ZNR 02Z032680 Verlagspostamt 8010 Graz www.libelle.me / Dez 2014
GraZ
stadt unseres LeBens
inHaLt 04
LeitartiKeL
Unsere Lebensstadt Graz
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interVieW Josef Hader
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ÖH
Vorsitz (09) Sozialreferat (10) Alternativreferat (10) Queerreferat (11)
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uni-LeBen
Keine Angst vor Sackgassen (12) Master of Desaster (13) iMoox (14) Wer anderen hilft (14)
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KateGorie X
editoriaL
Liebe Leserinnen, liebe Leser, Graz trägt viele Titel. Kulturhauptstadt Europas, City of Design, Menschenrechtsstadt, Radhauptstadt – und seit Neuestem auch „Stadt deines Lebens“. Mit dieser neuen Ausgabe der Libelle versuchen wir zu ergründen, ob Graz tatsächlich „Stadt unseres Lebens“ ist. Was euch auf den nächsten Seiten erwartet sind 69 Gramm purer Lesestoff, geschrieben von 29 engagierten RedakteurInnen, und neun Kategorien, die ihr ab jetzt in jeder Ausgabe finden werdet: Ein Leitartikel, ein Portrait oder Interview, einen informativen ÖH-Teil, Bemerkenswertes abseits des Uni-Alltags, die sogenannte Kategorie X, die sich auf nichts festlegen möchte und deswegen immer aufs Neue überrascht, „Out of the Box“, die über den Tellerrand blickt, Kunst und Kultur sowie die bekannten Kolumnen. Auf der letzten Seite befindet sich ein schönes Stück „Art Work“, gestaltet von regionalen DesignerInnen, IllustratorInnen und FotografInnen. Auch neu: Wir. Das Chefredaktionsteam. Tamara Sill und Maximilian H. Tonsern. Designerin und Germanistin, Journalist und Redakteur. Viel Vergnügen beim Lesen – Auf dass sich Graz den Titel eines Tages auch wirklich verdient.
Tamara und Maximilian
Alles geben! (15) Kevins Kolumne (16) Anti-Frust-Tour durch Graz (17)
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out of tHe BoX Portrait (20) Backpacking (22) 10 Dinge (23) Impressum (23)
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Kunst i KuLtur
„Die Präsidentinnen“ (24) Werner Schwab (24) SKAndal im Advent (25)
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KoLuMnen Musik Buch Sex
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art WorK „Du bist so Graz“
LeitartiKeL
Unsere Lebensstadt Graz
„Die Stadt meines Lebens“ – so titulierte die Stadt Graz die aktuelle Kampagne der Grazer Holding. Betrachtet man aber die Rahmenbedingungen dieser uns aufgezwungenen Zuschreibung etwas näher, lässt das „Leben“ ziemlich an Qualität, Freiheit und Selbstbestimmung missen.
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LeitartiKeL
Die aktuelle Kampagne der Holding, die
auch „Leistungsoffensive 2014“ genannt wird, soll einige Ziele erreichen: Neben einer Aufbesserung des Images und der Glaubwürdigkeit soll die Bevölkerung auch ein besseres Bewusstsein dafür bekommen, welche Angebote es in der steirischen Hauptstadt gibt. Soviel zum Grazer PR-Gequatsche. An Würdigungen der Leistungen von Feuerwehrleuten, relativ guten Bildungsaspekten und Unterstützungen sozialer Initiativen ist ja nicht soviel falsch. Wohl aber an dieser Ordnungswache, welche uns laut Kampagne „Ordnung, Schutz und Sicherheit“ vermittelt. Mehr noch, sie erhöhe „mit ihrer Präsenz das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung“. Richtig. Das subjektive. Für viele Menschen in Graz, darunter auch zahlreiche StudentInnen, vermittelt die Ordnungswache eher ein Gefühl der Kontrolle und Überwachung.
Die Stadt der WächterInnen Wie man auf der Homepage lesen kann, wächst die Ordnungswache immer mehr „zu einer Erfolgsgeschichte“. Ein Erfolg, der anscheinend Lust auf mehr macht. So verwundert es nicht, dass im April 2014 das Personal aufgestockt wurde. Nun achten fast 40 MitarbeiterInnen, die ihre Uniformen „stolz und selbstbewusst, aber auch dienend“ tragen sollen, in unserer Lebensstadt auf Recht und Ordnung. Gemeinsam mit der erhöhten Anwesenheit anderer Uniformierter wie dem Parkraumservice und der ohnehin existierenden Polizei stärkt man aber auch Gefühle der Kontrolle und Überwachung. Und das, ohne sich vor Einführung der WächterInnen „Problemzonen“ wirklich näher anzusehen oder auf Alternativen Rücksicht zu nehmen.
Stadt der organisierten Ausgrenzung und Gesetze
Stadt unseres selbstbestimmten Handelns!
Derweil wären Alternativen durchaus vorhanden – zum Beispiel durch selbstbestimmtes Handeln im öffentlichen Raum, der, zugegeben, in unserer Lebensstadt immer kleiner wird. Denn unter gerne verwendeten Schlagworten wie „Sauberkeit“ und „Sicherheit“ wird eine Kultur der gegenseitigen Kontrolle gefördert und ein bedenklicher Wertewandel innerhalb der Grazer Gesellschaft in Gang gesetzt. So werden Jugendliche, Fremde und in Armutsverhältnissen lebende Menschen still und heimlich, aber nichtsdestotrotz effektiv von repräsentativen Stadtteilen, wie dem Hauptplatz, verdrängt.
Der öffentliche Raum in Graz wird dennoch, abseits der Gebote und Verbote, selbstbestimmt genutzt. Nicht nur verkehrstechnisch, wie in der Sackstraße in Richtung Hauptplatz, wo das unbewusste Verhandeln um öffentlichen Raum zwischen RadfahrerInnen und PassantInnen ohne „Regulierung von Oben“ schlicht und einfach funktioniert. Oder beim Shared Space am Sonnenfelsplatz, den früher zirka 15.000 Fahrzeuge täglich und 3.000 FußgängerInnen und 640 RadfahrerInnen pro Stunde überquerten.* Auch in künstlerischen und gemeinnützigen Bereichen wird öffentlicher Raum genutzt, oftmals ausgehend von Initiativen diverser Vereine. Beispiele wären der bekannte „Annenviertelflohmarkt“ oder das beliebte Straßenfest „Lendwirbel“. Zugänge, die Menschen in Graz Möglichkeiten bieten, sich Raum zu nehmen, der ihnen ohnehin zustünde. Dies bedeutet zwar klarerweise die Notwendigkeit eines erhöhten Maßes an Sozialkompetenz im Umgang mit Diversität, gestaltet sich aber wahrlich befriedigender als von oben diktierte Ausschlüsse und Sanktionen, wie das die Stadt Graz gerne tut. So hinterlässt auch dieses diffuse „Stadt meines Lebens“ einen weniger bitteren Nachgeschmack.
„
sIcherheIT orDnung sauberKeIT „ Diese Verdrängung geschieht in vielfältiger Form und Weise. Sei es durch das Errichten einer Alkoholverbotszone, einer strengen Ahndung von Anstandsverletzungen – darunter „aggressives“ Betteln – oder durch zahlreiche Überwachungskameras. Auch eine sogenannte Architektur der Ausgrenzung, bei der schon in der Planung diverse Möglichkeiten der Nutzung öffentlichen Raumes ausgeschlossen werden, trägt dazu bei. International bekannt-berüchtigt durch Speerspitzen gegen Obdachlose in London, findet sich ausgrenzende Architektur zum Beispiel auch in der neu gestalteten Annenstraße bei den Haltestellen. Die Lehnen der Sitzbänke sind nämlich so angebracht, dass man sich nicht hinlegen kann. 5
Tipp: Ausstellung „Graz offene Stadt Ordnungspolitik und Möglichkeitsräume“, GrazMuseum, Sackstraße 18; noch bis 23. 03. 2015! Maximilian H. Tonsern Twitter: @BlackBertl I feuilletonsern.at
*Quelle: Kleine Zeitung 2011
interVieW
Josef, der Widerstand und Wir Josef Hader schlendert – fünfzehn Minuten zu spät – gemütlich auf uns zu. An seinem schwarzen Ledermantel baumelt ein Kabel, schlängelt sich um seine Nadelstreifhose, vorbei an den gestreiften Socken, den klobigen Schuhen, bis an den Boden. Mit zerzausten Haaren, in einer Strickjacke und einem „I loss ma nur no schnell an Kaffee oba – wuits ah an?“ beginnt unser Gespräch.Wir plauderten mit Hader über fünf Jahre „Unibrennt“ und die Politik als Gummiwand, wie er Protest im Kabarett umsetzt und warum ihn Wutbürgertum ans Speiben erinnert.
Libelle: Bei den Uni-Besetzungen 2009 warst du live dabei und hast die Studierendenbewegung „Unibrennt“ unterstützt. Ein Grund zum Feiern?
Es scheint, Studierende nehmen Prekarisierungen in den Universitäten wie Einsparungen, Verschulung und Ökonomisierung einfach hin. Oder?
Josef Hader: Das müsstet ihr besser wissen (lacht). Zu Beginn der Proteste war es mir ein Anliegen, die Studierenden zu unterstützen, weil ich strikt gegen Einsparungen in der Bildung bin. Außerdem war ich persönlich während meiner Studienzeit sehr dankbar über Beihilfen. Es war ein beruhigendes Gefühl, studieren zu können, obwohl man aus einem Elternhaus stammt, das finanziell nicht viel beitragen kann.
Das Bologna-System wurde vor fünf Jahren eingeführt und der Ärger darüber verebbte nur langsam. Viele haben das frustrierende Gefühl, dass die Politik wie eine Gummiwand sei: Zu Beginn gibt sie ein bisschen nach, doch geht man ein Stück zurück, breitet sie sich sofort wieder aus. Die Studierenden wissen außerdem, dass sie nicht jahrelang Protest betreiben können, denn sie müssen trotz den widrigen Umständen zum Abschluss kommen. Zu6
sätzlich ist immer weniger Geld vorhanden und dadurch jobben immer mehr. Somit haben Studierende weniger Zeit, kurz durchzuatmen und sich über die Situation an den Unis Gedanken zu machen. Warum hast du eigentlich dein Studium abgebrochen und dich dem Kabarett verschrieben? Mein Berufswunsch hat sich durch Kontakte im Studium entwickelt. Schlussendlich dachte ich mir: „Machst halt den Kasperl außerhalb der Schule für ein aufmerksameres Publikum, das Eintritt zahlt.“
Ich war übrigens noch nie auf einer „Gegen-Demo“. „Für-Demos“ finde ich viel sinnvoller.
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Wie ist die „Jugend von heute“? Sie war ja immerhin nicht der Grund für den Abbruch deines Lehramtsstudiums. Vieles ist heute differenzierter: Es gibt keine großen Jugendbewegungen mehr. Dem Stehsatz, die Jugend interessiere sich nicht mehr für Politik, stehe ich allerdings sehr skeptisch gegenüber. Es resigniert zwar ein Teil, weil man das Gefühl hat, nichts verändern zu können. Bei starren Verhältnissen entsteht Resignation aber bei Jung und Alt - also auch bei mir, denn die Rahmenbedingungen lassen uns keinen Veränderungsspielraum. Eine Zeit lang war Kabarett sehr politisch und gesellschaftskritisch. Hat es denn heute noch Protestpotenzial? Kabarett und Kunst ist immer ein Spiegel der Zeit. Angefangen hat Kabarett wie ein Vorspeisenteller, als Mischung unterschiedlichster Kunstformen: Revolutionäre DichterInnen, JongleurInnen und ChansonsängerInnen teilten sich einen Abend. In dem Moment, als sich die Gesellschaft politisierte, passierte dasselbe mit dem Kabarett und umgekehrt. Es wird nicht prinzipiell immer alles schlechter, es sind vielmehr Auf- und Abbewegungen.
„ Kabarett und Kunst ist immer ein Spiegel der Zeit.
oder zum Beispiel RassistInnen an, weil die nicht in meine Vorführung kommen. Kunst bringt dich zwar nicht auf die Straße, sie ist aber trotzdem wichtig, weil sie uns zu denken und die Entwicklung zu beeinflussen hilft. Im Idealfall bringt sie Ideen, die später einmal von allen übernommen werden.
„ Es gibt keine großen Jugendbewegungen mehr.
„
Apropos Protest: Bist du ein Wutbürger? Ich würde mich eher als „Mutbürger“ bezeichnen. Denn Wutbürger zu sein, ist unreflektiert. Außerdem erinnert mich das ans „Speiben“: Ist man fertig damit, ist alles draußen und man hat keine Kraft mehr. Ich war übrigens noch nie auf einer „Gegen-Demo“. „Für-Demos“ finde ich viel sinnvoller, obwohl es mir genauso den Magen umdreht, wenn die FPÖ eine Kundgebung veranstaltet. Als Demokrat denke ich mir aber: Es ist ihr Recht. Genauso ein Recht ist es, danebenzustehen und dagegen zu sein. Nur Gewalt lehne ich strikt ab.
„
In Graz sind viele lustige Dinge wie Radfahren im Park, Alkohol trinken in der Öffentlichkeit, Musizieren auf der Straße verboten. Gehören diese Verbote verboten?
Wie setzt ein Josef Hader Protest im Kabarett um? Mir fiel in meiner Schulzeit auf, dass es leicht ist Leute vorzuführen, die die Mehrheit für Trotteln haltet. Im Schulkabarett waren es also die LehrerInnen. Jetzt mache ich vorwiegend Kabarett über meine ZuschauerInnen – und mich. Wir sind Menschen in einem Gesellschaftssystem. Dadurch ist ein Kabarett über uns nicht unpolitisch. Ich prangere kein System
Da muss ich länger nachdenken, weil mich in Graz schon ein paar Mal RadfahrerInnen fast umgestoßen haben (lacht). Schnell, schwarz angezogen und ohne Licht radeln, finde ich also ganz schlecht. Es ist jedoch nicht richtig, Alkohol am Hauptplatz prinzipiell zu verbieten, den Verkauf davon am Würstelstand aber zu erlauben. Klassische Musik beim BillaEck würde mich übrigens nicht vom Trinken abhalten. Im Gegenteil.
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Das wunderschöne Gegenstück zu Verboten ist die Freiheit. Was ist das für dich? Die Zeit, Dinge zu verfolgen, ohne im Hinterkopf zu haben, dass ich etwas damit verdienen kann. Das ermöglichte während dem Studium mein Stipendium und heute das Kabarett. Jetzt mache ich mir meine Beihilfe sozusagen selbst. Fünfzehn Minuten vor seinem Auftritt im Orpheum fällt Josef Hader ein, dass er sich noch einsingen muss. Er beginnt zu jodeln, während unser Fotograf Bilder schießt. Wir schlendern aus dem Backstagebereich, im Wissen, ganz entspannt mit Josef Hader geplaudert zu haben. Später betritt er die Bühne und wir sind uns sicher, dass wir Josef vor kurzem noch ganz privat gegenübergestanden sind. Und ganz so anders als auf der Bühne ist er gar nicht, der Josef mit zerzausten Haaren, in der Strickjacke. Andreas Binder anderas.mbinder@gmail.com Sara Noémie Plassnig Twitter: @saplanot
Programmhinweis: Hader spielt Hader 21. und 24. Jänner 2015, 20:00 Uhr, Orpheum Graz Karten: oeticket.com, spielstaetten.at
ÖH uni GraZ
Als Vorsitzteam der ÖH Uni Graz kämpfen wir bereits eineinhalb Jahre für eure Rechte, gegen ungerechtfertige Verbote und für eine Verbesserung der Situation von Studierenden in Graz.
Seit 4. Juli 2014 arbeiten wir in etwas veränderter Konstellation zusammen: Catherine Vlay ist nun unsere neue 2. stellvertretende Vorsitzende, gemeinsam mit Florian Ungerböck als Vorsitzenden und Sanel Omerovic als 1. stellvertretenden Vorsitzenden stehen wir euch weiterhin mit vollem Einsatz zur Verfügung. Wir finden, manche Verbote können durchaus sinnvoll sein, vor allem, wenn sie Menschen vor Schaden bewahren. Studierendenvertretung bedeutet für uns jedoch, sich gegen unfaire Verbote einzusetzen. Eine Einschränkung, die einem Verbot gleichkommt, beschäftigt uns derzeit: Es handelt sich um die erschwerte Arbeitserlaubnis für ausländische Studie-
rende aus dem Nicht-EWR-Raum. Ende Oktober fand – organisiert vom Referat für ausländische Studierende – eine Impro-Theateraufführung der Gruppe InterAct mit anschließender Podiumsdiskussion statt. Dabei wurde aufgezeigt, mit welchen Rassismen Menschen aus dem Ausland in Österreich klarkommen müssen, vor allem aber auch, welche arbeitsrechtlichen Hürden ausländische Studierende überwinden müssen. Ein Verbot, das uns auch bereits seit über einem halben Jahr beschäftigt, ist der nach wie vor fehlende Anspruch von Studierenden auf das steirische Topticket. Es gab bereits unzählige Gespräche mit VertreterInnen der steirischen Landtagsparteien. Trotz durchwegs positiven Rückmeldungen wurde unserer Petition noch immer nicht entsprochen. Tausende steirische Studierende müssen weiterhin auf ein günstiges Ticket warten. Der Landesregierung scheint nicht klar zu sein, dass sie es sich hier mit einem wesentlichen
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Teil der Bevölkerung, den Studierenden, immer mehr verscherzt. Wir kämpfen weiter jeden Tag für eine Verbesserung der Situation von Studierenden und lassen uns auch nicht von Rückschlägen oder weiteren Verboten entmutigen. Euch wünschen wir jedenfalls viel Erfolg für das nächste Jahr und eine ruhige und erholsame Ferienzeit. Euer neues Vorsitzteam
Flo, Cathi und Sanel
referate der ÖH uni GraZ
Sozialreferat auf der Kippe Prüfungen, die kein Problem dargestellt hätten, wurden zur Existenzfrage. Mitunter wurde der Druck zu hoch und Nadine bestand nicht. Neben dem Uni-Stress schlug sich der finanzielle Engpass auch im Privatleben nieder. Fortgehen war nicht mehr drin, ebenso Unternehmungen mit FreundInnen. Das finanzielle wurde zu einem persönlichen Tief.
An der Karl-Franzens-Universität studieren fast 4000 StudentInnen, die keine österreichische Staatsbürgerschaft haben. Sie haben meist keinerlei Anspruch auf Beihilfen – und geraten dadurch in soziale Notlagen. So passierte es auch Nadine*. Nadine ist 23 Jahre alt. Nach ihrem Abitur kam sie nach Graz, um Molekularbiologie zu studieren. Als Deutsche bekam sie durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFÖG) einen Studierendenkredit, der zurückbezahlt werden muss. Das Geld reichte gerade zum Leben und, um hier und da etwas für die Rückzahlung beiseitezulegen . Bei der Einteilung der Laborplätze bekam Nadine aber keinen Platz. Sie verlor ein Semester und damit die Unterstützung durch die BAFÖG. Als Deutsche hatte sie keinen Anspruch auf Studienbeihilfe. Das für die Rückzahlung gedachte Geld musste herhalten. Nach ihrem Plan hätte Nadine mit einem Semester „Verspätung“ so über die Runden kommen können, doch der finanzielle Druck hinterließ Spuren.
Unterstützung aus dem Sozialtopf der ÖH und von KollegInnen aus dem Studierendenheim halfen Nadine, das finanzielle Tief zu überwinden. Dennoch ist Nadine kein Einzelfall, nicht wenige Studierende stehen finanziell auf der Kippe. Vielen bleibt nur der Studienabbruch. * Name von der Redaktion geändert Eine Langfassung des Artikels findet sich auf soziales.oehunigraz.at
Alternativreferat urban future: Wie nachhaltig ist neoliberalismus? ,Time to act`, ,networking` und ,doing business` waren drei zentrale Schlagwörter der „Urban Future“ UN-Konferenz, welche am 17. und 18. November in Graz über die Bühne ging. Diskutiert wurde, wie Smart Citys der Zukunft aussehen. Doch das schien einigen zu wenig. Ein breit aufgestelltes Bündnis aus zivilgesellschaftlichen AkteurInnen in Graz veranstaltete die Urban Future Bar, welche die Konferenz um die Fragestellung erweiterte, wie BürgerInnen Städte mitprägen würden. Beide Veranstaltungen konzentrierten sich auf einen Nachhaltigkeitsdiskurs, der aber zentrale soziale Fragen außer Acht ließ. Nach dem Motto „der Markt wird‘s richten“ fehlte die kritische Auseinandersetzung mit (den Folgen) neoliberaler Stadtentwicklung: Ausverkauf des öffentlichen Sektors, Prekarisierung vieler Bereiche, Einschränkung kultureller Vielfalt abseits kommerzieller Angebote, explodierende Mietpreise, Verbote und vieles
mehr. Ein Recht auf Stadt wurde nicht diskutiert, geschweige denn die Bedeutung von Urban Commons und dem Öffentlichen. BürgerInnenbeteiligung, dort wo sie stattfindet, ist oberflächlich und bleibt mehr Schein als Sein, weil geeignete Formate fehlen. Oder haben die PolitikerInnen Angst, dass bei ernsthafter BürgerInnenbeteiligung der neoliberale Umbau der Stadt/Gesellschaft verhindert werden kann? Selbst das Univiertel fällt einer restriktiven, konservativen „top-down“-Stadtpolitik zum Opfer. Eine Stadt der Zukunft braucht eine gemeinsame Vision mit den Menschen, die in ihr leben, keine ExpertInnen-Folklore, in der Menschen nur KonsumentInnen bleiben. 10
referate der ÖH uni GraZ
Queer Referat staMM des aBHÄnGenden orGans Ein Weg, ein zweigeteilter Stamm und eine besondere Art der Naturverehrung. Zu Besuch beim Stamm des abhängenden Organs lernten wir, das Carmawoolves-Forschungsteam, viel und auch nichts. Ein Auszug. Den Ortskern, den wir bei unserer Beobachtung aufsuchten, nennen die Stammesmitglieder Herrengasse, ein gerade verlaufender Weg, der von beiden Seiten mit Gebäuden versehen ist. Direkt nach unserer Ankunft wurde uns nicht nur vom Häuptling, sondern auch von anderen Stammesmitgliedern erzählt, dass sich der Stamm in nur zwei Gruppen teilt. Die eine Hälfte des Stammes wird vorwiegend als Männer, aber auch als Burschen oder Typen bezeichnet. Diese zeichnen sich in erster Linie durch ein abhängendes Organ zwischen den Beinen aus – die genaue Bezifferung der Länge ließ Widersprüche in den Gesprächen mit den Mitgliedern zu. Auch erklärte man uns, dass es andere wichtige Unterscheidungsmerkmale gibt, die nicht nur äußerlich erkennbar sind, sondern auch in ihrem Verhalten, welches sie immer wieder rituell vollziehen, um ihre Zugehörigkeit zu dieser Gruppe zu beweisen. So waren wir anfangs verwundert, in jener Herrengasse, die nach einer Hälfte der Stammesmitglieder benannt wurde, nicht nur die Gruppe der Herren (=Männer) anzutreffen, sondern auch jene der Frauen, Mädels oder Weiber – auch diese Bezeichnungen variieren. Primär sei die Gruppe der Frauen durch das Fehlen des zuvor erwähnten Organs erkennbar, aber auch an Kopfschmuck und Bekleidung. Wir dachten, schlecht vorbereitet zu sein, da für uns dieses verehrte Organ im Gegensatz zu den Stammesmitgliedern nicht ersichtlich war. So versuchten wir, durch weitere Erkennungsmerkmale die Gruppen zu unterscheiden, jedoch ohne Erfolg. Ein langer Kopfschmuck und Gesichtsbemalung würden etwa nur von der Gruppe der Frauen getragen. Dies konnte jedoch von uns falsifiziert werden, da diese Regeln nicht von allen geteilt werden - genau wie die Einteilung in zwei Gruppen durch bestimmte Bekleidung. Alle Versuche, den Stamm zu verstehen, schlugen fehl – so beendeten wir unseren Feldaufenthalt. Unsere Beobachtungen lassen zwei Ergebnisse zu: 1. Die Stammesmitglieder sind keine sozialen Wesen, da sie nicht die gleichen Informationen und Regeln teilen und aneinander vorbeikommunizieren. 2. Sie sind seit jeher der naturverbundenste Stamm, da sie ein meist verborgenes Organ für ihr Zusammenleben verantwortlich machen, welches als naturgegeben verehrt wird. Letzteres halten wir für zutreffender. 11
uni LeBen
Keine anGst Vor saCKGassen Das Leben ist nicht immer leicht. Das hat uns auch niemand versprochen - aber auch kaum jemand sagt uns, was wir tun können, wenn die Angst in einer Sackgasse zu landen plötzlich real wird. Die Ferien sind vorbei und es geht wieder
zurück an die Universität. Doch die anfängliche Unbeschwertheit zu Semesterbeginn ist getrübt. Etwas ist anders, etwas liegt in der Luft. Mit Blicken weicht man einander aus, Worte werden eher spärlich gewechselt. Bis jemand den Mut hat es anzusprechen: Eine Kommilitonin hat sich das Leben genommen. Die Zeit vergeht und wir denken darüber nach, was passiert ist. Manchmal auch, was anders hätte passieren sollen. Vielleicht geben wir uns sogar ein wenig selbst die Schuld daran. Aber die Wahrheit ist: Wir als Unkundige, selbst als FreundInnen, können die Vielzahl von Faktoren, die zu dieser Handlung geführt haben, nicht überblicken. Aber es gibt durchaus Menschen, die eine dementsprechende Expertise haben. Graz bietet eine Vielzahl von Anlaufstellen für Menschen mit Problemen oder Krisen. Im Gespräch mit Eva EggerZeidner, Leiterin der psychologischen Studierendenberatung, stellt sich heraus, dass einige StudentInnen mehr als nur Studienwahlberatung suchen. Unterstützung jeglicher Art, insbesondere in Form von Gesprächen oder Psychotherapien, wird hier in Anspruch genommen. Diese Hilfe ist leicht zugänglich, kostenlos und Wartezeiten sind im Durchschnitt mit zwei bis drei Wochen sehr gering. Unterstützung bekommt man auch von
der Gesellschaft zur Förderung seelischer Gesundheit, die in Graz gleich mit zwei psychosozialen Beratungsstellen vertreten ist. Behandlungen und Beratungen sind kostenfrei. Bei akuten Notfällen sind die eben angeführten Organisationen sowie die psychiatrischen Ambulanzen der Landesnervenklinik Sigmund Freud und die des Landeskrankenhaus Universitätsklinikum Graz als Anlaufstellen geeignet. Wenn Hemmungen vor persönlichen Gesprächen bestehen, kann man auch zum Telefon greifen und sich von ausgebildeten GesprächspartnerInnen der Telefonseelsorge, die rund um die Uhr erreichbar sind, anonym beraten lassen. Eine E-Mail an eine der Beratungsstellen ist ebenfalls ein einfacher Weg. Niemand ist schuld an seinen seelischen Problemen oder gar an einer psychischen Krankheit, und alle Betroffenen haben ein Recht auf Hilfe. Oft erleben wir einen tabuisierten Umgang mit diesem Thema. So ist es an uns, mit vorherrschenden Tabus zu brechen und neue Wege zu beschreiten. Wir müssen offen über Probleme und besonders über die Möglichkeiten ihrer Lösung sprechen können. Dann werden wir entdecken, dass es Sackgassen eigentlich gar nicht gibt. Mario Brandstetter Twitter: @N8ShiftWriter 12
anLaufsteLLen: Psychologische Beratungsstelle für Studierende Dreihackengasse 1, 8020 Graz Tel.: 0316/814748 www.studierendenberatung.at psych.ber@uni-graz.at Psychosoziales Zentrum Graz Ost Hasnerplatz Hasnerplatz 4, 8010 Graz Tel.: 0316/676076 www.gfsg.at psz.hasnerplatz@gfsg.at Psychosoziales Zentrum Graz Ost Plüddemanngasse Plüddemanngasse 45, 8010 Graz Tel.: 0316/228445 www.gfsg.at psz.plueddemanngasse@gfsg.at LKH - Ambulanz Psychiatrie Auenbruggerplatz 31, 8036 Graz Tel.: 0316/385/13616 psychiatrie.uniklinikumgraz.at psychiatrie@klinikum-graz.at Landesnervenklinik Sigmund Freud Graz Wagner Jauregg Platz 1, 8053 Graz Tel: 0316/2191/501 www.lsf-graz.at internet@lsf-graz.at WEIL - Weiter im Leben Hilfe für suizidgefährdete Menschen und Angehörige Sparbersbachgasse 41, 8010 Graz Tel.: 0664/35 86 786 t www.weil-graz.org office@weil-graz.org Telefonseelsorge Notruf Österreichweit: 142 telefonseelsorge@edw.or.at
uni LeBen
Master of desaster Spätestens nach dem Studium stellt sich für viele die Frage, was man denn mit dem eigenen Master anfangen könnte. Dann heißt es kreativ sein, offen sein, selbst denken – Dinge, die an immer verschulter werdenden Universitäten nicht vermittelt werden.
Ich bin ein „schwarzes Kastl“ und stehe
symbolisch für alle Studierenden, die ihren Master aus diversen Gründen nicht in Mindeststudienzeit absolviert haben. Als „schwarzes Kastl“ habe ich Ecken und Kanten – ganz anders als diejenigen, die rückgratlos und angepasst sind, ganz anders als diejenigen, die sich auf Befehl drehen, wenden und verbiegen können. Ganz anders als diejenigen, die in unserem (Bildungs-)System etwas zu sagen haben. Aber nicht nur dadurch, dass ich ein Quadratschädel bin, der lieber stur seine eigene Meinung vertritt, als die Meinung anderer unreflektiert zu übernehmen, hat mein Studium länger als „normal“ gedauert. Vor allem habe ich deshalb länger studiert, weil uns als Studierenden ständig neue Stolpersteine von der Uni-Graz in den Weg gelegt werden: Sei es ein EDVSystem, das den Versand und das Abrufen
von E-Mails zu einer Herkulesaufgabe werden lässt, eine neue Master-Vorziehregelung, die zu unnötigen Stehzeiten im Studium führt oder seien es zu wenige Scanner und Kopierer, die, wenn man sie nach langer Suche einmal gefunden hat, nicht funktionieren. Auch eine stetige Serviceverschlechterung, Bibliotheken mit unzureichenden Öffnungszeiten, ein mangelndes Lehrangebot, rechtswidrig eingehobene, autonome Studiengebühren und Kleinlichkeiten bei der Anrechnung von Lehrveranstaltungen spielten da eine große Rolle. Doch nicht nur die Uni Graz ließ mich, das schwarze Kastl, stolpern. Auch das Wissenschaftsministerium trug seinen Teil bei: Ein Wissenschaftsminister, der lieber Wirtschaftsminister und Vizekanzler ist, als sich um die Angelegenheiten der Studierenden zu kümmern, ein unzureichendes Stipendiensystem, die Kürzung
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der Bezugsdauer der Familienbeihilfe und absolute Planlosigkeit der Politik. Und dann? Am Ende des Uni-Abschluss-Hürdenlaufs? Erstmal Arbeitslosigkeit, langwierige Jobsuche, prekäre Jobs. Humankapital, das brach liegt. Nicht nur hierzulande – in ganz Europa. Aber was soll‘s – die Hoffnung stirbt zuletzt. Und Not macht erfinderisch. Mit meinem Master kann ich mich anfangs als Hausmaster oder Bademaster über Wasser halten. Vielleicht bringe ich es später einmal zum Bürgermaster oder Brandmaster bei der örtlichen Feuerwehr. Am Ende schaffe ich es möglicherweise sogar mit Sturm Graz, schwarz wie die Zukunft von Europas AkademikerInnen, als Trainer Österreichischer Fußballmaster zu werden. Oder so. Markus Schicker
uni LeBen
iMOOX – I MOGʻS
Wer anderen HiLft, HiLft siCH seLBst
Die Uni Graz ist die erste österreichische Universität, die Lehrveranstaltungen online anbietet. Die Teilnahme ist kostenlos und erfolgt zeit- und ortsunabhängig.
„Wohnen für Hilfe“ feiert heuer sein 20-jähriges Jubiläum. Die Initiative vermittelt Wohngemeinschaften zwischen StudentInnen und Menschen, die Hilfe benötigen.
Das Phänomen Massive Open Online Courses (MOOC), also kostenlose Online-Kurse für eine große Zahl von TeilnehmerInnen, ist im internationalen Raum schon länger bekannt und hat nun auch Österreich erreicht. Initiiert wurde der Trend von amerikanischen Elite-Unis wie Harvard, Yale und Co., die einige ihrer Lehrveranstaltungen ins Internet stellten, um einer breiten Bevölkerungsschicht Zugang zu Bildung zu ermöglichen.
Seit 20 Jahren vermitteln ehrenamtliche MitarbeiterInnen StudentInnen an Menschen, die Hilfe benötigen. Das besondere an dem Projekt: Ein Quadratmeter Wohnraum entspricht zirka einer Stunde Hilfe im Monat. So wird die Wohngemeinschaft zu einer Win-Win-Situation für beide Parteien. Ältere Menschen oder auch jüngere Familien bieten eine Unterkunft, StudentInnen bieten als Gegenleistung Hilfestellungen, beispielsweise bei der Gartenarbeit, beim gemeinsamen Kochen oder beim Babysitten.
Inzwischen beteiligen sich schon Universitäten aus der ganzen Welt. Zur Teilnahme sind keine Voraussetzungen erforderlich, sie unterliegt auch keinen Zulassungsbeschränkungen. ZuhörerInnen müssen auch nicht unbedingt StudentInnen sein: das Einzige, was man für die Teilnahme braucht, ist ein Internetzugang. Die meisten Kurse haben eine Laufzeit von mehreren Monaten. In den Kursen werden neben Videos von Vorlesungen auch interaktive Übungen und Tests angeboten.
Um die 20 BewerberInnen stehen zurzeit auf der Warteliste für einen der begehrten Wohnplätze. StudentInnen sollten sich aber nicht nur wegen des finanziellen Aspekts bewerben. „Es ist wichtig, den sozialen Gedanken dahinter zu sehen und Interesse mitzubringen“, meint Claudia Kastner, Leiterin des Solidaritätsprojekts. Auch der Zeitaufwand, welcher in die Wohnpartnerschaft gesteckt werden muss, darf nicht unterschätzt werden und kann durchaus mit einem Nebenjob verglichen werden. BewerberInnen sollten sich telefonisch informieren und zur Anmeldung persönlich im Büro erscheinen.
Auch die iMooX-Kurse der Uni Graz funktionieren nach demselben Prinzip. Nach Registrierung auf www.imoox.at kann man auf Vorlesungen wie zum Beispiel „Lernen im Netz“, „Soziale Medien und Schule“ und „Aha-Erlebnisse aus der Experimentalphysik“ zugreifen. Während der Laufzeit werden die Kurse aktiv betreut und von einem Diskussionsforum begleitet, nach Abschluss erhält man ein Teilnahmezertifikat.
Das Team von „Wohnen für Hilfe“ freut sich über alle StudentInnen, die ein ernsthaftes Interesse an dem gemeinnützigen Zusammenleben haben. „Die gelungenen Vermittlungen sind Erfolgserlebnisse unserer Tätigkeit“, erzählt Kastner weiter. „Viele Menschen bedanken sich oft im Nachhinein und sind froh, mitgemacht und etwas Bleibendes erlebt zu haben.“
Sara Del Negro
Kerstin Quast Twitter: @XVkerstinV
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KateGorie X
aLLes GeBen Die Zeichen stehen auf Abschied. Was früher DIE Studierendenstadt Österreichs war, wird langsam zum Traumlandporno der PensionistInnen und RuhestörungsAnruffetischistInnen. Graz verändert sich, aber wohin geht die Reise? Ein Walk of Shame.
Mit „Take A Walk“ von Passion Pit in
den Ohren folge ich dem Beispiel des Refrains. Vom Eingang der Karl-Franzens-Universität spaziere ich über den Shared Space die Beethovenstraße entlang, bis zur Elisabethstraße. Früher war diese Kreuzung ein Ort der Begegnung, das Univiertel hat uns zahlreiche lustige Nächte beschert. Viele Freundschaften wurden hier geschlossen. Sogar die eine oder andere Liebesbeziehung. Heute ist es verdammt ruhig dort. Inklusive Alkoholund Musikverbot ...
Weiter geht’s über die Glacisstraße in den Stadtpark. Wer hier mit dem Rad unterwegs ist, sollte lieber absteigen. Auch für SlacklinerInnen oder HängemattenschläferInnen ist der Stadtpark zum Sperrgebiet geworden. Nicht zu vergessen die Troubles vom Parkhouse. Dazu will ich nicht mehr viel sagen. Obwohl: Am Freiheitsplatz entsteht gerade ein DachgeschoßPenthouse mit einem Quadratmeterpreis von 10.560 Euro ...
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Ich schlendere die Sporgasse zum Hauptplatz hinunter, als ich einen wirklich tollen Sound höre. Eine sanfte Frauenstimme, leise begleitet von einem Gitarristen. Die Musik verleiht der Gasse ein charmantes Flair, enorme Aufwertung. Aber ohne Anmeldung geht in der Grazer Innenstadt gar nichts. Das gilt auch für BettlerInnen, diese müssen sich bei der Stadtverwaltung anmelden ...
Am Hauptplatz fährt alle paar Minuten die Straßenbahn vorbei. In diesem Streckenabschnitt kostenlos, da „Altstadtbim“. Die Studierendenpreise für die Öffis hingegen sind in den letzten Jahren fast um 30 Prozent gestiegen. Über den Platz thront das Rathaus mit seiner beeindruckenden Architektur. Genau dort sitzen sie, die EntscheidungsträgerInnen. Außer bei den Snackbuden herrscht auch hier ein Alkoholverbot. Damit niemand den PolitikerInnen vor die Füße kotzen kann...
sturZfLuG. Ich könnte noch weiter Richtung Annenviertel gehen – zum ehemaligen Niesenberger oder der Papierfabrik. Aber es reicht für heute. Ich will auch nicht sagen, dass früher alles besser war. Trotzdem hat sich Graz in den letzten Jahren stark verändert. Dem „Lebensstandard“ und dem „verbesserten Zusammenleben“ wird alles untergeordnet – ohne zu merken, dass genau diese Dinge damit verschlechtert werden. Es trifft vor allem die jungen BewohnerInnen. In Graz sind heute knapp 100.488 Menschen unter 30 Jahre, fast 37 Prozent der Gesamtbevölkerung*. Und dennoch versinkt die Stadt langsam in ihren Regulierungen und bleibt im Sumpf der Verhaberung stecken. Auch die kreative Szene leidet darunter. Und ich verzichte jetzt auf den Schenkelklopfer „City of Design“. Es gibt noch einige tolle Projekte wie den „Lendwirbel“ und das „Elevate“, dazu szenenspezifische Veranstaltungen a la „Marketing Rockstars Festival“ oder „Schwarzes Herz“. Danach kommt lange nichts. Auch in beruflicher Hinsicht: Ein paar Brands und Unternehmen können international brillieren, der Rest tümmelt in der heimischen Provinz vor sich hin.
Get up, stand up. Eigentlich sollte Graz verdammt stolz auf uns StudentenInnen und junge Menschen sein. Wir beleben die Stadt. Wir sichern die Zukunft der „Alten“. Denn was ist Graz ohne junge Menschen? Das Kunsthaus, die Altstadt und der Uhrturm – nicht mehr, nicht weniger. Aber auch wir müssen aktiver werden. Nicht immer nur echauffieren, sondern selbst dagegen auftreten. Idealismus reicht dafür nicht aus, wir müssen die Sache selbst in die Hand nehmen. Auch wenn wir nicht alle in Graz geboren sind. So wie einst Albert Camus schrieb:
„ Die wahre großzügigkeit der Zukunft gegenüber besteht darin, in der gegenwart alles zu geben.
„
Markus Knauss Twitter: @knaussi | www.dreamk.at * Quelle: Bevölkerungsstatistik der Landeshauptstadt Graz, Stand: 01.01.2014
Die Stadt hat auch noch ein weiteres Problem: den Widerstand. Denn dieser ist so gut wie nicht vorhanden. Viele Studierende haben zwar Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt in Graz, interessieren sich aber wenig für die Stadtentwicklung. Warum auch: Nach dem Studieren geht’s in eine beruflich attraktivere Stadt oder wieder zurück nach Hause.
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KEVINS kolumne
Achtung! Das ist ein künstlerischperformativer Text! Bitte laut lesen! Hier ist Kevin! Nicht „verhaltensauffällig und leistungsschwach“, ja, gar kein „Drogenkind“ bin ich, sondern ganz: Kevin, die Kultureule, der gute Vogel des Kulturreferats der ÖH Uni Graz. Obwohl ich klein, dick und voller Federn bin, dreht sich dort vieles um mich. Jetzt gibt’s sogar eine Veranstaltung mit meinem Namen: „Kevin will’s wissen“! – Eine Art Kriegserklärung gegen das „g’scheit Daherreden“, der Lieblingsbeschäftigung der sogenannten „G’studierten“. Stets bereit sind sie, die „G’studierten“, zur Umsetzung eines: „Warum einfach, wenn’s auch akademisch geht?“, und wundern sich, dass die sogenannten „kleinen Leute“ einen „Schleim“ auf sie – auf UNS haben. Weg mit dem Schleim! Und weg mit Babel! Die Details dazu könnt ihr ja unter dem unten angeführten Link nachlesen, aber nun nochmal zu mir: Ihr fragt euch sicher, warum ich denn eigentlich Kevin heiße. Schließlich ist „Kevin“, wie der zu Beginn zitierte Comedian Michael Mittermeier zum Besten gibt, weniger ein Name als eine Diagnose. Nun – genau darum! Weil ich dagegen bin, dass Probleme einfach an etwas Bestimmtem festgemacht werden und auch ganz fest daran geglaubt wird, dass die Probleme – z.B. mangelnde soziale Gleichheit – schon verschwinden werden, wenn es auch dieses Bestimmte – z.B. der Name Kevin – tut. Ungleiche soziale Bedingungen sind ein „Schönheitsmakel“ unserer Gesellschaft, der gerade im universitären Bereich allzu gerne ausgeblendet wird. Damit ist nun Schluss! Denn ich, Kevin, frage nach: „Wo ist Kevin?“ und „Wo ist Chantal?“ Genauere Infos unter: http://kultur.oehunigraz.at/kevin/
KateGorie X
t s u r F i Ant
tour durCH GraZ
Was macht man, wenn einem die Stadt, in der man lebt, so auf den (Uhrturm-) Zeiger geht, dass man am liebsten seine Sachen packen und für immer auswandern möchte? Richtig. Eine Anti-FrustStadttour. Ich kann bei aller Liebe keine patriotischen Heimatgefühle für dieses Provinzdörfchen, das sich seit Neuestem als die selbsternannte „Stadt meines Lebens“ tituliert, aufbringen. Dennoch habe ich beschlossen Graz eine zweite Chance zu geben. So habe ich zusammen mit meinem besten Freund eine Anti-Frust-Tour ge-
startet. Wir haben uns auf die Suche nach den wirklich coolen Seiten der Stadt begeben. Und siehe da, es gibt sie! Man muss nur ein bisschen genauer hinschauen. Nicht immer den schnellsten Weg gehen. Auch mal stehen bleiben und Ausschau halten. Denn die guten Dinge verstecken sich bekanntlich und wollen gefunden werden. In Hinterhöfen, kleinen Gassen, im letzten Stock einer Uni oder im Keller. Das hier geht also an euch, an alle Stadttitel-VerweigerInnen, Occupy-StadtparkBesetzerInnen, an die Non-KonformistInnen von Graz. Auf den nächsten Seiten werde ich euch weder „in eine andere Welt 17
entführen“, noch werde ich euch mit auf den Trip eures Lebens nehmen. Ich biete euch lediglich eine kleine, aber feine und sehr unvollständige Auswahl an netten Cafés, Restaurants, Lokalen, Kunst- und Kulturorten, die diese Stadt zu bieten hat. Ein Assortiment, das euch als Inspiration für eure ganz eigene Entdeckungs-Tour dienen kann.
Und im besten Fall ist Graz dann ein bisschen weniger, naja Graz eben. Tamara Sill
Tagger Werk
B端cherstube
Spektral
Lotte
La Madonnina
Mau Chi
Mau Chi
Hello Josephine
Schaumbad
Die Erbse international
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Kaisers
Cafe Mitte
Ma France
Zeichensaal
Tagger-Werk Wo: Puchstraße 17-21 Warum: Als Eventlocation hat sich die ehemalige Futtermittelfabrik schon längst etabliert. Anfang 2015 werden auch die Mietateliers bezogen. Die ersten Vernissagen dürfen somit nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Hello Josephine Wo: Franziskanergasse Warum: Ein Lokal, das längst Kultstatus erreicht hat und alle NachtschwärmerInnen, Künstlertypen und JazzliebhaberInnen in die Zeit von Ray Charles und Louis Armstrong zurückversetzt. Tipp: Das Tanzbein wird hier erst so richtig ab 2:00 Früh geschwungen.
Cafe Mitte Wo: Freiheitsplatz 2 Warum: Wegen des stilvollen Shabby Chic Interieurs, des feinen Thai-Currys und natürlich auch wegen der Illustration „Du bist so Graz.“ Die hat uns so gut gefallen, dass wir sie gleich an euch weitergeben. Hier: S.27 Mehr: cafemitte.at
Spektral I Freiraum Projekt in Graz Wo: Lendkai 45 Warum: Das Spektral ist ein ehrenamtlich organisiertes Projekt und bietet Infrastruktur für alles, was man sich nur irgendwie vorstellen kann: Von arabischen Tanzworkshops, über gemeinsames Transparente malen für Demos bis hin zu Yoga. Inklusive Umsonst-Laden, kulturcafe, media room und traumwerkstatt. Mehr: spektral.at
Schaumbad – freies Atelierhaus Graz Wo: Puchstraße 41 Warum: Weil es selten einen Ort gibt, an dem man eine so bunte Bandbreite an Kunst sehen, lesen, angreifen und hören kann. Neben den Ausstellungs-Ateliers befinden sich gleichzeitig auch die Werkstätten, in denen das junge KünstlerInnenkollektiv arbeitet. Mehr: schaumbad.mur.at
Kaisers – Smoked BBQ Wo: Kaiser-Josef-Platz 19/21 Warum: Beim Kaisers gibt’s, was der Markt (und der Standlnachbar) eben so hergibt. Meist feinste Rippchen, Beef und Pork. Vom Fleisch fällst du hier auf jeden Fall nicht. Mehr: kaisersbbq.at
Lotte Wo: Natürlich im Bezirk Lend. Wo sonst? Mariahilferstraße 21 um genau zu sein. Warum: Es ist dieses supercoole neue Lokal, von dem innerhalb kürzester Zeit einfach jedeR redet. So viel mag verraten sein – Berechtigt. Mehr: Ein Internetauftritt ist dem Bistro/Bar/Cafe anscheinend zu 90s. Bücherstube Wo: Im letzten Winkel der Prokopigasse 16, parallel zur Herrengasse Warum: Dieser Moment, wenn du dieses Büchergeschäft betrittst, das so klein ist, dass du dir bei der Decke den Kopf stößt, und einfach nie mehr rausgehen möchtest. Buchstäblich der beste literarische Nahversorger der Stadt. Außerdem: F*** Amazon. Support your local bookshop. Mehr: Bücher bestellst du hier noch persönlich: 0316 825 026 Mau Chi „De Windn“ Wo: Herrengasse 7. Warum: Weil Austrian and Asian fusion kitchen verdammt lecker und das Ambiente unglaublich sympathisch ist. Mehr: Join them on Facebook! La Madonnina Wo: Nikolaiplatz 1 Warum: Die kleine, dafür umso charmantere Tavernetta am Nikolaiplatz bringt das dolce vita nach Graz. Zwar nicht ganz so günstig, aber perfekt, zum gemeinsamen Essen gehen . Zu zweit .Oder zu zehnt.
Die Erbse international Wo: Griesplatz 4 Warum: Die kleine Erbse beschränkt sich nicht auf das klassische Woyzeck-Menü, sondern liefert kulinarische Genüsse von Asien, Arabien, Türkei, Israel/Palästina, Indien bis hin zur Karibik. Sehr sehr yummy. Mehr: Besser vorher anrufen und fragen ob ein Tisch frei ist (0650 50 181 56). Es gibt nämlich nur drei.
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Das netteste Deli der Stadt entdeckt. Yippie!
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Ma France – Èpicerie. Wo: Neutorgasse 7 Warum: Was macht ein gelernter französischer Koch und Konditor in Graz? Heimfahren, seine Koffer mit Spezialitäten aus Paris und Bordeaux füllen, nach Graz zurückkehren und ein französisches Feinkostgeschäft eröffnen. Wir GrazerInnen sagen merci für das netteste Deli der Stadt! Mehr: mafrance.at
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Zeichensaal Wo: TU Graz im letzten Stock. Warum: Hier gilt: Work hard. Play hard. Der studentisch organisierte Arbeitsraum ist Atelier und Werkstatt zugleich. Abends verwandelt er sich jedoch manchmal auch in eine Eventlocation für legendäre Zeichensaalparties. 19
GMOTA – KOLLEKTIVCAFé Wo: Münzgrabenstraße 57 Warum: Weil es deinen Projekten und Ideen wortwörtlich Raum gibt. Das GMOTA soll eine nichtkommerzielle Alternative zu konsumorientierten Treffpunkten der Stadt bieten Mehr:gmotaweb.wordpress.com
Viel Spaß bei deiner eigenen Tour durch Graz Falls du noch mehr Inspiration brauchst, Hier noch weiterführende Links: TransforMap „maps projects, initiatves, spots and spaces which lead to a better world“ Zeigt die alternative Seite von Graz. transformap.co Graz Secrets – do something you have never done before. Zeigt die geheime Seite von Graz. Erhältlich im App-Store. Luups – Liebe deine Stadt. Ein Gutscheinbuch, das Stadtführer zugleich ist. Zeigt dir die Stadt um den halben Preis. City Vision Graz – selected spots. Zeigt dir die kulturellen, musikalischen und kulinarischen Seiten der Stadt. cityvisionspots.com Graz. Free map for young travellers. Zeigt dir Graz aus der Sicht der locals. Nicht nur für Reisende. Erhältlich im Tourismusbüro in der Herrengasse 16 Unser Plan vom Annenviertel Zeigt dir einen ganz besonderen Stadtteil von Graz. http://annenviertel.at/wp-content/uploads/2013/04/DE_lowres.pdf
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out of tHe BoX
„dort feiert Man einfaCH auf der strasse!“ Vom ausgelassenen Lebensgefühl in Lissabon zurück in die „Stadt der Verbote“ – der Erasmusstudent Patric Marx erlebt nach der Heimkehr den ganz persönlichen Kulturschock.
„Viele haben zu viel, aber keiner genug“, so ein portugiesisches Sprichwort. Genau das fällt Patric Marx seit seiner Rückkehr nach Graz von seinem einjährigen Erasmus-Aufenthalt in Lissabon besonders auf. Niemand hat Zeit für irgendetwas, es dreht sich irgendwie alles nur um materielle Dinge und trotzdem ist niemand wirklich glücklich. In Portugal hingegen schätzt man Kleinigkeiten. Egal wie hektisch der Alltag auch sein mag, PortugiesInnen sind meist hilfsbereit und begegnen einem/r freundlich auf der Straße. Nicht nur die Verschlossenheit der österreichischen Gesellschaft, sondern auch den Mangel an sozialem Engagement bemerkt der 25-Jährige so richtig erst nach seinem Auslandsjahr: „Trotz der wirtschaftlich
kritischen Lage in Portugal setzt man sich dort im sozialen Bereich stärker ein als in Österreich.“ So wird auch der Jugendsport gefördert, wie zum Beispiel das Skateboarden. Übrigens die größte Leidenschaft des Sportwissenschaft-Studenten. Unbeschwert auf seinen vier Rädern durch die Innenstadt in Graz zu brettern, ist für Patric aber schlichtweg undenkbar: „Wir leben in einer Kontroll-Stadt. Sobald man zum Beispiel auf das Rad steigt, muss man Angst vor einem Strafzettel haben.“ Dass vor allem zwischen der Jugend und der Politik Eiszeit herrscht, wundert den gebürtigen Leibnitzer kein bisschen. Das Ziel der PolitikerInnen sei es, die Studierendenstadt immer ruhiger zu gestalten, wie der Weltenbummler kopfschüttelnd meint: „Graz ist eine kleine Großstadt und StudentInnen müssen hier leben, da muss 21
es wirbeln und laut sein.“ Die Diskussion um das Nachtleben in Graz kann Patric nicht verstehen: „In Lissabon feiern die Menschen grundsätzlich auf der Straße, egal ob Sommer oder Winter. Die Stimmung ist ganz anders.“ Im ‚Bairro Alto‘, dem portugiesischen Univiertel, holt man sich ein Getränk aus einem Lokal und verbringt den Abend gemeinsam im Freien. Anstatt dem fröhlichen Treiben entgegenzuwirken, feiern die AnrainerInnen in Portugal einfach mit der Szene mit. Für dieses gemütliche Miteinander fehlt den GrazerInnen jedoch, wie Patric abschließend erwähnt, eindeutig noch das „Lissabonische Lebensgefühl“ …
Katrin Rathmayr Twitter: @katrinrathmayr
out of tHe BoX
das rad neu erfinden Backpacking wird immer beliebter: Aussteigen, Abenteuer, Fernweh – das sind Motive für Reisen mit dem Rucksack. Der Autor machte sich mit dem Fahrrad auf den Weg. Durch England und Schottland sollte es gehen, vieles kam aber anders. Einige Zeilen. Tag eins: Adrenalin, Freude, Kribbeln. Start von Land’s End an der Südwestspitze Englands. Rückenwind. Minuten später ein Knall: Reifen geplatzt. Regen setzt ein. Zum nächsten Fahrradgeschäft, zwei Kilometer entfernt, geht es schiebend. Den ganzen Tag strampelnd im Sattel verbringen, am Abend ein verstecktes Plätzchen fürs Zelt suchen. Mit dem Gaskocher Nudeln warm machen, an der Tankstelle Zähne putzen. Vom Regen bis auf die Haut durchnässt werden und trotzdem ein Lied anstimmen. Fremde nach dem Weg und einem Liter Wasser fragen, das Nachtlager in einer windgeschützten Ruine aufschlagen, nach Tagen jubelnd eine Dusche neh-
men. Und am Abend müde, aber glücklich im Zelt liegen und ein unfassbares Gefühl verspüren: Freiheit.
Supermarkt werden auf die Schwellungen gedrückt. Im Krankenhaus dann das OK: Weiterfahren ist möglich. Aber sachte.
Campen am Loch Ness. Das Zelt steht auf einem Felsen über dem Wasser, wie eine Festung. Man nimmt ein Bad, kein Monster in Sicht. Wieder aus dem Wasser draußen, zeichnet sich an der feuchten Badehosentasche eine rechteckige Silhouette
Unterwegs trifft man andere Backpacker. Florian aus Frankreich, der seit Jahren kein eigenes Zuhause mehr hat. Beim Wandern versucht er einfach an nichts zu denken. Harriett und Lewis, ein englisches Paar, welches den Urlaub gerne kletternd verbringt, in Felswänden des Kontinents. Ray, ein 60-Jähriger, der mit dem Rad die ganze Nordsee umrundet hat. Und hunderte Unbekannte, mit denen man ein paar Worte wechselt, die man grüßt oder nach dem Weg fragt, die einem Hilfe anbieten, die einen anlächeln. Diese Begegnungen machen es aus. Einsam fühlt man sich fast nie. Auch nicht, wenn man allein reist.
ab. Das iPhone. Es hat mitgebadet. Das Handy funktionierte bereits zwölf Stunden nach dem Unglück wieder perfekt. Alter Seemannstrick: Das abgesoffene Gerät einen Tag lang in Reis einlegen. Wirkt Wunder. Tag acht: Ein Sturz. Bei 30 km/h in einem Fluss ausgerutscht, der die Straße kreuzt. Schürfwunden, Blut. Nicht mal ein Pflaster dabei. Was tun? Weiterfahren. Es gibt gar keine andere Option. Die Wunden pochen. Nach 40 weiteren Kilometern ist Feierabend. Eiswürfel aus dem
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Paul Krisai Twitter: @paulkrisai
l. Das ist Pau
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10 dinge
10/22/2014 8:23:50 AM
... die wir StudentInnen in Graz nicht mehr dürfen 1. Im Univiertel Saufparolen grölen, in die Ecke schiffen und vor die Haustür kotzen. 2. Im Bus nach 20 Uhr hinten einsteigen. Ticket herzeigen nicht vergessen! 3. In Hauseinfahrten Liebe machen. Außer man möchte dabei fotografiert werden. 4. Beim Billa-Eck am Hauptplatz klassische Musik hören. Wurde verboten! 5. Spätnachts ein „Hüschni“ beim Tschuxxn in der Kombüse schlemmen. 6. Das Moped auf den Fahrräderparkplatz stellen. Strafzettel ahoi! 7. Nach 22 Uhr im Parkhouse ein Konzert genießen. 8. Unsere Haustiere mit in die Vorlesung nehmen. Nix mit Kuscheln. 9. Den Nagl auf den Kopf treffen. 10. Ein lockeres StudentInnenleben genießen. Ohne finanziellen Druck und so. IMPRESSUM: Medieninhaberin, Herausgeberin und Verlegerin: HochschülerInnen- und Hochschülerschaft an der Universität Graz, Schubertstraße 6a, 8010 Graz, Tel: 0316 380 2900 vorsitz@ oehunigraz.at Chefredaktion: Maximilian H. Tonsern, Tamara Sill Freie Mitarbeit: Andreas Binder, Sarah Nóemie Plassnig, Mario Brandstetter, Markus Schicker, Sarah Del Negro, Kerstin Quast, Markus Knauss, Katharina Rathmayr, Paul Krisai, Susanne Gugl*, Paulina Scheiring, Marietta Schmutz, Sabrina Pirker, Violeta Zver Referate: David Steinwender, Bernhard Lugger (Alternativ Referat), Alexander Melinz (Sozialreferat), Mara Lerchner (Kulturreferat), Caroline Milinkovic, Marlies Weixelbaumer, Wolfgang Mayer (Queerreferat), Florian Ungerböck (Vorsitzteam) Lektorat: Paulina Scheiring Layout: Tamara Sill Cover: Sabrina Pirker, Tamara Sill Fotografie: Friedrich Simon Kugi (S. 7, 8, 20, 24), Katharina Seiler (S. 18, mittlere Reihe ganz unten), Alexander Gebetsroither (S. 18, rechte Reihe ganz unten), Max Wegscheidler (S. 18, linke Reihe viertes von oben), Spektral (S. 18, linke Reihe zweites von oben), Tamara Sill (S. 17, 18 restliche Bilder), Paul Krisai (S. 22), Lupi Spuma (S. 23), Florian Meixner (S. 15), ÖH Uni Graz (S. 9) Illustration: Heidi Kofler (S. 3, 26); Druck: Universitätsdruckerei Klampfer. Die Libelle erscheint 4x jährlich mit einer Auflage von 30.000 Stück. Kontakt: presse@oehunigraz.at, libelle.me, facebook.com/libelleme *Anmerkung: Die Rezension des Theaterstücks „Die Präsidentinnen“ enstand im Rahmen des blog4tickets-Projekts. Mehr Informationen unter http://kultur.oehunigraz.at/blog4tickets/
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Kunst & KuLtur
die prÄsidentinnen
Werner sCHWaB „
Verlage und Theater lehnten das Stück „Die Präsidentinnen“ zunächst als unspielbar ab, dann verhalf es Werner Schwab dennoch zum großen Durchbruch. Jetzt wird es auch in Graz gespielt. Von drei Frauen, drei Schicksalen, drei Träumen.
Wir sind in die WeLt GeVÖGeLt und KÖnnen niCHt fLieGen „
Plot: Drei mittellose Freundinnen sprechen über ihr Dasein. Erna und Grete klagen ihr hartes Leben an, Mariedl beschreibt begeistert ihre Arbeit des WC-Reinigens. In einer Traumwelt findet jede das, wonach sie gesucht hat. Sie wetteifern um das größte Glück und übertrumpfen sich immer wieder, bis Mariedl die Träume der anderen zerstört. Sie offenbart ihre Lächerlichkeit und wird von den frustrierten „Freundinnen“ ermordet. Das Bühnenbild ist, wie auch die Charaktere, schräg und verlangt den Darstellerinnen körperlich einiges ab. Der Fokus des Stücks liegt auf der Sprache Werner Schwabs - sie dient als Instrument und ist radikal und unmissverständlich. Das Stück zeigt, wie wesentlich Verdrängung und Neid auf der Suche nach Glück sind und wie schnell diese Punkte ins Gegenteil umkehren und in Zerstörung enden. Vor über 20 Jahren sorgte dieses Stück für enorme Aufregung – heute wirkt es immer noch, wenn auch weniger drastisch. Wo würde der Grazer Schwab dieses Stück wohl heute ansiedeln? Wie würden seine Charaktere aussehen beziehungsweise sprachlich agieren? Erna, Grete und Mariedl – 3 Regentinnen ihrer Realitäten, die in ihrer Intensität mehr als einmal zum Nachdenken anregen. Ein Happy End bleibt ihnen allemal verwehrt, denn: Der Herrgott is a Schreibmaschin die hine Tasten des bist du …
Werner Schwab, lange ein Underdog der Theaterszene, feiert heute – zwanzig Jahre nach seinem Ableben – große Erfolge. Ein Kurzportrait des Grazer Künstlers. Anlässlich seines 20. Todesjahres werden dem exzentrischen Dramaturgen, dem man ein gewisses Faible für Fäkalien nicht absprechen kann, mehrere Nachlass-Veranstaltungen gewidmet. So bereichert zurzeit auch sein Stück „Die Präsidentinnen“ Österreichs Bühnen. Werner Schwab wird 1958 in Graz geboren. Den Auftakt seiner künstlerischen Karriere bildet ein ungewöhnliches BildhauerExperiment, welches „verwesende Skulpturen“ aus Kadavern und Fleisch präsentiert – ein erstes Signal seiner Extravaganz. Bis Anfang der 90er Jahre ist der Künstler Schwab weitgehend unbekannt. Erst durch die Uraufführung der „Präsidentinnen“ in Wien erlangt er endlich den langersehnten Ruhm. Es bleiben ihm doch nur wenige Jahre, in denen er das Leben eines anerkannten Bühnenautors mit all seinen Sex-Drugsand-Rock‘n‘Roll-Facetten genießt, bis er mit 4,1‰ Alkohol im Blut 1994 stirbt. Schwabs Werke strotzen vor Skurrilitäten: Aborterörterungen, abschraubbare Geschlechtsteile oder Wirtsstätten, die zu Schlachthäusern mutieren, gehören zum Inventar seiner Theaterinszenierungen. „Hauptsache, es tut weh“ - diesem Ausspruch des Künstlers werden seine Werke zweifellos gerecht. Prägnant und tabulos übt er so Gesellschaftskritik vom Feinsten. Hier bleibt nur zu sagen: „Große Grazkunst, Herr Schwab!“
Susanne Gugl Die Libelle verlost 2x2 Freikarten für die Vorstellung „Die Präsidentinnen“ am 18. Jänner 2015. Einfach eine E-Mail an presse@ oehunigraz.at senden, Einsendeschluss ist der 18. Jänner 2015!
Paulina Scheiring 24
Kunst & KuLtur
sKandal im advent
Mächtige Maden bereiten sich zum Angriff! An frostigen Wintertagen trotzt man der Kälte am Besten mal auf eine andere und lustigere Art: Skanking! Bei der vorweihnachtlichen Ankunft der „Mighty Maggots“ (= Mächtige Maden) sollte einem mit Sicherheit warm werden. Keine Panik, sie haben sich nicht mit dem Grinch verbündet und wir müssen nicht um Weihnachten fürchten.
rel Aitken). Gegen Ende der 60er entstand mit Bands wie „Specials“, „Madness“ und „Bad Manners“ der kommerziell erfolgreichere 2-Tone Ska, eine vom Punk beeinflusste und etwas aggressivere Variante. Die 80er-Jahre brachten schließlich eine dritte Ska-Welle hervor, die über Großbritannien hinausging. Zum Third Wave Ska zählen Vertreter wie „The Busters“ (D) und „The Toasters“ (US).
Es handelt sich bei den „Maggots“ um eine Skapunk-Formation aus Graz, die bei der Lauten Nacht am 23. Dezember im Jugendkulturzentrum Explosiv als Headliner auftreten wird. So darf sich einen Tag bevor das Christkind kommt, jedeR nach Lust und Laune mit punkigem und absolut tanzbarem Ska beschenken lassen.
Auch in Graz gibt es eine kleine, aber nicht zu verachtende Ska-Szene. Wakuum, Explosiv, Rock Keller oder das Spektral sind gute Anlaufstellen für Konzerte und Veranstaltungen, die sich diesem Genre widmen. Grazer Bands wie „The Stout“ (skapunk/skacoustic), „Hulk´s Pony“ (ska/rock/punk) und auch die „Mighty Maggots“ können in diesen Lokalitäten regelmäßig gehört werden. Die Libelle trifft die „Maggots“ im Probelokal. Die siebenköpfige Band – bestehend aus Peter „Pötz“ Brandstätter, Jürgen Winkelmayer, Michi Ray Melt, Christian „Miro“ Kriegl, Christian „Klana“ Binder, David Zwetti und Christian Maier – singt, spielt Gitarre, Trompete, Posaune, Bass und Schlagzeug. Ihr Debüt feierte die Band im Mai 2012 beim MORF-Fest in Hitzendorf, damals noch nur mit Covernummern. Bald jedoch entstanden eige-
Kurzer Input: Der Ska ist in den 50erJahren auf Jamaica entstanden. Zu einer üblichen Ska-Band gehören zumindest Rhythmusgitarre, Bass und Schlagzeug, wahlweise auch elektronische Orgel und Blasinstrumente. Für die Spielweise charakteristisch ist der markante Off-Beat (Betonung auf 2 und 4). Anfang der 60erJahre erlangte der Ska in Großbritannien an Bedeutung, veröffentlicht wurden zunächst jamaikanische Produktionen (zum Beispiel die des „Godfather of Ska“, Lau-
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ne Songs und Darbietungen in Graz und Umgebung (wakuum, PPC, Explosiv, Postgarage), denen Auftritte beim Sunny Days und Cross-Check Festival folgten. 2013 erschien die erste Demo-EP „I said, I will“; im Frühjahr 2015 wird es ein neues Album geben, das momentan eingespielt wird. Die „Maggots“ haben sich dem Skapunk verschrieben. Einflüsse, die in diese Richtung gehen, reichen vom Punk bis zu diversen (Ska)-Bands wie „Mad Caddies“, „Less Than Jake“, „Ska-P“ oder „Guadalajara“. Grundsätzlich sind sich die Jungs, die alle auch „nebenbei“ berufstätig sind, beim Thema Musik einig und teilen persönliche Vorlieben. Im Ska haben sie für sich eine Ausdrucksweise gefunden, die ihnen Ausgleich verschafft und wahnsinnig viel Spaß macht. Genau das wollen sie auch ihrem Publikum vermitteln: „Wir wollen, dass die Leute abgehen, dafür ist Ska ziemlich perfekt“, ist sich die Band einig. Marietta Schmutz SKANDAL! Die Libelle verlost 3 EP‘s von „Mighty Maggots“ & Gratis Eintritt zur Release der neuen CD im März/April 2015! Das Gewinnspiel läuft ab 25. Jänner 2015 über Facebook: facebook.com/libelle.me
KoLuMnen
Sabrina Pirker
Violetta Zver
Lolita Love
MusiK
BuCH
seX
„Das Gute liegt oft so nah“, das trifft auch auf die Grazer Musikszene zu. Denn was sich bereits in den Vorjahren mit Stereoface, Viech oder Farewell Dear Ghost an melodischer Exportfähigkeit andeutete, steigerte sich in diesem Herbst dank Polkov und so manchen bekannten Gesichtern der heimischen KünstlerInnenkreise an musikalischer Potenz. Von lokalen KonzertliebhaberInnen heiß ersehnt, veröffentlichte die Bandformation rund um den Grazer Halbtags-Idealisten Laurenz Jandl unlängst ihr selbstbetiteltes Erstlingswerk. Von fernen Ländern und Welten darf dennoch geträumt werden. Polkov entführen mit ihrem melancholischen, nach USFolk-Rock tönendem Arrangement einzelner von (Alp-)Traumländern erzählenden Titel in stimmige Klanglandschaften. Gerade wegen dieser unverkennbaren Einzelgeschichten schaffen sie dabei etwas, was nur wenigen Bands gelingt: Ein Album zu präsentieren, das sich bereits beim ersten Reinhören erschließt und dennoch mit jedem weiteren Hörgenuss wächst. Nicht zuletzt, da die Platte abseits der beiden Singles „Kamaro’s Song“ und „Promised Land“ so einiges an nostalgischen Fantasiewelten zu bieten hat: Melodien für Fans von Ryan Adams, Calexico und Harry Potter.
Beeindruckend und ergreifend – so gestaltet sich die Geschichte des pakistanischen Mädchens Malala Yousafzai. Als sie weltweit zum ersten Mal auf sich aufmerksam macht, indem sie ihr Leben im Swat-Tal in einem Blog von BBC festhält, ist sie im zarten Alter von zwölf Jahren. Wenn ich daran zurückdenke, was mich in diesem Alter beschäftigt und mir Kummer bereitet hat, so erscheint mir mein Leben damals ziemlich belanglos. In ihrer Autobiografie „Ich bin Malala“ gewährt sie Einblick in ihr Schicksal, ihren Alltag und ihre Familie. Malalas Eltern stehen hinter ihr, vor allem ihr Vater, der sie unterstützt und sie ermutigt, ihre Meinung frei zu äußern: „Das Recht auf Bildung, vor allem auch für Mädchen!“ Durch ihre ehrlich-offene Art und ihren Scharfsinn lässt sie sich nicht von ihrem eigenen Weg abbringen, was mich sehr berührte. Ein Zitat möchte ich besonders hervorheben, da es mir die Kehle zugeschnürt hat: „Langsam begriff ich, dass ein Stift und die Wörter, die mit ihm geschrieben werden, viel mächtiger sein können als Maschinengewehre, Panzer oder Hubschrauber.“ Im 21. Jahrhundert sollte ein junges Mädchen wie Malala solch eine Erkenntnis nicht auf eine dermaßen qualvolle Art machen müssen.
„Sprache erzeugt Wirklichkeit“ - das wissen wir dank Paul Watzlawick bereits. Verzwickt wird es aber, wenn die Wirklichkeit bereits existiert und uns aber die Worte dafür fehlen. Es hat den Anschein, dass es sich so mit dem letzten großen Tabu-Thema unserer Generation verhält: Arschficken. Poposex. Griechische Liebe. Und mein persönlicher Favorit: Aftershow Party – oft geht’s in die dunklen Gefilde erst nach einer durchzechten Nacht. An mangelnden Bezeichnungen scheint es also nicht zu liegen. Woran dann? Warum können wir nicht normal darüber reden? Schließlich tun „es“ Statistiken zufolge mehr als 50 Prozent. Oder haben es zumindest mal ausprobiert. Absichtlich oder nicht, passiert ja oft schneller als einem/ einer lieb ist. Literarisch vertont wurde der Stoff auch schon das ein oder andere Mal, aber gibt es denn nichts, das sich zwischen Bushidos’ „Ein Schwanz in den Arsch“ und peinlicher Stille befindet? Manchmal denke ich mir, dass sich einige das Gleitgel besser oral einführen sollten, vielleicht flutschen die Worte dann leichter. Warum können wir unsere artikulatorischen Berührungsängste nicht abbauen? Einfach ein bisschen lockerer werden. Schließlich haben wir ja auch schon Fifty Shades of Grey und Feuchtgebiete überlebt.
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DU BIST SO
© Katharina Seiler (Illustrationen für Cafe Mitte) www.nebulabor.com
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