BlickeinsUnendliche
Chefdirigent Riccardo Chailly und das Lucerne Festival Orchestra im Konzertsaal des KKL.
PRISKA KETTERER/LUCERNE FEST VAL
Das Frühlings-Fest steht ganz im Zeichen des Genies Beethoven Der junge Geiger Daniel Lozakovich und der renommierte Dirigent Pablo Heras-Casado setzen mit ihren Debüts beim Lucerne Festival Orchestra neue Akzente. Und mit Chefdirigent Riccardo Chailly widmet sich der Klangkörper den beiden ersten Sinfonien.
Ludwig van Beethoven zählt zu den überragenden Komponisten, deren Schaffen universelle Gültigkeit zugeschrieben wird Raumsonden haben seine Musik sogar in die unermesslichen Weiten des Weltalls gebracht, Milliarden Kilometer von der Erde entfernt Sooft seine Werke auch in Konzertsälen erklingen – ihr Reichtum erscheint schier unerschöpflich Seit Generationen erwecken sie Musikerinnen und Musiker in ihren Interpretationen immer wieder zum Leben Der Ausnahmegeiger Daniel Lozakovich gibt nun mit Beethovens einzigem vollendetem Violinkonzert D-Dur sein Debüt am 24 März 2024 im Rahmen des dreitägigen Frühlings-Fests in Luzern –am Pult des Lucerne Festival Orchestra steht zum ersten Mal der spanische Dirigent Pablo-Heras-Casado, ein ehemaliger Schüler von Pierre Boulez an der Lucerne Festival Academy «Für mich ist es eines der grossartigsten Konzerte aller Zeiten» bekennt Lozakovich «Wenn ich dieses Stück spiele, öffnet sich mir plötzlich eine Tür zum Göttlichen Die Musik löst Gefühle aus, die einfach nicht von dieser Welt sind Auf der irdischen Ebene drückt sich in ihr das Streben der Menschen nach Freiheit und Wahrheit aus», erklärt er mit einer Reife, die kaum vermuten liesse, dass er Anfang April erst seinen 23 Geburtstag feiert «Es ist eine Musik, die
eine reinigende Wirkung hat Ganz gleich, was in meinem Alltag gerade geschieht, sie gibt mir Halt und lässt mich den tieferen Sinn des Lebens erkennen »
Aufstrebendes Talent Lozakovich kam in Stockholm in einer multikulturellen Familie zur Welt Sein Vater stammt aus Weissrussland die Mutter aus Kirgistan in Zentralasien Obwohl sie selbst keine Musiker sind, förderten die Eltern die Neigungen ihres Sohnes, der zu Hause mit Vorliebe sang «Mit sechs Jahren kam ich in eine Musikschule Als ich dort zum ersten Mal eine Violine hörte verliebte ich mich auf der Stelle in ihren Klang», erinnert er sich Rasch stand für ihn fest, dass es ihm mit dem Geigenspiel ernst war Das Beethoven-Konzert gehörte zu den Stücken, die ihn schon früh nachhaltig beeindruckten In kurzer Zeit machte er so rasante Fortschritte an seinem Instrument, dass er schon im Alter von neun Jahren in Russland als Solist auftreten konnte Inzwischen ist Lozakovich ein weltweit gefragter Künstler, der in den vergangenen Jahren eine Reihe aufsehenerregender Debüts feierte, etwa mit dem Boston Symphony Orchestra und Andris Nelsons, den Münchner Philharmonikern mit Valery Gergiev oder der Filarmonica della Scala unter Riccardo Chailly
Welche grossen Vorbilder haben ihn geprägt? «Jascha Heifetz schätze ich am meisten – er ist eine Ikone seines Fachs.
Ich bewundere auch Fritz Kreisler, David Oistrach oder Henryk Szeryng. Jeder Geiger schafft eine eigene Welt», erklärt Lozakovich «Ehrlich gesagt lerne ich aber noch viel mehr von Dirigenten, Pianisten und Sängern Und am meisten lasse ich mich durch andere Künste inspirieren, etwa durch Gemälde und Fresken von Leonardo da Vinci, Michelangelo und Rembrandt. Das Wichtigste ist, dass man seinen eigenen Weg findet und nicht nur als Musiker, sondern auch als Mensch wächst. Sonst landet man schnell in einer Schublade.»
Voller Vorfreude blickt Lozakovich seiner ersten Zusammenarbeit mit dem Lucerne Festival Orchestra entgegen «Ich habe grossartige Aufnahmen davon mit Claudio Abbado gehört Ich kann es jetzt kaum erwarten diese tollen Musiker kennen zu lernen » Im Konzertsaal des KKL wird er die «Ex-Sancy»-Stradivari von 1713 spielen, die ihm die LVMH Foundation als Leihgabe zur Verfügung stellt «Sie gehörte früher dem legendären Geiger Ivry Gitlis, mit dem ich auftreten durfte, als er schon über 90 Jahre alt war Ich habe bereits auf mehreren Stradivari-Geigen gespielt, jede von ihnen hat ihren eigenen starken Charakter »
Eingespieltes Orchester
Das Aufeinanderhören, das Daniel Lozakovich als Musiker tief verinnerlicht hat, zeichnet auch die Klangkultur des von Claudio Abbado über zwei Jahrzehnte geprägten Festivalorchesters aus Seit 2022 ist es in Luzern nicht nur im Sommer zu erleben, sondern auch beim Frühlings-Fest, das an drei Tagen am Wochenende um Palmsonntag stattfindet Nach zwei Ausgaben, die Felix Mendelssohn gewidmet waren, steht nun Beethoven im Fokus.
Irina Simon-Renes, vorher Stimmführerin der zweiten Violinen im Staatsorchester Hamburg und danach in gleicher Funktion beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, kam 2013 in den Eliteklangkörper, der sich aus bekannten Solisten Kammermusikern und dem Mahler Chamber Orchestra zusammen-
setzt Die letzten Konzerte mit dem 2014 verstorbenen Gründer wird sie nie vergessen. «Das Festivalorchester war für mich schon lange eine Legende, ein Olymp der klassischen Musik. Als wir mit Claudio die Neunte Sinfonie von Anton Bruckner aufführten, haben wir alle etwas Überirdisches erlebt.»
Mit Riccardo Chailly der seit 2016 als Chefdirigent amtiert, führt das Lucerne Festival Orchestra Beethovens Ouvertüre zu «Coriolan» sowie seine Sinfonien Nr 1 und 2 auf, die seine Originalität bereits deutlich hörbar machen.
«Wunderbare Musik»
Allgemein führt der diesjährige Schwerpunkt Simon-Renes in Gedanken weit in ihre Kindheit zurück. Beethovens Siebte, die jetzt in Luzern unter Leitung von Heras-Casado erklingt, zog sie schon als Kind ihren Bann «Als ich elf oder zwölf Jahre alt war hat genau diese Sinfonie in mir den Wunsch geweckt, Orchestermusikerin zu werden Ich hörte sie damals oft zwei, drei Mal am Tag Es fasziniert mich bis heute, welch grenzenlose Energie diese Musik freisetzt», erzählt die Geigerin In Rumänien geboren, begann sie ihre Ausbildung an der Musikschule George Enescu in Bukarest und studierte dann in Deutschland bei Thomas Zehetmair, Christoph Poppen und Antje Weithaas. «Die Musik Beethovens enthält für mich die Essenz der Idee, dass alle Menschen Brüder werden können», sagt sie. «Vor allem der letzte Satz aus der Siebten Sinfonie liefert den hörbaren Beweis dafür, wie achtzig bis hundert Musiker völlig unterschiedliche Persönlichkeiten, sich im Geiste dieser Musik miteinander vereinen können.» Auch das gemeinsam mit Riccardo Chailly aufgeführte Programm empfindet die Geigerin als inspirierend «In den beiden frühen Sinfonien verspüre ich einen Witz eine Leichtigkeit und einen Optimismus, die absolute Freude bereiten», so Simon-Renes «Man merkt hier, wie Beethoven eine Brücke schlägt, von Haydn und Mozart zu neuen, revolutionären Klängen Und als zweite Geigerin freue ich mich ganz besonders auf den Anfang des zweiten Satzes der Ersten Sinfonie!» Ein transparenter, farbenreicher
Klang ist seit jeher das Markenzeichen des Lucerne Festival Orchestra, dessen Mitglieder ihr gemeinsames Spiel als erweiterte Kammermusik begreifen Am Frühlings-Fest treten sie am zweiten Abend auch in kleinen Formationen auf Auf dem Programm stehen diesmal Wolfgang Amadé Mozarts Flötenquartett D-Dur Pjotr Iljitsch Tschaikowskys Streichsextett «Souvenir de Florence» sowie Antonín Dvořáks «Amerikanisches» Streichquartett Irina Simon-Renes freut sich bereits auf Dvořák: «Da tauchen bei mir sofort Jugenderinnerungen auf: strahlendes F-Dur, sorgloses Spielen, umringt von Freunden. Ich bin glücklich und dankbar, dass ich diese wunderbare Musik aufführen darf »
Frühlings-Fest vom 22. bis 24. März 2024
Lucerne Festival Orchestra | Riccardo Chailly, Dirigent Fr 22 03 | 19 30 Uhr | KKL Luzern
Beethoven: Ouvertüre zu «Coriolan» und Sinfonien Nr 1 und Nr 2
Konzerteinführung: 18 30 Uhr
Solistinnen und Solisten des Lucerne Festival Orchestra
Sa 23 03 | 19 30 Uhr | KKL Luzern
Kammermusik: Mozart, Dvořák und Tschaikowsky
Lucerne Festival Orchestra | Pablo Heras-Casado Dirigent | Daniel Lozakovich, Violine
So 24 03 | 17 00 Uhr | KKL Luzern
Beethoven: Violinkonzert und Sinfonie Nr 7
Konzerteinführung: 16.00 Uhr
Tickets und Infos: lucernefestival ch
Dieser Inhalt wurde von NZZ Content Creation im Auftrag von Lucerne Festival erstellt.