PRIVATE UND BERUFLICHE VORSORGE
KOMMEN SIE DER VORSORGE AUF DEN GRUND
ARTIKELSAMMLUNG 2019 DER NEUEN ZÃœRCHER ZEITUNG
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3 EDITORIAL
Tauchen Sie ein Gehen Sie der privaten und beruflichen Vorsorge auf den Grund
DANIEL MUTZ UND NICOLAS BOPP
Liebe Leserin, lieber Leser Vorsorge wird immer präsenter. Nicht nur Leute, die auf die Pensionierung zugehen, befassen sich ernsthaft damit. Auch frisch verheiratete Paare vor der Familiengrün dung schauen miteinander in die Zukunft. Und immer öfter setzen sich junge Menschen mit dem Leben im Alter aus einander. Einmal mehr zeigt die Artikelserie aus der Montagsausgabe der «Neuen Zürcher Zeitung» mit ihren redaktionellen Beiträ gen die aktuellen Themen der beruflichen und privaten Vorsorge auf. Pax ist seit jeher bekannt als verlässli cher Partner. Als Vollversicherer über nimmt Pax die Risiken Alter, Invalidität und Tod, aber auch das Anlagerisiko. So sind die Vorsorgeleistungen unserer Kun den stets zu 100% abgedeckt. Andererseits wird die genossenschaftli che Struktur an Pax geschätzt. Sie verbin det Solidarität mit nachhaltiger Gewinn orientierung: Alles, was Pax erwirtschaftet, bleibt im Unternehmen. Davon profitieren unsere Kunden, die eine stabile Über schussbeteiligung erhalten. Schön, wenn Sie sich mit unserer Arti kelsammlung Durchblick verschaffen. Wir wünschen Ihnen eine nachhaltige Lektüre! Pax, Schweizerische LebensversicherungsGesellschaft AG, Basel
Daniel Mutz Leiter Vertrieb & Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung
Nicolas Bopp Leiter Marketing
«Die Vorsorgeleistungen unserer Kunden sind stets zu 100% abgedeckt.»
Die Werte von Pax
Angebote von Pax
Dafür stehen wir ein: – Glaubwürdig heisst, wir entscheiden nachvollziehbar und zeigen Kontinuität in unserem Handeln. – Vorausschauend heisst, wir geben alles, um überdurchschnittlich erfolgreich zu sein. – Direkt heisst, wir sind unkompliziert und gestalten unsere Beziehungen persönlich.
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4 INHALT
Private Vorsorge einerseits, berufl
EDITORIAL Tauchen Sie ein 3
PRIVATE VORSORGE Freiwillig gewappnet sein 6
BERUFLICHE VORSORGE Aufgaben der zweiten Säule 7
Impressum Ein Sonderdruck für Pax in Kooperation mit NZZ Content Solutions. Herausgeber: Pax (Magazin); Neue Zürcher Zeitung AG (Artikel) Inhalt: erschienen in der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ), 2019 Projektleitung: Nicolas Bopp, Pax; Norman Bandi, NZZ Content Solutions Gestaltung/Layout: Multiplikator (Umschlag); Armin Apadana (Inhalt) Druck: Multicolor Print AG (inklusive Bildbearbeitung und Korrektorat) Bildnachweis: zVg Pax (sämtliche Fotos); zVg NZZ (alle Illustrationen)
© Die Rechte der Herausgeber sowie der Autoren bleiben vorbehalten.
5
iche Vorsorge andererseits
PRIVAT FÜR DAS ALTER VORSORGEN
VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE
Die dritte Säule muss den Wohlstand retten 8
Die zweite Säule sichert mehr als die Altersrente 20
Was beim Sparen in der Säule 3a zu beachten ist 10
Die zweite Säule des Arbeitgebers überprüfen 22
Passive Säule-3a-Fonds haben einen grossen Vorteil 12
Heikle Eigenheimfinanzierung mit zweiter Säule 24
Vorsorge via Eigenheim will gut überlegt sein 14
«Zunehmende Unlust zur Rentenzahlung» 26
Steuern sparen bei Vorsorgegeldern 16
PK-Verwaltung – Jonglieren mit Unbekannten 28
Ein sonniger Ruhestand mit freiwilliger Vorsorge 18
Tipps für die Früh- und die Spätpensionierung 30 So wird die zweite Säule bei Scheidungen aufgeteilt 32 «Laufende Renten auf keinen Fall antasten» 34 Die Angst vor dem frühen Ende des Arbeitslebens 36 Was die Schweiz von den Niederlanden lernen kann 38
Hier geht es zum Online-Dossier der Artikelsammlung «PRIVAT FÜR DAS ALTER VORSORGEN» auf NZZ.ch:
Hier geht es zum Online-Dossier der Artikelsammlung «VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE» auf NZZ.ch:
www.nzz.ch/finanzen/privat-fuer-das-alter-vorsorgen
www.nzz.ch/finanzen/vorsorgen-mit-der-pensionskasse
6 PRIVATE VORSORGE
Freiwillig gewappnet sein Pensionskassen kürzen Leistungsversprechen – Versicherte müssen das Heft deshalb selber in die Hand nehmen NZZ CONTENT SOLUTIONS
Das Schweizer Vorsorgesystem gerät zu sehends aus dem Gleichgewicht. Bei der AHV steigt die Zahl der Rentner schnel ler als jene der Erwerbstätigen. Und bei der Pensionskasse (PK) werden Mittel an die Bezüger ausgeschüttet, die diese gar nicht so angespart haben. Doch Refor men haben es in der Politik schwer oder bringen nur kurzfristig Linderung. Um die AHV langfristig zu sanieren, wären ein höheres Rentenalter, eine Senkung der Bezüge und höhere Einzahlungen notwendig. Ähnliche tiefgreifende Massnahmen bräuchte es in der 2. Säule (berufliche Vorsorge; siehe Artikel auf Seite 7). Die steigende Lebenserwartung und die tie fen Zinsen führen jährlich zu hohen Um verteilungen. Allein 2015 waren es ge mäss Credit Suisse landesweit 5,3 Mrd. Fr., die von den Erwerbstätigen zu den Rentnern umverteilt wurden.
Eigeninitiative ist gefragt Laut dem Gesetzgeber hat die AHV zu sammen mit der beruflichen Vorsorge zum Ziel, 60% des vor der Pensionierung bezo genen Erwerbseinkommens zu decken. Doch infolge der tieferen Verzinsung und
der Senkung des Umwandlungssatzes im Pensionskassen-Überobligatorium ist die ses Ziel für die meisten Erwerbstätigen in weite Ferne gerückt. Aus diesem Grund gewinnt die Säule 3a immer mehr an Be deutung. 2017 bezogen 773 300 Personen eine Altersrente aus der privaten Vorsorge. 2016 waren es noch über 100 000 weniger (siehe Grafik). Maximal können Versicherte, die einer Pensionskasse angeschlossen sind, 6826 Fr. einzahlen und vom steuerbaren Einkom men abziehen. Personen, die nicht bei einer Vorsorgeeinrichtung versichert sind – bei spielsweise Selbständigerwerbende –, kön nen bis zu 34 128 Franken beziehungsweise bis zu 20% ihres Erwerbseinkommens steuerbegünstigt in die Säule 3a einzahlen. Daneben gibt es noch weitere Punkte, die beim Sparen mit einer Säule 3a beach tet werden müssen: ■ Das Kapital ist gebunden: Der Bezug ist frühestens fünf Jahre vor Erreichen des AHV-Alters möglich – für Frauen mit 59, für Männer mit 60. ■ Wertschriften statt Zinskonto wählen: Bei den Zinskonten haben die von der Schweizerischen Nationalbank verhängten Negativzinsen tiefe Spuren hinterlassen.
Mehr Rendite erhalten Sparer in der Regel mit einer Säule 3a mit Wertschriften. ■ Gebühren gut prüfen: Damit sich Wert schriftenlösungen auszahlen, ist es wichtig, dass die Gebühren tief sind. Um die Ge samtgebühren im Auge zu behalten, sollten sich Sparer bei den Anbietern über alle an fallenden Kosten informieren. ■ Den Bezug staffeln: Beim Bezug der ge sparten Vorsorgegelder wird eine Steuer fällig. Je höher das Volumen der in einem Jahr erhaltenen Bezüge ausfällt, umso grös ser ist die Steuerbelastung. Deshalb lohnt es sich, mehrere Säule-3a-Konten zu füh ren, um den Bezug über mehrere Jahre staf feln zu können.
PK ist mehr als Altersrente Neben der Säule 3a bieten auch Pensions kassen die Möglichkeit, privat vorzusorgen – und zwar mittels steuerbegünstigter Ein käufe. Übrigens: Die Pensionskasse zahlt nicht nur eine Altersrente oder Kapital aus. Sie springt auch bei Erwerbsunfähig keit oder im Todesfall ein. NZZ-Artikelsammlung PRIVAT FÜR DAS ALTER VORSORGEN ab Seite 8
Bezügerinnen und Bezüger der beruflichen Vorsorge Altersrenten
Witwen- und Witwerrenten
Waisen- und Kinderrenten
Invalidenrenten
Andere
Total Rentenbezüger
2013
670 400
184 500
66 200
131 700
1 000
1 053 800
2014
696 200
185 100
64 900
128 300
300
1 074 700
2015
720 800
186 500
63 500
120 700
300
1 091 800
2016
745 000
188 000
61 400
119 500
300
1 114 100
2017
773 300
189 600
60 300
117 300
300
1 140 700
Quelle: Bundesamt für Sozialversicherungen (gerundete Werte)
© BVS 2019
7 BERUFLICHE VORSORGE
Aufgaben der zweiten Säule Berufliche Vorsorge plus: Neben der Altersvorsorge leisten Pensionskassen auch Unterstützung bei Tod und Invalidität NZZ CONTENT SOLUTIONS
Pensionskassen (PK) sichern nicht nur ein angenehmes Leben im Ruhestand. Sie leis ten desgleichen Unterstützung im Todes fall für die Hinterbliebenen oder zahlen, wenn jemand erwerbsunfähig wird. ■ Im Todesfall: Wenn der Verstorbene einer Pensionskasse angeschlossen war, so dürfen seine Kinder und der Ehepartner auf verschiedene Leistungen zählen. Dazu gehört zum einen die Rente für den Witwer oder die Witwe und zum anderen die Rente für Waisen. Die Auszahlung an die Hinterbliebenen ist an gewisse Bedin gungen geknüpft. Es lohnt sich, das Pen sionskassen-Reglement genau zu studie ren. ■ Bei Invalidität: Nach einem Unfall er halten Versicherte in der Regel Geld aus der Unfallversicherung. Ist die Erwerbs unfähigkeit hingegen auf eine Krankheit zurückzuführen, zahlt die Pensionskasse. Im Vorsorgeausweis der Pensionskasse, der jährlich verschickt wird, lässt sich ab lesen, wie hoch die Rente im Fall einer In validität wäre oder wie viel die Hinterblie benen im Todesfall erhielten. Ebenfalls zeigt der Vorsorgeausweis, wie hoch die zu künftige Altersrente sein wird.
Jahr für Jahr tiefere Renten Bei der prognostizierten Altersrente wer den Versicherte festgestellt haben, dass diese in den letzten Jahren nach und nach reduziert wurde. Gründe dafür sind die niedrigen Zinsen, die demografische Ent wicklung und auch der Mangel an politi schen Reformen. So hat der zu hohe BVG-Mindestum wandlungssatz von 6,8% dazu geführt, dass es innerhalb der 2. Säule zu einer er heblichen Umverteilung von aktiven Ver sicherten hin zu Rentnern kommt. Viele Pensionskassen mussten deshalb den Rot stift ansetzen und Bezüge kürzen. Mit dem Umwandlungssatz wird das angesparte Altersguthaben in eine jähr liche Rente umgewandelt. Einige Pen sionskassen haben ihre umhüllenden Um
wandlungssätze – diese umfassen den ob ligatorischen und den überobligatorischen Bereich – auf 5% oder weniger festgelegt. Bei einem angesparten Altersguthaben von 300 000 Fr. resultiert daraus eine jähr liche Rente von 15 000 Fr.
PK fördern Kapitalbezug Doch damit nicht genug: Neben der Sen kung des umhüllenden Umwandlungs satzes übertragen immer mehr Pensions kassen auch die Anlagerisiken ihren Versicherten, indem sie beispielsweise einen «Kapitalzwang» verhängen. Das be deutet: Ab einer gewissen Höhe müssen Versicherte sich ihre Pensionskassen-Gel der beim Eintritt ins Rentenalter als Kapi tal auszahlen lassen. Wie die Neurenten-Erhebung des Bun desamtes für Statistik zeigt, bezogen be reits 32% der Versicherten nur das Kapital – gewollt oder ungewollt. 19% entschieden sich für einen Mischbezug und 50% der
Versicherten wählten nur die Rente (siehe Grafik). Angesichts der schrumpfenden Bezüge dürfte es für viele Arbeitnehmende zuse hends schwierig werden, den gewohnten Lebensstandard auch im Rentenalter weiterführen zu können. Um allfällige finanzielle Lücken zu schliessen, lohnt sich etwa das Sparen mit einer steuerbegünstig ten Säule 3a (private Vorsorge; siehe Arti kel auf Seite 6). Klar ist: Wer sorgenfrei pensioniert werden will, kommt nicht da rum herum, Eigeninitiative zu ergreifen.
NZZ-Artikelsammlung VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE ab Seite 20
Kapital und/oder Rente? Neue Beziehende einer Altersleistung aus einer Pensionskasse, nach Leistungskombination und Geschlecht, 2017
100% 32
30
33
19
23
13
50
47
Total
Männer
80% 60% 40% 20% 0%
nur Kapital
Kapital und Rente
Quelle: BFS – Neurentenstatistik (NRS)
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Frauen nur Rente
© BFS 2019
8 PRIVAT FÜR DAS ALTER VORSORGEN
Die dritte Säule muss den Wohlstand retten Das Schweizer Vorsorgemodell bröckelt – die Eigeninitiative in der privaten Vorsorge wird immer wichtiger Die Aussicht auf den wohlverdienten Ruhestand verspricht nicht eitel Sonnenschein. Die drei Säulen des Schweizer Vorsorgesystems garantieren nicht mehr die Stabilität, für die sie einst ins Leben gerufen wurden. WERNER GRUNDLEHNER
Das Umlageverfahren der AHV gerät we gen der Überalterung der Bevölkerung in Gefahr. Wer heute in die AHV einzahlt, finanziert damit die heutigen Rentner. Diese haben früher als Erwerbstätige die damaligen Rentner alimentiert. Doch das Problem: Die Zahl der Rentner im Ver hältnis zu den Beitragszahlern wird immer ungünstiger. Die AHV-Steuervorlage, über welche am 19. Mai abgestimmt wurde, ist nur eine Schweizer Konsenslösung und bringt keine nachhaltige Sanierung der Versicherung. Nur ein höheres Renten alter, eine Senkung der Renten und höhere Einzahlungen via Steuern oder Lohnbei träge oder am besten eine Kombination davon könnte die Umlageversicherung langfristig gesunden lassen. Doch das stösst auf politischen Widerstand. In der Pensionskasse (PK, zweite Säule) werden Mittel an Pensionierte ausgeschüt tet, die diese gar nicht angespart haben. Hier ist das Problem, dass die Umwand lungssätze einiger Vorsorgeeinrichtungen zu hoch und die erwirtschaftete Rendite im Niedrigzinsumfeld zu tief ist. Diese Pensionierungsverluste – das gesparte Ver mögen reicht nicht aus, um das Rentenver sprechen zu erfüllen – müssen durch die Rückstellungen der Pensionskassen ge deckt werden. Diese werden mit einem Teil des Anlageerfolgs oder als zusätzlicher Beitrag der aktiv Versicherten geäufnet.
Sparen für den Ruhestand Laut Schätzungen bezieht ein Rentner in seinem Leben durchschnittlich 20 000 bis
40 000 Fr. mehr aus der PK, als er einzahlt. Die steigende Lebenserwartung, die zu nehmende Überalterung der Bevölkerung und die tiefen Zinsen haben das Modell der beruflichen Vorsorge aus der Bahn ge worfen. Ökonomen der Credit Suisse ha ben ausgerechnet, dass in den Pensionskas sen allein im Jahr 2015 schweizweit 5,3 Mrd. Fr. von der werktätigen Bevölkerung zu den Pensionierten geflossen sind. Das ursprüngliche Ziel des Gesetzgebers war es, dass die beiden Säulen AHV und PK zusammen 60% des Einkommens vor der Pensionierung abdecken. Doch für viele liegt das Renteneinkommen bereits deut lich darunter – Tendenz weiter sinkend. Umso wichtiger wird die dritte Säule – die private Vorsorge. Neben der AHV (Siche rung der Existenz) und der PK (Sicherung des gewohnten Lebensstandards) hat sie den eigentlichen Zweck, Mittel zur Erfül lung zusätzlicher Wünsche anzusparen. Aufgrund der erwähnten Probleme dürfte der privaten Vorsorge vermehrt auch die Aufgabe zukommen, Versorgungslücken zu schliessen, die durch die beiden ersten Säulen nicht abgedeckt werden. Wer heute noch einige Jahre im Er werbsleben vor sich hat und nicht riskieren will, im Alter merkliche finanzielle Abstri che machen zu müssen, kommt nicht umhin, das Heft selbst in die Hand zu neh men und Geld für den Ruhestand zu spa ren. Die dritte Säule ist nochmals zweige teilt: Die Säule 3a ermöglicht auf freiwilli ger Basis eine individuelle, steuerbegüns tigte Vorsorge für Erwerbstätige, während die Säule 3b eine ungebundene Selbstvor sorge für alle in individueller Höhe ist. Auch wer bereits das Renteneintrittsalter erreicht hat, kann noch fünf Jahre lang weiter in die dritte Säule einzahlen, sofern er erwerbstätig bleibt und ein steuerbares Einkommen hat. Dank der steuerlichen Begünstigung kann auf der Säule 3a am effizientesten für die Altersvorsorge gespart werden. Bis zu einem Betrag von 6826 Fr. pro Jahr können Angestellte einzahlen und das Eingezahlte vom steuerbaren Einkommen abziehen. Je
nach Grenzsteuersatz kann die Steuer ersparnis 2000 Fr. betragen. Selbständige, die keiner Pensionskasse angeschlossen sind, dürfen einen Fünftel des jährlichen Erwerbseinkommens, aber maximal 34 128 Fr., einzahlen.
Ergiebige Vorsorge Folgende Modellrechnung zeigt, wie ergie big das Sparen in der Säule 3a sein kann. Angenommen, eine ledige Person im An gestelltenverhältnis aus der Stadt Bern, die ein steuerbares Einkommen von 100 000 Fr. aufweist, zahlt 6826 Fr. über 35 Jahre ein. Das Guthaben wird mit 2% verzinst. Dadurch entsteht ein 3a-Vermögen von 345 130 Fr. Kommt es zur Auszahlung, wird die Kapitalleistung der gebundenen Selbstvorsorge gesondert besteuert. Dies heisst, dass die Veranlagung separat zur or dentlichen Steuer oder auch Quellen steuer (bei Ausländern) vorgenommen wird. Damit wird vermieden, dass diese ausserordentlichen Vorsorgeeinkünfte die reguläre Einkommensversteuerung in eine höhere Progressionsstufe treiben. Beim angeführten Beispiel fallen beim Kapital bezug Steuern von 26 106 Fr. an. Im Bei spiel erhöht sich das Altersguthaben dank der privaten Vorsorge um 319 024 Fr. Die Steuerlast reduziert sich, wenn man sich das Guthaben aus der dritten Säule nicht zusammen mit der zweiten Säule auszah len lässt. Die Steuerbehörde würde diese Bezüge addieren. Auch ist es bei grossen Guthaben sinnvoll, die Auszahlung der 3a-Guthaben zu staffeln. Das muss jedoch frühzeitig geplant werden, und es müssen mehrere 3a-Konti oder -Depots geführt werden. Diese können immer nur vollstän dig bezogen werden. Ein weiterer Vorteil der dritten Säule ist, dass die Gelder in der Regel langfristig angelegt werden können. Je länger der An lagehorizont eines Investors ist, umso höhere Risiken kann er grundsätzlich ein gehen. Das wird in der Regel durch eine stärkere Gewichtung von Aktien erreicht, die zwar die Schwankung erhöhen, gleich
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Überalterung und tiefe Zinsen haben der beruflichen Vorsorge zugesetzt. Das Säulenmodell muss gestützt werden.
zeitig aber auch über die Zeit höhere Ren diten versprechen. Lange gab es jedoch in der dritten Säule keine Anlagelösungen mit einer hohen Aktienquote. Die «riskan testen» setzten auf einen Aktienanteil von höchstens 50%. Inzwischen können Anle ger auf eine breite Palette zurückgreifen. Sie haben dabei die Wahl zwischen Säule3a-Fonds und -Anlageplänen. Bei Letzte ren besteht das Portfolio in der Regel aus verschiedenen Instrumenten wie ETF, die je nach gewählter Strategie gewichtet sind. Beobachter weisen allerdings darauf hin, dass die Kosten für 3a-Lösungen oft hoch und für den Kunden nicht transparent sind.
Wechsel ist möglich Der Markt hat sich in den vergangenen Jahren geöffnet. Viele Kunden sind aber – ähnlich wie bei den Krankenkassen – be züglich Banken- und Versicherungswech
seln träge, obwohl es sich für sie oft lohnen würde, die 3a-Lösungen zu prüfen und das Geld eventuell anders anzulegen. Viele wissen nicht, dass sie bei den Banken pro blemlos von ihrer bestehenden 3a-Vorsor gelösung in eine für sie passende 3a-Vor sorgelösung wechseln können. Bei den Versicherungen sieht es weniger günstig aus. Dort kommt der Kunde nur unter un vorteilhaften Bedingungen aus dem Ver trag heraus. Zu guter Letzt muss auch daran erin nert werden, dass die Gelder in der Säule 3a gebunden sind. Der ordentliche Bezug kann frühestens fünf Jahre vor Erreichen des Rentenalters (Frauen: 64 Jahre, Män ner: 65 Jahre) erfolgen. Ein Vorbezug ist möglich für den Erwerb oder die Erstel lung von Wohneigentum zum Eigenbedarf, für die Rückzahlung von Hypothekardar lehen oder die Aufnahme einer selbständi gen Erwerbstätigkeit. Zudem kann das an
ILLUSTRATION A. GLANDIEN
gesparte Kapital für den Einkauf in eine steuerbefreite Vorsorgeeinrichtung ge nutzt werden – in eine andere 3a-Lösung oder für freiwillige Einkäufe in die PK. Das Kapital kann ebenfalls frühzeitig be zogen werden, falls der Vorsorgenehmer eine ganze IV-Rente bezieht und das Inva liditätsrisiko nicht versichert ist. Doch abgesehen von diesen Ausnah men sind die Gelder gebunden. Trotz Steuervorteilen sollte nur so viel in die dritte Säule investiert werden, dass noch genug Reserven für Unvorhergesehenes und geplante grössere Anschaffungen üb rig bleiben. Wer solches mit einem Kredit finanzieren muss, macht den «Spareffekt» schnell wieder zunichte.
www.nzz.ch/ld.1483137
10 PRIVAT FÜR DAS ALTER VORSORGEN
Was beim Sparen in der Säule 3a zu beachten ist Bei der gebundenen Vorsorge lässt sich eine «Rendite vom Staat» erzielen – es braucht aber eine Strategie für den Bezug der Gelder MICHAEL FERBER
Das Schweizer Altersvorsorgesystem lei det unter der demografischen Entwick lung, den niedrigen Kapitalmarktzinsen und unter Reformstau. In diesem Umfeld gewinnt die private Vorsorge an Bedeu tung. Mit der Säule 3a lässt sich gut Kapi tal für den Ruhestand aufbauen. In jedem Jahr werden die Beträge, die Sparer steuer begünstigt einzahlen können, festgelegt. In diesem Jahr gilt für Arbeitnehmer, die einer Pensionskasse angeschlossen sind, ein Maximalbetrag von 6826 Fr. Selbstän digerwerbende, die keiner Vorsorgeein richtung angehören, können in diesem Jahr sogar maximal 34 128 Fr. bzw. bis zu 20% ihres Nettoeinkommens steuerbegünstigt sparen. So lassen sich je nach Einkommen und Wohnort mit 1000 Fr., die in die Säule 3a investiert werden, rund 200 bis 400 Fr. an Einkommenssteuern sparen. Die Steuerersparnis ist regional unter schiedlich hoch. Laut einer Studie der Credit Suisse vom vergangenen Jahr redu zierte eine ledige Person mit einem steuer baren Einkommen von 100 000 Fr. ihre Steuerbelastung durch die Einzahlung des
3a-Maximalbetrags in Neuenburg um 2473 Fr. und in Zug um 1583 Fr. Bei einem Ein kommen von 200 000 Fr. waren es in Neuenburg 2877 Fr. und in Zug 1670 Fr. In Zeiten mit ultraniedrigen Zinsen ist eine solche «Rendite vom Staat» vielen Sparern hochwillkommen. Doch gibt es, abgesehen von der Steuerersparnis, beim Sparen in der Säule 3a einiges zu beachten: ■ Das angesparte Kapital ist gebunden: Mit der gebundenen Vorsorge der Säule 3a kann man steuerlich begünstigt Geld für das Alter ansparen. Der Bezug ist aber frü hestens fünf Jahre vor Erreichen des AHV-Alters möglich – für Frauen also ab 59, für Männer ab 60 Jahren. Es gibt aller dings einige Ausnahmen. So kann man das Geld beispielsweise beziehen, wenn man die Schweiz definitiv verlässt, sich selb ständig macht oder Wohneigentum kauft, das man selbst bewohnen will. ■ Zinskonten bringen nur niedrige Zinsen: Für das Sparen in der Säule 3a haben Finanzinstitute mehrere Arten von Pro dukten im Angebot. Die meisten Bürger sparen das Geld auf Zinskonten an. Das
Zinssatz in % 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 1999
QUELLE: VZ VERMÖGENSZENTRUM
■ 3a-Produkte mit Versicherungsschutz: Ausserdem gibt es Produkte mit einer Ver sicherungskomponente, hier werden etwa Risiken wie Tod oder Invalidität des Versi cherten abgesichert. Sparer sollten indes sen prüfen, ob sie den Versicherungsschutz tatsächlich brauchen oder ob sie Sparen und Versichern nicht lieber trennen wol len. Bei 3a-Versicherungsprodukten be steht im Allgemeinen ein Sparzwang, die Sparer haben also weniger Flexibilität. Muss man die Police auflösen oder kann man die Prämie nicht mehr bezahlen, dro hen Einbussen. Bezieht man 3a-Gelder für den Kauf einer Immobilie vor, wird bei einer Versicherungspolice des Weiteren nur der sogenannte Rückkaufswert als Eigenmittel angerechnet – bei 3a-Zinsoder 3a-Wertschriftenkonten hingegen das volle bis zu diesem Zeitpunkt angesparte Kapital. ■ Grosses Angebot an Wertschriftenprodukten: Eine weitere Option ist das Wert schriftensparen mit Säule-3a-Vorsorge fonds. Diese legen die Gelder der Versi cherten beispielsweise in Aktien, Obliga tionen oder Immobilienanlagen an. Wie der Verein Vorsorge Schweiz (VVS) Mitte Mai mitgeteilt hat, liegen derzeit rund 24% der bei Einrichtungen der Säule 3a ange legten Gelder in Wertschriften, also eher wenig. Das Angebot an 3a-Vorsorgefonds ist indessen gross. Viele dieser Produkte haben recht hohe Gebühren, was gerade bei einem langen Anlagehorizont die Net torendite des Vorsorgenden «anfrisst».
Entwicklung des Durchschnittszinssatzes von Säule-3a-Zinskonten
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Problem dabei sind aber die ultraniedrigen Zinsen. Überflüssig ist diese Art von Kon ten allerdings auch heute nicht. Ihre Kon ditionen sind immerhin noch besser als bei Sparkonten. Die Produkte eignen sich etwa für Sparer mit eher kurzem Anlage horizont, die wenige Risiken eingehen wollen.
2019 NZZ Visuals / lea.
■ Unterschiedlich hohe Aktienquoten bei Säule-3a-Fonds: Die 3a-Vorsorgefonds ha ben unterschiedlich hohe Aktienanteile.
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Eine gute Vorsorge für das Alter erfordert gelegentlich unsere ganze Aufmerksamkeit.
Diese liegen zwischen 0 und 75%. Am Markt sind auch verschiedene Anbieter aktiv, bei denen sich Sparer 3a-Lösungen mit ihrem gewünschten Aktienanteil «zu sammenbauen» lassen können. Je höher die Aktienquote ist, desto grösser sind die mit der Anlage verbundenen Risiken. Si cherheitsorientierte Sparer sollten also eher einen 3a-Vorsorgefonds mit einer geringeren Aktienquote auswählen. Für solche mit einem langen Anlagehorizont kann ein höherer Aktienanteil sinnvoll sein, wenn die damit verbundenen Risi ken einkalkuliert werden und diese trag bar sind. Rückt die Pensionierung näher, sollten Sparer erwägen, auf weniger ris kante 3a-Fonds umzuschichten. Dies sollte zumeist spesenfrei möglich sein. Beim Bezug der 3a-Gelder werden bei den meisten Lösungen die Wertschriften verkauft. Dies kann unvorteilhaft sein, wenn die Börse zu diesem Zeitpunkt eine Baisse erlebt.
■ Grosse Bedeutung der Gebühren: Die Kosten der 3a-Fonds schlagen gerade auf lange Sicht stark auf die Nettorendite durch. Sie werden mittels der sogenannten Total Expense Ratio (TER) ausgewiesen, die übersetzt Gesamtkostenquote heisst. Entgegen diesem Namen sind aber die De potgebühren oder die Transaktionskosten nicht in der TER enthalten. Um die Ge samtgebühren im Auge zu behalten, soll ten sich Sparer bei den Anbietern über alle anfallenden Kosten informieren. Im Allge meinen sind passiv verwaltete Produkte, die Kapitalmarkt-Indizes abbilden, günsti ger als aktiv verwaltete 3a-Fonds. ■ Gestaffelter Bezug sinnvoll: Beim Be zug der Vorsorgegelder wird eine Steuer fällig. Je höher das Volumen der in einem Jahr anfallenden Bezüge ausfällt, umso grösser ist die Steuerbelastung. Um die Steuerprogression zu brechen, ist der ge staffelte Bezug von Säule-3a-Geldern über
ILLUSTRATION ALEXANDER GLANDIEN
mehrere Jahre hinweg empfehlenswert. Damit dies möglich ist, empfiehlt sich das Führen mehrerer Säule-3a-Konten – denn wer ein Konto auflöst, muss in der Regel die ganze dort angesparte Summe bezie hen. Zudem sollte auch überlegt werden, in welchen Jahren Kapital aus der Pen sionskasse bzw. Gelder aus Freizügigkeits konten bezogen werden. ■ Wer über das Renteneintrittsalter hinweg arbeitet, kann weiter in die Säule 3a einzahlen. Was den gestaffelten Bezug von Vorsorgegeldern angeht, bieten sich da durch weitere Möglichkeiten. Bleibt man nach der Pensionierung erwerbstätig, darf man den Bezug der 3a-Gelder aufschieben – bei Männern gilt hier eine Grenze von 70 Jahren, bei Frauen liegt sie bei 69.
www.nzz.ch/ld.1485084
12 PRIVAT FÜR DAS ALTER VORSORGEN
Passive Säule-3a-Fonds haben einen grossen Vorteil Die dritte Säule wird für die private Vorsorge immer wichtiger – auch die Kosten sind ein wichtiger Faktor für das angesparte Kapital MICHAEL SCHÄFER
Bisher ging es jeder Nachkriegsgeneration in Mitteleuropa besser als der Generation ihrer Eltern. Ob das künftig auch so der Fall ist, darüber lässt sich trefflich diskutie ren. Wenig umstritten ist jedoch, dass künf tige Rentnergenerationen weniger Leis tungen aus den ersten beiden Säulen des Schweizer Vorsorgesystems erwarten dür fen. Vor allem eine steigende Lebens erwartung, Negativzinsen und zu hohe Umwandlungssätze machen AHV und Pensionskassen zu schaffen.
Absehbare Lücken in der Rente Eigentlich sollten die ersten beiden Säulen gewährleisten, dass Schweizer Rentnern rund 60% des Einkommens zur Verfügung stehen, das sie vor der Pensionierung be zogen haben. Das ist in zahlreichen Fällen bereits heute nicht mehr gewährleistet. Angesichts der erwähnten Faktoren wird dieser Wert für immer mehr Betroffene in die Ferne rücken. Wer nicht auf ein Wun
der angewiesen sein will, sollte deshalb frühzeitig selbst vorsorgen. Sonst wird es kaum möglich sein, im dritten Lebensab schnitt den gewohnten Standard zu halten, geschweige denn, sich langgehegte Träume wie ausgedehnte Fernreisen zu erfüllen. Prädestiniert, um drohende Lücken zu schliessen, ist die dritte Säule. Im Gegen satz zu den ersten beiden Säulen, die für Nichtselbständigerwerbende einen obliga torischen Charakter besitzen, ist die dritte freiwillig. Und sie ist mit einigen Vorteilen verbunden. Erstens sind Einzahlungen in die Säule 3a bis zu einem gewissen Grad steuerbegünstigt. Bei Angestellten beträgt der jährliche Höchstbetrag derzeit 6826 Fr. Selbständigerwerbende können bis zu 34 128 Fr. pro Jahr steuerbegünstigt ein zahlen, wenn sie keiner Vorsorgeeinrich tung der zweiten Säule angehören.
Dritte Säule mit vielen Vorteilen Wenn man früh genug beginnt – möglichst beim Eintritt ins Erwerbsleben –, ist es in der dritten Säule zweitens möglich, Gelder
Passiv verwaltete Vorsorgefonds liefern höhere Renditen als aktive Bei niedrigen Aktienquoten geht die Rechnung langfristig auf Annualisierte Rendite nach Kosten der Fonds, in % Aktiv Passiv
Passive Fonds mit hoher Aktienquote liegen durchwegs vorn Annualisierte Rendite nach Kosten der Fonds, in % Aktiv Passiv
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Vorsorgefonds mit einem Aktienanteil bis 40% (25 aktive und 4 passive Fonds) QUELLE: MONEYLAND
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8 Jahre
Vorsorgefonds mit einem Aktienanteil über 40% (17 aktive und 6 passive Fonds) NZZ Visuals / jok.
über einen sehr langen Zeithorizont anzu sparen. Unabhängig von der Anlageform erlaubt dies, dass der von Anlegern oft unterschätzte Zinseszinseffekt über viele Jahre wirken kann. Es macht nämlich einen grossen Unterschied, ob ein Anleger Gelder über 25, 30 oder 35 Jahre anspart und für sich arbeiten lässt. Wer über 25 Jahre den derzeitigen Maximalbetrag für Arbeitnehmer einzahlt, verfügt bei einer Verzinsung von 2,5% nach 25 Jahren über rund 239 000 Fr., nach 35 Jahren aber schon über 384 000 Fr. Was drittens ebenfalls stark ins Gewicht fällt: In der dritten Säule kann man die An lagestrategie selbst bestimmen. In der ers ten Säule ist das gar nicht möglich, in der zweiten lediglich für Lohnbestandteile, die rund 128 000 Fr. übertreffen. Setzt ein An leger in der steuerbegünstigten Säule 3a auf das Wertpapiersparen, hat er dagegen die Wahl zwischen gut 50 Anlagefonds von 13 Anbietern, die eine grosse Bandbreite von unterschiedlichen Anlagestrategien verfolgen. Ausserdem gibt es zusätzlich ei nige Anbieter, bei denen sich Sparer eine Strategie für die dritte Säule erstellen und umsetzen lassen können. Grundsätzlich gilt, dass ein Fonds – vor allem kurz- und mittelfristig – umso ris kanter ist, je höher das Gewicht der darin enthaltenen Aktien ist. Dafür ist mit einem höheren Aktienanteil langfristig auch die Erwartung höherer Renditen verbunden, denn Dividendentitel schneiden diesbe züglich unter den liquiden Anlageklassen am besten ab. Geht man von einer langfris tigen Rendite für Anleihen in Franken von 1% und für Aktien von 7% aus, dann be deutet ein um 25 Prozentpunkte höherer Aktienanteil eine erwartete zusätzliche Rendite von 1,5% pro Jahr. Nimmt man im obigen Beispiel statt einer Aufteilung von 25% Aktien und 75% Anleihen eine je hälftige Gewichtung an, ergibt sich eine er wartete jährliche Rendite von 4 statt 2,5%. Das Kapital würde dann nach 25 Jahren rund 296 000 Fr. betragen und nach 35 Jah ren 523 000 Fr. Allerdings ist diese Rech nung noch ohne «den Wirt» gemacht, also
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Gewisse Pflanzen wie auch einige Anlagen gedeihen besser, wenn sie ihre Ruhe haben.
in diesem Fall die Bank bzw. die Fondsge sellschaft. Üblicherweise kostet ein Fonds umso mehr, je höher seine Aktienquote ist. Wie der interaktive Fondsvergleich des un abhängigen Vergleichsdienstes Moneyland zeigt, sind vor allem die Fonds der beiden Grossbanken mit stolzen Preisen versehen. So betragen die jährlichen Kosten (To tal-Expense-Ratio, TER) beim «MixtaBVG Basic» der Credit Suisse 1,15%. In diesem sind keine Aktien enthalten. Der teuerste Fonds ist mit einer TER von 1,69% pro Jahr der «Vitainvest 75 World» der UBS mit einem Aktienanteil von 75%. Andere Anbieter verlangen für ihre Produkte spürbar weniger. So kostet der «BVG-Mix 15» von Swiss Life mit 20% Aktien 0,55% oder der «Expert-Vorsorge 75» von der Luzerner Kantonalbank mit 75% Aktien 0,8%. Die Crux an den Kos ten: Sie mindern erst einmal die Rendite der Anleger und damit deren angespartes Kapital. Alle bisher genannten Produkte sind aktiv verwaltet, das heisst, der Fonds manager versucht, die Rendite durch tak
tische Anpassungen zu erhöhen. Ver gleichsweise niedrigere Verwaltungsge bühren haben passiv verwaltete Fonds, die auf solche Wetten verzichten und stattdes sen die Entwicklung von Indizes abbilden.
Zusatzkosten berücksichtigen Nicht immer sind passive Fonds automa tisch billiger als ihre aktiv verwalteten Pen dants mit einer vergleichbaren Aktien quote. Nur drei Institute bieten derzeit passiv verwaltete Vorsorgefonds an, von denen die von Postfinance und Credit Suisse deutlich teurer sind als jene von Swisscanto (ZKB). Credit Suisse und Swisscanto verwalten sowohl aktive als auch passive Fonds. Letztere sind im Ver gleich mit den aktiven Fonds «aus dem gleichen Stall» in der Regel zwischen 0,3 und 0,5 Prozentpunkte günstiger. Wichtiger als die reinen Verwaltungs kosten sind jedoch die Renditen, die die Fonds erzielen. Möglicherweise gelingt es den aktiven Managern ja, über die Zeit
ILLUSTRATION ALEXANDER GLANDIEN
einen Mehrwert zu erzielen. Das ist aller dings nicht der Fall. Die passiven Fonds schneiden unter dem Strich besser ab, vor allem bei den Strategien mit einem höhe ren Aktienanteil. Da bei einzelnen Fonds zusätzlich zu den TER noch weitere Kosten anfallen, wie Transaktionskosten, Depotgebühren oder Ausgabe- und Rücknahmekommis sionen, sollten Anleger auch diese in ihr Kalkül einbeziehen, rät Felix Oeschger von Moneyland. Auch diese Informatio nen lassen sich auf dem Vergleichsportal abfragen.
www.nzz.ch/ld.1486294
14 PRIVAT FÜR DAS ALTER VORSORGEN
Vorsorge via Eigenheim will gut überlegt sein Wer keine Miete zahlen muss, kann dadurch Einkommenseinbussen im Alter kompensieren – leicht umgesetzt ist die Strategie aber nicht MICHAEL SCHÄFER
Es gibt Dinge im Leben, die man gar nicht früh genug anpacken kann. Zu diesen zählt definitiv die Vorsorgeplanung. Je länger, je mehr sind künftige Pensionäre darauf an gewiesen, selbst Gelder anzusparen, wol len sie nicht riskieren, beim Übergang in die dritte Lebensphase deutliche finan zielle Abstriche machen zu müssen. Wer in den kommenden Jahren aus dem Erwerbs leben ausscheidet, kann heute in der Regel recht gut abschätzen, wie viel Geld ihm eines Tages zur Verfügung stehen wird. Anders sieht es aus, wenn dieses Datum noch zehn, zwanzig oder dreissig Jahre in der Zukunft liegt.
Es drohen grosse Lücken Angesichts einer steigenden Lebenserwar tung, eines sinkenden Verhältnisses von Beitragszahlern zu Pensionären und eines nun schon etliche Jahre bestehenden Tief zinsumfeldes steht für viele Schweizerin nen und Schweizer in den Sternen, ob sie
mit ähnlich hohen Renten rechnen können wie jene, die im Jahr 2019 pensioniert wer den. Jedenfalls dürfte das umso weniger wahrscheinlich sein, je weiter das Datum der Pensionierung in der Zukunft liegt. Ebenfalls unbekannt ist, wie hoch die Ab striche dannzumal sein werden, die man in Kauf nehmen muss. Diese Unwägbarkeiten sind immer mehr Betroffenen bewusst. Früher oder später kommt die Frage der privaten Vor sorge auf den Tisch. Viele Haushalte setzen dabei auf die Säule 3a oder andere Anla geformen. Oft nimmt aber auch das Eigen heim einen zentralen Platz bei diesen Überlegungen ein. Die Idee ist dann, dass durch das Bewohnen der eigenen vier Wände der Mietzins gespart wird. Dadurch sollen allfällige Einbussen beim Altersein kommen ausgeglichen werden.
Restriktive Hypothekenvergabe Zudem haben sowohl Eigentumswohnun gen als auch Einfamilienhäuser in den ver gangenen Jahren beachtliche Wertsteige
rungen erfahren. Mit dem Eigenheim las sen sich anscheinend schöne Renditen er zielen. Und schliesslich befinden sich auch die Hypothekarzinsen auf einem nie da ge wesenen tiefen Niveau, das eine günstige Finanzierung des Eigenheims erlaubt. Diese Überlegungen sind nicht grund sätzlich falsch. Bevor sie in die Tat umge setzt werden, sollte man sich aber die Vor- und die Nachteile vor Augen führen. Zudem sollte man sich bewusst sein, dass die Sache nicht einfach mit dem Kauf einer Wohnung oder eines Hauses erledigt ist. Wer bei der Altersvorsorge wesentlich auf die Karte Eigenheim setzt, muss einige Aspekte beachten, damit die Chancen gut stehen, dass die Strategie auch langfristig aufgeht. Punkto Finanzierung ist es zwar richtig, dass die Hypothekarzinsen unglaublich niedrig sind. Zehnjährige Festhypotheken lassen sich derzeit unter 1% abschliessen. Trotz gestiegener Immobilienpreise fallen im Eigenheim im Normalfall derzeit deut lich niedrigere Wohnkosten an als in einem Mietobjekt. Knackpunkt ist jedoch, ob man überhaupt einen Kredit von der Bank erhält.
Wohneigentum wird in der Schweiz seit vielen Jahren teurer
Wichtiger Unterhalt
Indexiert, 31. 12. 2007 = 100; vierteljährliche Daten
Die Kreditgeber achten nämlich darauf, dass Immobilienkäufer maximal einen Drittel ihres Einkommens für Zinsen, Amortisation und Nebenkosten aufwen den müssen. Gerechnet wird dabei nicht mit den aktuellen Konditionen, sondern mit einem kalkulatorischen Zins von 4,5 bis 5,5%. Wie das Online-Vergleichsportal Comparis jüngst gezeigt hat, können selbst Familien mit einem Jahreseinkommen von 120 000 Fr. unter diesen Prämissen in der Mehrzahl der Schweizer Bezirke keine Wohnung mit 4,5 bis 5,5 Zimmern und einer Wohnfläche von 115 bis 135 m2 er werben. Was die Wertsteigerung betrifft, die bei Stockwerkeigentum beispielsweise seit 2007 durchschnittlich 3,5% pro Jahr betrug und bei Einfamilienhäusern 3,1%, müssen
Eigentumswohnungen 150
Einfamilienhäuser
140 130 120 110 100
31. 12. 2007
QUELLE: WÜEST PARTNER
30. 04. 2019 NZZ Visuals / brt.
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Mit einer guten Planung gelingt auch im Alter noch einiges so, wie man es sich früher ausgemalt hat.
diese Zahlen relativiert werden. Als Faustregel gilt, dass jährlich mindestens 1% des Immobilienwerts für den Unter halt zu veranschlagen ist. Wer seine Lie genschaft nicht oder nur ungenügend unterhält, muss bei einem allfälligen Ver kauf preisliche Abstriche machen. Die Wertminderung hängt dann davon ab, wie gross der jeweilige Sanierungsauf wand ist.
Eigenheimpreise können sinken Wer damit liebäugelt, sein Eigenheim eines Tages zu verkaufen, etwa wenn die Kinder ausgezogen sind oder eine Woh nung in der Stadt mehr Vorteile als ein Haus auf dem Land verspricht, sollte auch auf die Verkaufbarkeit achten. Wichtig ist dann nicht nur der allgemeine Zustand des Objekts. Auch die Attrakti vität der Lage, die Gefälligkeit des Bau stils, der Grundriss, der technische Stan dard und die Ausstattung fliessen in die Vorstellungen potenzieller Käufer ein.
Allerdings bleibt selbst für Topobjekte immer eine Unsicherheit darüber, welcher Preis sich dereinst erlösen lässt. Dieser hängt unter anderem vom künftigen Zins niveau, von der Verfassung der Wirtschaft und der allgemeinen Lage am Immobilien markt ab. Eigenheimpreise können ohne weiteres auch über einen längeren Zeit raum sinken. Ist dagegen geplant, bis ins hohe Alter in der gleichen Immobilie zu wohnen, sollte darauf geachtet werden, dass diese auch den eigenen Ansprüchen im dritten Lebensabschnitt genügt. Oft sind dann Barrierefreiheit, einfache Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Verkehr oder gute Einkaufsmöglichkeiten im Quartier wich tige Stichworte.
Finanzielles Polster aufbauen Damit die Tragbarkeit der Immobilie auch mit den gegenüber dem Gehalt geringeren Pensionsbezügen gewährleistet ist, ist es meist ratsam, die Hypothek stärker zu
ILLUSTRATION ALEXANDER GLANDIEN
amortisieren als auf die geforderten zwei Drittel des Immobilienwerts. Als Daumen regel werden oft 50% genannt, ausschlag gebend ist jedoch die individuelle Situa tion. Ein stärkerer Abbau der Hypothek ist meist ebenfalls nicht ratsam. Zahlreiche Banken scheuen sich, Senioren Kredite zu gewähren. Entsprechend ist es oft schwie rig, im gesetzten Alter eine Hypothek wie der aufzustocken. Überhaupt sollte man darauf achten, dass man über eine ausreichende finan zielle Flexibilität verfügt. Das in der jetzi gen Konstellation gegenüber der Miete ge sparte Geld sollte genutzt werden, um ein finanzielles Polster aufzubauen oder vor bezogene Beträge aus der Pensionskasse wieder zurückzuzahlen. Dann lassen sich sinkende Immobilienpreise, eine teure Sa nierung oder steigende Hypothekarzinsen besser verdauen.
www.nzz.ch/ld.1489655
16 PRIVAT FÜR DAS ALTER VORSORGEN
Steuern sparen bei Vorsorgegeldern Zwischen den Schweizer Gemeinden variiert die Steuerbelastung bei der Auszahlung massiv ANNE-BARBARA LUFT
«Nichts auf dieser Welt ist sicher, ausser dem Tod und den Steuern», lautet ein berühmtes Bonmot des ehemaligen US-Präsidenten Benjamin Franklin. Auch wenn es in der Altersvorsorge in der Schweiz gute Möglichkeiten zum Steuernsparen gibt, gilt diese Weisheit doch auch in diesem Bereich. So wird etwa beim Bezug von Vorsorgegeldern – also Kapital aus der Pensionskasse, der Säule 3a oder von Freizügigkeitskonten – die sogenannte Steuer auf Kapitalleis tungen aus der Vorsorge erhoben. Diese ist auch als Kapitalauszahlungssteuer be kannt. Um hier nicht unnötig Geld an den Fiskus zu zahlen, ist Vorsorgenden zu empfehlen, sich über die Höhe der Steuern zu informieren und eine entspre chende Steuerstrategie zu verfolgen. ■ Die Steuerhöhe hängt nicht von Einkommen und Vermögen ab: In allen Kantonen wird die Kapitalauszahlungs steuer unabhängig davon berechnet, wie hoch das Einkommen und das Vermögen der entsprechenden Person sind. Alle
Personen am entsprechenden Ort zahlen also auf gleich hohe Beträge gleich hohe Steuern. ■ Grosse Unterschiede zwischen den Gemeinden: Die Unterschiede bei den Kapitalauszahlungssteuern zwischen den Wohngemeinden sind massiv. Dies zeigen Auswertungen des Finanzberatungsunter nehmens Vermögenspartner. Bezieht eine alleinstehende und konfessionslose Person beispielsweise einen Betrag von 500 000 Fr., so fallen in der teuersten Gemeinde, Treytorrens (VD), mehr als doppelt so hohe Steuern an wie in der günstigsten Gemeinde, Appenzell (AI). Bei einem Bezugskapital von 1 Mio. Fr. werden in Hofstetten (ZH) sogar dreimal so hohe Steuern fällig wie in Appenzell. ■ «Steuerhölle» Zürich – ja und nein: Das Beispiel zeigt, dass Zürich die Bürger bei hohen Vorsorgebeträgen besonders stark zur Kasse bittet. Gemeinden im Kanton Zürich verrechneten ab einem Betrag von rund 600 000 Fr. die höchsten Kapitalaus zahlungssteuern, heisst es bei Vermögens partner. Unter den Kantonshauptorten
liegt die Gemeinde Zürich gemäss der Ta belle der Beratungsgesellschaft bei einem Bezugsbetrag von 1 Mio. Fr. vorne. 160 900 Fr. werden fällig, während es in Appenzell nur 56 400 Fr. sind. Bei kleineren Bezugs beträgen wie 100 000 oder 250 000 Fr. liegt Zürich aber immerhin im Mittelfeld (vgl. Tabelle). ■ Staffelung zu empfehlen: Gerade bei hohen Beträgen aus der Vorsorge emp fiehlt sich – nicht nur in Zürich – eine Staf felung über mehrere Jahre, um die Steuer progression zu brechen. Zahlungen aus der Pensionskasse, der Säule 3a und von Frei zügigkeitskonten, die in einem Kalender jahr bezogen werden, werden addiert. So entsteht ein hoher Betrag, der proportio nal höher besteuert wird, als wenn der Be zug der Gelder auf mehrere Jahre verteilt wird. Steuerlich vorteilhaft kann auch der gestaffelte Bezug des Pensionskassenkapi tals im Zusammenhang mit einer Teilpen sionierung sein. ■ Planung ist wichtig: Bei allem Willen zum Steuernsparen darf bei der Planung auf keinen Fall vergessen werden, wie hoch
Grosse Unterschiede bei den Kapitalauszahlungssteuern Steuerjahr 2019, Angaben in Franken für eine alleinstehende Person, konfessionslos, Beträge auf Hundert gerundet Kanton AG AI AR BE BL BS FR GE GL GR JU LU NE
Gemeinde Aarau Appenzell Herisau Bern Liestal Basel Freiburg Genf Glarus Chur Delsberg Luzern Neuenburg
100 000 Fr. 5 000 3 600 7 900 4 800 3 900 5 300 5 700 4 700 5 300 4 300 6 300 5 400 6 100
250 000 Fr. 17 900 12 400 22 300 16 800 12 300 20 800 23 300 16 800 15 800 13 400 21 700 18 400 20 500
500 000 Fr. 1 000 000 Fr. 41 300 87 700 27 300 56 400 49 600 110 600 42 500 98 100 33 700 95 600 47 400 99 800 57 100 124 000 39 500 85 100 34 200 70 200 47 800 98 200 48 500 101 300 41 700 87 400 43 700 89 300
Kanton NW OW SG SH SO SZ TG TI UR VD VS ZG ZH
Gemeinde Stans Sarnen St. Gallen Schaffhausen Solothurn Schwyz Frauenfeld Bellinzona Altdorf Lausanne Sitten Zug Zürich
100 000 Fr. 5 700 5 700 6 300 3 900 5 100 2 800 6 900 4 500 4 300 7 500 4 800 3 500 5 000
250 000 Fr. 18 100 16 800 18 300 14 400 17 900 16 600 19 800 13 800 13 300 26 800 15 900 12 900 17 300
500 000 Fr. 1 000 000 Fr. 38 700 79 200 36 200 74 200 39 100 80 000 31 400 64 600 39 000 79 700 49 200 121 800 42 200 86 100 37 300 145 400 29 200 60 100 63 500 136 200 46 300 103 000 30 900 66 000 56 300 160 900
QUELLE: TAXWARE / VERMÖGENSPARTNER
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Wer kein Geld verlieren will, sollte sich vor der Pensionierung über die Steuersätze am Wohnort informieren.
der finanzielle Bedarf nach der Pensionie rung ist. So sollte der Lebensunterhalt im Ruhestand durch feste Einkünfte abge deckt sein – also beispielsweise Renten aus der AHV und der Pensionskasse, Einnah men aus der Vermietung von Immobilien oder aus Lebensversicherungen. Pensions kassengelder sollten nur dann als Kapital bezogen werden, wenn dieser Bedarf ge deckt ist. Die Planung sollte individuell an gelegt sein, es gibt keine Pauschalrezepte. ■ Das gesamte Vermögen betrachten: Martin Schultes vom Vermögensverwalter Albin Kistler empfiehlt, das Vorsorgekapi tal nicht isoliert zu betrachten. Viele Schweizer hätten beispielsweise neben dem Vermögen in der Pensionskasse auch eine Immobilie. Der Aktienanteil am ge samten Vermögen sei bei vielen Sparern nicht allzu hoch. Im Kontext des Gesamt vermögens biete es sich somit an, bei Frei
zügigkeitsgeldern oder in 1e-Vorsorgeplä nen – wenn gewünscht – stärker in Aktien anzulegen, zumal Dividendenerträge und das Vermögen in solchen Plänen nicht be steuert würden. ■ Die Rechnung nicht ohne das Steueramt machen: Sparer sollten also die Mög lichkeiten nutzen, die der Gesetzgeber ih nen bietet, um Steuern zu optimieren. «Nicht zuletzt aufgrund der ultraniedrigen Zinsen reizen manche Sparer dabei aber die gesetzlichen Leitplanken vollends aus», sagt Schultes. Die Grenzen auszuloten, könne indessen teuer werden. Er rät, eine gewisse Vorsicht walten zu lassen. «Geht es um grössere Beträge, kann es grundsätz lich ratsam sein, dem Steueramt die Steuer planung im Vorfeld offenzulegen», sagt er. Während manche Ämter hinsichtlich Steuerplanungen recht kulant seien, gebe es auch sehr strenge.
ILLUSTRATION ALEXANDER GLANDIEN
■ Unterschiedliche Steuerpraktiken: Die Steuerpraktiken sind von Kanton zu Kan ton zum Teil sehr unterschiedlich. Dies zeigt sich beispielsweise bei Teilpensionie rungen – also wenn man sich das Kapital aus der Pensionskasse gestaffelt auszahlen lässt. Dabei geht es unter anderem um die Frage, wie viele Kapitalbezüge möglich sind. Wer eine Teilpensionierung plane, sollte sich auch bei seiner Pensionskasse über entsprechende Möglichkeiten infor mieren, sagt Schultes. Diese sind im Pen sionskassenreglement aufgeführt. Zudem ist eine Teilpensionierung nur dann mög lich, wenn der Arbeitnehmer sein Pensum dauerhaft reduziert. Dies muss er wollen, und auch der Arbeitgeber muss mitspielen.
www.nzz.ch/ld.1491899
18 PRIVAT FÜR DAS ALTER VORSORGEN
Ein sonniger Ruhestand mit freiwilliger Vorsorge Mit der individuellen, ungebundenen Säule 3b lassen sich Lücken bei der Altersvorsorge minimieren Nicht selten werden die Kosten für den Lebensunterhalt im Rentenalter unterschätzt. Für den Fall, dass beim VorsorgeCheck eine Lücke sichtbar wird, sollten Sparer Einzahlungen in die freie und ungebundene Säule 3b erwägen. ANNE-BARBARA LUFT
Eine Kreuzfahrt ans Nordkap, Ayurve da-Ferien in Sri Lanka oder endlich das Golf-Handicap verbessern – die meisten Menschen freuen sich auf ihren Ruhe stand und schmieden Pläne für diese Zeit. Vorfreude ist eben die schönste Freude. Bei aller Euphorie sollte jedoch die Pla nung der Finanzen für die Lebensphase nach der Pensionierung nicht vergessen werden. Hier muss man sich auch die wichtige Frage stellen: Kann ich mir meine Träume als Rentner überhaupt leisten?
Hohe Fixkosten als Risiko Wer im Alter unbeschwert leben möchte, sollte neben der ersten und der zweiten Säule auch in die dritte freiwillige Säule des Vorsorgesystems einzahlen. Je kost spieliger die Pläne für den Ruhestand sind, desto höher müssen naturgemäss die Ein zahlungen sein – was bedeutet, dass man während der Phase des Arbeitslebens eventuell auf das eine oder andere verzich ten muss, um dafür später beispielsweise grosse Reisen unternehmen zu können. Um einen sogenannten Vorsorge-Check kommt man also nicht herum. Dieser be ginnt mit einer Aufstellung aller Vorsorge guthaben aus den ersten beiden Säulen, die etwa 60% des zum Zeitpunkt der Pen sionierung ausgezahlten Lohns abdecken. Hinzu kommt die freiwillige Vorsorge 3a. Diesem Posten sind die Kosten für den Le bensunterhalt gegenüberzustellen. Nicht selten werden die fixen Kosten während des Ruhestands unterschätzt. So muss bei spielsweise mit steigenden Beiträgen für die Krankenversicherung gerechnet wer den. Immobilienbesitzer sollten einen
möglichen Anstieg der Hypothekarzinsen sowie der Nebenkosten möglichst konser vativ mit einkalkulieren.
Grosse Auswahl bei 3b In den meisten Fällen zeigt eine solche Prüfung, dass die Guthaben aus der AHV sowie der beruflichen Vorsorge nicht aus reichen. Selbst mit den Ersparnissen aus der Säule 3a – in diese darf man pro Jahr 6826 Fr. (34 128 Fr. für Personen, die kei ner Pensionskasse angeschlossen sind) steuerfrei einzahlen – bleiben in einigen Fällen Vorsorgelücken bestehen. Wer im Alter nicht auf seine Hobbys oder die Traumreise verzichten möchte, für wen also Kürzungen auf der Ausgabenseite keine Option sind, der muss eine solche Lücke schliessen oder zumindest minimie ren – dafür eignet sich die sogenannte Säule 3b. Die Säule 3b zählt zum freiwilligen Teil der Vorsorge. Beiträge in Säule 3b sind we der auf einen Maximalbetrag begrenzt, noch können sie wie bei 3a vom steuerba ren Einkommen abgezogen werden.
Die Vorsorge in der Schweiz fusst auf drei Säulen Zweite Säule
Erste Säule Staatliche Vorsorge
AHV/IV
Ergänzungsleistungen
Sicherung der Existenz QUELLE: HELVETIA
Dritte Säule Berufliche Vorsorge
Obligatorium: BVG/UVG
Überobligatorium
Erhaltung des Gewohnten
Private Vorsorge
Gebunden: Säule 3a
Frei: Säule 3b
Unbeschwertes Leben NZZ Visuals / cke.
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Um nach der Pensionierung gut zu leben, sollte man schon vorher Vorkehrungen treffen.
Anders als die Säule 3a ist sie zudem un gebunden. Das bedeutet, dass über das angesparte Kapital jederzeit vor der Pen sionierung verfügt werden kann. Zudem kann die Form der Anlage individuell ge wählt werden. Zwar gibt es Angebote von sogenannten 3b-Produkten von Banken und Versicherungen wie beispielsweise Fondssparpläne oder Lebensversicherun gen, aber im Prinzip können Sparer selbst entscheiden, auf welche Weise sie noch zu sätzlich Kapital für das Alter anlegen wol len. Das Label 3b ist dafür nicht nötig und garantiert auch keine zusätzliche Sicher heit. Die Auswahl ist daher besonders gross, neben Sparkonten, Aktien, Anleihen oder Fonds ist ebenso Wohneigentum eine Möglichkeit, ergänzend zu den anderen Vorsorgegefässen, Geld für die Pensionie rung anzulegen. Obwohl die Vermögenswerte in der Säule 3b ungebunden sind, also schon vor der Pensionierung ohne besonderen Grund aufgelöst werden können, ist ein langfristiger Anlagehorizont auch bei die sem Teil der Altersvorsorge sinnvoll, denn die Lebenserwartung nimmt ständig zu.
Mit einem Alter von wenigstens 90 Jahren zu kalkulieren, gilt heutzutage als ange messen. Für welche Gewichtung der Anla geklassen man sich schliesslich entschei det, hängt vom Anlagehorizont sowie von der Risikofähigkeit ab. Während die Renditen für Obligatio nen im derzeitigen Marktumfeld beson ders unattraktiv sind, stellen Aktien – laut Untersuchungen bereits ab einem Anlage horizont von rund zehn Jahren – die er folgreichere Anlageklasse dar. Je näher die Pensionierung rückt, desto geringer sollten allerdings die eingegangenen Risiken sein. Ausgenommen sind natürlich Fälle, in denen das angelegte Kapital nicht nur für einen selbst, sondern auch für die Nach kommen vorgesehen ist. Der Anlagehori zont verlängert sich dann entsprechend.
ILLUSTRATION ALEXANDER GLANDIEN
in der ungebundenen Säule 3b angelegt werden soll. Denn für dieses Vermögen dürfen die Erben frei ausgewählt werden – selbstverständlich dürfen keine Pflicht teile verletzt werden. Das Pensionskassen vermögen hingegen wird, wenn die versi cherte Person stirbt, für die Finanzierung der Hinterbliebenenrente für den Ehe partner oder den eingetragenen Partner verwendet. Auch für die Kinder wird ge sorgt, diese erhalten eine Waisenrente. In bestimmten Fällen erhält auch der geschie dene Ehepartner eine Rente aus der beruf lichen Vorsorge. Beim Vererben des Vermögens aus der Säule 3b hat der Spa rer also eine viel höhere Flexibilität.
Erben selbst bestimmen Gerade dann, wenn das Vorsorgevermö gen vererbt und als Absicherung für Angehörige dienen soll, ist die Überlegung interessant, ob beispielsweise statt eines Einkaufs in die Pensionskasse das Kapital
www.nzz.ch/ld.1493006
20 VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE
Die zweite Säule sichert mehr als die Altersrente Was leistet die berufliche Vorsorge bei Pensionierung, Erwerbsunfähigkeit oder Tod?
Die Pensionskasse ist auch ein Risikoschutz, der nicht unterschätzt werden sollte.
Die Pensionskasse soll ein angenehmes Leben im Ruhestand sichern. Die zweite Säule springt auch ein, wenn ein Arbeitnehmer erwerbsunfähig wird, und sie leistet der Familie im Todesfall finanziellen Beistand.
ANNE-BARBARA LUFT
Die berufliche Vorsorge, auch als zweite Säule bekannt, erfüllt eine sehr wichtige Aufgabe: Im Pensionsalter zahlt sie eine Rente oder Kapital aus. Aber das ist nicht alles. Auch im Fall von Invalidität können sich Erwerbsunfähige und deren Angehö rige auf Zahlungen aus der Pensionskasse verlassen. Darüber hinaus leistet die zweite Säule finanzielle Unterstützung für
ILLUSTRATION KARSTEN PETRAT
Hinterbliebene im Todesfall. Neben der Altersvorsorge stellt die Pensionskasse also auch einen Risikoschutz dar, der nicht unterschätzt werden sollte.
Renten im Todesfall Wer einen Ehepartner oder Kinder hat, kommt nicht darum herum, sich mit dem unangenehmen Thema des eigenen Able bens zu beschäftigen. So unerquicklich und
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belastend diese Überlegungen sind, so wichtig sind sie eben auch. Denn die finan zielle Absicherung für die Hinterbliebenen bedarf einer sorgfältigen Planung, zu der auch die zweite Säule zählt. Wenn der Verstorbene einer Pensions kasse angeschlossen war, so dürfen seine Kinder und der Ehepartner auf verschie dene Leistungen zählen. Dazu gehört zum einen die Rente für den Witwer oder die Witwe. Unabhängig davon, ob der Verstor bene bereits selber im Rentenalter oder arbeitsunfähig war, hat der überlebende Ehepartner unter bestimmten Bedingun gen Anspruch auf eine Rente aus der be ruflichen Vorsorge. Dies ist der Fall, wenn er oder sie beim Tod des Ehegatten für den Unterhalt mindestens eines Kindes auf kommen muss oder wenn er oder sie älter als 45 Jahre ist und die Ehe mindestens fünf Jahre gedauert hat. In diesem Fall er hält die Witwe oder der Witwer 60% der vollen Invalidenrente, auf die der verstor bene Ehegatte Anspruch gehabt hätte. War der Verstorbene bereits Alters- oder Inva lidenrentner, beträgt die Rente ebenfalls 60% derselben. Waisen, die noch nicht volljährig sind, erhalten 20% der entsprechenden Rente. Ihr Anspruch endet beim Erreichen der Volljährigkeit – befindet sich ein Kind aber noch in der Ausbildung oder ist es zu we nigstens 70% invalid, besteht der An spruch bis maximal zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Bei der beruflichen Vorsorge sind Ehe paare und eingetragene Partnerschaften gleichgestellt. Auch für Letztere gilt, dass sie wenigstens fünf Jahre vor dem Ableben des einen Partners eingegangen wurden oder dass es gemeinsame Kinder gibt, die versorgt werden müssen. Auch geschie dene Ehepartner können einen Anspruch auf Unterstützung von der Pensionskasse geltend machen. Allerdings muss die Ehe mindestens zehn Jahre gehalten haben.
Schutz bei Arbeitsunfähigkeit Eine Krankheit oder ein schwerer Unfall können im schlechtesten Fall zur Erwerbs unfähigkeit führen. Ein solches Ereignis kann die Existenz des Betroffenen und sei ner Angehörigen bedrohen. Zusätzlich zu der Invalidenrente aus der ersten Säule er hält eine Person, die einen Unfall erlitten hat, Gelder aus der Unfallversicherung – unter gewissen Umständen ist auch die Pensionskasse leistungspflichtig. Ist die Er werbsunfähigkeit hingegen auf eine Krankheit zurückzuführen, springt die Pensionskasse ein. Die Invalidenrente wird von der Pensionskasse nach einem Jahr Wartefrist erstmals ausgezahlt.
Wie hoch die Rente der arbeitsunfähi gen Person ist, hängt auch damit zusam men, ob sie obligatorisch oder überobliga torisch versichert ist. Im Obligatorium des BVG sind Löhne zwischen 21 330 Fr. und 85 320 Fr. (Stand 2019) versichert. Einige Pensionskassen sehen aber zusätzliche Leistungen vor, die als überobligatorischer Teil bezeichnet werden. Da der Arbeitge ber die Pensionskasse auswählt, trifft er auch die Entscheidung darüber, ob die Mitarbeiter obligatorisch oder zusätzlich überobligatorisch versichert sind. Im Vorsorgeausweis der Pensionskasse, der jährlich verschickt wird, lässt sich ab lesen, wie hoch die Rente im Fall einer In validität wäre. Wie hoch der Rentenan spruch ist, hängt vom Grad der Invalidität ab. Um Anspruch auf eine Invalidenrente zu haben, muss der Invaliditätsgrad min destens 40% betragen. Betroffene erhalten dann eine «Viertelsrente». Ab einem Inva liditätsgrad von 70% wird eine «ganze Rente» bezogen. Die Pensionskassen müs sen sich bei der Bemessung der Invalidität in der Regel am Entscheid der IV (Invali denversicherung) der ersten Säule orien tieren. Der heutige Umwandlungssatz beträgt auch bei der Invalidenrente 6,8%. Dieser wird auf die Summe der bereits an gesparten Altersguthaben (mit Zinsen) und der hypothetischen Ersparnisse bis zum Eintritt des Rentenalters (ohne Zin sen) angewandt, um die jährliche Invali denrente zu ermitteln. Auch die Kinder von erwerbsunfähigen Personen erhalten bis zum 18. Lebensjahr eine sogenannte Kinderrente. Diese be trägt 20% der eigenen Rente. Töchter und Söhne, die ihre Ausbildung noch nicht ab geschlossen haben, haben bis zum 25. Le bensjahr Anspruch auf eine Kinderrente.
Wichtige Altersvorsorge Viele Arbeitnehmer freuen sich auf ihren wohlverdienten Ruhestand. Frauen errei chen derzeit mit 64 Jahren das Rentenalter, Männer ein Jahr später. Die wichtigste Funktion der zweiten Säule ist daher die Altersrente, die – als Ergänzung zur ersten Säule – im Ruhestand ermöglichen soll, dass der Versicherte seinen Lebensstil, den er während der Erwerbstätigkeit hatte, so weit wie möglich aufrechterhalten kann. Arbeitnehmer können ihre Rente auch schon einige Jahre früher beziehen oder den Beginn der Auszahlung noch einige Jahre hinauszögern. Diejenigen Arbeit nehmer, die ihre Pensionierung nicht ab warten können, müssen aber bedenken, dass ein Vorbezug in der Regel auch im mer zu einer Kürzung der späteren Renten führt.
Das Gleiche gilt für fehlende Beitrags jahre, etwa während eines längeren Mut terschaftsurlaubs. Wer die Schmälerung der Rente vermeiden möchte, sollte, so weit möglich, auch in Phasen, in denen man nicht erwerbstätig ist, Beiträge in die zweite Säule einzahlen.
Weitere Standbeine suchen Die berufliche Vorsorge in der Schweiz folgt dem Prinzip des Kapitaldeckungsver fahrens. Eine Pensionskasse ist also eine Art Sparkasse: Jeder Beitragszahler spart für sich selbst und nicht – wie beim Umla geverfahren – für die ältere Generation von Versicherten. Dieses Prinzip wurde durch die grassierende Umverteilung von aktiven Erwerbstätigen zu Rentnern in den vergangenen Jahren zweifellos ausge höhlt. Dennoch hängt die Höhe der Rente auch direkt damit zusammen, wie viel man während der Zeit der Erwerbstätigkeit einzahlen konnte und wollte. Neben den monatlichen Beiträgen ist es möglich, das Kapital in der Vorsorgeeinrichtung durch freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse zu vergrössern. Da die berufliche Vorsorge obligato risch ist, muss jeder Arbeitgeber für seine Mitarbeiter entweder eine eigene Pen sionskasse haben oder sich einer Sammeloder Gemeinschaftseinrichtung anschlies sen. Die Pensionskassen in der Schweiz versuchen dann, das angesparte Altersgut haben gewinnbringend anzulegen. In den vergangenen Jahren, in denen niedrige und sogar negative Zinsen zur neuen Normali tät geworden sind, ist dies immer mehr zur Herausforderung geworden. Denn im BVG-Obligatorium beträgt der Mindest umwandlungssatz für das ordentliche Ren tenalter 6,8%. Beim Renteneintritt wird mit dem Umwandlungssatz berechnet, wie hoch die jährliche Rente ausfällt, das ange sparte Altersguthaben wird dafür mit ihm multipliziert. Auch die immer älter wer dende Bevölkerung erhöht den Druck auf die Manager der Pensionskassenvermö gen. Vorsorgeexperten raten daher dazu, zusätzlich private Vorsorge zu betreiben.
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22 VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE
Die zweite Säule des Arbeitgebers überprüfen Für viele Menschen ist die Pensionskasse die wichtigste Einkommensquelle des Lebens – entsprechend wichtig ist deren Qualität
Die Frage nach der Qualität der Pensionskasse sollte bei jedem Stellenwechsel gestellt werden.
MICHAEL SCHÄFER
Wenn es darum geht, sich eine neue Stelle zu suchen, fliesst eine Reihe von Kriterien in die Entscheidung ein. Glaubt man ein schlägigen Umfragen, wird von Arbeitneh mern dabei am ehesten auf eine gute Be zahlung geachtet. Ebenfalls sehr wichtig sind ihnen ein gutes Arbeitsklima, ein si cherer Arbeitsplatz und eine spannende
Aufgabe. Es folgen etliche andere Themen wie Karrierechancen, flexible Arbeitszei ten oder ein kurzer Arbeitsweg. Es mag an der Fragestellung in diesen Studien liegen oder daran, dass sie häufig mit Universitätsabsolventen durchgeführt werden, die noch nicht an ihre Altersvor sorge denken. Jedenfalls taucht die Quali tät der Pensionskasse selten als wichtiges Kriterium in diesen Befragungen auf. Das
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überrascht, denn wer im ordentlichen Ren tenalter von 64 (Frauen) bzw. 65 Jahren (Männer) in die Pension geht, hat noch eine Lebenserwartung von 23 bzw. 20 Jah ren.
Vorsicht bei Unterdeckung Da es heutzutage üblich ist, im Laufe des Berufslebens mehrmals die Stelle zu wech
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seln, dürfte für viele Schweizerinnen und Schweizer die betriebliche Vorsorge (BV) die wichtigste Einkommensquelle des Le bens sein. Zu der langen Bezugsdauer kommt noch die Höhe der Leistungen hinzu. Laut Daten des Bundesamtes für Statistik (BfS) betrug 2015 der Median der BV-Rente für Haushalte 24 000 Fr. und lag damit 11% über der AHV-Rente. Bei Haushalten mit hohen Einkommen macht die zweite Säule einen noch grös seren Anteil aus. Die Frage nach der Qualität der Pen sionskasse sollte also bei jedem Arbeitge berwechsel in die Entscheidung mit ein fliessen, aber auch, wenn es darum geht, freiwillige Einzahlungen in die Pensions kasse zu tätigen. Und schliesslich dürfte es im Interesse jedes Arbeitnehmers lie gen, zu wissen, wie es um die Vorsorgeein richtung seines Arbeitgebers steht, zumal die Unterschiede zwischen den Kassen mitunter gross sind. Worauf gilt es genau zu achten, und wo erhält man die entspre chenden Informationen? Die erste wichtige Kenngrösse einer Pensionskasse ist der sogenannte De ckungsgrad. Er bemisst das Verhältnis von angesammeltem Kapital und künfti gen Verpflichtungen. Bei einem De ckungsgrad über 100% geht man davon aus, dass die Kasse diesen Verpflichtun gen nachkommen kann. Grundsätzlich gilt dabei: Je höher der Deckungsgrad, umso komfortabler die Situation. Herrscht dagegen eine Unterdeckung (Deckungsgrad unter 100%), reicht das bestehende Vermögen rechnerisch nicht aus, die Verpflichtungen abzudecken. In solch einem Fall hat die Pensions kasse mehrere Jahre Zeit, die Unterde ckung zu beheben. Für aktiv Versicherte sei es in dieser Phase nicht attraktiv, frei willige Einzahlungen zu tätigen, erklärt Urs Bracher, Sekretär der Schweizeri schen Kammer der Pensionskassen-Ex perten. Es sei dann ratsam, mit Einzah lungen zu warten, bis der Deckungsgrad wieder über 100% liege.
Portfoliorendite muss stimmen Eng mit dem Deckungsgrad hängt die Wertschwankungsreserve zusammen. Als solche wird das PK-Vermögen bezeich net, das den Deckungsgrad von 100% übersteigt. Angelegt werden solche Reserven, um kurzfristige Schwankungen an den Finanzmärkten überstehen zu können, ohne dass die Kasse in eine Unterdeckung gerät. Grundsätzlich als komfortabel angesehen würden Wert schwankungsreserven im Bereich von 10 bis 16%, sagt Bracher.
Allerdings sind der Deckungsgrad und die Wertschwankungsreserven für sich ge sehen keine aussagekräftigen Indikatoren. Sie können nur zusammen mit dem tech nischen Zinssatz interpretiert werden. Die ser gibt an, mit welcher Rendite die Pen sionskasse künftig mindestens rechnet. Je höher dieser Satz gewählt wird, umso we niger Vorsorgekapital benötigt die Kasse, um künftige Ansprüche bedienen zu kön nen. Aufgrund des Tiefzinsumfelds und der damit verbundenen niedrigen Anleiheren diten wurden die technischen Zinssätze in den vergangenen Jahren im Trend nach unten angepasst. Bei den meisten Pen sionskassen liegt der technische Zins nun um 2%. Gemäss einer Faustregel entspricht die Reduzierung des technischen Zinses um 1 Prozentpunkt einer Erhöhung des Vor sorgekapitals der Rentner um 10%. Bei einer rentnerlastigen Pensionskasse be deutet dies eine Senkung des Deckungs grads um 5 bis 10%. So gesehen steht eine Pensionskasse besser da, die einen De ckungsgrad von 100% besitzt bei einem technischen Zins von 2%, als eine mit einem Deckungsgrad von 105% und einem technischen Zins von 3%. Normiert auf einen technischen Zins von 2%, würde sich die zweite Kasse bereits in einer klaren Unterdeckung befinden. Für angehende Pensionäre besonders interessant ist der Umwandlungssatz. Mul tipliziert mit dem angesparten Kapital, be stimmt er die Höhe der jährlichen Rente. Für die obligatorisch versicherten Gehäl ter zwischen 21 330 Fr. und 85 320 Fr. pro Jahr gilt der gesetzliche Umwandlungssatz von 6,8%. Im sogenannten Überobligato rium können die Pensionskassen einen tie feren Satz anwenden, sodass für höhere Gehälter oder bei sehr gut ausgebauten Pensionskassen der tatsächliche Umwand lungssatz unter dem gesetzlichen liegt. Ein hoher Umwandlungssatz bedeute nicht automatisch, dass eine Pensionskasse ihren Verpflichtungen über kurz oder lang nicht nachkommen könne, erläutert Bra cher. Ausschlaggebend sei vielmehr der technische Zins im Zusammenhang mit dem Deckungsgrad. Verfüge eine Pen sionskasse über ausreichende Vorsorgegel der, kalkuliere sie vorsichtig mit einem niedrigen technischen Zins und erziele dann Renditen, die darüberlägen, gehe die Rechnung auch langfristig auf. Gleiches gelte für einen hohen Anteil von Rentnern im Vergleich zu den aktiven Beitragszahlern, was häufig als Warnsignal interpretiert werde. Zwar könne ein un günstiges Verhältnis eine Pensionskasse in Schieflage bringen. Solange jedoch das Zu sammenspiel von Deckungsgrad, techni
schem Zins und erzielter Rendite passe, stehe auch eine sogenannte Rentnerkasse auf soliden Füssen, fügt Bracher an. Von hohem Interesse für die aktiv Ver sicherten ist die Verzinsung der Altersgut haben. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Mindestverzinsung von 1% auf Beiträge im obligatorischen Bereich, also für Gehäl ter bis 85 320 Fr. Davon abgesehen kann die Kasse die Verzinsung frei bestimmen. Eine hohe Verzinsung über mehrere Jahre darf laut Bracher zumindest als Indiz ge wertet werden, dass auch entsprechende Renditen erwirtschaftet wurden.
Höhere Zusatzleistungen Allerdings lohne sich ein Blick auf die An lagestrategie der Pensionskasse. Finden sich dort schwergewichtig Anleihen und nur wenige Realwerte wie Aktien oder Im mobilien, sind die mittel- bis langfristigen Aussichten auf ansehnliche Renditen bescheiden. Da kurz vor der Pensionierung das Altersguthaben am höchsten ist, schla gen sich Renditeunterschiede dann beson ders stark nieder. Ein weiteres wichtiges Qualitätskrite rium sind die überobligatorischen Leistun gen. Einerseits ist ein wichtiges Qualitäts merkmal die Höhe der jährlichen Sparbei träge, und andererseits geht es um die Höhe der Leistungen, die im Invaliditätsoder Todesfall gewährt werden. Gesetzlich vorgesehen ist eine Invaliditätsrente von 60% des versicherten Lohns ab einem In validitätsgrad von 70%. Bei niedrigeren Invaliditätsgraden fällt die Rente geringer aus. Die Witwen- oder Witwerrente beträgt in der Regel vor der Pensionierung 60% der Invaliditätsrente und nach der Pensio nierung 60% der Altersrente. Arbeitge bern steht es aber frei, höhere Leistungen als die gesetzlichen festzuschreiben. Zu entnehmen sind diese Informationen dem Pensionskassenreglement. Alle anderen Informationen finden sich in der Jahresrechnung der Pensionskasse. Bei einigen Unternehmen sind diese öf fentlich auf der Website zugänglich. Im gegenteiligen Fall sollte man sie sich vom möglichen künftigen Arbeitgeber zur Ver fügung stellen lassen, bevor man den Arbeitsvertrag unterschreibt.
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24 VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE
Heikle Eigenheimfinanzierung mit zweiter Säule Immer mehr Haushalte müssen Pensionskassengelder einsetzen, um Wohneigentum zu erwerben – das hat seine Tücken
Selbstbewohnte Liegenschaften mit Vorsorgegeldern zu finanzieren, will frühzeitig und gut geplant sein.
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Einzige Ausfahrt: Pensionskasse. Für viele Schweizer Haushalte ist der Traum vom Eigenheim in den vergangenen Jahren im mer weiter in die Ferne gerückt. Die Hypo thekarzinsen befinden sich zwar auf einem rekordtiefen Niveau – zehnjährige Gelder erhält man in diesen Tagen problemlos für 1% oder noch weniger. So gesehen, könn ten sich Frau und Herr Schweizer eine viel teurere Immobilie leisten als noch vor ei
nigen Jahren, als eine solche Hypothek das Doppelte oder mehr gekostet hat. Doch so funktioniert die Rechnung nicht.
Finanzierungsregeln als Hürde Einerseits haben die Preise für Wohn eigentum in den vergangenen Jahren deut lich zugelegt. Allein 2018 wurden laut dem Beratungsunternehmen Wüest Partner schweizweit für Eigentumswohnungen durchschnittlich 2,7% mehr gezahlt als im
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Vorjahr, in der Region Zürich waren es so gar 6,2%. Dazu haben nicht zuletzt die günstigen Finanzierungsmöglichkeiten beigetragen, die vielerorts das Kaufen zur günstigeren Variante machen im Vergleich zum Mieten. Die Folge: Seit dem Jahr 2000 sind Eigenheime in Relation zu den Haus haltseinkommen im Trend immer teurer geworden. Gemäss Daten der UBS musste man damals für ein Eigenheim etwa 4,5 Jahreseinkommen aufwenden, heute sind es fast zwei Jahreseinkommen mehr.
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Andererseits helfen die niedrigen Fi nanzierungskosten den Hauskäufern nicht, wenn es um die Frage geht, ob die Bank ihnen die Zusage für eine Finanzierung erteilt. Für diese Entscheidung wenden die Kreditgeber nämlich den sogenannten kalkulatorischen Zins an, der meist 5% beträgt, zuzüglich mindestens 1% für Unterhaltskosten und Amortisation der Hypothek. Diese fiktiven Kosten dürfen nicht mehr als einen Drittel des Haushalts einkommens ausmachen. Bei einer Hypo thekarsumme von 800 000 Fr. muss der Jahresverdienst also mindestens 144 000 Fr. betragen. Selbst Haushalte, die über ein höheres Durchschnittseinkommen verfü gen, können sich vielerorts keine 4,5-Zim mer-Eigentumswohnung leisten, schon gar nicht in den teuren Zentren. An dieser Stelle kommt die Pensions kasse ins Spiel. Sie kann zum Rettungs anker werden, wenn ein Haushalt die Fi nanzierungsregeln der Hypothekargeber nicht erfüllt. Wer über zu wenig Eigenka pital verfügt – gefordert werden in der Regel mindestens 20% des Kaufpreises –, kann bis zu 10% des Kaufpreises durch Gelder aus der Pensionskasse als Eigen kapital beibringen. Wer dagegen genug Eigenmittel besitzt, aber ein zu niedriges Einkommen hat, kann mit den Pensions kassengeldern die benötigte Hypothekar summe reduzieren. Im obigen Beispiel müssten dann nur 700 000 Fr. aufgenom men werden, und statt 144 000 Fr. müsste der Haushalt nur 126 000 Fr. pro Jahr ver dienen, um einen Kredit zu erhalten.
Wichtige Voraussetzungen Die Verwendung von Pensionskassengel dern im Zusammenhang mit einer Immo bilienfinanzierung ist jedoch an be stimmte Voraussetzungen geknüpft. So dürfen sie nur für den Kauf von selbstbe wohnten Liegenschaften, den Erwerb von Anteilscheinen von Wohnbaugenossen schaften, Renovationen bzw. wertvermeh rende Investitionen oder die Rückzah lung von Hypotheken vorbezogen werden. Die Finanzierung von Rendite objekten oder Zweitwohnungen ist da gegen nicht zulässig. Ein Vorbezug der zweiten Säule ist nur bis drei Jahre vor Entstehung des An spruchs auf Altersleistungen möglich. Bis zum Alter von 50 Jahren ist es erlaubt, das gesamte angesparte Vorsorgekapital zu verwenden. Danach darf nur noch auf die Freizügigkeitsleistung zugegriffen wer den, auf die man im 50. Altersjahr An spruch gehabt hätte, oder die Hälfte der Freizügigkeitsleistung zum Zeitpunkt des Bezugs.
Die Mindestsumme für einen Vorbezug beträgt 20 000 Fr., und von der Möglich keit darf nur alle fünf Jahre Gebrauch gemacht werden. Bei Paaren darf die ver sicherte Person ihre zweite Säule nur vorbeziehen, wenn der Ehepartner oder die eingetragene Partnerin dem schriftlich zustimmt. Einen Strich durch die Rech nung kann in gewissen Fällen die Pensions kasse machen. Wenn sich diese nämlich in einer Unterdeckung befindet, kann sie den Vorbezug einschränken oder verweigern, wenn das so in ihrem Reglement vorgese hen ist. Wichtig sind auch die steuerlichen Fol gen. Werden Gelder vorbezogen, sind sie so zu versteuern wie eine Kapitalauszah lung zum Zeitpunkt der Pensionierung. Diesen Effekt gilt es einzukalkulieren, wenn man einen gewissen Betrag als Eigenkapital benötigt. Allerdings könne sich ein steuerlicher Vorteil ergeben, wenn man einen Teil vorbeziehe und sich einen weiteren Betrag zum Zeitpunkt der Pen sionierung auszahlen lasse, statt die ge samte Summe auf einmal zu entnehmen, erläutert Damian Gliott von der Bera tungsfirma Vermögenspartner. Allerdings rechne sich dies bei genauer Betrachtung häufig nicht. Entsprechend müsse jeder Einzelfall für sich angeschaut werden. Ebenfalls zu beachten ist, dass steuermin dernde Einkäufe in die Pensionskasse nicht möglich sind, solange das vorbezo gene Kapital nicht wieder zurückgeführt wurde.
Verpfändung als Alternative Wird das Wohneigentum veräussert, ist der vorbezogene Betrag wieder in die Pen sionskasse einzuzahlen. Gleiches gilt, wenn jemandem Rechte an dem Wohneigentum – wie etwa eine Nutzniessung – eingeräumt werden, die einem Verkauf gleichkommen. Keine Rückzahlungspflicht löst dagegen die Übertragung des Eigenheims auf einen vorsorgerechtlich Begünstigten aus, also beispielsweise den Ehegatten oder ein minderjähriges Kind. Bei einem Vorbezug stets zu bedenken seien die Folgen für die Versicherungsleistungen, sagt Mario Ser ratore, Finanzplaner bei Dörig & Partner Finanzdienstleistungen in Aarau. Immer einen Einfluss gebe es dabei auf das Al terskapital. Er rechnet ein einfaches Bei spiel vor, bei dem der Versicherte ein Brut toeinkommen von 100 000 Fr. erzielt und im Alter von 40 Jahren 100 000 Fr. aus der Pensionskasse entnimmt. Unter der Annahme einer durchschnitt lichen Verzinsung des Altersguthabens von 1,5% pro Jahr tut sich im ordentlichen Pensionsalter von 65 Jahren in der Pen
sionskasse eine Lücke von 160 000 Fr. auf. Bei einem Umwandlungssatz von 5,5% bedeutet das ein Absinken der Rente von 28 325 Fr. auf 19 525 Fr., also eine jährliche Einbusse von 8800 Fr. bzw. fast einem Drit tel. Eine solche Schmälerung der Rente könne man verhindern, indem man die Lücke in der Pensionskasse wieder fülle. Allerdings steigt der dafür nötige Betrag von Jahr zu Jahr. Wolle man im genannten Fall die Lücke im Alter von 50 Jahren schliessen, sei dazu ein Betrag von rund 128 000 Fr. nötig, rechnet Serratore vor. Überprüfen muss man in jedem Fall auch die Auswirkungen eines Vorbezugs auf die Leistungen der Invaliden- und der Hinterlassenenrente. Zwar seien diese heutzutage in der Regel an das versicherte Gehalt gekoppelt, erläutert Serratore. Bei einigen Pensionskassen gelte aber noch die früher übliche Bindung an das Alterskapi tal. Alternativ zum Vorbezug ist es auch möglich, das Alterskapital zu verpfänden, um fehlendes Eigenkapital zu ersetzen. In diesem Fall ist es möglich, einen höheren Kreditbetrag aufzunehmen, üblicherweise bis zu 900 000 Fr. bei einem Kaufpreis von 1 Mio. Fr. Der Vorteil dieses Vorgehens ist, dass das Altersguthaben nicht angefasst und die Leistungen nicht geschmälert wer den. Allerdings hafte man dann auch mit dem Vermögen, das eines Tages das Ein kommen speisen sollte, sagt Gliott, und die Tragbarkeitsregeln seien schwerer einzu halten. Er rät normalerweise von diesem Weg ab, ausser die Bank gewährt ihren Kunden spürbar bessere Kreditkonditio nen. Allgemein empfiehlt Gliott, den PK-Vorbezug gut abzuwägen. Gerade wenn die Tragbarkeit nur knapp gegeben sei, seien die Risiken hoch. Am sinnvolls ten sei es, wenn der Vorbezug als Überbrü ckungsfinanzierung fungiere und inner halb von höchstens zehn Jahren wieder in die Kasse eingezahlt werde.
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26 VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE
«Zunehmende Unlust zur Rentenzahlung» Angesichts der Entwicklung der zweiten Säule fragen sich Vorsorgespezialisten, ob diese auf Dauer ihren ursprünglichen Zweck erfüllt
Bei der beruflichen Vorsorge steigt die Gefahr, im Alter auch finanziell am Stock gehen zu müssen.
MICHAEL FERBER
Jeder spart für sich selber – dies ist das eigentliche Prinzip der beruflichen Vor sorge in der Schweiz. Das kapitalgedeckte Sparen in der zweiten Säule des Schweizer Altersvorsorgesystems soll dafür sorgen, dass Versicherte im Ruhestand mit AHV und Pensionskasse ihre gewohnte Lebens haltung in angemessener Weise fortführen können. Mit der ersten und der zweiten Säule zusammen sollen die Versicherten
ein Renteneinkommen von rund 60% des letzten Lohns erhalten.
Schleichende Veränderung Allerdings ist die berufliche Vorsorge in den vergangenen Jahren von mehreren Seiten immer stärker unter Druck geraten, schleichend verändert sie ihr Gesicht. Die ser Prozess dürfte in den kommenden Jah ren weitergehen. Dafür spricht nicht zu letzt die Politik der ultraniedrigen Zinsen
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der Zentralbanken. Für Aufsehen sorgten jüngst beispielsweise die Vorschläge der Ökonomen Ruchir Agarwal und Signe Krogstrup in einem Blog des Internationa len Währungsfonds (IMF). Bei diesen ging es darum, wie die Zinsen bei einem Kon junkturabschwung noch tiefer in negatives Terrain gesenkt werden könnten. Marco Bagutti, Leiter Kapitalanlagen bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG, hat in diesem Zusammenhang jüngst in einem Beitrag in der Zeitschrift «Schwei
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zer Personalvorsorge» an die Schweizeri sche Nationalbank (SNB) appelliert, ihre Negativzinspolitik zu überdenken. Je mehr die SNB die Zinsen im Krisenmodus halte und gar noch über die Medien verbreiten lasse, sie sei bereit, das Zinsniveau nötigen falls noch tiefer zu drücken, desto mehr schade sie dem Schweizer Vorsorgesystem, schrieb er. So gefährde die SNB das Volks vermögen. Allerdings erschwert die Tatsa che, dass die Europäische Zentralbank (EZB) jüngst den geldpolitischen Hahn sogar noch weiter aufgedreht hat, den Ab schied der SNB von den Negativzinsen. Neben den ultraniedrigen Zinsen und der demografischen Entwicklung – die Schweizerinnen und Schweizer haben eine der höchsten Lebenserwartungen auf der Welt, mit steigender Tendenz – ist auch der Mangel an politischen Reformen für den starken Druck auf die Pensionskassen ver antwortlich. Der zu hohe BVG-Mindest umwandlungssatz von 6,8% hat dazu ge führt, dass es innerhalb der zweiten Säule zu einer erheblichen Umverteilung von aktiven Versicherten hin zu den Rentnern kommt. Laut der Oberaufsichtskommis sion Berufliche Vorsorge (OAK BV) hat diese im Zeitraum 2014 bis 2017 im Durch schnitt 7,1 Mrd. Fr. pro Jahr betragen (vgl. Grafik). Die Pensionskassen haben auf den Druck in den vergangenen Jahren reagiert. Viele haben den Rotstift angesetzt und Renten gekürzt. Nicht wenige Kassen ha ben umhüllende Umwandlungssätze – diese umfassen den obligatorischen und den überobligatorischen Bereich – von unter 5% festgelegt. Ein Umwandlungs satz von 5% bedeutet, dass ein Versicher ter bei der Pensionierung für ein angespar tes Vermögen in der beruflichen Vorsorge von 500 000 Fr. eine jährliche Rente von 25 000 Fr. erhält. Die Folge der niedrigeren Umwandlungssätze ist, dass es immer mehr Kapital braucht, um im Alter eine komfortable Rente aus der beruflichen Vorsorge zu erhalten. Zudem übergeben nicht wenige Pen sionskassen Anlagerisiken ihren Versicher ten. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass Kassen einen «Kapitalzwang» ver hängen – ab einer gewissen Höhe müssen Versicherte sich ihre Pensionskassengelder als Kapital auszahlen lassen, die Gelder können nicht als Rente bezogen werden. Das BVG-Obligatorium ist davon aller dings nicht betroffen. Der Trend, dass die Versicherten das Anlagerisiko tragen und nicht mehr die Pensionskasse, manifestiert sich auch bei den sogenannten 1e-Vorsor geplänen für besser verdienende Versi cherte. Hat ihre Kasse 1e-Pläne eingeführt, können sie für Gehaltsbestandteile ober
Umverteilung von Aktiven zu Rentnern in der beruflichen Vorsorge Vorsorgekapital in Mrd. Fr. 0 1
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Durchschnitt NZZ Visuals / cke.
QUELLE: OAK BERUFLICHE VORSORGE
halb von 127 980 Fr. eine gewählte Anla gestrategie verfolgen. So umgehen sie die grassierende Umverteilung in der zweiten Säule, können die Gelder allerdings nicht als Rente beziehen. Aus Sicht von Willi Thurnherr, CEO Retirement & Investment bei Aon Schweiz, sind die Umwandlungssätze, mit denen Versicherte in der beruflichen Vor sorge rechnen können, trotz der Senkun gen der vergangenen Jahre immer noch relativ hoch – zumindest, wenn man sie mit denjenigen vergleiche, die in der Einzel versicherung angeboten werden. Er hält es für problematischer für die Entwicklung der beruflichen Vorsorge, dass immer mehr Pensionskassen das An lagerisiko auf die Versicherten überwälzen. Es gebe eine zunehmende Zahl an Pen sionskassen, die eine Unlust zeigten, Ren ten an ihre Versicherten zu zahlen. Mache dies Schule, stelle sich letztlich die Frage, ob die zweite Säule noch ihren ursprüngli chen Zweck erfülle, sagt Thurnherr.
Risiken überwälzt Als Beispiel nennt er den Entscheid ver schiedener Vorsorgeeinrichtungen, ab einer gewissen Höhe einen Kapitalzwang einzuführen. Aufgrund dieser Regelung müssten die Versicherten Gelder zuneh mend selbst anlegen – dies könne bei spielsweise im hohen Alter problematisch werden. In dieselbe Richtung geht laut Thurnherr die Einführung von 1e-Plänen. Die Pensionskassen, die solche Regelun gen oder einen Kapitalzwang eingeführt hätten, seien zwar noch in der Minderheit. Allerdings könnten immer mehr Vorsorge
einrichtungen diesen Kassen folgen, zumal es sich bei den «Pionieren» um grosse Ein richtungen handle. In eine andere Richtung geht die Kritik von Juerg Mueller von der Vermögensver waltung WM Weibel Mueller AG. Laut ihm dürfte die berufliche Vorsorge zusam men mit der AHV bei immer weniger Ver sicherten ausreichen, um den gewohnten Lebensstandard zu halten. Vielen gelinge dies nur mithilfe von Erbschaften. Ausser dem dürfte angesichts der gesunkenen Umwandlungssätze das Interesse von Ver sicherten mit höheren Einkommen, eine Rente zu beziehen, nachlassen, sagt Muel ler. Er geht davon aus, dass zumindest Teil kapitalbezüge immer öfter vorkommen. Wohlhabendere Versicherte dürften sich sagen: «Wenn die Rente schon so niedrig ist, möchte ich wenigstens einen Teil des Kapitals rausnehmen und dieses Geld an meine Nachkommen vererben.» Mueller rechnet für die kommenden Jahre mit einer Zunahme der Kapitalbezüge. Als Folge davon erwartet er, dass in den kommenden Jahren in der Politik wieder Vorstösse diskutiert werden, die einen zu mindest teilweisen «Rentenzwang» for dern.
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28 VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE
PK-Verwaltung – Jonglieren mit Unbekannten Die Pensionskassen sollen die Mittel sicher, nachhaltig und mit hoher Rendite investieren – das funktioniert nur mit Abstrichen
Das über ein ganzes Berufsleben Angesparte muss Bestand haben und darf nicht mit der Zeit versickern.
WERNER GRUNDLEHNER
Die Sorge um die Vorsorgewerke treibt die Schweizer Bevölkerung um. Das schlechte Anlagejahr 2018 war nicht geeignet, um die Zuversicht in die Pensionskassen zu er höhen. Wodurch zeichnet sich das Anlage verhalten der Pensionskassen aus, und an welche Rahmenbedingungen sind sie da bei gebunden?
Zu wenig rentabel, zu vorsichtig, nicht nachhaltig genug, vernachlässigt neue An lageprodukte, zu stark in Staatsanleihen und Immobilien investiert, beschäftigt zu viele Berater: Die Vorwürfe an die Pen sionskassen sind vielfältig. Das verwundert nicht, haben die Vorsorgeeinrichtungen doch eine Herkulesaufgabe zu lösen. Zwi schen der ersten Einzahlung in die Vor sorgeeinrichtung und dem Ableben des
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Versicherten liegt im Schnitt ein halbes Jahrhundert. Der Anlagehorizont einer PK kann so mit 30 bis 50 Jahren definiert wer den. Die Pensionskassen müssen langfristig ausgerichtet sein, aber auch die Rentenund Kapitalauszahlungsansprüche aller Versicherten erfüllen. Nach der Finanz krise ist das nicht einfacher geworden. Die Renditen sind tief, die Lebenserwartung
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steigt. Jede Rente, die eine Pensionskasse einem Versicherten auszahlt, muss sie garantieren – lebenslang. Darum richten Pensionskassen ihre Anlagestrategie kon sequent auf ein langfristiges Kapitalwachs tum aus, ohne Experimente einzugehen.
Wider besseres Wissen Was ganz konkret auf dem individuell an gesparten Kapital erzielt werden muss, be stimmen der Umwandlungssatz und die Mindestverzinsung. Derzeit beträgt der im Pensionskassengesetz (BVG) vorgeschrie bene Mindestumwandlungssatz für 64-jäh rige Frauen oder 65-jährige Männer 6,8%. Bei diesem Umwandlungssatz resultiert bei einem obligatorischen Altersguthaben von 100 000 Fr. eine Rente von jährlich 6800 Fr. Der Mindestzins bestimmt, zu welchem Prozentsatz das Vorsorgegutha ben der Versicherten im BVG-Obligato rium mindestens verzinst werden muss. Im November hat der Bundesrat den Satz von 1% bestätigt, obwohl die Eidge nössische Kommission für die berufliche Vorsorge und die Sozialpartner diesen an gesichts des Tiefstzinsumfeldes auf 0,75% anpassen wollten. «Die Mindestzinsver pflichtung und der Umwandlungssatz drängen PK in risikoreichere Investitio nen, da diese mit sicheren Anlagen nicht zu finanzieren sind», sagt Ueli Mettler vom PK-Berater C-Alm. Nominalverpflichtun gen in einem Umfeld mit Negativzinsen seien eine undankbare Aufgabe. Die Leit planken für die Anlagestrategie sind in der BVV II, Artikel 50 bis 57, vorgegeben. In der Verordnung finden sich Klassifizierun gen der einzelnen Anlageprodukte und die zulässigen Maximalgewichte in der Anla gestrategie. Bis auf ganz wenige Ausnahmen sind diese Limitierungen aber nicht absolut. Der Artikel 50 IV (Erweiterungsartikel) hält fest, wann gestützt auf Anlageregle ment und -strategie begründete Ausnah men möglich sind. Im Anlagereglement sind die Bandbreiten und Limiten, die sich die PK selbst auferlegt, definiert. Die An lagestrategie wird mit Vorteil als Anhang zum Reglement aufgesetzt, sodass nicht bei jeder Strategieüberprüfung das Regle ment neu geschrieben werden muss. Für die Versicherten sind diese Unterlagen einsehbar – grosse Kassen publizieren sie im Web. Der Schweizerische Pensionskassenver band (Asip) hat einen Leitfaden zu den Vermögensanlagen erstellt. Der Verband gibt gemäss seinem Direktor Hanspeter Konrad aber keine Empfehlungen ab und äussert sich nicht zum konkreten Anlage verhalten der einzelnen Pensionskassen.
Die Anlagestrategie muss gemäss Konrad die spezifische Struktur einer Kasse (Al tersstruktur, Ausgestaltung des Regle ments, Lohnstruktur,Verhalten der Versi cherten bei der Pensionierung – mehr oder weniger Kapitalbezug, Risikofähigkeit der Kasse, Sanierungsbereitschaft der Versi cherten und des Arbeitgebers usw.) be rücksichtigen.
Alleskönner Anleihen Angesichts des tiefen Zinsniveaus sind Anlagealternativen gefragt. Die klassi schen und historisch wichtigen Anlage klassen wie Bundesobligationen oder Staatsanleihen in Franken, die zurzeit für Laufzeiten von bis zu zehn Jahren negative Verfallsrenditen aufweisen, erzielen kaum eine ausreichende Rendite. Wie hoch der Anteil an Obligationen ist, hängt von der Art der Kasse ab. Teilautonome PK, die in der Anlagestrategie freier sind, weisen An teile von um die 30% auf, Vollversicherun gen, die sämtliche Risiken tragen, haben einen Anteil an Festverzinslichen um die 80%. «Es ist einfach so, dass ohne Staatsan leihen der auf eine sichere Finanzierung der Altersvorsorge ausgelegte Leistungs auftrag des Gesetzgebers nicht erfüllt wer den kann», sagt Mettler. Die Anlagestrate gie komme ohne diesen Anker nicht aus. Wenn ein grosser Teil des Vermögens ver loren geht, gerät die betroffene Kasse in eine Systemkrise. Ähnliches gilt für Immo bilien. Diese weisen normalerweise – spe ziell Wohnimmobilien in der Schweiz – sta bile Cashflows aus. Dies deckt das Bedürf nis von Pensionskassen mit fixen Renten verpflichtungen oft sehr gut. Doch auch hier ist das Tiefzinsumfeld kontraproduk tiv. Alle Anlagen bauen auf dem Zinsrisiko auf. Bei Zinsen von gegen null können etwa Immobilien nicht über eine längere Zeit mit 5% rentieren, da viel Geld in den Sektor fliesst.
Aktien sind bedingt geeignet Immer wieder wird von der Überlegenheit der Aktien auf lange Sicht gesprochen. Wieso werden diese dann nicht hauptsäch lich eingesetzt? Man könne ein zwanzig jähriges Zeitfenster auch so ansetzen, dass diese Aussage nicht mehr stimme, sagt Mettler. Eine Pensionskasse mit nur jun gen Versicherten hat zwar einen längeren Anlagehorizont; dieser kann aber bei einem Konkurs des Arbeitgebers plötzlich sehr kurz werden. «Gut sichtbar geworden ist dies beim Grounding der Swissair», sagt Konrad. Zudem müssten Pensionskassen jährlich Rechnung ablegen und auf der Ba
sis der finanziellen Lage per Ende Jahr all fällige Sanierungsmassnahmen beschlies sen. Eine Anlagestrategie, die nur auf (hoch volatile) Aktien setzt, könnte so ge mäss dem Asip-Direktor in einer Krisen situation zu grossen Problemen für eine einzelne Pensionskasse führen. Bei Private Equity und strukturierten Produkten muss den PK immer bewusst sein, dass die Anbieter Eigeninteressen vertreten, während etwa ein ETF einen festen Preis und eine nachvollziehbare Er tragsentwicklung hat. «Solche alternativen Anlagen sollten nur genutzt werden, wenn die Ertrags- und Kosteneigenschaften völ lig transparent sind», sagt Ueli Mettler. Al ternative Investments könnten einen posi tiven Performance-Beitrag liefern, was in der heutigen Situation durchaus gesucht sei. Die blinde Delegierung der Anlageent scheide an einen Dritten sei für die PK aber keine Alternative: «Die Informations symmetrie muss hergestellt werden.» Der Grund für den Einsatz von Bera tern ist der Einkauf von Kompetenz für spezifische Strategie- und Anlagefragen, über die ein branchenfremder, paritätisch zusammengesetzter Stiftungsrat oft nicht verfügt. Die Führungsorgane einer Kasse verabschieden ihre Anlagestrategie oft ba sierend auf einer sogenannten Asset-Lia bility-Studie, die meist nicht mit internem Personal erstellt werden kann. Der Beizug eines spezialisierten Beraters kann kosten günstiger sein als der Aufbau von internen Ressourcen. Manchmal werden die Bera ter auch als Feigenblatt benutzt, und der Stiftungsrat will Haftungsrisiken abtreten.
Das System hat sich bewährt Das Schweizer PK-System hat sich gemäss Konrad bewährt, und trotz zwei Finanzkri sen in diesem jungen Jahrtausend präsen tiert sich die Situation als stabil, was auch mehrere jährlich publizierte Studien zeig ten. Leider seien jedoch dringend notwen dige Revisionsprojekte in Bezug auf das gesetzliche BVG-Minimum bis anhin an der Urne oder schon im Parlament ge scheitert. Mit der Sicherung eines Alterseinkom mens leisten PK einen wesentlichen Bei trag zur Fortführung der gewohnten Lebenshaltung. Sie tragen zudem als lang fristige Investoren von gegenwärtig über 900 Mrd. Fr. massgeblich zur gesamtwirt schaftlichen Entwicklung bei.
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30 VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE
Tipps für die Früh- und die Spätpensionierung Der frühe Ruhestand reisst finanzielle Löcher – das Arbeiten nach Erreichen des Rentenalters kann steuerliche Tücken bergen
Wer das Büro nach der Pensionierung vermisst, sollte gut rechnen, ob sich das Weiterarbeiten auch finanziell lohnt.
MICHAEL FERBER
Manche Arbeitnehmer verabschieden sich vorzeitig aus dem Erwerbsleben – sei es, weil sie sich anderen Dingen widmen möchten, sei es aufgrund von gesundheit lichen Problemen oder weil sie von ihrem Arbeitgeber «zwangspensioniert» werden. Andere hingegen gehen auch nach dem Erreichen des Renteneintrittsalters von 64
Jahren für Frauen und 65 Jahren für Män ner weiter arbeiten.
«Teure» Frühpensionierung Die Schweizer haben eine der höchsten Lebenserwartungen der Welt, mit steigen der Tendenz. Nicht zuletzt weil der Ruhe stand immer länger dauert, dürften Früh pensionierungen für viele Arbeitnehmer
ILLUSTRATION KARSTEN PETRAT
schwierig zu finanzieren sein. Zudem ha ben viele Pensionskassen aufgrund der de mografischen Entwicklung und der ultra niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten Renten gekürzt. Was ist also bei einer Frühpensionierung zu beachten? ■ Finanzielle Einbussen: Zunächst einmal bringt eine Frühpensionierung deutliche finanzielle Einbussen bei der Pensions
31 Zuschläge auf die AHV-Altersrente beim Aufschub
Möglicher Vorbezug der AHV-Rente
Prozentualer Zuschlag nach einer Aufschubdauer von Jahren und Monaten 0–2 3–5 6–8 9–11 1 5,2 6,6 8,0 9,4 2 10,8 12,3 13,9 15,5 3 17,1 18,8 20,5 22,2 4 24,0 25,8 27,7 29,6 5 31,5
Jahr
2019
Frauen
Männer
Geboren zwischen
Vorbezug
Kürzung
Geboren zwischen
Vorbezug
Kürzung
1. 12. 1955 und 30. 11. 1956
1 Jahr
6,8%
1. 12. 1954 und 30. 11. 1955
1 Jahr
6,8%
1. 12. 1956 und 30. 11. 1957
2 Jahre
13,6%
1. 12. 1955 und 30. 11. 1956
2 Jahre
13,6%
QUELLE: INFORMATIONSSTELLE AHV/IV
QUELLE: INFORMATIONSSTELLE AHV/IV
kasse mit sich. Manche Kunden seien sich nicht bewusst, dass die Rente bei einer Frühpensionierung für den Rest des Le bens tiefer ausfalle, sagt Barbara Bienek, die bei dem Schwyzer Finanzdienstleister Liberty den Bereich Vorsorge führt. Schliesslich ist in diesem Fall weniger Geld in der Pensionskasse, und der Umwand lungssatz fällt bei einer Frühpensionierung zusätzlich noch tiefer aus. Der Umwand lungssatz ist der Prozentsatz des in der Kasse gesparten Kapitals, der einem Rent ner jährlich ausbezahlt wird. Das Unter nehmen Vermögenspartner geht davon aus, dass in der beruflichen Vorsorge pro Vorbezugsjahr mit Kürzungen von 5 bis 8% gerechnet werden muss. Zudem be ginnt der Verzehr des Vermögens früher. Manche Arbeitgeber unterstützten ihre Arbeitnehmer bei einer Frühpensionie rung oder ermöglichten ihnen eine Pensio nierung in Schritten, also durch ein redu ziertes Arbeitspensum, sagt Carlo Picecchi vom Finanzberatungsunternehmen Ver mögenspartner. ■ Vorbezug der AHV-Rente: Um die fi nanziellen Lücken nach einer Früh- oder Zwangspensionierung zu schliessen, ist oft ein Vorbezug der AHV-Rente nötig. Die AHV-Rente kann dabei um ein oder zwei ganze Jahre vorbezogen werden, für die Dauer des ganzen Rentenbezugs fällt sie dann tiefer aus. Bei einem Vorbezug um ein Jahr beträgt die Kürzung 6,8%, bei einem Vorbezug um zwei Jahre 13,6% (vgl. Tabelle). Rein finanziell betrachtet gilt der Vorbezug wegen der hohen Einbussen selten als gute Idee. ■ AHV-Beiträge werden trotzdem fällig: Einzukalkulieren ist, dass man auch bei einer Frühpensionierung AHV-beitrags pflichtig bleibt. Dies sei im Allgemeinen selbst dann der Fall, wenn der Frühpensio nierte bereits eine AHV-Rente beziehe, heisst es bei den Vermögenspartnern. ■ Planung ist wichtig: Bei einer Frühpen sionierung ist eine genaue und langfristige
Planung notwendig, um nicht im Alter fi nanzielle Probleme zu bekommen. Es empfiehlt sich, einen Haushaltsplan mit den – im Normalfall deutlich geringeren – Einkünften und den geplanten Ausgaben nach der Pensionierung aufzustellen. ■ Frühzeitiges Sparen nötig: Wer plane, früher in Rente zu gehen, müsse das im Allgemeinen mit dem Vermögen ausglei chen, sagt Picecchi. Als Möglichkeiten der Vermögensbildung bieten sich das steuer begünstigte Sparen in der Säule 3a oder das freie Sparen an. Säule-3a-Gelder kann man bereits fünf Jahre vor Erreichen des Rentenalters beziehen. ■ Kapitalauszahlungsplan überlegen: Steuerlich ist laut Bienek ein Kapitalaus zahlungsplan für die Gelder aus der zwei ten und der dritten Säule sinnvoll. Freizü gigkeitsgelder könne man bis zum Alter von 69 (Frauen) bzw. 70 Jahren (Männer) stehenlassen. Säule-3a-Gelder sollte man auf verschiedenen Konten bei verschiede nen Banken ansparen, um sie bei der Aus zahlung staffeln zu können. Ab dem Alter von Mitte 50 solle man sich eine Steuer strategie überlegen, sagt Bienek.
Länger arbeiten Angesichts der steigenden Lebenserwar tung und immer tieferer Altersrenten in der zweiten Säule sei davon auszugehen, dass manche Arbeitnehmer aus finanziel len Gründen dazu gezwungen sein würden, länger zu arbeiten, sagt Bienek. Sie höre dies auch gelegentlich von Kunden. Zudem sei einzukalkulieren, dass der Kapitalmarkt seine Rolle als dritter Beitragszahler nicht mehr oder nur unzu reichend erfülle – wie bereits in den vergangenen Jahren zu beobachten. Was ist beim Arbeiten nach dem Erreichen des Rentenalters zu beachten? ■ Steuerliche Tücken: Personen, die über das gesetzliche Rentenalter hinaus arbei ten, sollten dies genau planen. Beziehen sie
zusätzlich zu ihrem Einkommen die AHVRente und werden diese zusammen ver steuert, so drohen sie in höhere Steuerklas sen zu rutschen. ■ AHV-Rente aufschieben: Folglich ist es möglicherweise sinnvoll, den Bezug der AHV-Rente aufzuschieben. Sie kann um ein bis höchstens fünf Jahre aufgeschoben werden. Erfolgt dies, so fällt die Rente für die Dauer des gesamten Bezugs höher aus (vgl. Tabelle). Bei einer Aufschubdauer von einem Jahr beträgt der prozentuale Zuschlag 5,2%, bei fünf Jahren liegt er bei 31,5%. ■ Pensionskasse prüfen: Zudem sollten Personen, die über das Rentenalter hinaus erwerbstätig sind, prüfen, ob das Regle ment der Pensionskasse einen späteren Bezug der Leistungen aus der beruflichen Vorsorge zulasse, sagt Picecchi. Bei man chen Einrichtungen müssen die Vorsorge gelder bezogen werden, wenn das Renten alter erreicht ist. Erlaubt die Pensions kasse, auch im Rentenalter die Vorsorge fortzuführen, ist abzuwägen, wie sich der Umwandlungssatz allenfalls entwickeln könnte. Je stärker der Satz in Zukunft ge senkt wird, umso weniger lohnt sich allen falls das Weiterarbeiten. ■ Sparen in der Säule 3a: Bleiben sie nach dem Erreichen des Rentenalters erwerbs tätig, dürfen Frauen bis 69 und Männer bis zum Alter von 70 Jahren Gelder in die Säule 3a einzahlen. In diesem Jahr können Sparer, die einer Pensionskasse ange schlossen sind, bis zu 6826 Fr. steuerbe günstigt einzahlen. Für Personen ohne einen solchen Anschluss sind es sogar bis zu 34 128 Fr. bzw. maximal 20% des Netto einkommens.
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32 VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE
So wird die zweite Säule bei Scheidungen aufgeteilt Bei Eheleuten können, wenn sie sich trennen, Lücken in der beruflichen Vorsorge entstehen
Mit der halben Vorsorge stehen viele Ex-Ehepartner schlecht da.
Neben dem Streit um Sorgerecht und Unterhalt kann die Vorsorge schon einmal vergessen werden. Das ist ein Fehler, der ernste Folgen haben kann.
und häufig unterschätzt sind die Auswir kungen einer Scheidung auf die Altersvor sorge. Beim Streit um das Sorgerecht, den Unterhalt oder das gemeinsame Haus rückt das Thema Vorsorge leicht in den Hintergrund. Das ist ein Fehler, der erheb liche Konsequenzen haben kann.
ANNE-BARBARA LUFT
Bei einer Scheidung gibt es am Ende nur Verlierer – das stimmt in jedem Fall finan ziell gesehen. Besonders schwerwiegend
Beim Sparen falsch gespart Nach einer Trennung oder Scheidung stei gen die Ausgaben für das tägliche Leben
ILLUSTRATION KARSTEN PETRAT
naturgemäss an: Aus einem Haushalt wer den zwei, ein weiteres Auto muss ange schafft und unterhalten werden und vieles Weitere mehr. Die Höhe dieser zusätzli chen Kosten wird oft unterschätzt. Un glücklicherweise wirkt sich die zusätzliche Belastung oftmals zum Nachteil der Vor sorge aus, denn die Scheidung und der Wechsel vom Mehrpersonen- zum Einper sonenhaushalt kosten Geld. Demjenigen Ehepartner, der bisher mehr verdient hat, steht weniger Geld zur Verfügung, das er
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monatlich für das Alter sparen kann. Und der andere Ehepartner, meistens die Frau, hat nach einer Scheidung oft nicht die Zeit, um noch mehr zu arbeiten. Die höheren Kosten werden meist mit einer tieferen Sparquote kompensiert. Aber statt beim Sparen zu sparen, müsste aufgrund der entstandenen Vorsorgelücke eher noch mehr gespart werden, argumentiert Reto Spring, Präsident des Finanzplaner-Ver bandes Schweiz. Auch nach einer Scheidung sollen beide Partner wirtschaftlich unabhängig sein – so möchte es der Gesetzgeber. Um dies zu ge währleisten, gibt es das sogenannte Pen sionskassen-Splitting. Das während der Ehe angesparte Vermögen der zweiten Säule wird zwischen den beiden Ex-Ehe partnern hälftig geteilt. Neben dem Pen sionskassengeld zählen unter anderem Vorbezüge für Immobilien, Vermögen auf Freizügigkeitskonten und eine eventuelle Kaderversicherung dazu.
Errungenschaft oder Eigengut? In einem Ehevertrag können Paare die Gütertrennung vereinbaren. Das bedeutet, dass jeder Partner sein Einkommen und Vermögen auch während der Ehe behält. In diesem Fall werden die Ersparnisse aus der dritten Säule bei einer Scheidung nicht geteilt. Die Vermögen aus der beruflichen Vorsorge können hingegen nicht in einem Ehevertrag von einem Splitting ausgenom men werden. Selbst wenn die Eheleute den Güterstand der Gütertrennung gewählt haben, werden die Pensionskassenvermö gen bei einer Scheidung geteilt. Freiwillige Einkäufe in die Pensions kasse können hingegen in bestimmten Fäl len vor dem Splitting des Vorsorgevermö gens abgezogen werden. Das ist dann er laubt, wenn der betroffene Ehepartner nachweisen kann, dass der freiwillige Ein kauf aus einer Erbschaft, einem Erbvorbe zug, einer Schenkung oder aus voreheli chem Vermögen stammt. Dieses Vermö gen zählt zum sogenannten Eigengut und ist auch im Fall des Güterstands der Errun genschaftsbeteiligung von der Teilung aus genommen. Wurde der Einkauf mit Geld getätigt, das während der Ehe verdient wurde, kann es nicht ohne weiteres ausge klammert werden – auch dann nicht, wenn das Paar einen Ehevertrag mit Gütertren nung geschlossen hat. Sobald die Scheidung rechtskräftig ist, kann das Splitting angemeldet werden. Die Ausgleichszahlungen müssen in der beruf lichen Vorsorge bleiben, sie dürfen also nicht bar ausgezahlt werden. Das Geld wird dann an die Pensionskasse des Ehe partners überwiesen. Für den Fall, dass
dieser keiner Pensionskasse angeschlossen ist, muss das Vermögen auf ein anderes BVG-Anlagevehikel überwiesen werden. Bei der Anlage der Ausgleichszahlung sollten geschiedene Ehepartner vor allem zwei Faktoren berücksichtigen: Zum einen sollten sie unbedingt auf die Kosten der neuen Anlagelösung achten. Gerade in dieser Lebenssituation sollte man nicht auf einen Teil der Rendite aufgrund hoher Kosten verzichten. Zum anderen muss bei der Wahl der Anlage das gesamte Portfolio aus Immobilien, dritter Säule, Wertschrif tendepots usw. betrachtet werden. Abhän gig von der gesamten Asset-Allocation sollte das zusätzliche Kapital angelegt wer den. Nicht immer lohnt sich die Einzahlung der Ausgleichszahlung in die Pensions kasse. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Geschiedene jung ist und noch viele Jahre Beiträge zahlen wird. Durch die derzeitige Umverteilung im BVG geht dem Sparer eventuell ein Teil seiner Rente verloren. In der Regel sind Einkäufe in die Pensionskasse frühestens ab dem Alter von 50 Jahren ratsam, sagt der Vorsorgeex perte Spring. Freizügigkeitskonten haben gegenüber der Pensionskasse noch einen weiteren Vorteil: Das Vermögen kann auf verschie dene Arten angelegt werden, und eine Ein zahlung in eine Pensionskasse ist später immer noch möglich. Anders als oft sugge riert, gibt es neben dem Freizügigkeits konto und Versicherungslösungen noch viele andere denkbare Anlagevehikel wie Fonds oder ETF.
Ungenaue Berechnung Bei einer Scheidung gibt es zahlreiche Stolpersteine, die in Bezug auf die Vor sorge übersehen werden. So werden bei der Berechnung von Ausgleichszahlungen latente Steuern oftmals schlicht vergessen. Bei der Kalkulation werden in der Regel nominale Beträge zugrunde gelegt, für die aber bei der Auszahlung Steuern anfallen. Beispielsweise werden Renten aus der be ruflichen Vorsorge als Einkommen zu 100% versteuert, und auch auf Kapitalleis tungen aus der zweiten Säule wird eine Steuer erhoben. «Richter sind eben nicht immer auch gute Vorsorgefachleute», urteilt Spring, dessen Fachbereich die Pen sionsplanung ist. Ebenso wird in vielen Fäl len bei der Berechnung von Ausgleichs zahlungen im Zusammenhang mit dem Pensionskassen-Splitting ein risikoloser Zins von 2% angenommen – doch von so hohen Zinsen können Sparer schon seit Jahren nur träumen. Marktbeobachter ge hen zudem davon aus, dass die Phase der
niedrigen Zinsen noch mehrere Jahre an dauern wird. Trotz der zahlreichen Bau stellen während einer Scheidung sollten die Eheleute unbedingt darauf achten, dass bei der Ermittlung von Ausgleichs zahlungen mit grösster Genauigkeit vorge gangen wird. Ein unabhängiger Berater oder Fachanwalt sollte hinzugezogen wer den.
Teilzeit-Falle In einer Vielzahl der Fälle sind die Ehe frauen in Teil- oder Vollzeit für den «Fami lienbetrieb» verantwortlich. Sie kümmern sich also um die Kinder und den Haushalt. Sie sind entweder gar keiner Pensions kasse angeschlossen, verfügen somit über keine berufliche Vorsorge, oder diese ist wegen des Teilzeitpensums geringer als diejenige des Ehemannes, der mehrheit lich 100% arbeitet. Für Frauen, die eine Babypause machen und später Teilzeit arbeiten, ist eine Lücke bei der Altersvor sorge programmiert. Ihr Lebenseinkom men wird dadurch um rund 30% geringer. Dieses Problem wird durch eine Scheidung akzentuiert. Mehr zu sparen, ist oftmals nur möglich, indem die Kosten für das all tägliche Leben nach der Scheidung ge senkt werden. Nach einer Scheidung sollten Sparer eine Standortbestimmung vornehmen. Diese beginnt mit einer Aufstellung darü ber, was im Pensionsalter aus AHV, BVG, privater Vorsorge und anderen möglichen Quellen zur Verfügung stehen wird. Reto Spring warnt davor, sich gutgläubig auf die prognostizierte Altersrente zu verlassen, die im Vorsorgeausweis der Pensionskasse ausgeführt wird. Denn bei diesen Daten handelt es sich allein um Schätzungen. Sparer, die heute unter 50-jährig sind, soll ten eher konservativ rechnen und von einer 30% tieferen Altersrente ausgehen. Nun stellen sich viele Fragen, zum Beispiel: Ist dieser Betrag ausreichend? Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es? Wären eine längere Lebensarbeitszeit oder ein niedrigerer Lebensstandard Alternativen?
www.nzz.ch/ld.1475219
34 VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE
«Laufende Renten auf keinen Fall antasten» BVK-Chef Thomas Schönbächler erläutert, wie die Pensionskasse auf die Schieflage der beruflichen Vorsorge in der Schweiz reagiert Herr Schönbächler, die BVK hat wie viele Pensionskassen ein schwieriges Anlagejahr 2018 hinter sich. Zum Jahresende entstand eine Unterdeckung, der Deckungsgrad fiel auf 95,1%. Wie ist die Lage jetzt? Wir haben in den ersten drei Monaten des Jahres den Verlust des Vorjahres mehr als wettgemacht. Die Performance im ersten Quartal dieses Jahres war 5,7%, unser Deckungsgrad lag Ende März bei 100,2%. Sollte es aber einen Rückschlag an den Börsen geben, ist dieser Deckungsgrad nicht allzu komfortabel. Was ist Ihr Ziel? Ein Deckungsgrad von 110% bis 115% auf Sicht von fünf bis zehn Jahren. Ab 100% zahlen wir den aktiven Versicher ten dieselbe Verzinsung wie den Rent nern. Dies ist für die Generationenfair ness zentral. Die aktiven Versicherten ermöglichen mit ihrem Risikokapital die Anlagestrategie und sollen hierfür mit einem guten Zins auch entschädigt wer den. Ab 115% fangen wir an, höhere Verzinsungen auszusprechen. In den vergangenen zehn Jahren haben wir völ lig unterschiedliche Umwandlungssätze angewendet. Frühere Rentner haben einen Umwandlungssatz von über 7% er halten – die, die in fünf Jahren in Pension gehen, erhalten hingegen nur noch 4,80% beziehungsweise 5,06% mit tieferer Ehe gattenrente. Wenn wir freie Mittel zu ver teilen haben, erhalten die Rentner, die mit einem niedrigeren Umwandlungssatz in Pension gegangen sind, eine höhere freiwillige Verzinsung.
BVK-Chef Schönbächler sagt: «Es kann nicht sein, dass Sammelstiftungen mit zu hohen JOËL HUNN / NZZ Umwandlungssätzen die Umverteilung von Jung zu Alt noch ausbauen.»
Sie haben die BVK in den letzten Jahren saniert und bei Leistungen den Rotstift angesetzt. Zeigen diese Reformen Wirkung? Sanierung ist das falsche Wort. Wir haben den Rotstift bei der Umverteilung von ak tiven Versicherten zu Rentnern angesetzt. Auf der anderen Seite zahlen Versicherte wie auch Arbeitgeber heute bei der BVK höhere Sparbeiträge. Diese gehören dem Versicherten – auch bei einem Stellen wechsel –, den Umwandlungssatz kann er nicht mitnehmen.
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Trotzdem haben Sie auch Anschlüsse verloren. Wie viele Abgänge waren das? 2018 gab es keine Abgänge von Anschlüs sen. Wirklich weh getan haben uns drei grössere Spitäler, die wir 2012 verloren ha ben. Ausserdem hat uns die Stadt Schlie ren vor zwei Jahren verlassen. Von den Spi tälern, die uns verlassen haben, sind wir aber wieder zur Offertenstellung eingela den worden. Zum Abschluss ist es aber nicht gekommen. Die BVK hat auch insofern auf die Umverteilung reagiert, als Versicherte zwischen einer höheren Alters- oder Ehegatten- bzw. Partnerrente wählen können. Kommt dieses Angebot an? Wir waren überrascht, dass im Januar von 100 Pensionierten rund 35 die höhere Al tersrente in Kombination mit der niedrige ren Ehegatten- bzw. Partnerrente gewählt haben. Die Geldpolitik bleibt weiter expansiv, und die Zinsen bleiben sehr niedrig. Was bedeutet das für die Pensionskassen? Die Grundidee der beruflichen Vorsorge bei der Einführung des BVG 1985 war, dass mit den Titeln der zehnjährigen Bun desobligationen die Renten gezahlt wer den können. Heute ist das bei einer nega tiven Rendite von –0,4% nicht mehr um setzbar. Die nötigen Renditen können nur erwirtschaftet werden, wenn Risiken ein gegangen werden. Dazu gehören auch ein schwankender Deckungsgrad und eine jährlich schwankende Performance. Was halten Sie von der Lancierung der Volksinitiative zur Einführung variabler Renten? Gar nichts. Ich bin persönlich überzeugt, dass man auf keinen Fall laufende Renten antasten sollte. Es ist das Kerngeschäft einer Pensionskasse, eine Rente so zu be rechnen, dass sie diese auch auf Sicht von 25 Jahren garantiert bezahlen kann. Dazu kommt, dass der Effekt der Einführung va riabler Renten in Franken gerechnet wohl relativ klein wäre. Wie liesse sich die zweite Säule zukunftsfest machen? Da finden sich Beispiele im nahen Aus land. So haben nordische Länder Regelun gen eingebaut, mit denen bei einer zuneh menden Lebenserwartung das Rentenein trittsalter automatisch steigt. In der zweiten Säule ist ein Trend hin zur Individualisierung zu beobachten. Die Pensionskasse der Credit Suisse etwa führt sogenannte 1e-Vorsorgepläne ein, bei denen Besserverdienende in einem eigenen Topf
sparen. Ist das auch für die BVK ein Thema? Bei der Credit Suisse kommen Überlegun gen aus einer Bilanz-Optik hinzu, die unsere Kunden nicht haben. Wenn die Pen sionskasse eines kotierten Unternehmens, das nach internationalen Rechnungsle gungsvorschriften bilanziert, eine Unter deckung hat, muss das Unternehmen diese sofort bilanzwirksam zurückstellen. Vor der Einführung von 1e-Vorsorgeplänen muss man sich aber Fragen zur Solidarität in der zweiten Säule stellen. Wenn man alle Kapitalien oberhalb der Lohnschwelle von 127 980 Fr. in einen eigenen Topf tut, fehlt der Pensionskasse Risikokapital. Das spricht gegen die Einführung von 1ePlänen. Die internationalen Rechnungsvorschriften haben also Auswirkungen auf den Trend der zunehmenden Individualisierung in der zweiten Säule? Ja, das ist der zentrale Treiber. Viele Unternehmen geben die berufliche Vorsorge auch an Sammeleinrichtungen ab. Die Zahl der Pensionskassen in der Schweiz ist im Zeitraum 2013 bis 2017 von 1957 auf 1643 gesunken. Wie weit wird die Konsolidierung gehen? Vielleicht gibt es in zehn Jahren in der Schweiz noch 1000 Vorsorgeeinrichtun gen. Es kann aber nicht sein, dass Sammel stiftungen mit zu hohen Umwandlungssät zen Wachstumsziele verfolgen und damit die Umverteilung von Jung zu Alt noch ausbauen. Ich habe manchmal auch den Verdacht, dass die Sätze so hoch sind, weil sich die Entscheidungsträger selber nahe am Pensionierungsalter bewegen. Wie gross muss eine Pensionskasse in der Schweiz mindestens sein, um eigenständig bleiben zu können? Ich glaube nicht, dass es für eine firmen eigene Pensionskasse sinnvoll ist, mit 250 bis 300 Versicherten zu wirtschaften. Lang fristig gesehen sollte eine Pensionskasse 1000 Versicherte oder mehr haben. Ihr Vorsorgevermögen sollte mindestens 150 Mio. Fr. betragen. Zur Anlagepolitik: Sie haben gesagt, Pensionskassen seien gezwungen, höhere Risiken einzugehen. Was ist bei der BVK geplant? Wir haben mit einer erwarteten Rendite von 2,8% bereits ein zu uns passendes Ri sikobudget, dieses werden wir nicht erhö hen. Wir versuchen, mit ganz einfachen Konzepten zu arbeiten. Im heutigen Markt schöpfen die Manager im Private-EquityBereich aus unserer Sicht zu viel Gebüh
ren ab. Wir machen uns aber über Investi tionen in Start-up-Unternehmen zusam men mit unseren Kunden im universitären Bereich Gedanken. Anlagen in Infrastruk tur prüfen wir immer wieder – wir sind aber der Meinung, dass wir davon selber noch zu wenig verstehen. Sie haben auch ein grosses Hypothekenportfolio. Was ist hier geplant? Wir betreiben seit 1936 ein Hypotheken geschäft, seit vier Jahren auch für institu tionelle Kreditnehmer. Hier konnten wir in den vergangenen Jahren 450 Mio. Fr. aufbauen, vor allem mit Baugenossen schaften. Das ist ein Geschäftsbereich, den wir weiterentwickeln wollen. Zudem ma chen wir uns konzeptionell Gedanken, was passiert, wenn der Eigenmietwert abge schafft wird. Sie haben ein sehr grosses Immobilienportfolio. Gibt es Ausbaupläne? Unser Portfolio hat ein Volumen von 5,5 Mrd. Fr. Wir liegen aber unterhalb unserer strategischen Allokation und könnten rund 1 Mrd. Fr. investieren. In den vergan genen drei Jahren haben wir zwei grosse Objekte gekauft – das City Bernina sowie eine Liegenschaft an der Stauffacher strasse 1 in Zürich. Es ist schwierig, geeig nete Immobilien zu finden. Wir haben aber noch Landreserven und können diese mit unseren eigenen Projektteams entwickeln. Und wir wollen auch den Bereich auslän dische Immobilien gemäss bestehender Strategie ausbauen. INTERVIEW: MICHAEL FERBER
Die BVK als Vorsorge-Riese feb. · Thomas Schönbächler ist Vorsitzen
der der Geschäftsleitung der Pensions kasse BVK. Die Einrichtung ist mit rund 85 000 aktiven Versicherten, rund 36 300 Rentenbeziehenden und einem verfügba ren Vorsorgevermögen von 31,6 Mrd. Fr. per Ende 2018 eine der grössten Kassen der Schweiz. Laut Angaben der BVK kom men rund 60% der Versicherten von ange schlossenen Arbeitgebern aus den Sekto ren Gesundheit, Bildung und Verwaltung. Die restlichen 40% sind Angestellte des Kantons Zürich. www.nzz.ch/ld.1478141
36 VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE
Die Angst vor dem frühen Ende des Arbeitslebens Frühpensionierung, das tönt besser, als es ist – eine Entlassung vor der Pensionierung belastet die Vorsorge schwer
Wer die Stelle kurz vor der Pensionierung verliert, kann finanziell schnell im Regen stehen.
WERNER GRUNDLEHNER
Für Berufstätige, die über 50 Jahre alt sind, ist der Arbeitsmarkt kein Zuckerschle cken. Oft lässt die Arbeitsleistung gesund heitsbedingt etwas nach, zudem gelten äl tere Arbeitnehmer als teuer. Kein Wunder, wenn ältere Angestellte bei Restrukturie rungen fürchten, als Erste auf die Strasse gestellt zu werden. Wer schon nahe am 60. Altersjahr ist, wird vielleicht frühpensio niert. Das tönt besser, als es in Wirklichkeit ist.
Eine individuelle Frühpensionierung können sich in der Regel nur noch Ange stellte im Hochlohnsegment leisten – ab gesehen von den kollektiven Übergangslö sungen in einzelnen Branchen wie dem Baugewerbe oder bei Piloten. Hier sind Überbrückungsangebote bereits vorfinan ziert. Immer mehr Pensionskassen erlau ben es per Reglement, ab 58 Jahren bei Stellenverlust in der Pensionskasse versi chert zu bleiben, allerdings tragen die Ver sicherten bei diesem Modell die Beitrags lasten ganz allein. Das können sich viele
ILLUSTRATION KARSTEN PETRAT
nicht leisten, und sie müssen Einbussen in Kauf nehmen.
Der Umwandlungssatz sinkt Der Pensionskassenexperte Werner C. Hug weist darauf hin, dass immer zwischen Obligatorium (versicherte Löhne bis 85 320 Fr.) und Überobligatorium unter schieden wird. Im Überobligatorium fän den momentan teilweise massive Senkun gen des Umwandlungssatzes (UWS) statt. Es sei deshalb ratsam, im Reglement nach
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zuschauen, auf welchen Zeitpunkt der UWS um wie viel gesenkt wird und welche Bedingungen daran geknüpft sind. «Bei Löhnen im Obligatorium ist es nicht zu empfehlen, eine Frühpensionierung vorzu nehmen», sagt Hug. Die Kürzungen seien zu gross. Weiterarbeiten lohne sich. Finde eine Entlassung in diesem Lohnbereich statt, dann sollte unbedingt mit dem Arbeitgeber eine spezielle Lösung gefun den werden. Das Bundesgericht hat eine erhöhte Fürsorgepflicht bei der Entlassung von älteren Mitarbeitern etabliert. Als äl tere Mitarbeiter gelten Personen über 55 Jahre. Neu ist Folgendes zu beachten: Der Arbeitnehmer hat ein Informationsrecht, er sollte also über die beabsichtigte Kün digung informiert und angehört werden. Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen sind zu prüfen. Sind Leistungsdefizite der Grund für die Kün digung, so sind diese Defizite objektiv zu dokumentieren. Dem Arbeitnehmer sollte eine Frist zur Verbesserung eingeräumt werden. Mit diesen Massnahmen verhin dert der Arbeitgeber eine Klage wegen missbräuchlicher Kündigung und eine mögliche Entschädigung. Die letzten Jahre vor der Pensionierung sind in Bezug auf den Aufbau der berufli chen Vorsorge die wichtigsten. Die Bei träge in die Pensionskasse und die private Sparquote sind am höchsten. Im Umkehr schluss heisst das, dass jedes Jahr, in dem der Arbeitgeber – und oft auch der bis vor kurzem Arbeitstätige – keine finanziellen Beiträge mehr leistet, zu grossen Einbus sen führt. Bei einer Frühpensionierung fünf Jahre vor dem Pensionsalter reduzie ren sich die Altersleistungen um etwa einen Drittel.
Einkommenslücke entsteht Bei vielen Pensionskassen liegt das frü hestmögliche Rentenalter bei 58 oder 60 Jahren. Wer dieses Alter erreicht hat, kann die Pensionskassenguthaben als Vorsorge oder Rente vorbeziehen. Die Arbeitslo senversicherung wird jedoch beides als Einkommen anrechnen, dadurch fallen die Leistungen der Versicherung tiefer aus. Auch die PK-Rente ist tiefer als bei einer ordentlichen Pensionierung, da Beitrags jahre und Zinsen wegfallen. Zudem wird die PK den Umwandlungssatz tiefer an setzen. In der Zeit bis zur ordentlichen Pensio nierung wird eine Einkommenslücke ent stehen. Der vorzeitig in den Ruhestand versetzte Arbeitnehmer muss sich überle gen, wie sich diese decken lässt. Kapital aus der Säule 3a, sonstiges privates Vermö gen, ein AHV-Vorbezug oder eine Über
brückungsrente aus der Pensionskasse sind die häufigsten Varianten, die von Zwangs pensionierten zur Überbrückung gewählt werden. «Für die konkrete Rentenplanung gibt es kein allgemeines Rezept – das ist sehr individuell, das Einkommensniveau ist entscheidend», sagt Urban Hodel von PK-Netz, das Versichertenvertreter in PK-Stiftungsräten berät. Für die Mehrheit der Rentner ist die AHV gemäss Hodel das wichtigste Einkommen. Da die AHV heute kaum das Existenzminimum sichert, ist ein AHV-Vorbezug und die folgende le benslange Kürzung nicht verkraftbar. Die Möglichkeit einer Überbrückungsrente bei der Pensionskasse verschwinde zuse hends – in der Regel aus Spargründen sei tens der Unternehmen. Viele Arbeitgeber drängten ältere Arbeitnehmende in die Frühpension, seien aber nicht mehr bereit, einen Beitrag dazu zu leisten.
Beschäftigt bleiben Noch ungünstiger sieht es aus, wenn ein Angestellter wenige Jahre vor der Pensio nierung entlassen wird. Wer nicht privat so viel angespart hat, dass er die Einbussen in der Altersvorsorge auffangen kann, muss versuchen, eine neue Anstellung zu finden. Das ist leichter gesagt als getan. Gemäss dem Staatssekretariat für Wirtschaft sind ältere Personen dem Risiko der Langzeit arbeitslosigkeit überproportional ausge setzt. So ist zwar die Arbeitslosenquote der über 50-Jährigen leicht tiefer als jene jün gerer Arbeitnehmer. Jedoch sind fast die Hälfte der Gruppe, die seit mehr als einem Jahr arbeitslos ist, Personen, die 50-jährig und älter sind. Wer beim Austritt aus der Pensions kasse noch keine neue Stelle gefunden hat, muss sein Guthaben auf ein Freizügigkeits konto einzahlen. Dabei ist es ratsam, das Kapital an zwei verschiedene Freizügig keitsstiftungen zu überweisen. Dies eröff net die Möglichkeit für einen gestaffelten Bezug. Zudem ist das Kapital so besser ab gesichert. Auch auf einem Freizügigkeits konto sind liquide Mittel im Fall eines Bankkonkurses nur bis maximal 100 000 Fr. pro Kunde konkursrechtlich privi legiert. Die Rendite von Freizügigkeitseinrich tungen beschränkt sich allerdings auf die Kontoverzinsung, soweit keine Wertschrif tenlösung gewählt wird. Zudem können sich diese Einrichtungen im Gegensatz zu Pensionskassen nicht sanieren, da keine Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge kassiert werden. Einkäufe in Pensions kassen sind laut Hodel langfristig sicherer und effizienter, da das Kapitalmarktrisiko
kollektiv getragen wird und so über lange Zyklen abgefedert werden kann. Findet der Entlassene wieder eine An stellung, muss das Freizügigkeitskapital in die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers eingebracht werden. Bleibt der Betroffene arbeitslos, muss auch die allgemeine Ver sicherungssituation geprüft werden. Denn in der Regel bleibt man beim bisherigen Arbeitgeber in der Pensionskasse nur einen Monat über den Austritt hinaus bei tragsfrei gegen Invalidität und Tod versi chert. Diese Risiken muss man zukünftig selbst versichern. Ohne Wiederanstellung und mit Einzahlung der Guthaben auf ein Freizügigkeitskonto ist später nur mehr der Kapitalbezug möglich.
Achtung, Steuerbehörde Entlassene haben bei gewissen Pensions kassen die Möglichkeit, nach Ausscheiden aus der Tätigkeit bei derselben Vorsorge einrichtung versichert zu bleiben. Die Ver sicherten müssen dann auch die Beiträge des Arbeitgebers übernehmen. Dies kön nen sich ohne Lohnzahlung aber nur die wenigsten leisten. Die Steuerbehörden las sen zudem solche Weiterversicherungen – angeblich, um Steueroptimierungen zu verhindern – nur während zweier Jahre zu. Die Stiftung Auffangeinrichtung BVG hält ein Sicherheitsnetz für Arbeitslose be reit. Sie bietet eine freiwillige Versicherung von Altersleistungen für Personen, die nicht der beruflichen Vorsorge unterste hen. Damit sich die Altersvorsorge so wei terführen lässt, muss der Antrag an die Stiftung bis spätestens 90 Tage nach dem Ausscheiden aus der obligatorischen Ver sicherung erfolgen. Die Auffangeinrich tung bietet auch eine Altersrente nach der Pensionierung an. Im unteren Lohnbereich des Obligatoriums ist die Auffangeinrich tung laut Hug eine gute Sache. Allerdings sei sie wegen des garantierten 6,8% hohen UWS nicht billig. «Aber solange dieser Umwandlungssatz noch besteht, resultiert daraus auch eine gute Rente», fügt der PK-Experte an.
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38 VORSORGEN MIT DER PENSIONSKASSE
Was die Schweiz von den Niederlanden lernen kann Bei niederländischen Pensionsfonds sind die Deckungsgrade aussagekräftiger, und es gibt bessere Möglichkeiten der Sanierung
Das Alterssparen bringt in den Niederlanden mehr Gewicht auf die Waage als in der Schweiz.
MICHAEL FERBER
Der politische Reformstau in der Schwei zer Altersvorsorge hinterlässt zunehmend Spuren. Dies hat sich im Oktober vergan genen Jahres auch in einem jährlichen internationalen Vergleich von Altersvor sorgesystemen gezeigt. Die Schweiz ist in
dem Ranking, das das Australian Centre for Financial Studies zusammen mit der Beratungsgesellschaft Mercer und der Re gierung des australischen Bundesstaats Victoria erstellt, vom 8. auf den 11. Platz zurückgefallen. Ganz vorne in der Auswer tung steht indessen ein anderes europäi sches Land: die Niederlande. Was kann die
ILLUSTRATION KARSTEN PETRAT
Schweiz vom niederländischen Altersvor sorgesystem lernen? Welche Gemeinsam keiten gibt es, und was macht die Schweiz allenfalls besser als die Niederlande? Im merhin gehören beide Länder im Bereich der beruflichen Vorsorge zu den Vorrei tern in Europa – dies zeigt sich bei dem gebildeten Kapitalstock, von dem viele
39 andere europäische Staaten nur träumen können. Laut dem Beratungsunternehmen Ortec lag das verwaltete Vorsorgevermö gen in den Niederlanden 2018 umgerech net bei 1488 Mrd. Fr., in der Schweiz waren es ein Jahr davor 894 Mrd. Fr. Derweil kommen die Niederlande auf eine Ein wohnerzahl von 17,3 Mio. Personen, wäh rend in der Schweiz rund 8,5 Mio. Men schen leben. ■ Drei-Säulen-System in beiden Ländern: Sowohl in den Niederlanden als auch in der Schweiz gibt es ein Drei-SäulenSystem mit einer gesetzlichen Rentenver sicherung, der beruflichen Vorsorge und der privaten Vorsorge. Die erste Säule, die in den Niederlanden AOW heisst, ist ver gleichbar mit der schweizerischen AHV. Wie diese basiert sie auf dem Umlagever fahren. Laut der Beratungsgesellschaft Willis Towers Watson deckt sie 54% aller Pensionsleistungen ab, sie hat also eine grosse Bedeutung. In der zweiten Säule sind alle betrieblichen Vorsorgepläne ent halten, sie beruht auf dem Kapitalde ckungsverfahren und macht rund 40% al ler Pensionsleistungen aus. Während man in der Schweiz bei einem Wechsel des Arbeitgebers seine berufliche Vorsorge mitnehme, sei dies in den Niederlanden im Allgemeinen nicht der Fall, sagt Elwin Mo lenbroek, Senior Consultant bei Ortec. Die private Vorsorge in der dritten Säule ist in den Niederlanden weniger bedeutend und macht laut Willis Towers Watson 6% der Pensionsleistungen aus – sie ist in Form von steuerbefreiten Sparkonti organisiert, ähnlich wie die Säule 3a in der Schweiz. ■ Höheres Renteneintrittsalter in den Niederlanden: Im Gegensatz zur Schweiz haben die Niederlande bereits auf die stei gende Lebenserwartung der Versicherten reagiert. Das Renteneintrittsalter liegt hier in der ersten Säule bei 66 Jahren und wird im Jahr 2021 auf 67 und im Jahr 2022 auf 68 Jahre erhöht. In der Schweiz liegt es weiterhin bei 64 Jahren für Frauen und 65 Jahren für Männer. ■ Weniger Vorsorgeeinrichtungen in den Niederlanden: Die zweite Säule in den Niederlanden wird von Pensionsfonds do miniert, die Industriebranchen abdecken. Laut Willis Towers Watson deckt dieser Ty pus 85% des Marktes ab. Des Weiteren gibt es aber auch Firmen-Pensionskassen eines einzelnen Arbeitgebers und Sammel stiftungen für bestimmte Berufsgruppen. Die Zahl der Vorsorgeeinrichtungen ist in den Niederlanden viel geringer als in der Schweiz, laut Ortec waren es im vergange nen Jahr 233. Der Trend gehe derweil in Richtung 100, sagt Molenbroek. In den
Jahrzehnten davor hat eine massive Kon solidierung stattgefunden. So gab es im Jahr 1998 in den Niederlanden noch 1042 Vorsorgeeinrichtungen und 2007 noch 713, wie Zahlen der niederländischen Zentral bank DNB zeigen. Auch in der Schweiz ist die Zahl der Pensionskassen in den ver gangenen Jahren gesunken. Im Jahr 2017 lag die Zahl der hiesigen Pensionskassen aber noch bei 1643. Branchenexperten er warten, dass diese in den kommenden Jah ren weiter sinkt. Peter Zanella von Willis Towers Watson hält den in den Niederlan den zu beobachtenden Konzentrationspro zess aufgrund der Skaleneffekte bis zu einem gewissen Grad für wünschenswert. Allerdings habe dieser auch Grenzen. So würden die niederländischen Pensionskas sen zunehmend wie systemrelevante Fi nanzinstitute behandelt, was hohe Gover nance-Anforderungen und Ineffizienzen nach sich ziehe – mit den damit verbunde nen Kosten. Zwar liessen sich die adminis trativen Verwaltungskosten in der nieder ländischen beruflichen Vorsorge sicherlich senken. Laut Zanella ist aber nicht nach gewiesen, dass auch die viel wichtigeren Kosten für die Vermögensverwaltung ebenfalls niedriger sind. Im Gegenteil stelle man bei grossen Pensionskassen oft höhere Kosten fest. ■ Deckungsgrad als aussagekräftigere Kennzahl: In den Niederlanden ist der De ckungsgrad einer Pensionskasse aussage kräftiger als in der Schweiz. Die Vorsorge einrichtungen sind genau vergleichbar, da die Nationalbank bei den anzuwendenden Zinssätzen Vorgaben macht. In der Schweiz gibt es hier hingegen Unter schiede. Die Höhe des Deckungsgrads ist abhängig davon, welchen technischen Zins der Stiftungsrat festlegt. In den Niederlan den basiere die Bewertung der Pensions verpflichtungen auf der risikolosen Zins kurve und sei damit sehr konservativ und vorsichtig gerechnet, sagt Zanella. In der Schweiz seien die Bewertungen hingegen 2 bis 3 Prozentpunkte oberhalb des risiko losen Zinssatzes bewertet, was mit der grösseren Nähe des Arbeitgebers zur Vor sorgeeinrichtung begründbar sei. Eine zu hohe Differenz sollte aber vermieden wer den. ■ Anwachsende Rente: Laut Molenbroek orientieren sich die Renten aus der beruf lichen Vorsorge in den Niederlanden an dem durchschnittlichen Einkommen, das ein Arbeitnehmer über die Jahre hinweg erzielt hat. Der Arbeitnehmer übernehme typischerweise einen Drittel, der Arbeitge ber zwei Drittel der Beiträge. Arbeitneh mer bekommen nach dem Eintritt in das Rentenalter eine lebenslange Rente, die
pro Arbeitsjahr maximal 1,875% des Lohns beträgt. Nach 40 Jahren Arbeit und einem durchschnittlichen versicherten Lohn von jährlich 50 000 € könne ein Ver sicherter also mit einer Rente aus der be ruflichen Vorsorge von 37 500 € pro Jahr rechnen, sagt der Ortec-Experte. ■ Mehr Sanierungsmöglichkeiten in den Niederlanden: Niederländische Vorsorge einrichtungen haben bessere Möglichkei ten, um sich zu sanieren. Laut Zanella wer den dort bei ungenügender Finanzierung von Pensionsfonds Leistungskürzungen vorgeschrieben, die sowohl von den akti ven Versicherten als auch von den Rent nern getragen werden müssen. In der Schweiz können einmal gesprochene Ren ten nicht mehr angetastet werden. Auch den niederländischen Einrichtungen macht aber das Umfeld mit ultraniedrigen Zinsen zu schaffen. Die meisten dürften derzeit einen Deckungsgrad zwischen 105 und 110% haben, schätzt Molenbroek. In den Niederlanden gibt es einen Mindest deckungsgrad von 105%, unterhalb dessen Vorsorgeeinrichtungen Sanierungsschritte einleiten müssen. In der Finanzkrise hätten viele niederländische Einrichtungen Leis tungen gesenkt, sagt Molenbroek. Wegen der niedrigen Zinsen könnte dies bald wie der der Fall sein. ■ Stärkere Entsolidarisierung in den Niederlanden: Zanella weist darauf hin, dass die meisten niederländischen Pensions fonds weitgehend losgelöst vom Arbeitge ber agieren – etwa die grossen, die ganze Industriebranchen abdecken. Dies stehe im Gegensatz zur schweizerischen sozial partnerschaftlichen Philosophie der Mit beteiligung des Arbeitgebers. Auch in der Schweiz sei aber zunehmend eine Entsoli darisierung zu beobachten, sagt Zanella. Dieser Entwicklung sei Einhalt zu gebie ten. ■ Unterschiede bei der Anlagepolitik: Niederländische Einrichtungen setzten bei ihren Anlagen stärker auf Obligationen als Schweizer Kassen, sagt Molenbroek. Dies habe regulatorische Gründe. Im Jahr 2018 war das Vorsorgevermögen der niederlän dischen Einrichtungen zu 52,5% in Obli gationen, zu 28% in Aktien, zu 13,2% in Immobilien und zu 6,3% in alternativen Anlagen angelegt. In der Schweiz inves tierten die Pensionskassen 39,1% ihrer Gelder in Obligationen, 32,2% in Aktien, 19,6% in Immobilien und 9,2% in alterna tive Anlagen.
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