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Romeo und Julia
from L4
Romeo und Julia von Michael Köhlmeier
... Wer bist du?“ „Romeo. Wer bist du?“ „Julia.“ „Wie ist dein zweiter Name?“ Und dann ist es heraus. Ein Wortwechsel, und der Liebe ist alle Hoffnung genommen. Julia verflucht die Namen. Es sind doch nur Namen! Wie kann ein Name, der nur aus Buchstaben besteht, der nicht ins Herz geschrieben ist, nicht einmal ins Gesicht geschrieben ist, wie kann so ein sperriges Ding das Ziel und den Sinn allen Lebens ausstechen?
„Wärest du doch ein anderer und könntest dennoch sein, der du bist!“ Sie wissen, es ist unmöglich. Und sie küssen sich wieder. Und noch einmal. Dann verlassen Romeo und Benvolio das Haus der Capulets. ... Benvolio fasst Romeo am Ärmel. Aber Romeo reißt sich los. Er läuft um das Haus der Capulet herum, steigt über die Mauer, springt in den Garten. Weiß er denn, hinter welchem Fenster sich Julias Zimmer befindet? Er weiß gar nichts, er denkt gar nichts. Er sieht Licht. Und er hört Julias Stimme. „Romeo, o Romeo, warum bist du Romeo! Leg deinen Namen ab, und ich lege meinen ab!“ Romeo tritt ins Licht. „Nenn mich deinen Liebsten! Ich nenne dich meine Liebste.“
Julia hat Angst um Romeo. „Geh“, flüstert sie. „Geh, ehe du entdeckt wirst!“ Aber sie will nicht, dass er geht. „Ich nehme alles zurück, was ich gesagt habe.“ „Was nimmst du zurück?“, fragt Romeo. „Dass ich dich liebe.“ „Liebst du mich nicht, weil ich ein Montague bin?“ „Weil ich es noch einmal sagen möchte. Weil ich es sagen möchte, als hätte ich es noch nicht gesagt. Immer, wenn ich es sage, soll es klingen als sagte ich es zum ersten Mal.“ Sie hat keine Zeit, keine Geduld, die Liebe nimmt all ihre Kraft in Anspruch, sodass für Konventionen nicht viel übrigbleibt. „Ich will dein Mann sein.“ „Und ich deine Frau.“ Morgen. Gleich morgen. Und wer soll sie trauen? Romeo kennt einen Priester. Er ist ein Freund. ... „Bruder Lorenzo wird uns trauen.“ Romeo und Julia verabreden sich in der Klause des geistlichen Freundes. Dann küssen sie sich und küssen sich und küssen sich noch einmal, und dann tanzt Romeo durch die Stadt davon. ...
Und so geschieht es. Gott führt Bruder Lorenzos Hand, und Romeo und Julia sind Mann und Frau. ... „Euch beiden gehört die nächste Nacht“, sagt Lorenzo. ... Dazwischen allerdings liegt ein Tag. Und einen längeren Tag hat es nie gegeben. ... Zum Glück gibt es Freunde. ...
Konvention: Regel des Umgangs, des sozialen Verhaltens
Klause: Klosterzelle
1
Verfasse zu diesen Szenen einen Einleitetext und fülle die Sprechblasen!
Benvolio hat Mercutio mitgebracht. Die schnellste Zunge von Verona. Und die schärfste Zunge von Verona. Eine Wunderzunge. Sie kann dreimal so viele Worte in die Welt hinausschicken wie jede andere Zunge und zugleich doppelt so viele wie sie selbst. Bitte? Wie soll das gehen? Weil alles, was Mercutio sagt, zweideutig ist. Oder sogar mehrdeutig. ... Mercutio und Benvolio treffen Romeo, und nur wenige Minuten können sich die Freunde austauschen, da kommt noch einer: Tybalt. Und er ist nicht allein. Und er kommt nicht zufällig vorbei. „So“, sagt Tybalt, die Hand am Griff seines Degens. „Ich grüße dich, mein guter Capulet!“, sagt Romeo und meint es so. Ja. Der Name Capulet hat seit gestern nacht einen wunderbaren Klang in Romeos Oh. Am liebsten würde er den Namen immer wieder sagen. Und den geliebten Vornamen am liebsten dazu. Aber Tybalt meint, Romeo will sich schon wieder lustig über ihn machen. „Was?“ ... Tybalt zieht den Degen. ... Romeo hebt die Hände. „Es ist verboten“, sagt er. „Der Fürst hat recht. Unsere Streitigkeiten müssen ein Ende haben!“ ... Mercutio und Tybalt sind wie Katz und Maus, und Mercutio ist die Katz, und Tybalt ist die Maus. „Mercutio, ich befehlt dir, hör auf!“ „Romeo? Bist du mein Herr?“, lacht ihn Mercutio aus. ... Tybalt verletzt ihn, und er verletzt ihn schwer. Und dann zieht er mit seiner Bande ab. Mercutio kommt nicht mehr hoch. ... Dann stirbt er. ...
Romeo eilt Tybalt nach. Er will ihn zur Rede stellen. Will ihm klarmachen, was er angerichtet hat. ... „Du hast Mercutio getötet“, sagt Romeo. „Und?“ Romeo blickt in das Gesicht des jungen Capulet, er sieht kein Erschrecken, keine Reue, kein Mitleid, kein Das-wollte-ich-nicht. „Was meinst du mit und?“ „Mercutio ist tot. Und? Das meine ich mit und.“ ... Romeo zieht den Degen. Tybald ist wahrlich kein Meister an diesem Gerät. In allem ist er ein großer Selbstüberschätzer. ... Er sticht zu und durchbohrt Tybalts Herz. ... Romeo wird aus Verona verbannt. Er soll nach Mantua, befiehlt der Fürst. „Morgen früh vor Sonnenaufgang hat er die Stadt zu verlassen!“ Bei Missachtung des Befehls droht die Todesstrafe. Bruder Lorenzo versucht, Romeo zu beruhigen: „Hör zu, erstens einmal hast du die ganze Nacht noch vor dir! Freu dich auf eure Hochzeitsnacht! Morgen tust du bitte, was der Fürst dir aufgetragen hat! ... Du wirst sehen“, verspricht Bruder Lorenzo, „du wirst sehen, es wird alles gut.“ Als Julia erfährt, dass Romeo verbannt wurde, verzweifelt sie. Und sie verzweifelt an seiner Tat. Sie hat ihren Vetter Tybalt geliebt. ... Sie verflucht Romeo, weil er ihr den Vetter genommen hat. Und sie weint, weil ihr das Gesetz den Mann genommen hat... „Tybalt war mein Vetter“, sagt sie. „Aber Romeo ist mein Mann, und mein Leben ist unser beider Leben, und sein Leben ist unser beider Leben.“
Als die Schatten lang genug sind, um zu verbergen, was sich im Garten tut, zieht sich Romeo über die Mauerkrone und klettert an dem wilden Wein hinauf zu Julias Schlafgemach. ... Sie wurden nicht gestört in ihrer Liebe, Mann und Frau. Und das Ende ihrer Nacht verkündet Vogelgesang. „Es ist die Lerche“, sagt Romeo, „die Sonne geht gleich auf, ich muss dich verlassen.“ „Es ist die Nachtigall“, sagt Julia, „die Nacht beginnt doch erst!“ „Dann will ich noch eine Weile bleiben“, sagt Romeo. „Es ist vielleicht aber doch die Lerche“, sagt Julia. „Du musst aus der Stadt fliehen!“ Romeo verlässt seine Frau und verlässt die Stadt.
Der neue Tag beginnt mit einem Schock. ... „Ich habe einen Mann für dich gefunden“, sagt Herr Capulet. „Graf Paris ist ein guter Mann. Er kennt dich und du kennst ihn. ... Paris ist ein wirklich guter Mann, und er liebt dich. Du wirst bald vierzehn Jahre alt, Julia, du sollst ihn heiraten.“ ... „Ich kann ihn nicht heiraten“, flüstert sie. „Warum nicht?“ „Ich bin voll Trauer um Tybalt, weißt du. Er ist ja noch gar nicht begraben. Lass es uns verschieben, Vater, bitte! Ein Monat, ja? Ein Jahr?“ Herr Capulet hat dem Paris seine Tochter versprochen. Und er hat ihm versprochen, dass er nicht lange warten muss. ... Julia klopft an das Tor zur Klause von Bruder Lorenzo. „Hilf mir!“ Sie erzählt ihm alles. „Mach dir keine Sorgen“, sagt Lorenzo, „Gott hat seine Hand über euch gehalten.“
Degen: Hieb- und Stichwaffe
Aber Julia macht sich trotzdem Sorgen. „Es soll morgen schon sein“, sagt sie. „Sie haben alles hinter meinem Rücken für die Hochzeit vorbereitet.“
Erst meint Lorenzo, jetzt wäre es an der Zeit, die wahren Tatsachen aufzudecken. Seht her, Romeo und Julia sind ein Paar, Gott persönlich hat einen Montague zu einer Capulet geführt, niemand darf trennen, was Gott vereint hat! Dann aber hat Lorenzo Zweifel bekommen. Der Zeitpunkt scheint ihm nicht günstig. Es könnte das Gegenteil des erwünschten Effektes eintreten. Dass die Tatsache nicht Frieden stiften, sondern neuen Krieg anfachen. „Wir müssen radikal vorgehen“, sagt er, „radikal, radikal!“ Und schließlich sagt er: „Ich habe einen Plan. Du musst tot sein.“ Schnell legt er den Finger auf Julias Lippen. „Du musst tot spielen. Aber alle werden meinen, du bist tot.“ Er ist wirklich ein verrückter Hund, dieser Lorenzo. Er ist einer, der gern experimentiert. ... „Bist du bereit, ein Risiko einzugehen?“ „Jedes Risiko.“ „Ich habe hier ein Gift, das wirst du heute Abend trinken. Es wirkt ein paar Stunden. Morgen, wenn man dich wecken möchte, um dich zur Hochzeit mit dem Grafen Paris abzuholen, dann wirst du sein, als wärst du tot. Aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wirst du wieder erwachen.“ „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit?“ „Ja. ... Ich werde Romeo in Mantua verständigen. Dann lege ich die Tatsache auf den Tisch. Wenn Romeo in der Stadt ankommt, wirst du gerade erwachen. Alle sind erleichtert. Was war, ist vergessen. Die Familie versöhnt sich. Alles wird gut. So sieht mein Plan aus.“ Julia ist kein naiv schwärmendes Mädchen mehr, das da meint, der Tod sein eine vorübergehende Sache, aber eigentlich etwas, was den anderen zustößt, nie einem selbst. Sie will nicht mit dem Tod spielen. Aber sie weiß, die Trennung von ihrem Mann und eine Heirat mit dem Grafen Paris wären wie der Tod. Sie trinkt das Gift.
Am nächsten Morgen findet die Amme Julia tot. Die Trauer erschüttert das Haus der Capulets wie das Erdbeben, von dem Bruder Lorenzo gesprochen hat. Julia wird in der Gruft der Familie aufgebahrt. Der Name des Unglücks heißt: Gerücht. Das Gerücht ist schneller als der Bote des Lorenzo. Romeo erfährt über das Gerücht, dass seine Julia tot ist. Ach, hätte Lorenzo, der alles plant und so vieles kennt, so Schwieriges zu berechnen versteht, hätte er doch die Geschwindigkeiten von Botschaft und Gerücht richtig gegeneinander abgewogen! Julia ist die Treppe hinuntergegangen, da war sie ein Kind; sie hat Romeo in ihr Herz gerissen, da war sie eine Frau. Die Liebe hat sie erwachsen gemacht. Romeo wird erwachsen, als er dem Tod in die schwarzen Augenlöcher schaut. Romeo wird ruhig. Ruhig beschafft er sich Gift bei einem Apotheker in Mantua. Dann fährt er nach Verona. Er kennt den Friedhof, kennt das Familiengrab der Capulets. Er bricht ein und sieht seine Frau da liegen. Aber noch einer ist gekommen. Graf Paris. ... Er hat Julia geliebt. Er hat sie schon lange geliebt. Viel länger als Romeo. ... Er ist in der Nacht zur Gruft der Capulets geschlichen, um allein zu sein und zu weinen. Was denkt er wohl, als er hört, wie die Tür aufgebrochen wird, als er Romeo, den Montague, vor sich sieht, das Brecheisen in der Hand?
„Wann hört dieser Krieg endlich auf! Wo macht er halt? Seid ihr Montagues so verhärtet, dass euch nicht einmal der Anblick dieses reinen Wesens Respekt einflößen kann? Willst du ihr Grab schänden?“ Und Paris wartet nicht auf Antwort. Soll an diesem Ort etwas diskutiert werden? Er greift zur Waffe und geht auf Romeo los. Romeo ist, wie wir sahen, ein guter Fechter, ein viel zu guter Fechter sogar. Die Hand fliegt ihm voraus. Er tötet den Grafen Paris. Dann schluckt er das Gift. Ende.
Nein, es ist noch nicht das Ende vom Lied. Julia erwacht. Bruder Lorenzo hat sein Gift gut dosiert. Bei allem anderen hat er sich verrechnet. Julia erwacht und sieht neben sich Romeo liegen. Und sie sieht, er ist tot. Mit dem Dolch ihres Mannes nimmt sie sich das Leben.
Capulet und Montague versöhnen sich. Und? Was und? Macht der Friede zwischen den beiden Familien irgend etwas gut?
Amme: Frau, die ein fremdes Kind stillt und betreut
Gruft: Grab
Schreibe acht Fragen auf einem A4-Blatt auf, mit denen du nach den wesentlichen inhaltlichen Aussagen des Dramas fragst! %%%% Tipp: Wenn du auch die richtigen Antworten gibst, erhältst du im besten Fall sogar eine Inhaltsangabe.
Löse dieses kleine Kreuzworträtsel! %%
1. In welcher Stadt spielt das Drama? 7. Welchen Vogel hört Julia?
12. Wen tötet Romeo? 2. Nachname von Romeo 8. Wer herrscht über die Stadt? 13. Aus welchem Haus stammt Julia? 3. Nachname des ursprünglichen Autors 9. Wohin flieht Romeo? (waagrecht) 14. Regel des Umgangs 4. Vorname des Autors 9. Wen tötet Tybalt? (senkrecht) 15. Wen soll Julia heiraten? 5. Wer traut das Liebespaar? 10. Welchen Vogel hört Romeo? 16. Was versetzt Julia in einen 6. Name der Angebeteten vor Julia 11. Bezeichnung für hilfsbereiten und totenähnlichen Schlaf? höflichen Mann
Dem einen gefällt es, dem anderen nicht – Verfasse für die Schülerzeitung eine persönliche Beurteilung des Dramas! %%% Achte dabei auf Folgendes:
a) Beginne mit einer kurzen Inhaltsangabe! b) Gehe auf die Charaktere der Protagonisten ein! c) Gib auch an, was dir am Drama gefallen hat und was dir am Drama nicht gefallen hat! d) Schreibe in einer persönlichen Stellungnahme, ob Schüler/innen das Drama lesen sollten!
Verfasse ein Haiku zu Romeo und Julia! %% Tipp: Im WB stehen die Wörter mit Silben getrennt.
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Frage: Was ist eine Silbe? Antwort: Eine Silbe ist die rhythmische Grundeinheit einer Sprache. Beispiele: einsilbige Wörter: Baum, Maus, Mais / zweisilbige Wörter: ha-ben, Lei-ter, Mie-te / dreisilbige Wörter: ein-teil-en, ge-eig-net