Sustainable Switzerland (D)

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Samstag, 11. Juni 2022

Verlagsbeilage

SONDERMARKE «AGENDA 2030» GESTALTET VON ANDREA MÜNCH UND MARKUS LÄUBLI; FOTO: DIE POST

Nachhaltigkeit

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Nachhaltigkeit

Samstag, 11. Juni 2022

NZZ-Verlagsbeilage

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Zum Handeln anregen Sustainable Switzerland – eine Initiative des Unternehmens NZZ – ist eine themenspezifische Dialogplattform zur nachhaltigen Entwicklung mit Portal, Veranstaltungen und Netzwerk. In Kooperation mit namhaften Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft.

NORMAN BANDI

«Gemeinsam machen wir die Schweiz nachhaltiger!»: Zusammen mit namhaften Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft lanciert das Unternehmen NZZ die nationale Nachhaltigkeitsinitiative Sustainable Switzerland. Ziel der Dialogplattform ist es, die nachhaltige Entwicklung hierzulande zu fördern und in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen, indem sie die relevanten Akteure vernetzt und alle Betroffenen zum Handeln bewegt. Wenn nicht jetzt, wann dann? Das sagen sich auch die Unternehmen und Institutionen, die sich für die neue nationale Nachhaltigkeitsinitiative Sustainable Switzerland engagieren und Wirtschaft, Wissenschaft, Politik sowie Öffentlichkeit einladen, ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung zu übernehmen und ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung der Schweiz zu leisten. Neben dem Unternehmen NZZ als Initiantin sind dies die Hauptpartner BCG, BKW, BMW, economiesuisse, EPFL, ETH Zürich, SAP, Swisscom und UBS sowie Lidl Schweiz als Fokuspartner.

Strahlkraft und Hebelwirkung Felix Graf, CEO der NZZ, ist überzeugt von der Strahlkraft wie auch der Hebelwirkung der Initiative: «Wir wollen möglichst viele Menschen und Unternehmen in der Schweiz erreichen. Sie sollen wahrnehmen, was zum Thema Nachhaltigkeit alles unternommen wird, was Wissenschaft und Wirtschaft machen und bewegen. Und wir möchten alle ermuntern, aktiv ihren Teil dazu beizutragen.» Denn: «Nur gemeinsam machen wir die Schweiz nachhaltiger!» Sustainable Switzerland unterstützt und fördert nicht nur die Agenda 2030 und die SDGs der UNO, sondern auch das Klimaabkommen 2050. Ziel der Initiative ist es, die nachhaltige Ent-

Sustainable Switzerland Intention Sustainable Switzerland – eine Initiative des Unternehmens NZZ – ist eine themenspezifische Dialogplattform mit Portal, Veranstaltungen und Netzwerk. In Kooperation mit namhaften Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft unterstützt sie die nachhaltige Entwicklung der Schweiz. Sustainable Switzerland will diese in der Öffentlichkeit sichtbar machen und einen Mehrwert für die Gesellschaft als Ganzes bieten, indem sie die relevanten Akteure vernetzt und alle Betroffenen zum Handeln bewegt. Denn Nachhaltigkeitsziele lassen sich nur durch enge Zusammenarbeit aller Anspruchsgruppen erreichen.

wicklung hierzulande sichtbar zu machen und einen Mehrwert für die Gesellschaft als Ganzes zu bieten, indem sie die relevanten Akteure zusammenbringt und zum Handeln bewegt. «Es ist eine Tatsache, dass sich Nachhaltigkeitsziele nur erreichen lassen, wenn sämtliche involvierten Anspruchsgruppen zusammenarbeiten», sagt Samuel Wille, Themenmanager von Sustainable Switzerland. Vor seinem Wechsel dieses Jahr zum Unternehmen NZZ war er einer der Initianten von Swisstainable, dem Programm für mehr Nachhaltigkeit bei Schweiz Tourismus, und Head of Corporate Relations bei WWF Schweiz. Zentrale Faktoren zur Erreichung von gesteckten Nachhaltigkeitszielen sind neben konstruktiven Partnerschaften sowohl Aufklärung als auch Bewusstsein: zum einen auf Unternehmensseite (B2B), zum anderen auf Konsumentenseite (B2C). Ein tragendes Element aller Aktivitäten der nationalen Nachhaltigkeitsinitiative ist das soeben lancierte Portal sustainableswitzerland.ch. «Wir schaffen über themenspezifische Inhalte nach NZZ-Qualitätsstandards Verständnis für die Herausforderungen unserer Zeit. Das Editorial Team beschäftigt sich konkret mit Lösungsansätzen durch verschiedene Akteure und den Beitrag, den sie für eine nachhaltige Entwicklung der Schweiz leisten können, und inspiriert so zum Mitwirken», bringt es Samuel Wille auf den Punkt.

UNSPLASH/ TOBIAS WEINHOLD

Samuel Wille Themenmanager Sustainable Switzerland

Corine Blesi Geschäftsführerin von NZZ Connect (SEF)

«Nachhaltigkeitsziele lassen sich nur erreichen, wenn sämtliche Involvierten zusammenarbeiten.»

«Wir wollen zum Nachdenken anregen – denn eine enkeltaugliche Zukunft geht uns alle an.»

1. Swiss Sustainability Forum Ein weiteres wichtiges Element und ein jährlicher Höhepunkt von Sustainable Switzerland bildet das Swiss Sustainability Forum (SSF). Die Premiere vom 22. bis 24. September 2022 im und um den Kursaal Bern gliedert sich in zwei Hauptteile: den SSF Leaders’ Summit und den SSF Business Day am Donnerstag und Freitag für Vordenker und Entscheider sowie den SSF Public Day

am Samstag für das breite Publikum. Durchgeführt wird die Veranstaltung von NZZ Connect, unter anderem der Organisator des jährlichen Swiss Economic Forum (SEF). «Das Swiss Sustainability Forum will hierzulande die Austausch- und Erlebnisplattform für Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit zum Thema Nachhaltigkeit werden», erklärt

Mission

Prozesse sind vernetzt und beeinflussen sich gegenseitig. Das Handeln öffentlicher und privater Akteure darf nicht isoliert und eindimensional erfolgen, sondern muss den Wechselwirkungen zwischen den drei Dimensionen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt Rechnung tragen.»

«Wir fördern eine nachhaltige Zukunft für die Schweiz, unseren Planeten und seine Menschen. Lösungsorientiert, liberal und gemeinsam mit starken Unternehmen als treibende Kraft.»

Definition Nachhaltigkeit steht nicht nur für Umweltschutz oder Massnahmen gegen den Klimawandel, sondern geht deutlich darüber hinaus. Allgemein anerkannt ist die Definition im sogenannten Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen von 1987: «Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, welche die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.» Zentral ist in diesem Kontext die ganzheitliche Sicht: «Wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische

Corine Blesi, Geschäftsführerin von NZZ Connect. «Wir wollen möglichst viele Besucherinnen und Besucher zu unterschiedlichen Aspekten der nachhaltigen Entwicklung entlang der drei Dimensionen Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft sensibilisieren und vor allem zum Nachdenken anregen – denn eine enkeltaugliche Zukunft geht uns alle an.»

QR-Code scannen und Teil der Community von Sustainable Switzerland werden – die Plattform für Nachhaltigkeit.

Die 1780 gegründete «Neue Zürcher Zeitung» fängt nicht bei null an, sondern verfügt bereits über eine Historie in puncto Nachhaltigkeit, schreibt sie in ihrem Geschäftsbericht 2021. Als erstes Schweizer Medienunternehmen baute sie ab 1995 ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem auf. Zudem ist die NZZ seit 1997 Mitglied der Energieagentur der Wirtschaft (EnAW), die sich für eine verbesserte Energieeffizienz einsetzt. Seit mehr als zehn Jahren erfolgt die Gebäudekühlung und -heizung am Hauptsitz in Zürich mit Seewasser und im Bereich Zeitungsdruck setzt sie gemeinsam mit ihrem Druckdienstleister Tamedia auf hohe Nachhaltigkeitsstandards – im Wissen, dass das verwendete Zeitungspapier erst zu 88 Prozent aus Recyclingpapier besteht. An der Schnittstelle von ökonomischer und sozialer Dimension engagiert sich die NZZ im Bereich der Aus- und Weiterbildung, fördert gezielt flexible Arbeitsformen und hat im letzten Jahr eine Initiative lanciert mit dem Ziel, den Frauenanteil bei Mitarbeitenden und im Kaderbereich zu erhöhen. Gleichzeitig führt die NZZ regelmässig Befragungen zu relevanten Themen wie Unternehmenskultur, Fairness und Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch. Quelle: gb.nzz.ch/report-2021

Impressum

Partner Main Partner: BCG, BKW, BMW, SAP, Swisscom, UBS; Scientific Partner: EPFL, ETH Zürich; Development Partner: economiesuisse; Focus Partner: Lidl Schweiz; Initial Partner: NZZ.

Nachhaltigkeit bei der NZZ

Titelbild Unter dem Namen «Agenda 2030» haben die 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UNO) 17 Sustainable Development Goals (SDGs) definiert, die einen weltweiten Referenzrahmen für nachhaltige Entwicklung darstellen. Mit der abgebildeten Sondermarke soll auf die Agenda 2030 und ihre SDGs aufmerksam gemacht werden. Auf dem Sujet sind 17 Farben zu sehen, die für diese Ziele stehen. 2022 liefert die Schweiz zum zweiten Mal einen umfassenden Länderbericht (siehe Artikel auf Seite 4). Quelle: Die Post

Nachhaltigkeit ist eine Verlagsbeilage der NZZ in Kooperation mit Sustainable Switzerland. Inhalt realisiert durch NZZ Content Creation. sustainableswitzerland.ch Verlagsbeilagen werden nicht von der Redaktion produziert, sondern von unserem Dienstleister für journalistisches Storytelling. nzzcontentcreation.ch Projektmanagement NZZ Content Creation: Rachel Fassbind und Norman Bandi (Inhalt), Armin Apadana (Layout); NZZone: Hannes Rothfuss (Verkauf); Kontakt: Neue Zürcher Zeitung AG, Falkenstrasse 11, CH-8021 Zürich; +41 44 258 16 98, inserate@nzz.ch. nzzone.ch


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NZZ-Verlagsbeilage

Samstag, 11. Juni 2022

Können wir die Ziele der Agenda 2030 überhaupt schaffen? Der Countdown läuft gnadenlos. Die Weltgemeinschaft hat noch 2761 Tage Zeit, um die 17 global vereinbarten Sustainable Development Goals (SDGs) gemeinsam zu erreichen. Eine Bestandsaufnahme. NORMAN BANDI

Die Uhr tickt! «2022 ist die Halbzeit zur Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung nahezu erreicht. Weltweit konnten in dieser Zeit wichtige Fortschritte erzielt werden, die die Weltgemeinschaft den 17 Sustainable Development Goals (SDGs) näherbringt. Diese reichen jedoch nicht aus, um die Ziele bis 2030 zu erreichen.» Dies schreibt der Bundesrat in seiner Einleitung zum «Länderbericht der Schweiz 2022», den er Anfang Mai publiziert hat und den er Mitte Juli vor den Vereinten Nationen (UNO) in New York präsentieren wird («Executive Summary» siehe Infobox weiter unten). Im Ausblick konstatiert der Bundesrat: «Mit Blick auf die acht verbleibenden Jahre wird deutlich, dass die Ziele nur durch ein entschlossenes Handeln in allen Sektoralpolitiken und in der ganzen Gesellschaft zu erreichen sind.» Die Agenda 2030 mit ihren SDGs ist laut den Vereinten Nationen ein globaler Plan zur Förderung nachhaltigen Friedens und Wohlstands sowie zum Schutz unseres Planeten. Seit 2016 arbeiten sämtliche 193 UNO-Mitgliedstaaten daran, diese gemeinsame Vision zur Bekämpfung der Armut und Reduzierung von Ungleichheiten in nationale Entwicklungspläne zu überführen. Dabei ist es besonders wichtig, sich den Bedürfnissen und Prioritäten der schwächsten Bevölkerungsgruppen und Länder anzunehmen – denn nur wenn niemand zurückgelassen wird, können die 17 Hauptziele mit insgesamt 169 Unterzielen bis 2030 erreicht werden. Inzwischen ist knapp die Hälfte der Zeit verstrichen – uns bleiben noch 2761 Tage (Stand 11. Juni 2022).

Wir alle können etwas für die SDGs tun «Willst Du für die SDGs aktiv werden?», fragt die UNO und antwortet gleich selbst: «Extreme Armut beenden. Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten bekämpfen. Den Klimawandel stoppen. Die Ziele für nachhaltige Entwicklung sind wichtige, die Welt verändernde Ziele, für deren Erreichung Regierungen, internationale Organisationen, kleine, mittlere und grosse Unternehmen sowie Entscheidungsträger weltweit zusammenarbeiten. Dabei scheint es manchmal unmöglich, dass die Massnahmen jedes Einzelnen von uns überhaupt eine Auswirkung haben können.» Das klingt fast schon utopisch. Doch soll man nun aufgeben. «Nein! Wir alle sind Teil der Lösung globaler Probleme. Wir alle haben eine Verantwortung und die kleinste Veränderung unseres Verhaltens wird sich positiv auswirken. Zum Glück gibt es einige hilfreiche Tipps und

«Executive Summary» zur Umsetzung der Agenda 2030

Anfang Juni kam die globale Klimabewegung in Stockholm zusammen, um an das 50-jährige Bestehen des UNO-Umweltprogramms und dessen erste Konferenz anno 1972 ebenda zu erinnern: vorne in der Mitte UNO-Generalsekretär António Guterres, links von ihm Schwedens König Carl Gustaf und seine Tochter Prinzessin Victoria. UNEP

Tools, um schon heute für die SDGs aktiv zu werden», machen die Vereinten Nationen wieder Mut. UNO-Generalsekretär António Guterres resümierte im letzten Jahresbericht zum Stand der SDGs: «Die Herausforderungen sind enorm, doch besteht auch Grund zur Hoffnung. Die Covid19-Krise stellte die bewundernswerte Resilienz von Gemeinschaften unter Beweis, zeigte die heroischen Anstrengungen systemrelevanter Arbeitskräfte in einer Vielzahl von Berufen und gab den Anstoss für die rasche Ausweitung des Sozialschutzes, die Beschleunigung des digitalen Wandels und eine bisher einzigartige weltweite Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Impfstoffen. Eine bessere Zukunft ist möglich. Wir müssen die Krise nutzen, um unsere Welt umzugestalten, die Agenda 2030 zu verwirklichen und unser Versprechen gegenüber der heutigen und kommender Generationen zu halten.»

Unser Kurs stimmt noch nicht überall In der Europäischen Union (EU) misst man regelmässig, wie die Staatengemeinschaft zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele unterwegs ist. Eurostat,

Die Schweiz ist hinsichtlich vieler Ziele bereits weit fortgeschritten. Trotz einer guten Ausgangslage bestehen auch in der Schweiz Bereiche, in denen künftig weitere Anstrengungen unternommen werden müssen. Die weitere Umsetzung der Agenda 2030 in der Schweiz orientiert sich insbesondere an den drei Schwerpunktthemen, die der Bundesrat in der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 definiert hat. Die Ziele dieser drei Schwerpunktthemen sind stark miteinander verschränkt.

Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion Die Schweiz weist eines der höchsten Wohlstandsniveaus weltweit auf. Das wirtschaftliche Handeln in der Schweiz wird zunehmend so ausgestaltet, dass Wohlstand und Wohlergehen erhalten werden können, ohne dabei die natürlichen Ressourcen zu übernutzen. Hierbei

«Wir müssen die Agenda 2030 verwirklichen, um unser Versprechen gegenüber der heutigen und kommender Generationen zu halten.» António Guterres UNO-Generalsekretär

das statistische Amt der EU, veröffentlichte am 23. Mai 2022 den jüngsten Bericht: «Sustainable development in the European Union – 2022 monitoring report on progress towards the SDGs in an EU context», der einen faktenbasierten

sowie detaillierten Überblick über die Chancen und Gefahren zur Erreichung der SDGs bietet. Die in der Analyse enthaltenen Daten zeigen, dass die EU in den vergangenen fünf Jahren entsprechend den Prioritäten der Wirtschaftskommission in wichtigen Politikbereichen wie dem europäischen Green Deal, der Digitalstrategie und dem Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte bei der Verwirklichung der meisten Nachhaltigkeitsziele der Kurs stimmt. Während das Tempo der Fortschritte bei einigen Zielen höher war als bei anderen, kam es nur in wenigen spezifischen Bereichen zu Rückschritten bei den Zielen. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni mahnte deshalb: «Europa ist zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren mit einem unvorhergesehen, plötzlich hereinbrechenden Ereignis konfrontiert. Auch wenn wir jetzt die Auswirkungen des wirtschaftlichen Schocks durch die russische Invasion in die Ukraine bewältigen müssen, darf das nicht dazu führen, dass wir die angestrebte Umgestaltung des Wirtschaftsmodells Europas aus den Augen verlieren. Diese Situation muss uns vielmehr dazu anspornen, unsere Anstrengungen deutlich zu verstärken, damit wir unsere Wider-

sind insbesondere auch die Auswirkungen des inländischen Konsumverhaltens der in der Schweiz lebenden Bevölkerung auf Mensch und Umwelt in anderen Ländern zu berücksichtigen. Weiter liegt ein besonderer Fokus auf der Transformation der Ernährungssysteme.

Verlust der Biodiversität stellt eine globale Herausforderung dar, zu der auch in der Schweiz Handlungsbedarf besteht.

Klima, Energie und Biodiversität

Die Chancengleichheit ist ein wichtiger Grundsatz der Schweizer Verfassung und des Schweizer Rechts. In den letzten Jahren konnten einige Fortschritte erzielt werden, um diesem Ideal näher zu kommen, wie zum Beispiel die Ausweitung der Ehe auf gleichgeschlechtliche Paare. Doch insbesondere im Bereich der Lohngleichheit zwischen Mann und Frau und in der Aufteilung der CareArbeit bestehen weiterhin Herausforderungen. In diesem Thema kommt zudem der Weiterentwicklung des Bildungssystems eine besondere Priorität zu.

Die Treibhausgasemissionen haben in den letzten Jahren in der Schweiz deutlich abgenommen. Das angestrebte Ziel die Treibhausgasemissionen bis 2050 dahin auf Netto-Null zu reduzieren, bleibt aber weiter eine Herausforderung. Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Energieversorgung konnten ebenfalls erste Wegmarken erreicht werden, doch auch hier gilt weitere Anstrengungen zu betreiben, um die Energieeffizienz zu steigern und die Energieproduktion aus erneuerbaren Energien auszubauen. Der

Chancengleichheit und sozialer Zusammenhalt

Quelle: sdgital2030.ch/countryreport

standsfähigkeit steigern und unsere Produktionsprozesse und unser Handeln im Alltag nachhaltiger gestalten.»

SDG Nummer 17 weist uns den Weg Bei diesen gemeinsamen Anstrengungen bleiben die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) sowohl der Kompass, der uns leitet, als auch die Messlatte für unseren vermeintlichen Erfolg. Eine zentrale Bedeutung kommt in diesem Kontext SDG Nummer 17 zu: «Umsetzungsmittel stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen». Dabei sollen Öffentliche Hand, Privatsektor und Zivilgesellschaft gleichermassen eingebunden werden. Impulse hierfür können interdisziplinäre und interaktive Dialogplattformen geben – wie sie Sustainable Switzerland als neue nationale Nachhaltigkeitsinitiative eine darstellt. Hiesige Unternehmen und Institutionen engagieren sich: Sie laden Wirtschaft, Wissenschaft, Politik sowie Öffentlichkeit ein, ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung zu übernehmen und ihren Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung der Schweiz zu leisten.

Länderbericht der Schweiz 2022

Das Cover des 60 Seiten umfassenden «Länderbericht der Schweiz 2022», der EDA seit Anfang Mai verfügbar ist.


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«Mit SBTi unterstreichen Firmen ihr Engagement glaubwürdig» Dank der global anerkannten Science Based Targets initiative (SBTi) können Unternehmen einen wichtigen Beitrag zum Netto-Null-Ziel bis 2050 leisten. ABB hat sich der Offensive früh angeschlossen – Schweiz-Chef Robert Itschner über Nutzen und Herausforderungen von wissenschaftsbasierten Klimazielen.

Robert Itschner ist Country Managing Director von ABB Schweiz: «Das bestehende Klimaprogramm der Schweizer Wirtschaft PD im Zuge von Netto-Null erhält nun mit SBTi einfach zusätzlichen Schub.»

Ihre berufliche Karriere haben Sie vor 30 Jahren als Ingenieur in Angriff genommen, als Country Managing Director von ABB Schweiz sind Sie heute vor allem mit Führungsaufgaben beschäftigt. Wäre das Thema Nachhaltigkeit für den Ingenieur nicht weit spannender als für den Manager? Robert Itschner: Für den Ingenieur findet die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitslösungen und Klimazielen oftmals auf einer praxisbezogeneren Ebene statt, als sie dies tut, wenn man im Management tätig ist. Ich für meinen Teil darf aber behaupten, dass mich technologische Aspekte grundsätzlich interessieren, egal, ob als Ingenieur oder als Manager. Ein Interesse unabhängig von der Funktion also. Ich denke, die Gegenwart hält genügend Herausforderungen für sämtliche Branchen, Berufsrichtungen und Positionen bereit. In meiner Funktion sehe ich mich deshalb ganz besonders in der Pflicht, Informationen an Mitarbeitende, Partner und Kunden zu vermitteln, was wir als Unternehmen konkret im Bereich der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes bisher getan haben, aktuell tun und in Zukunft tun wollen. Womit wir bereits beim Thema wären: SBTi. ABB war eines der ersten grossen Unternehmen in der Schweiz, das sich der Science Based Targets initiative angeschlossen hat. Was ist SBTi konkret? Bei SBTi handelt es sich um eine weltweit standardisierte und in Expertenkreisen breit anerkannte Methode zur Festlegung von Klimazielen. Mit dem United Nations Global Compact, dem vormaligen Carbon Disclosure Project CDP, dem World Resources Institute und dem WWF stehen renommierte und vor allem unabhängige Institutionen hinter der Science Based Targets initiative. Inzwischen gilt diese als globaler Standard für Unternehmen hinsichtlich der Reduktion von Treibhausgasemissionen. Und wie schlägt sich diese globale Ini­ tiative in der kleinen Schweiz nieder? Hierzulande haben economiesuisse, der Dachverband der Wirtschaft, und WWF Schweiz in diesem Frühjahr gemeinsam die Förderung der SBTi angestossen. Das Projekt wird vom Verein Go for Impact getragen, in dem neben diesen beiden Organisationen auch das Bundesamt für Umwelt, die ETH Zürich und weitere Wirtschafts- und Umweltverbände vertreten sind.

Mit welchem Ziel? Wie der Name impliziert, baut die Science Based Targets initiative auf wissenschaftsbasierten Zielen auf. Wenn die Erderwärmung gemäss Pariser ­Klimaabkommen nicht über 1,5 Grad hinausgehen soll, darf logischerweise nur eine bestimmte Menge Treibhausgase ausgestossen werden. Die International Energy Agency hat vor diesem Hintergrund für verschiedene Sektoren berechnet, wie schnell die Emissionen sinken müssen, um dieses Ziel zu erreichen. Darauf basierend kann jedes Unternehmen nach klaren Kriterien und Standards berechnen, wie schnell es seine Emissionen senken muss, damit das Kohlenstoffbudget des eigenen Sektors eingehalten wird. Das Engagement beinhaltet unter anderem Absichtserklärung, Zieldefinition, Validierung und Reporting, aber auch die Kommunikation über den Vollzug. Das klingt in erster Linie einmal nach weiteren Vor- und Auflagen, denen sich die Firmen zu unterwerfen haben. SBTi setzt auf Eigenverantwortung und Freiwilligkeit. Die Initiative will klare Anhaltspunkte und praktische Hilfestellung bieten, damit eine Firma ihre ökologischen Ziele eigenverantwortlich, wettbewerbsorientiert und vor allem ohne regulatorische Vorgaben erreichen kann. Auf der anderen Seite hat das entsprechende Unternehmen dank der Offensive die Möglichkeit, ein ganz klares Commitment bezüglich Nachhaltigkeit abzugeben – SBTi ist einmalig, weltweit gültig und anerkannt. Sie haben es erwähnt: Die Initiative baut auf Freiwilligkeit. Wie weit her ist es damit in der hiesigen Wirtschaft, gerade, wenn es um ökologische Belange geht? Schweizer Unternehmen tragen bereits heute massgeblich zum globalen Klimaschutz bei, sei es mit ihren Dienstleistungen und Produkten, sei es aber auch durch das eigene Verhalten. Ich würde sogar behaupten, dass die Wirtschaft diesbezüglich manch anderem Bereich unserer Gesellschaft einen Schritt voraus ist. Das bestehende Klimaprogramm der Schweizer Wirtschaft im Zuge von Netto-Null erhält nun mit SBTi einfach zusätzlichen Schub. Und was SBTi anbelangt, so haben sich bereits über 80 namhafte Schweizer Unternehmen der Initiative angeschlossen – und es werden laufend mehr. Unter den Firmen, die sich den wissenschaftlich fundierten Klimazielen gemäss SBTi verschrieben haben, findet

«Die Science Based Targets initiative ist einmalig, weltweit gültig und anerkannt.»

SBTi: Noch heute eigene Klimaziele festlegen Die Zahl von KMU oder Konzernen mit eigenen, wissenschaftlich fundierten Klimazielen steigt immer weiter. Heute sind hierzulande bereits über 80 Unternehmen mit kumulativ rund 500 Milliarden Franken Umsatz und schätzungsweise 350 Megatonnen CO2Emissionen eine SBTi-Verpflichtung eingegangen. Dies entspricht etwa zwei Dritteln des Bruttoinlandprodukts und mehr als sechsmal den Inlandsemissionen der Schweiz. Als verantwortungsvolles, nachhaltiges Unternehmen setzen Sie mit einem wissenschafts­ basierten Klima­ ziel ein starkes Zeichen. Profitieren auch Sie von gezielten Unterstützungsangeboten und einem kosten­losen Erstgespräch.

sich wie erwähnt auch ABB. Was waren Ihre Beweggründe? Das Thema Nachhaltigkeit ist ja nicht neu für uns. Wir investieren seit vielen Jahren an allen unseren Standorten in die Energieeffizienz und die Senkung der Emissionen. Dazu gehört beispielsweise in der Schweiz die vollständige Umstellung auf einen elektrisch betriebenen Fahrzeugpark in den kommenden Jahren, die bereits erfolgte Einbindung in lokale Holz-Fernwärme-Netze oder die Installation geschlossener Energiekreisläufe. Zudem versuchen wir, unsere hohen Standards nicht nur in die eigene Produktion und die eigenen Produkte einfliessen zu lassen, sondern eben auch in die vor- und nachgelagerte Versorgungskette, sprich, wir wollen Zulieferer und Kunden für ökologische Belange sensibilisieren und sie bei der Emissionsreduktion aktiv unterstützen. Ich persönlich sehe SBTi vor diesem Hintergrund weniger als Pflicht, sondern eher als Teil einer klaren Strategie. Wie meinen Sie das? Die Initiative per se hat Auswirkung auf unser Denkschema, wonach wir keine noch so geringe Möglichkeit verpassen dürfen, wenn es darum geht, Emissionen zu reduzieren, Ressourcen zu schonen, aber auch Innovationen zu nutzen. Ich sage es einmal so: Bei ABB hat SBTi die Bestrebungen in Richtung Nachhaltigkeit zwar nicht initiiert, sie beschleunigt unsere Bemühungen dahingehend aber ganz klar. Wo verorten Sie die grössten Hürden mit Blick auf die konkrete Umsetzung der SBTi-Ziele in einem Unternehmen? Zentral für mich ist das Engagement, der Wille ganz allgemein: Ohne Einsatz geht es nicht. Das bedeutet auch, dass der Chef vorangehen und für Werte einstehen muss, egal, ob es sich nun um einen Konzern handelt oder ein KMU, das im Übrigen ebenso willkommen ist bei SBTi wie der Grossbetrieb. Aber ich bin der Überzeugung, dass die Erkenntnis über die Notwendigkeit des Handelns inzwischen wohl in allen Branchen und Firmen dieses Landes angekommen ist und klare Leitlinien, Instrumente oder Hilfestellungen in Richtung Ökologie und Nachhaltigkeit insofern äusserst willkommen sind. Sie haben sowohl als Chef von ABB Schweiz als auch als Mitglied im Vorstand von economiesuisse Erfahrungen sammeln können mit der Science Based Targets initiative. Wie fallen die Reaktionen der Direktbeteiligten, beispielsweise der Mitarbeitenden, auf die Offensive aus?

Zur Person Robert Itschner ist Country Managing Director von ABB Schweiz mit rund 4000 Mitarbeitenden. Als Vertreter von Swissmem ist er zudem im Vorstand von economiesuisse und ebenda Präsident der Kommission für Energie und Umwelt. Im Herbst wechselt der 55-Jährige als neuer CEO zur BKW. Durchwegs positiv. Wie bereits erwähnt, handeln heutzutage die meisten Entscheidungsträger, Partner, Kunden und Mitarbeitenden ganz bewusst ökologisch vertretbar und nachhaltig. Bei ABB Schweiz steht Nachhaltigkeit gar im Zentrum des Unternehmenszwecks und ist Voraussetzung dafür, entlang der gesamten Wertschöpfungskette Mehrwert für unsere Stakeholder schaffen zu können. Wissenschaftlich untermauerte Zielvorgaben sind das eine, deren Umsetzung das andere. Wiederum auf einem ganz anderen Blatt steht, was ein Engagement im Rahmen einer Initiative kostet. Das ist unterschiedlich, der Preis für die Validierung von wissenschaftsbasierten Klimazielen durch SBTi liegt bei gut 1000 US-Dollar für kleinere Betriebe, grosse Unternehmen bezahlen für die Validierung 14 500 US-Dollar. Ich denke, der finanzielle Aufwand ist aber durchaus überschaubar, wenn man sich gleichzeitig den Benefit vor Augen hält. Der da wäre? Die Klimaziele stehen logischerweise im Vordergrund. Dies bedingt, dass Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsstrategie konsequent in allen Bereichen der Organisation umsetzen. Solch nachhaltig aufgestellte Firmen, die vielleicht sogar zu den Innovationstreibern gehören, sind attraktive Arbeitgeber. Das hilft auch bei der Rekrutierung von Fachleuten und Mitarbeitenden. Zudem erleichtert ein entsprechendes Label oder Zertifikat auch den Zugang zum internationalen Markt, zu Innovationen und zu Investitionskapital. Mit wissenschaftsbasierten Klimazielen der SBTi machen Sie sich und Ihr Unternehmen letztlich fit für die Herausforderungen der Zukunft, Sie heben sich von der Konkurrenz ab und zeigen Ihr Engagement im Klimaschutz – ein glaubwürdiges Engagement. Interview: Flavian Cajacob


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NZZ-Verlagsbeilage

Samstag, 11. Juni 2022

Ein Superschwamm für alle Fälle Wendy Lee Queen, Chemieprofessorin auf dem Campus der EPFL im Wallis, forscht mit ihrem Team an einem neuartigen metallorganischen Material, das viele Umweltprobleme lösen könnte. So entstehen zukunftsweisende Verfahren.

Wendy Lee Queen wollte als Kind Baseballspielerin werden. Heute ist sie eine Wissenschafts-Koryphäe. FOTOS: ALAIN HERZOG / EPFL

ELMAR ZUR BONSEN

Wie wunderbar wäre es, wenn wir die grössten Umweltprobleme auf unserem Planeten einfach von der Agenda wischen könnten, mithilfe eines magischen Schwamms zum Beispiel. Nur ein Traum, pure Phantasterei? Wenn man Wendy Lee Queen zuhört und sich ihre Forschungsarbeit erklären lässt, gerät man unweigerlich ins Staunen. Die Chemieprofessorin aus South Carolina hat sich zum Ziel gesetzt, den Traum vom «Zauberschwamm» wahr zu machen. Sie ist offenbar auf bestem Weg dorthin. Und dies nicht irgendwo auf der Welt, sondern am EPFL-Campus in Sitten, einem Hotspot für innovative Forschungsprojekte. Wendy Lee Queen, ausserordent­ liche Professorin für Chemieingenieurwesen an der Fakultät für Grundlagenforschung, ist Wissenschafterin aus Leidenschaft, eloquent und voller Optimismus. «Ich bemühe mich um einen positiven Blick auf die Dinge», sagt die Amerikanerin. Es sei ihre feste Überzeugung, dass man auch als Individuum eine Menge bewegen könne. Queen hat überhaupt nichts dagegen, wenn man sie deswegen als Idealistin bezeichnet. «Um Erfolg zu haben, braucht man den Glauben daran, die Welt verändern zu können», betont die 41-Jährige.

Ein Schwamm in Pulverform Am Herzen liegt ihr vor allem, Lösungen zur Bewältigung der fortschreitenden Umweltverschmutzung und des Klimawandels zu finden. Gefragt sind neue Technologien, mit denen sich etwa CO2-Emissionen aus der Luft filtern und in Energie umwandeln lassen. Welchen Beitrag sie dazu leisten kann, erklärt sie ohne jeden Anflug von Fachchinesisch. «Mit meinem Team arbeite ich an der Entwicklung neuer Materialien zur Trennung von Gasen und Flüssigkeiten. Stellen Sie sich eine Struktur wie den Schwamm vor, den Sie in Ihrer Küche verwenden, nur mit unglaublich kleinen Poren, die 50 000 Mal feiner sind als der Durchmesser eines Haares.» Die Forscherin nimmt ein Reagenzglas zur Hand, das mit einem blauen Pulver gefüllt ist. Extrem winzige Superschwämme. «Diese neuen Materialien bestehen aus Metallen und organischen Komponenten. Dank ihrer einzigartigen Struktur haben Sie in jedem Gramm eine Austauschfläche, die der Fläche eines Fussballplatzes entspricht. Das ist Weltrekord.» Die mikroporösen Materialien, auf Englisch «metal organic frameworks» (MOF) genannt, wirken als Filter und erfassen Elemente bis in den molekularen Bereich. «Auf

diese Weise können wir Chemikalien aus der Luft absorbieren, zum Beispiel Kohlendioxid aus Kraftwerken oder Abgase aus Auspuffrohren.» Erhitzt man die Schwämme später in sicherer Umgebung, werden die eingefangenen Partikel aus den Nanoporen freigesetzt. So lässt sich beispielsweise hochreines CO2 gewinnen, das man unterirdisch speichern oder in umgewandelter Form weiterverwenden kann, etwa als Brennstoff.

Schweiz, die mit speziellen Anlagen auf diesem Gebiet aktiv seien – mit Erfolg. «Sie zeigen, dass es tatsächlich möglich ist, schädliche Emissionen in grösseren Mengen aus der Luft aufzufangen.»

Eine Frage der Ressourcen

Wissenschaftliche Revolution? Ein anderes grosses Thema ist die Wasseraufbereitung. «Stellen Sie sich vor: Etwa 25 Prozent der Weltbevölkerung haben heute keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Deshalb versuchen wir, unsere Superschwämme so zu designen, dass wir damit gezielt Schwermetalle und toxische Partikel aller Art aus dem Wasser entfernen können.» In einem weiteren Projekt beschäftigt sich Queen auch mit medizinischen Sauerstoff­ geräten. «Hier besteht die Aufgabe darin, aus der Umgebungsluft möglichst reinen Sauerstoff in hoher Konzentration zu gewinnen, was in Ländern mit hoher Luftfeuchtigkeit, siehe Afrika, eine grosse Herausforderung ist. Darum überlegen wir uns, wie wir diese Geräte so optimieren können, dass sie noch unempfind­ licher werden gegen Wasser.» Ist ihre so vielfältig anwendbare Schwammtechnologie eine wissenschaftliche Revolution? So weit würde Queen nicht gehen. «Das Konzept wurde schon vor etwa 30 Jahren entdeckt. Daran wird also schon längere Zeit geforscht. Meine Arbeit konzentriert sich darauf, die nötige Expertise zu sammeln, um diese Schwämme so zu modifizieren, dass sie für die spezifischen Funktionen und Anwendungen optimal genutzt werden können.» Längst schon ist es im Labor und in Pionieranlagen gelungen, CO2 aus der Luft und Schwermetalle aus dem Wasser zu filtern. Die Frage ist nur: Wird dies eines Tages auch in ganz grossem Stil möglich sein? «Ja, sicher!», ist Queen überzeugt. «Wir arbeiten derzeit intensiv daran, das Verfahren so effizient und kostengünstig wie möglich zu gestalten. Unser Ziel ist es, dass die Schwämme auch in grossem Massstab eingesetzt werden können. Wann dies genau so weit sein wird, ist heute noch nicht absehbar. Für den Markt sind ja vor allem die Kosten entscheidend: Neue Verfahren müssen billiger sein als die bisher verwendeten.» Benötigt werde auch die Unterstützung der Politik, etwa um eine nachhaltige Technologie wie die CO2-Absonderung immer mehr zu etablieren. Queen verweist darauf, dass es bereits erste Startups gebe, auch in der

«Etwa 25 Prozent der Weltbevölkerung hat heute keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.»

Die Forschung an zukunftsweisenden Verfahren ist nur möglich, wenn dafür auch die nötigen Ressourcen zur Verfügung stehen, vor allem exzellent ausgestattete Labore. Forschungsprojekte können zur Geduldsprobe werden – eine scheinbar endlose Kette von Tests und Fehlversuchen. Der Weg zum Erfolg ist enorm aufwendig. Wendy Lee Queen schwärmt darum von den Möglichkeiten, die ihr und ihrem Team am Campus in Sitten geboten werden. «Wir können hier unter besten Bedingungen arbeiten, auch im internationalen Vergleich. Als ich 2015 die Gelegenheit bekam, von Berkeley in die Schweiz zu kommen, um als Tenure-Track Assistant Professor das Labor für funktionale anorganische Materialien zu leiten, musste ich nicht lange nachdenken. Die Voraussetzungen an der EPFL sind einfach top! Wir können hier viele Projekte schnell und flexibel angehen, was in anderen Institutionen häufig nicht so der Fall ist. Die EPFL tut alles dafür, dass wir erfolgreich sein können.» Zur besonderen Kultur der Hochschule gehören auch der Austausch und die enge Zusammenarbeit mit Professorinnen und Professoren aus anderen Fachgebieten. Nicht zu vergessen die finanziellen Mittel, die von der Industrie, aus dem Stiftungsbereich und von NGOs bereitgestellt werden. Das beeinflusse aber nicht die eigentliche Forschung. «Unsere akademische Freiheit ist davon unberührt», unterstreicht Queen.

Im Labor wird an Lösungen getüftelt, um den Klimawandel zu bewältigen.

EPFL Die École polytechnique fédérale de Lausanne, kurz EPFL, wurde 1969 gegründet. Sie ist eine der jüngsten und weltoffensten technischen Hochschulen mit rund 12 000 Studierenden und Doktorierenden aus mehr als 120 Ländern. Die EPFL konzentriert sich auf drei grundlegende Missionen: Lehre, Forschung und Technologietransfer. Neben ihrem Hauptstandort etwas ausserhalb der Stadt Lausanne direkt am Genfersee verfügt sie in der Romandie über Dependenzen in Freiburg, Genf, Neuenburg und Sitten. Mit über 370 Labors betreibt die EPFL Spitzenforschung in Bereichen wie erneuerbare Energien, Medizintechnik, Neurotechnologien, Materialwissenschaften oder Informationstechnologien. Ihre Arbeiten im Wallis haben laut EPFL bereits zu sechs Patenten geführt. Hinzu kommen bis heute 75 wissenschaftliche Veröffentlichungen, in denen sie ihre Expertise unter Beweis gestellt hat. Ausserdem wurde die Professorin 2020 von der Fachzeitschrift «Chemical & Engineering News» zu einer der «Talented 12» erkoren – eine Auszeichnung für «junge aufstrebende Stars, die chemisches Know-how nutzen, um die Welt zu verändern.» Der Erfolg ist ihr übrigens nicht in die Wiege gelegt worden: Queen ist die erste aus ihrer Südstaaten-Familie, die studiert hat. «Bis ich aufs College gekommen bin, hatte ich auch gar nicht den Traum, Wissenschafterin zu werden. Als Kind wollte ich professionelle Baseballspielerin werden. Das ist auch immer noch eine Leidenschaft von mir, auch hier in der Schweiz.» Als es um die Berufswahl ging, habe sie sich nach einem Job gesehnt, der nicht monoton, nicht jeden Tag gleich sei. «Das hat meine Karriere bestimmt», sagt Queen. «Wissenschaft fordert mich heraus, kreativ zu sein, mich ständig mit neuen Dingen zu beschäftigen.» Ob es ihr Metier auch noch in 100 Jahren geben werde, ist Wendy Lee Queen in einem EPFL-Video gefragt worden. Ihre Antwort: «Ich hoffe sehr, dass mein Arbeitsgebiet dann nicht mehr existiert. Es würde bedeuten, dass wir die Aufgaben gelöst hätten, die wir lösen wollten: Jeder Mensch auf der Welt hätte Zugang zu sauberem Trinkwasser und reiner Luft. Probleme wie Umweltverschmutzung, CO2-Ausstoss und Erderwärmung wären beseitigt.»


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Samstag, 11. Juni 2022

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Extremereignisse werden schon bald zur Dauerkrise Wir erinnern uns an den verregneten Sommer im vergangenen Jahr. Weite Teile der Schweiz litten unter Hochwasser und Schlammlawinen, im Tessin dagegen herrschte starke Trockenheit. Warum sich solche extremen Wetterereignisse häufen werden, erklärt ETH-Klimaforscherin Sonia Seneviratne. RACHEL FASSBIND

Auch wenn es manche noch immer nicht wahrhaben wollen: «Die globale Erwärmung ist klar menschengemacht. Das bestätigt der letzte Weltklimaratsbericht», sagt Sonia Seneviratne und sucht dazu gleich die entsprechenden Zahlen heraus. «Die Menge an CO2-Emissionen hat sich seit 1880 verzehnfacht. Wir sind nicht etwa für einen Viertel oder die Hälfte der beobachteten Erwärmung verantwortlich, sondern für die gesamte Klimaerwärmung.» Das bestürzt Seneviratne. Als Professorin für Landklimadynamik an der ETH Zürich erforscht sie Klimaextremereignisse und deren Auswirkung auf Landgebiete mit Fokus auf bewohnte Regionen, Wälder und die Landwirtschaft. Die negativen Folgen des Klimawandels seien schon heute zu erkennen und zu spüren. Zum Beispiel an Extremereignissen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen oder Trockenheit.

ETH Zürich

Frau Seneviratne, Sie beobachten den Klimawandel an vorderster Front. Ist die Welt wirklich dem Untergang geweiht, um es drastisch zu formulieren? Wenn wir den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen nicht bald schaffen, dann steigen die Gefahren für Menschen und Natur weiter rasant. Aktuell haben wir die Marke von 1,1 Grad erhöhter Temperatur überschritten, weshalb wir die Folgen jetzt schon spüren. Hitzeextreme, die in einer Welt ohne unseren Einfluss auf das Klima alle 10 Jahren stattfinden würden, finden schon jetzt dreimal häufiger statt. Mit 1,5°C globaler Erwärmung würden sie viermal so oft stattfinden, und mit 2°C globaler Erwärmung sogar sechsmal. Der Mensch ist nicht für diese enorme Wärme gemacht. Schon heute sind ein Drittel der Hitzetoten in der Schweiz auf die Klimaerwärmung zurückzuführen.

sammlung und überzeugte die Anwesenden. Das, obwohl 60 Prozent der Glarner und Glarnerinnen gegen das viel weniger strenge CO2-Gesetz gestimmt hatten.

Warum ist der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen so zentral? Die jetzigen CO2-Emissionen sind zu 85 bis 90 Prozent auf die Verbrennung von Erdöl, Erdgas und Kohle zurückzuführen. Lag der globale CO2-Ausstoss 1880 noch bei vier Gigatonnen, sind wir inzwischen bei knapp vierzig Gigatonnen. Das zusätzliche CO2 in der Atmosphäre bleibt Hunderte bis Tausende von Jahren bestehen, und jede zusätzlich emittierte Tonne führt deshalb zu einer erhöhten Erderwärmung. Deswegen braucht es den sofortigen Ausstieg oder zumindest eine schnelle Übergangsperiode. Wie würde die Welt im Jahr 2050 aussehen, wenn wir jetzt nicht handeln? Der erste wichtige Schritt, um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu stabilisieren, ist es, die CO2-Emissionen bis 2030 mindestens zu halbieren. Wenn die Emissionen weiter steigen, würde 2050 die globale Erwärmung 2,4°C erreichen. Die Folgen wären verheerend. Hitzeereignisse würden die Norm werden und im Durchschnitt alle zwei Jahr stattfinden. Starkniederschläge würden alle fünf Jahre stattfinden. Dürren ebenfalls in vielen Regionen, darunter auch in Westzentraleuropa. Das alles würde die globale Nahrungssicherheit gefährden. Dabei macht mir die Akkumulierung von extremen Wetterereignissen am meisten Sorgen. Hitzewellen, starke Niederschläge, Überschwemmung, Austrocknung, Gletscherschmelze, Auftauen des Permafrosts, rutschende Hänge – das alles würde zukünftig häufiger passieren. Also wären wir fast ständig im Krisenmodus. Und das weltweit. Ab wann werden solche Krisen Alltag? Wir könnten bald ein solches Szenario erleben: Durch die Hitzewelle in In-

Freiheit und Eigenverantwortung, Unternehmergeist und Weltoffenheit: Die Werte der Schweiz sind das Fundament der ETH Zürich. 540 Professorinnen und Professoren bilden rund 23’000 Studierende aus über 120 Ländern aus. Gemeinsam forschen sie in Natur- und Ingenieurwissenschaften, Architektur, Mathematik, systemorientierten Wissenschaften sowie in Management- und Sozialwissenschaften. Einer ihrer strategischen Schwerpunkte ist die Nachhaltigkeit: Die ETH Zürich ist führend in Klimaforschung, vorbildlich in Sustainability-Lehre und Vorreiter in Anwendung modernster Umwelttechnologien auf ihrem Campus.

«Wir alle haben nur ein Puzzleteil der Lösung», sagt Klimaforscherin Sonia Seneviratne.

dien, die aktuelle Trockenheit in Frankreich und Deutschland und den Krieg in der Ukraine könnte es möglicherweise diesen Sommer zu Nahrungsengpässen kommen. Dabei beeinflusst das Klima in diesem Jahr nur einen Teil des Problems, aber mit zunehmender globaler Erwärmung wird der Einfluss immer grösser. Während der Covid-19 Krise haben wir gesehen, dass bereits bei Maskenengpässen Länder den Handel einschränkten. Wir Schweizer und Schweizerinnen wähnen uns oft in falscher Sicherheit, weil wir ein reiches Land sind. Bei Nahrungsengpässen würde uns das im schlimmsten Fall nichts nützen. Wir sind stark von Lieferketten und deshalb von Klimaverhältnissen in anderen Ländern abhängig. Müssen wir uns auf die Autarkie vorbereiten? Nein, das würde in der Schweiz nicht gehen, das Land ist zu klein. Wegen der Bergregionen haben wir auch nicht genug Fläche, um alle zu ernähren. Viel lieber schauen wir, dass wir ein gutes Verhältnis zu unseren Nachbarn pflegen und uns dafür engagieren, dass die Klimaerwärmung global auf etwa 1,5°C stabilisiert werden kann. Was halten Sie von Massnahmen, die CO2 neutralisieren – zum Beispiel Aufforstung oder Direct Air Capture Technologien, welche die Luft regelrecht ­filtern? Bäume zu pflanzen, wird nicht ausreichen, um Netto-Null zu erreichen. Ausserdem ist das mit der Aufforstung so eine Sache. Einfach irgendwo Flächen anzupflanzen, geht nicht, oft fehlt es an Transparenz. Es braucht lange, bis die Bäume wachsen. Wir müssen unsere CO2-Emissionen bis 2030 halbieren, das geht nicht auf. Mit zunehmender Erwärmung erhöht sich ausserdem das Risiko nach Bränden. Aufforstungsprojekte müssen also gut durchdacht werden und sollten nicht nur für

«Die Akkumulierung von extremen Wetterereignissen bereitet mir am meisten Sorgen.»

Anstieg von CO₂-Emissionen seit 1880 – was zur globalen Klimaerwärmung führte

QUELLE: SCNAT, BASIEREND AUF IPCC SIXTH ASSESSMENT

ANNE MORGENSTERN/ETHZ

Greenwashing-Zertifikaten dienen. Direct Air Capture Technologien helfen sicherlich, jedoch konnten diese bisher nur sehr gering eingesetzt werden. Das Volumen müsste stark erhöht werden. Climeworks, ein ETH-Spin-off, ist dabei ein vielversprechendes Startup und sammelte kürzlich 600 Millionen in einer Finanzierungsrunde, um neue Grossanlagen bauen zu können. Aber auch im besten Fall werden die CO2Mengen, die damit aufgenommen und gespeichert werden, nur einen kleinen Teil, höchstens 10 Prozent, der jetzigen Emissionen betragen. Dies soll primär als Kompensation für Emissionen dienen, die schwer vermeidbar sind, zum Beispiel bei der ­Abfallverbrennung, bei einem Teil der Zementindustrie, und bei Flügen, die nicht vermeidbar sind. Deshalb ist es viel wichtiger, den Anteil an fossilen Energieträgern massiv zu ­reduzieren, vor allem bei der Heizung und im Verkehr. Sollte die Politik strengere Gesetze verabschieden, um den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen voranzutreiben? Es ist klar, dass wir momentan nicht auf Kurs sind. Da ich Klimaforscherin bin und nicht Politikerin, beurteile ich diese Frage als Bürgerin. Spannend zu beobachten ist, dass Gesetze, die Erfolg haben, oft auf Verboten basieren. Dann sind alle nämlich gleichermassen betroffen. Dass das CO2-Gesetz abgelehnt wurde, hatte unter anderem damit zu tun, dass viele glaubten, dass es unfair sei und zu teuer für die Einzelnen. In der Realität hätten die meisten in der Schweiz am Ende eher davon profitiert. Ein interessantes Beispiel aus dem Kanton Glarus zeigt aber, dass die Bevölkerung sehr wohl bereit ist für die Veränderung. An der Landesgemeinde stimmten sie letzten September ab, das Heizen mit Öl oder Gas komplett zu verbieten – sowohl bei Neubauten wie bei Renovationen. Ein junger Mann namens Kaj Weibel ergriff das Wort an der Ver-

Sind Sie also zuversichtlich, dass die Gletscher-Initiative angenommen wird? Damit soll der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen bis 2050 garantieren werden, eine sehr gute Initiative. Ausserdem verlangt sie auch mindestens einen linearen Absenkpfad, sprich: Die Treibhausgasemissionen werden jährlich um denselben Betrag reduziert, was garantiert, dass die Emissionen sofort nach der Implementierung der Initiative reduziert werden. Aktuell wird zur Initiative ein indirekter Gegenvorschlag ausgearbeitet, der den Zielen der Gletscher-Initiative gerecht werden könnte. Damit würde wertvolle Zeit gespart. Denn: Wird der Gegenvorschlag angenommen, würde dieser als Gesetz sofort in Kraft treten. Was gibt es sonst noch, was Ihnen Hoffnung bereitet? Die vielen schlauen Köpfe, welche ich an der ETH treffe. Gerade im Bereich Klima und Energie wird viel geforscht und gearbeitet. Ich sehe enormes Potenzial, jedoch braucht es einen verstärkten Austausch zwischen den einzelnen Departements. Das Wissen soll gebündelt werden. Wir alle haben nur ein Puzzleteil der Lösung. Das müssen wir zusammensetzen, damit ein umfassendes Bild der Zukunft entstehen kann. Welchen Einfluss hat die ETH auf die Gesellschaft? Die ETH und andere Universitäten und Bildungsstätten spielen eine wichtige Rolle, gerade im Bereich Umweltwissenschaft und in der Forschung. Wir kommunizieren Fakten und konzipieren Lösungswege. Neben den Informationen stellen wir Alternativen zur Verfügung, warnen aber auch vor den Risiken – so wie jetzt, wenn es um die Energieträger und den Klimawandel geht. Welches ist Ihr persönlicher Beweggrund, sich für eine enkelfreundliche Zukunft zu engagieren? Ich habe selbst zwei kleine Kinder und will mich für sie und zukünftige Generationen einsetzen. Am Ende meines Lebens will ich nicht zurückschauen und denken, dass die Weltlage in schlimmerer Verfassung ist als bei meiner Geburt. Die Klimakrise geht uns alle an, und ich bin dankbar, mich hierfür an der ETH engagieren zu können. Nachhaltigkeit in Ihren Worten? So zu handeln, dass zukünftigen Generationen nicht negativ beeinträchtigt werden.


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Nachhaltigkeit

NZZ-Verlagsbeilage

Samstag, 11. Juni 2022

Klare Ziele und ein enger Austausch bringen uns voran Der Finanzplatz – so auch UBS – hat sich zum Ziel gesetzt, klimaneutral zu werden. Dazu braucht es neben der Weiterentwicklung von Angeboten einen engen Dialog zwischen Banken, Kunden und Politik.

GETTY IMAGES

RACHEL FASSBIND

Nachhaltige Anlagen kommen hierzulande an: Auch 2021 ist der Markt für diese Investments erneut deutlich gewachsen. Eine von Swiss Sustainable Finance durchgeführte Umfrage zeigt, dass das Volumen letztes Jahr um 30 Prozent auf 1982,7 Milliarden Franken gestiegen ist. 72 Prozent des gesamten Volumens an nachhaltig investierten Anlagen werden dabei von institutionellen Anlegern gehalten. So erstaunt es nicht, dass nachhaltige Themenanlagen 2021 unter allen Anlageansätzen am stärksten gewachsen sind. Die wichtigsten Themen betreffen dabei den Energiebereich, gefolgt von sozialen Anliegen und Umweltthemen, wie die «Swiss Sustainable Investment Market Study 2022» zeigt. Kundinnen und Kunden, denen Nachhaltigkeitsaspekte besonders wichtig sind, bilden also keine Ausnahme mehr. Laut einer Umfrage, durchgeführt vom Zürcher Zentrum für ertragsorientiertes Bankmanagement (ZEB), gaben zwei Drittel der 5000 Befragten in der Schweiz an, eine grundlegende Affinität zur Nachhaltigkeit im Alltag und bei den Finanzen zu haben. Rund 80 Prozent der Teilnehmenden wünschten sich sogar, dass sich ihre Hausbank deutlich mehr in diese Richtung bewegen und vermehrt nachhaltige Lösungen anbieten solle.

Auch UBS spürt dieses Bedürfnis. Rund 11 Milliarden US-Dollar Privatkundenvermögen von UBS-Kundinnen und -Kunden wurden bis Ende letzten Jahres für Impact Investments mobilisiert, wie der «UBS Sustainability Report 2021» ausweist. Diese Investitionen tragen dazu bei, die 17 Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen zu erreichen. Kundinnen und Kunden wollen ihr Geld also verstärkt in nachhaltige Anlagen investieren. Neben der Rendite möchten sie eine positive Wirkung erzielen. Klarer Fokus dabei: die Auswirkungen auf den Klimawandel. Sabine Keller-Busse, Chefin von UBS Schweiz, ist überzeugt: «Wir alle können zum Wandel beitragen. Indem wir Kapital mobilisieren, unterstützen wir unsere Kundinnen und Kunden, Investoren und die Gesellschaft beim Übergang zu einer Netto-Null-Wirtschaft.»

Klare Zielvorgaben sind erforderlich UBS hat sich im vergangenen Jahr zum Netto-Null-Ziel bis 2050 verpflichtet und will bis dahin über alle ihre Geschäftstätigkeiten klimaneutral sein. Um dieses Ziel zu erreichen, werden beispielsweise die Treibhausgasemissionen in den verschiedenen Geschäftsfeldern gemessen sowie Absenkpfade mit klaren Zielvor-

gaben definiert. Ausserdem befindet sich UBS in einem laufenden Dialog mit politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern und Branchenvertretern, um eine wirklich globale Wirkung zu erzielen. Im März dieses Jahres kommunizierte die Schweizer Grossbank in ihrem «Sustainability Report 2021» Ziele für ausgewählte Geschäftstätigkeiten. So soll bis und mit 2030 die Emissionsintensität von UBS-Krediten an Unternehmen aus dem Sektor der Energieerzeugung um 49 Prozent (gegenüber dem Stand von 2020) reduziert werden. Die Emissionsintensität bei UBS-finanzierten kommerziellen Immobilien (Ertrag generierenden Immobilien) möchte man um 44 Prozent senken, bei Wohnimmobilien um 42 Prozent. Denn der Immobiliensektor ist mit einem Anteil von rund 25 Prozent einer der grössten CO2-Emittenten in der Schweiz. Im Sektor der fossilen Brennstoffe sollen die total anrechenbaren, absoluten, finanzierten Emissionen gar um 71 Prozent gesenkt werden. Ausserdem will UBS die historisch verursachten Emissionen aus dem eigenen Geschäftsbetrieb seit dem Jahr 2000 ausgleichen.

Innovation und Transformation wird gefördert Nachhaltigkeit ist eine strategische Wachstumschance und ein Innova-

Entwicklung von nachhaltigen Investitionen in der Schweiz Volumen (in Milliarden CHF)

1982.7

30%

1520.2

1163.3

555.9

2000

619.5

1500

563.7

1000

11%

483.7 260.8

716.6

109%

208.9 390.6

500

455.0 694.5

Fonds

238.2

70.8

57.9 94.4

190.9

2017

2018

Mandate

15%

799.5

470.7

2019

Eigentümer von Vermögenswerten

2020

2021

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QUELLE: SWISS SUSTAINABLE FINANCE

UBS UBS bietet Finanzberatungen und Finanzlösungen für Privatkunden in der Schweiz, sowie für vermögende, institutionelle und Firmenkunden weltweit an. Mit seiner Expertise in nachhaltigen Finanzdienstleistungen treibt das Unternehmen den Wandel zu einer nachhaltigeren Gesellschaft voran. UBS ist dem Netto-Null-Ziel verpflichtet und unterstützt ihre Kunden, Mitarbeitenden, Investoren und die Gesellschaft beim Übergang zu einer nachhaltigen Schweiz.

«Nachhaltigkeit hat bei UBS seit Jahren eine hohe Priorität.» Sabine Keller-Busse President von UBS Switzerland

tionsmotor für die gesamte Schweizer Wirtschaft sowie für die Finanzbranche. Vermögenswerte von Bankkunden sollen vor den negativen Folgen des Klimawandels geschützt und Chancen, die sich aus dem Übergang zu einer CO2armen Wirtschaft ergeben, genutzt werden können. UBS begleitet deshalb Unternehmens- und Privatkunden im Transformationsprozess hin zu mehr Nachhaltigkeit – beispielsweise mit Angeboten im Bereich der Hypothekenfinanzierung und bei der Finanzierung von Unternehmen mittels sogenannter Green Bonds. So können diese beim Erreichen ihrer Nachhaltigkeitsziele unterstützt werden.

Netto-Null-Ziele miteinander erreichen Natürlich müssen sich alle für die Dekarbonisierung stark machen. Durch die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen und das Festlegen von Standards werden klare Richtlinien vorgegeben. UBS ist engagiert, ihre Ziele, wo nötig, an neue Regulierungen anzupassen und technologische Entwicklungen voranzutreiben. Neben der Optimierung und Weiterentwicklung der eigenen Produkte und Dienstleistungen und der Berücksichtigung von Klimarisiken im unternehmensweiten Risikomanagement setzt UBS auf den Austausch mit Stakeholdern wie Behörden, Zentralbanken, politischen Entscheidungsträgern, Wissenschaftlern und Branchenvertretern. «Nachhaltigkeit hat für uns seit Jahren eine hohe Priorität», unterstreicht Sabine Keller-Busse. «Dabei setzen wir uns auch für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Politik, Universitäten und Banken ein – für einen Übergang zu einer nachhaltigeren Schweiz.»


Nachhaltigkeit

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Digitale Lösungen als Schlüssel für eine ökologische Zukunft Swisscom engagiert sich seit über 20 Jahren für Nachhaltigkeit. Um ihre Vorreiterrolle zu behalten, steckt sich das Telekomunternehmen nicht nur selbst hohe Klimaziele, sondern will mit innovativen ICT-Lösungen auch der Kundschaft helfen, CO2 einzusparen. spiel dafür, wie intelligente Landwirtschaft funktionieren kann. Die Firma, an der Swisscom beteiligt ist, stellt Traktoranhänger her, die mit Hightech-Grafik­ chips aus dem Gamer-Umfeld, Hochleistungskameras, Rechner sowie einer Mobilfunkanbindung ausgestattet sind und beim Einsatz auf dem Feld Unkraut nicht nur erkennen, sondern auch gleich zielgenau mit Pestizid besprühen. Sechs Kameras scannen das Feld und speisen die Daten in den Rechner. Dieser wiederum erkennt mittels künst­ licher Intelligenz die Pflanze und gibt im Fall von Unkraut den Befehl, dieses mit einer dosierten Menge Pestizid milli­ metergenau zu bespritzen. Mit regelmässigen Software-Updates wird die Maschine laufend verbessert. Inzwischen ist das System smart genug, um zu wis-

JESSICA FREI

2020 wurde Swisscom vom Magazin «World Finance» zur «Most Sustainable Company in the Telecommunication Industry» gekürt. Eine globale Auszeichnung, die nicht von ungefähr kommt. Der ICT-Konzern mit rund 20 000 Mitarbeitenden verfolgt schon seit mehr als zwei Jahrzehnten eine konsequente Nachhaltigkeitsstrategie. Um 80 Prozent hat Swisscom die CO2-Emissionen in den vergangenen 22 Jahren senken können und ist damit seit 2020 klimaneutral im eigenen Betrieb. Aber damit gibt man sich beim ­führenden Telekomunternehmen der Schweiz nicht zufrieden: Bis 2025 hat Swisscom den Anspruch, über die ­gesamte Wertschöpfungskette hinweg klima­neutral zu werden. «Wir gehen damit einem Schritt weiter als die meisten Grossunternehmen. Die Emissionen des eigenen Betriebs im Griff zu haben ist die Basis zur Senkung des ökologischen Fussabdrucks und da haben wir bereits enorm viel erreicht. Die Überwachung und Senkung der CO2-Emissionen der Zulieferer und Partner entlang mehrerer weltweiter Lieferketten ist die grösste Herausforderung», sagt Saskia Günther, Head of Corporate Responsibility bei Swisscom. Um sicherzustellen, dass die Klimaziele eingehalten werden, seien Verhaltenskodexe, die verbindliche Regeln festlegen, sowie konkrete Vereinbarungen mit den wichtigsten Partnern und Lieferanten deshalb unerlässlich.

«Als Marktführerin wollen wir die nachhaltige Entwicklung vorantreiben.»

Ehrgeizige Klimaziele als Ansporn – sowohl intern als auch extern Die eigenen Emissionen reduziert Swisscom laut Günther konsequent. «Wir tun alles, was möglich ist und kompensieren Restemissionen durch ausgewählte Klima­kompensationsprojekte.» Ein wichtiger Hebel sei die Fahrzeugflotte. «Diese stellen wir komplett auf elek­ trische Antriebe um, wodurch sich der Treibhausgasausstoss der Flotte bis 2025 halbieren und bis 2030 gar auf null reduzieren lässt. Fossile Heizanlagen ersetzen wir in sämtlichen Gebäuden durch Wärmepumpen und unsere Energie beziehen wir seit 2010 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen.» Bis 2030 habe man ausserdem die Ambition, den Stromverbrauch um 20 Prozent zu senken. Keine leichte Aufgabe, angesichts der jährlich steigenden Datenmengen. Dass die Zeit, die ehrgeizigen Ziele zu erreichen, äusserst knapp bemessen ist, beunruhigt Günther nicht. Im Gegenteil: «Das spornt uns an! Je kürzer der Zeitraum, desto

Ein zweites Leben für Smartphones Mit verschiedenen Wiederverwendungsund Kreislaufwirtschafts-Programmen setzt sich Swisscom für einen nachhaltigeren Umgang mit Smartphones ein. 80 Prozent der CO2-Emissionen fallen bei der Herstellung an. Entsprechend helfen Secondhand-Angebote, Treibhausgasemissionen zu vermeiden. Daher sollten die Geräte möglichst lange benutzt werden. Darüber hinaus lässt Swisscom über Recycling-, Reparatur- und Wiederverwendungs-Dienstleistungen im Betrieb eingesetzte Ressourcen wieder in den Kreislauf fliessen und bietet ihren Kund:innen einfache Angebote für den Wiedereinsatz von Materialien und Ressourcen. Smartphones, die nicht weiter genutzt werden können, werden in der Schweiz umweltgerecht rezykliert.

Saskia Günther, Head of Corporate Responsibility bei Swisscom: «Die Emissionen des eigenen Betriebs im Griff zu haben ist die Basis zur Senkung des ökologischen Fussabdrucks.» PD

verbindlicher und messbarer sind unsere Initiativen.» Swisscom geht es aber nicht nur um den eigenen ökologischen Fuss­ abdruck, sondern auch um den Hand­ abdruck – also darum, welchen Beitrag digitale Technologien ganz allgemein zum Klimaschutz leisten können. «Diesbezüglich sind wir bemüht, für unsere Kundschaft innovative Produkte und ICT-Lösungen zu entwickeln, die einen klimafreundlichen Lebensstil erlauben und den CO2-Ausstoss signifikant reduzieren. Als Marktführerin wollen wir auch einen gesellschaftlichen Beitrag leisten und die nachhaltige Entwicklung in unserem Land vorantreiben», erklärt Saskia Günther. Sie ist überzeugt, dass digitale Lösungen der Schlüssel für eine ökologische Zukunft sind. Entsprechend hochgesteckt sind denn auch die Ziele von Swisscom: Insgesamt 1 Million Tonnen CO2 jährlich soll die eigene Kundschaft dank Möglichkeiten und Angeboten, die auf digitalen Technologien basieren, einsparen können. Das sind 2 Prozent des gesamten Treibhausgasausstosses der Schweiz. Gemäss

der Studie «SMARTer 2030» der Global e-Sustainability Initiative können ICTLösungen die globalen CO2-Emissionen bis 2030 gar um 20 Prozent senken.

Internet of Things als Grundlage für nachhaltige Geschäftsmodelle Die Massnahmen, die Swisscom ergreift, um ihre Kundschaft dabei zu unterstützen, den CO2-Ausstoss zu reduzieren, sind vielfältig. «Unsere Produkte ermöglichen beispielsweise virtuelle ­Konferenzen, Homeoffice oder ortsunabhängiges Arbeiten, was den Reisebedarf senkt. Und dank unseren energieeffizienten Rechenzentren können wir Cloud-Lösungen anbieten, die für einen klimafreundlichen Betrieb der IT sorgen», zählt Günther auf. Im Fokus von Swisscom stünden aber insbesondere auch Produkte, die es Kund:innen erlauben würden, ihre Geräte, Prozesse oder Fahrzeuge über das Internet der Dinge (IoT) intelligent zu steuern, sagt die Head of Corporate Re-

sponsibility: «Die Vernetzung von Menschen und Dingen mittels Connectivity und geeigneten ICT-Lösungen ist unsere Kernkompetenz. Unser Anspruch ist es, mit IoT-Innovationen neue Geschäftsmodelle voranzutreiben, die das Potenzial haben, das Klima positiv zu beeinflussen. Dafür investieren wir Milliarden Franken in unsere Infrastruktur.» Die Möglichkeiten scheinen schier unbegrenzt und reichen vom intel­ ligenten Notfallkoffer über medizinische Diagnostik «as a Service» bis hin zum Getränkeautomaten, der selbst Nachschub bestellt, oder Smart Farming.

Smart Farming: Mit 5G und Gamer Hightech für mehr Biodiversität «Mit Swisscom Ventures investieren wir gezielt in Jungunternehmen, die nachhaltige Technologien fördern», erklärt Günther. «Dies ist auch ein Teil unserer Klimastrategie und hilft uns, CO2 zu reduzieren.» Das Westschweizer Startup Ecorobotix ist ihr zufolge ein gutes Bei-

sen, wann eine Pflanze bereits behandelt wurde. Im Unterschied zu einem konventionellen Traktor, der die Pestizide während der Fahrt über dem gesamten Feld ausbreitet, wird mit Ecorobotix nur das Unkraut und nicht die eigentliche Nutzpflanze behandelt. Dadurch kann der Einsatz von Pestiziden um bis zu 95 Prozent reduziert werden – mit positivem Effekt für die Biodiversität und die Umwelt. Smarte digitale Lösungen können also effizient dazu beitragen, das Klima zu schützen und die Wirtschaft und den Alltag nachhaltiger zu gestalten. Das stimmt Saskia Günther hoffnungsvoll: «Die Digitalisierung bietet enorme Chancen und verschiebt die Grenzen unserer technologischen Möglichkeiten stetig weiter. Dadurch entsteht Raum für herausragende und dringend benötigte Klimaschutzlösungen. Bei Swisscom sind wir stolz darauf, diesen Wandel aktiv zu fördern und mit innovativen Lösungen einen Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der UNO zu leisten.» Nach mehr als 20 Jahren ist Swisscom noch lange nicht müde und will ihre Vorreiterrolle hierzulande dank noch mehr Engagement in nachhaltige Technologien und Angebote behalten. Denn gemäss der Nachhaltigkeitsverantwortlichen des Telekomunternehmens «ist es eine Frage der Haltung und Verantwortung, dass Betriebe jetzt statt irgendwann in Klimaschutzmassnahmen investieren müssen».

Swisscom Swisscom ist bereit für mehr Nachhaltigkeit und wurde zum nachhaltigsten Telekomunternehmen der Welt ausgezeichnet. Das ist eine schöne Bestätigung des bisherigen Wegs und vor allem ein Ansporn, diesen weiterzugehen. Als führende ICT-Anbieterin der Schweiz schafft Swisscom die Voraussetzungen für die Vernetzung von Menschen, Maschinen und Dingen. Dank dem Netz der Zukunft ermöglicht die Dienstleisterin eine leistungsfähige und sichere Datenübertragung. Swisscom begleitet Private und Unternehmen auf dem Weg in die Digitalisierung und verhilft ihnen mit einfachen, inspirierenden Lösungen zu neuen Erlebnissen.


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Nachhaltigkeit

NZZ-Verlagsbeilage

Samstag, 11. Juni 2022

Die britische Pop-Rock-Band Coldplay setzt bei ihrer aktuellen Welttournee auf eine App von SAP. FOTOS: PD

Dank Transformation gegen den Klimawandel SAP unterstützt Unternehmen auf diesem Weg in die Zukunft mit digitalen Lösungen über alle Abteilungen, Aufgabenfelder, Branchen, Lieferketten und Märkte hinweg. Dabei zeigt sich: Nachhaltigkeit und Profitabilität sind kein Widerspruch mehr. MICHAEL BAUMANN

Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind die Themen der Stunde. Kein Unternehmen kann es sich noch leisten, sich nicht damit zu beschäftigen, ohne den Geschäftserfolg zu gefährden. «Nur gemeinsam lässt sich eine nachhaltige Zukunft gestalten, die frei von Emissionen, Abfall und Ungleichheit ist», ist Michael Locher-Tjoa, Managing Director von SAP Schweiz, überzeugt. Diese Maxime verfolgt der deutsche Softwarehersteller SAP für sich selbst und für seine Kunden. Denn auch diese wollen ihr Unternehmen nachhaltig führen und gleichzeitig dauerhaft gute Geschäftsergebnisse erzielen. Dabei unterstützt sie SAP mit Lösungen, die sowohl unternehmensweite als auch branchenspezifische Nachhaltigkeitsfunktionen bieten. Mit ihnen lässt sich die Nachhaltigkeit in grossem Stil fördern und vorantreiben, indem operative und finanzielle Einblicke in die Kerngeschäftsprozesse inte­ griert werden.

Zusammenarbeit mit Coldplay Es müssen nicht nur klassische Firmen sein, die sich der Nachhaltigkeit verschreiben. Auch die britische Pop-RockBand Coldplay zum Beispiel spannt in dieser Beziehung mit SAP zusammen. Das Ziel der Musiker ist es, die aktuelle Welttournee «Music of the Spheres» möglichst CO2-neutral zu gestalten und so nachhaltig und umweltfreundlich wie noch nie zu machen. Der Band um Frontmann Chris Martin ging es vor allem darum, den Energieverbrauch zu senken, umweltfreundlichere Technologien zu nutzen und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Dazu wollten die Musiker auch ihre Fans miteinbeziehen und ihnen ein besonderes Konzerterlebnis bieten. Um diese Vision umzusetzen, schaute sich die Band nach einem Partner um – und stiess auf den deutschen Softwareanbieter. «Coldplay und SAP haben eines gemeinsam: Beide setzen sich für Nachhaltigkeit ein. Wir freuen uns, unsere Kräfte zu bündeln, um ihre Tournee so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten», erklärte unlängst Christian Klein, CEO sowie Mitglied des Vorstands der SAP SE. SAP hat für Coldplay eine Tour-App entwickelt, die ausser den Konzertinformationen auch interaktive Erlebnisse

zum Thema Nachhaltigkeit vermittelt und Funktionen enthält, die den Fans helfen, umweltbewusstere Entscheidungen für ihre Anreise zu treffen. Mit der App kann man während der gesamten Tournee ins Coldplay-Universum eintauchen. Sie zeigt etwa auf, wie sich die geplante Art der An- und Abreise auf den persönlichen CO2-Fussabdruck auswirkt. Zur Auswahl stehen sieben verschiedene Beförderungsarten: Auto, Taxi, Zug, öffentlicher Nahverkehr, Fahrrad, Fussmarsch oder Flug. Damit lassen sich die Auswirkungen der Anreise simulieren. Konzertbesuchende, die sich entscheiden, die klimafreundlichen Optionen zu nutzen, erhalten Rabattcodes für Merchandise-Artikel im Coldplay-Onlineshop. Zum Einsatz für die App kommen die SAP-Business-Technology-Platform und die SAP Cloud for Sustainable Enterprises. Im Fall von Coldplay kommt noch die SAP Analytics Cloud dazu, damit die Band einen Überblick über den CO2-Fussabdruck erhält, der durch die An- sowie Abreise der Fans verursacht wird. Die Musiker können so stets verfolgen, wie die berechneten CO2-Emissionen kompensiert werden. Aber auch im Alltag leistet SAP der Nachhaltigkeit Vorschub. Laut Sabine Bendiek, Chief People & Operating Officer und Mitglied des Vorstands der SAP SE, steht die konzerneigene Technologie im Mittelpunkt eines Grossteils der weltweiten Transformation und der Verfolgung der 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen. Denn viele Unternehmen und Behörden würden die neue Generation der SAP-Software einführen. Ein Beispiel ist Coop: In Zusammenarbeit mit dem Schweizer Detailhändler wurde ein Addon für die Nachschubplanung entwickelt. Dieses nutzt künstliche Intelligenz, um die Kosten und die Menge verdorbener Lebensmittel zu reduzieren. Die hochautomatisierte IT-Lösung SAP Replenishment Planning macht aufgrund von Verkaufsdaten präzise Bedarfsprognosen und berechnet die optimale Bestellmengen – für jedes Produkt und jede Filiale. Berücksichtigt werden auch die Haltbarkeit und die Kapazität in den Regalen.

fungskette Netto-Null zu erreichen, und das im Einklang mit dem 1,5-Grad-Celsius-Ziel des Pariser Abkommens. Dieses ehrgeizige Ziel soll nun sogar früher realisiert werden als ursprünglich geplant, schreibt Daniel Schmid, Chief Sustainability Officer bei SAP, in einem Blog-Beitrag. Bereits 2023 will das Unternehmen im eigenen Betrieb Klimaneutralität erreicht haben, so Schmid. Er glaubt nicht, dass diese Absichten zu kühn sind. Die COP26-Klimakonferenz der UNO vergangenes Jahr in Glasgow und der damit verbundene Klimapakt hätten ein starkes Signal an Länder und Unternehmen ausgesendet, sich ehrgeizigere Ziele zu setzen, um weitere irreversible Schäden durch den Klimawandel zu verhindern. Laut Schmid will SAP mit diesen Ambitionen gross herauskommen und den Mut zum Handeln beweisen, um dem Ziel gerecht zu werden, der Welt zu helfen und das Leben der Menschen zu verbessern. Nachhaltigkeit ist für SAP nicht nur ein Lippenbekenntnis, weil das Thema gerade en vogue ist: Schon seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sich der Konzern mit dem Thema Nachhaltigkeit, um positive wirtschaftliche, ökologische und soziale Auswirkungen zu erzielen. Die Festlegung und Überwachung ehrgeiziger und messbarer Ziele bei gleichzeitiger Nutzung digitaler Lösungen hat sich als entscheidend für die Dekarbonisierung erwiesen. Die Anhebung des Ziels, Netto-Null schon bis 2030 zu erreichen, ist daher einer der wichtigsten Eckpfeiler auf dem Weg zur Umsetzung des ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatzes, der sich auf den Klimaschutz, die Kreislaufwirtschaft, die soziale Verantwortung, die ganzheitliche Steuerung

Grosse Hebelwirkung erzielen Dank der internationalen Ausrichtung von SAP hat der Softwarehersteller eine grosse Hebelwirkung, um andere Firmen bei der schnellen Einführung ganzheitlicher Nachhaltigkeitsmanagement-Funktionen zu unterstützen. Der Fokus liegt gemäss den Ausführungen von Daniel Schmid auf der Beschleunigung der Transformation von On-Premise-Kunden in die Cloud. Auch soll die Zusammenarbeit mit wichtigen Lieferanten weiter gestärkt werden, um sich zu Netto-Null zu verpflichten und Produkte und Dienstleistungen auf einer klimaneutralen Basis zu liefern. Ein wichtiger Punkt sei zudem die Nutzung erstklassiger Rechenzentren – die eigenen, die Co-Locations und Hyperscaler – mit nachhaltiger Programmierung und einem Cloud-Carbon-FootprintRechner für alle SAP-Cloud-Lösungen. Die verbleibenden Kohlenstoffemissionen sollen durch die Förderung von Direktinvestitionen in erneuerbaren Strom sowie natur- und technikbasierte Fonds neutralisiert werden. Der nächste Schritt besteht für SAP darin, eine externe Validierung durch die Science Based Targets initiative (SBTi) zu erhalten. Luka Mucic, CFO, Mitglied des Vorstands der SAP SE und Vorstandssponsor für Nachhaltigkeit bei SAP, schrieb dazu im gleichen BlogBeitrag: «Wir müssen die Weltwirtschaft neu erfinden. Das ist es, was es braucht, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Wir alle müssen

Nachhaltigkeit in das Gefüge unserer Geschäftstätigkeit einbauen. Nur wenn eine Geschäftsstrategie selbst nachhaltig ist und in alle Aspekte des Geschäfts eingebettet ist, können wir negative Auswirkungen reduzieren und regenerative Systeme schaffen.» Dem Klimawandel aktiv entgegenzuwirken ist für die Unternehmen auf der ganzen Welt eine Herausforderung. Es ist vor allem nicht einfach, alle indirekten Emissionen des Geschäftsbetriebs zu erfassen. Mit der Hilfe von Spezialisten und Innovationen wie SAP Cloud for Sustainable Enterprises gibt es immer mehr intelligente, nachhaltige Unternehmen, die mit digitalen Lösungen und Funktionen in der Lage sind, ihre betriebliche Nachhaltigkeitsleistung über alle Kontaktpunkte hinweg zu messen sowie zu steuern. Damit leisten sie einen positiven Beitrag für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Umwelt-, Sozial- und Finanzdaten lassen sich zum Beispiel ganzheitlich erfassen, um ein Unternehmen zu besseren Entscheidungen zu bringen. Und die Umweltbelastung kann gesenkt werden, indem eine Firma den CO2Fussabdruck ihrer Produkte und Prozesse auf ein Minimum reduziert. Um Abfall zu vermeiden, kann die gesamte Liefer- und Wertschöpfungskette auf Kreislaufprozesse umgestellt werden. Mit SAP Cloud for Sustainable En­ terprises, einem umfassenden Angebot, werden die erforderlichen Daten und Prozesse integriert. Mit nur einer Lizenz sind Unternehmen in der Lage, ihren CO2-Fussabdruck zu steuern, Materialverschwendung zu reduzieren und soziale Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

SAP

Ehrgeizige Klimaziele setzen SAP hat sich dazu verpflichtet, bis im Jahr 2030 entlang der ganzen Wertschöp-

und Berichterstattung sowie die vielen Bereiche der Vernetzung erstreckt, wie Schmid ausführt.

Michael Locher-Tjoa, Managing Director von SAP Schweiz.

Die Strategie von SAP soll helfen, jedes Unternehmen in eine intelligente, nachhaltige Firma zu verwandeln. Als ein Marktführer für Geschäftssoftware unterstützt SAP Unternehmen jeder Grösse und Branche dabei, ihre Ziele bestmöglich zu erreichen. Der Softwareanbieter hilft Menschen und Firmen, fundiertes Wissen über ihre

Organisationen zu gewinnen, fördert die Zusammenarbeit und unterstützt so, dem Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein. Mit einem globalen Netzwerk aus Kunden, Partnern, Mitarbeitenden und Vordenkerinnen und Vordenkern hilft SAP, die Abläufe der weltweiten Wirtschaft und das Leben von Menschen zu verbessern.


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Die Kreislaufwirtschaft nimmt Fahrt auf Sparsame Autos zu entwickeln reicht im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen nicht mehr aus. Für den Münchner Automobilhersteller BMW ist klar, dass nur ein zirkuläres System wirklich nachhaltig ist. Es steht ein Paradigmenwechsel an. DAVID SCHNAPP

Überdenken, reduzieren, wiederverwenden und wiederverwerten – so lauten die vier Säulen der Kreislaufwirtschaft, auf die der Münchner Automobil­hersteller BMW seine Zukunftsstrategie der Nachhaltigkeit stellt: RE:THINK, RE:DUCE, RE:USE, RE:CYCLE sind bei BMW die Leitmotive für die sogenannte Circular Economy. Längst geht es nicht mehr nur darum, batterieelektrische Fahrzeuge oder solche mit möglichst sparsamen Verbrennungsmotoren zu entwickeln. Der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen verlangt nach weitreichenderen Strategien, davon ist man bei BMW überzeugt. CO2-Emissionen sollen nicht nur beim fahrenden Kunden möglichst tief ausfallen. Vielmehr muss ein umfassender, verantwortungsvoller Umgang mit Rohstoffen und Energie in sämtlichen Bereichen der Automobilent­ wicklung und -fertigung das Handeln bestimmen.

Eine ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategie Um die Zukunft des Planeten zu sichern, ist für BMW-Chef Oliver Zipse eine zirkuläre Wirtschaft erforderlich. «Der Umgang mit CO2-Emissionen ist zu einem zentralen Bewertungsfaktor für unternehmerisches Handeln geworden. Dabei ist die entscheidende Währung für den Klimaschutz: Wie stark können wir den CO2-Fussabdruck von Fahrzeugen über ihren gesamten Lebenszyklus verringern? Dazu setzen wir uns transparente und ambitionierte Ziele zur substanziellen Reduzierung von CO2-Emissionen, die von der Science Based Targets initiative validiert sind und einen wirksamen und messbaren Beitrag liefern», sagt der deutsche Spitzen­ Manager, der seit 1991 bei BMW tätig ist und dem Konzern seit 2019 vorsteht. Die so skizzierte ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategie umfasst viele Gebiete – von der Stahlherstellung über die Zusammensetzung von Akkus für Elektroautos bis zum Energiebezug für den Betrieb von BMW-Werken. Anfang Jahr beispielsweise wurde bekanntgegeben, dass die BMW Group den Bezug von Stahl aus CO2-armer Herstel-

Der BMW i Vision Circular zeigt, wie umfassend und konsequent wir nachhaltige Mobilität denken. FOTOS: PD

lung ausweitet. Der umweltfreundliche Stahl wird nicht mit fossilen Rohstoffen wie Kohle hergestellt, sondern auf Basis von Erdgas oder Wasserstoff und grünem Strom. Dank Vereinbarungen mit den Zulieferern Salzgitter AG und H2 Green Steel sollen bis zum Jahr 2030 mehr als 40 Prozent des Bedarfs in den euro­päischen Werken mit Stahl aus CO2­ armer Produktion abgedeckt werden. Die CO2-Emissionen werden dadurch um bis zu 400’000 Tonnen pro Jahr vermindert. Einen speziellen Fokus legt der Konzern auch auf die Rohstoffgewinnung, die für batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge notwendig sind – und wo der Bedarf an Metallen wie etwa Kobalt, Nickel und Aluminium für den Hochvoltspei-

cher der Fahrzeuge mit dem Angebotsausbau naturgemäss steigt. Hier liege ein grosses Potenzial, um die Materialien im Sinne einer Kreislaufwirtschaft wiederzuverwenden – denn für die Hochvoltspeicher ihrer Fahrzeuge hat die BMW Group zusammen mit Partnern bereits eine technische Machbarkeit der Recycling-Effizienz von über 90 Prozent nachgewiesen. Im Hochvoltspeicher des neuen BMW iX etwa liegt der Anteil von Sekundär-Nickel bereits bei bis zu 50 Prozent, beim Gehäuse beträgt der Anteil von Sekundär-Aluminium bis zu 30 Prozent. Diese Werte will die BMW Group für zukünftige Produktgenerationen nochmals deutlich ausbauen. Denn die Bereitstellung von Sekundärmaterialien

«Unsere Spitzenposition bei der Ressourceneffizienz in der Produktion wollen wir auf den gesamten Lebenszyklus unserer Fahrzeuge ausweiten.» Oliver Zipse Vorstandsvorsitzender der BMW Group

ist deutlich weniger CO2-intensiv, als dies bei Primärmaterial der Fall ist. Damit kann die CO2-Bilanz von Fahrzeugen – insbesondere bei Einbeziehung der gesamten Lieferkette in die Rechnung – deutlich verbessert werden. Bei Sekundär-Aluminium liegt die CO2-Einsparung gegenüber Primärmaterial etwa bei Faktor 4 bis 6, Stahl und Thermoplasten kommen auf Faktor 2 bis 5.

Recycling beginnt bei der Planung

Oliver Zipse, Vorstandsvorsitzender der BMW Group.

Heute werden Fahrzeuge im Durchschnitt zu knapp 30 Prozent aus rezyklierten und wiederverwendeten Materialien gefertigt. Mit dem Ansatz Secondary First soll dieser Wert sukzessiv auf

50 Prozent ausgebaut werden. In einem Pilotprojekt mit BASF und der ALBA Group beispielsweise wird erforscht, wie es gelingen kann, noch mehr AutomobilKunststoffe wiederzuverwerten. Der Ansatz einer erhöhten Wiederverwertungsquote beginnt allerdings bereits bei der Grundidee für ein Fahrzeug: Schon das Design und die Konstruktion eines Autos sollten darauf ausgelegt sein, am Ende von dessen Lebenszyklus Sekundärmaterialien möglichst schnell und kosteneffizient demontieren zu können. So lässt sich ein wettbewerbsfähiger Preis erzielen. Dass ein solcher umfassender Ansatz in der industriellen Produktion nicht dazu führt, dass man sich im Kreis bewegt, sondern sich einen sinnvollen Weg in die Zukunft baut, wird am Beispiel des Konzeptfahrzeugs BMW i Vision Circular sichtbar. So soll nach den Vorstellungen der Designer und Entwickler der Marke im Jahr 2040 Nachhaltigkeit und Luxus harmonisch in einem Fahrzeug vereint werden können. Das Konzeptauto ist konsequent nach den Gesetzen der Kreislaufwirtschaft designt und gefertigt, es wird vollelektrisch angetrieben, vollständig aus Sekundärmaterial hergestellt und bietet auf vier Metern Länge in einem grosszügigen Innenraum Platz für vier Personen. «Der BMW i Vision Circular zeigt, wie umfassend und konsequent wir nachhaltige Mobilität denken. Er steht für unseren Anspruch, Vorreiter bei der Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft zu sein. Unsere Spitzenposition bei der Ressourceneffizienz in der Produktion wollen wir auf den gesamten Lebenszyklus unserer Fahrzeuge ausweiten. Dabei geht es auch um betriebswirtschaftliche Nachhaltigkeit. Denn die aktuelle Entwicklung von Rohstoffpreisen zeigt, mit welchen Auswirkungen eine Industrie rechnen muss, die von begrenzten Ressourcen abhängig ist», sagt der Vorstandsvorsitzende der BMW AG, Oliver Zipse. Die Leitmotive der BMW Group für die eigene Idee einer Kreislaufwirtschaft wurden beim BMW i Vision Circular exemplarisch angewandt: RE:THINK bedeutet, alles in Frage zu stellen, Fertigungstechnologien und Prozesse wurden hinterfragt und neu gedacht. RE:DUCE kommt bei BMW schon lange unter dem Prinzip «I do more with less» zur Anwendung. Der BMW i Vision Circular zeigt dies durch die konsequente Re-

BMW Der nachhaltigste Premium-Hersteller für individuelle Mobilität zu sein – das ist der Anspruch der BMW Group. Das Unternehmen verfolgt die Vision einer Circular Economy und ist als erster deutscher Automobilhersteller der Business Ambition for 1,5°C der Science Based Targets initiative (SBTi) beigetreten. Die BMW Group ist der weltweit führende Premium-Hersteller von Automobilen und Motorrädern. duktion von Bauteilen, Materialgruppen und Oberflächenveredelungen. So wurde auf Aussenlacke, Leder und Chrom verzichtet. Darüber hinaus tragen Materialien aus biobasierten Rohstoffen dazu bei, den ökologischen Fussabdruck so gering wie möglich zu halten.

Ein langlebiges Produkt ist grundsätzlich nachhaltig. Im Sinne von RE:USE kann das Konzeptfahrzeug dank digitalen Techniken immer wieder neu erfunden werden. Anzeigeflächen innen und aussen erlauben es dem Besitzer, seinem Auto wechselnde neue Impulse zu geben. Es kann aber auch wiederaufbereitet oder neugestaltet werden, indem einzelne Materialien ausgetauscht werden. Diese Möglichkeiten sorgen laut BMW für ein abwechslungsreiches Produkteerlebnis und eine stark erhöhte Nutzungsbereitschaft und -dauer. Bei den Materialien liegt der Fokus auf Rezykliertem (RE:CYCLE), das am Ende des Produktlebenszyklus wiederverwendet werden soll. Entscheidend für gutes Recycling sind wenige unterschiedliche Materialgruppen aus Monomaterialien, deren Verbindungen sich einfach trennen lassen. Daher verzichtet der BMW i Vision Circular auf Verklebungen oder Verbundwerkstoffe und nutzt clevere Verbindungslösungen wie Kordeln, Knöpfe und Schnellverschlüsse. Der BMW i Vision Circular zeigt auf verblüffende Weise, wie komplex ein zirkulärer industrieller Ansatz ist – und wie interessant es ist, mit der Kreislauf-Methode einen nachhaltigen Ansatz für die Zukunft zu entwickeln.


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Warum eigentlich hat sich die BKW vom klassischen Stromkonzern verabschiedet und sich zum Energie- und Infrastrukturunternehmen entwickelt? Ronald Trächsel: Als klassischer Energiekonzern ist man vom Strompreis abhängig, der bekanntlich hohen Schwankungen unterworfen ist. Das führt zu grossen Unsicherheiten, was langfristige Investitionen anbelangt. Und Energieinvestitionen sind immer langfristig. Wir reden von einem Zeit­ horizont von 40 bis 60 Jahren. Als Unternehmen kann man die Risiken kaum tragen, wenn man nur auf eine Sache ausgerichtet ist.

Zur Person CFO Ronald Trächsel (62) ist seit acht Jahren für die BKW tätig. Als begeisterter Bergsportler liegt ihm die Erhaltung der Natur und damit der Kampf gegen den Klimawandel am Herzen. Es ist dem CFO der BKW daher ein grosser Antrieb in seiner täglichen Arbeit, Lösungen zu unterstützen, die unser Leben modern gestalten und zugleich die Umwelt nicht belasten.

Das Klumpenrisiko zu mindern war also der Antrieb für eine neue Ausrichtung hin zur Diversifizierung? Ganz genau, wir wollten unsere Risiken besser verteilen und dabei energienah bleiben. So haben wir Wachstumsmärkte gesucht, die uns nicht in Abhängigkeit vom Strompreis bringen und dabei die ganze Wertschöpfungskette Energie abdecken.

setzt werden kann, ist mit enormen Kosten verbunden. Sind denn auch die hohen Kosten der Grund, dass es in der Schweiz so wenig Windparks gibt? Windparks sind heute in der Schweiz praktisch nicht realisierbar. Die Bewilligungsverfahren dauern viel zu lange, und weil sich die Technologie ständig weiterentwickelt, muss das Bewilligungsprozedere stets wieder von Neuem aufgerollt werden. Man kommt nicht vom Fleck. Zwar ist man sich am runden Tisch oft einig, dass dies geändert werden muss. Sobald dieser aber verlassen wird, verfolgen die Interessensverbände wieder ihre Partialinteressen.

Die Strategie scheint aufzugehen, denn die BKW wirkt selbst in diesen unsicheren Zeiten entspannt und spricht sich im Gegensatz zu anderen Stromkonzernen gegen den Rettungsschirm des Bundesrats aus. Absolut, die BKW ist finanziell sehr solide aufgestellt und geht nur Risiken ein, die sie auch unter Stress aus eigener Kraft stemmen kann. Wir sehen nicht ein, warum wir unter diesen Rettungsschirm gezwungen werden und pro Jahr Bereitstellungsgebühren in Millionenhöhe zahlen sollten für etwas, das wir weder wollen noch benötigen. Wird die neue Ausrichtung der BKW positiv wahrgenommen oder stossen Sie damit auf Kritik? Am Anfang hiess es, jetzt dringt die BKW als grosser Player in den Dienstleistungsbereich. Dies führte zu Widerstand. Doch mittlerweile hat man erkannt, dass eine Transformation des Energiesystems nur dann gelingt, wenn man sich auch um den Energieverbrauch kümmert. Als Stromkonzern ist man dafür geradezu prädestiniert. Wohin führt der Weg in Zukunft? Während unsere Strategie zu Beginn vor allem durch Sicherheitsdenken geprägt war, sind es heute Wachstumsüberlegungen, die unsere Strategie bestimmen. Betrachtet man die ganze Wertschöpfungskette, so gibt es neben der Energieproduktion die Verteilung der Energie und schliesslich den Energieverbrauch. Wir fokussieren uns immer mehr auch auf den Verbrauch und fragen uns, wie sich dieser steuern und wie sich die Effizienz steigern lässt. Diesen interessanten Wachstumsmarkt zu bespielen, darin sehen wir unsere Zukunft. Was sind die Trends im Bereich der Energie? Die grossen Themen sind Dekarbonisierung und Urbanisierung. Um von den fossilen Energien wegzukommen, werden wir immer mehr Strom benötigen. Wenn wir uns dabei nur um die Produktion des Stroms kümmern, wird die Transformation kaum gelingen. Wir werden uns zwingend auch um den Stromverbrauch kümmern müssen. Die Konsumenten müssen also zu mehr Verzicht erzogen werden? Nein, Verzicht alleine funktioniert nicht. Langfristig werden wir keine nachhaltige Lösung finden, die auf Verzicht und Einschränkung basiert. Wir sagen den Menschen nicht, heizt weniger, braucht weniger Licht, sondern wir stellen die

BKW Die BKW ist ein wachsendes Netzwerk und besteht aus über 11 000 Mitarbeitenden in 130 Unternehmen in der Schweiz und Europa. Das Unternehmen steht für eine zukunftsfähige Energieproduktion, eine ressourcenschonende Infrastruktur und umweltschonende Gebäude. Seine Expert:innen beraten Kund:innen beim Engineering, bei der Gebäudetechnik und bei einer smarten Energiebeschaffung.

Ronald Trächsel, CFO der BKW: «Regulierung ist nicht die Lösung. Der Markt sollte frei spielen.»

PD

«Es ergibt keinen Sinn, wenn alle nur für sich schauen» Die BKW wandelt sich vom klassischen Stromkonzern zu einem erfolgreichen Energie- und Infrastrukturunternehmen. CFO Ronald Trächsel erzählt, warum Verzicht allein nicht funktioniert und warum wir schon bald vor Stromversorgungsproblemen stehen könnten. Frage, wie zum Beispiel die Heizung und die Verbrauchssteuerung im Haus intelligenter gemacht werden können, damit sie weniger Strom verbrauchen. Nachhaltige Lösungen lassen sich nur dann finden, wenn auf intelligente und fortschrittliche Technologien gesetzt wird. Möchten Sie damit sagen, dass der einzelne Konsument ohnehin nicht viel bewirken kann? Es ergibt keinen Sinn und wird nicht ausreichen, wenn alle nur für sich schauen. Die Lösungsansätze müssen gemeinsam gefunden und umgesetzt werden. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass jeder Einzelne sich der Thematik bewusst ist und sich in Achtsamkeit übt. Was kann ein Stromkonzern wie die BKW dazu beitragen? Wir sehen unsere Aufgabe darin, mit unseren Dienstleistungen Wege aufzuzeigen, um zum Beispiel die Energiesteuerung oder die Gebäudeautomatik intelligenter zu gestalten. Ein wichtiger Faktor ist die Form eines Gebäudes. Rund vierzig Prozent der

möglichen Effizienzverbesserungen werden durch die Form und Hülle des Gebäudes definiert. Daher haben wir uns in letzter Zeit verstärkt auf die Generalplanung, aufs Engineering und auf die Architektur fokussiert. Wie sieht der öffentliche Lebensraum in Zukunft aus? Wir werden sowohl öffentlichen als auch privaten Raum schaffen müssen, der ein vernetztes Leben zulässt. Ich sehe die Zukunft im Sharing. Nicht nur in der Mobilität, sondern auch im Wohnen, indem zum Beispiel bei neuen Überbauungen gemeinschaftlich nutzbare Räume entstehen. Aber auch gemeinsame Heiz- oder Energiegewinnungssysteme. Auch werden immer mehr Bereiche digitalisiert, was wiederum Vernetzungsmöglichkeiten erlaubt. Dafür müssen die notwendigen Infrastrukturen geschaffen werden. Können Sie ein konkretes Beispiel für eine gemeinschaftliche Lösung nennen? Die Wasserleitungen in der Schweiz sind relativ alt und verursachen hohe Wasserverluste. Gibt es einen Wasserschaden,

entstehen bei der Reparatur hohe Kosten, weil die ganze Strasse aufgespitzt werden muss, um das Leck zu finden. Wir bieten Steuerungssysteme mit intelligenten Hydranten, die mit Hilfe von Schall, Wärmentwicklung und Erschütterungssensoren herausfinden, wo genau der Schaden entstanden ist. So kann die Intervention am richtigen Ort erfolgen, und die Gemeinde spart viel Geld. Wo steht die Schweiz im internationalen Vergleich? Die Schweiz ist gut unterwegs, ein ganzheitliches Denken ist durchaus vorhanden. Elektroautos haben Zukunft. Wer aber keinen eigenen Parkplatz besitzt und auf die Blaue Zone angewiesen ist, hat keine Möglichkeit, sein Auto aufzuladen. Wäre es nicht angebracht, öffentliche Parkplätze mit Ladestationen auszustatten, so wie es beispielsweise in London bereits der Fall ist? Die Technik wäre jedenfalls so weit. Das Problem sind die Kosten. Um eine Strassenlaterne auf Starkstrom umzurüsten, damit sie auch als Ladestation einge-

Investiert die BKW denn überhaupt noch in Windenergie? Ja, aber zum Beispiel in Frankreich, wo im Normalfall innert fünf Jahren ein Windpark bewilligt ist, während in der Schweiz 20 Jahre darüber debattiert wird. Wenn man will, dass in der Schweiz in Windenergie und andere erneuerbare Technologie investiert wird, um die Abhängigkeit vom Ausland zu reduzieren und den CO2-Ausstoss zu verringern, wird man die entsprechenden Rahmenbedingungen dazu schaffen und bereit sein müssen, mit den Konsequenzen zu leben. Dazu müssen aber zuerst zwei oder drei Grundsatzfragen beantwortet werden. Die da wären? Wie autark wollen wir in der Schweiz in Sachen Energie überhaupt sein? Wann wollen wir diese Ziele erreichen und wie verträgt sich das mit unseren CO2-Zielen? Ist der Föderalismus Fluch oder Segen? Sowohl als auch: Es ist wichtig, dass alle die gleichen Ziele haben und am selben Strick ziehen – auf nationaler wie internationaler Ebene. Aber die Umsetzung sollte so dezentral wie möglich erfolgen. Dezentral entscheidet man situativ besser und in der Regel auch schneller. Hier ist der Föderalismus von Vorteil. Was ärgert Sie? Der Regulierungsdruck nimmt wegen des Preisdrucks zu. Das bremst die Nachhaltigkeitsentwicklung eher, als dass sie sie fördert. Das macht mir Sorgen. Ich finde es falsch, dass man versucht, Probleme mit noch mehr Regulierung anzugehen. Regulierung ist nicht die Lösung. Man muss probieren, innerhalb der Rahmenbedingungen möglichst viel Markt zuzulassen. Der Markt sollte frei spielen. Wir werden im Moment durch Regulierungsvorschriften im unternehmerischen Vorwärtskommen gebremst. Macht Energieministerin Simonetta Sommaruga einen guten Job? Es ist eine Art neuer Realitätssinn eingekehrt, was sicher auch Frau Sommaruga zu verdanken ist. Früher hat man darüber gestritten, ob es ein Problem mit der Energieversorgung gibt. Heute ist man sich immerhin einig, dass wir ein Problem haben. So wird der Stromverbrauch einerseits weltweit zunehmen, und zwar viel stärker und schneller, als angenommen. Andererseits wird immer mehr planbare Energieproduktion aus dem System herausgenommen. Wir sind einfach nicht schnell genug mit dem Nachbauen von erneuerbarer Energiegewinnung. In einer Studie zeigte die eidgenössische Elektrizitätskommission auf, dass wir schon im Jahr 2025 Probleme bekommen könnten, unter anderem auch wegen des fehlenden Stromabkommens mit der EU. Interview: Christina Hubbeling


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Firmen wollen Verantwortung übernehmen – wissen aber nicht wie Viele Unternehmen sind überfordert, wenn es darum geht, nachhaltige Ziele zu setzen. Standards fehlen, Berechnungsgrundlagen sind komplex, es mangelt an Know-how. Deswegen wenden sie sich an Beratungsunternehmen wie die Boston Consulting Group.

Nachhaltigkeits­ kriterien, die zählen Die Leiterin von CO2.AI, Charlotte Degot, erklärt: «Die Technologie ist vollständig konform mit dem Treibhausgasprotokoll und unterstützt andere Nachhaltigkeitskriterien und internationale Standards wie GRI und TCFD. Wir sind auch ein CDP-Gold-akkreditierter Anbieter bezüglich Klimawandel und SBT-Dienstleistungen.» Was das bedeutet: Treibhausgasprotokoll: liefert Methoden zur Erstellung des CO2-Fussabdrucks. GRI (Global Reporting Initiative): bietet Richtlinien für die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten an. TCFD (Task Force on Climate-related Financial Disclosures): informiert Anleger darüber, was Unternehmen tun, um die Risiken des Klimawandels zu mindern. CDP (Carbon Disclosure Project): Goldstandard der Umweltberichterstattung mit den umfangreichsten Datensätzen.

Charlotte Degot, Managing Director & Partner bei BCG GAMMA. FOTOS: PD

RACHEL FASSBIND

«Laut unserer globalen Umfrage machen sich 85 Prozent der Unternehmen Gedanken über die Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen. Doch nur 11 Prozent haben ihre Emissionen in den letzten fünf Jahren entsprechend ihren Ambitionen reduziert», sagt Joachim Stephan, Schweiz-Chef der Boston Consulting Group (BCG). Das Beratungsunternehmen hat für seine Studie knapp 1300 Firmen mit mindestens 1000 Mitarbeitenden aus neun Branchen befragt. Es ging dabei vor allem um zwei Themen: Einerseits untersuchte man die angewandte Methodik, den Umfang sowie die Grenzen der Messung von Emissionen. Andererseits sollten die Unternehmen Auskunft über ihre Ziele geben. Dazu gehörten auch die bisherigen Fortschritte bei der Reduzierung – die Bilanz fiel hier tendenziell recht ernüchternd aus. Von den 96 Prozent der Firmen, die sich bestimmte Ziele beim Umweltschutz gesteckt hatten, hat nur knapp jedes zehnte Unternehmen umfassend gemessen, inwiefern diese erreicht worden sind. 81 Prozent gaben gar zu, einen Grossteil ihrer internen Emissionen ausser Acht zu lassen. Stephan sieht zusätzlich die Gefahr der Fehlkalkulation: «Firmen, die nur die Emissionen aus ihren eigenen Produktionsprozessen berechnen, unterschätzen möglicherweise die Gesamtemissionen erheblich – darunter fällt aber auch, was durch die Produktion und Lieferung von Vorprodukten und Verpackungen entstehen. Oder etwa, was durch die Nutzung der Kund:innen entsteht.» Gerade Unternehmen, die mehr Verantwortung im Sinne der Nachhaltigkeit übernehmen wollen, wissen oft nicht, wie sie das tun können. So wandelte sich die Brisanz rund um Nachhaltigkeit zu den häufigsten Fragen der Hilfesuchenden. «Die Klima- und Nachhaltigkeits-

beratung ist das am schnellsten wachsende Thema in allen Geschäftsbereichen von BCG. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage weiter zunehmen wird, weil der Klimanotstand die Unternehmensstrategien weiter beeinflusst», ergänzt Charlotte Degot. Sie ist Managing Director & Partner bei BCG GAMMA, einer Tochterfirma von BCG, die sich mit Data Science und Advanced Analytics beschäftigt. Ausserdem leitet sie weltweit das Technologieprojekt CO2.AI zur Messung von Emissionen.

Joachim Stephan, Managing Partner von BCG Switzerland.

keitsdatenbanken, Algorithmen des maschinellen Lernens und einer skalierbaren Web-App. Bisher haben 9 Prozent der befragten Unternehmen ihre Emissionen umfassend gemessen. Von diesen konnten nur 1 Prozent entsprechend ihrer Zielvorgaben reduzieren. Hinzu kommt, dass die gemessenen Werte oft ungenau sind und eine Fehlermarge von 30 bis 60 Prozent aufweisen», erklärt Degot. Das müsse sich dringend ändern, um die Klimaziele rechtzeitig zu erreichen. Schliesslich wollen Politik und Gesell-

Messmethode revolutioniert 780 Klima- und Nachhaltigkeitsprojekte mit mehr als 450 Organisationen – 2021 beteiligte sich BCG an einer erheblichen Anzahl Aktivitäten, dabei kam die ganzheitliche, KI-gestützte Technologie CO2.AI zum Einsatz. «Das Tool revolutioniert das Emissionsmanagement», ist Degot überzeugt. «Damit können nicht nur direkte Emissionen wie etwa von Produktionsanlagen gemessen werden, sondern auch indirekte aus dem täglichen Geschäftsverkehr. Diese schliessen Rohstoffe, eingekaufte Elektrizität, geleaste Anlagen, das Pendeln der Mitarbeitenden, Geschäftsreisen oder etwa den Transport mit ein.» Durch die umfassende und genaue Quantifizierung kann die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens analysiert werden. Doch was genau versteht man alles unter Emissionen? «Neben CO2 zählen auch der Wasserverbrauch, der verursachte Abfall und die Luftverschmutzung», so Degot. Mit dem Messen können detaillierte Auswertungen gemacht werden. Das erlaube, konkrete Ziele zur Reduzierung des ökologischen Fussabdrucks zu formulieren. Umsetzbare Empfehlungen seien aufgrund der Transparenz der Daten möglich. Und wie genau wird das Messen machbar? Die Expertin dazu: «Als Basis dienen die Zusammenstellung von Nachhaltig-

«Die Offenlegung von Emissionen wird zunehmend zur Geschäftsnorm.» schaft bis 2050 auf Netto-Null sein, was bedeutet, dass bis 2030 CO2-Emissionen auf die Hälfte heruntergebrochen werden müssen. Dieses ambitionierte Vorhaben kann nur mit kräftiger Mitarbeit der Wirtschaft gelingen. Hier setzt CO2.AI an. «Wir arbeiten mit Unternehmen und Regierungen zusammen, um sie dabei zu unterstützen, ihre Verpflichtungen in die Tat umzusetzen. Unsere Arbeit mit unseren Kund:innen umfasst alle Aspekte der Nachhaltigkeitstransformation, einschliesslich der Festlegung und Entwicklung von Netto-Null-Strategien, der Dekarbonisierung des Betriebs und des Wachstums neuer nachhaltiger Unternehmen. Nur so können wir eine nachhaltigere, kohlenstoffärmere und widerstandsfähigere Welt schaffen.» Wie das konkret gehen kann, zeigt sich anhand des Beispiels eines weltweit tätigen Getränkeherstellers. Dieser

SBT (Science-Based Targets): umfassen wissenschaftlich fundierte Ziele zur Reduktion von Emissionen.

wollte seine Emissionen berechnen, also schätzte er, welche Materialien hierfür bei der Abfüllung verwendet wurden. Dabei liess er aber wichtige Faktoren ausser Acht. «Mit CO2.AI ist das Unternehmen nun in der Lage, die Gesamtemissionen auf Produktebene vollständig zu analysieren, einschliesslich der Auswirkungen der Glasart, des Recy­ clinganteils, des Herkunftslandes des Lieferanten, der Transportart und vieler anderer Faktoren», ergänzt Degot. Sogar Simulationen können so durchgeführt werden. «Das Tool ermöglicht, Entscheidungen über den gesamten Produkt­zyklus und die Organisation zu treffen.» Ziel sei es, «die Umweltaus­ wirkungen zu minimieren». In einem ersten Schritt erstellte man hierfür eine Roadmap und priorisierte. Die zentrale Frage dabei: «Welche Initiativen zur Reduzierung machen einen besonders grossen Unterschied?» Als man die aktuelle Basisrechnung unter die Lupe nahm, merkten sie, dass diese um 50 Prozent daneben lag. Genau hier falle Ungenauigkeit ins Gewicht. Gleichzeitig konnten erst durch die Korrektur des Status quo die Ziele festgelegt werden.

Branchen. «Bisher wurde CO2.AI unter anderem in der Verpackungsindustrie, der Pharmabranche, dem Einzelhandel und der Güterindustrie eingesetzt. Geeignet wäre es aber für alle Arten von Unternehmen, denn: Strategische und operative Entscheidungsfindung passiert überall.» Vom Produktdesign über die Beschaffung bis hin zum Vertrieb – Nachhaltigkeit wird zum festen Bestandteil der Prozesse. Erfolgreich und langfristig die Emissionen zu reduzieren ist also möglich. Voraussetzung hierbei ist, dass Unternehmen ihre gesamten Lieferketten in alle Umweltfragen einbeziehen, und dies beschleunigt und umfassend. Genau deshalb ist Joachim Stephan so von CO2.AI überzeugt: «Künstliche Intelligenz kann Unternehmen dabei helfen, automatisch Daten zu erfassen, einen CO2-Fussabdruck zu berechnen, Simulationen durchzuführen oder ambitionierte – aber realistische – Reduktionsziele festzulegen.» Die Expertin stimmt zu, denn: «Die Offenlegung von Emissionen wird zunehmend zur Geschäftsnorm.» Ein wichtiger Schritt in eine emissionsarme Zukunft.

Auch für KMU eine Option

Boston Consulting Group

«Im Schnitt können Unternehmen mit CO2.AI ihre CO2-Emissionen um 30 bis 40 Prozent senken. Ausserdem sparen viele signifikant Kosten ein. Als Exempel ein Stahlhersteller, der durch die Prozessoptimierung eine Kostensenkung von einem Prozent bei einer direkten Reduzierung der CO2-Emissionen um zehn Prozent verzeichnete», führt Degot aus. Gerade bei steigenden Rohstoffpreisen lohnt sich die Berechnung. Auch, weil zukünftig wohl noch mehr Steuern und Sonderabgaben auf umweltschädliche Produktionsarten anfallen werden. Das wird nicht nur Grossunternehmen betreffen oder einzelne

Der Klimawandel ist keine zukünftige Bedrohung – wir befinden uns mittendrin: Boston Consulting Group (BCG) arbeitet eng mit Unternehmen und Regierungen zusammen und unterstützt sie dabei, ihre Verpflichtungen, die sie eingegangen sind, in Taten umzusetzen und eine dekarbonisierte, nachhaltigere Welt zu schaffen. Dazu werden Veränderungen in Technologie und Wirtschaft vorangetrieben, um nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu erzielen.


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«Nachhaltiges Einkaufen muss nicht teuer sein» 2009 eröffnete Lidl Schweiz seine erste Filiale hierzulande. Inzwischen hat sich der Discounter als beliebte Einkaufsadresse etabliert. Das Erfolgsrezept: frische lokale Produkte und eine zukunftsorientierte Vision. RACHEL FASSBIND

Kürzlich erledigte ich noch schnell einen Einkauf vor dem verlängerten Wochenende. Ich packte meine Tasche, steckte 20 Franken ein und huschte zum Lidl in meiner Nähe. Natürlich – ich überbordete. Bioprodukte, Gemüse und Früchte aus der Schweiz, proteinhaltiger Fleischersatz. Zufrieden ass ich währenddessen einen Quark-Börek. Als ich an der Kasse stand, entschuldigte ich mich, weil das Geld vermutlich nicht für den ganzen Einkauf ausreiche. Der Verkäufer lächelte mich an, als er fertig tippte: 13.75 Franken.

Einfachheit und Effizienz stehen an oberster Stelle Qualität hat ihren Preis. Wie können also hochwertige Produkte so günstig angeboten werden? Corina Milz, Head of CSR & Sustainability bei Lidl Schweiz, erklärt: «Unsere Vision lautet: einfach nachhaltig einkaufen für alle. Dabei muss nachhaltiges Einkaufen nicht teuer sein oder gar eine Luxusnische. Im Gegenteil.» Dass die Produkte zu günstigen Preisen angeboten werden könnten, liege vor allem an der Firmenstruktur und der internen Philosophie. Einfachheit und Effizienz stehen dabei an oberster Stelle, wie man dem schlanken Sortiment ansehen kann. Das Angebot ist auf 2000 Produkte des täglichen Bedarfs fokussiert, 80 davon sind vegane oder vegetarische Alternativprodukte. Bei den Produkten der VeggieEigenmarke Vemondo werden zusätzlich alle CO2-Emissionen ausgeglichen. Ein schöner Nebeneffekt des überschaubaren Angebots: Es fällt weniger Food-Waste an. «Ausserdem übernehmen wir oft dasselbe Filialdesign, damit wir Zeit und Kosten bei Umbauten sparen. Und durch unser internationales Einkaufsnetzwerk haben wir die Möglichkeit, vergünstigt in grossen Mengen einzukaufen», führt Milz aus. Offensichtlich lohnt es sich, an der richtigen Stelle zu sparen und grossen Wert auf Qualität zu legen. 2021 konnten die Umsätze mit Bioprodukten um 20 Prozent gesteigert werden, in den letzten fünf Jahren haben sich diese insgesamt verdreifacht. Das Interesse der Kundinnen und Kunden bestärkt Lidl Schweiz, das Bioangebot weiter auszubauen. Ein Beispiel, welches die Kombination von Einfachheit und Effizienz veranschaulicht: Bei den Bio-Eiern stellte das Unternehmen auf das «Bruderhahn»-Prinzip um, welches «Kükentöten» verhindert: Pro Legehenne wird jeweils ein Hahn nach Bio-KnospeRichtlinien grossgezogen und landet später als Brathähnchen im Angebot. Geschickt konnte so der Kreislauf zwischen der Eier- und der Fleischproduktion geschlossen werden.

Beraten, unterstützen, mit anpacken «Nachhaltigkeit ist für uns eine Grundhaltung. Wir sind überzeugt, dass das mit unserem Firmenmodell des Smart Discount Hand in Hand geht», so Milz. Die Strategie ziele schwerpunktmässig dar-

auf ab, den öffentlichen Dialog zu führen, die Gesundheit zu fördern, fair zu handeln, das Klima zu schützen, Ressourcen zu schonen und auf Biodiversität zu achten. Was das genau heisst? Anhand des letzten Punktes, Biodiversität, macht Lidl Schweiz ein Beispiel. Hier initiierten sie ein eigenes Förderprojekt, finanzieren die Forschung von Agroscope mit und motivieren ihre Mitarbeitenden zu Volunteering-Einsätzen. Unter anderem unterstützen sie Schweizer Früchte- und Gemüseproduzenten mit betriebsindividuellen Beratungen. Dabei werden gemeinsam mit Expertinnen und Experten Massnahmen zum Schutz und zur Förderung von Biodiversität auf den Betrieben geplant. Das passt gut zur Zusammenarbeit mit Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung. Das Ziel hier: Lösungen zu entwickeln, um den Einsatz von Pestiziden zu minimieren. Erste Ergebnisse zeigen, dass dabei insbesondere die Züchtung von Nützlingen erfolgreich ist. Gemeint sind damit Insekten, die Blattläuse fressen, welche Viren übertragen. Die Ergebnisse der ersten beiden Jahre waren so vielversprechend, dass jetzt weitergeforscht wird. Und was genau ist unter Volunteering zu verstehen? «Lidl Schweiz bietet seinen Mitarbeitenden jedes Jahr die Möglichkeit, an verschiedenen Freiwilligeneinsätzen wie zum Beispiel einem WWFNatureinsatz zur Förderung der Artenvielfalt teilzunehmen», erklärt Milz. Dabei haben sie beispielsweise geholfen, Nistplätze für Kleinsäuger und Reptilien zu bauen oder etwa die Verbuschung von artenreichen Magerwiesen zu stoppen.» Das Fazit von Torsten Friedrich, CEO von Lidl Schweiz: «Jedes Jahr freue ich mich aufs Neue darauf, mitanzupacken und auch körperlich zu spüren, was es heisst, sich für die Biodiversität in der Schweiz einzusetzen.» Umweltfreundlichkeit ist aber nicht nur voll Trend und gut fürs Teambuilding, sondern essenziell, wenn die Lebensmittelbranche Bestand haben will. Experten warnen: Halten wir die Emissionsziele von maximal 1,5 Grad Erwärmung nicht ein, drohen verheerende Folgen. Dürren, Überschwemmungen, zusammenbrechende Lieferketten – sind wir bis 2050 nicht auf Netto-Null, ist die Zukunft der landwirtschaftlichen Produktion ungewiss. «Der Handel mit Lebensmitteln baut auf eine intakte Umwelt. Denn nur sie sichert langfristig die Qualität und Verfügbarkeit unserer Produkte. Sie ist damit die Basis, unser Qualitätsversprechen gegenüber unseren Kundinnen und Kunden zu erfüllen – heute und in Zukunft», ist sich Milz bewusst. Und ergänzt: «Zugleich wissen wir: Unsere Handelswaren hinterlassen Spuren auf unserem Planeten – vom Abbau der Rohstoffe über ihre Weiterverarbeitung zu Produkten bis hin zum Transport, zumVerbrauch sowie zur Entsorgung der Waren.» Der schneller als prognostiziert voranschreitende Klimawandel und der dramatische Verlust der biologischen Vielfalt bereite ihr Sorgen. Nicht nur, weil die Landwirtschaft und die Ernährung massgeblich Einfluss auf das Klima nähmen. Sondern auch, weil das Sorti-

Corina Milz, Head of CSR & Sustainability bei Lidl Schweiz: «Der Handel mit Lebensmitteln baut auf eine intakte Umwelt.»

ment durch die Konsequenzen davon beeinträchtig sein könnte. Der Schritt in eine lebenswerte Zukunft beginne mit Eigenverantwortung, unterstreicht Milz, und diese fange intern an.

Ausgezeichnet für Lohnfairness und Gleichstellung

«Branchen­ zusammenschlüsse sind zentral, denn sie können Themen angehen, die einzelne Unternehmen nicht allein lösen können.»

Was nur Wenige wissen: Geht es um Chancengleichheit, mischt Lidl Schweiz ganz vorne mit. 2022 zertifizierte sich das Unternehmen bereits zum dritten Mal in Folge für den «Good Practice in Fair Compensation», einem Label der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS). Denn: Nachhaltigkeit umfasst auch soziale Faktoren wie Gleichstellung und Geschlechterförderung. «Über 50 Prozent der Filialen werden von Frauen geleitet, die Führungsteams der Filialen bestehen sogar zu 67 Prozent aus Frauen. Und Eltern erhalten jeweils zwei Wochen mehr Mutter- respektive Vaterschaftsurlaub. Die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten, kommt ihnen dabei oft entgegen – zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf», führt Milz aus. Ausserdem verzichtet Lidl Schweiz auf den Koordinations-

abzug bei den Pensionskassen, was besonders die Teilzeitarbeitenden freut. Punkto Lohnfairness erklärt Stefan Andexer, Chief Human Resources Officer bei Lidl Schweiz: «Für uns gibt es keinen Grund, weshalb gleiche Arbeit nicht gleich entlohnt werden soll. Wir sehen uns mit dieser Auszeichnung in unserem Engagement bestätigt und möchten damit auch über die Branche hinaus ein Zeichen für die Gleichstellung der Geschlechter setzen.» Bei allem Fortschritt: Am Ziel, keine umweltschädlichen Emissionen zu verursachen, sind wir noch lange nicht. Hierfür braucht es das Engagement von allen. «Branchenzusammenschlüsse sind zentral, denn sie können Themen angehen, die einzelne Unternehmen nicht allein lösen können. Ein Beispiel hierfür ist die Branchenvereinbarung zur Halbierung von Food-Waste», sagt Milz. Dabei hebt sie auch die Wichtigkeit von messbaren Klimazielen, an denen alle sich orientieren können, hervor. Was ihr Hoffnung bereitet: «Nachhaltigkeit ist mittlerweile beim Topmanagement angekommen. Bei vielen Unternehmen steht es ganz oben auf der Agenda.» Das freut nicht nur die Kundinnen und Kunden, sondern auch die Umwelt.

Lidl Schweiz Qualität, Frische, Nachhaltigkeit und Swissness zeichnen das ausgewählte Sortiment von Lidl Schweiz aus. Effizienz und Einfachheit prägt die Welt des Detailhändlers. Dies garantiert das beste Preis‐ Leistungs-Verhältnis und schafft die Basis für gelebte Nachhaltigkeit, die allen etwas bringt. Lidl Schweiz will nachhaltiges Einkaufen für jedes Portemonnaie möglich machen. Das Unternehmen beschäftigt hierzulande mehr als 4500 Mitarbeitende und führt landesweit über 160 Filialen.

Geht es um Chancengleichheit, mischt Lidl Schweiz ganz vorne mit.

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Gesunde Menschen, gesunder Planet: das eine geht nicht ohne das andere Mit Innovationen, Produkten und Dienstleistungen fördert Philips die Nachhaltigkeit im Gesundheitssektor. Eine zentrale Rolle spielt beim global tätigen Unternehmen aus den Niederlanden die Kreislaufwirtschaft. FLAVIAN CAJACOB

Sie ist eine der meistzitierten Weisheiten überhaupt: «Mens sana in corpore sano» – die lateinische Redewendung, wonach ein gesunder Geist einzig und allein einem gesunden Körper innewohne. Doch was nützt Homo sapiens ein Hirn und ein Herz in Bestform, wenn das Dach, unter dem er lebt, brennt? Die Verbindung zwischen der Gesundheit des Planeten und der Gesundheit des Menschen sei nicht von der Hand zu weisen, sagt Robert Metzke. «Und doch ist wohl nur den wenigsten bewusst, dass ausgerechnet das Gesundheitswesen für vier Prozent der globalen CO2-Emis­ sionen verantwortlich zeichnet – mehr also, als dem Luft- und dem Schiffsverkehr zugeschrieben wird.»

Erleichterter Zugang zu Gesundheitssystemen Als Global Head of Sustainability zeichnet Metzke bei Philips unter anderem verantwortlich für den Bereich Nachhaltigkeit. Das global tätige Unternehmen mit Hauptsitz in Amsterdam und weltweit knapp 80 000 Mitarbeitenden hat sich im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte vom Produzenten von Unterhaltungselektronik – als das es wohl vielen in Erinnerung ist – zum Hersteller hochwertiger Gesundheitstechnologien gewandelt. Und als solcher setzt Philips seine Innovationskraft nicht allein dafür ein, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen zu verbessern, sondern eben auch, um Möglichkeiten zu schaffen, das eigene Engagement wie jenes von Kunden und Partnern möglichst nachhaltig zu gestalten. Das Ziel ist laut Metzke klar: «Die Gesundheitssysteme der Zukunft müssen ganz generell eine besser zugängliche, skalierbare und gerechte Versorgung bieten und gleichzeitig dazu beitragen, die Gesundheit unseres Planeten zu erhalten.» Einerseits ein ambitioniertes Unterfangen. Andererseits nimmt sich das Potenzial dahingehend aber auch riesig aus. Sowohl, was die Verbesserungsmöglichkeiten in Sachen Ökologie anbelangt, als auch, wenn es um das vorhandene Investitionsvolumen geht. Denn nach Angaben von Fachleuten ist die Kaufkraft im globalen Gesundheitssektor immens. Die vergangenen zweieinhalb Jahre im Zeichen von Covid-19 haben den Wandel im Gesundheitswesen zudem in unvorhersehbarem Masse beschleunigt und die Art und Weise, wie wir uns als Gesellschaft mit der eigenen Gesundheit, aber auch mit den Dienstleistern in diesem Sektor auseinandersetzen, fundamental verändert. Stichwort Analyse, Stichwort Schutz, Stichwort Lieferkette. Andere, grosse Herausforderungen mögen deswegen zeitweise in den Hintergrund gerückt sein – verschwunden allerdings sind sie nicht. Was das Themenfeld Gesundheit anbelangt, das uns je nach Lebensabschnitt mehr oder weniger beschäftigen dürfte, ortet Dr. Uwe Heckert, Geschäftsführer DACH bei Philips und damit verantwortlich für die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz, d ­ ­iverse Handlungsstränge: «Die Überalterung der Gesellschaft, die steigende Zahl von Menschen mit multiplen chronischen Erkrankungen und die Tatsache, dass die Hälfte der Weltbevölkerung noch ­immer keinen Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung hat, bleiben aus sozialer sowie wirtschaftlicher Sicht eine Herausforderung.» Darüber hinaus wirke sich der Klimawandel bereits heute negativ auf das Leben vieler Menschen aus. Was logischerweise nicht ohne Folgen bleibe, so Heckert. «Zusammen mit dem wirtschaftlichen Abschwung und einer steigenden Inflation verschärfen all diese Faktoren die soziale Ungerechtig-

Robert Metzke, Global Head of Sustainability bei Philips.

keit und Ungleichheit.» Nachhaltigkeit, das wird angesichts solcher Ausführungen rasch klar, ist im Gesundheitswesen so vielschichtig wie in kaum einer anderen Branche. Und das auf ganz unterschiedlichen Ebenen.

Gemeinsam innovativ, gemeinsam erfolgreich Mehr Gesundheit, mehr Nachhaltigkeit – das geht nicht ohne ein Mehr an Innovation. Jährlich kommen 1,6 Milliarden Menschen mit Produkten von Philips in Kontakt – das reicht von der praktischen Babyflasche bis zum hochkomplexen Diagnosegerät. Bis 2030 will der Konzern das Leben von 2,5 Milliarden Menschen verbessern. Direkt, das heisst mit innovativen Produkten und Dienstleistungen, aber auch indirekt, also aufgrund einer Minderbelastung der Umwelt. Der ökologische Fussabdruck soll in Zusammenarbeit mit zuliefernden Unternehmen, Organisationen und Interessensgruppen drastisch verkleinert werden. Was die Entwicklung und Herstellung eigener Produkte wie etwa Ultraschallsysteme, Magnetresonanztomografen (MRT) oder Röntgengeräte anbelangt, setzt das Unternehmen den Hebel mit Blick auf nachhaltige Lösungen in erster Linie bei der Energieeffizienz, der Verpackung, der Kreislaufwirtschaft und den Materialien per se an. In der Praxis bedeutet dies etwa, dass Produkte explizit auf Energie- und Ressourcensparsamkeit getrimmt werden oder, wo immer möglich, recycelte Kunststoffe Verwendung finden respektive die Wiederverwendbarkeit der Endprodukte nach deren Verfall gewährleistet ist. Nicht zufällig gehört denn Philips auch zu den Gründungspartnern von PACE, der 2018 ins Leben gerufenen Plattform zur Beschleunigung der Kreislaufwirtschaft. In diesem Kontext garantiert der Konzern seinen Kunden ab 2025 die Rück-

nahme, Wiederverwertung oder, sofern nicht anders möglich, eine fachgerechte Teilentsorgung seines professionellen medizinischen Equipments. Aber auch der eigene Ausschuss wird minimiert: Schon heute werden über 90 Prozent der Betriebsabfälle recycelt und die 25 Produktionsstandorte von Philips entsorgen keine Abfälle mehr auf Deponien. Ergänzend soll bis 2025 die Verwendung von recyceltem Kunststoff vervierfacht werden. «Im Spektrum der Umweltverantwortung legen wir die Messlatte bewusst hoch», erklärt Dr. Uwe Heckert. Signifikantes Beispiel ist dafür das Pariser Klimaabkommen. Statt des dort ursprünglich ausgesprochenen 2-GradZiels strebe Philips an, seinen Beitrag für die Begrenzung der menschgemachten globalen Erwärmung auf höchstens 1,5 Grad zu leisten. Bereits 2025 will das Unternehmen zu 75 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben werden, Kraftstoffe inklusive.

Dr. Uwe Heckert, Geschäftsführer DACH-Region bei Philips.

Sparsamer Umgang mit Edelgas «Im Spektrum der Umwelt­ verantwortung legen wir die ­Messlatte bewusst hoch.»

Kehrtwende dank Kreislaufwirtschaft Lange, viel zu lange für viele, hat der Gesundheitssektor in der Debatte über den Klimawandel eine marginale Rolle gespielt. Völlig zu Unrecht, findet Robert Metzke, Global Head of Sustainability von Philips. Denn aufgrund dessen, dass man als Branche eine historisch gewachsene und fachlich untermauerte «Fürsorgepflicht» gegenüber der Menschheit habe und aus eigener Erfahrung genau wisse, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Gesundheit habe, sei sowohl die Legitimation zur Äusserung als auch die Verpflichtung zum Handeln gegeben. «Wenn es um den Klimawandel geht, gibt es wenige Player, die so frei von Eigeninteressen oder politischer Voreingenommenheit sind, wie es der Gesundheitssektor ist», sagt Metzke. Drei konkrete Ansätze führt man bei Philips denn auch ins Feld, um dem Kli-

FOTOS: PD

mawandel effektiv entgegenzutreten: multidisziplinäre und sektorübergreifende Zusammenarbeit, unkonventionelles Denken und technologische Innovation. Zu Letzterem zählt der sogenannte EcoDesign-Prozess, im Rahmen dessen die Nachhaltigkeit in allen Stadien der Produktentwicklung gefördert wird. Mit eingeschlossen ist eine Lebenszyklusbewertung zur Bestimmung der Umweltauswirkungen in allen Lebensphasen eines Produkts – von der Rohstoffgewinnung über die Materialverarbeitung, Herstellung, Verbreitung, Nutzung, Reparatur und Wartung bis hin zur Entsorgung oder Wiederverwertung. «Der EcoDesign-Prozess wirkt sich positiv aus auf den Energieverbrauch, auf Verpackungsvolumen, Inhaltsstoffe,

Helium findet vor allem in der Magnetresonanztomographie (MRT) Verwendung. Das weltweite Angebot an diesem Edelgas allerdings ist begrenzt. Philips hat deshalb BlueSeal entwickelt, einen vollständig versiegelten Magneten, der den Übergang zu einem nachhaltigen, heliumreduzierten Betrieb unterstützt, die Installation vereinfacht und kostspielige Unterbrechungen der MRDienste reduzieren soll. Im Gegensatz zur konventionellen Magnettechnologie, die während des Betriebs rund 1500 Liter flüssiges Helium zur Kühlung benötigt, kommt bei BlueSeal eine hocheffiziente Mikrokühltechnologie zum Einsatz, die nur 7 Liter flüssiges Helium zur Kühlung braucht – weniger also als 0,5 Prozent des heutigen Volumens. Gewicht und Materialien und schliesslich eben auch auf die Kreislaufwirtschaft», erörtert Metzke. Bedenkt man in diesem Zusammenhang, dass rund 50 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen auf die Gewinnung und Bereitstellung von Materialien sowie auf die Herstellung von Geräten entfallen, kommt der Kreislaufwirtschaft eben auch im Gesundheitssektor eine zentrale Bedeutung bezüglich nachhaltiger Nutzung von Ressourcen und Dekarbonisierung bei. «Mens sana in corpore sano» – ein gesunder Geist, ein gesunder Körper, beide erfordern eine gesunde Umwelt. Oder wie es Robert Metzke umschreibt: «Schaffen wir es, den Klimawandel einzudämmen, so winkt als zusätzlicher Bonus eine Verbesserung der menschlichen Gesundheit – und das weltweit.»


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