Lucerne Festival (D)

Page 1

«WasfüreineAkustik!»

Zum zweiten Mal kuratiert Igor Levit das Klavier-Fest von Lucerne Festival im Konzertsaal des KKL Luzern. Dabei setzt er auf Dialog und Innovation –sowie junge Talente wie Johanna Summer und Lukas Sternath

Lukas Sternath (22) gerät ins Schwärmen, sobald das Gespräch auf Igor Levit (37) kommt «Er ist mittlerweile weit mehr als ein Lehrer für mich», sagt der aufstrebende junge Pianist, der seit 2022 an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover beim Maestro studiert «Ich fühle mich bei ihm geborgen und verstanden Mit ihm gemeinsam aufzutreten, macht mich sehr glücklich » Der Meister und sein Meisterschüler werden im KKL Luzern sowohl einzeln als auch zu zweit – vierhändig und an zwei Klavieren – spielen Auf dem Programm stehen Werke von Brahms: die Choralvorspiele op 122 und die HaydnVariationen op. 56 b. Levits pädagogisches Genie beschreibt Sternath so: «Das Besondere an ihm ist dass er einen vor allem bestärkt Er würde nie sagen: ‹Spiel das auf keinen Fall so, das ist falsch › Er stellt lieber Fragen: ‹Wieso machst du das so?› Dadurch gibt er Impulse und öffnet neue Räume » Virtuoses Wechselspiel

Nach dem gelungenen Auftakt vor Jahresfrist kuratiert der Pianist Igor Levit am diesjährigen Auffahrt-Wochenende die zweite Ausgabe des Klavier-Fests im

Rahmen von Lucerne Festival Wiederum hat er zu dem viertägigen Anlass Künstlerinnen und Künstler eingeladen die sich aus ganz verschiedenen Perspektiven mit Klaviermusik befassen, und abermals geht es ihm um ein Wechselspiel von Solo-Rezitalen und unerwarteten Kombinationen, die von allen Beteiligten Spontaneität erfordern, aber auch zu einmaligen Begegnungen und unvergesslichen Konzerten führen können. Mit seiner Programmierung will Levit eingeschliffene Gewohnheiten des Kulturbetriebs aufbrechen und dialogische Formen des Musizierens erproben Dass er damit das Publikum zu begeistern versteht hat er schon letztes Jahr bewiesen Diesmal spannt sich der Bogen seiner Auswahl von Bach und Beethoven bis zu Auftritten der Pianistin Johanna Summer (29) und des deutschen Musikers Daniel Pongratz (40), der als Rapper unter dem Namen Danger Dan bekannt geworden ist Auch die Berliner Barock Solisten sind mit von der Partie Igor Levit, der 1987 im russischen Nischni Nowgorod geboren wurde, 1995 mit seiner Familie nach Deutschland kam und als 18-Jähriger seine internationale Karriere begann, ist in kurzer Zeit zu einem weltweit anerkannten Künstler geworden Drei Faktoren trugen dazu bei: sein Virtuosentum, seine Ausdruckskraft und sein Engagement Er ist ein Pianist mit makelloser Technik: doch diese ist bei ihm nie Selbstzweck, sondern steht ganz im Dienst des künstlerischen Gestaltungswillens Schon sein 2003 erschienenes Debüt-Album mit den fünf letzten Sonaten Beethovens zeigte diese Verbindung von Exaktheit und Erfindungskraft Levit ist aber nicht im Elfenbeinturm zu Hause sondern auch ein politischer Kopf Als in Berlin lebender säkularer Jude setzt er sich für Frieden Freiheit und Menschenrechte ein

Zur Magie, die Levit als Pianist entfaltet, gehört ganz wesentlich seine Fähigkeit, das Klavier durch die Vielfalt der Klangfarben wie ein ganzes Orchester ertönen zu lassen Letztes Jahr hat er das mit dem Adagio aus Gustav Mahlers

Zehnter Sinfonie sowie der 7 Sonate

Mit seiner Programmierung will Igor Levit eingeschliffene Gewohnheiten des Kulturbetriebs aufbrechen.

Prokofjews aus dem Kriegsjahr 1942 bewiesen Diesmal nimmt er sich Franz Liszts Bearbeitung von Beethovens «Eroica» vor, ein Werk, das lange als unspielbar galt, aber keine blosse «tour de force» für Virtuosen darstellt, sondern –wie auch Liszts Schubert-Bearbeitungen –von enormer Gedanken- und Gefühlstiefe ist Levit kombiniert es in seinem Rezital mit der Chromatischen Fantasie und Fuge von Johann Sebastian Bach sowie den vier Klavierstücken op 119 von Johannes Brahms Wiederholungstäter:in

Dieses Jahr bereits zum zweiten Mal dabei ist die junge deutsche Pianistin Johanna Summer Ihre Improvisationen über klassische Themen faszinieren, weil sie weder bloss swingende «Klassik light» bieten noch sich in verkopften Dekonstruktionen kanonischen Materials verlieren. Vielmehr nimmt sich die Künstlerin Klavierstücke von Bach, Beethoven und Schubert über Ravel und Grieg bis zu Glass und Ligeti vor, um sie mit Respekt und Wagemut umzugestalten und weiterzudenken Sie spielt anmutig und mit subtilem Anschlag, wie besonders ihr Album «Resonanzen» zeigt Letztes Jahr antwortete sie am Schlusskonzert im KKL mit Improvisationen auf die «Waldszenen» von Robert Schumann, die Igor Levit intonierte Dieser war offenbar so angetan von der musikalischen Zwiesprache, dass er die Pianistin erneut eingeladen hat «Es ist für mich eine Riesenehre, wieder dabei sein zu dürfen», sagt die aus dem sächsischen Plauen stammende Musikerin «Ich bin keine klassische Pianistin im engeren Sinne; deshalb freut es mich unfassbar dass Igor als Künstler von Weltrang so eine Offenheit gegenüber anderen Musikrichtungen hat » Sie spüre bei ihm eine enorme Neugier Er bringt Leute zusammen, die vorher noch nie miteinander gespielt haben «Das war schon letztes Jahr so Vor dem Finale wussten wir bis zum Nachmittag nicht, was genau wir spielen würden Dann haben wir das besprochen und auf die Bühne gebracht Es war ein wunderbares Erlebnis »

Im Zentrum von Summers Auftritt wird wieder ihr «Resonanzen»-Projekt stehen «Aber natürlich hat es sich weiterentwickelt», betont sie, «neue Stücke sind hinzugekommen, alte sind rausgeflogen, und ohnehin spiele ich kein Konzert zweimal auf die gleiche Weise – das würde die Improvisation auch gar nicht zulassen » Zu ihrer Synthese von Klassik und Jazz ist sie in den letzten vier Jahren gekommen «Ich habe zwar als Kind viel klassische Musik gespielt», erzählt sie, «danach wandte ich mich aber lange ganz dem Jazz zu: im Studium sowie mit verschiedenen Formationen, besonders im Trio mit Tobias Fröhlich am Bass und Jan-Einar Groh am Schlagzeug denen ich etliche Stücke auf den Leib geschrieben habe » Vor dem KKL als Konzertsaal hat die Pianistin grossen Respekt: «Was für eine Akustik! Ich denke, dass das einer der besten Konzertsäle überhaupt ist Auf der Bühne wird einem das vielleicht gar nicht so bewusst, wie wenn man im Saal sitzt, der sich durch Paneele und Vorhänge aufs Feinste modulieren lässt » Vor einigen Wochen durfte Johanna Summer in Mainz bei der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille an Igor Levit spielen Die Auszeichnung wird an Persönlichkeiten verliehen, die sich besonders um die Verständigung zwischen Christen und Juden verdient gemacht haben «Ich schätze Igors politisches Engagement ungemein», sagt die Pianistin dazu «und ich finde es absolut richtig wie er seine Reichweite nutzt, um auf Dinge hinzuweisen, die wir als Zivilgesellschaft aufrechterhalten müssen » Das Musikverständnis, das Igor Levit mit Johanna Summer und Lukas Sternath teilt, ist durch seine eigenen frühen Erfahrungen bestimmt Er hatte zwar hervorragende Lehrerinnen und Lehrer, allen voran seine belesene, humorvolle und sensible Mutter, und gab schon mit sechs Jahren sein erstes Konzert Gedrillt wurde er nach eigenem Bekunden aber nicht «Ich bin noch nie im Leben acht Stunden lang am Klavier gesessen», bekannte er einmal Und auch Lukas Sternath, der schon als Mitglied der Wiener Sängerknaben um die Welt reiste, bevor er sich ganz dem Klavier zuwandte, hält fest: «Es macht einen Unterschied ob man seine Tage am Instrument verbringt und mit Scheuklappen durchs restliche Leben geht, oder ob man mit offenen Sinnen lebt Denn ein Künstler spielt immer so, wie er als ganzer Mensch ist Ich jedenfalls mache Musik, um mit meiner Eigenart andere Menschen zu erreichen und zu bewegen Ich glaube, wir haben alle diese Sehnsucht nach Nähe in uns » Was der 22-Jährige da ausspricht, könnte geradezu als Motto des gesamten KlavierFests gelten.

Klavier-Fest vom 9. bis 12. Mai 2024

Rezital

lucernefestival ch

Dieser Inhalt wurde von NZZ Content Creation im Auftrag von Lucerne Festival erstellt.

NZZ am Sonntag 14 April 2024 SponsoredContent fürLucerneFestival Werbung
Uhr
KKL Luzern Bach | Brahms | Beethoven Rezital Johanna Summer Do 09 05 | 21 30 Uhr | KKL Luzern «Resonanzen II» Lukas Sternath & Igor Levit Fr 10 05 | 19 30 Uhr | KKL Luzern Schubert | Brahms Igor Levit & Berliner Barock Solisten Sa 11 05 | 17 00 Uhr | KKL Luzern Bach & Söhne Danger Dan Sa 11 05 | 21 00 Uhr | KKL Luzern
von der Kunstfreiheit gedeckt» Schlusskonzert mit Levit, Sternath, Summer & Berliner Barock Solisten So 12 05 | 17 00 Uhr | KKL Luzern Liszt, Brahms u a
Infos:
Igor Levit Do 09 05 | 18 30
|
«Das ist alles
Tickets und
Johanna Summer GREGOR HOHENBERG
T H O M A S R A B S C H L U C E R N E F E T V A L
Lukas Sternath (links) und Igor Levit: Der Meister und sein Meisterschüler im Konzertsaal des KKL Luzern.

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.