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Fafners Auftritt im «Ring»
Herr Homoki, der Ring ist voll von fantastischen Orten und Kreaturen. Jedes Inszenierungsteam muss sich deshalb fragen: Begegnen wir diesem Kosmos abstrakt, oder eher realistisch? Was haben Sie zum Beispiel beim Drachen Fafner entschieden, der ja in Siegfried auftaucht?
Schon beim Lesen des Stückes waren wir uns sicher: Diesen Drachen wollen wir auf der Bühne sehen, denn er ist wirklich eine Figur und von zentraler Bedeutung im Stück. Theater ist ja eigentlich eine Kunst des Versteckens. Man spielt, indem man etwas nicht zeigt oder nur die Folgen: Fafner in seiner Höhle ist nur Licht und Rauch, man hört vielleicht noch ein Fauchen. So kann man es machen. Aber wir wollten ihn zeigen: gross, furchterregend, aber auch mit augenzwinkerndem Humor. Auf der Bühne gibt es immer Grenzen des Darstellbaren, mit ihnen muss man als Theatermacher spielen. Deshalb zeigen wir nur Teile des Drachens, den Kopf, den Schwanz und alles nur so lange, dass das Auge die Künstlichkeit nicht entlarvt. Das Riesenhafte des Ungeheuers setzt sich in der Fantasie des Publikums zusammen.
Sonst sind Sie ein Regisseur, der die Abstraktion liebt. Viele Ihrer Inszenierungen finden auf nahezu leerer Bühne statt. Warum ist das beim Ring anders? Warum soll es hier ein «echter» Drache sein?
Weil ich Spass daran habe (lacht). Wir fanden es gerade beim märchenhaftmythologischen Ring reizvoll, in die Konkretion zu gehen, mit der Sichtbarkeit der Bildwelt zu spielen und beispielsweise real zu erzählen, dass das Schwert Nothung in der Walküre im Stamm der Weltesche steckt und Siegmund es in einem dramatischen Moment herauszieht. Wenn ich als Zuschauer zu stark damit beschäftigt bin, zu entschlüsseln, was die Bühne bedeutet, geht viel Aufmerksamkeit für das Eigentliche verloren. Der Ring ist über weite Strecken ein Kammerspiel mit wenigen Figuren auf der Bühne. Ihre Beziehungen und ihre Konflikte bilden den inhaltlichen Kern, und den möchte ich so direkt und plastisch wie möglich herausarbeiten. Mein Spass am Drachen hat aber auch mit dem bühnentechnischen Knowhow unserer Werkstätten zu tun. Ohne die Leidenschaft und den Perfektionismus unserer Theaterplastik wäre ich wahrscheinlich nicht auf die Idee gekommen, den Drachen als reale Puppe bauen zu lassen, denn das ist unser Fafner: eine hochkomplexe, riesige Puppe mit einem professionellen Puppenspieler darin, der die Mechanik bedient und ihn zum Leben erweckt. Ich liebe die Theatralität des Puppenspiels auf der Bühne sehr.
Wovon hängt es ab, dass man als Zuschauer ein Bühnenbildelement «glaubt»? Ist es die Art des Materials? Perfektion in der Herstellung?
Ein ganz wichtiger Faktor ist das Licht. Das vor allem lässt etwa eine Kaschierarbeit glaubhaft erscheinen. Früher konnte man Gazevorhänge mit Laub bekleben, mit den lichtschwachen Scheinwerfern der Zeit hindurch leuchten, und es hat sich Magie eingestellt. Mit unseren modernen Scheinwerfern funktioniert das nicht mehr. Ihr starkes, brillantes Licht stellt viele Materialien bloss. Glaubwürdigkeit liegt natürlich auch im Auge des Betrachters. Manche Illusionen hat man zu oft gesehen, um sie noch akzeptieren zu können. Und es gibt natürlich auch grundsätzliche Entwicklungen und Pendelbewegungen in der Bühnenästhetik. Eine Reaktion auf die frühen naturalistischen Bühnenentwürfe war Abstraktion, denken wir nur an Wieland Wagners leere Bühnenscheiben in Bayreuth. Auf sie folgte dann wiederum eine Konzentration auf lebendig expressive Personenregie. Die Glaubwürdigkeit muss immer wieder neu hergestellt werden.