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WEIN & GENUSS

Generationenwechsel in Küche und Weinkeller

SCHWERPUNKT | NZZ AM SONNTAG, 6. OKTOBER 2024

Jungwinzerin Sandra Bravo vom spanischen Weingut Sierra de Toloño
Sierra de Toloño)

Pinot-noir-Test: Deutschland schlägt Schweiz

Junge, ambitionierte Winzer und Winzerinnen in Deutschland und der Schweiz übernehmen ihre Familienweingüter. Wir haben von ihnen 30 Pinots noirs, die wichtigste Rotwein-Sorte beider Länder, verkostet. Ein eleganter Wein aus Franken gewann hauchdünn. Von Peter Keller

Es bewegt sich gerade viel: In der Schweiz und in Deutschland übernehmen talentierte Jungwinzerinnen und -winzer ihr Familienweingut oder stehen kurz davor den Betrieb in die Zukunft zu überführen. Gemeinsam ist beiden Ländern, dass die Nachkommen das Erbe ihrer Eltern behutsam weiterpflegen. Die Jungen scheuen sich nicht, neue Wege zu gehen – und die bereits hohe Qualität weiter zu steigern. Bleiben wir zuerst in der Heimat: Pioniere wie Christian Zündel aus dem Tessin, Jean-Denis Perrochet von der Domaine de la Maison Carrée aus Neuenburg oder Raymond Paccot von der Domaine La Colombe aus der Waadt, um lediglich einige Beispiele zu nennen, machen langsam ihren Töchtern und Söhnen Platz. Dass im Weinbau ein Generationenwechsel stattfindet, zeigt sich auch im Mémoire des Vins Suisses, der bedeutendsten Winzervereinigung des Landes. An der letzten Generalversammlung im Frühling trat der gesamte Vorstand zurück und machte einer jungen Crew Platz.

An der Spitze stehen jetzt als Co-Präsident der 31-jährige Gianmarco Ofner vom Zürcher Weingut Pircher und die 37-jährige Catherine Cruchon vom Waadtländer Familienbetrieb Henri Cruchon. Auch der deutsche Weinbau kennt keine Nachwuchsprobleme Die Branche scheint innovativ, mutig und dynamisch zu sein wie nie zuvor Die Jungen sind nicht nur bereit, das elterliche Gut weiterzuführen, sondern nehmen auch das Risiko auf sich, einen eigenen Betrieb aufzubauen. Um spannende Ideen zu realisieren und vielleicht auch unkonventionelle Impulse zu geben. Namen wie etwa Sophie Christmann aus der Pfalz oder Felix Keller aus Rheinhessen, Sohn des Kultwinzers Klaus-Peter Keller, sorgen bereits für Furore In beiden Ländern spielt in Sachen Rotwein der Pinot noir in Deutschland oft Spätburgunder genannt, die Hauptrolle. Aus der hochwertigen, schwierig zu bearbeitenden Rebsorte entstehen im Idealfall charaktervolle, herkunftstypi-

sche Crus der Sonderklasse. Grund genug, zu testen, was die Jungwinzerinnen und -winzer aus Deutschland und der Schweiz in die Flaschen zaubern können. In einem grossen Test haben Sommelière Madeleine Löhner Direktorin des Hotels Alex Zürich in Thalwil, sowie NZZaS-Weinredaktor Peter Keller mit verdeckten Etiketten je 15 Weine aus beiden Ländern verkostet. Eine neutrale Person hat die Flaschen geöffnet und die entsprechenden Serien nach dem Zufallsprinzip zusammengestellt. Generelles Fazit: sehr hohes Niveau und ein enges Rennen an der Spitze. Nur wenige Weine fielen wegen zu viel Holz oder zu viel Süsse ab

300-jährige Tradition

Gewonnen hat ein deutscher Wein, der geniale Spätburgunder Benediktusberg 2020 des Weinguts Rudolf May aus dem Anbaugebiet Franken (Beschrieb siehe Kasten). Rebbau wird in der Familie seit 300 Jahren betrieben. Das eigene Weingut, 16 Hektar gross und seit acht Jahren biozertifiziert, gibt es erst seit 1998. Rudolf May und sein 31-jähriger Sohn Benedikt führen den Betrieb Letzterer

Die Branche scheint innovativ, dynamisch und mutig zu sein wie nie zuvor

wird ihn 2027 in alleiniger Verantwortung übernehmen. Pinot noir ist neben Silvaner und Chardonnay eine der wichtigsten Sorten im Hause May. «Wir besitzen einige Weingärten mit hochwertigen Burgunder-Klonen», erklärt Benedikt May. Die Reben sind zwischen 25 und 30 Jahren alt. Ziel sei es, möglichst feine, schlanke und elegante Crus mit grosser Länge und viel Alterungspotenzial zu produzieren. Dafür würden sie im Rebberg vorwiegend händisch und im Keller ohne Zusatzstoffe, abgesehen von wenig Schwefel, arbeiten, fügt May an. Der Benediktusberg erfüllt diese Vorlagen auf überzeugende Art und Weise.

Exzellenz aus Neuenburg

Ebenso exzellent ist der zweitplatzierte Pinot noir Les Landions 2020 der aufstrebendenDomainedesLandionsausNeuenburg. Der 34-jährige Önologe Morgan Meieristdaran,mitseinenPinotsnoirsfür viel Furore zu sorgen Die Sorte nimmt 85 Prozent der Rebfläche von 25 Hektaren ein. Meier setzt ebenfalls vorwiegend auf ertragsschwache Burgunder-Klone. So sind es beim Landions lediglich 25 bis 30 Hektoliter pro Hektar «Ich will TerroirWeine in sehr hoher Qualität produzieren»,umschreibtMeierseineAmbitionen. Die Entdeckung der Degustation ist Lisa Bunn aus Rheinhessen mit ihrem famosen Spätburgunder Fraugarten 2020 Die 36-jährige Winzerin hat das Gut mit ihrem Ehemann Bastian Strebel aufgebaut. Es befindet sich derzeit in Umstellung zum Ökoweinbetrieb Ihre finessenreichen, mineralischen Gewächse sind durch lange Maischestandzeiten von 24 Stunden geprägt. Keine Überraschung ist dagegen der Wein mit dem besten PreisGenuss-Verhältnis. Der hochwertige, biodynamische Pinot noir Auvernier 2021 der Neuenburger Domaine de la Maison Carrée ist preislich unschlagbar Der 35-jährige Alexandre Perrochet steht seit diesem Jahr an der Spitze des Guts und will weder an der Preispolitik noch der Weinstilistik etwas ändern Gut so

Die Rebstöcke des Benediktusbergs, der zum biozertifizierten Weingut Rudolf May im deutschen
Benedikt May wird in drei Jahren das Familienweingut übernehmen.

Sieger des Pinot-noir-Tests:

Deutscher Wein als Sieger, Schweizer Cru als PreisGenuss-Gewinner

Die Verkostung hat die hohe Qualität bestätigt, welche die Pinot-noir-Weine aus Deutschland und der Schweiz auszeichnen. Der nördliche Nachbar stellt den ersten Platz und die Entdeckung des Tests. Die Schweiz überzeugt vor allem mit zwei Crus, die beide aus dem Kanton Neuenburg kommen.

Sieger: Spätburgunder Benediktusberg Erste Lage 2020, Benedikt May, Weingut Rudolf May, Franken

Der herausragende Rebberg ist als Erste Lage klassifiziert. Hier ist Muschelkalk vorherrschend. Der im Barrique ausgebaute Wein (lediglich 25 Prozent Neuholz)

zeichnet sich durch ein intensives Bouquet von roten und blauen Beeren sowie würzigen Noten aus. Weitere Merkmale: dicht im Gaumen, reichhaltig, frisch, fruchtsüss, extraktreich, aber immer elegant und samtig bleibend, langanhaltend, ausgewogen, grosses Kino 18,5/20 Punkte, 59.50 Franken; ullrich.ch

Bester Schweizer Wein: Pinot noir Les Landions 2020, Morgan Meier Domaine des Landions, Neuenburg Das ist ein burgundisch geprägter, edler Wein der zu 100 Prozent in neuen Barriques ausgebaut wird. Das Holz ist perfekt in diesem sehr gelungenen Cru integriert. Er zeigt ein sortentypisches Rubinrot und eine komplexe Nase mit Noten von roten Beeren sowie würzig-

mineralischen Anklängen. Mittelschwerer Körper reife Gerbstoffe, präsente Säure, viel Finessen, Tiefe und Länge 18,25/20, 53 Franken (für den 2022er, der 2020 ist ausverkauft); landions.ch

Entdeckung der Degustation: Spätburgunder Fraugarten 2020, Lisa Bunn, Weingut Lisa Bunn, Rheinhessen

Das deutsche Weingut ist hierzulande wenig bekannt und besitzt nicht einmal einen Importeur Das wird sich wohl schnell ändern, wenn man die grossartige Qualität dieses Spätburgunders als Massstab nimmt. Er braucht etwas Luft, enthüllt aber nachher einen wunderbaren, aromatisch vielfältigen Duft. Der überaus frische Wein, gereift im Holzfass, hat von nichts zu viel, ist eher schlank, aber dicht,

elegant, tiefgründig, mineralisch und endet mit einem langen Nachhall. 18/20 49.90 Euro, weingut-bunn.de

Preis-Genuss-Gewinner: Pinot noir Auvernier 2021, Alexandre Perrochet, Domaine de la Maison Carrée, Neuenburg Kein Schweizer Weingut bietet eine solch hohe Qualität zu fairen Preisen. Das trifft auch auf den Pinot noir Auvernier zu, der dank seinem guten Reifepotenzial zur Sammlung des Mémoire des Vins Suisses gehört. Der Ausbau erfolgt vorwiegend im grossen Holzfass und zu kleinen Teilen im Barrique Seine Eigenschaften: intensives Rubinrot, fruchtig-floraleswürziges Bouquet, mittelschwer, frisch, elegant, gute Spannung schöne Länge, 18/20 32 Franken; lamaisoncarree.ch

Die Jungen scheuen sich nicht, neue Wege zu gehen und die bereits hohe Qualität weiter zu steigern.

Weitere

sehr

gelungene Weine

Pinot noir Girarde 2020, Laura Paccot, Domaine La Colombe, Waadt, 17,5/20, 42 Franken; lacolombe.ch

Siebeldinger Spätburgunder vom Muschelkalk 2018, Hans und Valentin Rebholz, Weingut Rebholz, Pfalz, 17,5/20, 52 Franken; smithandsmith.ch

Pinot noir Melandor 2019, Martin, Lea und Nane Metzger Weingut Metzger, Pfalz, 17,5/20, 62 Franken; pinotandfriends.ch

Spätburgunder 2022 Christoph Weber, Alexander Götze, Weinhaus Wasenhaus, Baden, 17,5/20, 36.50 Franken; studer-vinothek.ch

Pinot noir aime terre de Mur 2022, Etienne Javet, Javet-Javet, Vully, 17,25/20 45 Franken; javet-javet.ch

Spätburgunder Königsbacher Ölberg 2020 Sophie Christmann, Weingut Christmann, Pfalz, 17,25/20, 45 Franken; gerstl.ch

Anbaugebiet Franken gehört, sind bis zu 30 Jahre alt.

Spindel mit Stil

Korkenzieher sind für Weinliebhaber unverzichtbar – jedenfalls in den meisten Ländern der Welt Doch welches Werkzeug es sein darf, bleibt diskutabel, zumal sich nicht jede Innovation am Ende durchsetzt. Von Wolfgang Fassbender

Neuseeländer müsste man sein. Denn in Neuseeland bräuchte man sich keine Sorgen zu machen, ob das Werkzeug zum Öffnen der im Laden erworbenen Flasche Wein dabei ist oder was zu tun ist, wenn der vermaledeite Korken beim Ziehversuch abbricht. Denn rund 95 Prozent aller am anderen Ende der Welt abgefüllten Flaschen sind mittlerweile mit Schraubverschluss versehen. Dass die Kellnerinnen

Diese drei Korkenzieher sind empfehlenswert

Werkzeug für alle Fälle: Pulltap’s Sommelier 19 Franken, bei Schubi Weine; schubiweine.ch

Praktischer Hebelkorkenzieher: Coutale, 15 Franken, bei Levincha; levincha.ch

Luxus-Korkenzieher aus Weinrebenholz, samt Box und Etui: Forge de Laguiole, 259 Franken, bei Messer Wyss; messerwyss.ch

und Kellner in den Restaurants zwischen Wellington und Auckland oft gar keinen Korkenzieher mehr in der Tasche haben, wundert daher kaum. Ob es in der Schweiz jemals so weit sein wird, ist fraglich. Die Leidenschaft für Kork-Alternativen ist bei europäischen Winzern und Weintrinkern sehr unterschiedlich ausgeprägt. Und vor allem im gehobenen Segment der Bordeaux und Burgunder, aber auch der besten Walliser und Bündner Weine, zurückhaltend. Einen Gantenbein-Pinot-noir mit Screwcap? Einen Léoville-Las-Cases ohne Baumrinde im Flaschenhals? Kaum realistisch. Zumal die Korkproduzenten ja Fortschritte gemacht und die Anzahl der den Wein verderbenden Fehltöne reduziert haben.

Perfekt durchdacht

Die Produzenten der Zapfenzieher können sich also bequem zurücklehnen, denn ihr Produkt ist und bleibt gefragt. Aber sie leiden auch darunter, dass Innovationen nur eingeschränkt möglich sind. Das Werkzeug ist, seit man die Spirale in der Form perfektioniert und gleich noch die Teflonbeschichtung für selbige entwickelt hat, so gut wie zu Ende erfunden. Herstellern wie Verbrauchern ist längst klar dass die Spindel hohl sein muss und dass, wer noch Billigwerkzeuge in der Küchenschublade liegen hat,

bei denen das nicht der Fall ist, selbige schleunigst zum Altmetall geben sollte. Auch die Scharniere sind wichtig: Was nützt die beste Spindel, wenn sich beim Aufhebeln alles verkantet? So mancher schicke Designkorkenzieher sieht zwar gut aus, erweist sich aber auf Dauer als unpraktisch – und dass vor ein paar Jahrzehnten der sogenannte Screwpull Furore machte, ist heute fast vergessen. Jenes schicke Gerät ersetzte einst den Hebel konventioneller Korkenzieher durch eine Schraube – der Nutzer musste die Spirale nur in den Zapfen hinein- und anschliessend wieder herausdrehen. So mancher Fan der ersten Stunde kehrte allerdings bald wieder zum klassischen Kellnermesser mit Hebelfunktion zurück denn ein Screwpull lässt sich nicht so einfach in der Hosentasche verstauen wie manch anderer Korkenzieher Anders als Laien, die womöglich nur alle paar Tage eine Flasche öffnen, setzen Profis Zuverlässigkeit an die erste Stelle. Fragt man Aurélien Blanc, Restaurantmanager im neuen Zürcher Lokal Marguita und einer der profiliertesten Sommeliers der Schweiz, wird klar, was wirklich wichtig ist: «Im Alltag am praktischsten und robustesten ist der banale Pulltap.» Jener auch als Kellnermesser bekannte Korkenzieher also der oft von Winzern und Weinhandlungen als Werbegeschenk überreicht wird. Für den

Pulltap spricht auch das eingebaute Messer um eine oft vorhandene Kapsel zu entfernen.

Kräftesparend öffnen

Nach ein paar Einsätzen werde das Ganze zudem leichtgängig, so Blanc Ein ähnliches Prinzip verfolgt der CoutaleKorkenzieher, auf den andere Sommeliers schwören. Der Aufsatz, der auf dem Flaschenhals ruht, wurde hier perfektioniert, um den Druck möglichst umfassend nach unten zu leiten. Auch Neues ist hier in Sicht. «Wir werden das Modell Rapido herausbringen», sagt CoutaleEntwickler Philippe Bernède. Die Innovation soll das Öffnen in einer einzigen Bewegung erlauben, nicht wie sonst üblich in zwei Aufsetz-Schritten, und mit einer beachtlichen Reduktion des Krafteinsatzes einhergehen. Manchmal freilich muss es auch gar nicht das Praktischste sein, sondern das Schönste. Persönlich und auf die private Weise sei er der Marke Château Laguiole treu sagt Aurélien Blanc «Ich sammle sie nicht unbedingt, aber ich besitze zahlreiche Exemplare.» Solche Edelstücke würde der «Marguita»-Maître wohl auch dann nicht verschrotten entschlössen sich irgendwann doch alle Winzer Europas, nur noch Schraubverschlüsse zu verwenden.

Spezialkorkenzieher für Härtefälle

Je älter der Wein, desto schlechter der Korken? Ganz so einfach ist die Gleichung nicht Denn in Tat und Wahrheit kommt es sehr auf die individuelle Qualität des in der Flasche steckenden Stückes Baumrinde an. Aus dem 1921er Riesling von der Mosel, den der Autor dieses Artikels vor ein paar Monaten öffnete, liess sich der Kork in einem Stück und ohne grosse Probleme herausziehen. Sollte dies nicht mehr möglich sein, hilft meist ein Spezialkorkenzieher namens Durand; seitliche Klingen geben auch ultramürben Zapfen Halt Hin und wieder kann es aber auch sinnvoll sein, den bröselnden Korken energisch in die Flasche zu drücken und deren Inhalt zu filtern Auch an einem Druckkorkenzieher kann man sich in solchen Fällen versuchen. Dazu wird Luft mit einer Nadel in die Flasche gepumpt, so dass der Überdruck für ein Hinausgleiten des Korkens sorgt.

Manch schickes Designwerkzeug sieht zwar gut aus, erweist sich aber als unpraktisch.

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«DieGesellschaftdarfoffen sein, neueWegezugehen»

SpitzenkochMario Garcia istveganen Fleischalternativengegenüber eher skeptischeingestellt.Ererzählt,warum ihndie Swiss Chunksvon TheGreen Mountain dennochüberzeugenund wasman beim Zubereiten vonPflanzenfleisch beachten sollte

Sind Sie ein neugieriger Mensch?

MARIO GARCIA:Absolut. Ich hinterfragevieles, und wenn mich etwas interessiert, will ich genau wissen,wie es geht oder wie es funktioniert.

Sie haben in Ihrer jungen Karriere schonzahlreiche Preise–darunter zweimalden Titel des Kochweltmeisters oder den fünften PlatzimWeltfinale des Bocused’Or– eingeheimst. Wasspornt Siean?

In erster Linie der Wunsch nachPerfektion. Ich möchtemeine Gerichte immer noch bessermachen, noch schöner im Detail und keine Angriffsflächenfür Kritik bieten. Aber das istnatürlich schwierig,denn Kulinarik istetwas Subjektivesund letztlich auch eine Fragedes persönlichen Geschmacks

Perfektsein zu wollen,kannauchgefährlichsein,daman den perfekten Zustand wohl niemals erreichen wird Dasführt zu Frust, und man riskiert, die Freude an der Sachezuverlieren. Wenn man –sowie ich –hoheAnsprüche an sich selbst hatund sehr ehrgeizig ist, mussman in Kaufnehmen, schmerzhafteErfahrungen zu machen Frustgehörtdazu. Solche Erfahrungen sind wichtig, um weiterzukommen

War Ihnen der Wettkampfund das Kräftemessenschon immer wichtig?

Ja,was auch damit zu tun hat, wie ich aufgewachsen bin: Mein Bruderhat sein Talent als Fussballspieler schon sehr früh entdeckt. Ich habe Zeit gebraucht, um meineStärken zu erkennen.DassKochen mein Dingist und dassich damit viel erreichenkann, ist mirerstwährend der Lehrebewusst geworden.

Sie stehen The Green Mountainmit Ihrer Expertiseberatend zurSeite. Was fasziniert Sie daran,mit Pflanzenfleisch zu kochen?

Es isteinerseitseineneue Herausforderung,andererseitsmachtesSpass, mit vegetabilemFleisch zu experimentieren. Pflanzenfleischist für micheine Spielwiese,die meine Kreativität herausfordert. Ich möchtezeigen,dasses möglich ist, ohne Fleisch erstklassige Gerichtezukreieren.

IstPflanzenfleisch nicht ein Trend,der bereitswieder am Abflachen ist? Esmag stimmen, dassder Riesenhype etwas nachgelassenhat, aberdie pflanzenbasierte Kost wird ein grosses Thema bleiben. Unsere Ernährung wirdinZukunft immer mehrinRich-

The Green Mountain

«Auf Fleisch verzichten, ohne auf Genuss zu verzichten» lautetdas Credovon The GreenMountain. Nachhaltigkeitsteht dabei für das Startup ausGraubünden, das sich aufpflanzliche Fleischalternativen spezialisierthat,anersterStelle: DieneustenProdukte vonThe GreenMountain, dieSwiss Chunks Chicken unddie Swiss Chunks Paprika, bestehen ausrein natürlichenZutaten sowie pflanzlichen Proteinen, die ausschliesslichinder Schweiz angebautwerden.

«

tung pflanzenbasiert gehen, davonbin ichüberzeugt

Kann pflanzliches Fleisch ein gleichwertigerErsatzfür Fleischsein? Wirsollten davonwegkommen,von Ersatz zu sprechen: Gute pflanzenbasierteProduktesollten für sich sprechen und für sichstehen und nichtals Ersatz wahrgenommen werden. Die Gesellschaft darf offen sein,neue Wege zu gehen. Es istwichtig,dasses schmackhafte, gesundeAlternativenzu Fleisch gibt,damit derweltweite Fleischkonsum reduziert werden kann. Ichdenkeaberauch, dass pflanzliche Fleischprodukte im Generellen noch einenweiten Wegvor sich haben

Sie sind imAllgemeinen also noch nichtzufrieden mitder Qualität und dem Geschmackvon Pflanzenfleisch? Es gibt inzwischensehrguteProdukte,wie dieSwissChunksvon The GreenMountain zeigen.Was mich aber generell irritiert, sind pflanzliche Fleischprodukte, beidenenman versucht,den echten Fleischgeschmackzu imitieren. Warumnicht zumEigengeschmack desveganen Fleisches stehen und diesenverfeinern, stattkrampfhaft zuversuchen,einen authentischen Fleischgeschmack hinzubekommen Das wirdohnehin nie funktionieren.

Wasmussman beachten,wennman alsLaiemit Pflanzenfleisch kocht?

Erstens, alle Berührungsängste ablegen und der Kreativität und Phantasie freienLauf lassen. Zweitens, das Pflanzenfleisch nicht zu heiss erhitzen Drittens, nicht überwürzen, denn in SachenWürze gilt: Wenigerist mehr

Wiebeschreiben Sie IhreKochphilosophie?

Ich lege Wert auf guteZutaten und versuche, derenEigengeschmack zur

Geltungzubringen. Ichmöchte, dass meine Gäste riechen, schmeckenund spüren, wassie auf demTeller haben. Oft verwendeich nur Salz, Pfeffer und frischenLimettensaft zum Würzen. Undich möchte Emotionenwecken. Essenist schliesslichetwas Sinnliches

SehenSie Ihren persönlichenFleischkonsum alsproblematisch an?

Nein,denn ichessenur zwei- bis dreimal proWoche Fleisch. Problematisch scheintmir eher derunbewusste Fleischkonsum zu sein. Ichnenne ein

Beispiel: Sie bestellen eine Zwiebelwähe und denken, Siewürdenetwas Vegetarischesessen. Doch mitgrosser Wahrscheinlichkeit hatesSpeckwürfel drin –und schonkonsumiert man Fleisch, ohne dassman sich dessen bewusstist

KönnenSie sichvorstellen, Veganerzu werden?

Vegetarier ja, Veganer nein,dennich möchtenichtauf Käseverzichten. Zu-

demhätteeine vegane Lebensform weitere einschneidendeUmstellungen zur Folge: Ich könnteauch keinenWollpullover oder keine Lederschuhetragen.

Wasist IhrLieblingskäse?

Gruyère

Waskommt beiIhnen nichtauf den Teller?

Produkte,von denenich nichtweiss woher siestammen,wie sieangebaut oder gezüchtet wurden,haben in meinerKüche nichtsverloren. Das gilt insbesonderefür tierische Produkte wie Fisch undFleisch.Nachhaltigkeit und Ethikstehenbei miranobersterStelle

WelchenRat würden Sie Ihrem 20-jährigen Ichmit auf denWeg geben? Dass es dieFreude, Lockerheit und Unbeschwertheit, dieman als junger Mensch hat, immer beibehält

Sie haben einesteile Karriere hingelegt. Wasist derSchlüsselzum Erfolg?

MarioGarcia

DerLuzernerSpitzenkoch wurde in denJahren2010und 2014 als Kochweltmeister mitder SchweizerJunioren-Kochmannschaft ausgezeichnet und 2019 erreichteerden fünftenPlatz im Weltfinale desBocused’Or. Heuteführt er seineeigene Firma (Mario Garcia GmbH) und kann für Events undAnlässe gebucht werden.Zudem istder 34-Jährige als BeraterimFood-Bereich sowie als Mentor fürjunge Nachwuchstalentetätig

Fokussiertauf sein Ziel hinarbeiten undsichnicht schnellzufriedengeben, sondern es immerbessermachen wollen. Damit mandabei nichtausbrennt,ist es aber immens wichtig, die Balance zu finden und dasGanze mit einergewissen Lockerheit anzugehen

Dasklingtjetzt ein bisschen abgeklärt. Magsein, aber diese Erkenntnisse beruhen aufvielenErfahrungen, die nicht immer nur einfachwaren,das können Siemir glauben

Siestanden langeZeit alsKochim Rampenlicht.Was machen Sie heute? Ich führe meineeigene Firma,koche auf Events, bin Störkochund konzentrieremichauf meine Tätigkeit als BeraterimFood-Bereich.Aus dem aktivenWettbewerbskochenhabeich mich bewusst etwas zurückgenommen, denn ichsehe mich heutemehr in der Rolleals Mentor oder Coach für denNachwuchs. Deshalb habe ich auchdas Mandatals Coachder SchweizerKochnationalmannschaftenangenommen.

Eineigenes Restaurantzueröffnen,ist also nichtgeplant? Im Moment nicht.Und wenn,dann wäre ich offen für ein Pop-up-Lokal Denn ichbrauchedie Herausforderung undimmer neue Anreize. EinPop-up hatden Vorteil, dass es eine begrenzte Lebensdauer hat, dann kommtwieder etwasNeues

Wie oder wo findenSie IhrenAusgleich?

Beim Sportauf demGolfplatz. Woherholen Sie Ihre Inspirationen, wie gehen Sie vor, wenn Sie ein neues Gerichtkreieren?

Das passiert allesinmeinem Kopf Am besten kann ichneue Rezeptekomponieren,wennich eine längere Autofahrtvor mirhabe. Wenn ichamSteuer sitzeund dieLandschaftanmir vorbeizieht, kommen mirdie besten Ideen.

Dieser Inhalt wurde vonNZZ Content CreationimAuftrag vonThe Green Mountain erstellt

Ichmöchtezeigen, dassesmöglich ist, ohne Fleischerstklassige Gerichtezukreieren»:Spitzenkoch MarioGarcia(34).
Einfachund kreativ: SwissChunksmit Gemüseund Avocado aufgeröstetemBrot.
Mario Garcias Rezept für Roggenbrotmit Paprika Chunks.

Meilenstein im Südtiroler Weingut Alois Lageder

Eine nachhaltige und gesunde Landwirtschaft: Seit diesem Jahr bewirtschaftet das Spitzenweingut Alois Lageder aus Südtirol alle Rebflächen biologisch oder biodynamisch – auch jene der 60 Traubenlieferanten. Am Ruder ist jetzt die sechste Generation Von Peter Keller

Das Weinbaugebiet Südtirol mit einer Rebfläche von rund 5600 Hektaren ist durch eine grosse Diversität geprägt. So werden in einem alpin-mediterranen Klima mehr als 30 verschiedene Rebsorten angepflanzt – auf Höhen zwischen 200 und 1000 Metern über Meer. Abwechslungsreich sind auch die Böden. So ist vulkanischer Porphyr ebenso zu finden wie Dolomit-Kalkgestein Diese Vielfalt drückt sich in den Weinen aus. Vom Alltagswein bis hin zum Top-Cru ist alles zu finden.

Zu den Zugpferden und Aushängeschildern in Südtirol zählt zweifellos das 1823 gegründete Weingut Alois Lageder in Margreid. Heute sind die Jungen am Ruder Der Betrieb wird in der

sechsten Generation von den Geschwistern Clemens Lageder (37), Helena (32) und Anna (39) geführt. Eine respektable

Aufgabe, umfasst doch der Familienbetrieb 55 Hektaren eigene Rebberge sowie weitere 85 Hektaren, die von Winzerpartnerinnen und -partnern bearbeitet werden

Gesunde Landwirtschaft

Alois Lageder war stets bestrebt, pionierhaft wegweisende Entscheide zu treffen. Das war schon 2008 so gewesen, als die ersten biodynamisch-zertifizierten Weine auf den Markt kamen. Jetzt hat das Gut einen weiteren Meilenstein geschafft: Ab diesem Jahr werden sämtliche Rebflächen nach dieser Anbaumethode – oder zumindest biologisch –

bewirtschaftet. Aus einer Utopie sei Wirklichkeit geworden freut sich Clemens Lageder im Gespräch. Er wolle zusammen mit seinen Geschwistern weiterhin eine gesunde und nachhaltige Landwirtschaft in den Fokus seiner Bemühungen stellen. «Das ist heutzutage unabdingbar», fügt der Winzer hinzu.

Diese Philosophie wird konsequent verfolgt und ebenso bei der Bewertung der Trauben der Weinpartner berücksichtigt. Wer sich stärker für die Umwelt und gesunde Erzeugnisse engagiert, erhält höhere Kilopreise. Bis anhin galten für die Bezahlung andere Kriterien, wie beispielsweise wertvolle oder weniger wertvolle Rebsorten, gute oder mittelmässige Lagen oder Zuckerwerte. Angesichts des Klimawandels seien

solche Kriterien künftig nicht mehr sinnvoll, ist Lageder überzeugt. In der Tat: Zu viel Zucker ergibt hohe Alkoholwerte und weniger bekömmliche Weine.

Neues Wertesystem

Neu basiert das Wertesystem von Alois Lageder auf fünf Pfeilern: Boden, Pflanze, Tier, Mensch, Markt. Zwar können die Bauern und Bäuerinnen, die einen Vertrag mit dem Weingut besitzen, selbst entscheiden, wie weit sie in ihren Bemühungen gehen wollen. Aber, um ein Beispiel zu nennen, zahlt es sich im wahrsten Sinne des Wortes aus, den Rebberg zu begrünen, Hecken zu pflanzen oder einen sanften Rebschnitt anzuwenden Mit der kommen-

Drei Kategorien, drei Weine

Das Weingut Alois Lageder erzeugt vor allem reinsortige Gewächse – in verschiedenen Qualitätsstufen. Wir stellen einen herausragenden Cru, einen vorzüglichen Tropfen aus der Linie «Kompositionen» sowie einen gelungenen Alltagswein aus den «klassischen Rebsorten» vor.

Löwengang Chardonnay 2021: Dieser Lagen-Cru verkörpert die weisse Toprebsorte auf perfekte Art und Weise. Im Barrique ausgebaut und gereift, zeigt er in der Nase fruchtig-florale und dezente Röstnoten sowie im Gaumen Komplexität, Gerad-

linigkeit und eine reife Säure. Der Abgang endet mit einem salzig geprägten Nachhall. Sehr gutes Alterungspotenzial. 69 Franken.

Mimuèt Pinot Noir 2021: Auch Pinot Noir funktioniert im Südtirol, sofern er nicht in zu warmen Lagen wächst. Mimuèt ist ein alter Ausdruck im Südtirol und steht für «nach meinem Geschmack». Geschmackvoll ist dieser gelungene Tropfen allemal. Er ist eher hell, schlank, elegant, würzig und relativ lang anhaltend. Der Ausbau erfolgt in grossen Eichenfässern, teils in Betonfässern. 26.50 Franken.

den Ernte 2024 vergütet Lageder seine Traubenlieferanten erstmals nach dem neuen System. Aus «fremden» und eigenen Trauben keltert das Weingut eine beachtliche Palette von über 30 verschiedenen Weinen, die eine klare Hierarchie aufweisen: Zuoberst in der Qualitätspyramide stehen die Crus. Dann kommen die «Kompositionen» und schliesslich die Linie der klassischen Rebsorten (siehe Box) Zudem werden unter dem Label «Kometen» neue Versuche, wie etwa Naturweine, vermarktet. Allen gemeinsam ist die Tatsache, dass das Gut Alois Lageder frische, geradlinige und lebendige Weine produzieren will. Dazu braucht es wertvolle Trauben – aus eigenen Rebbergen und jenen der Partner

Gewürztraminer 2022: Die aromatische Rebsorte gehört unabdingbar zum Südtirol. Ob die Heimat hier oder im Elsass ist, bleibt umstritten. Unbestritten ist jedoch die Tatsache, dass der Weisswein an seinem prägnanten Rosenduft leicht zu erkennen ist. Dieses trockene, im Stahltank ausgebaute Beispiel ist nicht zu aromatisch, nicht zu üppig, gleichwohl mittelschwer und mit einer lebhaften Säure ausgestattet Passt etwa zu Terrinen. 19.90 Franken.

Alle Weine sind erhältlich über: bindella.ch

Der Familienbetrieb Alois Lageder in Südtirol hat für die Traubenqualität ein neues Bewertungssystem eingeführt, das ganz im Zeichen von Ökologie und Nachhaltigkeit steht
Rebberg des Gutes Alois Lageder in Margreid.

Experimente mit Finesse und

La Rioja ist eines der klassischsten Weinanbaugebiete Spaniens und von Tempranillo geprägt. Doch wer glaubt, dass damit Langeweile einhergeht, liegt falsch. Denn junge Winzerinnen und Winzer experimentieren mit Garnacha und Viura, mit Finesse und uralten Reben. Von Wolfgang Fassbender

Einmal im Jahr sieht man in Haro einer berühmten Gemeinde in der Rioja, Hunderte und Aberhunderte Menschen mit Gläsern in der Hand von Bodega zu Bodega ziehen. Anlässlich der Rioja Railway Wine Experience am Bahnhof der Stadt, wo sich mehr ehrwürdige Bodegas ballen als an irgendeinem anderen Platz dieser spanischen Weinbauregion. Nicht nur die üblichen Weinprobenangebote stehen auf dem Programm, sondern auch Kombinationen aus Speisen und feinsten Weinen, nicht zu vergessen Musik und gute Laune. Wer glaubt, an diesem Tag spontan Zutritt zu erhalten zum Barrio de la Estación, dem Weindorf am Bahnhof von Haro, muss enttäuscht feststellen, dass die gar nicht mal billigen Tickets lange im Voraus ausverkauft sind. Viel zu gut schmeckt halt, was die sechs teilnehmenden Weingüter ins Glas schenken – vielfach das Beste, was sie ausbauen. In erster Linie natürlich Rotes aus Tempranillo, der Prestigesorte der Rioja, mal etwas altmodischer vinifiziert, mal moderner Eher elegant wie bei CVNE, mal mineralisch wie bei Roda und Muga. In allen Fällen aber: mit viel Tradition Aber muss es immer nur der übliche Rioja sein, dunkel, würzig, gut, aber so wie immer? Ganz oder weitgehend aus Tempranillo gewonnen, jahrelang in Fässern ausgebaut und anschliessend

oft als Crianza, als Reserva oder als angeblich beste Version des Weines, als Gran Reserva, vermarktet? So was bestritten schon vor ein paar Jahrzehnten nachdenkliche Winzer und gaben zu bedenken dass der ewig lange Fassausbau manchmal Nachteile schuf in jener Weinregion, die sich in drei Bereiche teilt und sich über rund 100 Kilometer in die Länge und gut 40 Kilometer in die

Breite erstreckt. Auf 66797 Hektaren arbeiten 571 Weingüter – aufgeteilt in die Rioja Alta, die Rioja Alavesa und die Rioja Oriental. Die gesamte Weinbaufläche der Schweiz könnte man mehr als viermal in die Rioja packen Angesichts dieser Grösse wundert es nicht, dass viele unterschiedliche Wege beschritten werden. Auf die Zweifel am althergebrachten System des langen

Honigwein und Sterneküche in der Provinz Rioja und deren nahen Umgebung

Gleich zwei Zweisternerestaurants existieren in der Rioja, neben allerlei nur mit einem Stern ausgezeichneten und vielen lediglich guten Lokalen. Das Restaurant Venta Moncalvillo befindet sich im Dorf, hat ausser bei Events nur mittags geöffnet und zeigt nicht nur gern seinen grossen Garten, sondern demonstriert auch eine moderne, manchmal eigenwillige Küche Natürlich stehen jede Menge Riojas im Keller, aber Highlight unter den Getränken ist der hausgemachte, im Barrique gereifte Honigwein, der zwar nicht die Herkunftsbezeichnung DOCa Rioja auf dem Etikett trägt, aber dennoch ausgezeichnet

schmeckt. Der Barriqueausbau bringt in diesem Fall die notwendige Würze, um die geringe Säure zu ersetzen. Der Küche des zweiten Topbetriebes der Region wird von Francis Paniego geleitet und ist längst zu einem der spannendsten Lokale südlich von Bilbao geworden, hat die Gourmetabteilung des Hotels Echaurren geschlossen, lässt sich auch nebenan im (gehobenen!) Alltagsrestaurant einkehren. Wer freilich die grösste RiojaAuswahl weit und breit erleben möchte, reserviert einen Tisch im Restaurant Rekondo in San Sebastián. Tausende von Riojas stehen

Ausbaus folgten schliesslich weitere Überlegungen, Experimente und Entdeckungen. Einige hatten mit den Reben zu tun Schliesslich gab und gibt es ja noch andere Sorten als Tempranillo in der Rioja, und schon lange waren sie in kleinen Teilen drin in den Weinen, ohne dass man ihnen grosse Aufmerksamkeit zuteilwerden liess. Da wäre Garnacha, jenseits der Grenzen in Frankreich als

Grenache bekannt und im Priorato geradezu vergöttert Wie gut der reinsortig ausfallen kann, wenn er von alten oder uralten Reben stammt und in Höhenlagen mit reichlich verbliebener Säure in den Beeren gewonnen wird, kristallisiert sich immer klarer heraus. Da wäre aber auch noch Graciano, eine Sorte, von der es mal viel gab, bevor sie an Beliebtheit verlor Mittlerweile weiss man ihre Frische wieder zu schätzen; auf hohe und höchste Erträge kommt es den modernen Winzerinnen und Winzern eh nicht an. Maturana Tinta ist noch viel rarer; die rote Rebe gilt als autochthone, fast mystische Seltenheit, ist nur mit Mühe zu finden. Auch der Mazuelo kann was, was beispielsweise die Winzer aus dem Süden Frankreichs wissen; dort kennt man ihn als Carignan und weiss, dass er sehr eigenständige Rotweine zu geben versteht, wenn man weiss, wie man ihn anschneidet und zudem den Reben Zeit lässt, in ein gewisses Alter zu kommen. Neue Ideen für eine alte Region

hier auf der Karte, von den Herkünften anderer Weinbauregionen gar nicht zu reden. Uralter Viña Tondonia hat seinen lediglich auf Nachfrage erläuterten (hohen) Preis, aber einen weniger berühmten Rioja aus den Sechzigern des vergangenen Jahrhunderts bekommt man schon für deutlich unter 100 Euro.

Restaurante Venta Moncalvilllo, ventamoncalvillo.com

Hotel-Restaurante Echaurren, echaurren.com

Restaurante Rekondo, rekondo.com

Einer, der mehr nachgedacht hat als die meisten, ist Eduardo Eguren, der mit dem Familienweingut Viñedos y Bodegas Sierra Cantabria eigentlich ausgelastet gewesen wäre, der aber lieber für sein Projekt namens Cuentaviñas Weinberge suchte, die was zu erzählen haben und von denen er erzählen kann. Zusammen mit seiner Frau Carlota González fand er eine ganze Reihe an Geschichten. Jene Lage etwa, in der rote und weisse Sorten vor vielen Jahrzehnten als Mischsatz gepflanzt wurden, eine andere mit uralten Garnachareben oder die, in der sich vorwiegend Viura und Malvasia tummeln und einen Weisswein ergeben, den die wenigsten in der von roten Reben dominierten Region auf dem Schirm haben. Weissweine aus der Rioja galten ja lange als wenig attraktiv, als blosse Ergänzung der Roten – und noch heute verweisen viele Weingüter auf die Nachbarregion Rueda, fragt jemand nach Blanco Dabei ist Viura eine Sorte die hier viel Substanz erbringen kann. Weiss Eguren natürlich. Er weiss auch, dass Terroir und geringe Erträge das ganze Geheimnis darstellen. Na ja, fast das ganze. Eguren verbrachte Zeit in Australien, Frankreich und Kalifornien, weiss gut, wie man Frucht und Eleganz bewahrt, ohne die Charakteristik der Rioja aufzugeben. Wenn er über seine Cuvées redet, dann stehen nicht Fasssorte und Länge des Ausbaus im Vordergrund, sondern die Zusammensetzung des Gesteins der jeweiligen Parzelle, die Exposition, das Jahr der Bepflanzung. Fragt man Eduardo Eguren dann, wie die Rioja in ein paar Jahren aussehen könnte, bekommt man viel Optimismus zu hören. «Cuentaviñas wurde aus der Notwendigkeit geboren, eine reichere und diversere Rioja zu verteidigen», erläutert Egurens Partnerin Carlota González. «Und es gibt unzweifelhaft eine Bewegung der neuen Generation mit kleineren Projekten, welche diese Interessen verteidigen.»

Zu dieser neuen Gruppe von Winzern gehört zweifellos auch Sandra Bravo von Sierra de Toloño Man mag glauben, dass sie sich ihren Ruf allein deswegen erarbeitet hat, weil ihr Geschlecht noch eine extreme Minderheit darstellt in verantwortlichen Positionen der Rioja-Weinszene. Doch weit gefehlt Auch Bravo schaute sich erst jenseits der Rioja um, in Frankreich, in Italien, im Prirorat, bevor sie den Rioja-Weinbau ab 2012 auf den Kopf zu stellen begann. Manches von dem, was früher undenkbar schien, probierte sie mal eben aus. Warum nicht mal der Ausbau in Amphoren? Und warum nicht Rosé, aber einer, der kein Billigwein ist? Ihrer wirkt unglaublich saftig während der Viura dank der hochgelegenen

Eduardo Egurens Weine voller Frucht und Eleganz sind eine Hommage an das Terroir der Rioja.

uralten Reben

Rioja auf die zukunftsträchtige Art

2022 Arriscado Rioja DOCa, Cuentaviñas, 69.50 Franken, bei Vinumworld; vinumworld.ch. Ein Weisswein, in den man sich erst mal hineinfinden muss Fein, klar, duftig mit cremigen Noten und Zitrusanklängen, dann aber dicht und würzig, lang und finessenreich.

2018 La Dula Rioja DOCa, Sierra de Toloño, 35.40 Franken, bei Vinothek Brancaia; vinothek-brancaia.ch. Weina aus dem Ertrag der 1944 gepflanzten Garnacha-Reben, unglaublich duftig, fein und strukturiert; den erheblichen Alkohol merkt man kaum.

2014 Phinca La Revilla Rioja DOCa, Bodegas Bhilar, 79 Franken. bei Zweifel; zweifel1898.ch. TerroirRioja aus 100 Prozent Tempranillo Ein offener, feiner Rotwein mit komplexer Würznote und einer vom langen Ausbau herrührenden Samtigkeit.

2022 Ahari Rioja DOCa, Oxer Wines, 35.50 Franken, bei Gerstl; gerstl.ch. Viel Tempranillo und jeweils ein bisschen Graciano und Viura bringen einen wunderbar duftigen, würzigen Wein hervor.

Parzellen und der kleinen Erträge Würze bekommt und der reinsortige GarnachaWein Mineralität bis zum Abwinken besitzt. Dass man den bisweilen als langweilig eingestuften Tempranillo nicht abschreiben muss, dass der Klassiker auch neue Seiten aufweisen kann, zeigt Sandra Bravos sogenannter Nahikun in Rot. Ja, das ist Tempranillo, aber was für einer! Fein und duftig unglaublich frisch mit Holzwürze, die nicht wie anderswo breitbeinig im Raum steht, sondern subtil integriert wurde Etwas Vergleichbares wird man kaum finden, besucht man nur die grossen Prestigeweingüter der Rioja. Aber man wird sie finden, bestellt man in den Traditionsrestaurants eine alte, eine 60 oder 70 Jahre gereifte Flasche. Ja, die gibt es noch, und wenn man Glück hat, kann man sie auch noch bezahlen. Drin ist dann oft ein eher schlanker, duftiger, feiner und frischer Wein. Möglichweise nicht ganz so präzise wie das, was die besten Winzer heute erzeugen, aber man erkennt: Ganz neu ist der neue Wein der Rioja offenbar auch wieder nicht!

Next Generation zum Schnäppchenpreis

Dass Bravos Weine noch verblüffend günstig sind, überrascht. Auch die Abfüllungen von David Sampedro Gil und Melanie Hickman, dem spanisch-amerikanischen, die Bodegas Bhilar betreibenden Paar, kosten nicht die Welt. Dabei sind sie spannend und tiefgründig vom Aphorenwein bis zu den lange gereiften

Single-Vineyard-Selektionen. Man muss dazu sagen, dass hier seit Ewigkeiten nach biodynamischen Prinzipien und mit entsprechendem Aufwand verfahren wird. Auch von Oxer Wines gibt es noch Erschwingliches. Was der junge Baske Oxer Bastegieta in die Flasche bringt, was manchmal einfach als Natural Wine vereinnahmt wird, ist auch vielen spanischen Weinkennern unbekannt. Aber es kann nicht schaden, wenn da einer kommt, der sich nebenbei noch mit der Erzeugung von Wein aus der typisch baskischen Sorte Hondarribi Zuri auskennt. Das ist zwar nicht mehr Rioja, aber auch richtig gut. Ob Viña Ijalba wirklich noch

Der weisse (!) Tempranillo hat in den letzten Jahren drastisch zugelegt.

der Next Generation zuzuordnen ist, kann man diskutieren, aber das seit mehr als 30 Jahren biologisch arbeitende Weingut gehört zu denen, die auch mal Wein aus einer der neuen Trendrebsorten keltern. Der weisse (!) Tempranillo hat in den letzten Jahren drastisch zugelegt, dürfte dazu beitragen, das Bild der Rioja als Rotweinregion zu verändern. Maischevergorener Weisser aus der ultrararen Sorte Calagraño dürfte dagegen auch weiterhin eine Nischensorte bleiben: Die Bodega Ojuel baut ihn aus, man muss ihn nur finden. Das etwas andere Weingut der Rioja sollte man natürlich auch nennen. Neu ist es nicht, ging aber schon immer seinen eigenen Weg. Beim Weinfest im Barrio de la Estación fällt es schon dadurch auf, dass es geschlossen hat, während rumdum die Menge tobt. Viña Tondonia gilt als Kultwein, bringt seine Weine viel später auf den Markt als andere; vor allem bei Weisswein, bei der roten Gran Reserva und dem ultrararen Rosé übersteigt die Nachfrage das Angebot bei Weitem. Immerhin ist die Reserva zu akzeptablen Preisen erhältlich, ewig im Fass ausgebaut, eigenwillig, aber umso spannender, je mehr man sich in sie hineintrinkt Vielleicht sollte man bei der nächsten Railway Wine Experience im Barrio de la Estación nicht nur rechtzeitig das Ticket bestellen, sondern auch einen Tag früher kommen, um kurz bei Tondonia vorbeizuschauen. Ach was: besser zwei Tage, um noch einigen Vertretern der neuen Generation der Rioja einen Besuch abzustatten!

Bordeaux

Degustationspreis Fr.59.–statt Fr.80.50 (inkl.Porto und Verpackung)

Italien

Degustationspreis Fr.54.–statt Fr.81.10 (inkl.Porto und Verpackung)

Winzerin Sandra Bravo von der Sierra de Toloño zählt zu den Besten ihres Fachs

Zu den spannendsten Entdeckungen im prestigeträchtigen französischen Anbaugebiet Champagne gehören die sogenannten Winzerchampagner Die Produzenten keltern ihre perlenden Preziosen ausschliesslich aus eigenen Trauben, im Unterschied zu den grossen Häusern, welche Früchte dazukaufen. Wir haben drei junge Winzerinnen und Winzer gefunden, die einiges gemeinsam haben. Sie arbeiten biologisch oder biodynamisch, stellen die Herkunft ihrer Produkte in den Fokus, vermitteln damit Emotionen – und ihre gefragten sowie exklusiven Champagner sind nicht ganz günstig.

Da ist der 35-jährige Guillaume Selosse, ein wahrlich berühmter Name in der Champagne. Sein Vater Anselme wurde zum Vorreiter der Winzerchampagnerbewegung. Der Visionär setzte neue Massstäbe, produzierte im Familienbetrieb Jacques Selosse naturnah und biologisch und verwendete für den

Jede Flasche is

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In der Champagne sorgt eine junge Generation von Wi für Furore Wir stellen ein Trio vor, das man sich merken

Ausbau der Grundweine Barrique-Fässer gerne auch Neuholz. Sein Sohn will diese Philosophie fortsetzen: «Ich verfolge aber etwas andere Wege», erklärt Guillaume Selosse, der jetzt die Leitung auf dem 8,2 Hektaren grossen Betrieb übernommen hat Er nimmt sich ein Zitat des Vaters zu Herzen: Auf dem Gut gebe es kein allgemeingültiges Rezept

Streben nach Exzellenz

Für Selosse ist ein Champagner eine Symbiose zwischen dem Boden auf dem die Reben wachsen, dem eigenen Knowhow sowie der Zeit. Jede abgefüllte Flasche sei ein Kunstwerk, erzähle eine Geschichte des Terroirs, der familiären Tradition und sei ein Teil ihrer ewigen Suche nach Exzellenz. So reflektieren die meist aus einer Rebsorte bestehenden Schaumweine den Ort ihrer Geburt, also den Rebberg und den Jahrgang. «Ich suche das Gleichgewicht zwischen Oxidation und Reduktion», fügt Guillaume

Winzerchampagner sind individuelle Schaumweine die im Idealfall ihre Herkunft perfekt widerspiegeln. Die Produkte von Guillaume Selosse, Aurore Casanova und Elise Bougy erfüllen diese Vorlage auf souveräne Art und Weise.

Brut Initial Grand Cru, Jacques Selosse: Der überragende Champagner aus Chardonnay ist aromatisch, vielschichtig, körperreich, elegant, frisch, eigenständig und lang anhaltend und trotz den Perlen fast wie ein «Wein» Er reift bis zu 54 Monate auf den Hefen. Ein Erlebnis der Extraklasse und ein perfekter Speisenbegleiter. 280 Franken; grains-nobles.ch

Drei Produzenten, drei exzellente Schaumweine

Brut Sans Année, Aurore Casanova: Die gelungene Assemblage aus Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier überzeugt mit einer feinen Perlage, einem Duft von weissen Früchten und schönen Hefenoten. Im Gaumen trocken, mittelschwer, cremig, frisch und ausgewogen. 55 Franken; grains-nobles.ch

Le Chétillon de Haut, Elise Bougy: Der finessenreiche Blanc de Blancs aus Chardonnay weiss mit Spannung, Energie und einem schönen Trinkfluss zu punkten. Wer es puristisch und geradlinig mag, kommt mit diesem eigenständigen Champagner voll und ganz auf seine Rechnung. 128 Franken; lesbulles.wine

Aurore Casanova führt mit ihrem Mann Jean-Baptiste ein kleines Weingut.

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nen mit aufsehenerregenden Schaumweinen ven Produkte haben ihren Preis. Von Peter Keller

hinzu. Die Selosse-Weine sind denn auch immer charakterstark eigenwillig einnehmend, von herausragender Qualität wie etwa der Brut Initial aus 100 Prozent Chardonnay (siehe Kasten). Wegen der geringen Verfügbarkeit und hohen Nachfrage werden die Champagner kontingentiert zugeteilt.

Vom Ballett zum Wein

Etwas einfacher kommt man zu den Champagnern der 37-jährigen Aurore Casanova. Die Winzerin und ehemalige Balletttänzerin, die vor knapp zehn Jahren die Bühne gegen die Natur eingetauscht hatte, führt heute zusammen mit ihrem Mann Jean-Baptiste ein 4,5 Hektaren kleines Gut – ohne Mitarbeitende. Die Rebberge sind auf 26 Parzellen in den Herkünften Côte de Blancs, la Montagne de Reims, la Vallée de la Marne sowie les Côteaux d’Epernay verteilt. Die Weine werden entsprechend separat vinifiziert. Total füllt Casanova rund 22000 Flaschen pro Jahr ab.

Ihr Weinstil? «Ich versuche, nicht zu produzieren» umschreibt die Winzerin ihre Philosophie. Sie wolle vielmehr den einzelnen Rebberg verstehen, die Eigenschaften des jeweiligen Jahres sowie den Einfluss der Natur auf die Vegetation an diesem Ort in die Flasche transportieren. Selbstverständlich spielten die Bodenbeschaffenheit, das Alter der teils bis zu 100-jährigen Reben sowie die Arbeit auch eine wesentliche Rolle. Inzwischen sind fast alle Rebberge Bio-zertifiziert. Casanovas Ziel besteht darin, möglichst reintönige, komplexe, jedoch puristische Champagner zu produzieren. «Die Weine sollen den Kunden wie beim Theater Emotionen bescheren und in bester Erinnerung bleiben», wünscht sich Aurore Casanova. Zum Beispiel mit dem eleganten Brut Sans Année aus Chardonnay, Pinot noir und Pinot Meunier Wie Casanova ist auch Elise Bougy ein Name, der eine verheissungsvolle Zukunft vorausgesagt wird. Die Winzerin ist vorläufig erst Insidern bekannt,

aber Liebhaber und Liebhaberinnen reissen sich um ihre charaktervollen Champagner Nicht verwunderlich: Gerade einmal gut 7000 Flaschen werden jährlich abgefüllt. Bougy die vor sechs Jahren bei null begonnen hatte, stützt sich auf Rebberge von lediglich 2,8 Hektaren. «Ich produziere meine Champagner mit Herz. Sie sollen bei den Kunden etwas auslösen», umschreibt die Französin und zweifache Mutter ihre Vorstellungen. Sie arbeitet aus Überzeugung nach biodynamischen Grundsätzen. Im Keller werden die Grundweine spontan mit Naturhefen vergoren, mindestens elf Monate im Holzfass ausgebaut, weder filtriert noch geschönt. In der Flasche reifen die Schaumweine mindestens zwei Jahre. Künftig ist eine längere Zeit geplant. Bougys Perlen sind Brut Nature, also mit null Gramm Zucker versehen – so etwa der höchst gelungene, puristische Le Chétillon de Haut, ein Blanc de Blancs aus Chardonnay.

WinzerchampagnerTasting in Zürich

Am 16. November findet im Hotel Widder in Zürich eine grosse Winzerchampagner-Degustation statt Probiert werden können nebst den im Haupttext erwähnten Schaumweinen von Jacques Selosse und Aurore Casanova auch die exzellenten Erzeugnisse von Vouette et Sorbée, Jules Brochet, Dhondt-Grellet, La Rogerie sowie Thibault Tassin. Die Degustationen werden in zwei Sequenzen (17–19 Uhr sowie ab 20 Uhr) durchegführt. Begleitet werden die exzellenten Schaumweine von drei Gerichten, beziehungsweise von einem Sechsganggourmetdinner von Sternekoch Stefan Heilemann. Anmelung und weitere Infos: grains-nobles.ch/event (chu.)

Die Champagner von Anselme und Guillaume Selosse sind rar und begehrt.

Wenn Kochen ein Zeichen von Liebe ist

In Genf trägt der Zweisternekoch Olivier Jean im L’Atelier Robuchon das kulinarische Vermächtnis von Joël Robuchon in die Zukunft. Während er das Erbe des Jahrhundertkochs pflegt, gelingt es dem Franzosen trotzdem, den Gerichten seine ganz eigene Handschrift zu verleihen. Von Myriam Zumbühl

Um 19 Uhr sind erst drei der 34 Stühle an der Theke des L’Atelier Robuchon besetzt. Es liegt diese Leichtigkeit in der Luft, die man in der Schweiz nur bei den Romands verspürt. Es gibt freudige Konversationen zwischen dem Maitre de Service und den ersten Gästen über das Leben und guten Käse. Es wird Wein gekostet, sich für Champagner entschieden und grosszügig gesalzene Butter auf das ofenwarme Brot gestrichen. Die Gäste sitzen mit direktem Blick in die offene Küche. Fast so wie zu Hause, wenn man vom Küchentisch aus sieht, was auf dem Herd schmurgelt «Mann muss die Menschen gern haben, für die man kocht», hat Joël Robuchon, der französische Jahrhundertkoch und Gründer des L’Atelier Robuchon, einmal gesagt. Für ihn war Kochen eine Geste d’amour – ein Zeichen von Liebe. Der 38-jährige Sternekoch Olivier Jean und sein Team zeigen in Genf was sie darunter verstehen. «Wir dürfen nie vergessen, dass wir den Gästen dienen. Es ist das Schönste an unserem Beruf.» Er sagt es auf Englisch, wo das Wort an Bedeutung gewinnt. «To serve is to care» – zu dienen, heisst, jemandem zu zeigen, dass er wichtig ist. Auch das hat er von Lehrmeister Robuchon gelernt, der vor sechs Jahren in Genf seinem Krebsleiden erlegen ist. «Er war ein strenger Chef Er akzeptierte nichts, was nicht perfekt war Aber gleichzeitig wusste er, dass man Fehler machen muss, um zu lernen», erinnert sich Olivier Jean an seinen Mentor «Ich habe nie erlebt, dass er jemanden entlassen hat. Er hat immer versucht, das Potenzial im Menschen zu finden und ihm zu helfen,

die beste Version seiner selbst zu werden.» Dazu gehörte Freundlichkeit und Loyalität, aber auch Ausdauer und die Grosszügigkeit, Wissen weiterzugeben. Nur so war es Joël Robuchon überhaupt möglich, sein L’Atelier Robuchon zu einer weltweiten Marke auszubauen, wo seine Chefköche Restaurants von Miami bis Dubai nach seinen Regeln führen.

«Seine Lehre ging über das Kochen hinaus. Es ging auch darum, wie man mit Menschen spricht und sie behandelt.» Olivier Jean spricht mit französischem Tempo, freundlichem Ton und schaut aus wachen Auge. Seit 2010 steht er an einem Robuchon-Herd Erst als Chef de Partie in Monaco dann als Souschef in Paris und schliesslich für sechs Jahre als Executive Chef in Taipei. Vor drei Jahren hat er im Fünfsternehaus The Woodward das einzige L’Atelier Robuchon in der Schweiz eröffnet.

Das Kochen in der DNA

Seine erste kulinarische Offenbarung hatte der Franzose mit fünf Jahren. Seine Grossmutter hat Würste mit Kapern, sauer eingelegtem Gemüse und Tomaten gekocht «Die Kombination von Fett, Säure und der Süsse der Tomaten fand ich aussergewöhnlich», erinnert er sich an den Moment, als Essen für ihn zu einer Emotion wurde. Als Siebenjähriger beschloss er Koch zu werden. Dreissig Jahre später wurde ihm 2023 vom Guide Michelin der zweite Stern verliehen. Es hat ihn dermassen überwältigt, dass ihm an der Preisverleihung die Knie zusammensackten. Das Kochen hat er im Blut, er sagt sogar: «Es ist in meiner DNA. Ich

Olivier Jean ist angetrieben von Kombinationen, Aromen, guten Produkten und Konsistenzen.

koche jeden Tag. Es ist für mich wie Zähneputzen oder Schlafen. Ohne könnte ich nicht leben.» Er ist angetrieben von Kombinationen, Aromen, guten Produkten und Konsistenzen.

Auf die Natur achten

Jean arbeitet eng mit dem Terroir zusammen. Beim Sonntagsspaziergang hat er den Bauernhof Ferme du Lignon entdeckt, wo die Eier in sechs Kilometer Entfernung vom Hotel gelegt werden. Gleiches gilt für die letzten Erdbeeren der Saison, die er im L’Atelier zur Langustine mit süssen Erbsen anrichtet. Auf dem Wochenmarkt oder der morgendlichen Joggingrunde entlang des Genfersees gehen ihm die lokalen Aromen durch den Kopf «What grows together goes together – was zusammen wächst, harmoniert auch auf dem Teller», ist sein wichtigstes Motto in der Küche und diktiert ihm instinktiv die Kombinationen. «Jetzt beginnt die Saison für Jakobsmuscheln, Kürbis und Orange. Also gibt es eine dicke, sämige Kürbissuppe und feinst geschnittene Jakobsmuscheln.» Ein schöner Kontrast von warmer Suppe und frischem Carpaccio von erdigem Kürbis und zitroniger Jakobsmuschel. Und natürlich die Kartoffel, ohne die in einer Robuchon-Küche gar nichts gehen würde. Aus der Ratte-Kartoffel bereitet er das weltberühmte Kartoffelpüree nach Joël Robuchon mit Schweizer Butter zu. Ein Pfund Butter hätte Robuchon unter ein kg Kartoffeln gemischt, besagt die Legende. Olivier Jean schüttelt den Kopf «So einfach ist das nicht, das ist abhängig von der Konsis-

tenz der Butter und der Kartoffeln.» Er hat reichlich Erfahrung mit dem Rezept und hat es in den letzten 15 Jahren rund um den Erdball gekocht. «Es wird jedes Mal anders. Aber ich kann mittlerweile von Weiten sagen, ob es gelungen ist oder nicht.» Ultrasamt muss das Püree sein. Und wird in einem kleinen Pfännchen zum Klassiker Rossini serviert, einem Gericht aus einem Stück Rindfleisch mit Foie Gras und einer tiefaromatischen Portweinsauce kombiniert. Olivier Jeans Kreation, die er damals in Taipeh für Robuchon kochte und dieser genüsslich verspiesen hat. Jeans Gerichte sind reich an Farben, aber aromatisch nie überladen. Das Menu im «L’Atelier» ist eine schier endlose Parade, bei der sich eine Köstlichkeit an die andere reiht. Bei der die ganze Klaviatur von sämiger Veloutée bis knusprigem Meringue-Dessert, von tiefaromatischem, schwarzem Knoblauch aus der Vaud bis erfrischender Kalamansi aus Asien gespielt wird. In der offenen Küche für den Gast zu kochen, ist für ihn etwas Besonderes «Ich glaube, jeder Mensch sieht dem Metzger gerne zu, wie er das Fleisch vorbereitet. Oder dem Bäcker, der das frische Brot einpackt. Genau gleich ist es beim Kochen. Jeder sieht gerne zu, wenn jemand etwas für ihn kocht.» Während in der Küche das Lamm für den Hauptgang vorbereitet wird, wird an der Theke ein grosses Stück Gruyère AOP präsentiert wie andernorts Kaviar 24 Monate zu seinem Aroma gereift und nun mit weissen Handschuhen grosszügig über das gedämpfte Käsesoufflee mit Artischockenpüree gerieben. Die Show die die Gäste ins Restaurant lockt, funktioniert Sie ist unaufgeregt

Der mit zwei Michelin-Sternen dekorierte Koch Olivier Jean steht seit 2010 an einem Joël-Robuchon-Herd.

und beherzt, denn schliesslich ist Olivier Jean im Sternzeichen Krebs geboren. Diesen wird neben einer grossen Intuition und Sensibilität auch ein grosses Talent zur Fürsorge zugesprochen. Und so verwundert es kaum, dass der 38-jährige Spitzenkoch seine Rolle in erster Linie als Coach und nicht als Spitzenkoch sieht «Ich frage mich jeden Tag, wie ich die Dinge für mein Team besser machen kann», sagt er über seinen Antrieb, der ihn morgens auch nach zu wenig Schlaf aus dem Bett lockt.

Das Team spielen lassen

«Eigentlich sollte unser Business Menschen und Küche heissen. Denn ohne die Ersteren würde das andere auf diesem Level nicht funktionieren.» Im emsigen Abendservice steht er mit dem Team am Herd, hört zu, packt mit an, justiert und inspiriert, wie es sich für einen Coach gehört. Das Spiel lässt er aber sein Team spielen, das wie ein feinjustiertes Zahnrad ineinandergreift und dynamisch schwingt. Die eine Hand gibt die andere und wie ein perfektes Dominospiel legt sich eine Zutat nach der anderen auf den Teller bevor ihn eine flinke Hand serviert. Alle wollen es füreinander gut machen. Dem Souschef ist ein Lachen im Gesicht abzulesen, wie er mit einem Fläschchen minutiös unzählige grüne Geléetupfer über den Krustentiergelee mit Königskrabbe, Blumenkohlcrème und Kaviar platziert Le Caviar Impérial hat Robuchon zu Lebzeiten kreiert, Olivier Jean serviert den Klassiker als Hommage an seinen Lehrmeister Dass sein Team die Klassiker mit Freude serviert und gleichzeitig einen Stolz für die eigenen Kreationen entwickelt, sieht er als seine grosse Aufgabe. «Es ist sehr wichtig, dass alle ihre Talente

entfalten und ihre Kreativität ausleben dürfen», bringt er sein Leadership auf den Punkt. «Sie müssen sich eingebunden fühlen. Nur so kann ich Talente begeistern, den Weg langfristig mit mir zu gehen –, und sie dabei fördern.» Bestes Beispiel ist Titouan Claudet, der Chef de Patisserie im L’Atelier Robuchon: «Ich war für die Eröffnung auf der Suche nach einem Patissier Aber viel mehr war ich auf der Suche nach einem Partner der kulinarisch mit mir wachsen konnte», erinnert sich Olivier Jean zurück «Titouan war damals Souschef bei AnneSophie Pic im Beau-Rivage Palace in Lausanne. Ich habe sofort gesehen, dass aus ihm etwas Grosses werden kann.» Er sollte Recht bekommen: Titouan Claudet wurde diese Woche zum Patissier des Jahres von Gault-Millau gekürt. Die eigene Bühne hat ihm Olivier Jean im Le Comptoir Woodward gegeben, einem kleinen Boutique-Café in Herzen der Genfer Altstadt. Hier wirkt Claudet morgens, bevor seine Schicht im L’Atelier Robuchon am Mittag losgeht. Und kreiert aus präzis touriertem Croissantteig kunstvolle Brioches mit Nussnougatfüllung und ein Croissant, das einem mit seinen 1001 Teighüllen luftig auf der Zunge vergeht. Das Schinken-KäseSandwich interpretiert er neu mit knusprigen Croissantscheiben und füllt sie mit Walliser Schinken, AOP Gruyère und frischer Kräutermayonnaise. Gut möglich, dass es Joël Robuchon hier gefallen hätte, wie sich Kinder und Erwachsene gleichermassen an der Vitrine die Nase plattdrücken oder zwei Teenager für Instagram mit dem ParisBrest-Törtchen posieren, bevor sie es mit zwei Gabeln seelig teilen. In der Sitzecke feiert derweil eine Radrenngruppe ihre morgendliche Tour mit einem Pain au Chocolat. So mag sie wohl aussehen, Robuchons geste d’amour

Jakobsmuschel-Carpaccio und Kürbisvelouté

Rezept für vier Personen

ZUTATEN

Für den Kürbis:

70 g Butter

1 Zwiebel

Salz, Pfeffer

500 g Kürbis, gewürfelt

1 Orange, abgeriebene Schale

5 dl Hühnerbouillon

1 dl Milch

2 Prisen Zucker

Für das Carpaccio:

4 Stück Jakobsmuscheln

1 Zitrone, Saft und abgeriebene Schale

Etwas Olivenöl

Salz

Etwas Schnittlauch, in feine Röllchen geschnitten Piment d’Espelette

Für die Garnitur: Olivenöl

Kürbiskerne

Essbare Blüten oder Microgreens

ZUBEREITUNG

Für den Kürbis 20 g Butter und die Zwiebel in einen Topf geben, salzen und anschwitzen. Die Zwiebel sollte dabei keine Farbe annehmen. Kürbiswürfel und Orangenschale hinzufügen, anschwitzen. Mit Hühnerbouillon, Milch und 2 Prisen Zucker aufgiessen. 20 Minuten köcheln lassen. Dann alles in den Mixer geben, 50 g Butter beifügen und zu einer glatten Suppe pürieren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Die Jakobsmuscheln in möglichst dünne Scheiben schneiden. Kurz vor dem Servieren Zitronensaft Olivenöl und Salz zu einer Vinaigrette vermischen. Jakobsmuscheln damit beträufeln. Mit Schnittlauch, Zitronenschale und Piment d'Espelette würzen.

Zum Anrichten die Suppe in tiefe Teller geben und das Jakobsmuschel-Carpaccio darauf anrichten. Mit wenig Olivenöl, Kürbiskernen und essbaren Blumenblüten garnieren.

Dazu passt: Puligny-Montrachet Les Pucelles 1er Cru, Domaine Leflaive, 2014

Olivier Jean beim Anrichten der Tournedos mit Karottenpüree

Rindsfilet mit VitelotteKartoffeln

Rezept für vier Personen

ZUTATEN

Für das Rindsfilet:

600 g Rindsfilet (Tournedos), je zirka 150 g Fleur de Sel, frisch gemahlener Pfeffer, Piment d’Espelette

40 g Butter

Etwas Schnittlauchöl

40 g Kalbsfonds

Für das Karottenpüree:

200 g Karotten

40 g Hafermilch

80 g Butter

8 g Salz

Topping:

400 g Karotten

400 g violette Vitelotte-Kartoffeln, etwas Butter, zum Anbraten

40 g Parmesanspäne

20 g Mizuna (japanisches Senfkraut) oder Erbsensprossen

ZUBEREITUNG

Die Rindertournedos auf der oberen Seite mit grobem Pfeffer, die Ränder mit Salz, Pfeffer und Piment d'Espelette würzen. Das Fleisch mit der Butter und dem Schnittlauchöl bei starker Hitze zum gewünschten Grad anbraten. (Tournedos à 150 g benötigen zirka vier Minuten auf jeder Seite.)

Dann genauso lange ruhen lassen. Die Pfanne mit Kalbsfond ablöschen. Diesen mit dem Bratensatz zu einer Sauce verrühren. Für das Karottenpüree, Karotten weich kochen, mit Hafermilch pürieren und durch ein Sieb streichen. Butter hinzufügen. Mit Salz abschmecken.

Für das Topping die Karotten und violetten Kartoffeln dämpfen. Mit der Spitze einer Nadel prüfen, ob sie noch bissfest sind. Dann in zwei Hälften schneiden und in etwas Butter anrösten.

Zum Anrichten das Fleisch mit dem Gemüse anrichten, mit Sauce beträufeln, mit Parmesanspänen und Mizuna oder Sprossen garnieren.

Dazu passt: Château de Fonsalette rouge, Emmanuel Reynaud, Réservé 2013

Tournedos mit Karottenpüree und violetten Kartoffeln.
Olivier Jean würzt das Fleisch mit Salz Pfeffer und Piment
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Weindynamik am Zugersee

Rund um den Zugersee machen nicht nur dynamische Köche von sich reden, sondern auch jugendliche Weinkarten Speisen und Getränke werden auf eine extrem frische Weise kombiniert. Von Wolfgang Fassbender

Manche wollen nur bei Küchenchefin Noémie Bernard essen, weil sie es auf Fisch abgesehen haben. Andere schätzen die hausgemachten Teigwaren besonders. Und dann soll es jene geben, denen die vor allem die Desserts und die Pralinen einen Besuch wert sind. Gründe, um den «Sternen Walchwil» aufzusuchen, gibt es viele. Dass auch der Wein einer ist, wissen zwar die Stammgäste, aber nicht unbedingt sämtliche Gourmets der Schweiz Doch das gehobene Interesse für Getränke hat Tradition in dem ehrwürdigen Gasthof, ein paar Meter vom Seeufer entfernt – spätestens seit Noémies Vater Giorgio, ebenfalls ein versierter Koch, Weinkurse belegte. Theoretisch und fachlich bildet er sich konsequent weiter, wird Anfang 2025 seine letzte Prüfung absolvieren und dann, als Weinakademiker, quasi höchst offiziell Kenner sein. Im Familienbetrieb spielt er sein Wissen freilich jetzt schon aus. «Grundsätzlich bin ich für den Weineinkauf zuständig», sagt Bernard. Und für was für einen!

Beliebter Schweizer Wein

Ist auch notwendig. Man muss ja nicht glauben, dass in Zug und Umgebung nur Altbewährtes getrunken würde. Gewiss, die Fans grosser Bordeaux, teurer Burgunder und legendärer «Supertoskaner», die gibt es. Aber die Gastronomie rund um den Zugersee ist verblüffend neugierig kennt die jungen Winzer der Schweiz und des restlichen Europas, ist oft auf dem neuesten Stand des Weinwissens. Und die Gäste ziehen mit. Schweizer Weine würden besonders gut laufen, sagt Giorgio Bernard, der den eidgenössischen Nachschub prinzipiell selbst bei den Erzeugern abholt. Aus Bernards Heimat Südtirol seien sowohl rote als auch weisse Weine im Trend. Und Bordeaux würden sehr gut gehen, am liebsten gereift Muss man ja erst mal finden und sich gleich auch noch auskennen bei Spanien, Portugal und dem sehr gern bestellten Österreich. «Zu meinem grossen Bedauern sind die deutschen Weine noch nicht so gefragt aber das Potenzial ist riesig» so Bernard. «Ich werde mich darum kümmern.»

Ein paar Kilometer weiter in Cham, kümmert sich Johanna Hagen. «The Dining Room» nennt sich jenes Restaurant, das zu den neuen Highlights am Zugersee zählt. 2023 eröffnete es und hat sich, was die vorhandenen Flaschen angeht, für die enge Zusammenarbeit mit einem Weinhändler entschieden Ein Prinzip, das der Vielfalt nicht entgegensteht, sondern sie sogar auch einem jungen Betrieb mit begrenzten Mitteln erlaubt. Aufs Wine Pairing setzen hier viele Kunden «Jene, die eine Flasche bevorzugen, begleite ich per-

Diese Zuger Restaurants sollte man sich merken

Sternen Walchwil

Dorfstrasse 1, 6318 Walchwil sternenwalchwil.com

The Dining Room

Brunnmatt 16, 6330 Cham the-dining-room.ch

City-Hotel Ochsen

Kolinplatz 11 6300 Zug ochsen-zug.ch

sönlich zu unserem Weinschrank», so Gastgeberin Johanna Hagen. «Insbesondere unsere Zuger Gäste sind äusserst weinaffin und verfügen oft über eindrucksvolle private Weinkeller – sie wissen also genau, was sie geniessen möchten.»

Statistiken über die Flaschenbestände der Gourmets in den Schweizer Kantonen werden zwar nicht geführt, aber es ist tatsächlich anzunehmen, dass die Zuger da weiter sind als die Bewohner manch anderer Region – was für die Gastronomen Chance und Herausforderung zugleich ist. Versierte Weinkenner sind halt nicht so einfach zufriedenzustellen, aber Johanna Hagen tut viel, überrascht im Rahmen des Pairings auch mit weniger bekannten Weinen von kleinen Winzern. Individuell, scheint das Zauberwort zu heissen. Auch der Küchenchef Christopher Knippschild setzt auf Individualität, auf saisonale Produkte und auf Weltläufigkeit. Fortgebildet hat er sich etwa bei Antonio Colaianni im Zücher Restaurant Gustav aber auch im «Maaemo» dem norwegischen Dreisternerestaurant, zu dem die Gäste nicht nur aus Skandinavien pilgern. Logisch, dass seine Küche sehr ambitioniert ist und auch noch weltgewandt. Kaffirlimette und Kalamansi finden ebenso Verwendung wie Jakobsmuscheln und Kaviar Wäre doch gelacht, wenn so etwas nicht gut ankäme bei den Zugerinnen und Zugern.

Winzerchampagner

Was auch ankommt, ist Champagner Zum Anstossen vor dem Essen, aber auch schon mal als Begleitung desselben. Schaumwein geht im «Sternen» ebenso wie im «Dining Room». Aber eine Adresse in der Innenstadt von Zug sollte man sich dann schon auch noch merken. Dass Matthias Hegglin zu den jungen Gastronomen der Stadt zu zählen ist, würde zwar wohl niemand behaupten, doch eine so spannende Auswahl an Weinen junger Winzer wird man im Kanton, ach was, in der ganzen Schweiz so schnell kein zweites Mal finden. In den prächtigen Klimaschränken lagert nur ein Teil. «Wollen Sie mal den Weinkeller sehen?», fragt der Gastgeber des «Ochsen» und führt hinunter in die Katakomben des im 16 Jahrhunderts erbauten Hauses. Weil der Platz begrenzt ist, wurden die Flaschen in Rollschränken gelagert, wie sie sonst nur in Archiven und Bibliotheken zu finden sind. Bei Themen wie Burgund und Italien ist Hegglin «up to date», und so viele Abfüllungen junger dynamischer Winzerchampagner bekommt man nicht mal in Reims an jeder Ecke. Suenen, Popken Egly-Ouriet Was den Schaumwein angeht, bevorzugt der Chef übrigens grosse Gläser und die richtige Trinktemperatur «Ich serviere sie bei zehn Grad», sagt Hegglin. «Viele sagen, das sei viel zu warm, aber für mich ist das ideal.» Recht hat er Im «Sternen» in Walchwil ist Giorgio Bernards Tochter übrigens längst ebenfalls mit dem Weinvirus infiziert. «Noémies Empfehlungen» heisst eine Rubrik auf der Weinkarte, und die ist nicht einfach so dahingeschrieben, sondern hat die passende theoretische Unterlage gefunden. Die beispielsweise bei Tanja Grandits geschulte Köchin folgt den Spuren ihres Vaters und hat sich ebenfalls auf den Weg in die Weinwelt gemacht schon das WSET-Level 3 erreicht. Darauf vielleicht Schaumwein vom Schlossgut Bachtobel oder den Chardonnay von Juliane Eller – nur zwei von vielen klugen Tipps der wohl weinaffinsten Köchin vom Zugersee

Küchenchef Christopher Knippschild und Gastgeberin Johanna Hagen vom «The Dining Room» in Cham.
Die Familie Bernard sorgt dafür, dass der «Sternen» in Walchwil zu den besten Adressen im Kanton zählt.

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Riberadel DueroDO

Jahrgang2019*

Union Ivan

Traubensorte: Tinto

Clos de los Siete

Mendoza

Jahrgang 2020*

Traubensorten:

Malbec, Merlot, Cabernet Sauvignon, Syrah, Petit Verdot 75 cl

Riberadel DueroDO

Aalto

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Jahrgang 2021*

Traubensorte: Tempranillo 75 cl

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Jahrgang 2018*

Traubensorten: Tempranillo Graciano 75 cl

Kairos VenetoIGP Jahrgang2020* Traubensorte: RedBlend 75 cl

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Le Serre Nuove Dell‘Ornellaia Bolgheri DOC Jahrgang 2021* Traubensorten: Merlot,Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc Petit Verdot 75 cl

IlPino di Biserno

Toscana IGP

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Oreno 2020

ToscanaIGP

Jahrgang 2020*

Traubensorten: Merlot,Cabernet

Sauvignon, PetitVerdot 75 cl

Der Wind pfeift gehörig denn das Rioja-Weinmuseum befindet sich in freier Wildbahn, abseits der Kleinstadt Briones Drinnen wartet der Direktor und erklärt erst mal die Besonderheiten dieser Institution. Anders als die meisten den Reben und deren Derivaten gewidmeten Museen der Welt wird hier nämlich wirklich noch gepresst und vergoren.

Eingerichtet wurde das Ganze von der Weinmacherdynastie Vivanco und die wollen sowohl den Besuchern einiges bieten als auch Rioja vinifizieren. Der Chef erklärt den Rundweg (erst ebenerdig hinein, dann hinunter, dann wieder hinauf), schwärmt von der riesigen Sammlung an Korkenziehern, lässt die Neugierigen dann eintauchen in die Welt der alten Keltern, Karten, Gläser und Werkzeuge. Man kann allein eine Stunde damit verbringen, alles über die Entwicklung der Weinflaschen herauszufinden! Die sahen schliesslich nicht immer so aus wie heute, ebenmässig und langweilig, sondern waren im 17 oder im 18. Jahrhundert individueller geformt, breiter und kurviger Echte Sammlerstücke

Reben auf dem Dach Ähnliches Anschauungsmaterial gibt es auch in den anderen Weinmuseen der Welt. Dutzende ernst zu nehmende existieren weltweit, weitere wurden von privaten Sammlern eingerichtet, gern in Weindörfern, wo genug alter Krempel herumstand. Wer will kann wochenlang durch Europa reisen und sich auf museale Weise umschauen, muss aber freilich damit rechnen, dass sich die Exponate wiederholen.

Zum Glück gibt es Spezialsammlungen. Das Rebanbau-und Weinmuseum im historischen Château d’Aigle im Kanton Waadt hat nicht nur eine Fülle an aufwendig dekorierten Ausschankgefässen zusammengetragen, sondern auch jede Menge Etiketten auf Lager, die staunen lassen. In früheren Zeiten nahmen es die Abfüller nicht immer so genau mit der Herkunftsangabe. Moselwein aus Kalifornien? Warum nicht? Im Weinmuseum in Köln wiederum, das sich nicht als staatliche Institution präsentiert, sondern als eingetragener Verein, geht es nicht zuletzt um die Techniken des An- und Ausbaus. Dazu passt, dass auf dem Dach ein echter Weinberg gepflanzt wurde.

Besser nicht im Winter

Mehr als 700 Stücke, über 40 Sorten: ein Hinweis darauf dass Köln früher nicht nur eine bedeutende Weinhandelsstadt war, sondern auch allerlei Reben in der Nachbarschaft sein Eigen nannte. Klar ist freilich, dass es im Winter wenig erbaulich sein dürfte, am Rhein die Unterschiede zwischen den Erziehungsformen, Blättern und Trauben zu ergründen. In dieser Jahreszeit sollte man sich auch lieber einen Besuch im Museumsweinberg in Röttingen sparen. Sommer und Herbst indes sind im TaubertalStädtchen wie geschaffen, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie Weinbau früher häufig aussah: als gemischter Satz zahlreicher unterschiedlicher Traubensorten. Eine tolle Methode übrigens, um sich gegen Schäden durch Spätfröste abzusichern, denn je unterschiedlicher die Zeiten des Austriebs, desto wahrscheinlicher wurde auch bei Eiseskälte nur ein Teil der Triebe geschädigt. In die Vergangenheit zurück geht es auch im Laden, der dem Südtiroler Weinmuseum in Kaltern angeschlossen ist: Weine aus alten, fast vergessenen Rebsorten stehen zum Erwerb bereit. Wer lieber schwimmen geht, statt zu shoppen: Der Kalterersee liegt gleich vor der Haustür

Gut essen in Paris

Irgendwann lockt dann allerdings auch der Durst und meist gleichzeitig der Hunger Zu probieren gibt es zwar in

Wein zum Anschauen

Wein ist zum Trinken gedacht. Aber auch zum Bewundern – und zum Staunen. In diesen dem Rebensaft gewidmeten Museen Europas erfahren Geniesser interessantes Wissen, aber auch so manche Skurilität aus dem Universum der edlen Tropfen. Von Wolfgang Fassbender

fast jedem Weinmuseum der Welt etwas, doch ums Essen kümmern sich nur wenige in einem solchen Masse wie das Weinmuseum in Paris. Gut, das ganze Programm mag – inklusive der freitäglichen Livemusik – ein bisschen touristisch geprägt sein, aber guten Käse und eine stattliche Flaschenkarte besitzt das Museumsrestaurant der französischen Hauptstadt allemal. An das Menu, das man neulich im Rioja-

Weinmuseum der Familie Vivanco auftischte, kommen indes auch die Franzosen nicht ran Erst Blutwurst und Kroketten, dann Eintopf mit Kartoffeln und Chorizo danach Stockfisch mit Knoblauch und Lamm in zwei Varianten, stets begleitet von den passenden Riojas eigener Erzeugung. Eine Tempranillo-Glace zum Dessert befriedigte fast noch mehr als die Korkenziehersammlung nebenan

Besuchenswerte Weinmuseen in Europa

Vivanco Museum of Wine Culture, vivancoculturadevino.es

Rebbau- und Weinmuseum, chateauaigle.ch

Weinmuseum Köln e.V., weinmuseum.org

Weinmuseum Röttingen, roettingen.de

Südtiroler Weinmuseum, weinmuseum.it

Le M. Musée du Vin Paris, lemparis.com

Das Rioja-Weinmuseum der Familie Vivanco wurde vor 20 Jahren von König Juan Carlos I. eingeweiht Es keltert auch eigenen Wein.
Weinmuseen lassen einen eintauchen in die Geschichte des Rebbaus und der Weinproduktion. Wenn man Glück hat, gibt es auch ein gutes Glas zum Degustieren.

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