Zermatt Unplugged (D)

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«Wenn man im Leben vieles durchgemacht hat, kann man besser und authentischer über Gefühle schreiben.»

ZermattUnplugged

Interview

Was für ein oranges Kuscheltier sitzt da bei Ihnen auf dem Schoss und drückt sein Fell in die Computerkamera?

Passenger: Das ist meine Katze Charlie Sind Sie bei sich zu Hause – und wenn ja, wo ist das?

Ja, ich bin zu Hause, in meinem typisch englischen Landhaus Ich bin in Brighton aufgewachsenundlebeseitfastsechsJahrenausserhalbvonBrightonaufdemLand

Wo finden Sie Ihre Inspirationen – eher auf dem Land oder in der Stadt?

Als Songwriter muss man seine Inspirationen überall finden, wo auch immer man sich gerade aufhält. Früher habe ich viel Zeit in Städten verbracht Ich war ständig auf Tournee, am Musik machen auf der Strasse und in Bahnhöfen Ich fand es damals inspirierend, jeden Tag neue Menschen und Orte kennenzulernen und mich ausserhalb meiner eigenen Komfortzone zu bewegen Städte können lebendig, unterhaltsam und grossartig sein Aber man kann sich in einer Stadt auch sehr einsam fühlen

Hört man Ihre Lieder, so hat man den Eindruck, dieses Gefühl der Einsamkeit aus ihrer Musik herauszuspüren

Alles, was einen umgibt, fliesst in den Prozess des Songschreibens ein.

Kommen Ihnen die Ideen für Ihre Songs spontan oder setzen Sie sich bewusst hin und fokussieren sich? Oder findet das Komponieren ständig im Kopf statt?

Ich setze mich nicht hin und sage zu mir: «So, jetzt schreibe ich einen Song.»

Das würde nicht funktionieren. Jedes

Lied ist anders – einige Songs erzählen

Geschichten oder handeln von Menschen und Begegnungen. Andere wiederum entstehen, indem ich meine Gitarre in die Hand nehme, aus dem Fenster schaue und mir nicht viel überlege. Die Inspiration kommt dann von allein Das sind die schönsten Momente. Manche Songs schreiben sich wie von selbst.

Als Sie «Let Her Go» komponierten, haben Sie da geahnt, dass es ein Megahit werden wird, der Ihr Leben komplett verändert?

Nein, ich habe dieses Stück in 45 Minuten geschrieben. Kurz bevor ich in Australien einen Pub-Gig spielte. Es hörten etwa 50 Leute dieser Show zu.

Wenn dein Leben so ist, wie es meines damals war, denkt man nicht daran, jemals einen Hit in dieser Grösse zu schreiben. Zudem habe ich schon vor «Let Her Go» Songs geschrieben, von denen ich dachte, wow, die sind wirklich speziell. Aber es ist nichts passiert, sie wurden nie zum Megahit. Irgendwann hört man auf, sich ständig zu überlegen, ob dieses oder jenes Lied das Potenzial haben könnte, ein grosser Hit zu werden Fühlen Sie sich unter Druck gesetzt, wieder einen Riesenhit wie «Let Her Go» zu schreiben?

Vor einigen Jahren fühlte ich mich tatsächlich unter Druck, denn ich wollte keine Eintagsfliege sein. Diese Ein-HitWunder-Etikette ist nie schön. Doch mittlerweile bin ich stolz auf mein künstlerisches Repertoire: Ich habe schon 14Alben realisiert. Natürlich wäre es toll

«Ich gab mein ganzes Leben für die Musik»

einen weiteren Song zu schreiben, der um die Welt geht, weil er vielen Menschen etwas bedeutet. Aber mit dem Älterwerden bin ich entspannter gelassener und zufriedener mit mir selbst als Künstler geworden.

Welcher Song ist Ihr persönlichster?

«To Be Free» – der Liedtext handelt von meinen Grosseltern, die während des Zweiten Weltkriegs als deutschpolnische Juden vor den Nazis fliehen mussten. Es geht um ihre Geschichte, darum wie sie nach Amerika kamen. Und um die Geschichte meines Vaters, der kurz nach dem Krieg in den USA auf die Welt gekommen ist.

Ist der Holocaust etwas, über das man in Ihrer Familie spricht?

Musikfans dürfen sich vom 11. bis 15 April

2023 wieder auf eine Woche voller musikalischer Highlights freuen – dann nämlich findet zum 14 Mal das Musikfestival Zermatt Unplugged statt 60 Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt werden auf 17 verschiedenen Bühnen insgesamt

130 Konzerte zum Besten geben. Das Festivalprogramm wird Jahr für Jahr mit viel Liebe und Sorgfalt zusammengestellt und offenbart nebst weltbekannten Namen stets auch interessante Neuentdeckungen. So sind schon manche weltbekannte Stars in Zermatt aufgetreten, lange bevor sie ihren internationalen Durchbruch hatten.

Zu den diesjährigen Interpreten gehören

unter anderem Alice Merton (11.4.), Patent Ochsner (11 4.), Peter Maffay

Nein ich sah meine Grosseltern nur sehr selten, weil sie ja in Amerika lebten und wir in England Wir haben mit ihnen nie über den Krieg oder den Holocaust gesprochen. Obschon ich eine ganz andere Generation bin, hat dieser Aspekt der Familiengeschichte jedoch einen grossen Einfluss auf mich.

Sind Sie religiös? Nein.

Im Lied «Runaway» geht es darum, eine Heimat zu finden Fühlen Sie sich in Ihrem Landhaus bei Brighton zu Hause oder sind Sie immer noch ein bisschen ein heimatloser Strassenmusikant geblieben, auf der Suche nach seinen Wurzeln?

Ich hatte sehr lange Zeit kein Zuhause, weil ich ständig auf Reisen war Es

(12 4 ), Asaf Avidan (12.4.), Passenger (13 4 ) Vance Joy (13 4.), Of Monsters and Men (14 4 ), Bear s Den (14 4 ), Calum Scott (15 4.), The Teskey Brothers (15 4 ) oder Ronnie Scott’s All Stars & Curtis Stigers (11 4.–15 4.) Wer in den Genuss verschiedener Konzerte kommen möchte besorgt sich am besten einen Unplugged Pass Dieser gewährt Zugang zu den Unplugged-PassBühnen, auf denen Newcomer aus dem In- und Ausland auftreten, zu Afterpartys sowie zum Taste Village Tickets sind auch für einzelne Konzerte erhältlich. Diverse Packages runden das Angebot ab und machen das Festivalerlebnis zu einem Rundumvergnügen. zermatt-unplugged.ch

braucht eine gewisse Zeit, sich nach so einem unbeständigen Leben an einem Ort niederzulassen und ein Heimatgefühl zu entwickeln. Mit dem Älterwerden verspürte ich jedoch auf einmal das Bedürfnis, ein festes Zuhause zu haben und Teil einer Gemeinschaft zu sein.

Wie vertraut sind Sie mit der Schweiz?

Ich war schon öfters in der Schweiz und komme immer gerne in die Schweiz zurück, um zu spielen. Die Landschaft finde ich atemberaubend

Welche Erinnerungen haben Sie ans Musikfestival Zermatt Unplugged?

Zermatt ist wie kein anderes Festival

Ich habe noch nie zuvor in so einer Atmosphäre gespielt Das letzte Mal, als wir in Zermatt auftraten, sind wir einige

Der Singer-Songwriter Passenger, mit eigentlichem Namen Mike Rosenberg wurde 1984 in Brighton geboren Heute lebt er ausserhalb von Brighton auf dem Land Sein Vater stammt aus den USA seine Mutter ist Engländerin Passenger hat insgesamt 14 Alben produziert; seinen grössten Hit «Let Her Go» komponierte er 2012 und erlangte damit weltweite Bekanntheit Passenger tritt bereits zum zweiten Mal am Musikfestival Zermatt Unplugged auf

Dieser Inhalt wurde von NZZ Content Creation im Auftrag von Zermatt Unplugged erstellt.

Tage geblieben Ich konnte so richtig in die Natur und das Dorf eintauchen Das Festival ist ein sehr spezieller Ort, um Musik zu machen Ich freue mich sehr, dieses Jahr wieder am Zermatt Unplugged auftreten zu dürfen

Was zeichnet das Zermatt Unplugged aus?

Es sind die Menschen, es ist der Ort und die Atmosphäre Wenn man an ein Festival geht, ist es in der Regel sehr laut, und die Leute sind meistens nicht richtig bei der Sache Nicht so in Zermatt: Am Zermatt Unplugged ist das Publikum präsent und hört konzentriert zu wie an keinem anderen Ort Man spürt, dass jeder die Musik liebt Jeder will sie hören will den Texten lauschen die Details aufnehmen Es ist grossartig, vor so einem interessierten Publikum aufzutreten Es ist als Musiker schön zu spüren dass das Publikum einem mit Respekt begegnet

Ein unvergesslicher Eindruck von Ihrem letzten Zermatt-Aufenthalt?

Ich erinnere mich an einen Spaziergang bei Sonnenuntergang: Das Matterhorn war wie erleuchtet

Wie es ist als Musiker, unplugged zu spielen – was ist daran anders?

Für mich ist es gar nicht so anders, da ich ohnehin in der Regel nur mit meiner Gitarre Musik mache Aber viele Bands nutzen die Gelegenheit, am Zermatt Unplugged alles zurückzufahren und zum Beispiel nur Kongos statt das grosse Drum einzusetzen Was sehr wohl anders ist, ist das Publikum und die ruhige Atmosphäre Am Zermatt Unplugged kann ich auch langsame Stücke spielen, ohne gleich das Gefühl zu haben, ich müsse mit einer geballten Ladung Energie eine Live show darbieten, um überhaupt die Aufmerksamkeit des Publikums zu erlangen

Welchen Rat würden Sie Ihrem 20-jährigen Selbst geben? Immer weitermachen und nicht aufgeben. Es ist so schwierig für junge Musiker eine Karriere anzustreben Es fühlt sich an wie ein Berggipfel, den man erklimmen muss, und man weiss nicht, wo man mit dem Bergsteigen beginnen soll Es ist wie bei allem im Leben, es braucht einen langen Atem.

Was ist der Schlüssel zum Erfolg?

Harte Arbeit – und Geduld Ich gab mein ganzes Leben für die Musik. Darum hat es funktioniert Im Leben gibt es nichts umsonst. Misserfolge gehören nun mal einfach dazu.

Ist es für einen Strassenmusiker, wie sie es jahrelang waren, nicht sehr verletzend, wenn man spielt und keiner bleibt stehen, um zuzuhören?

Natürlich, aber es ist nicht schlecht, solche Gefühle zu haben Sie helfen, gute Musik zu schreiben Das Leben ist manchmal schmerzhaft

Kann man nur in einer Krise gute Musik komponieren?

Man muss nicht in einer Krise stecken, um grossartige Kunst zu machen Aber sehr viel grossartige Kunst ist entstanden, weil der Künstler oder die Künstlerin in einer schwierigen Phase steckte. Wenn die Leute Musik hören, wollen sie Authentizität. Man spürt sofort, ob jemand einen Liedtext aus eigener Erfahrung geschrieben hat und die Gefühle echt sind. Wenn man im Leben vieles durchgemacht hat kann man besser und authentischer über Gefühle schreiben. Einem 80-Jährigen zuzuhören, wie er über das Leben singt, ist viel glaubwürdiger, als wenn ein 20-Jähriger dies macht Viele Musiker – zum Beispiel Bob Dylan Neil Young, Leonard Cohen oder Paul Simon – sind besser geworden, je älter und reicher an Lebenserfahrung sie waren.

NZZ am Sonntag 19 Februar 2023
Passenger wurde mit seinem Hit «Let Her Go» weltbekannt.
Am 13 April tritt der SingerSongwriter aus England am Musikfestival
auf Wir trafen ihn zum virtuellen
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FOTO JARRAD SENG Zermatt Unplugged 2023 Zur Person
«Man muss nicht in einer Krise stecken, um grossartige Kunst zu machen»: Passenger.

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