Peter Maffay, es ist 12 30 Uhr in Tutzing am Starnberger See: Bei was stören wir Sie gerade?
Sie stören überhaupt nicht Ich räume gerade meinen Schreibtisch zusammen, weil ich schon bald wieder unterwegs bin. Aber das ist ganz normal, bei mir läuft praktisch immer etwas
Wann macht Peter Maffay mal gar nichts?
Wenn er schläft (lacht)
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag derzeit aus?
Wir haben nach der Pandemie wieder einige Projekte am Laufen. Denn wir können jetzt endlich machen, was in den letzten drei Jahren so nicht möglich war Wir haben hier unsere gemeinnützige Stiftung die Kindern und Familien Raum bietet um Kraft zu tanken In meiner Firma beschäftigen wir uns zudem mit Rechteauswertungen
Daneben betreiben wir zwei Marken die Tabaluga und Anouk heissen. Parallel dazu habe ich mein normales Rock-and-Roll-Business Das heisst, uns geht die Arbeit nicht aus
Das muss sich grossartig anfühlen, wieder live auftreten zu können?
Natürlich Wir haben unsere Tour viermal verschieben müssen Und dann endlich wieder spielen zu dürfen, das war wie eine Erlösung – und der Überdruck ist einfach gewichen
Die Energie scheint Ihnen nie auszugehen. Wenn man nicht weiss, dass Sie 73-jährig sind, dann spürt man davon nichts
Ich schon manchmal. Weniger physisch, aber die Belastung aufgrund der Pandemie, das muss ich wirklich zugeben, die hat auch mich mitgenommen
Nach zweieinhalb Jahren Bühnenabstinenz haben wir uns streckenweise gefühlt wie Newcomer Das gibt man öffentlich zwar nicht zu, doch nachdem man so lange nicht vor Publikum gestanden hat, fühlte es sich zu Beginn abenteuerlich an
Das klingt nicht ohne
Ich habe gemerkt, dass man sich Einflüssen, denen wir alle ausgesetzt sind, leider nicht entziehen kann
Dann muss man insbesondere mit zunehmendem Alter verstärkt an sich arbeiten Das hat den Vorteil dass man sich bewegen muss – und Bewegung hat ja noch niemandem geschadet
Das bedeutet auch, dass man, selbst wenn man 50 Jahre erfolgreich im Musikgeschäft unterwegs ist, sich immer wieder neuen Situationen zu stellen hat Allerdings Da sitzt ein Schlagzeuger namens Bertram Engel an seinem Instrument und du liest in seinem Gesicht: Kannst du es noch oder hast du es verlernt?
Aber er kann es noch! Davon kann sich das Schweizer Publikum am 12 April bei Ihrem Konzert im Rahmen von Zermatt Unplugged ein Bild machen Wie ist es zu dieser Premiere gekommen?
Ich habe über dieses Musikfestival immer mal wieder etwas gelesen und mitbekommen, wer da alles gespielt hat Es hat Stil und wirkt charmant Und als wir angefragt wurden, war es nicht so schwer, Ja zu sagen
Wieder eine Herausforderung
Musik zu machen ist im Grunde genommen immer wieder ein Abenteuer Jeder Auftritt ist eine Herausforderung, egal ob in Klubatmosphäre oder in Stadien und Arenen Man trifft da immer wieder auf neue Umstände, und das ist eigentlich das Reizvolle daran, weil diese neuen Umstände einen dazu zwingen auf sie einzugehen Und dies ist salopp gesagt das Salz in der Suppe Ein bekanntes Venue bei dem viele interessante Musiker gespielt haben ist auch eine Herausforderung Das Publikum hat mit Sicherheit eine gewisse Erwartungshaltung Zudem ist es ein etwas exotischer Spielort – und das wollen wir einfach mal ausprobieren
Eine Herausforderung der anderen Art scheint für Sie der Thron der Single-Hitparade zu sein?
In der Tat habe ich in Deutschland nur zwei Nummer-eins-Hits gehabt Der eine war anno 1970 mein Erstlingswerk – ein Schmachtfetzen namens «Du», der mir lange nachgehangen hat Inzwischen spielen wir den Song ein bisschen rockiger und mit
Zer mat t Unplug ged
Das Musikfestival am Fusse des Matterhorns findet vom 11 bis 15 April 2023 zum 14 Mal statt, unter anderem mit Auftritten von Patent Ochsner, Peter Maffay, Passenger, Of Monsters and Men oder Calum Scott Für weitere Infos, Programm und Tickets:
Peter
Glück kommt es vor Ort zu einem Live-Duett mit der Walliser Sängerin Stefanie Heinzmann LAURA BESCH
Peter Maf fay – mit 21 Nummer- ein s- Alben der er folgreichste K ün stler in d en d eutschen Char ts – über sein en Weg vom S chlagersänger z um Rockmu siker, da s L eben un d d en Tod , die Premiere bei Zermatt Unplugged und sein neues Duett mit Stefanie Hein zmann
einem Zwinkern im Auge So macht er richtig Spass Zehn Jahre später gab es nochmals einen solchen Schmachtfetzen, und der hiess «So bist Du»
Dafür sind Sie mit bis heute 21 Nummer-eins-Alben und über 50 Millionen verkauften Tonträgern der erfolgreichste Künstler in den deutschen Charts
Die Tatsache macht mich zwar sehr stolz, aber sie ist insofern zu relativieren: Ich bin einfach lange genug dabei Ich habe das grosse Glück gehabt, dass ich es über weite Strecken mit wirklich guten Leuten zu tun haben durfte – von der Band über das Management bis hin zu den Plattenfirmen, mit denen wir partnerschaftlich verknüpft waren Diese Dinge kommen nur zustande im Team und sind niemals allein machbar
Stichwort lange Karriere: Mit zunehmender Dauer lernt man auch, dass das Leben endlich ist Kurz vor Weihnachten mussten Sie Ihren langjährigen Manager und Mentor Dieter Viering verabschieden Wie geht man mit so einer Situation um?
Ich habe mir vorgestellt, was mein lieber Freund Dieter mir auf den Weg gegeben hätte, wenn er es noch hätte machen können: «Gib weiter Gas und guck nicht nach hinten sondern guck nach vorne »
vertiefen und ihm nachzutrauern Er würde mir gesagt haben: «Mach weiter, wir haben das alles zusammen aufgebaut und du setzt das nun fort »
Inzwischen hat sein Sohn Julian seinen Platz in unserer Firma eingenommen
Wie ist es dazu gekommen?
Sein Vater hat ihn gut darauf vorbereitet Und ich habe Julian vor ein paar Monaten mal gefragt, ob ihn diese Position interessieren könnte Er hat zuerst abgewartet, doch dann kam der Tod von Dieter dazwischen Ein paar Wochen später hat Julian gesagt, dass er gerne weiterführen möchte, was sein Vater mit mir angefangen hat Jetzt sitzt er an dessen Schreibtisch, nur ein paar Meter von mir entfernt, und wir kommen sehr gut miteinander zurecht
Mit Blick nach vorne und Zermatt: Wenn man ihr MTV-Unplugged-Album von 2018 hört, realisiert man, dass Sie es schaffen, Ihren Schmachtfetzen «Du» und «So bist Du» neues Leben einzuhauchen Hilft es, solche Lieder akustisch anzupacken, um sich von der Standardversion zu lösen?
nem Umfeld, die sagen: «Donnerwetter, was der Herr Orloff da gemacht hat » Wenn man «Du» auf der Bühne spielt, merkt man, was für ein Druck in diesem Lied drinsteckt
Mit einem Augenzwinkern?
Was ich im Text verspreche, das habe ich einige Male widerlegt Da nimmt mich sowieso niemand mehr ernst Ausser meiner Lebensgefährtin, die weiss, wie ich ticke und dass es nur ein Lied ist –nichts anderes Ich amüsiere mich über die Reaktionen der Leute Insofern macht es allen Spass
War MTV Unplugged Ihr erstes Set ohne Strom?
Nein nein In dieser Stilrichtung haben wir lange vorher schon gespielt aber bloss gelegentlich Bei MTV wurde das Ganze zu einem Prinzip Doch das Wort Unplugged muss ich erheblich relativieren: Würden wir nur akustische Instrumente nutzen dann wäre der Begriff Unplugged rechtfertigend Jede akustische Gitarre, die wir spielen, wird elektrisch verstärkt Jedes Keyboard hat irgendwo ein Kabel Und jedes Schlagzeug wird über Mikrofone abgenommen Insofern ist MTV Unplugged nicht konsequent umgesetzt Wirklich nur akustisch darf keine Verstärkung im Spiel sein Aber auf jeden Fall steht das Musikalische im Vordergrund
«Bei Unplugged steht auf jeden Fall das Musikalische im Vordergrund.»
Wenn Sie bei Zermatt Unplugged auftreten: Was darf das Publikum erwarten?
Auch «Du» (lacht) Nein, wir haben in 50 Jahren einiges zusammengetragen, doch nicht alles lohnt sich, gespielt zu werden Unsere gängigen Repertoiretitel haben wir sicher im Gepäck Wer sich nicht so intensiv mit uns auseinandersetzt, wird auch ganz andere Töne zu hören bekommen und darf nicht erstaunt sein wenn es zum Teil laut und eckig wird
Welche Genres nutzen Sie?
Woraus ich meine Inspiration ziehe Für mich sind Rhythm and Blues, Blues, Country und Rock meine musikalische Auffassung Ob das Cougar Mellencamp, Tom Petty oder Bruce Springsteen ist, oder ob das Stücke sind, die wir spielen, in der Stilistik ist das ziemlich ähnlich
Es muss ein gutes Gefühl sein, heute frei spielen zu können, was man liebt?
Das ist ein enormes Privileg, das nicht von selbst kommt Ich kann mich gut erinnern, als ich versucht habe, mich vom Schlager zu lösen, wie meine Plattenfirma reagiert hat: «Dann kriegen Sie mit uns Probleme » Nur stand in meinem Vertrag nicht geschrieben, dass ich Schlager singen muss Erst ab «Steppenwolf» und den erreichten Verkaufszahlen hörte dieser Widerstand auf
Wie hat Ihr damaliges Stammpublikum reagiert?
Es gab viele, die gesagt haben: «Glauben wir nicht » Es dauerte eine ganze Weile, bis wir uns durchgebissen haben Polarisierung war jahrelang mein Begleiter Mitte der 1980er hörte das langsam auf und in den 1990ern war das gegessen Das tun zu können, was man will, ist verbunden mit sich durchzubeissen, sich zu behaupten, sich zu hinterfragen und sich auf den Prüfstand stellen zu lassen Gott sei Dank gibt es immer Leute wenn man das zulässt die einen mit positiver Kritik antreiben
Man muss aber den Mut haben, auszubrechen Natürlich Und ausbrechen macht auch Spass Aktuell haben Sie aus Ihrem neuen Tabaluga-Album den Song «Königreich der Liebe» als Duett mit Stefanie Heinzmann am Start Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?
Ich suchte eine kompetente Interpretin, weil dieses Lied einfach zu einem Duett zwingt Ich habe grossen Respekt vor Stefanie als Künstlerin Und ich hatte das Glück, dass sie, nachdem sie das Lied gehört hat, sich dazu entschlossen hat, das Duett mit mir zusammen zu singen
Stefanie Heinzmann ist gebürtige Oberwalliserin: Haben Sie das Gefühl, sie wird in Zermatt sein, wenn Sie auch dort sind?
Sie hat angedeutet, dass das der Fall sein könnte
und wenn dem so wäre, dann würde ich Stefanie fragen, ob sie auf die Bühne kommt und das Lied mit mir singt Noch weiss sie nichts davon Aber ich würde mich sehr freuen Stefanie ist zauberhaft und es macht grossen Spass, gemeinsam mit ihr auf der Bühne zu stehen
zermatt-unplugged ch
So zumindest schätze ich ihn nach 50 Jahren ein Abgesehen von meinen Eltern war das die längste Partnerschaft die es in meinem Leben gab Dieter hätte mir abgeraten mich zu sehr in den Tod zu
Die Standardversion kann ich nicht mehr spielen Ich komme mit der Stimme nicht mehr so hoch. Ich muss die Lieder tiefer singen Da sind im Lauf der Zeit doch zu viele Zigaretten geraucht worden Wenn man «Du» nur musikalisch betrachtet und ignoriert was textlich passiert dann ist es eine echt gute Komposition Ich kenne viele Rocker in mei-
Dieser Inhalt wurde von NZZ Content Creation im Auftrag von Zermatt Unplugged erstellt. Das Interview mit Peter Maffay führte Norman Bandi
Maffay tritt am 12 April 2023 zum ersten Mal bei Zermatt Unplugged auf – und mit etwas
«Musik zu machen ist immer wieder ein Abenteuer»