum bedingt gute Anbindungen in die Regionen. Das kann mittels Park+Rail in Agglomerationen, aber natürlich auch durch Ausbau von ÖV-Angeboten oder sogenannten «on demand»-Angeboten wie Rufbus passieren. Interview: Denise Weisflog

SBB Geschäftskunden Ob Billette und Abos für Mitarbeitende, umfassende Mobilitätsberatungen oder erlebnisreiche Anlässe: Mit SBB Geschäftskunden gestalten Arbeitgeber die Mobilität ihres Unternehmens – mehr als 10 000 Stammkunden müssen es wissen. Auch können Geschäftsreisen so einfacher und besser messbar werden. Parallel dazu sind die Arbeitnehmer produktiver und somit profitabler. Darüber hinaus können Travelmanager oder rechnungsstellenverantwortliche Personen das Firmenkonto im SBB Businessmanager verwalten.


Freitag, 8. April 2022

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Business-Ökosysteme sind die Portale von morgen Viele sprechen nur darüber. Das FinTech-Unternehmen KLARA hat es umgesetzt und ein erfolgreiches Business-Ökosystem gebaut. Die wirtschaftlichen Abläufe werden sich durch diese Organisationsform in den nächsten Jahren weltweit stark verändern. OLIVIA BACHOFER

Der neue Modebegriff von Managern im Business-Kontext lautet «BusinessÖkosystem». Fälschlicherweise wird oft bereits von «Ecosystem» gesprochen, wenn zwei Unternehmen eine Kooperation eingehen. Dies gilt auch für digitale Plattformen und Marktplätze, die in den meisten Fällen im Hintergrund von einer einzigen Firma gelenkt und kontrolliert werden.

Kundenbedürfnis im Zentrum Business-Ökosysteme sind offen konzipiert. Im Zentrum stehen nicht Unternehmen, Produkte oder Dienst­ leistungen, sondern die Kundenbedürfnisse. Demzufolge werden BusinessÖkosysteme initialisiert, um neue und einzigartige Angebote von verschiedenen Akteuren in einem einzigen System bereitzustellen – und dies ohne Systembrüche. Es geht also um Wertversprechen, die von einzelnen Unternehmen nicht allein zur Verfügung gestellt werden können. Aus diesem Grund müssen verschiedene Akteure im System orchestriert werden. Business-Ökosysteme können geprägt sein von Symbiose, Kollaboration bis hin zu Wettbewerb. Sie erschaffen sich nicht von selbst. In der Realität, sagt Michael Lewrick, Experte auf dem Gebiet der digitalen Transformation und Autor des Buches «Business Ökosystem Design», müssten Akteure eines solchen Systems genau verstehen, wer potenzielle Ökosystempartner seien, welche Rollen sie einnehmen, welche Fähigkeiten sie einbringen würden und wie mit einer potenziellen Konkurrenzsituation umgegangen werden müsse. Glaubt man Michael Lewrick, ­werden in den nächsten zehn Jahren über 30 Prozent der weltweiten Umsätze ­in Business-Ökosystemen erwirtschaftet werden. Neben 15 bis 20 dominanten Business-Ökosystemen werde es zahlreiche nationale und regionale geben, die in Nischen oder bestimmten Regionen agierten. Aufgrund der aktuellen geopolitischen Lage gibt es hier auch vermehrt Marktchancen für Schweizer und Europäische Ökosystem Initiativen. Während die Entwicklung von Business-Ökosystemen in Europa noch in den Kinderschuhen steckt, lohnt sich der

Das KLARA Ecosystem ermöglicht die kommunikative Vernetzung zwischen Unternehmen, Behörden und Privatpersonen. PD

«BusinessÖkosysteme können geprägt sein von Kollaboration, Symbiose bis hin zu Wettbewerb.»

KLARA-CEO Renato Stalder. PD

Blick nach Nordamerika und vor ­allem nach Asien. «China zeigt eindrucksvoll, wie Unternehmen neue BusinessÖkosysteme realisieren, die schnell auf neue Kundenbedürfnisse reagieren und exponentiell wachsen», sagt Lewrick. Hierzu gehörten Unternehmen wie Tencent, Alibaba, aber auch traditionelle Unternehmen, die sich zu ­erfolgreichen Ökosystem-Orchestra­toren gewandelt hätten, wie zum Beispiel die Versicherung Ping An. In Nordamerika wegweisend seien die neuen Online-Händler wie Shopify oder Business-Ökosysteme von WeWork.

Richtige Einstellung und passende Methoden Aber auch in der Schweiz tut sich etwas. Das FinTech-Unternehmen KLARA hat in den letzten Jahren mit dem Versprechen, «das Büro einfach zu machen», ein erfolgreiches Business Ökosystem gebaut. «Das Beispiel zeigt, dass Business-Ökosystem-Initiativen in der Schweiz sehr erfolgreich initialisiert werden können, wenn mit dem richtigen Mindset und den passenden Methoden nicht nur das Wertversprechen gestaltet wird, sondern auch wie verschiedene Akteure bestmöglich orchestriert werden, um der Kundschaft integrierte Leistungen anzubieten», erklärt Lewrick. Bei KLARA reichen diese Leistungen von administrativen Aufgaben von KMU bis zu Angeboten, die helfen, die Bekanntheit zu steigern, Kunden zu binden oder Abläufe zu automatisieren. Wie das konkret aussieht, hat KLARA-CEO Renato Stalder Ende März an einem Medienevent eindrücklich an Fallbeispielen demonstriert. So lässt sich z.B. ein Versicherungsfall dank Vernetzung mit allen involvierten Akteuren mit wenigen Klicks und ohne lästige Medienunterbrüche in Kürze komplett verarbeiten. Dabei behält der di-

gitale Assistent stets die Gesamtsituation eines Unternehmens im Auge und weist mittels künstlicher Intelligenz auf nötige Entscheidungen hin, die getroffen werden müssen. Sind beispielsweise Dokumente in einer Fremdsprache verfasst, schlägt das System eine entsprechende Übersetzung vor; der Übersetzungsdienst Deepl ist in KLARAS Ökosystem voll integriert. Hat ein Lastwagenchauffeur an der Zapfsäule ein Problem, weil die Limite auf seiner Kreditkarte fürs Tanken nicht ausreicht, kann das Backoffice ohne Rücksprache in Echtzeit Geld von einer anderen Kreditkarte auf jener des Chauffeurs schieben. Hat der Chauffeur das Benzin mit der Kreditkarte bezahlt, fordert ihn die myKLARA-App unmittelbar nach der Zahlung auf, den Beleg mit der Smartphone-Kamera einzuscannen. Danach liegt dieser in der Buchhaltung zur automatischen Verbuchung bereit. Welcher Beleg zu welcher Transaktion gehört, erkennt KLARA dank künstlicher Intelligenz und sorgt auch gleich für eine korrekte Verbuchung im Hintergrund.

Datenhoheit bei den Kunden «Wir vereinfachen die Büro-Administration und vernetzen die Schweiz aktiv», erklärt Renato Stalder. KLARA ist 2016 mit der Vision gestartet, die Bürokratie abzubauen und Kleinstunternehmen von der administrativen Last zu befreien. Durch die Bündelung von Kompetenzen der involvierten Akteure mit dem Ziel, die gemeinsamen Kunden glücklich zu machen, konnten digitale Assistenten entwickelt werden, bei denen die Nutzenden zwar wissen müssen, was sie machen wollen, aber nicht, wie etwas genau funktioniert. Das Paradebeispiel ist die Buchhaltung. Eine Einzelunternehmerin kann mit KLARA ihre Einnahmen und Aus-

gaben ohne Kenntnis von Buchungssätzen problemlos verbuchen. Dabei unterstützt künstliche Intelligenz die Nutzer. Wie bei allen BusinessÖkosystemen gilt auch hier die Devise, je mehr Daten über das Netzwerk ausgetauscht werden, desto besser wird das Kundenerlebnis. Daten sind laut Lewrick das Öl im Getriebe von BusinessÖkosystemen. Sie können für die Gestaltung von neuen Produkten und Dienstleistungen genutzt werden oder senken den Aufwand der involvierten Akteure. Damit sorgen sie für die konstante Weiterentwicklung der Ökosysteme. Freilich muss deshalb sehr sorgfältig geprüft werden, wo die Kundendaten liegen und was damit geschieht. Bei KLARA liegen alle Daten in der Schweiz, und die Datenhoheit bleibt stets bei den Kunden. Das war zwar schon vorher so, mit der Übernahme der Aktienmehrheit durch die Schweizerische Post im September 2020 wurde die neutrale Rolle von KLARA als Orchestrator aber noch weiter gefestigt. Olivia Bachofer, Communications Officer bei KLARA Business AG.

KLARA Die KLARA Business AG mit Sitz in Luzern ist ein Tochterunternehmen der Post und Teil der Axon Gruppe. Sie wurde 2016 gegründet und beschäftigt rund 110 Mitarbeitende. Mittlerweile nutzen weit über 30 000 KMU und rund 80 000 Privatpersonen Dienstleistungen von KLARA. klara.ch


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NZZ-Verlagsbeilage

Freitag, 8. April 2022

Fünf Tipps für die neue Realität in KMU Die letzten Jahre haben die digitale Transformation enorm beschleunigt – und die Verunsicherung bei vielen KMU erhöht. Wie sollen sie sich aufstellen? Was gilt es zu beachten? Petja Rogelj, Leiterin KMU-Segment bei Cisco Systems (Switzerland), gibt hilfreiche Tipps zu fünf wichtigen Themen. In der neuen Realität der Wirtschaft ohne Pandemiemassnahmen zählt umso mehr die Eigenverantwortung. Dazu gehört auch, dass sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nun bewusst werden, wie sie ihre hybride Arbeitsumgebung gestalten wollen. «Hybrid Work» bringt gerade für sie Vorteile. Schliesslich werden sie dadurch resilienter gegen neue kleine und grosse Krisen. Sie sparen Kosten und sie agieren mit digitalen Werkzeugen näher am Kunden.

Home-Office: Mehrwert für alle Cisco-Studien zeigen: Auch Schweizer Mitarbeitende begrüssen die freie Wahl des Arbeitsortes. Und sie sehen den Nutzen eines agilen Arbeitsplatzes: Kommunikation und enge Zusammenarbeit in Teams vor Ort, konzentrierte Produktivität im Home-Office, zusammen mit einer ausgeglichenen WorkLife-Balance. Wieviel im Home-Office, wie viel im Büro gearbeitet wird, hängt ganz vom Unternehmen, dem ­Geschäftsmodell, den Prozessen ab und wo die Firma in der digitalen Transformation steht. Tipp: Treffen Sie individuelle Vereinbarungen. Nicht jeder Mitarbeitende kann und will im Home-Office arbeiten. Nicht jedes Team profitiert gleichermassen.

Hybride Meetings: Niemanden vergessen

Massnahmen aber schon − und einen gesunden Instinkt beim Lesen der ­E-Mails.

In praktisch jedem Meeting nimmt heutzutage mindestens eine Person remote Teil. Das ist die neue Realität in Sitzungen, auch in KMU. Die Leitung der Konferenzen wird dadurch anspruchsvoller, sowohl in der Vorbereitung, während des Meetings als auch in der Nachbearbeitung. Für gute Sitzungen braucht es ausserdem die richtige Hardware im Raum, mindestens ein Konferenzmikrofon auf dem Tisch. Tipp: Bereiten Sie sich gut auf hybride Meetings vor. Sprechen Sie die digitalen Teilnehmenden am Anfang direkt an und geben Sie ihnen das Schlusswort. Nutzen Sie die integrierten Tools Ihrer Videosoftware etwa für Gruppenarbeiten in separaten Räumen.

Kultur der Sicherheit: Mehr Bewusstsein schaffen Die Zeit der Endgerätesicherheit neigt sich dem Ende zu. Heute kommt die Sicherheit vielmehr aus der Cloud. Gleichzeitig braucht es dafür eine grundlegende Sicherheitskultur, wenn Mitarbeitende mehr unterwegs oder zu Hause arbeiten. Dazu wird nicht Drill benötigt, eine permanente Schärfung des Bewusstseins für den Sinn von

Tipp: Mitarbeitende müssen nicht jedes einzelne Detail kennen. Es reicht, wenn sie sich der Gefahr und ihrer Verantwortung bewusst sind. Dazu muss das Sicherheitskonzept des Unternehmens ­ die entsprechenden Kommunikationsmassnahmen vorsehen.

Finanzierungsmodelle neu denken: Von CapEx zu OpEx

Petja Rogelj, Leiterin KMU-Segment bei Cisco Systems (Switzerland). PD

«Es braucht kleine Schritte, um das grosse Potenzial der hybriden Arbeitswelt zu entfesseln.»

Kapitalausgaben sind ein Auslaufmodell in immer mehr Bereichen. Auch in der IT. Der Wechsel zu Betriebsausgaben (OpEx) schafft Agilität und Freiraum für die schnelle Skalierung von Geschäftsmodellen. Start-ups und KMU sind ohne ­Investitionen schnell im Markt. In grösseren KMU mit IT-Abteilung befreien sich die IT-Teams von Routineaufgaben und widmen sich mehr ihren heutigen Kernaufgaben: der Cybersecurity und der Geschäftsentwicklung. Tipp: Auch Netzwerke können als Service bezogen werden (NaaS). Und mit einfacher Hardware wie beispielsweise Meraki von Cisco, die intelligent mit der Cloud verknüpft ist, erreichen Sie ohne Fachwissen im Haus Ihre geschäftlichen Ziele.

Kommunikation fördern: Für zufriedene Mitarbeiter Nicht nur in Krisenzeiten sollte die mentale Gesundheit im Vordergrund stehen. Zu viel Stress, zu viele Meetings, zu viel von allem und zu wenig Wertschätzung sorgen für eine sinkende Motivation bis hin zum Gefühl des Ausgebranntseins. Das zeigen auch Erhebungen von «pro mente sana». Tipp: Rufen Sie Kolleginnen und Kollegen nach einem digitalen Meeting an. Fragen Sie nach deren Wohlbefinden. Geben Sie ihnen eine Stimme. Und sorgen Sie für Pausen und für eine Abgrenzung zwischen Arbeit und Leben. Dialog und Handlungsspielraum statt Befehle über Hierarchieketten fördern Wohlbefinden und Produktivität.

Fazit: Vernetzt denken und handeln In der heutigen hybriden Arbeitswelt genügt es nicht mehr, nur auf die ­Herausforderungen bei der Remote-­ Arbeit zu reagieren oder die Rückkehr in die Büros zu gewährleisten. Gefragt sind kombinierte Lösungen, die Erfolg und Innovation gewährleisten – nicht nur blosses Reagieren auf Veränderungen. Es braucht kleine Schritte, um das grosse Potenzial zu entfesseln, das die neue hybride Arbeitswelt in sich trägt.

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Freitag, 8. April 2022

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Sieben Antworten zur «Arbeit auf Abruf» Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen beschäftigen heute Teilzeitkräfte, die nur unregelmässig und nach Bedarf – «auf Abruf» – eingesetzt werden: Aushilfen, Springerkräfte oder Angestellte in Rufbereitschaft. Solche flexiblen Arbeitsformen sind zwar grundsätzlich zulässig, aber nicht abschliessend gesetzlich geregelt. Auf Arbeitgeber- wie auf Arbeitnehmerseite werfen sie daher Fragen auf. Wir haben darüber mit Rechtsanwalt Dr. Andreas Blattmann gesprochen. 4. Was hat dies für Konsequenzen in der Praxis? Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, einem Abruf Folge zu leisten, wird er in der Zeit, in der er zwar nicht arbeiten, aber unter Umständen abgerufen werden kann, darin eingeschränkt, wie er seine Zeit gestalten kann. So kann er zwar einkaufen gehen, aber nicht in den Urlaub fahren. Daher muss die Zeit, in welcher der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen hat, entschädigt werden. Wie hoch diese Entschädigung auszufallen hat, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Klar ist aber Folgendes: Die Bereitschaftszeit ist nicht zu 100 Prozent zu entschädigen. In der Praxis haben Gerichte 25 bis 50 Prozent als angemessen betrachtet.

ELMAR ZUR BONSEN

1. Was bedeutet Arbeit auf Abruf und was unterscheidet sie von gewöhnlicher Teilzeitarbeit? Teilzeitarbeit ist für uns alle bekanntes Terrain. Hier sprechen wir in der Regel von Situationen, in denen ein Arbeitnehmer regelmässig, aber in geringerem Ausmass arbeitstätig ist als eine vergleich­bare Vollzeitarbeitnehmerin. Die Rede ist dann etwa von einem 50-Prozent-Pensum. Auch bei Arbeit auf Abruf kann eine solche Situation vorliegen, muss aber nicht. Diese Form der Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Beschäftigung nicht nach einem Pensum, sondern nach dem zu bewältigenden Arbeitsvolumen richtet. Der Arbeitgeber ruft den Arbeitnehmer ab, wenn das Arbeitsvolumen dies erfordert. Das kann zu einer Vollzeitbeschäftigung oder nur zu einer Teilzeitbeschäftigung während einer gewissen Dauer führen. 2. Was zeichnet Arbeit auf Abruf aus? Wenn das zu bewältigende Arbeitsvolumen für einen Abruf massgebend ist, können die Arbeitszeiten, in denen der Arbeitnehmer tatsächlich eine Leistung erbringt, nicht im Voraus festgelegt werden. Zu denken ist an eine Servicefachangestellte, die abgerufen wird, weil das Wetter vielleicht unerwartet schön und das Kundenaufkommen deshalb höher ist. Anders als in einem «normalen» Arbeitsverhältnis werden sowohl der genaue Zeitpunkt als auch die Dauer wie letztlich auch die Häufigkeit eines Abrufs flexibel festgelegt. Aus rechtlicher Sicht ist von Bedeutung, dass die Arbeit auf Abruf gesetzlich nicht eigenständig definiert ist und dass in der Praxis zwei Arten von Arbeit auf Abruf unterschieden werden: echte und unechte Arbeit auf Abruf.

«Das Betriebsrisiko, also ob Arbeit vorhanden ist oder nicht, kann nicht auf den Arbeitnehmer überwälzt werden.»

PD

3. Wie unterscheiden sich diese Arten? Bei der echten Arbeit auf Abruf liegt in der Regel ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vor. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, einen Abruf des Arbeitgebers anzunehmen. Bei der unechten Arbeit auf Abruf hingegen besteht keine solche Verpflichtung. Hier handelt es sich im Ergebnis eher um Gelegenheitsarbeit.

5. Welche praktische Bedeutung hat die unechte Arbeit auf Abruf, wenn der Arbeitnehmer gar keine Verpflichtung hat, eine Arbeitsleistung zu erbringen? Bei der unechten Arbeit auf Abruf liegt oft ein Rahmenarbeitsvertrag vor. Darin erklären die Parteien, dass sie bei künftigen Einsätzen zusammenarbeiten wollen, ohne sich aber bereits binden zu wollen. In der Praxis bietet die Arbeitgeberin einen Einsatz an, und die Arbeitnehmerin nimmt ihn an oder eben nicht. Kommt es zu einem Einsatz, schliessen die Parteien einen separaten, befristeten Arbeitsvertrag – eine Einsatzvereinbarung. Erst mit ihr kommt das eigentliche Arbeitsverhältnis zustande. Diese Form der Arbeitsleistung bietet zwar grösste Flexibilität auf allen Seiten, birgt aber auch die grössten Risiken: Weder Arbeitseinsatz noch Einkommen sind gesichert. Aus Sicht des Arbeitnehmers besteht vielleicht das Bedürfnis, nur nach Bedarf oder nur zu bestimmten Zeiten ein Einkommen

Andreas Blattmann Quadra Rechtsanwälte

Im Gastgewerbe ist Arbeit auf Abruf häufig anzutreffen. UNSPLASH

zu erzielen, wie dies bei Studenten der Fall sein kann. Arbeitgeber dürften sich regelmässig nur dann für eine unechte Arbeit auf Abruf entscheiden, wenn sie auf einen grossen Pool an potenziellen Arbeitskräften zurückgreifen können. Denn dann ist die Wahrscheinlichkeit am grössten, eine geeignete Arbeitnehmerin zu finden, welche die Arbeit dann auch tatsächlich erledigt. 6. In welchen Branchen findet sich die Arbeit auf Abruf am häufigsten? Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die Arbeit auf Abruf am häufigsten im Gastgewerbe (inkl. Cateringund Event-Bereich), im Gesundheitsund Sozialwesen sowie im Detailhandel vorkommt. Auch die Sicherheitsbranche kennt derartige Modelle. Dies sind Branchen, die oft einer schwankenden Nachfrage gegenüberstehen und Tätigkeiten umfassen, die eher homogener Natur sind, weshalb Arbeitnehmer leichter zu substituieren sind. Interessant ist, dass zu Beginn der 2000er-Jahre der Anteil von Arbeit auf Abruf im Haupterwerb bei vielleicht 5 Prozent lag, im Nebenerwerb hingegen bei rund 20 Prozent. Ich gehe davon aus, dass sich diese Anteile in den letzten 20 Jahren weiter erhöht haben. 7. Auf welche rechtlichen Besonderheiten gilt es bei der Arbeit auf Abruf besonderes Augenmerk zu legen?

Verschiedene Fragen wurden bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt. Es empfiehlt sich deshalb, die Rechtslage in jedem Einzelfall entsprechend abzuklären. In der Praxis sehe ich oft Auseinandersetzungen über die durchschnittliche Beschäftigung und die Beschäftigung während der Kündigungsfrist. Das Gesetz kennt zwingende Vorschriften zum allgemeinen Arbeitsrecht. Zu denken ist an den Schutzgedanken hinter der Kündigungsfrist: Der Arbeitnehmer soll sicher sein dürfen, dass ihm nicht von einem Tag auf den anderen das Einkommen wegfällt. Dies gilt auch bei der Arbeit auf Abruf: Arbeitgebende dürfen bei der echten Arbeit auf Abruf während einer Kündigungsfrist das Arbeitspensum nicht in bedeutendem Umfang verringern. Andernfalls hat die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf den Lohn für den Arbeitszeitausfall. Das gilt im Übrigen unabhängig davon, ob der Arbeitgeber aufgrund eines freien Entscheides oder aufgrund fehlender Arbeit auf einen Abruf verzichtet. Denn das Betriebsrisiko, also das Vorhandensein von Arbeit, kann nicht auf den Arbeitnehmer überwälzt werden. Und dieselben Überlegungen gelten auch für die durchschnitt­liche Beschäftigung während laufendem Arbeitsverhältnis.

Digitale Kleinstunternehmer Bei vielen Investoren ist die Creator Economy das Thema der Stunde. Dem jungen Segment wird ein enormes Wachstum prognostiziert. Auf den digitalen Plattformen entstehen zahlreiche KMU. ROBERTO STEFANO

Mit Talenthouse ist seit Ende März erstmals eine Aktie der Creator Economy an der Schweizer Börse SIX handelbar. Das Unternehmen ist aus einer Beteiligung der im Jahr 2000 – zu Zeiten der New Economy – gegründeten Investmentgesellschaft New Value hervorgegangen und ist nun selber operativ tätig. Talenthouse richtet sich an unabhängige Kreative, die digitale Inhalte schaffen. Zu denken ist beispielsweise an Influencer in den sozialen Netzwerken, Videound Fotokünstler, I­ llustratoren und Grafikdesigner. Zum Unternehmen gehören Plattformen wie Eyeem, Ello, Zooppa

oder Jovoto. Die 418,3 Millionen Aktien von Talenthouse wurden mit einem Referenzpreis von 0,94 Franken je Aktie notiert. Gut eine Woche später waren sie für noch 0,48 Franken zu haben. Wo auch immer die Reise von ­Talenthouse an der Schweizer Börse hinführt, feststeht, dass die Creator Economy je länger, je mehr hohe Aufmerksamkeit auf sich zieht. Kein Wunder: Mit über 50 Millionen unabhängiger Content-Creator, Kuratoren und Community-Builder, die diesen neuen Trend vorantreiben, und einem geschätzten Umsatz von 20 Milliarden Dollar dürfte sich ein Blick auf die neue Generation an Kleinstunternehmen lohnen. Schätzungen zufolge soll der

gesamte Markt 2022 bereits die 100-Milliarden-Dollar-Marke überschreiten. Youtube, Instagram und Tiktok statt Kino und TV: die Mediennutzung der Generation Z unterscheidet sich deutlich von jener der Jahrgänge vor ihr. ­Bespielt werden die Kanäle von Content-Creatorn, die mit ihren Inhalten ein Millionenpublikum anziehen. Dabei sind diese nicht mit Influencern gleichzusetzen, obwohl sich einige von ihnen zuletzt zu eigentlichen Rockstars der Szene emporgearbeitet haben. Als Influencer treten nämlich auch traditionelle Prominente, beispielsweise aus der Sport- und Showbusiness-Szene, in Erscheinung, die dank ihrer Bekanntheit eine grosse Fangemeinde ansprechen.

Content-Creator dagegen haben ihren Status auf den verschiedenen Plattformen aufgebaut und damit eine enge Beziehung zu ihren Followern hergestellt.

Hobby wird zum Beruf Die bekanntesten unter ihnen h ­ aben dabei ihr Hobby zum Beruf g­ emacht und betreiben damit ein eigenes Kleinstunternehmen. Von den derzeit aktiven 50 Millionen Creatorn sind laut Schätzungen des US-Risikokapital-Fonds Signalfire bereits 2 Millionen professionell aktiv – und verdienen damit zum Teil gutes Geld. Denn anders als bei traditionellen Medienunternehmen ist die Er-

stellung, Distribution und Monetarisierung der Botschaften sehr einfach und günstig. Es reicht eine One-Person-Show oder ein kleines Team und ein Mobilgerät mit einer entsprechenden App, um die Inhalte den Followern zugänglich zu machen. Die Einnahmen generieren die Creator über die Plattformen selber, über Kooperationen mit Werbepartnern oder dank Zahlungen und Spenden der User. Zur Creator Economy gehören nicht nur die Creator selbst. Das Segment umfasst auch die Social-Media-Netzwerke sowie zahlreiche Tools und Plattformen, die bei der Erstellung und vor allem bei der Monetarisierung der Inhalte behilflich sind.


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NZZ-Verlagsbeilage

Freitag, 8. April 2022

Deshalb lohnt sich automatisierte Online-Werbung Anstatt bei einzelnen Websites direkt Werbung zu buchen, übernimmt Programmatic Advertising diese Aufgabe einfach und zielgruppengerecht in einem Tool. Was für Konzerne gut ist, ergibt auch für KMU viel Sinn. PHILIP ZEIDLER

«Digitalisierung. Ein Begriff der schon seit einer gefühlten Ewigkeit über unseren Köpfen schwebt, doch noch immer kaum an Aktualität verloren hat. Ähnlich verhält es sich im Marketing mit dem Begriff Programmatic. Programmatic Advertising gibt es schon seit über einem Jahrzehnt und ist inzwischen weltweit die wichtigste Form, um digitale Werbung zu kaufen und zu verkaufen. Gleichzeitig hat die Corona-Pandemie in den meisten Unternehmen zu einem extremen Wandel geführt: Die Abläufe wurden digitaler und viele Wege kürzer. Viele grosse Firmen haben deshalb ihre Marketingabläufe verändert und setzen nun noch mehr auf Zentralisierung und Automatisierung. Von dieser Entwicklung können nicht nur Konzerne profitieren, sondern auch die KMU. Programmatic Advertising beschreibt vereinfacht ausgedrückt den automatisierten Handel von Werbeplätzen, wobei die Ausspielung personalisiert erfolgt. Programmatic Advertising ist also keine eigene Werbeform, sondern eine Art der Kaufabwicklung. In der Schweiz verkaufen eigentlich bereits alle Webseiten ihre Werbeslots auch programmatisch. In einem Sekundenbruchteil können Werbetreibende ihre Anzeigen automati-

siert und zur passenden Zeit in genau den Umfeldern ausspielen, in denen sie ihre Zielgruppen erreichen wollen. Anstatt bei allen Websites einzeln und direkt einzubuchen, macht man das nun zentral in seinem Tool. Angesichts der Komplexität dieser Werkzeuge lohnt es sich für manche Nutzer, externe Unterstützung wie beispielsweise Adfact beizuziehen. Programmatic Advertising ermöglicht es einem somit, zeit- und kosten­ effizienter zu arbeiten und parallel mehr Reichweite zu generieren. Dabei lassen sich nicht nur klassische Banner mittlerweile automatisiert ausspielen. Ob für den Kampagnenerfolg ein kurzer Clip auf Youtube, das Audio-Werbemittel im digitalen Radiosender, die Digital-OutOf-Home-Anzeige am Flughafen und Hauptbahnhof, der Spot im Connected TV oder neuerdings auch Werbung im Gaming-Kontext verantwortlich sind, die Einsatzmöglichkeiten haben sich inzwischen stark erweitert.

Programmatic für jedermann? Jedes Geschäft und Produkt hat seine Eigenarten, weshalb es keine allgemeine Formel zur Gewichtung der verschiedenen Kanäle und Buchungsarten gibt.

Tatsache ist, dass heutzutage jeder digital Werbetreibende programmatisch einkaufen kann und sollte. Prinzipiell ist es allerdings einfacher, seinen Kundenstamm mit Programmatic Advertising zu erweitern, als ihn von Grund auf neu aufzubauen. Daher empfiehlt es sich, bereits andere Marketingaktivitäten wie Social Media, SEO und E-Mail ausprobiert oder weiterhin im Einsatz zu haben. Auch hierzu kann eine externe Beratung über die ­jeweiligen Erfolgsaussichten Auskunft geben. Die Kampagnenbudgets im KMUBereich fallen je nach Branche und Firmentyp sehr unterschiedlich aus. Während manche einen klaren B2B-Fokus und eine viel engere Zielgruppe haben, wollen andere eine deutlich breitere B2C-Zielgruppe ansprechen. Beide Anwendungsfälle lassen sich auch ohne riesiges Marketingbudget programmatisch abbilden und abwickeln. Im B2B-Umfeld nutzt man im Programmatic Advertising vorhandene Daten wie Branchen-Targetings, Firmengrösse, Berufe und thematische Umfelder, um die Zielgruppe optimal zu erreichen. Mit Budgets von 1000 bis 5000 Franken lassen sich so erfolgreiche digitale Kampagnen umsetzen. Ein sehr beliebtes und auch erfolgreiches Performance-Format ist das «Native Ad», wel-

Hierzulande verkaufen fast alle Webseiten ihre Werbeslots auch programmatisch.

ches eine Kombination aus Bild und Text ist und sich automatisch dem Design der Webseite anpasst. Ab Kampagnenbudgets von 5000 bis 20000 Franken kann man deutlich mutiger und grossflächiger mit den Formaten sein. Auch geografisch lässt sich nun schon national statt nur lokal Aufmerksamkeit einkaufen.

Wie findet man den richtigen Business-Partner? Grosse Konzerne können es sich leisten, ihre Marketingaktivitäten komplett ­inhouse umzusetzen. KMU dagegen mangelt es oftmals an finanziellen Mitteln oder schlicht an Zeit. Glücklicherweise lässt sich im digitalen Marketing fast alles auslagern. Das Customer-Relationship-Management, die Kundenkommunikation und teilweise auch die Social-Media-Aktivitäten sollte man allerdings selber bewerkstelligen. Program­matic Advertising hingegen lässt sich sehr gut outsourcen. Es gibt viele Angebote und Agenturen, die einem dabei helfen können. Wie bei jedem Outsourcing sollte man vorgängig dafür sorgen, dass nicht zu viel Flexibilität und Steuer-

barkeit verloren geht. Eine entscheidende Rolle im Programmatic Advertising spielen Transparenz und Vertrauen. Ist es für mich als Kunde komplett nachvollziehbar, wo mein Marketingbudget hinfliesst? Zu welchen Preisen wird eingekauft und wie verdient meine Agentur eigentlich Geld? Wenn das alles stimmt, steht den erfolgreichen Programmatic-Kampagnen nichts mehr im Weg. Philip Zeidler, Head of Programmatic bei Adfact.

Adfact Adfact berät Werbekunden transparent und Performance-orientiert bei der Konzeption, Planung und Umsetzung datenbasierter digitaler Kampagnen mit Fokus auf programmatischen Einkauf. Adfact ist eine Unit der Audienzz AG und Teil der NZZ-Unternehmensgruppe. adfact.ch

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Freitag, 8. April 2022

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Liquidation: Das müssen Sie wissen Was immer der Grund für eine Firmenaufgabe ist, bei einer AG oder GmbH wird am Ende eine Liquidation nötig. Diese Punkte sollten Sie dabei unbedingt berücksichtigen. LUCA HAUBENSAK

Ist das Ende des Lebenszyklus einer Aktiengesellschaft (AG) oder GmbH erreicht und wird die Geschäftstätigkeit aufgegeben, muss als letzter Schritt die betroffene Gesellschaft aufgelöst und aus dem Handelsregister gelöscht werden. Auch Firmen, die inaktiv sind und nicht ­reaktiviert werden sollen, müssen eine Liquidation durchlaufen. Die ­Eröffnung der Liquidation und deren Anmeldung beim zuständigen Handelsregisteramt stellt den ersten wichtigen Schritt zur ordentlichen Auflösung und Löschung des Unternehmens dar. In diesem Prozess sind jedoch einige wichtige Punkte zu berücksichtigen.

Ablauf der Liquidation Der erste Schritt im Rahmen einer ­Liquidationseröffnung stellt dabei die Beschlussfassung durch die Generalrespektive Gesellschafterversammlung dar. Für die Auflösung der GmbH müssen mindestens zwei Drittel der vertretenen Personen sowie die a ­ bsolute Mehrheit des gesamten Stammkapitals zustimmen (Art. 808b, Abs. 1 OR). Bei Aktiengesellschaften muss ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit der vertretenen Stimmen ­sowie die absolute Mehrheit der Aktien­ nennwerte dem Beschluss zur Auflösung zustimmen (Art. 704, Abs. 1 OR). Diesen Beschluss

gilt es für seine Gültigkeit durch einen ­ otar öffentlich zu beurkunden (Art. N 821, Abs. 2 OR). Danach ist er dem Handelsregisteramt zu melden (Art. 737 sowie Art. 821a, Abs. 1 OR). Nach Publikation der Liquidations­eröffnung müssen z­usätzlich drei Schuldenrufe im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) publiziert werden (Art. 742, Abs. 2 OR). Die effektive Liquidation der Gesellschaft wird dann vom Liquidator nach den gesetzlichen Vorschriften durch­geführt. Zu beachten ist, dass die Verteilung des Vermögens frühestens nach Ablauf eines Jahres seit der letzten Publikation des Schuldenrufs erfolgen darf. Diese Frist kann jedoch auf drei M ­ onate reduziert werden, wenn ein z­ ugelassener Revisionsexperte bestätigt, dass die Schulden getilgt sind und keine Interessen weiterer Personen ­gefährdet werden (Art. 745, Abs. 2 und 3 OR). Sobald die Liquidation im Handelsregister eingetragen wurde, müssen die gewählten Liquidatoren gemäss dem in Art. 742 ff. OR aufgeführten Verfahren vorgehen. Das bedeutet beispielsweise die Erstellung einer Liquidationsbilanz (Art. 742, Abs. 1 OR), Beendigung aller laufenden Geschäfte (Art. 743, Abs. 1 OR) sowie die Veräusserung aller Aktiven der Gesellschaft. Dies kann, falls notwendig und von der General- resp. Gesellschafterversammlung nicht anders bestimmt, auch freihändig vorgenommen werden (Art. 743, Abs. 4 OR).

Es können dabei grundsätzlich nur noch jene Mutationen im Handelsregister eingetragen werden, die der vereinfachten Liquidation dienlich sind.

Kapitalverlust und Überschuldung Bevor die Gesellschaft liquidiert werden kann, ist eine Prüfung der aktuellen ­finanziellen Situation wichtig. Wenn sich dabei herausstellt, dass die Aktiven weniger als die Hälfte der Summe des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven abdecken, liegt ein Kapitalverlust vor. In diesem Fall muss der Verwaltungsrat oder die Geschäftsführung unverzüglich eine General- respektive Gesellschafterversammlung einberufen und ihr Sanierungsmassnahmen vorschlagen. Wird diese Versammlung nicht einberufen, können die zuständigen Organe wie Verwaltungsrat und Geschäftsführung gemäss Art. 754 OR persönlich für den verursachten Schaden haftbar gemacht werden. Zeigt sich bei der Erstüberprüfung, dass der Bilanzverlust voraussichtlich grösser als das Aktienkapital und die gesetzlichen Reserven zusammen sein wird, muss laut Art. 725 OR umgehend eine Zwischenbilanz erstellt und diese einem zugelassenen Revisor vorgelegt werden. Dieser prüft anschliessend, ob eine Überschuldung vorliegt. Bestätigt sich diese Befürchtung, werden in einem nächsten Schritt die Aktiven be-

wertet. Zeigt sich auch dann noch, dass die Schulden der Gesellschaft weder zu Fortführungs- noch zu Veräusserungswerten gedeckt sind, muss unverzüglich der Konkursrichter informiert werden. Wird eine Anmeldung der Überschuldung nach deren Bekanntwerdung ­versäumt, kann dies zivil- oder gar strafrechtliche Konsequenzen für die verantwortlichen Organe nach sich ziehen. Aufgrund der möglicherweise schwerwiegenden Konsequenzen eines Kapi-

Versäumt man die Anmeldung der Überschuldung, kann dies rechtliche Folgen haben. talverlusts und speziell einer Überschuldung muss bereits bei Vorwarnzeichen wie dem Vorliegen eines Cash-Drains oder einer Verschlechterung der Liquiditätslage gehandelt werden. Ist beispielsweise absehbar, dass sich die Weiter­ führung des Unternehmens zukünftig finanziell nicht mehr lohnt, ist es empfehlenswert, die Liquidation des Unternehmens frühzeitig vorzunehmen.

Verkauf des Unternehmens und Mantelhandel Der Verkauf oder die Übertragung einer inaktiven Gesellschaft an eine neue Aktionärin oder Gesellschafter erscheint als eine attraktive Alternative zur aufwendigen Liquidation und Löschung des inaktiven Unternehmens. Dieser sogenannte Mantelhandel ist jedoch laut verschiedener Bundesgerichtsurteile nicht zulässig und wird daher vom Handelsregister abgewiesen. Eine inaktive Gesellschaft muss entweder reaktiviert oder über eine Liquidation aufgelöst werden.

Die Liquidation mit Moneyhouse Die Absicht zur Eröffnung der Liquidation einer AG oder GmbH muss im Handelsregister eingetragen werden. Moneyhouse unterstützt Sie hierbei und bereitet alle notwendigen Unterlagen vor, nimmt die öffentliche Beurkundung des Beschlusses und der Wahl der Liquidatorin resp. des Liquidators für Sie vor sowie stellt sicher, dass die drei Schuldenrufe korrekt publiziert werden. Wir beraten Sie gerne bezüglich des für Ihren Fall idealen Vorgehens. Luca Haubensak, Senior Marketing Manager B2B bei Moneyhouse.

moneyhouse.ch

Flottenmanagement neu denken mit Corporate Carsharing Firmeneigene oder geleaste Fahrzeuge rentieren sich immer weniger. Langfristig kommen Unternehmen um Corporate Carsharing nicht herum. Weshalb es sich lohnt, heute einzusteigen. KRISTINA REISS

Viele Firmen unterhalten nach wie vor einen eigenen Fuhrpark. Dieser soll dafür sorgen, dass Mitarbeitende schnell von A nach B gelangen, sich ihre Produktivität erhöht, das Geschäft gut läuft. Als jedoch während der Pandemie die Geschäftsmobilität enorm einbrach, vieles online ablief, standen Firmenfahrzeuge wochenlang still und verursachten nur Kosten. Auch künftig werden Mitarbeitende weniger unter-

wegs sein und dies auch nicht immer vom gleichen Standort aus. Für Unternehmen gilt es deshalb zu überdenken, ob ihre im Unterhalt teure Firmenflotte und die damit verbundene aufwendige Organisation noch zeitgemäss ist.

Die grösste Fahrzeugflotte der Schweiz Ein Experte in Sachen Flottenmanagement ist Mobility. Das Unternehmen

Das Konzept des Corporate Carsharings ist nachhaltiger, weil viele Menschen gemeinsam wenige Autos nutzen.

unterhält die grösste Fahrzeugflotte der Schweiz: knapp 250 000 Nutzerinnen und Nutzer haben täglich Zugriff auf über 3000 Fahrzeuge. Auch für Firmen kann flexibles Carsharing eine Alternative sein zu statischen Geschäftsfahrzeugen. Teure Fix­­­ kosten, der Unterhalt sowie Verwaltung und Koordination fallen damit weg, die Online-Registrierung für Mitarbeitende ist einfach. Das Konzept des Corporate Carsharings ist zudem nachhaltiger, weil viele Menschen gemeinsam wenige Autos nutzen. B ­ ereits heute hat Mobility rund 300 Elektroautos im Einsatz. Bis spätestens im Jahr 2030 soll die gesamte Flotte elektrifiziert sein.

Carsharing für Business: Grosse Auswahl, einfach und bequem

Bis spätestens im Jahr 2030 soll die gesamte Flotte elektrifiziert sein.

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Carsharing für Geschäftskunden funktioniert dabei genauso wie für Privatkunden – nur, dass direkt mit dem Unternehmen abgerechnet wird. Wer Carsharing privat wie geschäftlich nutzt,

PD

kann beide Verwendungszwecke unter einem Login verbinden lassen – und vor dem Reservieren entsprechend auswählen. Geschäftskundinnen und -kunden haben dabei Zugriff auf alle Fahrzeuge der Mobility-Flotte.

tun ist. Der Nutzer ist zum ersten Mal mit einem Elektroauto unterwegs und weiss nicht, wie das Ladekabel funktioniert? Ein kurzer Anruf genügt, und der Kundendienst begleitet bei den ersten Schritten in die Elektromobilität.

Ein Kundendienst, der 24/7 unterstützt

Kristina Reiss, Auftragnehmerin für B2B Communication, Mobility Genossenschaft.

Ein grosser Vorteil des Corporate Carsharings ist zudem der professionelle Service, der Kundinnen und Kunden rund um die Uhr zur Seite steht, an jedem Tag der Woche. Alles, was für Fahrten wichtig ist – ein sauberes, gewartetes Fahrzeug sowie Benzin oder Strom und Versicherung – ist ebenfalls im Fahrtpreis inklusive. Bei Fragen zur Reservierung oder zur Fahrzeugbedienung sowie bei Schäden und Problemen lässt sich also jederzeit eine Ansprechperson erreichen. Ein Licht am Auto blinkt beispielsweise auf und der Nutzer ist unsicher, was die Fehlermeldung zu bedeuten hat? Der 24h-Kundendienst steht zur Seite und weiss sofort, was zu

Mobility Corporate Carsharing: Mit dem Business-Carsharing-Angebot sparen Kundinnen und Kunden Firmenfahrzeuge, Parkplätze und reduzieren gleich­zeitig CO2. Dabei steht ihnen schweizweit die Mobility-Flotte 24/7 zur Verfügung – einfach und schnell über die App ­buchbar. mobility.ch/business


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