Books Magazin

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Ihr persönliches Exemplar – mit Wettbewerb!

Das Magazin der Buchhandlungen von Orell Füssli und Thalia Nr. 4/2013

Zwei Geschwister zwischen zwei Welten Khaled Hosseini verzaubert mit «Traumsammler»

Aus dem Rahmen

Starke Bücher über

starke Frauen

In Büchern und in Schönheit schwelgen Prächtige neue Bildbände Drei brüchige Säulen «F» – der neue grosse Roman von Daniel Kehlmann

Und ausserdem: Moderne Poesie, Koch­bücher, Gruseln für Kinder


Editorial | 3

Leichtigkeit im Detail. Entdecken Sie die vielen Funktionen und technischen Besonderheiten, die dem neuen tolino shine seine Lei chtigkeit verleihen.

Inhalt

Prädikat: Schmackhaft Liebe Leserin Lieber Leser In keiner Jahreszeit essen wir wohl so gut und kochen wir so aufwändig wie im Winter. Denn in diese Saison fallen die wichtigsten Familienfeste: Weihnachten und Jahreswechsel. Und in den kalten Monaten haben wir auch Zeit und Musse, am Kochherd endlich wieder einmal etwas Neues auszuprobieren – denn es zieht uns nicht ständig hinaus in Strassencafés oder an den See.

Fr. 129.–

GUT (1,9)

Ausgabe 6/2013

13JE01

Im Test: 13 E-Book-Reader

Fest zwischen Buchdeckeln

Neue Biografien über aussergewöhnliche Frauen

Neue Bücher zu und über Weihnachten

Seite 14

Weil Essen und Kochen jetzt so wichtig sind, widmen wir das «Spezial» im Mittelteil dieser letzten Ausgabe 2013 ganz dem Kochbuch: Auf acht Seiten möchten wir Sie zu neuen Abenteuern in der Küche inspirieren. Aber natürlich dreht sich dieses «Books» nicht allein um die schönste Hauptsache der Welt, das Essen. Wie es sich gehört, tischen wir Ihnen zum Jahreswechsel ein vielfältiges und originelles Menü auf: Wir machen Ihnen moderne Poesie schmackhaft, servieren Ihnen Hinweise auf neue Bildbände und tragen ein reichhaltiges Buffet aus Belletristik und Sachbuch auf. Und natürlich gibt es auch ein feines Dessert für die jüngsten Leserinnen und Leser: süss-saure Geschichten zum Gruseln.

PREISLEISTUNGSSIEGER

Aus dem Rahmen

Anders als manche Köchinnen und Köche sind wir auch nicht betupft, wenn Sie nach unserem Menü noch lange nicht satt sind – im Gegenteil: Wir freuen uns, wenn Ihnen dieses «Books» Appetit macht auf viel mehr. Und gern versichern wir Ihnen: In unseren Filialen finden Sie etwas für jeden kleinen und grossen Lesehunger.

Kochbücher-Spezial

Genussvolle Vorfreude

Seite 23

Ihr Michele Bomio CEO Orell Füssli Thalia AG

Seite 20 4 Notizen 10 «Die Leserschaft soll Entdeckungen machen können» Interview mit Roger Perret, Herausgeber der Anthologie «Moderne Poesie in der Schweiz» 18 Im Schaufenster «Traumsammler» von Khaled Hosseini 32 Kaffeepause Die Debatte 36 Fantastisch! Fantasy-Neuerscheinungen 38 Im Schaufenster «F» von Daniel Kehlmann 40 In Büchern und in Schönheit schwelgen Neue Bildbände 46 Kinderwelt Wohlige Gänsehaut 48 Kreuzworträtsel 49 Veranstaltungen 50 Kolumne Darum schreibe ich – von Sunil Mann

Impressum

Jetzt in allen Orell Füssli und Thalia Buchhandlungen erhältlich.

Herausgeber: Orell Füssli Thalia AG, Dietzingerstrasse 3, Postfach, 8036 Zürich Gesamtherstellung: Media Tune AG, Zürich Redaktion: Die Blattmacher GmbH, Zürich Gestaltungskonzept/Layout: Strichpunkt GmbH, Winterthur Coverfoto: Michael Tran Die nächste Ausgabe von Books, dem Magazin der Orell Füssli Thalia AG, erscheint im März 2014. Sie erhalten Books kostenlos in jeder Filiale.

Preisänderungen vorbehalten.

Alle so gekennzeichneten Bücher sind auch als eBook erhältlich.


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Books Nr. 4/2013

Notizen Marius Leutenegger

Erfundene Biografien, die in vergange-

Leute, die das mögen, mögen auch ...

nen Epochen angesiedelt sind? Eine besonders geglückte hat Arturo PérezReverte verfasst. Bekannt wurde der Spanier mit Romanen, die ein wenig an die Werke von Alexandre Dumas erinnern. Seine in der Heimat überaus erfolgreichen Erzählungen um den Helden Diego Alatriste könnte man zum Beispiel als klassische Mantel-undDegen-Geschichten im Stile Dumas bezeichnen. Und Pérez-Revertes berühmtestes Buch heisst gar «Der Club Dumas»; Roman Polanski verfilmte es unter dem Titel «Die neun Pforten» mit Johnny Depp in der Hauptrolle. Das neue Buch des Spaniers ist aber ganz anders als seine bisherigen Abenteuergeschichten und Thriller. «Dreimal im Leben», erschienen im Insel-Verlag, erzählt die faszinierende Liebesge-

Nachtrag zu unserem Beitrag über Graphic Novels im letzten «Books»: Bei Galiani Berlin ist ein Buch dieses Genres erschienen, das eigentlich in keiner Bibliothek fehlen darf. «The Graphic Canon, Band 1» präsentiert auf über 250 Seiten die wichtigsten Werke der frühen Literaturgeschichte in Comicform – vom Gilgamesch-Epos bis zu «Gefährliche Liebschaften». Manche Beiträge stammen von legendären Zeichnern wie Robert Crumb oder Will Eisner, andere von den Schöpfern berühmter Superhelden-Comics, wieder andere von Künstlerinnen und Künstlern aus der alternativen Comicszene. Die Stile sind so vielfältig wie die Werke, die in Bildern erzählt werden. Band 1 von «The Graphic Canon» ist damit nicht nur ein guter Führer durch die Welt der Literatur, sondern auch eine sorgfältig editierte Anthologie der Graphic Novels. Wir freuen uns bereits auf die Fortsetzung.

schichte zwischen Max Costa und Mecha Inzuna. Sie begegnen einander zum ersten Mal auf einem Luxusdampfer und in einer glanzvollen Epoche; er arbeitet als Eintänzer für gelangweilte Gattinnen, sie ist die wunderschöne junge Ehefrau eines berühm-

Es gibt Biografien, die sich exakt an einem Lebenslauf ausrichten; es gibt literarische Annäherungen an Personen, die wirklich gelebt haben – auf diesem Parkett bewegen sich zum Beispiel Eveline Hasler oder Alex Capus; und dann gibt es auch noch Biografien, die höchst authentisch wirken, aber Fiktion sind. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der neue Roman «Das Wesen der Dinge und der Liebe». Erschienen ist er bei Bloomsbury Berlin, und verfasst hat ihn Eliza­ beth Gilbert, die Autorin von «Eat Pray Love». Auf 700 Seiten erzählt die US-Amerikanerin die Geschichte von Alma Whittaker, einer Botanikerin, die im 19. Jahrhundert nicht gelebt hat – aber damals genau so wie beschrieben hätte leben können, denn die Vita der erfundenen Botanikerin ist sorgsam in ein präzise recherchiertes historisches Umfeld eingewoben. Elizabeth Gilbert lässt in ihrem Roman viele historisch verbürgte Nebenfiguren auftreten und unzählige Reiseberichte sowie

tatsächliche Geschehnisse einfliessen. Man wünschte sich, alle Biografen hätten sich so umfassend mit ihrem Thema befasst. Und alle würden so unterhaltsam und berührend schreiben. Denn das Schicksal von Alma Whittaker geht einem ans Herz und unter die Haut: Im 19. Jahrhundert gab es viele Frauen wie sie, die im männlich dominierten Wissenschaftsbetrieb keine Lorbeeren erringen konnten, aber dennoch mit Mut, Neugier und unerschütterlichem Glauben daran, das Richtige zu tun, das Wissen der Welt mehrten. Das 19. Jahrhundert war eine Zeit, in der die Wissenschaft noch nicht in einem Elfenbeinturm stattfand, sondern vor der Haustür – und eine Zeit, in der jemand wie Charles Darwin eine ganze Generation beeinflussen konnte. Wer in diese faszinierende Epoche reisen möchte, bekommt mit Gilberts neuem Buch eine gültige Fahrkarte.

ten Tangokomponisten. Die Liebe, die beide wie ein Blitz trifft, können sie aber nicht leben. Auch die zweite Chance, Jahrzehnte später, bleibt ungenutzt. Doch man begegnet sich immer dreimal im Leben, sagt uns Pérez-Reverte. Finden die alt gewordenen Liebenden beim neuerlichen Aufeinandertreffen doch noch ihr Glück? Beim Lesen dieses Romans würde man gern immer wieder ausrufen: Ach, ist das schön! Nämlich schön traurig, schön elegant, schön nostalgisch und schön sentimental. Und zuweilen – für alle, die so etwas mögen – auch schön langsam und ausführlich. Ein Liebesroman vor allem auch für Männer; denn mit Max, diesem heruntergekommenen, aber noch immer würdevollen Lebemann, identifiziert man sich leicht.

Am 28. Januar ist es genau 1200 Jahre her, seit Karl der Grosse – oder besser: Charlemagne – in Aarchen starb. Der erste Kaiser des Mittelalters prägte Europa wie nur wenig andere Individuen; die Franzosen und die Deutschen führen ihre Nationalgeschichte auf ihn zurück, und auch die heutige Schweiz gehörte gänzlich zum riesigen Reich des Karolingers. Auch wenn Karl nur wenige persönliche Beziehungen zum Gebiet der Schweiz hatte, prägte er Städte wie St. Gallen, Chur und Zürich stark. In Zürich galt er gar als Begründer des Grossmünsters; eine riesige Statue am Turm zeugt von der Idealisierung, welche der legendenumrankte Kaiser hier erfuhr. Gegenwärtig zeigt das Landesmuseum in Zürich auch eine grosse Ausstellung über Karl. Und im Benteli-Verlag ist ein bemerkenswerter Bildband über «Die Zeit Karls des Grossen in der Schweiz» erschienen. Sollen nur Historiker so etwas lesen? Auf keinen Fall! Das herrlich illustrierte Buch lässt einen tief eintauchen in eine Zeit, als die Schweiz noch nicht Schweiz, ja noch nicht einmal Eidgenossenschaft war, es dokumentiert den Beginn des Mittelalters – und ist ein spannender Führer durch eine Epoche, die von einer anziehenden Aufbruchstimmung geprägt war.

Sie kennen das: Man hat gehofft, ein Buch ginge nie zu Ende, weil es einem so gefallen hat – aber irgendwann ist die letzte Seite dann doch gelesen. Zum Glück kann man sich in solchen Momenten an Fachleute wenden, die einem ein Buch mit vergleichbaren Qualitäten empfehlen. Eine solche Fachfrau ist die Bernerin Céline Tapis. Nach der Matura absolvierte die heute 21-Jährige eine Buchhändlerlehre; mittlerweile arbeitet sie zu 50 Prozent bei Stauffacher und studiert an der Universität Bern Germanistik sowie Religionswissenschaft. «Sie mochten den 2009 erschienenen Roman ‹Zwei an einem Tag› von David Nicholls? Er war ein grosser Erfolg, weil er eine ungewöhnliche Liebesgeschichte auf ungewöhnliche Weise erzählt. Hauptfiguren sind die eher introvertierte Emma und der Partygänger Dexter. Nicholls beschreibt immer den 15. Juli jedes Jahrs von 1988 bis 2007, einmal aus der Sicht von Dexter, einmal aus der Perspektive von Emma. Die beiden lernen einander am Ende des Studiums kennen, verlieren einander wieder aus den Augen, haben andere Partner und kommen dann doch noch zusammen. Da wir immer nur eine Bestandesaufnahme vom 15. Juli haben, erfahren wir viele Details nicht oder müssen wir uns manches selber zusammenreimen; das macht ebenso den Reiz dieser Geschichte aus wie ihr ungewöhnliches Ende. Wem dieser Roman gefiel, der wird vermutlich auch ‹Die Kunst, Schluss

zu machen› von Anna Stothard mögen. Die Autorin stammt wie Nicholls aus England, und ihre Protagonisten ähneln jenen von ‹Zwei an einem Tag›. Die eher introvertierte Eva findet, man lerne einen Partner erst dann wirklich kennen, wenn man sich von ihm trenne. Seit drei Jahren ist sie mit Luke zusammen, was für sie persönlichen Rekord bedeutet; nun überlegt sie sich, ob es nicht allmählich Zeit für eine Trennung wäre. Doch dann kommt Grace ins Spiel. Eva merkt, dass sich Luke hervorragend mit Grace versteht, und erstmals scheint es denkbar, dass sie selber verlassen wird. Dem will Eva zuvorkommen, und sie setzt sich selber unter Druck, mit Luke Schluss zu machen ... Beide Liebesgeschichten, jene von Nicholls und jene von Stothard, sind untypisch und alles andere als kitschig. Bei beiden stehen zwei Liebende im Zentrum, die nicht richtig zueinander zu passen scheinen, aber eben doch irgendwie zusammengehören. Während bei ‹Zwei an einem Tag› vor allem die Form aussergewöhnlich ist, finde ich bei ‹Die Kunst, Schluss zu machen› die Sprache bemerkenswert. Stothard, von der auch der erfolgreiche Roman ‹Pink Hotel› stammt, schlägt einen jungen, frischen Ton an und schafft es, dass man auch bei traurigen Stellen lachen muss. Vieles bringt sie exakt auf den Punkt, anderes lässt sie im Verschwommenen – das verleiht ihrem Buch viel Atmosphäre.»


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Ja hrestage Vor 50 Jahren – am 22. November 1963 – starb Aldous Huxley. Der Brite, der in den Vereinigten Staaten lebte, gilt als einer der Pioniere der Dystopie. Dieser Begriff bezeichnet Erzählungen, die in der Zukunft spielen und ein pessimistisches Gesellschaftsbild zeichnen; Dystopien sind also das Gegenstück zu Utopien, den optimistischen Zukunftsdarstellungen, und momentan sind sie äusserst beliebt, wie der durchschlagende Erfolg der «Panem»-Trilogie zeigt. Huxley steuerte zum Genre den Klassiker «Brave New World» bei: Im Jahr 2540 wird die Menschheit von einer Weltregierung beherrscht. Dank künstlicher Fortpflanzung, der absoluten Kontrolle und ständiger Manipulation aller ist die Gesellschaft mittlerweile perfekt. Eine Konsumideologie beherrscht alles. Nur in kleinen Reservaten leben Menschen noch wie einst – sie machen Kinder, lieben und streiten sich, altern. John aus dem Reservat gelangt in die «Schöne neue Welt», und damit bahnt sich eine Katastrophe an. Vieles an diesem 1932 erstmals erschienenen Roman erscheint uns heute prophetisch, und darum lohnt es sich sehr, ihn wieder einmal zu lesen. Gerade hat ihn Fischer Taschenbuch in einer brandneuen Übersetzung wieder herausgebracht. Schreibt man eine Geschichte der Ratgeberliteratur, muss man wohl dem US-Amerikaner Dale Carnegie ein Extrakapitel widmen – denn er ist einer der wichtigsten Vertreter dieses Genres. Erstaunlicherweise jährt sich sein Geburtstag am 24. November bereits zum 125. Mal; Carnegie war also schon als Ratgeber erfolgreich, als es die gesamte ConsultingBranche noch gar nicht richtig gab und man eine Abteilung «Besser Leben» in den meisten Buchhandlungen wohl vergeblich gesucht hätte. Carnegie kam 1883 in Missouri zur Welt, liess sich zum Lehrer ausbilden und zog dann nach New York, wo er als Lastwagenverkäufer arbeitete – und ab 1912 im Christlichen Verein Junger Männer Kurse in freiem Reden gab. Carnegie vermittelte dabei vor allem, wie wichtig

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eine positive Lebenseinstellung ist. Das kam an, und ab 1926 begann Carnegie, seine Ratschläge auch in Buchform zu veröffentlichen. Den grossen Durchbruch schaffte der Vater des positiven Denkens dann 1937 mit dem Bestseller «Wie man Freunde gewinnt». 1948 wiederholte er seinen Welterfolg mit «Sorge dich nicht – lebe!». Dass der 1955 verstorbene Carnegie nicht einfach den Zeitgeist bediente wie so viele Beratergurus nach ihm, beweist allein die Tatsache, dass seine Werke wieder und wieder aufgelegt werden und zu den ewigen Bestsellern des Buchhandels gehören. Auf Deutsch erscheinen sie bei Fischer Taschenbuch. Am 7. Dezember ist es 75 Jahre her, seit Friedrich Glauser starb. Er gilt als ein Pionier der Schweizer Kriminalliteratur, und seine Biografie liest sich selber wie ein Roman: Der 1896 zur Welt gekommene Hochbegabte brach ein Chemiestudium in Zürich ab und wurde 1917 Mitglied der Dada-Szene in Zürich; der Vater, dem der Lebenswandel des Sohns nicht passte, liess Glauser entmündigen; wegen seines Morphin-Konsums und Schulden geriet der junge Mann fortan immer wieder in Konflikt mit dem Gesetz; er wurde mehrmals verhaftet und immer wieder in Heilanstalten interniert. In den 1920er-Jahren ging Glauser zur Fremdenlegion, danach arbeitete er in einem Kohlenbergwerk in Belgien, war Hilfsgärtner in der Schweiz und versuchte, sich als freier Schriftsteller in Paris durchzuschlagen. In der psychiatrischen Klinik Münsingen verliebte sich Glauser schliesslich in eine Pflegerin, die er in Italien heiraten wollte – doch bürgerliches Glück war ihm nicht vergönnt: Er starb am Tag vor der Eheschliessung in der Gegend von Genua. In den letzten drei Lebensjahren verfasste Glauser fünf Romane um den knorrigen Wachtmeister Studer. Bereits 1939, ein Jahr nach Glausers Tod, wurde erstmals einer davon verfilmt: «Wachtmeister Studer» mit dem unvergleichlichen Heinrich Gretler in der Titelrolle. Seit 1992 erscheint Glausers Gesamtwerk im Limmat-

Was lesen Sie gerade? Verlag; dieser hat jetzt auch den Film «Glauser» veröffentlicht, eine «magische Entdeckungsreise zum zwischen Rebellion und Resignation pendelnden Schriftsteller». Film anschauen – oder noch besser: Glauser lesen! Ein anderer Schriftsteller, der wegen seiner Morphin-Sucht immer wieder Ärger hatte, war William S. Burroughs. Er wäre am 5. Februar 100 Jahre alt geworden. Burroughs gilt als einer der wichtigsten Autoren der «Beat Generation». Auch sein Leben ist wahrer Filmstoff. Auf einer Farm in Texas pflanzte Burroughs Marihuana an, um seine Drogensucht zu finanzieren. Die Sache flog auf, und er musste mit seiner Familie nach Mexiko flüchten. Dort tötete er im Suff seine Frau – er wollte eine Szene aus Schillers «Wilhelm Tell» nachspielen und ihr ein Glas vom Kopf schiessen. Darauf reiste Burroughs durch Südamerika, machte neue Drogenerfahrungen und verarbeitete diese im Roman «Junkie». Den Durchbruch brachte schliesslich das Buch «Naked Lunch»; Burroughs hatte dafür die Cut-Up-Technik entwickelt, bei der die Manuskriptseiten zerschnitten und beliebig neu zusammengesetzt werden. Diese Technik machte «Naked Lunch» zu einer Art Bibel der frühen Popkultur. Im «Verlag der Buchhandlung König» ist jetzt eine lesenswerte Biografie über Burroughs erschienen: «Cut». Und zum Schluss noch ein Jahrestag, den der Betreffende auch selber feiern kann: Leon de Winter wird am 26. Februar 2014 60 Jahre alt. Der Jubilar gehört zu den erfolgreichsten niederländischen Autoren, doch unumstritten ist er nicht – vor allem, weil er sich in Blogs und Meinungsbeiträgen sehr dezidiert zu politischen und gesellschaftlichen Themen äussert und sich zum Beispiel gern auf Barack Obama oder den Islamismus einschiesst. Viele seiner Romane tragen klar autobiografische Züge, so auch das neueste turbulent-ironische Werk «Ein gutes Herz», das bei Diogenes erschienen ist. Eine wichtige Rolle spielt darin auch der ermordete Filmemacher Theo van Gogh, der zu Lebzeiten ein Intimfeind von de Winter war.

Marc Surer, Formel-1-Experte und ehemaliger Rennfahrer: «Als Rennfahrer bekommt man immer MotorsportBücher geschenkt. Sie türmen sich ungelesen in meinem Keller, ich lese zum Sport nur technische Literatur. Meine Lieblingsbücher handeln von Quantenphysik und Raumfahrt. Aber man kann ja nicht nur so schwere Sachen lesen – vor allem, wenn man in Spanien am Pool liegt! So habe ich diesen Sommer schon Martin Suters ‹Allmen und die Dahlien› in zwei Tagen verschlungen. Im Moment lese ich John Grishams neustes Buch: ‹Das Komplott›. Ein schwarzer Anwalt sitzt für zehn Jahre im Knast, weil er sich unbewusst auf ein Geschäft mit Geldwäscherei einliess. Fünf Jahre hat er schon hinter sich; er hat in dieser Zeit einigen Mithäftlingen bei ihren Berufungsverfahren helfen können. Als ein berühmter Staatsanwalt ermordet wird, glaubt er den Mörder zu kennen. Er bietet dem FBI einen Deal an: den Namen des Mörders gegen seine Freilassung und eine neue Identität. Dieses Buch fasziniert mit den Einblicken in die amerikanische Justiz. Die USA haben pro Kopf die höchste Anzahl von Strafgefangenen aller demokratischen Staaten. Ich weiss noch nicht, wie die Geschichte ausgeht, aber sie reisst mich mit. Da schon einige der John-Grisham-Romane verfilmt wurden, bin ich sicher: Das ist perfektes Filmmaterial. In der Hauptrolle könnte ich mir Will Smith oder Denzel Washington vorstellen. Hoffentlich kommt dieses faszinierende Buch bald ins Kino!»

Das Komplott John Grisham 447 Seiten CHF 35.90 Heyne

Im Mai 2010 prangte auf der Titelseite von «Books» ein Zitat von Henning Mankell: «Das ist wirklich der letzte!» Der schwedische Schriftsteller bezog sich damit auf seinen Roman «Der Feind im Schatten», den zehnten und ausdrücklich letzten um den beliebten Kriminalkommissar Kurt Wallander. Doch jetzt ist bei Zsolany ein weiterer Wallander-Krimi erschienen: «Mord im Herbst». Ist der Schriftsteller wortbrüchig geworden? Kann er, wie einst Muhammad Ali oder heute die Rolling Stones, einfach nicht aufhören? Mitnichten. «Diese Geschichte wurde vor vielen Jahren geschrieben», hält der Autor in einer Nachbemerkung fest. 2004 wurde in Holland eine Aktion zur Förderung des Buchs durchgeführt: Jeder, der in einem bestimmten Monat einen Krimi kaufte, erhielt dazu eine Erzählung geschenkt. Mankell war angefragt worden, ob er diese Erzählung schreiben wolle, und als grosser Bücherfreund hatte er zugesagt. So entstand

«Mord im Herbst». 2013 erschien der Text erstmals im schwedischen Original, jetzt liegt er auch auf Deutsch vor. Dass es sich nicht um einen regulären WallanderRoman handelt, sieht man schon von weitem: Das Buch ist gerade einmal ein Viertel so dick wie üblich. Doch der Kurzkrimi enthält alles, was WallanderFans wünschen. Der Kommissar ist wieder einmal besonders schlecht gelaunt, will eigentlich nur seine Ruhe – doch dann findet er in einem Garten eine Hand ... Alle, die aufgrund dieser Neuerscheinung auf eine neue WallanderWelle hoffen, werden vom Meister persönlich enttäuscht: «Weitere Erzählungen über Wallander gibt es nicht», hält Mankell unmissverständlich fest. «In meinem Alter werden die Grenzen enger. Ich muss mich immer klarer entscheiden, was ich nicht tue.» Der allerletzten Geschichte wird also keine definitiv letzte folgen.

Jetzt als Tablet

tolino tab 7" (Fr. 229.–) oder 8.9" (Fr. 329.–) erhältlich in allen Orell Füssli und Thalia Buchhandlungen


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And the Price goes to ...

Märchen, Magie, ... und ausserdem Trudi Gerster – Es soll ja Leute geben, die können gar mehr sein ohne digitale Hilfsmittel. und Orell Füssli im nicht Die informieren sich einzig via Smartphone über die Welt, schreiben Nachrichten Landesmuseum

Bei der Orell Füssli Thalia AG hat es in letzter Zeit viel zu feiern gegeben – zum Beispiel die Gewinnerinnen und Gewinner unserer Wettbewerbe.

nur noch auf zweidimensionalen Tasten,

Das sind die Gewinner:

führen einen elektronischen Kalender und lesen auch alle Bücher ausschliesslich auf dem eReader. Noch immer gibt es

1. Angela Heller, Zürich 2. Ruth Schuler, Wädenswil 3. Caroline Papaux, Zug 4. Verena Nüesch, Zürich 5. David Seeger, Au 6. Daniel Wenger, Zürich 7. Heather Scheidegger, Benglen 8. Jürg Lüthy, Wetzikon 9. Irene Fink, Zürich 10. Rahel Blessing, Uster Und diese Bücher wurden von den Wettbewerbsteilnehmenden am häufigsten als beliebteste Titel der letzten 20 Jahre genannt: 1. Harry-Potter-Reihe J.K. Rowling Kriminacht zur Feier des Kramhofs – mit TV-Richterin Barbara Salesch, Bestseller-Autorin Ingrid Noll und Forensikerin Lydia Benecke.

2. Drachenläufer Khaled Hosseini

3. Der Schatten des Windes Carlos Ruiz Zafón

4. Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand Jonas Jonasson 5. Nachtzug nach Lissabon Pascal Mercier

alte Handschrift und eine Zetteli-Wirtschaft unersetzlich sind. Damit sich der moderne Mensch in diesen Bereichen nicht verloren fühlt, bringt ihm das neue iMEMO-Magnetbrett das gewohnte digitale Umfeld in die analoge Welt. Das 15 auf 20 Zentimeter grosse Brett sieht aus Vom 10. Januar bis 11. Mai 2014 zeigt das Landesmuseum Zürich die Wechselausstellung «Märchen, Magie und Trudi Gerster», die von Orell Füssli begleitet wird. Die Sonderschau richtet sich gleichermassen an Kinder, Eltern und Grosseltern – denn Märchen sind nicht nur zeitlos, sie wirken auch über alle Generationengrenzen hinweg. Zu sehen gibt es in der Ausstellung wertvolle historische Originalmanuskripte, Gemälde, Filmausschnitte, reich illustrierte Bücher oder Märchenbilder aus der aktuellen Kunst. Und zu hören bekommen alle grossen und kleinen Besuchenden die Märchenfee schlechthin: Trudi Gerster, die an der Landesausstellung 1939 erstmals als Märchenerzählerin engagiert wurde und bis zu ihrem Tod im vergangenen April auf unvergleichliche Art von verzauberten Fröschen, schönen Prinzessinnen, klugen Zwergen oder alten Fischern erzählte. Dass Trudi Gerster ein Monument der Schweizer Erzählkultur ist, beweist die Ausstellung selbst: Noch keine Märchenerzählerin ist so umfassend in einer Schau geehrt worden.

7. Shantaram Gregory D. Roberts 8. Am Hang Markus Werner 9. Die Vermessung der Welt Daniel Kehlmann 10. Léon und Louise Alex Capus

wie ein Tablet – und die vier Magnete, mit denen man Eintrittskarten, den Einkaufszettel oder eine Visitenkarte dingfest ma-

chen kann, zeigen die Logos vier beliebter Apps. Das Brett lässt sich mittels Kartonsteller elegant auf dem Pult platzieren.

6. Millennium-Trilogie Stieg Larsson

Natürlich eignet sich dieses Produkt nicht nur für iPad-Junkies – sondern für alle, © KEYSTONE/Archiv Migros Genossenschafts-Bund

Theo ist das Maskottchen der «Kinderwelt»: Hünenhaft, aber trotzdem unbedrohlich steht der Braunbär vor der Bücherabteilung für die jüngsten Kundinnen und Kunden. Seit einiger Zeit gibt es Theo auch zum Nachhausenehmen als kuschelige Plüschfigur. Und in diesem Sommer war der kleine Theo auch Star eines Wettbewerbs: Wir baten alle Buben und Mädchen, uns das schönste Ferienfoto mit ihm zu schicken. Alle zwei Wochen wählten wir aus den Einsendungen Etappensieger aus, die je einen Büchergutschein über 20 Franken erhielten. Am Ende nahmen die insgesamt 16 Etappensieger am grossen Finale teil, bei dem es noch einmal eine Geschenkkarte im Wert von 200 Franken zu gewinnen gab. Gesamtsiegerin wurde die 6-jährige Vanessa Nannt mit ihren beiden Geschwistern Alexander und Leticia aus Frauenfeld – mit einem herzigen Bild, auf dem Vanessa Theo gerade den Bodensee zeigt. Zum Hauptpreis gehörte auch ein Foto-Shooting mit dem grossen Theo in der Filiale Marktgasse in Winterthur.

In diesem Herbst feierte der Kramhof, das Flaggschiff von Orell Füssli, ein grosses Jubiläum – es ist nämlich genau 20 Jahre her, seit die damals einzige Buchhandlung des Unternehmens von der Pelikan- an die Füsslistrasse zog, eben in jenes altehrwürdige, aber rundum modernisierte Gebäude namens «Kramhof». Der Geburtstag wurde auf vielfältige Weise gefeiert: mit einem Krimiabend, an dem Bestseller-Autorin Ingrid Noll, TV-Richterin Barbara Salesch und die Forensikerin Lydia Benecke teilnahmen, mit einer Kinderparty, einer Ausstellung – und einer grossen Sonderbeilage im «Tages-Anzeiger». In dieser Publikation präsentierten wir auf einer Doppelseite «20 Bücher aus 20 Jahren», einen Überblick über jene Neuerscheinungen, die seit der Eröffnung des Geschäfts am meisten zu reden gaben. Natürlich wollten wir von allen Leserinnen und Lesern wissen, welches denn für sie das wichtigste Buch in dieser Zeit war. Unter allen Einsendungen verlosten wir – neben neun Büchergutscheinen im Wert von je 100 Franken – einen exklusiven Event: Wir öffneten den ganzen Kramhof von 20 bis 24 Uhr allein für die Wettbewerbsgewinnerin und eine Begleitperson. Die beiden durften nach Herzenslust stöbern und alles einpacken, was ihnen gefiel – denn zum Hauptpreis gehörte auch ein Büchergutschein im Wert von 500 Franken.

aber ein paar Bereiche, in denen die gute

die modernes Design und eine witzige Idee schätzen. Erhältlich in den meisten Filialen von Orell Füssli und Thalia. iMEMO-Magnetbrett 15 x 20 Zentimeter mit 4 App-Magneten und einem magnetischen Filzstift CHF 19.90


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«Die Leserschaft soll Entdeckungen machen können» Die neue Anthologie «Moderne Poesie in der Schweiz» bietet mit über 500 Texten von 250 Autorinnen und Autoren einen faszinierenden Überblick über das hiesige lyrische Schaffen seit 1900. «Books» sprach mit dem Herausgeber Roger Perret über diesen prächti­ gen und ungewöhnlichen Sammelband, der als neues Referenzwerk bezeichnet werden kann. Markus Ganz

Erik Brühlmann

«Books»: Sie waren Mitherausgeber des 2010 erschienenen Hörbuchs «Wenn ich Schweiz sage ...», das moderne Schwei­ zer Lyrik im Originalton vorstellte. Hat diese viel beachtete Veröffentlichung die Entstehung der aktuellen Antholo­ gie «Moderne Poesie in der Schweiz» beeinflusst? Roger Perret: Ja, das Hörbuch war der Auslöser für die Anthologie. Denn fürs Hörbuch konnten Mitherausgeber Ingo Starz und ich nur Autorinnen und Autoren berücksichtigen, von denen wir Originalaufnahmen fanden. Von vielen, die ebenfalls auf unserer Wunschliste standen, gab es jedoch keine Tondokumente. Diese Autoren bildeten die Basis für die aktuelle Anthologie, die ich schon länger im Hinterkopf hatte. Doch mich interessierte noch ein anderer Aspekt, eine Anthologie zusammenzustellen: Beim Hörbuch konnte ich die meiner Meinung nach unterschätzten Wort- und Schriftbilder logischerweise nicht aufnehmen. Jetzt sind sie berücksichtigt. Sie sind wohl für viele eine Entdeckung, denn bislang wurden Wort- und Schriftbilder kaum zur Lyrik gezählt.

vorzugehen. Damit ein Text aufgenommen wurde, musste mich seine literarische Qualität überzeugen; ich wollte aber nicht von der Schönheit oder Bekanntheit einzelner Gedichte ausgehen, der Kontext, in dem ein Gedicht steht, war mir mindestens so wichtig wie das Gedicht selbst. Ich habe auch kaum bekannte Gedichte

Es gibt also wegen eines unterschiedli­ chen Ansatzes keine Überschneidungen mit dem Hörbuch? Kein einziges Gedicht ist in beiden Werken zu finden! Diese Trennung kristallisierte sich allerdings erst bei der Arbeit an der Anthologie heraus. Ich entschied mich, bei der Auswahl anders als üblich

ausgewählt – denn ich wollte, dass die Leserschaft Entdeckungen machen kann. Auch vergessene und unterschätzte Dichter sollten ins Licht rücken. Aus all diesen Gründen sind nun viele Autorinnen und Autoren erstmals überhaupt in einer Lyrik-Anthologie vertreten; einige von ihnen gar mit mehreren Arbeiten.

«Bislang wurden Wort- und Schrift­ bilder kaum zur Lyrik gezählt – jetzt sind sie be­ rücksichtigt.»

Hat die starke Gewichtung des Kontexts zum eher unkonventionellen Aufbau der Anthologie geführt? Ja. Die Anthologie ist nicht wie üblich streng nach Autoren, Chronologie oder Sprachen aufgeteilt. Ich wollte diese Gliederung durchbrechen, um Verwandtschaften und Unterschiede aufzeigen zu können, etwa zwischen dem französischsprachigen Blaise Cendrars und Robert Walser. Um einen Bezug herzustellen, muss man die Texte neben- und nacheinander präsentieren; darum gliederte ich die Anthologie in thematische und stilistische Kapitel, die trotzdem einer ungefähren Chronologie folgen. Ich legte in den einzelnen Kapiteln dann die Gedichte der Vorauswahl nebeneinander und überlegte, welche «miteinander sprechen», was schliesslich zur endgültigen Auswahl führte. Manchmal musste ich ein «schöneres» Gedicht zugunsten eines anderen weglassen, das im Zusammenhang besser funktioniert. Hatten Sie von Beginn weg den An­ spruch, mit dieser Anthologie die Breite und Vielfalt der modernen Schweizer Lyrik aufzuzeigen? Ja, denn es gab bisher nur eine Anthologie von allen vier Schweizer Literaturen: jene von Bernd Jentzsch, die 1977 publiziert wurde. Dort sind allerdings nur die rätoromanischen Texte übersetzt, während bei meiner Anthologie alle fremdsprachigen Gedichte übertragen sind. Ich wollte zudem den Fokus auf die moderne

Roger Perret Roger Perret wurde 1950 in Zürich geboren. Er studierte Philosophie, Literaturkritik und Komparatistik in Zürich. Heute arbeitet er als Projektleiter Literatur bei der Direktion Kultur und Soziales des Migros-Genossenschafts-Bunds in Zürich. Die Anthologie «Moderne Poesie in der Schweiz» entstand im Auftrag des MigrosKulturprozentes. Roger Perret befasst sich gern mit Aussenseiterfiguren in der Schweizer Literatur. Bekannt wurde er vor allem als Herausgeber der Werke von Annemarie Schwarzenbach und Alexander Xaver Gwerder, er publizierte aber auch Bücher mit Texten von Hans Morgenthaler, Nicolas Bouvier, Annemarie von Matt und Sonja Sekula. Zusammen mit Mitherausgeber Ingo Starz veröffentlichte Roger Perret im Auftrag des Migros-Kulturprozentes 2010 das Hörbuch «Wenn ich Schweiz sage ... Schweizer Lyrik im Originalton von 1937 bis heute». Es bietet auf zwei CDs vorwiegend unveröffentlichte Aufnahmen von modernen Gedichten in acht Sprachen sowie die Textfassungen.


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«Erstaunlich viele der in der Antho­ logie vertretenen Autoren wie Louis Soutter oder Paul Klee haben gar nie einen Gedichtband veröffentlicht.»

In der Anthologie sind auch Wort- und Schriftbilder vertreten. Jenes links stammt von Sonja Sekula, heisst «Prière à A» und entstand 1961. Das Wort- und Schriftbild rechts ist ein Werk von Maja Bosshard: «Love is all». © Edition 8, Zürich 2003.

Poesie setzen und berücksichtigte deshalb nur wenige traditionelle oder epigonal wirkende Gedichte. Was zeichnet denn die Modernität der Gedichte aus? Es gibt keine klare Definition. Ein Kriterium für die Auswahl war für mich, dass man in den Gedichten eine Auseinandersetzung mit der internationalen Moderne spürt, etwa mit dem Surrealismus, dem Dadaismus oder mit der konkreten Lyrik. Es mussten keine avantgardistischen Texte sein, aber solche, die Elemente der modernen Poesie aufweisen. Und es sollte auch ein gewisser Bruch festgestellt werden, etwa mit dem souverän agierenden lyrischen Ich. Sie beginnen das Buch mit Texten von Blaise Cendrars, Robert Walser und Adolf Wölfli. Verstehen Sie diese Autoren als Begründer der modernen Poesie in der Schweiz? Ich wollte eine These aufstellen, wann und mit welchen Dichtern die Moderne hierzulande begann. Ich wählte diese

drei Autoren und setzte den Beginn der Anthologie bei 1900 fest, weil Cendrars, Walser und Wölfli einige Jahre später ihre modernen Texte schufen. Mit der Wahl von Wölfli sind vielleicht nicht alle Leute einverstanden, weil er vor allem als Maler sowie als Musiker bekannt ist. Man kann sich auch fragen, ob ein schizophrener Dichter ein guter Beweis für die Moderne ist. Ich denke aber schon – denn manche Aspekte der modernen Kunst und Literatur finden sich in Arbeiten von Schizophrenen und Naiven, von sogenannten Art-Brut-Künstlern. Tatsächlich lebten auffallend viele der im Buch vertretenen Dichter zeitweise in psychiatrischen Kliniken, neben Walser und Wölfli auch Constance SchwartzlinBerberat. Warum haben Sie diese bisher wenig bekannte Autorin zu den Grössen gestellt? Texte von Constance Schwartzlin-Berberat kannte ich schon seit einiger Zeit. Ich stiess aber erst später auf die Originale und konnte dadurch auch die ungemein moderne Typographie entdecken, die sie

anwandte und die für mich das Wesentliche ihres Werks ausmacht. Man muss den kalligrafisch-bildnerischen Aspekt sehen, wie sie die Worte verteilte, die unterschiedlichen Abstände und Buchstabengrössen. Die Gedichte erhalten so einen eigenen Rhythmus, und das verändert auch die Lektüre – zumal man sie nicht nur von links nach rechts liest. Ihre Arbeiten sind zudem nicht einfach Berichte über den Klinikalltag und den Wahnsinn, sondern auch Reflexionen über die Sprache. Dies macht das Innovative dieser Texte aus, die Schwartzlin-Berberat um 1900 herum schrieb, also sogar noch vor den anderen drei erwähnten Autoren. Gehört zur modernen Poesie auch, dass sie nicht nur klassische Lyrik umfasst, sondern auch Prosagedichte, die Sie auffallend stark berücksichtig haben? Ich habe gerade bei Robert Walser festgestellt, dass seine Kurzprosa zuweilen viel poetischer ist, als es Teile seiner Lyrik sind. Dort gibt es nicht nur funkelnde Meisterwerke, sondern auch schlichte Tagesware; er hat das Banale ja selbst

thematisiert. Ich hätte es deshalb schade gefunden, wenn ich diese gerade in Anthologien vernachlässigte Mischform der Prosagedichte nicht angemessen berücksichtigt hätte. Zumal das GenreÜbergreifende gerade auch ein Zeichen der Moderne und immer wichtiger geworden ist. Es war Ihnen offensichtlich ein Anliegen, auch die Wechselbeziehung zu anderen Künsten aufzuzeigen ... Erstaunlich viele der in der Anthologie vertretenen Autoren wie Louis Soutter oder Paul Klee haben gar nie einen Gedichtband veröffentlicht. Oft, weil sie nur in ihrer Hauptdisziplin als Maler wahrgenommen wurden oder weil sie sich gar nicht mit Texten profilieren wollten. Bei manchen wurde das dichterische Werk erst nach ihrem Tod entdeckt. Solche Künstler haben Texte geschrieben, die sie selbst nicht unbedingt als Gedicht bezeichneten, die sich aber durch eine poetische Qualität auszeichnen. Denn in diesen Texten wird oft über die Sprache reflektiert, man spürt darin die Ausei­

nandersetzung mit der Avantgarde. Es fällt auf, dass viele der Neuentdeckungen aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg als Maler und Dichter gearbeitet haben. Sie haben alle nicht-deutschsprachigen Texte sowohl in der Originalsprache wie in der deutschen Übersetzung abge­ druckt. Warum? Bei der Lyrik sind beide Versionen unabdingbar. Es geht darum, dass die Leserinnen und Leser das Verhältnis vom Original zur Übersetzung abschätzen können. Denn man darf nicht vergessen, dass eine Übersetzung stets nur eine Annäherung ist. Es war aber auch eine der grössten Herausforderungen dieses Projekts, für all die fremdsprachigen Texte Übersetzungen zu finden. Über hundert Gedichte mussten neu übersetzt werden. Weshalb haben Sie auch Gedichte in Sprachen wie Albanisch, Jiddisch und Englisch gewählt, die nicht zu den Lan­ dessprachen gehören? Durch die vielen Immigranten aus aller Welt wird es immer schwieriger, die Sprachen der Schweiz festzulegen. Die Migration ist nicht zufällig seit längerem auch in der Literatur ein wichtiges Thema. Eingewanderte Autorinnen und Autoren gehören für mich zur Schweizer Literatur; ob deren Texte auch als schweizerisch bezeichnet werden können, hat mich nicht primär interessiert. Sicher ist, dass sie unsere Literatur bereichern.

Frage aufwerfen, was besser besteht. Die Diskussion, ob Liedtexte als Lyrik durchgehen, kennt man ja auch bezüglich Bob Dylan, der schon als Anwärter für den Nobelpreis für Literatur gehandelt wurde. Die Frage ist: Funktionieren Songtexte nur als Teil eines Lieds, wenn sie gesungen und von Musik begleitet werden, oder können sie auch für sich allein bestehen? Der Vorteil der Liedtexte ist, dass sie vielen Schweizern bekannt sind ... Ja, denn Tatsache ist, dass Lyrik etwas für die «happy few» ist. Sehr viele Leute hören sich aber Musik an, darunter auch diese Songs. Dadurch erhalten sie indirekt auch eine Beziehung zu Lyrik.

Stellen Sie in der Lyrik neuere Entwick­ lungen fest, in der sich die heutige Spra­ chenvielfalt der Schweiz widerspiegelt? Im Spoken-Word-Bereich wird gern mit einer grossen Sprachenvielfalt gespielt. Mundart wird da oft mit englischen Partikeln und Worterfindungen vermengt. Michael Stauffer etwa kann mit einem Text auf Hochdeutsch beginnen, in Mundart fortfahren, bei der sich die Sprache immer mehr verändert, bis sie wie Türkisch klingt, aber eigentlich ein eigenes Idiom wird. Was bewegte Sie dazu, auch Liedtexte von Mani Matter über Büne Huber, Kuno Lauener und Endo Anaconda bis zu Sophie Hunger in die Sammlung aufzu­ nehmen? Ich denke, dass Mani Matter das Lied als literarische Gattung in der Schweiz salonfähig machte; seine Liedtexte wurden ja auch in Buchform veröffentlicht. Ich wollte diese Liedtexte auch im Kontext zu den Spoken-Word-Texten zeigen und die

Moderne Poesie in der Schweiz Eine Anthologie von Roger Perret 600 Seiten CHF 53.00 Limmat


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Aus dem Rahmen Rebellisch, künstlerisch, intellektuell, politisch oder wild: Neue Bücher erzählen die bemerkens­ werten Lebensgeschichten besonderer Frauen. Benjamin Gygax

Haben sie etwas gemeinsam – die Intellektuelle, die gern Priesterin geworden wäre und sich zeitlebens für Frauenrechte einsetzte, und der Paradiesvogel, der nach 1968 als Künstlermuse und Edelprostituierte durch Zürichs Szene zog? Wohl kaum, ausser dass sie beide Frauen waren und gegen den Strom schwammen, um ihrem Lebensentwurf treu zu bleiben. Und das ist in beiden Fällen so interessant, dass ihnen ein Buch gewidmet wurde. Gertrud Heinzelmann und Lady Shiva sind aber längst nicht die einzigen Frauen, zu denen neue gehaltvolle Monografien vorliegen: Frauenleben sind gegenwärtig ein wichtiges Thema im Büchermarkt.

Facetten des Lebens Wie facettenreich das Leben von Frauen in den letzten 300 Jahren ist, zeigen zwei Bücher voller Kurzbiografien bekannter Persönlichkeiten. Soeben erschienen ist «Un­ erschrockene Frauen». Das Buch von Dieter Wunderlich reiht sich ein in eine Serie von Piper, in der früher schon «Ei­ genSinnige Frauen», «Verführerische Frauen», «WageMutige Frauen» und «AusserOrdentliche Frauen» erschienen sind. Der Autor hat im neuesten Band Porträts von elf Persönlichkeiten aus aller Welt verfasst, die mit ihrem unkonventionellen Leben für Aufruhr sorgten. Die Liste reicht von Germaine de Staël, der einzigen Schweizerin in der illustren Runde, über Margaret Thatcher bis zu Madonna. Auf 20 bis 30 Seiten beschreibt der Autor Leben und Wirken der unerschrockenen Frauen streng chronologisch, mit vielen Zitaten und den dazugehörenden knappen Quellenverweisen. Die Beschreibungen sind übersichtlich und gut lesbar, allerdings auch etwas trocken. Um die Frauen kennen zu lernen und sich einen Überblick über ihre Leben zu verschaffen, eignet sich das Buch aber gut.

Schweizer Entdeckungen Kürzer und einiges kurzweiliger hat die Autorin Daniele Muscionico ihre Porträts in

«Starke Schweizer Frauen» gestaltet. Das Buch erschien bereits 2011 im LimmatVerlag, ist aber ein so lesenswerter Einstieg in die Biografien bekannter Schweizerinnen, dass es ruhig noch einmal vorgestellt werden darf. In starken Bildern und lebendigen Szenen beschreibt die Publizistin 24 Frauenleben; sicher nicht vollständig, aber mit sicherem Sinn für das Wesentliche und Typische. Es gibt Porträts bekannter Frauen wie Emilie Kempin-Spyri oder Elisabeth Kübler-Ross, aber auch von weniger berühmten, dennoch faszinierenden Frauen. Zu entdecken ist da zum Beispiel die Lebensgeschichte von Mabel Zuppinger-Westermann, einer Dame von Welt mit österreichischen Wurzeln. 1933 half sie, die «Weltwoche» finanziell auf die Beine zu stellen, und 1938 gründete sie die «Annabelle», deren Redaktion sie auch leitete. Zudem schrieb sie als «Claudine» während vieler Jahre «lebenskluge, liebenswürdige Beiträge über Mode, ihren Garten, über Hunde». Im Alter zog sie sich zunehmend zurück, 1978 starb sie «einsam und leise», wie eine Freundin sagte. Überraschend ist auch die älteste Geschichte im Buch, jene von Catherine von Wattenwyl. Die Berner Patrizierin lebte von 1645 bis 1714 und wollte sich nicht auf die traditionelle Rolle der Frau beschränken. Sie liess sich im Harnisch und mit Schwert am Gürtel malen und politisierte für den französischen König. Als sich dessen Beziehung zu den reformierten Orten der Eidgenossenschaft abkühlte, wurde Catherine 1689 eingesperrt und der Spionage beschuldigt. Sie musste monatelange Haft und Folter ertragen, bis sie schliesslich wieder freigelassen wurde.

Die Welt der Frauen Was verbindet viele Frauenbiografien? Offensichtlich wird das auch dank jenen, welche «die Seite wechseln». In einer Tageszeitung erschien kürzlich das Porträt einer Frau, die als Mann geboren wurde und jahrelang ein Doppelleben führte. Als sie

endlich das Coming-out wagte, stellte sie als hoch qualifizierte und erfahrene Fachperson eines fest: Sie müsse sich plötzlich wieder vermehrt beweisen, fast so, als gälte ihr bisheriger beruflicher Leistungsausweis nicht mehr. Ihr falle zudem auf, dass von Frauen mehr Geduld, Unterordnung und Zurückhaltung erwartet werde als von Männern. Die Kolleginnen, angesprochen auf diese Beobachtung, antworteten lakonisch mit «Willkommen in der Welt der Frauen». Es sind solche Widerstände und auch viel handfestere Rechtsungleichheiten, die Frauen schon lange auf die Barrikaden trieben. Zu ihnen gehörte auch die 1914 geborene Gertrud Heinzelmann, die

Was verbindet viele Frauenbiografien? Offensichtlich wird das auch dank jenen, welche «die Seite wechseln».

sich für das Frauenstimmrecht einsetzte und den Papst 1962 öffentlich dazu aufforderte, die Weihe von Priesterinnen zuzulassen. Ihr Leben beschreibt Barbara Kopp im Buch «Die Unbeirrbare» faktenreich und mit vielen schönen Zitaten. Heinzelmann wäre gern Priesterin geworden, bis sie als Jugendliche die Hoffnungslosigkeit dieses Projekts einsehen musste und Recht studierte. In ihrer Dissertation zerpflückte sie die Argumente von Thomas von Aquin, der das Frauenbild der Kirche massgeblich geprägt hatte.

Oben links: Catherine von Wattenwyl inszenierte sich als Sonnenkönigin. © Theodor Roos Oben: Die Lyrikerin Ingeborg Bachmann verband eine ebenso fruchtbare wie zerstörerische Liebe mit Max Frisch. © Kurt Husnik/Piper Verlag, München Links: Für einmal nicht in Schwarz: Christa de Carouge mit selbst bemaltem Rock, 1952 in Italien. © Rolf Schroeter Unten: Die Modeschöpferin Christa de Carouge stellt eine selbst entworfene Reisetasche vor. © Erick Julia


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Natürlich sind Frauenleben nicht immer geprägt vom politischen Kampf um Gleichstellung und von öffentli­ chen Debatten über die Rolle der Frau.

mung der Nachkriegsjahre, die wilden Sechziger und der lebensfreudige Nihilismus der Punks ebenso ihren Niederschlag wie die Rückbesinnung auf Essentielles zu Beginn des neuen Jahrtausends. Dieses bunte Leben im schwarzen Gewand wird von Georg Weber lebhaft und anekdotenvoll erzählt – wohl nicht zuletzt deshalb, weil die Modeschöpferin den Autor mit Material und Informationen grosszügig unterstützte.

Die Glücksverheissende

Die Journalistin Laure Wyss um 1961. © Eric Bachmann

Biografie einer Unangepassten 1986 schrieb Laure Wyss über Gertrud Heinzelmann: «Sie hat seit jeher handfest und sprachlich träf gekämpft, diese Feministin Heinzelmann, eine der wenigen waschechten unseres Landes.» Laure Wyss selber ist das aktuelle Buch von Bar­ bara Kopp gewidmet. Unter dem Titel «Laure Wyss – Leidenschaften einer Un­ angepassten» widmet Kopp der Journalistin ein 250 Seiten starkes Werk. Laure Wyss, die 1913 in Biel zur Welt kam, führte das Leben einer alleinerziehenden, berufstätigen Frau zu einer Zeit, als dies nicht vorgesehen und vor allem auch nicht gern gesehen war. Als Journalistin arbeitete Wyss bei verschiedenen Zeitungen sowie beim Schweizer Fernsehen, 1970 gründete sie mit anderen das Magazin des «TagesAnzeigers». Nach ihrer Berufskarriere blieb sie als Autorin und Herausgeberin bis zu ihrem Tod 2002 aktiv. Barbara Kopps Lebensschilderung von Laure Wyss ist ausführlich, mit vielen interessanten Zitaten angereichert, und sie bringt uns zugleich den Zeitgeist und die Mediengeschichte in der Schweiz näher. Bisweilen ist der Erzählstil der Autorin etwas kunstvoll und stellt sich damit vielleicht für den einen oder anderen Geschmack zwischen die Person der Laure Wyss und die interessier-

Irene Staub alias Lady Shiva im Katalog zur Ausstellung «Frauen sehen Frauen» von 1975. © Walter Pfeiffer

te Leserschaft; doch das ist bekanntlich Geschmackssache, und lesenswert ist das Buch über die «Unangepasste» allemal.

Zwischen Intimität und Öffentlichkeit Natürlich sind Frauenleben nicht immer geprägt vom politischen Kampf um Gleichstellung und von öffentlichen Debatten über die Rolle der Frau. Doch auch wenn sie zum Beispiel künstlerisch tätig sind, bleibt das Frausein oft bestimmend. Das zeigt sich zum Beispiel in Ingeborg Gleich­ aufs Buch «Ingeborg Bachmann und Max Frisch». In den letzten Jahren erschienen einige Werke über den berühmten Züricher Schriftsteller, der 2011 seinen 100. Geburtstag hätte feiern können; eines davon stammte auch von Ingeborg Gleichauf. Jetzt schreibt die Autorin also über jene vier Jahre dauernde, intensive und wechselvolle Liebesbeziehung, die Leben und Werk von Frisch und Bachmann stark prägte – der Untertitel lautet «Eine Liebe zwischen Intimität und Öffentlichkeit». Und dabei zeigt sich, wie Frauen in der Öffentlichkeit oft nicht für ihr Werk, sondern als Frau und durch die Augen der Männer vor, hinter und neben ihnen betrachtet werden: «Die Dichterin übte eine Faszination aus, die nicht allein mit dem Zauber ihrer Gedichte zu erklären war,

und schon begann man zu tuscheln im Kreis der Kollegen, Dichterinnen, Versteher, Kritiker, vor allem aus dem Umkreis der ‹Gruppe 47›: fragil sei sie, ziemlich unsicher, schüchtern und doch auch ganz schön kokett, und ihre Augen würden weiss Gott wohin schauen. Und überhaupt sei sie eine perfekte Mischung aus energiegeladen und zögernd, mädchenhaft unbeholfen und damenhaft selbstsicher, und vor allem auch sehr elegant.» Unter diesen Umständen begegneten sich also 1958 der 45 Jahre alte Frisch und die 15 Jahre jüngere Ingeborg Bachmann erstmals. Welche Rolle die Lyrikerin im Leben Frischs einnahm, zeigt Gleichauf zu Beginn, als sie ein Interview schildert, das 1985 stattfand: «Die Gespräche folgen einem gleichmässigen Rhythmus, Frisch und Pilliod verstehen sich, haben sich schon vor diesen Interviews verstanden ... Im Einklang mit der Umgebung, hin und wieder einen Schluck Wein nehmend, scheint nichts die gelassene und doch wachsame Ruhe der beiden Freunde stören zu können. Bis ein Name fällt: Ingeborg Bachmann. Frisch springt auf, als habe ein Stromstoss seinen Körper durchzuckt, er weicht zurück, nimmt eine Art Fluchthaltung ein.» Auch Bachmann litt nach der Trennung und musste sich mehrmals in Krankenhäuser einweisen

lassen. 1973 starb sie infolge eines Brands, den sie mit einer Zigarette ausgelöst hatte, und an Medikamentenentzug. Das Buch bietet eine lebendige Schilderung dieser so intensiven wie wechselvollen Beziehung.

Schwarz auf Weiss Ende des Jahrs wird Christa de Carouge als eine der bekanntesten Schweizer Modeschöpferinnen von der Bühne abtreten. Von Georg Weber ist deshalb «Christa de Carouge – Schwarz auf Weiss» erschienen. Schwarz-weiss sind auch die vielen Fotos, die auf fast 100 Seiten das Leben der Frau in Schwarz illustrieren. Christa Furrer, so der bürgerliche Name der Modefrau, kam 1936 in Basel zur Welt und konnte als Kind ihrer Mutter beim Schneidern zusehen. Zunächst wollte sie das Kochhandwerk erlernen, musste aber den Wunsch schweren Herzens aufgeben, weil sie als Frau keine Chance auf eine anspruchsvolle Arbeit sah. Die Kunstgewerbeschule bot einen willkommenen Ausweg. 1965 schliesslich fand sie den Weg zur Mode, als sie in Lausanne die «Boutique pour Monsieur» eröffnete. Richtig für Furore sorge Christa de Carouge 1983 mit ihrer ersten grossen Modeschau, an der sie nur schwarze Kleidung präsentierte. In ihren Kleidern finden die Aufbruchsstim-

Zum Abschluss gibt es noch einen ganz anderen, diesmal äusserst farbigen Einblick in ein Leben im schrillen Umzug der Modeszene. Der bekannte Publizist Willi Wottreng, der ein besonderes Flair für Lebensbeschreibungen am Rand der Gesellschaft hat, präsentiert «Lady Shiva». Das Buch porträtiert Irene Staub, Edelprostituierte, Künstlermuse und Mode-Ikone, die sich nach dem höchsten hinduistischen Gott Shiva, dem Glücksverheissenden nannte. Wottrengs Buch beginnt mit der Todesmeldung von 1989 im Blick – und mit dem Motorradunfall in Thailand ist die Tonalität des Lebens von Lady Shiva schon vorweggenommen. «Live fast, die young», sagte man damals. Die Geschichte von Lady Shiva begann als Schöne der Nacht an der Schoffelgasse im damals noch zwinglianischen Zürich. Lady Shiva sagte, sie verkaufe den Freiern nur ihre Zeit. Schon bald machte sie auch Modeshootings und lernte die Kreativen und Mächtigen der Welt kennen: die Künstler Sigmar Polke und Andy Warhol oder David Bowie gehörten dazu. Wottreng schafft es, nicht nur das Bild einer schillernden Frau zu zeichnen, sondern auch jenes einer wilden Epoche – zwischen dem Aufbruch von 1968 und dem jähen Ende des Hedonismus in den 1980er-Jahren wegen AIDS. Eine faszinierende Geschichte, die man niemandem als Rollenmodell empfehlen würde, die aber eine schillernde Facette möglicher Frauenleben aufblitzen lässt.

Unerschrockene Frauen Dieter Wunderlich 287 Seiten CHF 16.90 Piper

Starke Schweizer Frauen Daniele Muscionico 165 Seiten CHF 38.70 Limmat

Die Unbeirrbare – Wie Gertrud Heinzelmann den Papst und die Schweiz das Fürchten lehrte Barbara Kopp 320 Seiten CHF 43.90 Limmat

Laure Wyss Barbara Kopp 250 Seiten CHF 44.90 Limmat

Ingeborg Bachmann und Max Frisch Ingeborg Gleichauf 224 Seiten CHF 32.90 Piper

Christa de Carouge – Schwarz auf Weiss Georg Weber 255 Seiten CHF 46.90 Römerhof

Lady Shiva – Aufbruch auf High Heels Willi Wottreng 300 Seiten CHF 43.90 Elster


Zwei Geschwister zwischen zwei Welten Khaled Hosseini wurde mit seinem ersten Roman «Drachenläu­ fer» und dessen Verfilmung durch Marc Forster weltberühmt. In seinem neuen Roman «Traumsammler» erzählt der aus Afghanistan stammende Schriftsteller wieder eine bewegende Geschichte von Menschen, die auseinandergerissen werden und doch über Kontinente hinweg miteinander verbunden bleiben. Markus Ganz

Elena Seibert

in bittere Armut zurückführen würde. In der Verzweiflung nennt er den Dämonen ein grausames Monster. Dieser antwortet, Grausamkeit und Güte seien zwei Seiten derselben Medaille.

Zum Glück gewzungen Khaled Hosseini benutzt dieses Märchen als Gleichnis für den erzählerischen Hauptstrang seines dritten Romans. Der Bauer Saboor sieht in seiner Welt nur «endlose Schufterei», wie sein Sohn Abdullah beobachtet, Leiden sei die Währung des Lebens. Eine Tages zieht Saboor mit seinen Kindern Abdullah und Pari in einem beschwerlichen Fussmarsch durch die steinige Wüste nach Kabul. Dort hofft er auf eine gut bezahlte Bauarbeit bei reichen Leuten. Vermittelt hat diese Arbeit sein Freund Nabi, der Stiefonkel der beiden Kinder, der bei Herr und Frau Wahdati als Chauffeur und Koch wirkt. Doch in Wirklichkeit geht es darum, die dreijährige Pari an das kinderlose Ehepaar «wegzugeben»; aus sehr

Hosseini verleiht der Geschichte eine relativierende Tiefe, indem er wichtige Ereignisse aus mehreren Perspek­ tiven beschreibt.

unterschiedlichen Motiven, wie sich zeigen wird. Herr und Frau Wahdati ziehen das Mädchen wie ein eigenes Kind unter besten Bedingungen auf. Doch die beiden bisher unzertrennlichen Geschwister werden auseinandergerissen. Das ist die Ausgangslage dieses Romans. Ist Saboor, ein armer afghanischer Bauer, ein guter Mensch? Khaled Hosseini schildert ihn zu Beginn seines neuen Romans «Traumsammler» als liebevollen Familienvater, der seinen Kindern, dem zehnjährigen Abdullah und der dreijährigen Pari, zum Einschlafen eine Geschichte erzählt. Eine davon handelt von einem furchterregenden Dämon. Dieser verlangte von einem Bauer, der seine vielköpfige Familie kaum zu ernähren vermag, ein Kind. Entscheidet der Bauern nicht, welches Kind

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geopfert wird, nimmt der Dämon alle mit. Also lässt der Bauer den Zufall walten – und es trifft den Lieblingssohn. Nach Jahren des Schmerzes und der Scham zieht der Bauer los, um sich am Dämonen zu rächen. Dieser zeigt ihm jedoch, wie der Lieblingssohn bei ihm in einem paradiesischen Garten fröhlich spielt. Und er sagt, der Bauer dürfe – als Anerkennung für seinen Mut – sein Kind nach Hause zurücknehmen. Der Bauer verzichtet wider seine Gefühle, weil er weiss, dass er seinen Sohn

Von Kabul nach Paris Nabi spielt darin eine zentrale Rolle. Im noblen Anwesen der Wahdatis erhält er Einblick in den modernen Lebensstil der westlichen Welt, welcher Mitte des 20. Jahrhunderts in Kabul Einzug hält. Er muss im Auftrag der Hausherrin in «Apotheken» genannten Läden «Medizin» einkaufen, die an Partys getrunken wird. Dort feiern zu Jazzmusik Männer und Frauen zusammen, letztere zeigen auch Haut und berühren fremde Männer. Frau Wahdati

trägt unerhörte Gedichte über die Liebe vor, mit der nicht die Sehnsucht der Sufi, sondern die der Körper gemeint ist. In Kabul habe man sie «bestenfalls als Pionierin des schlechten Geschmacks, der Zügellosigkeit und der moralischen Verkommenheit» eingestuft, wird sie später erzählen. Und Nabi gerät, ohne es zu merken, zwischen die beiden Eheleute. Diese trennen sich, Frau Wahdati zieht mit der ungefragt adoptierten Pari nach Paris, wo sie Anerkennung als Dichterin erhalten wird.

Sehnsucht nach alten Schurken Die Kriege tragen ihr Übriges dazu bei, dass auch andere Figuren des Romans den Kontakt zueinander verlieren. Es sind Kriege «mit wechselnder Besetzung angeblicher Helden und Schurken», meint Nabi einmal, der in Kabul weiterhin das zunehmend beschädigte Haus und den erkrankten Hausherrn pflegt. «Und mit jedem neuen Held wuchs die nostalgische Sehnsucht nach dem jeweils alten Schurken.» Es sei widerwärtig, hält Nabi fest, und eine Schilderung würde seine Fähigkeiten übersteigen – deshalb wolle er es auf diesen Seiten nur kurz streifen. Der Roman verlagert sich denn auch zusehends an andere Orte wie San Francisco und die griechische Insel Tinos. Einige der Figuren oder deren Nachkommen reisen aber auch nach Kabul zurück. Auf der Suche nach ihrer Herkunft und altem Besitz treffen sie im «Expat-Chic» auf alte Freunde, Bekannte und Verwandte, die gewisse Fragen klären können. Doch allzu vieles ist gleich geblieben, Ungerechtigkeiten wiederholen sich über Generationen. Der mittlerweile erwachsene zweite Sohn des Bauers Saboor wird trotz einer Besitzurkunde vom Grundstück seiner Vorfahren vertrieben, wo nun ein Warlord residiert. Aber der Enkel von Saboor und der Sohn des Warlords freunden sich miteinander an.

ein Roman voller Menschen, Bilder und Symbole, die in mehreren Nebenhandlungen miteinander verflochten werden. Und Hosseini verleiht der Geschichte eine relativierende Tiefe, indem er wichtige Vorkommnisse aus den verschiedenen Perspektiven der involvierten Personen beschreibt. Er verurteilt denn auch niemanden, auch Saboor nicht. Als Erklärung dafür stellt er dem Buch ein Gedicht von Dschalaluddin Rumi aus dem 13. Jahrhundert voran: «Jenseits unserer Vorstellungen, von guten und schlechten Taten, erstreckt sich ein Feld. Dort werde ich dich treffen.»

Foto: © Sara Appelgren

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Mankell Henning

Khaled Hosseini mg. Khaled Hosseini wurde 1965 in Kabul geboren. Sein Vater war Diplomat, weshalb die Familie 1976 nach Paris zog. Als die Familie 1980 nach Afghanistan zurückkehren sollte, hatten dort sowjetische Truppen in den Bürgerkrieg eingegriffen. Also zogen die Hosseinis stattdessen in die USA, wo sie politisches Asyl erhielten. Khaled Hosseini wurde Arzt und praktizierte bis 2004. Bereits 2001 begann er an seinem Debütroman «The Kite Runner» (deutsch: «Drachenläufer») zu schreiben; dieser erschien 2003 und wurde ein internationaler Bestseller. Zum Erfolg trug auch die Verfilmung durch den Schweizer Regisseur Marc Forster 2007 viel bei. 2011 erschien der Roman als Graphic Novel. Auch der 2007 erschienene Nachfolgeroman «A Thousand Splendid Suns» (deutsch: «Tausend strahlende Sonnen») wurde zu einem Grosserfolg. Zusammen sollen sich die beiden Bücher über 38 Millionen Mal verkauft haben. Sie sind heute auch in einem Doppelband erhältlich:

Ein Jahr lang begleitet Kirsten Jacobsen den Schriftsteller auf seinen Reisen. Entstanden ist ein sehr persönliches Porträt Henning Mankells. Ü.: Lutz Volke. 336 Seiten Gebunden mit Abb. Auch als -Book

Drachenläufer / Tausend strahlende Sonnen Khaled Hosseini 759 Seiten CHF 16.90 Berliner Taschenbuch

Kurt Wallander kommt nicht zur Ruhe! Diese bisher unveröffentlichte WallanderGeschichte spielt kurz vor seinem letzten Fall – ein Leckerbissen für Krimi-Fans.

Ohne moralische Verurteilung Im zu Beginn des Buchs erzählten Märchen erhält der Bauer vom Dämonen einen Trank, der die schmerzvollen Erinnerungen an die Opferung des geliebten Sohns auslöscht. Saboor erklärte seinem Sohn Abdullah damals, dieser Trank sei ein Akt der Gnade. Seine Tochter Pari erfährt erst Jahrzehnte später, dass Saboor – und nicht Herr Wahdati, bei dem sie aufwuchs – ihr richtiger Vater ist. Als sie ihn nach langer Suche im Jahr 2010 besucht, leidet er an Alzheimer und kann sie nicht mehr erkennen. Das geht unter die Haut. Khaled Hosseini ist eben ein grosser Geschichtenerzähler alter Schule. «Traumsammler» ist

Ü.: Wolfgang Butt. 144 Seiten Gebunden. Auch als -Book

Traumsammler Khaled Hosseini CHF 31.90 448 Seiten S. Fischer

www.mankell.de


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Weihnachtsbücher | 21

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Fest zwischen Buchdeckeln Vorbei die Zeiten, als Weihnachtsgeschichten sich ausschliesslich um Krippen, Sterne und Hirten drehten. Mittlerweile gilt: Zum Fest der Liebe passt alles – traditionell, kriminell oder gar gruselig. Erik Brühlmann

«Weihnachten in der Schweiz». «Geschichten über die sensibelsten Wochen des Jahres: aus Berg und Tal, Stadt und Land, Erinnerung und Gegenwart, neuen und alten Zeiten» verspricht der Buchbeschrieb – und hält Wort. Mit Franz Hohler, Hansjörg Schneider, Lilly Bardill, Peter Bichsel und vielen mehr versammelt die Anthologie ein weihnächtliches «Who Is Who» der schreibenden Zunft der Schweiz. Ob in Gedichtform oder als Kurz- und Kürzestgeschichte, jeder Beitrag ist für sich genommen ein kleines Juwel. Zusammen verwandeln die literarischen Preziosen die Anthologie in einen literarischen Weihnachtsstern.

Der Theologe schreibt Der Berner Ulrich Knellwolf ist den meisten als packender Krimiautor bekannt. Vergessen geht darüber leicht, dass er eigentlich Theologe und Pfarrer ist – und damit prädestiniert, weihnächtliche Geschichten zu verfassen. In «Gott baut um» tut der genau das, und zwar auf höchst liebevolle, einfühlsame und bisweilen augenzwinkernde Art und Weise. Die kurzen Erzählungen handeln von erstaunlichen Erlebnissen, die seinen Protagonisten eine Ahnung von einer besseren Welt gewähren. Ein theologischer Unterton ist dabei zwar stets vorhanden, jedoch auf eine Weise, die selbst Kirchenmuffel zum Schmökern anregt. Oder wollten Sie nicht schon längst wissen, wie die biblische Weihnachtsgeschichte wohl aus der Sicht Gottes klingen mag?

unter einem Dach – Fluchtmöglichkeiten ausgeschlossen! So in etwa ergeht es der Protagonistin Sonja in «Drei Frauen im Schnee» von Blanca Imboden. Eigentlich hätte diesmal an Weihnachten alles anders werden sollen, doch das festliche Beisammensein endet in einem noch grösseren Chaos als sonst. Jetzt reicht es Sonja endgültig: Sie verschwindet Hals über Kopf und findet in der Folge zwei neue Freundinnen – sozusagen als Weihnachtsgeschenk der menschlichen Art.

Romantik inklusive Ebenso humorvoll, aber mit einem gehörigen Schuss Romantik kommt «Eine Braut zu Weihnachten» von Victoria Alexander daher. Schon die Ausganglage verspricht einiges an Turbulenzen: Sir Sebastian Hadley-Attwater will bis Weihnachten unbedingt heiraten. Seine Kandidatin, Lady Veronica Smithson, will hingegen nie wieder

Streng genommen gibt es nur eine Weihnachtsgeschichte – nämlich jene in der Bibel, welche die Geburt Jesu beschreibt. Aber halt, selbst diese existiert in zwei verschiedenen Versionen: einmal in jener von Lukas mit den Hirten, die dem Christuskind huldigen; und einmal in jener von Matthäus mit den drei Weisen aus dem Morgenland, die später zu den Heiligen Drei Königen umfunktioniert wurden. Wenn schon die Bibel verschiedene Weihnachtsgeschichten anbietet, kann man es den Erzählern und Autoren in aller Welt wirklich nicht verdenken, dass sie die Zeit der grossen und kleinen Wunder, der Geschenke und der Besinnlichkeit als Hintergrund für ihre eigenen Geschichten nutzen.

Klassiker, die jeder kennt Im Lauf der Jahrhunderte entstanden unzählige Weihnachtsgeschichten, von denen

sich einige zu veritablen Klassikern gemausert haben – sei es als Buch oder als Verfilmung. Wer kennt nicht den Miesepeter Ebenezer Scrooge, der in Charles Dickens’ «Eine Weihnachtsgeschichte» von den drei Geistern der Weihnacht eine Lektion fürs Leben erteilt bekommt? Oder an den grünen weihnachtshassenden Grinch von Dr. Seuss? Auch und gerade die Märchenwelt ist voll von Weihnachtsgeschichten: von E.T.A. Hoffmanns «Nussknacker und Mäusekönig» über Hans Christian Andersens «Die Schneekönigin» bis zu «Die Sterntaler» der Gebrüder Grimm.

Andere Länder, andere Geschichten Überall, wo Weihnachten gefeiert wird, gibt es auch eine eigene Tradition von Weihnachtsgeschichten. Die schönsten von ihnen sind in «Stille Nacht» versammelt und geben einen Einblick, wie andere

Nationen die besinnliche Zeit literarisch gestalten. Viele dieser Geschichten sind den meisten Schweizerinnen und Schweizern wohl gänzlich unbekannt – ein zusätzlicher Anreiz! Oder haben Sie schon von Giovanni Vergas «Der Esel des heiligen Josef» (Italien), Frigyes Karinthys «Weihnachtsnummer» (Ungarn) oder Emilia Pardo Bazáns «Der weisse Stern» (Spanien) gehört? Auch die Grossen der Weltliteratur von Nikolaj Gogol über Guy de Maupassant bis hin zu Arthur Conan Doyle sind in dieser Sammlung vertreten. Das Buch ist Pflichtlektüre für Fans von Weihnachtsgeschichten.

Geschichten aus der Heimat

Jux und Tollerei

Apropos Sammlung: Auch die Schweizer Literatenszene hat bezüglich Weihnachtsgeschichten einiges zu bieten. Dies beweist das hübsche und handliche Büchlein

Hand aufs Herz: Wenn im Advent, Advent, das Lichtlein brennt, richten sich bei manchem schon die Nackenhaare auf. Wieder einmal versammelt sich die ganze Familie

Tierisch weihnächtlich Natürlich dürfen auch Haustiere an Weihnachten nicht fehlen – aber bitte nicht als Geschenk unter dem Baum! Besser ist es da, «Vier Pfoten und das Weihnachts­ glück» von Petra Schier zu lesen: Die Fotografin Sophie soll für die Weihnachts-Artikel-Serie des Journalisten Carsten Bilder beisteuern. Es kommt, wie es kommen muss: Sophie beginnt, sich in Carsten zu verlieben. Doch sein verwöhnter Hund und die Tatsache, dass Carsten offenbar nicht der ist, der er zu sein scheint, machen der Romantik schnell den Garaus. Nur gut, dass Sophies Hundedame Lulu jetzt das Heft in die Pfoten nimmt und die Dinge wieder gerade rückt!

Schluss mit lustig

Oder wollten Sie nicht schon längst wissen, wie die biblische Weih­ nachtsgeschichte wohl aus der Sicht Gottes klingen mag?

Moderne Geschichten Wie junge deutschsprachige Autoren moderne Weihnachtsgeschichten verfassen, zeigt die Anthologie «Weihnachten kann kommen». Herausgekommen sind fröhliche, besinnliche, melancholische, garstige, humorvolle und vor allem moderne Geschichten. Da feiert ein Paar «Weihnukka» mit dem schönsten Baby der Welt; ein brennender Adventskranz führt zu einem «schrecklich schönen Feuer»; ein Zivildienstleistender verbringt die besten Weihnachten seines Lebens in einem Altersheim. Wer auf Weihnachtsgeschichten nicht verzichten möchte, jedoch keine Lust auf Biblisches oder Märchenhaftes hat, ist mit dieser erfrischenden Geschichtensammlung bestens bedient.

Engel tatsächlich auf die Erde schickt, um sich zu verteidigen, hat Emma jedoch nicht erwartet ...

heiraten, dafür Sir Sebastian zu ihrem Geliebten machen. Verführung und Verwirrspiele geben sich ein entzückendes Stelldichein, das vollends aus den Fugen gerät, als sich die Familien der beiden Turteltäubchen einmischen – pünktlich zum Weihnachtsfest, versteht sich.

Hoppla, ein Engel Bleiben wir doch bei der Romantik, fügen einen Schutzengel hinzu, und heraus kommt «Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte» von Noel Hardy. Der Roman erzählt die Geschichte der Restauratorin Emma – ein echter Pechvogel, vor allem in Sachen Liebe. Als Emma kurz vor Weihnachten bei der Arbeit auch noch vom Gerüst fällt und beinahe ums Leben kommt, hat sie genug: Sie beschliesst, ihren offensichtlich arbeitsscheuen Schutzengel zu verklagen. Dass der Himmel den

Genug mit Friede, Freude, Eierkuchen – jetzt ist Mord und Totschlag angesagt! Dies zumindest verspricht «Den nächsten, der FROHE WEIHNACHTEN zu mir sagt, bringe ich um». Keine Angst, es handelt sich bei diesem Buch nicht um eine Anleitung für ein besinnliches Schlachtfest, sondern um eine Sammlung von 12 kurzen Thrillern, die sich während der Weihnachtszeit abspielen. Die Autorinnen und Autoren geben ihr Bestes, um die friedliche Adventszeit in einen wilden, zuweilen regelrecht blutigen Ritt für Genre-Fans zu verwandeln. Das toll aufgemachte Buch ist eine Pflichtlektüre für alle, die wissen wollen, ob der Weihnachtsmann wirklich nur Geschenke in seinem geheimnisvollen Sack mit sich herumschleppt ...

Gruseln erwünscht ... und nicht vielleicht doch ein paar Geister und Gespenster? Dies lässt zumindest der Erzählkalender «Weihnachts-Geister» von Ulf Diederichs vermuten. 24 schaurigschöne Geschichten sollen vom kommerziellen Trubel zwischen dem Lucientag und Dreikönig ablenken – und natürlich für eine Gänsehaut sorgen, die sich gewaschen hat. Himmel und Hölle, Wunder und Wirklichkeit – es geht nicht nur besinnlich, sondern auch übersinnlich zu und her!

Kinderherzen Wissen Sie, was sich Kinder zu Weihnachten wünschen? Playstation? Barbiepuppen? Ein Handy? Vielleicht, doch besonders kleine Kinder legen auf ganz andere Dinge wert. «Geschenke kriegen ist sooo schön» von Jan Kuhl zeigt gezeichnete


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Weihnachtswunschlisten, die einfach nur rührend sind: «ich wünsch das die mama der papa immer zusamen bleiben.» Herzig!

Was stimmt wirklich? Die Weihnachtsgeschichte und ihre Traditionen haben sich mittlerweile derart im kollektiven Bewusstsein verankert, dass man sie gar nicht mehr hinterfragt. Esel, Stall, Bethlehem, Heilige Drei Könige – alles klar, oder? Überhaupt nicht! «Alles My­ thos! 24 populäre Irrtümer über Weih­ nachten» schickt sich an, ein wenig Aufklärungsarbeit zu leisten. So erfährt

Keine Sorge, hier geht es nicht da­ rum, Weihnachten zu demontieren.

Stille Nacht. Die schönsten Weihnachtsgeschichten aus aller Welt 448 Seiten CHF 32.90 Manesse

Weihnachten in der Schweiz Dagmar Bhend (Hrsg.) 188 Seiten CHF 21.90 Unionsverlag

Survival-Guide für Weihnachtsgeschädigte Das Wort «Weihnachten» jagt Ihnen immer noch eiskalte Schauer über den Rücken? Dann sind Sie ein Fall für «Oh, Pan­ nenbaum» von Chris Kind – auch bekannt als Tim Boltz. Sein Ratgeber richtet sich an alle, die genug haben von angestaubten Weihnachtstraditionen, die sowieso alle Jahre wieder kläglich an den Ansprüchen aller Beteiligten scheitern. Stattdessen bietet er Lösungsvorschläge, wie man das Fest der Liebe in Würde begehen, neue Traditionen begründen und Weihnachten als moderner Mensch überleben kann. Hat jemand Lust auf Schneemann-Kegeln?

Vier Pfoten und das Weihnachtsglück Petra Schier 144 Seiten CHF 16.90 Rütten & Loening

Den nächsten, der FROHE WEIHNACHTEN zu mir sagt, bringe ich um

Weihnachts-Geister

Ulrich Knellwolf 137 Seiten CHF 25.90 Nagel & Kimche

Ulf Diederichs 318 Seiten CHF 16.90 DTV

Susanne Gretter (Hrsg.) 214 Seiten CHF 13.90 Suhrkamp

Drei Frauen im Schnee Blanca Imboden 208 Seiten CHF 24.90 Wörterseh

Eine Braut zu Weihnachten Victoria Alexander 400 Seiten CHF 13.90 Bastei-Lübbe

Der Advent, in dem Emma ihren Schutzengel verklagte Noel Hardy 224 Seiten CHF 15.90 Heyne

Books Spezial

Johannes Engelke (Hrsg.) 399 Seiten CHF 25.90 Droemer/Knaur

Gott baut um

Weihnachten kann kommen

man zum Beispiel, dass die Heiligen Drei Könige weder heilig noch Könige waren und dass die Geburt Jesu höchstwahrscheinlich weder am 24. noch im Dezember stattfand. Doch keine Sorge, hier geht es nicht darum, Weihnachten zu demontieren, sondern nur darum, es ein bisschen aufgeklärter zu feiern.

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Books Nr. 4/2013

Geschenke kriegen ist sooo schön Jan Kuhl (Hrsg.) 48 Seiten CHF 16.90 ars edition

Alles Mythos! 24 populäre Irrtümer über Weihnachten Claudia Weingartner 224 Seiten CHF 28.90 Theiss

Oh, Pannenbaum. Wie man Weihnachten überlebt Chris Kind 208 Seiten CHF 15.90 Piper

Kochbücher: Genussvolle Vorfreude Kochen und Essen – das ist für viele viel mehr als eine pure Notwendigkeit. Nämlich eine besondere Form der Entspannung und des Genusses, ein Ausdruck von Lebensfreude, eine Tätigkeit, die tief befriedigt. Schöne Kochbücher inspirieren dazu, auch einmal etwas Neues zu wagen – und sie vergrössern die Vorfreude auf ein kulinarisches Erlebnis. Auf den folgenden Seiten stellen wir Ihnen einige der schönsten Neuerscheinungen vor.


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Books Nr. 4/2013

Nach jedem neuen Kochbuch, das sich Hobbyköchinnen und -köche ins Regal stellen, denken sie: Das war jetzt das letzte! Pustekuchen: Garantiert stolpern sie beim nächsten Besuch einer Filiale von Orell Füssli oder Thalia wieder über eine Neuerscheinung, der sie nicht widerstehen können und die sie einfach haben müssen. Auch die folgenden Kochbücher bieten so manchen Genuss für jeden Geschmack und für jede Fähigkeit. Nur den Pustekuchen wird man nirgends finden. Den gibt es nämlich nur als geflügeltes Wort.

Ideal für Anfänger Gehören Sie zu den Menschen, für die Kochen bislang bedeutete, eine Dose zu öffnen oder die Mikrowelle zu bedienen? Ist für Sie die Zubereitung eines Tellers Spaghetti so anspruchsvoll wie Raketentechnik? Dann ist «Kochen kann jeder mit Sarah Wiener» wie für Sie gemacht! In Schritt-für-Schritt-Anleitungen lernen Sie die Grundtechniken des Kochens, vom Panieren bis zum Gemüseschneiden. So kommen Sie mit jedem der 50 Rezepte weg von der Konserve und hin zum gesunden, mit frischen Lebensmitteln zubereiteten Menü – egal ob für den Alltag oder besondere Gelegenheiten.

Klein, aber fein

Kochen Sie mal wieder! Schon lange verhält es sich mit Kochbüchern ähnlich wie mit guten Restaurants in Paris: Die Auswahl ist grenzenlos. Damit Sie die Wahl nicht quält, haben wir schon ein wenig für Sie vorgespurt – und besonders interessante Neuerscheinungen durchgeblättert. Erik Brühlmann

«Das kulinarische Erbe der Alpen – das Kochbuch», AT-Verlag. Foto: Sylvan Müller.

Kleine Appetithäppchen sind einfach stilvoll – egal, ob man sie nun Fingerfood, Appetizer oder Amuse-bouches nennt. Und sie haben einen weiteren Vorteil, wenn man als Gastgeber oder Gastgeberin im Mittelpunkt der Party steht: Sie sind einfach und schnell zubereitet, sehen auf einem Tisch oder Tablett toll aus und machen während der Party keinerlei Arbeit. Die besten Rezepte für feine Kleinigkeiten sind in «Das grosse Buch der Kleinigkei­ ten» versammelt, vom rustikalen MiniHamburger am Spiess über raffinierte Avocado-Tomaten-Crème im Glas bis zu gesunden Buchweizen-Whoopies mit Räucherlachs.

Backe, backe Kuchen Jeder spricht immer nur vom saisonalen Kochen, dabei kann man auch saisonal backen! Die Himbeertorte passt bestens in den Sommer, der Apfelkuchen ist ein traditioneller herbstlicher Genuss. «Myriams Kuchen, Tartes & Co» ist ein wahrer Backkalender, der vom Altbekannten und Beliebten bis zu fantasievollen neuen Kreationen das Herz jedes Backfans höher schlagen lässt. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Tomaten-Lachs-Quiche oder einem ur-amerikanischen Cheesecake, eine

Hommage der Autorin an ihre zweite Heimat New York? Und das Beste an der Sammlung ist, dass alle Rezepte leicht umzusetzen sind – auch von Backlaien.

Schnelles für Familienmenschen Die Kochbücher der «LEON»-Serie sind schon fast eine Institution in den Kochbuchregalen. Kein Wunder, treffen sie doch genau den Zeitgeist des einfachen, schnellen, gesunden und vor allem genussvollen Kochens. Dass die Bücher toll aufgemacht sind, ist ein zusätzliches Plus. Der dritte Band der Reihe, «LEON. Familie & Freun­ de», widmet sich dem Motto, dass Essen noch wichtiger ist als Kochen. Über 200 Rezepte ermöglichen es, vom Brunch über die Party bis zur Familienfeier jeden zu bekochen – und zwar so, dass man nicht stundenlang in der Küche stehen muss und

Gehören Sie zu den Menschen, für die Kochen bislang be­ deutete, eine Dose zu öffnen oder die Mikrowelle zu be­ dienen?

Zürcher Rezepte Das Delikatessengeschäft H. Schwarzenbach gehört zu Zürich wie das Grossmünster und die Bahnhofstrasse. Es wird heute in fünfter Generation geführt und ist mit seiner langen Tradition eng mit der kulinarischen Geschichte und Entwicklung der Stadt verknüpft. Ähnliches gilt für die zehn Zürcher Köche, die für «H. Schwarzen­ bach – Das Zürcher Kochbuch» Rezepte beisteuerten. Sie beweisen: Zürich hat kulinarisch mehr zu bieten als nur Zürcher Geschnetzeltes! Wie wäre es zum Beispiel mit Käsefüssen mit Zigerklee oder Trüsche auf Hafenkabis mit Rotweinbutter? Willkommen auf einer exklusiven kulinarischen Entdeckungsreise!

Nostalgisch gut Man kann im teuersten Restaurant essen, und doch schmeckt es nie so gut wie damals bei Muttern. Das dachte sich wohl auch Sylvan Müller und machte sich auf die Suche nach «Mamas Rezepten». Herausgekommen ist eine Sammlung von 50 Rezepten, die den Kochgeheimnissen von Müttern und Grossmüttern auf den Grund gehen. Doch «Mama kocht» ist mehr als ein Kochbuch. Denn zu jedem Rezept gibt es eine Geschichte und unzählige nostalgische Bilder aus Familienalben, die das Buch zu einer Zeitreise in die Kindheit und Jugend machen – und zu einer Entwicklungsgeschichte der Küche Mitteleuropas und ihrer Einwanderer.

Kochen wie die Promis

stattdessen das gemütliche Beisammensein geniessen kann.

Kochtraditionen Nach dem Erfolgsbuch «Das kulinarische Erbe der Alpen» folgt nun, als Begleitung sozusagen, das dazugehörige Kochbuch «Das kulinarische Erbe der Alpen – Das Kochbuch». Zehn Spitzenköche und -köchinnen aus dem Alpenraum, darunter etwa Andreas Caminada oder Judith Baumann, verraten alpine, oft urchige und rustikale Rezepte. Ergänzt wird der Rezeptteil mit Erzählungen über die Entwicklung der Kochtraditionen sowie mit einem umfassenden Verzeichnis der wichtigsten Rezepte und einflussreichsten Kochbücher des Alpenraums. Wie wär’s also zur Abwechslung mal mit einem Grauvieh-Kalbsbraten?

Über Stars und Prominente weiss man eigentlich so ziemlich alles – nur meistens nicht, was deren Lieblingsrezepte sind. Das will «Unsere Lieblingsrezepte für die Welt» ändern – und das Buch tut gleichzeitig noch Gutes. Denn ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf erhält die Organisation «Women for Women International», die sich für Frauen in kriegs- und krisengeschädigten Ländern einsetzt. Und so versammelt sich hier eine bunte Rezeptmischung, die für jeden Geschmack etwas bereithält: Paul McCartneys Super-Gemüsesalat, Pancakes von Mia Farrow und weitere Spezialitäten von Emma Thompson, Nelson Mandela, Meryl Streep und vielen Prominenten mehr.

Geheimisse der italienischen Küche Ein wenig altmodisch kommt es daher, das neue Kochbuch von Tessa Kiros. Aber das passt ganz gut, geht es doch um die grossen und kleinen Geheimnisse italienischer Kochkunst und um kulinarische Schätze, die im Lauf der Zeit in Vergessenheit gerie-


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ten. Natürlich findet sich in «Limoncello und Lavendelwasser» viel zum Thema Pasta – Pasta al Forno Siciliana beispielsweise –, aber auch Geflügel-, Kaninchenund Lammgerichte kommen nicht zu kurz, Fisch und Süsswaren fehlen so wenig wie kleine, feine Küchentricks. Wissen Sie, wie man Rosensalz selbst herstellt? Tessa Kiros verrät’s!

Kleinigkeiten aus dem Libanon Die orientalische Küche ist bekannt für ihre Vielfalt, und diese zeigt sich am deutlichsten in den so genannten Mezze – kleinen Genusshäppchen, die den Gaumen kitzeln. Besonders die libanesische Küche ist voll solcher Leckereien, die in «Mezze» zusammen mit einer Reisereportage aus dem Libanon präsentiert werden. Frittierte Sardinen, honigmarinierte Peperoni, opulente Wachteln mit Walnusspflaumen und erfrischende Sorbets zaubern im Nu einen Hauch von 1001 Nacht auf den Tisch. Abgerundet wird das Ganze mit Küchentipps und Vorschlägen für ganze MezzeTafeln, die ein wahrer Party-Hit sind.

Libanesisch von A bis Z Wer nach den Mezze Lust auf mehr verspürt, dem sei «Die libanesische Küche» empfohlen. Denn das Buch bietet einen kulinarischen Überblick über die traditionelle und moderne Landesküche des Libanons. Diese ist nicht nur vielseitig, sondern auch sehr gesund, weil sie reich ist an Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Getreide. Im Sinne eines kleinen kulinarischen Rundumschlags präsentiert das Buch rustikale Rezepte aus der traditionellen und herzhaften Bauernküche, macht aber auch Abstecher in die innovative, moderne Küche Beiruts, wo fantasievolle Variationen einen festen Platz haben.

Kochen für Verliebte Erinnern Sie sich an den Roman «Das Lächeln der Frauen»? Haben Sie vielleicht sogar das Menu d’amour nachgekocht? Dann dürfen Sie sich freuen: Nicholas Barreau, der von sich immerhin behauptet, lieber zu kochen als zu schreiben, serviert mit «Menu d’amour» ein weiteres Liebesmenu – oder besser gesagt gleich deren sieben. Garniert werden die Rezepte für verliebte Geniesser mit einer neuen Liebesgeschichte, die von Glück, Herzschmerz und den wahrhaftig magischen Momenten im Leben erzählt. Der Beweis ist erbracht: Liebe geht eben doch durch den Magen!

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Books Nr. 4/2013

Kochen kann jeder mit Sarah Wiener Sarah Wiener 192 Seiten CHF 32.90 Gräfe & Unzer

Mama kocht Sylvan Müller 240 Seiten CHF 64.00 AT

Das grosse Buch der Kleinigkeiten

Unsere Lieblingsrezepte für die Welt

Larousse 480 Seiten CHF 54.00 Christian

Alison Oakervee (Hrsg.) 256 Seiten CHF 44.90 Callwey

Myriams Kuchen, Tartes & Co

Limoncello und Lavendelwasser

Myriam Zumbühl 160 Seiten CHF 34.90 AT

Mezze

Kay Lunkett-Hogge 204 Seiten CHF 41.90 DuMont

Mohamad Salameh und Bettina Matthaei 168 Seiten CHF 23.90 Gräfe & Unzer

Das kulinarische Erbe der Alpen – Das Kochbuch

Die libanesische Küche

H. Schwarzenbach – Das Zürcher Kochbuch Dominik Flammer und Sylvan Müller 270 Seiten CHF 73.00 AT

Susanne Vögeli leitet seit 20 Jahren die Kochschule Cookuk in Aarau. Zusammen mit ihrem Partner Max Rigendinger verhilft sie nun einem Kochbuch zu neuem Leben, das einige Jahrzehnte länger die Küchen der Schweiz prägt: dem Fülscher-Kochbuch. Erik Brühlmann

Salma Hage 512 Seiten CHF 54.00 Edel

Menu d’amour Nicolas Barreau 160 Seiten CHF 25.90 Thiele

Sie haben darauf verzichtet, eigene Rezepte einzubauen, und sich für eine Faksimile-Auflage entschieden ... Richtig, zum Teil aus ganz praktischen Gründen. Das Fülscher-Kochbuch verfügt über ein ausgeklügeltes Nummernsystem, das einem das Referenzieren von einem Rezept zum anderen erlaubt. Wollte man da etwas verändern, wäre es, als wollte man den Gordischen Knoten lösen und wieder neu zusammensetzen. Zum Teil ging es uns aber auch darum, Rezepte zu bewahren, die heute in Vergessenheit geraten sind oder zumindest nicht mehr gekocht werden: ein gefülltes Lyonerkörbchen, falsche Schildkrötensuppe und anderes mehr. Es gäbe aber sicher auch neue Schwei­ zer Rezepte, die es wert gewesen wären, eingebaut zu werden? Ja, aber wir möchten die Fülscher-Sammlung nicht aufblähen, sondern lediglich an heutige Verhältnisse und Vorlieben anpassen – zeitgemäss im Internet. Unter www. elisabeth-fuelscher.ch haben alle Kochbegeisterten Gelegenheit, in einer öffentlichen Kochwerkstatt das Fülscher-Rezeptgut weiterzuentwickeln und zu aktualisieren. Vielleicht, aber das ist noch Zukunftsmusik, wird es sogar irgendwann einmal eine entsprechende Rezept-App geben.

Tessa Kiros 256 Seiten CHF 44.90 Knesebeck

LEON. Familie & Freunde

Dominik Flammer und Sylvan Müller 250 Seiten CHF 79.00 AT

Der wiederbelebte Kochbuchklassiker

Sie haben das legendäre Fülscher-Kochbuch neu herausgegeben: Susanne Vögeli und Max Rigendinger.

Books: Das «Fülscher» ist ein Klassiker. Welche Beziehung haben Sie dazu? Susanne Vögeli: Meine Mutter war ebenfalls Köchin und und kochte gern und oft Rezepte aus dem «Fülscher». Deswegen habe ich einen emotionalen Bezug zum Buch – und natürlich aufgrund meines Berufs auch einen fachlichen. Ausserdem deckt das Fülscher-Kochbuch meine bevorzugten «Kochwelten» ab: die schlichte, traditionelle, aber dennoch von anderen Esskulturen beeinflusste Schweizer Küche. Ich liebe die qualitativ hochstehende regionale Alltagsküche. Natürlich mag ich auch anderes, wie zum Beispiel die asiatische Küche. Aber diese ist für mich eher etwas

für besondere Anlässe, nicht für den Alltag. Die letzte Ausgabe des Fülscher-Koch­ buchs stammt aus dem Jahr 1966. Wieso entschlossen Sie und Max Rigendinger sich, es jetzt wieder aufzulegen? Einerseits drückt dies unsere Wertschätzung gegenüber diesem Standardwerk aus, das so viele Menschen begleitet hat. Andererseits ist es auch eine Hommage an Elisabeth Fülscher sowie an die Sorgfalt und Hingabe, die sie in alle Auflagen des Buchs investierte. So schuf sie eine Sammlung von 1700 Rezepten, die in Umfang und Qualität wohl einmalig ist – und die auch die Vielseitigkeit der Schweiz und ihrer Küche repräsentiert.

Sind denn Kochbücher mit solch traditi­ onellen Rezepten in Zeiten von Fusion-, Molekular- oder sonstiger Trendküche überhaupt noch gefragt? Sicher! Das Fülscher-Kochbuch war ja niemals trendy, und für Elisabeth Fülscher hatte Kochen und Essen auch nicht mit Lifestyle zu tun. Natürlich wurden die verschiedenen Ausgaben vom jeweiligen Zeitgeist geprägt, aber sie biederten sich nicht an Kochtrends an. Trotzdem hat das Buch die Zeit überdauert. Und die Vorbestellungen zeigen, dass es auch heute noch beliebt ist. In welcher Hinsicht unterscheidet sich das Fülscher-Kochbuch sonst noch von modernen Kochbüchern? Es versteigt sich nicht in Exklusivitäten, ist aber trotzdem technisch anspruchsvoll. Moderne Kochbücher – besonders solche von «Starköchen» – orientieren sich oft an den Verhältnissen im Restaurant, nicht im Privathaushalt. Das überfordert eine durchschnittliche Küche bezüglich Ausstattung und Zutaten und ist deshalb wenig alltagstauglich. Kochbücher sind heute oft zwar wunderschön und stim-


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Kochbücher sind heute oft zwar wunderschön und stimmungsvoll aufgemacht, aber letztlich nur be­ dingt praxistaug­ lich.

mungsvoll aufgemacht, aber letztlich nur bedingt praxistauglich. Allerdings ist es teilweise auch schwie­ rig, gewisse Zutaten der Fülscher-Rezep­ te heutzutage im Laden zu finden, die früher ganze Regale füllten – Innereien zum Beispiel ... Die Gesellschaft und ihr Kauf- und Essverhalten haben sich eben verändert. Dazu hat eine Wertverschiebung stattgefunden: Die Frage, welches Stück vom Tier welchen Wert hat, wird heute ganz anders beantwortet als noch vor 20 oder 30 Jahren. Da erinnert das Buch auch daran, dass es noch anderes als nur Filet-Stücke gibt. Ist Kochen auch heute noch weitgehend Frauensache? Wenn ich von meinen Kochkursen ausgehe: ganz bestimmt. Etwa 70 Prozent der Teilnehmenden sind Frauen. Interessant ist aber, dass Männer wie Frauen heute ein umfangreicheres theoretisches Wissen haben als früher. Das haben sie sich aus den Kochsendungen oder aus dem Internet angeeignet. Im Gegensatz dazu fehlt es immer mehr an der praktischen

Erfahrung, die beim Kochen unersetzlich ist. Offenbar ist es immer seltener der Fall, dass kleine Mädchen und Jungs mit der Mutter oder Grossmutter in der Küche stehen, in den Töpfen und Pfannen rühren und so die Grundlagen des Kochens quasi nebenbei lernen. Welches ist denn Ihr Lieblingsrezept aus der Fülscher-Sammlung? Da gibt es einige: Ochsenschwanzsuppe zum Beispiel, Kalbsröllchen mit Spargel, gedämpfter Fisch nach Genfer Art; oder auch die Backrezepte vom Zimtstern über den Spitzbueb bis zum Berliner – da leuchten nicht nur Kinderaugen!

Haya Molcho

Jamie Oliver

Béatrice Rybi

James Winter

Geboren in Tel Aviv, aufgewachsen in Bremen, wohnhaft in Wien und verwurzelt mit den grossen Küchen dieser Welt: Haya Molchos Leben und kulinarisches Schaffen sind geprägt von zahlreichen Reisen und ihren Verbindungen zu fremden Ländern. Dieses Buch erzählt in einzigartigen Bildern und Geschichten von sieben Tagen gelebtem «Balagan». Haya Molcho hat mit verschiedenen Generationen eine Woche lang gekocht, gelacht, das Leben gefeiert. In ihren Rezepten verbindet sie die orientalische Küche mit europäischen Einflüssen. Mit frischen Kombinationen – von der Artischockensuppe mit Salzzitrone über grüne Falafel bis hin zu eingelegten Labanekugeln – eröffnet sie uns neue Genusshorizonte.

Ob für Paare, Singles, Familien oder Studenten-WGs: «Cook clever mit Jamie» bietet 120 originelle Rezepte aus aller Welt, die wenig kosten und fantastisch schmecken. Jamies Gerichte mit Gemüse, Huhn, Rind, Schwein, Lamm und Fisch bringen gesunde Abwechslung auf den Tisch. Zu jedem Fleischkapitel gibt es ein Ausgangsrezept und anschliessend eine ganze Reihe köstlicher Ideen zur Verwertung von Bratenresten. Für andere Reste wie Wein, Gemüse, Kräuter oder altbackenes Brot hat der Starkoch ebenfalls kreative Vorschläge parat, sodass möglichst wenig Lebensmittel verschwendet werden. Spar-Tricks für den Einkauf und Tipps zur Vorratshaltung unterstützen zusätzlich beim bewussten Kochen und Geniessen.

Wenn hundert Menschen dasselbe Rezept kochen, kommen hundert verschiedene Gerichte heraus. Jeder hat eben seinen eigenen Geschmack und seine Art, etwas umzusetzen. Die einen halten sich genau an die Vorgaben, während andere lieber locker mit Mengenangaben umgehen. Das Buch regt mit einem bunten Mix aus einheimischen und exotischen Gerichten zum Experimentieren und Improvisieren an. Vom Emmental nach Italien, von Venezuela in die Malediven, von Vietnam bis Laos: Genauso unterschiedlich und abwechslungsreich wie die Länder und Regionen sind die Rezepte in diesem Buch. Das ideale Kochbuch für Geniesser, die sich an Neues heranwagen!

Wie entstand eigentlich der Nachtischklassiker «Birne Helene»? Woher kommt der klassische Caesar Salad? Und wer verlieh dem Rezeptklassiker Tarte Tatin seinen berühmten Namen? Dieses Buch stellt 50 welt­ bekannte Gerichte, darunter zehn Cocktailklassiker, mit verlässlichen Rezepten vor – und erzählt die oftmals überraschenden Geschichten, wie die Gerichte entstanden sind. Ein Geschenkbuch für alle Hobbyköche und Geschichtsinteressierten, die ihre Gäste gern mit köstlichen Anekdoten und überraschenden Hintergrundgeschichten erfreuen wollen – und die vielleicht auch ein wenig angeben möchten.

528 Seiten

288 Seiten

144 Seiten

192 Seiten

CHF 38.90

CHF 37.90

CHF 42.90

CHF 43.90

Südwest

Dorling Kindersley

Werd

Callwey

ISBN 978-3-517-08920-1

ISBN 978-3-8310-2485-8

ISBN 978-3-85932-716-0

ISBN 978-3-7667-2041-2

Balagan!

Cook clever mit Jamie

Chicken, Fish und Eierrösti

Wie die Helene zur Birne kam

Das Fülscher-Kochbuch Susanne Vögeli und Max Rigendinger 832 Seiten CHF 84.00 hier + jetzt

ARCHAISCH, GEHEIMNISVOLL, URTÜMLICH, WILD – LEBENDIGE SCHWEIZER VOLKSKULTUR.

Kurt Haberstich, Martin Hauzenberger Typisch Schweiz – Gelebte Tradition Softcover 224 Seiten, 150 Farbfotos ISBN 978-3-03780-063-7

BUCHtipps | 29

Books Nr. 4/2013

www.faro-buch.ch – Streiflichter auf die Schweiz


30 | Buchtipps

BUCHtipps | 31

Books Nr. 4/2013

Wissen öffnet Welten.

Nickolas Butler

Clemens Meyer

Im Stein

J. M. Coetzee

Die Kindheit Jesu

Monika Maron

Little Wing im Norden Wisconsins. Henry und Beth waren schon in der Schule ein Paar. Ihren Heimatort haben sie nie verlassen. Das Paar kämpft um seine Farm und unterstützt seinen Freund Ronny, der nach einem schweren Unfall vom Rodeo-Star zum Alkoholiker wurde. Kip war als Rohstoffmakler in Chicago erfolgreich; nach seiner Hochzeit will er in seiner alten Heimat Little Wing neu beginnen, findet dort aber nur schwer Halt. Lee wurde dank seines Albums «Shotgun Lovesongs» ein international gefeierter Star. Auch ihn zieht es zurück nach Little Wing, zu seinem besten Freund Henry und dessen Frau Beth, mit der ihn mehr als eine Freundschaft verbindet. In einem unvorsichtigen Moment setzt er alles aufs Spiel.

Prostituierte, Engel und Geschäftsmänner kämpfen um Geld, Macht und die Verwirklichung ihrer Träume. Eine junge Frau steht am Fenster und schaut in den Abendhimmel. Im Januar laufen die Geschäfte nicht, die Gedanken tanzen in ihrem Kopf. «Der Pferdemann», der alte Jockey, sucht seine Tochter. «Der Bielefelder» rollt mit neuen Geschäftskonzepten den Markt auf, investiert in Clubs und Eroscenter. «AK 47» liegt angeschossen auf dem Asphalt. Schonungslos und zärtlich schreibt Clemens Meyer über die Nachtgestalten, von ihrem Aufstieg und Fall, vom Schmutz der Strasse und dem Fluss des Geldes. Mit grosser Kraft und Emotion erzählt er dabei gleichzeitig auch die Geschichte einer Stadt.

Ein Mann und ein Junge finden sich in einem fremden Land wieder, wo sie ohne Erinnerung ihr Leben neu zusammenbuchstabieren. Der Mann findet Arbeit im Hafen. Doch die beiden müssen nicht nur eine neue Sprache lernen, sondern auch eine Mutter für den Jungen suchen. Emigration, Einsamkeit, das Rätsel einer Ankunft: In einem dunklen Glas spiegelt der Südafrikaner J. M. Coetzee unsere Welt auf eine Weise, die alles Nebensächliche zur Seite schiebt und die elementarsten Gesten sichtbar macht.

Als Ruth am Tag von Olgas Begräbnis erwacht, verschwimmen die Buchstaben vor ihren Augen und eine Wolke zieht rückwärts. Etwas an ihrer Wahrnehmung hat sich verändert. Ruth verfährt sich auf dem Weg zum Friedhof und gelangt in einen Park, wo ihr Tote und Lebende erscheinen – ein Selbstgespräch in Szenen und Bildern, in dem Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen.

424 Seiten

560 Seiten

352 Seiten

192 Seiten

CHF 31.90

CHF 35.90

CHF 34.90

CHF 31.90

Klett-Cotta

S. Fischer

S. Fischer

S. Fischer

ISBN 978-3-608-98008-0

ISBN 978-3-10-048602-8

ISBN 978-3-10-010825-8

ISBN 978-3-10-048821-3

Shotgun Lovesongs

Mehr erfahren: Großartige Infografiken erklären Hintergründe und Zusammenhänge Mehr erleben und genieSSen: Infos aus erster Hand in aufwendigem Extra-Kapitel Mehr entdecken: Tolle Touren und Tipps für jede Interessen- und Stimmungslage

«Die Kindheit Jesu» ist J. M. Coetzees erster grosser, nicht biographisch geprägter Roman seit seinem Welterfolg «Schande».

Zwischenspiel

Mit grosser Leichtigkeit fragt dieser ebenso tiefgründige wie humorvolle und fantastische Roman nach den Konsequenzen von Entscheidungen. Gibt es ein Leben ohne Schuld? Wäre ein anderer Weg möglich gewesen?


32 | K affeepause

Die Debatte Was machen Buchhändler in der Kaffeepause? Sie plaudern über Bücher. Zum Beispiel im Bagels im St. Galler Rösslitor, der grössten Buchhandlung der Ostschweiz. «Books» hat sich dort zu Bettina Zeidler und Dario Widmer gesetzt. Marius Leutenegger

Aufräumen Angelika Waldis 152 Seiten CHF 27.90 Europa

Niedergang Roman Graf 204 Seiten CHF 28.90 Knaus

Das grössere Wunder Thomas Glavinic 522 Seiten CHF 34.90 Hanser

K affeepause | 33

Books Nr. 4/2013

«Books»: Vor uns liegen drei Bücher. Auf zweien davon ist auf dem Cover ein Berg abgebildet. Beginnen wir mit dem dritten: «Aufräumen» von Angelika Wal­ dis. Dario, du hast es in unsere Runde gebracht. Worum geht’s? Dario Widmer (DW): Die 70-jährige Luisa entscheidet sich, in ihrem Leben aufzuräumen. Und das bedeutet, dass drei Männer sterben müssen: ihr egozentrischer Ehemann Alfred ... Bettina Zeidler (BZ): ... den sie Arschfred nennt ... DW: ... genau, dann der Arzt, der schuld ist an der geistigen Behinderung ihrer Tochter Maja, und schliesslich auch noch der Mann ihrer anderen Tochter Miriam, der diese sehr unglücklich macht. Als erstes soll also Arschfred weg. Er hat Luisa das Leben zur Hölle gemacht, pochte stets auf seine Sonderstellung als Künstler und ging ständig fremd. Jetzt hat er sich nach Genua zurückgezogen, um in Ruhe zu malen. Luisa fährt ihm mit dem Zug nach. Sie hat im Internet recherchiert, wie man jemanden vergiftet, und die notwendigen Zutaten für ein tödliches Curry im Gepäck. Ihre Pläne werden aber schon bald über den Haufen geworfen, denn im Zug begegnet sie Flack, einem jungen Mann, der aus einer psychiatrischen Anstalt ausgebrochen ist. Flack zeigt Luisa Italien, und durch ihn lernt sie den Spass am Absurden kennen – denn Flack macht einen Blödsinn nach dem anderen. Flack verschwindet wieder, und danach reist Luisa ... ach, ich sehe, ich gerate immer tiefer in Details. BZ: Aber das ist ja gerade das Tolle an diesem Buch: diese Fülle an gelungenen Details, und das alles auf nur 152 Seiten!

Zum einen erzählt uns «Aufräumen» die Geschichte von Luisas Reise, zum anderen erfahren wir in Rückblenden mehr über das Leben der Protagonistin – und was dazu führte, dass sie jetzt aufräumen will. Führt sie die geplanten Morde denn auch aus? DW: Luisa betritt in Genua Alfreds Wohnung. Dort gewinnt sie aber eine wichtige Erkenntnis – und lernt, die Dinge so stehenzulassen, wie sie sind. Und die beiden anderen Männer, die sie töten wollte? BZ: Das löst sich alles bestens auf. Das klingt jedenfalls nach einer originel­ len Geschichte ... BZ: Das ist sie auch, und manchmal musste ich laut loslachen. Aber es gibt auch viele traurige und besinnliche Momente. Ich fand mich an vielen Stellen im Buch wieder. Denn das gibt es ja in jedem Leben: dass man gewisse Dinge lange Zeit hinnimmt und irgendwann den Punkt erreicht, an dem man sich entscheiden muss, ob man so noch weitermachen kann. Als Luisa hätte ich allerdings schon lange Tacheles mit Alfred geredet. DW: Ja, manchmal habe ich mich schon gefragt, warum sie sich von ihm so viel bieten liess. Ich bin sicher: Liest eine Feministin dieses Buch, stösst ihr das lange Zeit völlig passive Verhalten von Luisa wohl eher sauer auf. Wem würdest du das Buch denn empfeh­ len, wenn nicht unbedingt den Feminis­ tinnen? DW: «Aufräumen» kann man sehr vielen Leuten mit gutem Gewissen in die Hand drücken. Ich bin ja der beste Beweis dafür, dass man diesen Roman auch als junger Mann toll finden kann.

BZ: Vermutlich funktioniert das Buch deshalb so gut, weil es so viele verschiedene Sichtweisen ermöglicht und so viele Ebenen hat. Die Geschichte hat mich, bei aller Leichtigkeit und allem Witz, zuweilen auch bestürzt. DW: Mir hat vor allem die Sprache gut gefallen. Da wird nichts unnötig beschrieben oder in die Länge gezogen – und man kann sich die Figuren auch gut vorstellen. BZ: Mir gefiel bereits der letzte Roman von Angelika Waldis, «Einer zuviel». In «Aufräumen» hebt sie den Zeigefinger noch etwas weniger stark als im Vorgänger, und darum finde ich das neue Buch noch besser. Kommen wir zu deinem Tipp, Bettina: «Niedergang» von Roman Graf. BZ: Kurz nachdem ich diesen Roman für unsere Runde ausgewählt hatte, wurde er auf die Shortlist des Schweizer Buchpreises gesetzt. Der Winterthurer Autor Roman Graf, der erst 35 Jahre alt ist, hat diese Anerkennung voll verdient. In «Niedergang» erzählt er die Geschichte des jungen Pärchens André und Louise. André ist Schweizer, Louise ist Berlinerin, und beide leben in der deutschen Hauptstadt. DW: Aber nicht zusammen! BZ: Ja, und abgesehen davon erfährt man eigentlich kaum etwas über die beiden Protagonisten und warum sie zusammen sind. Immerhin gibt uns Graf einen Einblick in die Feriengewohnheiten des Paars: Bislang machten Louise und André offenbar immer auf der Mecklenburgischen Seenplatte Urlaub. Für dieses Jahr hat André aber eine Tour durch die Schweizer Berge geplant – und das auf eine geradezu exzessiv akribische Weise. Alles hat er festgelegt: Wie lange die einzelnen Tagestouren sind, wann eine Pause eingelegt wird, wie sich das Gepäck zusammensetzt. Als es endlich losgeht, spielt das Wetter nicht mit. Trotz Nebel und Kälte wandern die beiden los, aber Louise stinkt es gewaltig. Sie wird missmutig und ziemlich gemein. DW: André läuft voller positiver Energie los – und sie folgt ihm im immer gleichen Abstand, um ihm zu zeigen, wie blöd sie alles findet. Dieses Bild fand ich ziemlich stark. BZ: Sie vermiest ihm alles, und natürlich ist auch die erste Nacht in einem Massenlager furchtbar. Fatalerweise fällt über Nacht auch noch Schnee. Eigentlich müssten die beiden am nächsten Tag die Route anpassen, aber plötzlich will Louise wie geplant zum Gipfel aufsteigen.

Bettina Zeidler, 48, lebt in St. Gallen. Sie arbeitet in der Abteilung Belletristik der St. Galler Buchhandlung Rösslitor, die zu Orell Füssli gehört. Am liebsten liest sie skandinavische Krimis und Thriller.

Dario Widmer: «Ich habe wenig Bezug zum Wan­ dern, und daher waren mir manche Beschreibungen dann doch etwas zu detailliert.» Bettina Zeidler: «Ich bin alpin eben­ falls nicht sehr be­ wandert, aber mich hat die Beschrei­ bung, wie sich An­ dré Richtung Gipfel quält, fasziniert.»

Dario Widmer, 21, lebt in Bühler in Appenzell Ausserrhoden. Seine Lehre zum Buchhändler absolvierte er im Rösslitor, heute arbeitet er in der Abteilung Belletristik im Kramhof in Zürich. Er hat schon seit jeher ein grosses Interesse an Literatur.

DW: Wahrscheinlich nur deshalb, weil André die Pläne ändern will ... BZ: Ja, sie findet: Du hast mich hierher geschleppt, jetzt gehen wir auch rauf. Und André ist sowieso einer, der schon als Kind gelernt hat: Was man beginnt, führt man zu Ende. Die Etappe wird aber immer härter, und irgendwann kann Louise nicht mehr weitergehen. André nimmt den Weg zum Gipfel allein in Angriff, denn er scheint besessen von seinem Ziel. Erreicht er es? BZ: Die Geschichte endet sehr dramatisch. In höchster Verzweiflung wünscht sich André, noch einmal eine Chance zu haben, manches besser zu machen – aber diese Chance bekommt er nicht mehr. Ich hätte sie ihm sehr gegönnt. Wie fandest du das Buch, Dario? DW: Es hat mir gut gefallen; wie die beiden Hauptfiguren miteinander umgehen, hat mich zwar manchmal sehr aufgeregt und fand ich auch unverständlich, aber ihr Verhalten ist doch glaubhaft – Graf zeigt, wie komplex Beziehungen sein können. Etwas weniger spannend fand ich die Sache mit dem Wandern und Bergsteigen; ich habe wenig Bezug zum Wandern, und daher waren mir manche Beschreibungen dann doch etwas zu detailliert. BZ: Ich bin alpin ebenfalls nicht sehr bewandert, aber mich hat die Beschreibung, wie sich André Richtung Gipfel quält, fasziniert. Ich wusste nicht, dass Bergsteigen mit so viel Schmerz verbunden ist, und ich habe mit André mitgelitten. DW: Im Kramhof diskutierte ich kürzlich mit anderen Buchhändlern, die «Niedergang» ebenfalls gelesen haben, ob es Menschen wie André und Louise tatsächlich gibt – und wir kamen zum Schluss: Doch, mit den beiden kann man sich sogar identifizieren. Ich würde manchmal wohl ähnlich reagieren wie sie. BZ: Mir ist auch die Aussage, die das Buch macht, nahe gegangen: Vieles ist Schicksal. Wir können uns manchmal zwar wünschen, etwas wieder gut zu machen, aber das heisst noch lange nicht, dass dieser Wunsch auch in Erfüllung geht. DW: «Niedergang» hat schon eine deutliche Aussage: Man kann ein Ziel manchmal einfach nicht erreichen, so sehr man es auch anstrebt. Und man kann auch nicht alles beenden, was man begonnen hat. BZ: Ja, und diese Tatsache wird einem hier sehr dramatisch vor Augen geführt. Und das alles ist erst noch gut formuliert: Roman Graf beschreibt Situationen und Menschen gekonnt mit wenigen Worten.


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BUCHtipps | 35

Books Nr. 4/2013

Das ist wirklich ein hervorragendes Buch; es hat mich inhaltlich ebenso überzeugt wie sprachlich. Die äussere Ähnlichkeit zum dritten Buch, über das wir reden, ist frappant: Auch «Das grössere Wunder» von Tho­ mas Glavinic zeigt einen Berggipfel – den Mount Everst. DW: «Das grössere Wunder» lässt sich aber nicht so leicht zusammenfassen wie «Niedergang». Hauptfigur ist Jonas; der Bub hat einen Zwillingsbruder, den leicht autistischen Mike, und einen besten Freund, Werner, der am gleichen Tag wie die Zwillinge zur Welt kam. Der Vater der Brüder ist schon lange tot, und die Mutter nimmt ständig irgendwelche Freunde mit nach Hause. Einer davon verprügelt Jonas eines Tages, und die beiden Brüder ziehen darauf zu Werner. Der lebt bei seinem Grossvater Picco, einem extrem reichen Mann, der in irgendwelche dubiosen Geschäfte verwickelt ist. Schliesslich adoptiert Picco die beiden Jungs, und Jonas, Mike und Werner werden sozusagen Brüder. Etwas später schenkt Picco den dreien ein Haus. Darin sind viele Türen abgeschlossen, und manchmal erhalten die Buben einen Schlüssel, um wieder ein neues Zimmer betreten zu können. Diese Zimmer und das, was sich in ihnen befindet, haben immer eine ganz bestimmte Bedeutung. Und was hat das alles mit dem Mount Everest zu tun? BZ: Bei jedem Kapitel gibt es einen Szenenwechsel. Ein Kapitel erzählt von Jonas’ Kindheit, das nächste spielt im

Hier und Jetzt: Jonas unternimmt eine Expedition auf den Mount Everest. Durch seine Kindheit ist er auf der Suche nach immer neuen Kicks, und diese Suche treibt ihn jetzt auch auf den höchsten Berg der Erde. Sind Mike und Werner auch dabei? DW: Nein, denn beide sind jung gestorben. Jonas hat darum auch allein das riesige Vermögen von Picco geerbt; er muss nie wieder arbeiten, und das viele Geld ermöglicht ihm unglaubliche Projekte. Er transportiert einen Zug um die halbe Welt, baut sich ein Baumhaus in den Pampas, kauft sich eine Insel oder richtet sich ein Museum mit Erinnerungsstücken ein. BZ: Doch eigentlich ist er ständig auf der Suche nach Liebe und Anerkennung. Denn er ist unglaublich einsam. Findet er die Liebe denn? BZ: Es gibt Marie, die er sehr liebt, aber sie sagt ihm: Ich kann dir nicht mehr dabei zusehen, wie du ständig versuchst, dich umzubringen. Denn Jonas sucht stets noch drastischere Herausforderungen – bis zur Besteigung des Mount Everests. DW: Als Leser erfährt man viel darüber, wie knüppelhart es ist, auf den Gipfel zu kommen. Die Bergsteiger erleiden Höllenqualen, haben ständig Kopfschmerzen, können kein Essen mehr zu sich nehmen, frieren sich fast zu Tode. Diese Beschreibungen sind sehr eindrücklich. BZ: Es ereignen sich ja auch viele dramatische Dinge: Menschen sterben, Lawinen gehen nieder. Und Jonas erhält einen Brief von Marie, doch er traut sich nicht, ihn zu öffnen.

Wenn ihr über das Buch redet, bekommt man den Eindruck: Das sind eigentlich zwei sehr unterschiedliche Bücher in einem – hier die fantasievolle Kindheits­ geschichte, dort der drastische Bericht einer Höchstleistung. BZ: Diese beiden Teile sind auch ziemlich unterschiedlich. Jener über den Aufstieg läuft aalglatt und ist spannend, die Kindheitsgeschichte bereitete mir hingegen zunächst Mühe. Ich konnte mich nicht richtig in diese Welt hineinversetzen und musste bei einigen Kapiteln zwei-, dreimal ansetzen. Mir war manches zu fantastisch. Aber nachdem ich mich ins Buch hineingelesen hatte, gefiel es mir ausgezeichnet. Nach der Hälfte konnte ich es nicht mehr weglegen. DW: Ich fand es von Anfang an sehr gut. Ich las es von Beginn weg als Unterhaltungsroman. BZ: Es ist aber nicht nur ein Unterhaltungs-, sondern auch ein Entwicklungsroman mit vielen philosophischen Betrachtungen. Wem empfehlt ihr dieses Buch? DW: Allen, die eine aussergewöhnliche Geschichte mögen. Und die Berge! Das gilt aber auch für «Niedergang» ... DW: Ja, ich finde, man sollte beide Bücher lesen. Und «Aufräumen» natürlich auch!

Johannes Engelke

Roger Kappeler

Den Nächsten, Der Fluss des der Frohe Lebens Weihnachten zu mir sagt, bringe ich um Eines Tages laufen sich Anja und Nick Weihnachtszeit ist Gruselzeit! Greifen die renommiertesten Thriller-Autoren zur Feder, ist niemand mehr sicher – nicht einmal der Weihnachtsmann! Während draussen klirrende Kälte herrscht und drinnen die Stuben gut geheizt sind, freut sich ein jeder auf Ruhe und Einkehr. Doch diese Winterthriller räumen mit der friedvollen Adventszeit auf – sie kennen keine Gnade für Glöckchen, Glühwein, Gänsebraten. Da heisst es Mord und Totschlag statt Glanz und Gloria! Mit Geschichten von Karen Rose, Markus Heitz, Daniel Holbe, Petra Busch, Sven Koch, Alex Berg, Simone Buchholz, Heinrich Steinfest, Zoë Beck, Markus Stromiedel, Frank Göhre und Claudio M. Mancini.

scheinbar zufällig über den Weg. Von diesem Moment an ist für die beiden nichts mehr so, wie es einmal war. Eine Reihe äusserst seltsamer Begegnungen führt die beiden jungen Leute rund um den Globus und verwickelt sie in die unglaublichsten Abenteuer. Die Aufgabe von Anja und Nick besteht unter anderem darin, sich dem Fluss des Lebens vertrauensvoll hinzugeben, statt immer alles krampfhaft kontrollieren zu wollen. Denn wie sie bald feststellen, kann das Schicksal nur bis zu einem bestimmten Grad beeinflusst werden – oder vielleicht doch nicht? Der nächste Streich des Autors von «Starchild Terry» und «Hasret».

Verena Wermuth

Wiedersehen mit Scheich Khalid Verena Wermuths grosse Liebe, Scheich Khalid, ist Mitglied einer arabischen Herrscherfamilie. Die Beziehung der beiden zerbricht, als Scheich Khalid seine Cousine heiraten muss. Nach Jahren des Schweigens kommt es über die Verfilmung ihres Bestsellers «Die verbotene Frau» zum erneuten Kontakt zwischen den beiden. Ein Kontakt, der keinen Zweifel an der einstigen leidenschaftlichen Liebe aufkommen lässt. Nach 18 Jahren treffen die beiden einander in Dubai wieder. Hat sich während der langen Jahre etwas an der Beziehung geändert? Wird das Geheimnis um die Identität des Scheichs nun gelüftet? Oder ist Verena immer noch die «verbotene Frau», die Khalid zwar heimlich heiratete, zu der er sich aber nie bekennen durfte?

Marcel Proust

Auf der Suche nach der ver­ lorenen Zeit Band 1: Auf dem Weg zu Swann 100 Jahre nach der Erstveröffentlichung von Marcel Prousts epochalem Meisterwerk «Auf der Suche nach der verlorenen Zeit» erscheint mit «Auf dem Weg zu Swann» der erste Band einer neuen Übersetzung. BerndJürgen Fischer, Mathematiker, Linguist und freier Autor, hat zehn Jahre an dem übersetzerischen Grossprojekt gearbeitet – mit dem Ziel, Proust als einen humorvollen Erzähler zu zeigen und den freundlich-amüsierten Grundton des Originals zu bewahren. Die hochwertige Ausgabe in der Reclam Bibliothek enthält einen Kommentar, der alle historischen und kulturhistorischen Informationen enthält, die der moderne Leser erwartet. Die weiteren sechs Bände werden halbjährlich erscheinen.

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Books Nr. 4/2013

begonnen hat, will man unbedingt wissen, wie die Sache weitergeht. Spannend ist die Liebesgeschichte – Kennedy fühlt sich zwischen den Zwillingen hin- und hergerissen –, witzig ist der Umgang der Jugendlichen untereinander. Und es gibt viele sehr gruselige Stellen. Meines Erachtens ist das kein Buch für allzu junge Leserinnen und Leser; die würden nach der Lektüre wohl kaum noch schlafen können. Aber alle anderen werden sich bestens unterhalten.

Fantastisch! Eine Mitarbeiterin von Orell Füssli präsentiert Neuerschei­ nungen und Geheimtipps aus dem Fantasy-Genre: Bücher für alle, die sich gern in fremde Welten entführen lassen. Marius Leutenegger

«Kami Garcia ist eine ganz grosse Nummer unter den Fantasy-Autorinnen. Von ihr stammt die vierteilige Buchserie, die mit ‹Sixteen Moons› begann und seit der Verfilmung bei uns auch unter dem englischen Namen ‹Beautiful Creatures› bekannt ist. Mit ‹The Legion – Der Kreis der Fünf› legt die US-Amerikanerin jetzt den Grundstein zu einer neuen Serie. Ich bekam eine Leseprobe, schaute ein bisschen rein – und war so begeistert, dass ich sofort den gesamten Text anforderte. Kami Garcia schreibt einfach genial, sehr einnehmend und witzig. Hauptfigur der neuen Serie ist die 16-jährige Kennedy Waters. Sie lebt allein mit ihrer Mutter; warum der Vater die Familie schon längst verlassen hat, weiss Kennedy nicht. Eines Tages findet das Mädchen seine Mutter reglos im Bett – sie ist tot, angeblich infolge Herzversagens. Für Kennedy bricht ihre Welt zusammen. Und dann wird sie auch noch von einem wütenden Rachegeist bedroht. Rachegeister sind Seelen von Menschen, die gewaltsam ums Leben gekommen sind und sich jetzt an allen Lebenden rächen wollen – also Geister von der allerübelsten Sorte. Glücklicherweise wird Kennedy in letzter Sekunde von zwei attraktiven Zwillingen

gerettet, von Jared und Lukas Lockhart. Durch die beiden erfährt sie von der Legion, einer jahrhundertealten Geheimgesellschaft. Die Legion wurde ursprünglich gegründet, um die Illuminati zu bekämpfen, eine andere, sagenumwobene Geheimgesellschaft. In ihrem Kampf hat die Legion einen Dämon freigesetzt, und dieser Dämon trägt die Schuld am Tod von Kennedys Mutter. Das Mädchen findet heraus, dass ihre Mutter Mitglied der Legion war – und sie erfährt, dass bei dieser Geheimgesellschaft die Kinder stets den Platz der Eltern einnehmen müssen. In der gleichen Nacht wie Kennedys Mutter wurden auch die vier anderen erwachsenen Mitglieder der Legion getötet, und gemeinsam mit deren Söhnen und Töchtern macht sich Kennedy jetzt auf die Suche nach einer Waffe gegen den Dämon. Und dieser Kreis der Fünf bekommt es nun mit unheimlich vielen unheimlichen Rachegeistern zu tun. Der erste Band der neuen Serie von Kami Garcia ist ein typischer Auftakt: Die Figuren werden eingeführt, die Ausgangslage wird erläutert. Die Geschichte geht erst ab Mitte des Buchs so richtig los. Aber auch bis dahin habe ich mich keine Sekunde lang gelangweilt. Das Buch hat richtig viel Zug, und wenn man es einmal zu lesen

Wollen die Jüngeren etwas Ähnliches lesen, kann ich ihnen den Auftakt zu einer anderen Serie empfehlen: ‹Lockwood und Co. 01. Die seufzende Wendeltreppe›. Auch in diesem Fall haben wir es mit einem Autor zu tun, der bereits mit einer anderen Serie für Furore sorgte: Vom Briten Jonathan Stroud stammen die ‹Bartimäus›-Bücher. Für alle, die den frechen Dschinn Bartimäus mochten, sind die Lockwood-Geschichten natürlich Pflichtlektüre, denn zwischen den Serien gibt es einige Parallelen: Beide sind so witzig wie spannend geschrieben, und die Charaktere beider Serien scheinen dem gleichen Fundus entsprungen zu sein. Die Lockwood-Serie spielt im London einer nicht allzu fernen Zukunft. Die Stadt wird von gefährlichen Geistererscheinungen heimgesucht. Nur Kinder und Jugendliche können die Geister direkt wahrnehmen, und deshalb können auch nur sie die Erscheinungen bekämpfen. Sie werden von sogenannten Agenturen angestellt. Auch die 16-jährige Lucy ist eine Agentin, sogar eine sehr begabte – denn sie kann Geister sowohl hören als auch sehen. Allerdings vermasselt Lucy ohne eigenes Verschulden einen Auftrag, und deshalb findet sie kaum noch eine Stelle. Schliesslich kommt sie bei der winzigen Agentur unter, die vom jungen Anthony Lockwood geleitet wird. Der ist so gutaussehend wie selbstverliebt und mysteriös, so anziehend wie unsympathisch. Der einzige weitere Mitarbeiter der Agentur ist George, eine Art Daniel Düsentrieb der Geisterbekämpfung. Leider geht der erste Einsatz des Dreierteams von Lockwood & Co. gründlich in die Hose, und die Agentur steht wegen Schadenersatzforderungen sofort vor dem Ruin. Sie muss nun jeden Auftrag annehmen. Und deshalb landen die drei schon bald im verrufensten Haus von ganz London. Hier sind schon viele Agenten ums Leben gekommen, und auch Lockwood, George und Lucy geraten buchstäblich in Teufels Küche ...

Wirklich gut an dieser Geschichte finde ich die Figuren; Lockwood ist ein kleiner Sherlock Holmes, und die Sherlock-HolmesGeschichten haben mir schon immer gut gefallen. Allerdings ist der Verlauf der Geschichte eher absehbar, und wer extrem anspruchsvoll ist, wird deshalb vielleicht nicht so richtig glücklich mit diesem leichtfüssigen Roman. Für die ganz Anspruchsvollen habe ich daher einen anderen Tipp: ‹Falling King­ doms 01. Flammendes Erwachen› von Morgan Rhodes, High-Fantasy vom Allerfeinsten. Dieser erste Teil einer neuen Serie bietet mehrere Erzählstränge, die aber bald alle zusammenlaufen. Die Geschichte spielt im Mittelalter und in drei verschiedenen Reichen. Das südliche Reich heisst Auranos und ist sehr wohlhabend. Hier wächst Prinzessin Cleo wohlbehütet auf. Mit einem Freund reist Cleo eines Tages ins Nachbarland Paelsia, das zwar sehr arm, aber für seinen guten Wein berühmt ist. Im Streit ersticht der Freund von Cleo den Sohn eines Weinhändlers. Jonas, der Bruder des Getöteten, will den Mord rächen. Er stachelt Paelsia zum Krieg an, und der tyrannische König von Limeros schliesst sich dem Feldzug gegen Auranos an. Bis hierher gibt es kaum Fantasy-Elemente. Magie spielt dann aber eine ganz wichtige Rolle. Im armen Paelsia blühen die Weinreben so gut, weil der Boden voller Magie ist. Es gibt nämlich die sogenannten Elementia – magische Steine. Sie wurden einst von Wächtern und Wächterinnen beherrscht, und diese Steine könnten den Krieg zwischen den Reichen entscheiden ... Wenn ich die Geschichte erzähle, merke ich: Sie ist komplex und lässt sich nicht so einfach zusammenfassen. Aber der Autorin gelingt es, alles sehr verständlich und anschaulich zu schildern. Die Charaktere sind hervorragend gezeichnet, man kann die Handlungen und Empfindungen jeder Figur nachvollziehen. Ich habe selten ein so gut durchdachtes Buch gelesen. Morgan Rhodes hat sich offenbar sehr genau überlegt, wie sie ihren Roman aufbaut, und dennoch wirkt ihr Werk überhaupt nicht konstruiert, alles fügt sich wunderbar zusammen. Für mich steckt in diesem Roman einfach alles drin, was ein gutes FantasyBuch braucht: Intrigen, grosse Kämpfe, Legenden, Magie. Das Gesamtpaket hat mich sehr überzeugt, und deshalb freue ich mich schon jetzt auf die Fortsetzung.»

... und noch ein Tipp

Manuela Bigler, 25, arbeitet in der Kinder- und Jugendbuchabteilung von Orell Füssli im Berner Einkaufszentrum Westside. «Das Lesen hat mich von Kind auf begleitet», sagt sie, «deshalb wollte ich auch beruflich mit Büchern zu tun haben.» Am liebsten mag sie Fantasy-Romane. «Bei diesem Genre kann ich am besten abschalten», sagt die Bernerin. «Ich lese nicht so gern Geschichten, die zu nahe an der Realität sind, denn Lesen soll ja auch einen Ausgleich zum Alltag bieten.»

The Legion – Der Kreis der Fünf Kami Garcia 320 Seiten CHF 27.90 cbt

Lockwood und Co. 01. Die seufzende Wendeltreppe Jonathan Stroud 427 Seiten CHF 29.90 cbj

Falling Kingdoms 01. Flammendes Erwachen Morgan Rhodes 441 Seiten CHF 21.90 Goldmann

Marino Castelli, 28, wohnt in Gunz­wil und arbeitet bei Orell Füssli am Bellevue. Buchhändler wurde er, weil «ich ein leidenschaftlicher Leser bin und mein Hobby zum Beruf machen wollte». Sein Tipp: «Die Karte der Welt» von Royce Buckingham. «Das Königreich Abrogan wird im Norden durch den ‹Schleier› begrenzt. Niemand, der ihn durchschritten hat, ist je zurückgekehrt. Als der junge Schweinehirt Wex wegen seines Zeichentalents aufgefordert wird, bei der Vermessung der Grenze zu helfen, freut er sich darauf, sein ärmliches Dorf verlassen zu können. Doch dann stellt sich heraus, dass Wex mit seinen Strichen auf der Landkarte den Schleier zurückdrängt. Es öffnet sich ein Land voller Abenteuer, neuer Gefährten und mit einem alten, von Rachegelüsten zerfressenen Feind ... Dieses Buch war der perfekte Fantasy-Roman für meine Ferien. Das Debüt von Royce Buckingham, ‹Dämliche Dämonen›, wird gegenwärtig verfilmt, und auch dieses zweite Buch von ihm ist bester Filmstoff. Die Handlung um die sympathische Hauptfigur Wex ist durchgehend spannend, und der Autor verzichtet auf jede unnötige Ausschmückung; daher ist man sofort in der Geschichte drin. Ich empfehle dieses süffige Buch allen Leuten, die Fantasy-Bücher mögen – und auch allen, die auf Abenteuergeschichten stehen, mit Fantasy bis jetzt aber wenig anfangen konnten, denn ‹Die Karte der Welt› erscheint mir sehr gut geeignet für einen Einstieg ins Genre. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Geschichte in sich abgeschlossen ist und man nicht auch noch mit etlichen Fortsetzungen rechnen muss.»

Die Karte der Welt Royce Buckingham 605 Seiten CHF 23.90 Blanvalet


38 | Im Schaufenster

Drei brüchige Säulen Erfolgsautor Daniel Kehlmann erzählt eine aberwitzige Familiengeschichte: Drei Brüder erleben, wie die Stützen ihres Lebens und Wertesystems wegbrechen. Benjamin Gygax

«F» – so kurz und bündig, aber auch geheimnisvoll heisst der neuste Roman von Daniel Kehlmann. Der Buchstabe könnte für vieles stehen. Friedland heisst zum Beispiel die Familie, um die Kehlmanns Geschichte kreist; und auch Familie beginnt mit einem F. Der Autor sagt über den Titel, den er gewählt hat: «Ich will das lieber nicht aufschlüsseln. Zentral ist aber schon das Wort ‹Familie›.» Wie Kehlmann es gern tut, hat er in seinem Roman aber auch Hinweise auf andere Deutungen versteckt. Ein Familienmitglied, Eric Friedland, will sich im Kino das letzte Werk von Orson Welles ansehen – und das heisst «F für Fälschung». Der dokumentarische Essayfilm von 1974 dreht sich um einen Kunstfälscher. Auch diesen gibt es in Kehlmanns Roman. Der Autor hat den Themenfächer also breit aufgespannt. Doch worum geht es im dritten grossen Roman des 38-jährigen deutsch-österreichischen Autors?

mit einer Aufforderung zurück ins Publikum: «Das ist ein Befehl, den du befolgen wirst, weil du ihn befolgen willst, und du willst es, weil ich es befehle, und ich befehle es, weil du willst, dass ich es befehle. Von heute an bemühst du dich. Egal, was es kostet.» Der erfolglose Autor, der von sich selber sagte, er könne nicht hypnotisiert werden, wirft seine Söhne auf dem Nachhauseweg aus dem Auto und verschwindet. «Und tatsächlich sollte keiner seiner

Der grosse Lindemann Dreh und Angelpunkt der Geschichte ist das erste Kapitel. «Es war das Jahr 1984, und Arthur hatte keinen Beruf. Er schrieb Romane, die kein Verlag drucken wollte, und Geschichten, die dann und wann in Zeitschriften erschienen. Etwas anderes tat er nicht, aber seine Frau war Augenärztin und verdiente Geld.» Mit ihr hat er zwei Söhne, die eineiigen Zwillinge Eric und Iwan, die inzwischen 13 Jahre alt sind. Aus der heimlichen Beziehung zu einer anderen Frau stammt Martin, sein ältester Sohn. Arthur ist auch als Vater wenig engagiert oder erfolgreich. Doch an diesem Tag will er mit seinen Söhnen eine besondere Veranstaltung besuchen: eine Vorstellung des grossen Lindemanns, Meister der Hypnose. «Er war füllig und hatte eine Glatze, die durch ein paar über die Kahlheit seines Schädels gelegte Haare nur noch stärker ins Auge fiel, und er trug eine schwarze Hornbrille.» Diese unspektakuläre Erscheinung – eine Reminiszenz an Thomas Manns «Mario und der Zauberer» – bittet Arthur Friedland auf die Bühne, unterzieht ihn einem kurzen Verhör und schickt ihn

Im Schaufenster | 39

Books Nr. 4/2013

Söhne ihn wiedersehen, bevor sie erwachsen waren. In den folgenden Jahren aber erschienen die Bücher, derentwegen die Welt Arthur Friedlands Namen kennt.»

Nach der Vermessung der Welt Den Namen von Daniel Kehlmann kennt die Welt dank seines Romans «Die Vermessung der Welt». Das Buch erschien 2005, als der Sohn des Regisseurs Michael Kehlmann und der Schauspielerin Dagmar Mettler gerade einmal 30 Jahre alt war, und verkaufte sich weltweit über sechs Millionen Mal – was den Autor selber wundert: Das Buch müsse etwas getroffen haben, das in der Luft lag, «sonst kann ich mir nicht erklären, wie ein dezidiert literarisches Buch voll von historischen und literarischen Anspielungen und mit in indi-

Satz genügt, um den Selbstzweifeln des jungen Manns zum Durchbruch zu verhelfen – Iwan begräbt seine Ambitionen, wird Galerist und malt nur noch jene Bilder, die der arrivierte Maler Eulenböck, sein Lebenspartner, hätte malen müssen, um am Kunstmarkt erfolgreich zu sein.

rekter Rede geschriebenen Dialogen 20 Wochen lang Platz eins der Spiegel-Bestsellerliste belegen kann». Der 2009 folgende Roman «Ruhm» konnte diesen Erfolg nicht wiederholen, und dem Autor liegt auch nichts daran, mit «F» auf Rekordjagd zu gehen. «Der Erfolg wird in diesem Ausmass wahrscheinlich unwiederholbar bleiben», weiss Kehlmann. Er sehe seinen frühen Erfolg aber als Chance, dass sein ganzes Werk von jetzt an quersubventioniert werde. Vielleicht ist es diese materielle Freiheit, die es Kehlmann ermöglicht, auch mit dem Etikett des «Hoffnungsträgers des deutschsprachigen Romans» zu leben, das ihm angeheftet wurde. Er findet: «Damit kann man nur umgehen, indem man es nicht allzu ernst nimmt.» Und so schrieb er die überdrehte Geschichte der männlichen Friedlands.

Zu dick aufgetragen? Die Religion und moderne Ersatzreligionen werden von Daniel Kehlmann effektvoll demontiert. Einigen Rezensenten war das zu direkt oder zu verspielt. «Der Spiegel» zum Beispiel urteilte unter dem Titel «F wie Firlefanz»: «Hätte Kehlmann die Themen und die Figuren ernst genommen, ‹F› wäre der Roman einer ausgehöhlten Gesellschaft geworden. So wirkt das Buch wie die missglückte Fingerübung eines Schriftstellers, der auf der Suche nach der besonderen Form vor lauter Spielereien den Inhalt aus den Augen verloren hat.» Ein gottloser Priester, ein durchgedrehter Finanzjongleur, ein schwuler Kunstfälscher – natürlich sind diese Figuren etwas modellhaft und programmatisch geraten, doch das war eigentlich auch schon bei Kehlmanns Grosserfolg «Die Vermessung der Welt» ähnlich. Auch die beiden Protagonisten Gauss und von Humboldt standen für zwei gegensätzliche Menschentypen. Und auch ihre Erlebnisse wurden bis zur Satire überdreht. Dafür gibt es die schöne Formulierung, dass etwas «bis zur Kenntlichkeit entstellt» sei. Sicher trifft das auch für Martin, Eric, Iwan und ihr jeweiliges Umfeld zu. Dass der Autor deshalb seinen Inhalt aus den Augen verloren habe und sich in Spielereien ergehe, stimmt aber nicht. An einer Stelle könnte man Kehl-

Kirche, Kapital und Kunst Arthur Friedland scheint an diesem schicksalshaften Nachmittag bei Lindemann seine Bestimmung gefunden zu haben, seine Söhne dagegen geraten im Lauf der Jahre vollends aus der Bahn. Kehlmann widmet jedem der Männer einen Abschnitt und verwebt ihre Schicksale im Jahr 2008 virtuos miteinander. Martin gelingt es nie, ungezwungen mit dem anderen Geschlecht zu verkehren. Die Kirche und ihre Rituale geben ihm Halt – und so wählt er die Priesterlaufbahn, obwohl er nicht glaubt. Martin sagt sich: «Meine Stimme klingt nicht schlecht; ich bin gut in meinem Beruf» – und er hofft darauf, dass sich der Glaube noch einstellen wird. «Wenn man sich nur ein wenig Mühe gab, musste es zu schaffen sein.» Bis dahin gilt seine Leidenschaft dem Essen und dem Wettkampf mit dem Rubik-Zauberwürfel. Sein Halbbruder Eric «hatte schon früh gewusst, dass er anders sein wollte als sein Vater. Er wollte Geld verdienen, er wollte ernst genommen werden, er wollte nicht jemand sein, den man insgeheim bedauerte.» So baut er sich sein Reich als Vermögensverwalter, in dem er zwar ernst genommen wird, aber am Abgrund der Finanzkrise schon längst kein Geld mehr verdient. Er dreht sich in einem Alptraum aus Medikamentenmissbrauch, Veruntreuung und Ehebruch immer schneller um sich selbst, bis er die Orientierung verliert und Gespenster sieht. Iwan schliesslich beginnt als hoffnungsvoller Kunststudent und Maler, bis er Lindemann zum zweiten Mal begegnet. «Maler – wirklich?» meint der Hypnotiseur, als ihm Iwan sein Berufsziel verrät. Und auf Iwans Rückfrage: «Ist auch egal. Ist nicht so wichtig. Aber meinen Sie das ernst? Maler?» Dieser

mann Ausschweifung vorwerfen – missen möchte man dieses Kapitel «Familie» dennoch nicht: Als Ich-Erzähler beschreibt Arthur in immer knapperer Form das Leben seiner Vorfahren. Irrtum vorbehalten, reihen sich so 21 Generationen aneinander, bis ins Mittelalter. In diesen Miniaturen fängt Daniel Kehlmann den Charakter von Mensch und Zeit so gekonnt ein, dass es Freude macht.

Verschlungene Wege

F Daniel Kehlmann

Bei aller überdrehten Komik entwirft Kehlmann Figuren, die lebendig wirken. Und aus diesen Figuren heraus habe sich der Roman entwickelt, sagt der Autor: «Martin ist mir am schwersten gefallen. Das Kapitel über Eric schrieb sich beinahe von selbst. All die Atemlosigkeit und Hektik, die Halluzinationen, auch die Pointen, die aus seiner wahnhaften Paranoia entstehen.» Das habe Spass gemacht; bei Iwan dagegen habe Kehlmann einen liebenswürdigen, anständigen Menschen erfinden wollen. «Ja, er fälscht Bilder, aber eigentlich schädigt er niemanden und tut nichts Böses, und in einem bestimmten Moment erweist er sich sogar als Held.» Diesem Auftritt und allem Schicksalhaften nimmt Kehlmann auf den letzten Seiten die Schwere, wenn er Arthur ein weiteres Mal auftreten lässt. Zu Erics Tochter meint er: «Fatum, das grosse F. Aber der Zufall ist mächtig, und plötzlich bekommt man ein Schicksal, das nie für einen bestimmt war. Irgendein Zufallsschicksal.»

379 Seiten CHF 34.90 Rowohlt

Weitere Bücher von Daniel Kehlmann Die Vermessung der Welt Daniel Kehlmann 301 Seiten CHF 16.90 Rowohlt

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts machen sich Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauss an die Vermessung der Welt. Mit Fantasie und viel Humor beschreibt Daniel Kehlmann in seinem Abenteurerroman das Leben zweier Genies. Ruhm Daniel Kehlmann 202 Seiten CHF 14.90 Rowohlt

Ein Mann kauft ein Mobiltelefon und bekommt Anrufe, die einem anderen gelten; nach kurzem Zögern beginnt er ein Spiel mit der fremden Identität.

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DO 9. JAN – SO 19. JAN

MI 26. FEB Premiere / FR 28. FEB / SA 1. MÄR / DO 6. MÄR / FR 7. MÄR

Die Business Class macht Ferien. Ein Komödie nach Martin Suter. 20.00 Uhr, Sonn- und Feiertage 17.00 Uhr

Ein satirischer Jahresrückblick 20.00 Uhr, Sonntag 17.00 Uhr

«Scharlatan»

jeweils 20.00 Uhr

Kartenbestellung und weitere Infos: www.casinotheater.ch oder Telefon 052 260 58 58


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Books Nr. 4/2013

In Büchern und in Schönheit schwelgen Schöne Bücher findet man in vielen Buchhandlungen – die allerschönsten gibt es aber in der Ab­teilung für Kunst-, Architektur-, Design- und Fotobücher im zweiten Stock der Orell-Füssli-Filiale Kramhof in Zürich. Abteilungsleiterin Mirjam Kühnis hat für «Books» einige besonders geglückte Neuer­scheinungen ausgewählt.

Einfach in jeder Hinsicht prächtig: «Genesis» von Sebastião Salgado, erschienen im Taschen-Verlag

Marius Leutenegger

Der belgische Innenarchitekt Axel Vervoordt zählt die reichsten Menschen der Erde zu seinen Kunden. Dank des Buchs «Häuser des Lichts», erschienen bei Stuart & Jacoby, können wir alle jetzt seine Kunst bewundern.

«Unser Bestseller ist gegenwärtig ‹Gene­ sis›, ein Bildband des weltberühmten brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado – und eine fotografische Hommage an unseren Planeten in seinem ursprünglichen Zustand. Während acht Jahren unternahm Salgado, der schon seit langer Zeit ausschliesslich schwarz-weiss fotografiert, für dieses Projekt über 30 Reisen in die letzten unberührten Naturräume, in Wüsten, zu Meeren und in Urwälder. Er war in kleinen Propellermaschinen, zu Fuss oder im Kanu unterwegs – und brachte spektakuläre Aufnahmen nach Hause. Sie zeigen archaische Vulkanlandschaften, Seelöwen, Grosswild, die Eisberge der Antarktis oder die letzten Naturvölker. Die starken Kontraste der grossformatigen Fotografien wirken so monumental wie dramatisch und verleihen Salgados Aufruf, dass wir die Schätze unseres Planeten bewahren müssen, auf schöne Art Nachdruck. Kritisiert wurde an diesem Buch, dass es nur Schönes zeigt und die hässlichen Seiten der Natur ignoriert. Aber genau das macht ‹Genesis› eben auch wunderschön – man kann sich an den Bildern kaum sattsehen. Dieses Buch ist ein tolles Geschenk für Weihnachten. Erst recht in der Collector’s Edition: Dieses grossformatige Portfolio, das etwas anders geordnet ist als die Normalausgabe, ist auf 2500 Exemplare limitiert, wurde von Salgado signiert, wiegt 60 Kilogramm und wird in einer exklusiven Holzbox ge-

liefert. Zur Sonderausstattung zählt auch ein Präsentationstisch, den der japanische Architekt Tadao Ando entworfen hat. So viel exklusive Schönheit hat natürlich ihren Preis: In der Collector’s Edition kostet ‹Genesis› 3300 Franken. Übrigens gibt es auch noch eine auf 100 Exemplare limi-

«Ich finde es toll, dass es immer wie­ der Verlage gibt, die solche Bücher veröffentlichen!»

tierte «Art Edition» – à 8500 Euro. Mir selber reicht die Normalausgabe voll und ganz, denn sie ist einfach prächtig. Die besten Bilder, die im Rahmen des ‹Genesis›Projekts entstanden sind, werden übrigens auch in einer Ausstellung gezeigt. Sie geht um die Welt und macht noch bis 12. Januar 2014 im Musée de l’Elysée in Lausanne Halt – die Reise dorthin kann ich nur empfehlen.

Wenn wir schon bei wunderbaren grossformatigen Büchern sind: Ein solches ist auch ‹The Book of Palms›. Auf über 400 Seiten zeigt es wissenschaftliche Zeichnungen von Palmen. Sie stammen allesamt von Carl Friedrich Phillip von Martius; der deutsche Botaniker unternahm von 1817 bis 1820 im Auftrag des Königs von Bayern eine ausgedehnte Brasilienreise, während der er die tropische Pflanzenwelt erforschte und Hunderte von zumeist farbigen Zeichnungen anfertigte – darunter zum Beispiel Details von Blättern und viele Gesamtansichten von Pflanzen in ihrer Umgebung. Noch heute profitiert die Wissenschaft von der akribischen Arbeit Martius’. Dass diese Zeichnungen jetzt als gestochen scharfe Farblithografien neu publiziert wurden, ist ein Geschenk für alle, die gern in schönen Büchern schmökern und schwelgen. Ich finde es toll und auch erstaunlich, dass es immer wieder Verlage gibt, die solche Bücher veröffentlichen – ‹The Book of Palms› spricht wohl nur ein kleines Segment an. Ich empfehle es aber allen Leserinnen und Lesern, nicht nur jenen, die sich für Botanik interessieren, denn es macht einfach Freude. Das gilt auch für meine nächste Empfehlung: ‹Häuser des Lichts›. Der Fotoband zeigt Interieurs, die der Restaurator, Innenarchitekt und Kunstsammler Axel Ver­ voordt mit seinem Team rund um die Welt


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Ein Reiseführer auch für Daheimgebliebene Marius Leutenegger

Art déco ist eine Kunstrichtung, die bis heute viele Fans hat – diese werden am Bildband «Art déco» von Prestel fraglos ihre Freude haben.

gestaltet hat – und bei denen das Licht eine ganz besondere Rolle spielt. Wichtig sind bei den Arbeiten von Vervoordt, der selber in einem barocken Wasserschloss bei Antwerpen lebt, aber immer auch die Elemente Luft und Wasser. Der Belgier schafft unvergleichliche Atmosphären, und die

«Wie entspannt wäre man erst, wenn man in diesen Räumen leben könnte!»

Der deutsche Botaniker Carl Friedrich Phillip von Martius reiste vor fast 200 Jahren nach Brasilien – und brachte Hunderte von Zeichnungen mit, die der Taschen-Verlag jetzt in «The Book of Palms» zugänglich macht.

Fotos, die diese Atmosphären für das Buch eingefangen haben, sind ebenfalls sehr stark. Mir gefallen vor allem die eher einfachen Räume, die vom Licht auf besondere Weise modelliert werden. Üblicherweise bin ich keine grosse Anhängerin des Minimalistischen, aber Vervoordts Gestaltungen strahlen eine so angenehme Ruhe aus, dass allein schon das Betrachten der Fotos entschleunigt. Wie entspannt wäre man erst, wenn man in diesen Räumen leben könnte!

Und gleich noch ein Buch, bei dem Architektur eine wichtige Rolle spielt: ‹Art déco›. Diese Neuerscheinung sprang mir sofort ins Auge, weil sie auch im Art-déco-Stil gestaltet ist – mit Silberschnitt und in Schriften, die an die 1920er- und 1930er-Jahre gemahnen. Der Kunsthistoriker Norbert Wolf, der bereits schöne Bücher über die Romantik, den Impressionismus und den Expressionismus veröffentlichte, bietet hier einen guten und ziemlich umfassenden Überblick über eine bewegte Epoche. Dabei beschränkt er sich nicht nur auf Kunst oder Architektur, sondern berücksichtigt auch Schmuck, Mode und Möbeldesign aus der Zeit – und beleuchtet sein Thema auch aus politischer und gesellschaftlicher Perspektive. Ich selber mag Art déco sehr; ich bewunderte schon viele schöne Gebäude dieser Stilrichtung in Miami Beach oder New York, wo mit dem Chrysler Building ja auch eine der Ikonen des Art déco steht. Natürlich ist es nicht möglich, eine ganze Kunstrichtung zwischen zwei Buchdeckeln abschliessend zu beschreiben; aber mir gefällt, wie der Autor eine Bewegung in ein Umfeld stellt. Auch dies ist also ein Buch, das mir viel Freude gemacht hat.»

Mirjam Kühnis, 37, leitet die Architektur-, Grafik-, Design- und Kunstbuch-Abteilung im Kramhof Zürich. Neben den klassischen Bildbänden bietet die Abteilung auch viele originelle Neuerscheinungen zu sämtlichen Themen rund um Mode, Inneneinrichtung, Fotografie und Style – und unzählige Bücher, die sich zum Schenken eignen. «Am schönsten finde ich die Atmosphäre in unserer Abteilung, wenn es sich am Abend viele Leute mit unseren Büchern in der Sitzlounge gemütlich machen», sagt Mirjam Kühnis über ihren Arbeitsort. Das Bild zeigt sie neben der kostbaren Collector’s Edition von Sebastião Salgados «Genesis».

Genesis Sebastião Salgado 516 Seiten CHF 75.00 Taschen

The Book of Palms Carl Friedrich Phillip von Martius 442 Seiten CHF 152.00 Taschen

Häuser des Lichts Axel Vervoordt 261 Seiten CHF 99.00 Jacoby & Stuart

Art déco Norbert Wolf 286 Seiten CHF 97.00 Prestel

Ganz selten schaffen es Reiseführer ins Feuilleton der grossen Zeitungen und Magazine. Geglückt ist dieses Kunststück zuletzt dem Buch «My New York City». Der Schweizer Autor Peter Bührer und der verstorbene Pop-Art-Künstler James Rizzi präsentierten in diesem Schwergewicht unter den Ratgebern weit über 1000 Tipps und Adressen für New-York-Reisende – auf 352 Seiten und mit über 450 Illustrationen. Bührer krönte damit seine bisherige Buchkarriere; bis heute hat der frühere GuideMichelin-Sterne-Koch über 30 Titel veröffentlicht. Nun liegt das neueste Werk von ihm vor: «Zürich – Welcome home». Hochmodern macht den Lifestyle-Reiseführer zum einen die Form: Er ist ein Eintrittsticket in die multimediale Welt, denn das Buch enthält zum Beispiel 80 QR-Codes, die zu aktuellen Veranstaltungskalendern, Fahrplänen und Hintergrundinformationen führen. Zum anderen wartet Bührer mit unendlich vielen trendigen Insiderinformationen zu Essen und Trinken, Shopping oder Unterhaltung in der Zwinglistadt auf. Auch Zürcherinnen und Zürcher, die ihre Stadt gut zu kennen glauben, stossen in diesem riesigen Fundus unweigerlich auf überraschende Tipps und Informationen, vor allem auch in den ausführlichen Beschreibungen jedes Stadtkreises. Welches ist die beste Tramlinie? Wo bekommt man das feinste Glacé? Wie viele Kinos gibt es eigentlich? Die Antworten fallen so knapp und sachlich aus, wie es sich fürs GoogleZeitalter gehört – und sind auch denkbar leicht zu finden. Für Einheimische lohnt sich die Anschaffung des Buchs aber auch aus einem anderen Grund: «Zürich – Welcome Home» offeriert Gutscheine im Wert von über 500 Franken – alle nach dem System «Eins bezahlen und jemanden dazu einladen». Das Buch bringt zum Beispiel die Begleitperson gratis ins Kunsthaus oder ans FCZSpiel und halbiert die Kosten bei Mobility oder MacDonald’s. Auch diesmal hat Peter Bührer besonders viel Wert auf die Illustration seines Reise-

führers gelegt: Die Bilder, vorwiegend Collagen und kunstvolle Bearbeitungen von Fotos, stammen von der Bündner Künstlerin Marion Duschletta, die schon seit bald 20 Jahre in Zürich lebt und im Niederdorf die Galerie «Mauerblümchen» samt Boutique führt. Wer «Mauerblümchen» kennt, weiss: Marion Duschletta mag es so bunt, wie es James Rizzi mochte, und darum ist «Zürich – Welcome home» ein ähnlich spektakuläres Feuerwerk an Farbe und Details wie «My New York City».

Zürich – Welcome home Peter Bührer und Marion Duschletta (Illustrationen) 352 Seiten CHF 34.90 Orell Füssli


| Buchtipps 44 AARAU –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Meissner Thalia Bahnhofstrasse 41, 5001 Aarau Mo – Fr: 9.00 – 18.30 Uhr | Do: 9.00 – 20.00 Uhr Sa: 9.00 – 17.00 Uhr Wirz Thalia Hintere Vorstadt 18, 5001 Aarau Mo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 17.00 Uhr

BADEN –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Thalia Langhaus beim Bahnhof, 5401 Baden Mo – Fr: 9.00 – 19.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

BASEL ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Orell Füssli Bahnhof SBB Passerelle, Güterstrasse 115, 4053 Basel Mo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 21.00 Uhr So: 9.00 – 20.00 Uhr Thalia Freie Strasse 32, 4001 Basel Mo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr

BERN ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Orell Füssli Einkaufszentrum Westside Gilberte–De–Courgenay–Platz 4, 3027 Bern Mo – Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Fr: 9.00 – 22.00 Uhr Sa: 8.00 – 17.00 Uhr Stauffacher Neuengasse 25 – 37, 3001 Bern Mo – Mi + Fr: 9.00 – 19.00 Uhr Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

Thalia Spitalgasse Spitalgasse 47/51, 3001 Bern Mo – Mi: 9:00 – 19.00 Uhr | Do: 9:00 – 21:00 Uhr Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 8:00 – 17:00 Uhr Thalia Bahnhof SBB Bahnhofplatz 10, 3001 Bern Mo – Sa: 7.00 – 22.00 Uhr | So: 9.00 – 22.00 Uhr BRIG –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

ZAP Furkastrasse 3, 3900 Brig Mo – Fr: 9.00 – 18.30 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr ZAP Bürostore Englischgrussstrasse 6, 3900 Brig Mo – Fr: 8.30 – 12.00 und 13.30 – 17.00 Uhr

BRUGG –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Thalia Neumarktplatz 12, 5200 Brugg Mo – Do: 9.00 – 18.30 Uhr | Fr: 9.00 – 20.00 Uhr Sa: 8.00 – 17.00 Uhr

C HUR –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Thalia Einkaufscenter City West Raschärenstrasse 35, 7000 Chur Mo – Do: 9.00 – 19.00 Uhr | Fr: 9.00 – 20.00 Uhr So: 8.00 – 18.00 Uhr

EMMENBRÜCKE –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

WINTERTHUR ––––––––––––––––––Books ––––––––Nr. ––––4/2013 ––––––––––––

FRAUENFELD –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Orell Füssli Einkaufszentrum Rosenberg Schaffhauserstrasse 152, 8400 Winterthur Mo – Fr: 8.30 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 18.00 Uhr

Thalia Emmen Center Stauffacherstrasse 1, 6020 Emmenbrücke Mo, Di + Do: 9.00 – 18.30 Uhr Mi + Fr: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 16.00 Uhr Orell Füssli Einkaufszentrum Passage Bahnhofstrasse 70 / 72, 8500 Frauenfeld Mo – Do: 8.00 – 19.00 Uhr | Fr: 8.00 – 20.00 Uhr Sa: 08.00 – 17.00 Uhr

–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Thalia Bahnhof / Gare, 1700 Fribourg Mo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa + So: 9.00 – 21.00 Uhr

FRIBOURG

–––––––––––––––––––––––––––––––––––– Thalia Vordergasse 77, 8200 Schaffhausen Mo – Mi + Fr: 8.30 – 18.30 Uhr Do: 8.30 – 20.00 Uhr | Sa: 8.00 – 17.00 Uhr

SCHAFFHAUSEN

––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Thalia Shoppyland Industriestrasse 10, 3322 Schönbühl Mo – Do: 9.00 – 20.00 Uhr | Fr: 9.00 – 21.30 Uhr Sa: 8.00 – 17.00 Uhr

SCHÖNBÜHL

SIERRE –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

ZAP Place de la Gare 2, 3960 Sierre Mo – Fr: 9:00 – 12:00 und 13:30 – 18:30 Uhr Sa: 9:00 – 17:00 Uhr

–––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Thalia Shoppi & Tivoli 8957 Spreitenbach Mo – Sa: 9.00 – 20.00 Uhr

SPREITENBACH

ST. GALLEN ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Orell Füssli Bahnhof Poststrasse 28, 9000 St. Gallen Mo – Fr: 8.00 – 21.00 Uhr Sa + So: 9.00 – 20.00 Uhr

Rösslitor Bücher Multergasse 1 – 3, 9001 St. Gallen Mo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr Thalia Shopping Arena Zürcher Strasse 464, 9015 St. Gallen Mo, Di, Mi + Fr: 9.00 – 19.00 Uhr, Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr ST. MARGRETHEN –––––––––––––––––––––––––––––––––––

Thalia Einkaufszentrum Rheinpark 9430 St. Margrethen Mo – Do: 9.00 – 19.00 Uhr | Fr: 9.00 – 21.00 Uhr Sa: 8.00 – 17.00 Uhr

THUN –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Thalia Bälliz 60, 3600 Thun Mo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

Mein Buch | 45

Orell Füssli Marktgasse Marktgasse 3, 8400 Winterthur Mo – Mi + Fr: 09.00 – 18.30 Uhr Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr

Vogel Thalia Marktgasse 41, 8400 Winterthur Mo – Mi + Fr: 9.00 – 18.30 Uhr Do: 9.00 – 21.00 Uhr | Sa: 9.00 – 17.00 Uhr VISP ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

ZAP Bahnhofstrasse 21, 3930 Visp Mo – Fr: 9:00 – 12:00 und 13:30 – 18:30 Uhr Sa: 9:00 – 17:00 Uhr

St. Moritz Interiors

Fabio Petroni, Anna Maria Botticelli

Orchideen

Paolo D’Agostini

LiederbuchKassette

St. Moritz ist bekannt für seine atemberaubende Bergkulisse, seine Luxushotels und die exklusive Gesellschaft, die hier jeden Winter zusammenkommt. Viele der illustren Gäste haben sich im Engadin fest niedergelassen und pflegen hier einen internationalen Lebensstil. Ihre Chalets sind geprägt von einem guten Gespür für Architektur, Einrichtung, Strukturen und Materialien, von Ausblicken in die Landschaft und vom besonderen Licht in den Schweizer Bergen. Das Buch stellt neben den Wohnumfeldern auch die Bewohner der Region vor. So unterschiedlich diese Menschen und deren Lebensläufe auch sind: Ihre Einrichtung folgt nicht nur ihrem persönlichen Geschmack, sondern spiegelt immer auch die lokale Architektur, das Handwerk und eine raue Landschaft wider.

«Alles im Leben muss einen Zweck erfüllen, ausser die Orchideenzucht», sagte Nero Wolfe, der launige Detektiv aus den Romanen des Schriftstellers Rex Stout. Die bezaubernde und sinnliche Pflanze mit über 25‘000 unterschiedlichen Arten diente namhaften Designern wie Cartier oder Vivienne Westwood als Inspirationsquelle. In diesem Buch präsentiert der Meisterfotograf Fabio Petroni die Orchideenvielfalt in Gross- und Detailaufnahmen.

Liebesfilme, Komödien, Action und Science-Fiction – dieser Band ist eine Zeitreise durch die Filmgeschichte, vom Stummfilm bis zu den heutigen Blockbuster. Die bedeutendsten Filme und die berühmtesten Filmstars werden porträtiert, Filmplakate und Szenenfotos machen das Buch zu einem Must für jeden Cineasten. Mit einem Vorwort des italienischen Regisseurs Franco Zeffirelli, von dem unter anderem «Jesus von Nazareth», «Hamlet», «Jane Eyre» und «Tee mit Mussolini» stammen.

Eine Liederbuch-Sammlung für die ganze Familie! Die drei zauberhaft illustrierten Liederbücher enthalten die schönsten Wiegen-, Kinder- und Weihnachtslieder, die beiliegenden Instrumental-CDs laden zum Mitsingen ein: Insgesamt sind 42 Wiegenlieder, 80 Kinderlieder und rund 80 Weihnachtslieder in Text, Noten und Harmonien versammelt – von «Der Mond ist aufgegangen» über «Bruder Jakob» bis zu «Kommet, ihr Hirten». Anspruchsvolle Bilder machen die Box zum perfekten Geschenk für alle, die gern mit Kindern oder der ganzen Familie singen. Alle Lieder sind so konzipiert, dass sie für kindliche Stimmlagen zu meistern sind und auch eine Instrumentalbegleitung ermöglichen.

256 Seiten

208 Seiten

712 Seiten

380 Seiten

CHF 59.00

CHF 59.00

CHF 73.00

CHF 103.00

Knesebeck

White Star

White Star

Reclam

ISBN 978-3-86873-566-6

ISBN 978-88-6312-168-1

ISBN 978-88-6312-181-0

ISBN 978-3-15-030046-6

ZERMATT ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

Christine Marie Halter-Oppelt

ZÜRICH ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

ZAP Hofmattstrasse 3, 3920 Zermatt Mo – Sa: 9:00 – 12:00 Uhr und 14:00 – 18:30 Uhr Während der Saisonzeit: Mo – Fr: 9:00 – 12:30 Uhr und 14:00 – 19:00 Uhr So: 16:00 – 19:00 Uhr

Orell Füssli Kramhof Füsslistrasse 4, 8001 Zürich Mo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr

Orell Füssli Am Bellevue Theaterstrasse 8, 8001 Zürich Mo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr Orell Füssli The Bookshop Bahnhofstrasse 70, 8001 Zürich Mo – Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr Orell Füssli Flughafen Airport Center, 8060 Zürich–Flughafen Mo – So: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa – So: 8.00 – 21.00 Uhr Orell Füssli Zürich Hauptbahnhof Shopville, Halle Landesmuseum, 8001 Zürich Mo – Fr: 7.00 – 21.00 Uhr | Sa: 8.00 – 21.00 Uhr So: 9.00 – 20.00 Uhr Orell Füssli Bahnhof Stadelhofen Stadelhoferstrasse 8, 8001 Zürich Mo – Fr: 8.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 19.00 Uhr So: 10.00 – 18.00 Uhr Orell Füssli Im Franz Carl Weber Bahnhofstrasse 62, 8001 Zürich Mo – Mi: 9.00 – 18.30 Uhr Do + Fr: 9.00 – 20.00 Uhr | Sa: 9.00 – 18.00 Uhr

www.books.ch www.buch.ch www.thalia.ch www.stauffacher.ch www.zap.ch

Legendäre Kinofilme

Ein Buch für Orchideenzüchter und -liebhaber, aber auch für Freunde anspruchsvoller Fotografie.


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Kinderwelt | 47

Books Nr. 4/2013

Zehn Gruselmonster Carey F. Armstrong-Ellis 32 Seiten CHF 19.90 Annette Betz

(Illustration: Carey F. Armstrong-Ellis, © Annette Betz Verlag)

(Illustration: Fréderic Bertrand, © Loewe Verlag)

Scary Harry

Links: Da waren’s nur noch vier: In «Zehn Gruselmonster» kommt ein Gruselklassiker nach dem anderen abhanden.

Wohlige Gänsehaut So, wie viele Erwachsene Thriller mögen, schätzen auch viele Kinder gruselige Geschichten. Unsere Fachfrau für Kinderbücher präsentiert darum einige unheimliche Neuerscheinungen. Marius Leutenegger

«Der anhaltende Erfolg der Märchen, bei denen es manchmal ganz schön unheimlich zu- und hergeht, zeigt: Kinder lieben Geschichten, bei denen sie sich auch ein wenig fürchten können. Vielleicht gibt es ihnen ein besonderes Gefühl von Geborgenheit, wenn sie einen Schauer erleben, sich aber im eigenen Bett ganz sicher fühlen können. Alles Schreckliche ist dann draussen, daheim hat man es hingegen schön. Natürlich können Bücher auch schlimme Ängste auslösen, aber darum geht es bei der heutigen Auswahl nicht – sondern um die wohlige Gänsehaut, wie sie zum Beispiel auch Halloween hervorrufen kann. Einen sehr guten Einstieg in die Gruselwelt ermöglicht das Buch ‹Zehn Gruselmons­ ter›. Hier vereinen sich alle berühmten Horrorfiguren liebevoll gezeichnet: Vampir, Zombie, Werwolf, Hexe, Troll und so weiter. Im Stil eines klassischen Abzählreims fällt ein Monster nach dem anderen weg, bis nur noch eines übrig bleibt. Den

Monstern kommt immer eine ihrer Eigenheiten in die Quere: Das Gespenst wird weggeweht, weil es so fein ist, dem Zombie fällt ein Fuss ab, die Mumie bleibt mit ihren Binden an einem Nagel hängen, die Hexe verhext sich selber und so weiter. Die Illustrationen der amerikanischen Künstlerin Carey F. Armstrong-Ellis stecken voller witziger Details – überhaupt ist das Buch sehr lustig, und weil die Monster alle so verletzlich sind, machen sie auch keine Angst. Ich würde ‹Zehn Gruselmonster› Kindern um sechs Jahre erzählen. Etwas ältere Leserinnen und Leser haben sicher grossen Spass an der Neuerscheinung ‹Scary Harry› der bislang noch weitgehend unbekannten Autorin Sonja Kaiblinger. Hauptfigur der Geschichte ist der 11-jährige Otto. Er wohnt in einem alten Haus bei seiner Tante. Im Haus leben auch drei Hausgeister, die allerdings nur von Otto gesehen werden können. Und da gibt es auch noch Ottos Haustier, die sprechende Fledermaus Vincent, und Ottos

beste Freundin Emily. Eines Nachts beobachtet Otto, wie der 94-jährige Nachbar auf seinem Radieschenbeet umfällt und leblos liegenbleibt. Über dem alten Mann schwebt eine goldene Kugel. Ein paar Minuten später kommt ein dreirädriger Kleintransporter angefahren; ihm entsteigt eine vermummte Gestalt, welche die goldene Kugel in ein Gurkenglas steckt und zu 100 ähnlichen Gläsern auf seinem Transporter stellt. Otto erfährt schon bald, dass es sich bei der vermummten Gestalt um Scary Harry handelt – und bei den goldenen Kugeln um die Seelen von Verstorbenen. Scary Harry ist also eine Art Sensemann, der Seelen einsammelt. Er steht in seinem 520. Dienstjahr und findet seinen Job so hart wie schlecht bezahlt. Otto kann Scary Harry schon bald gut gebrauchen, weil die Geister plötzlich aus dem Haus der Tante verschwunden sind und er sie wiederhaben möchte. Gemeinsam mit Emily und Vincent machen sich Otto und Scary Harry auf Geistersuche ... Dieses Buch ist einfach unglaublich witzig, spannend und

Oben: Mit diesem Transporter sammelt Scary Harry die Seelen Verstorbener – Angst macht das alles aber nicht.

Sonja Kaiblinger 256 Seiten CHF 19.90 Loewe

Die Puppenkönigin Holly Black 252 Seiten CHF 24.90 cbj

Das NagurskiExperiment 01. In der Gruft der Mönche Thilo 188 Seiten CHF 19.90 cbj

originell – so etwas habe ich noch nie gelesen. Scary Harry könnte eine echte Kultfigur werden, und er hat auch bereits seine eigene Facebook-Präsenz. Ich freue mich jedenfalls auf die nächsten Folgen dieser neuen Serie. Richtig unheimlich ist ‹Scary Harry› nicht – das kann man vom nächsten Buch allerdings nicht behaupten: ‹Die Puppenköni­ gin› verfolgt einen unter Umständen nächtelang. Die in einem Band abgeschlossene Geschichte stammt von Holly Black, die bereits mit der ‹Spiderwicks›-Serie grossen Erfolg hatte. Die Mädchen Poppy und Alice sowie der Junge Zach sind seit frühester Zeit miteinander befreundet und spielen mit Puppen eine nie endende Abenteuergeschichte. Die Königin in dieser Geschichte wird von einer uralten und sehr unheimlichen Puppe dargestellt. Eines Tages behauptet Poppy, ihr erscheine der Geist dieser Puppenkönigin; die Füllung der Puppe bestehe aus der Asche eines vor langer Zeit ermordeten Mädchens, und der Geist werde erst Ruhe geben, wenn die Puppe im Grab des Mädchens liege. Die drei machen sich bei Nacht und Nebel auf den Weg, das Grab zu finden – geführt vom Geist. Das Ganze ist wirklich sehr unheimlich; für mich ist ‹Die Puppenkönigin› ein richtiges Mit-der-Taschenlampe-unterder-Bettdecke-Buch, man kann mit Lesen nicht mehr aufhören. Ich würde den Roman allen Buben und Mädchen ab zwölf Jahren empfehlen.

Für die gleiche Gruppe eignet sich auch ‹Das Nagurski-Experiment› von Thilo, der bis jetzt vor allem Erstlese- und Kindersachbücher verfasste. Sein neuer Kinderroman handelt von einem Ferienlager in einem mehr als gruseligen Hotel, das entfernt an ‹Bates Motel› aus Hitchcocks ‹Psycho› erinnert. Hauptfigur Adam hat Freundschaft mit Viktor geschlossen. Die beiden Buben finden in einem Sekretär eine alte Karte des Hotels, auf der in Geheimschrift etwas über einen Eingang in ein Gewölbe und ein Experiment steht. Natürlich versuchen sie dieser Sache nachzugehen und den erwähnten Eingang zu finden. Ihnen schliesst sich ein sehr eigenartiger, bleicher und barfüssiger kleiner Bub und das mutige Mädchen Kitty an. Die Gruppe entdeckt eine alte Gästeliste, auf der bei fünf Namen kein Abreisedatum vermerkt ist – und das Gepäck dieser Leute ist noch immer da. Was ist mit ihnen geschehen? Welches Geheimnis umweht das Hotel, das auf einer Mönchsgruft errichtet wurde? Die ganze Geschichte ist schon schön unheimlich. Den Schluss fand ich zwar nicht so befriedigend, aber vielleicht löst sich die Sache ja im bereits angekündigten zweiten Teil gut auf. ‹Das NagurskiExperiment› werde ich allen Leserinnen und Lesern der ‹Drei Fragezeichen› empfehlen.»

Nicole Stäuble, 41, ist Buchhändlerin bei Orell Füssli in Frauenfeld; sie hat einen dreijährigen Sohn. «Ich machte bereits meine Lehre zur Buchhändlerin bei Orell Füssli», erzählt sie. Schon in der Lehre seien Kinder- und Jugendbücher für sie das Grösste gewesen, denn «dieser Bereich ist so vielseitig – und fast so etwas wie eine Buchhandlung in der Buchhandlung!» Ausserdem könne man die Kundinnen und Kunden, die Kinderbücher suchten, richtig beraten: «Die meisten Leute sind dankbar für Empfehlungen, weil sie sich mit den Neuerscheinungen nicht so gut auskennen.»


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VERANSTALTUNGEN | 49

Books Nr. 4/2013

Das Literatur-Kreuzworträtsel

Veranstaltungen

Unter den richtigen Lösungen verlosen wir Gutscheinkarten von Orell Füssli: 1. Preis: CHF 200.–, 2. Preis: CHF 100.–, 3. Preis: CHF 50.–, 4. bis 10. Preis: je CHF 20.–.

November 18. Stauffacher Bern

27. Orell Füssli Marktgasse, Winterthur

19 h

«Freier Kopf – offenes Herz»

20 h

9. Kaufleuten, Pelikanplatz, Zürich

20 h

Buchvernissage mit Hanspeter Ruch

27. ZAP Brig

19.30 h

«Anmutig älter werden» Lesung mit Ruth Maria Kubitschek

27. Stauffacher Bern

20 h

«Slow Train to Switzerland» L-Reihe: Lesung mit Hans Magnus Enzensberger

Reading with Diccon Bewes

«Eine Art zu leben»

27. Orell Füssli am Bellevue, Zürich

20.30 h

19. Stauffacher Bern

Buchpräsentation mit Pascal Voggenhuber

19. Meissner Aarau

Dezember

Buchvernissage

18-20 h

Signierstunde mit Ted Scapa

19.30 h

«Mein Aarau»

20. Thalia Thun

Veranstaltet mit der Filiale Kramhof

«Kinder in der Geistigen Welt»

Lesung mit Peter Bieri

2.

Der Künstler signiert seine neuen Cartoonbände und den Scapa-Kalender 2014

Thalia Basel

20 h

20 h

Januar

Buchperlen für Sie

23. Kramhof Zürich

Buchtipps von Regula Tanner

20 h

«Bergwasser»

23. Orell Füssli Frauenfeld

10.30 h

23. Orell Füssli Rosenberg, Winterthur

13-16 h

Sabina Altermatt stellt ihren neuen Krimi vor

Märlischtund

25. Orell Füssli Frauenfeld

10.30 h

Märlischtund

Globi kommt zu Besuch

25. Kaufleuten, Pelikanplatz, Zürich

Februar

20 h

«Slow Train to Switzerland»

3. Kellerbühne St. Gallen

20 h

Reading with Diccon Bewes

4. Stauffacher Bern

15 h

Kinderkiste

4. Stauffacher Bern

L-Reihe: «Ein gutes Herz» Lesung mit Leon de Winter, veranstaltet mit der Filiale Kramhof

25. Thalia Basel

«Gefangen im Netz – Jugendliche im Sog moderner Medien»

✁ Lösungswort: Vorname / Name Adresse Bis zum 1. Februar 2014 in einer Filiale von Orell Füssli, Thalia, Stauffacher, ZAP oder bei Rösslitor Bücher abgeben – oder per E-Mail senden an: books@books.ch. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt.

20 h

Renanto Poespodihardjo, Spezialist für pathologisches Glücksspiel, im Gespräch mit einem ehemals spielsüchtigen Jugendlichen

© Yvonne Böhler

Geschichten für Kinder von 3 bis 6 Jahren, erzählt von Liliana Trautmann; anschliessend Basteln 20.30 h

Bern ist überall

«Fred und Franz»

Taufe des neuen Hörbuchs «Ir Chuchi» mit Performance

Lesung von Arno Camenisch mit musikalischer Begleitung von Christian Brantschen, veranstaltet von der Kellerbühne in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Rösslitor

7. Stauffacher Bern

10 h

Children's Hour

22. Orell Füssli Frauenfeld

Kids between 3 and 6 years discover the world of children’s books

8.

The Bookshop Zürich

10.30 h

Märlischtund

15 h

Book Signing with Diccon Bewes

26. Wirz Thalia Aarau

20 h

«eisfischen»

Buchvernissage mit Autor Markus Kirchhofer

PLZ / Ort E-Mail

Mehr Veranstaltungen und Informationen finden Sie auf www.books.ch und www.thalia.ch


50 | Kolumne

«Was haben Sie in den letzten fünf Jahren gemacht?» «Ich habe vier Bücher sowie etliche Kurzgeschichten, Kolumnen und Beiträge für Magazine geschrieben, habe mich mit Journalisten unterhalten und an Podiumsdiskussionen teilgenommen, ich bin für Lesungen durch den gesamten deutschen Sprachraum gereist ...» «Ja, ja. Das kann ich Ihrem Curriculum entnehmen. Aber was haben Sie gearbeitet?» Allein schon das Ausmalen von Situationen wie dieser motiviert mich ungemein, mich morgens an den Tisch zu setzen, das Laptop zu starten und zu tun, was ich glaube am besten zu können: zu schreiben. Weg von schmallippigen Personalchefinnen und anstrengenden Erklärungsversuchen, rein in eine selbst erschaffene Welt. Schon als Kind war ich von dem Universum fasziniert, das mich zwischen zwei Buchdeckeln erwartete, ein Universum, in dem alle Regeln ausgehebelt wurden. Hexen flogen wirklich auf Besen, und ein Mädchen mit roten Zöpfen stemmte Pferde, Bienen konnten reden, und im indischen Dschungel zog ein Wolfsrudel einen kleinen Jungen auf. Doch das alles stand in keinem Vergleich zu meiner Begeisterung, als ich herausfand, dass ich solche Welten eigenhändig zum Leben erwecken konnte. Mit nichts anderem als ein paar Stiften und einem Blatt Papier. Als ich sechs war, schenkte ich meinen Eltern ein selbst geschriebenes und illustriertes Büchlein, eine Ansammlung loser Blätter voller Gekritzel und Wörtern in krakeliger Schrift vielmehr, die ich ungeschickt mit rotem Faden zusammengenäht hatte. Aber ich war sehr stolz darauf, denn ich hatte alles selbst erschaffen. Was ich damals nicht ahnte, war, wie lang und steil der Weg bis zu meinem ersten

richtigen Buch werden würde. Es gibt gute Gründe dafür, weshalb manche meiner frühen Kurzgeschichten- und Romanversuche nie publiziert wurden. Doch ich liess mich nicht entmutigen, jeder Rückschlag spornte mich an, bei jedem neuen Anlauf lernte ich dazu, und irgendwann erbarmte sich meiner endlich ein Verleger. Es braucht eine gewisse Besessenheit, um Autor zu sein, Ehrgeiz natürlich auch und dieses Quäntchen Verrücktheit, wirtschaftlich lohnendere Beschäftigungen auszuschlagen und stattdessen Hunderte von Stunden mit dem Erschaffen einer eigenen Welt zu verbringen. Dafür erlebe ich immer wieder Magie: Zu Beginn sind es nur Fragmente. Gedankensplitter, Zeitungsberichte, hastig hingekritzelte Notizen. Ein unübersichtliches Chaos, doch im Verlauf mehrerer Monate nähern sich manche dieser Bruchstücke an, einige entfernen sich wieder, andere entstehen neu. Wie im Actionfilm «Terminator 2», wo nach einer Explosion glucksende Flüssigmetallpfützen im Trümmerfeld Ihresgleichen suchen, findet sich Schritt für Schritt, was zusammengehört. Die Einzelteilchen verschmelzen, und es entsteht etwas Ganzes. Noch ist der Prozess nicht beendet, die Idee muss reifen und ist dabei stetig Änderungen ausgesetzt. Irgendwann aber meldet sich dieses Gefühl, ein Drang vielmehr, dass die Geschichte bereit ist und niedergeschrieben werden will. Aber ein bisschen plötzlich, bitte schön. Dieser Augenblick ist für mich pures Endorphin. Zu wissen, dass ich einen stimmigen Plot in der Hand habe und eine Thematik, die spannend und vielschichtig genug ist, um mich über ein Jahr lang zu fesseln. Natürlich gibt es auch jene anderen Momente, in denen ich auf der Suche nach der punktgenau treffenden Formulierung beinahe wahnsinnig werde – oder in denen ich mich mit dem Verlauf der Geschichte derart in eine Sackgasse hineinmanövriert habe, dass ich erst wieder ansprechbar bin, wenn ich eine Lösung für das Problem gefunden habe. Wenn mich Zweifel packen

GESCHICHTEN SPINNEN

und ich am liebsten alles hinschmeissen würde. Doch die unbändige Freude, wenn ich eine knifflige Situation so hinkriege, wie ich sie mir im Vorfeld ausgedacht habe, oder wenn Wendungen funktionieren wie gut geölte Scharniere, entschädigt für die vorangegangene Mühsal. Wenn mir am Ende der Text rund vorkommt und dieses verheissungsvolle Leuchten von ihm ausgeht, das vielleicht nur ich bemerke, dann ist das pures Glück. Und dieses bisschen Glück ist der Grund, weshalb ich schreibe.

© Eke Miedaner

Schweizer Autorinnen und Autoren erzählen in «Books», warum sie schreiben. Heute: Sunil Mann

Books Nr. 4/2013

Sunil Mann Sunil Mann, 41, kam im Berner Oberland als Sohn indischer Einwanderer zur Welt. Heute lebt er in Zürich. Er hat Psychologie und Germanistik studiert und arbeitet Teilzeit als Flugbegleiter bei der Swiss. Sein Krimidebüt «Fangschuss» um den indischstämmigen Privatdetektiv V. J. Kumar wurde 2011 mit dem Zürcher Krimipreis ausgezeichnet. Kumar muss auch im neusten Krimi von Sunil Mann einen mysteriösen Fall lösen:

Familienpoker 314 Seiten CHF 17.90 Grafit

Hauptpreis: 2 Übernachtungen für 2 Personen in der Literaturküche in Bad Zurzach voralpen-express.ch

n e t h c i h c s e g Der Kurz ! 13 0 2 b r e w e b t t e w



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