Bächli Inspiration 2016/03

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WEGWEISER PIZ PALÜ – ABENTEUER AM OSTPFEILER S. 6 HOCHGENUSS BERGSCHNÄPSE – CHRÜTER, ENZIAN & CO. S. 24 EXPERT LAMINATE – WIE HIGHTECH TROCKEN HÄLT S. 30


LEIDENSCHAFT VERBINDET Klassiker altern nicht, sie sind unsterblich. Mammut ehrt Meilensteine des Klettersports mit berühmten Mehrseillängen-Routen. Klassiker, die Kletterer seit Generationen herausfordern und nichts von ihrer Faszination verloren haben. Verfolgt die Begehungen hautnah mit Mammut Pro Team Athleten wie ANNA STÖHR und MIRKO CABALLERO unter www.mammut.swiss ⁄ rockclimbing


EINMAL GEHT NOCH Die Route erforderte unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Es war das erste Mal, dass meine Frau Susanna und ich im Sanetsch kletterten. Von Routine keine Spur. Konzentriert suchten die Augen die besten Griffe und Tritte in der Route «Euphrat». Dass von Westen her eine gewaltige Gewitterfront heranrollte, hatten wir überhaupt nicht bemerkt. Auch weil die Sicht durch den einen Gipfel verdeckt wurde. Der Himmel verdunkelte sich plötzlich dramatisch und die Luft knisterte energiegeladen. Wir brauchten nicht mehr zu beratschlagen, denn es war uns beiden sofort klar: Raus aus dieser steilen Wand! Sofort abseilen! Vier Seillängen waren es. Die Stände zu suchen, das Seil abzuziehen, ohne dass es verklemmt – das alles war kaum erträglich. Auch wenn wir uns beeilten – alles schien viel zu lange zu dauern. Wir fühlten uns der Wand und dem Wetter ausgeliefert. Uns wurde wieder einmal eindrücklich vor Augen geführt, welche Gewalt und Energie ein Sommergewitter entwickeln kann. Nicht nur deshalb geniesse ich es besonders, wenn im Spätsommer und Herbst die Wetterlagen oft stabiler sind. Die Klettersaison ist auch in den alpinen Regionen noch nicht vorbei, trotzdem trifft man in den Routen immer weniger Kletterer. Gerade bei alpinen Klettereien geniesse ich jeweils die angenehmen Temperaturen und das Sonnenlicht, das immer flacher einfällt. Wie viele Klettertage das Wetter wohl noch zulässt? Im Wissen, dass in absehbarer Zeit der erste Schnee fällt, geniesst man die Tage am Fels gleich doppelt. Und Sie? Welche Pläne möchten Sie noch umsetzen vor dem Wintereinbruch? Vielleicht lassen Sie sich ja auch inspirieren durch eine der zwei Reportagen in der vorliegenden Ausgabe: über den beeindruckenden Ostpfeiler auf den Piz Palü zu klettern oder auf den nicht weniger spektakulären Vorder Glärnisch zu wandern – es sind dies nur zwei von unzähligen Möglichkeiten, die uns der Herbst bereithält.

Herzlichst,

Felix Bächli

INHALTSVERZEICHNIS AUSGABE 3/2016 6–W EGWEISER Am Ostpfeiler des Piz Palü 12 – WEGWEISER Wandern am Vorder Glärnisch 18 – G IPFELTREFFEN Stefan Glowacz – Rock Masterund Altmeister 24 – H OCHGENUSS Schnäpse aus den Alpen

FOTO TITELSEITE Ein Alpinklassiker – der markante Ostpfeiler des Piz Palü.

30 – EXPERT Hintergrundwissen Laminate 36 – EXPERT Der Bächli Bücherservice 38 – 3 x 3 Produktneuheiten & Bergsport-News 42 – PARTNERCHECK Norrøna 48 – B ERGKAMERAD Stefan Wullschleger

Florentin Vesenbeckh

Zustieg

Geschäftsführer Bächli Bergsport AG

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TANZ IN DEN ABEND

Zwölf Stunden Tanz auf dem Grat der Meije. Die Müdigkeit nimmt zu, die Konzentration muss hoch bleiben. Kurz vor dem Biwak belohnt das abendliche Spiel der Wolken mit den Felszacken für die Mühen, welche die Überschreitung der Königin der wilden Dauphiné-Alpen abverlangt. TOUR: Überschreitung der Meije (3983 m)

Aussicht

Ralf Gantzhorn

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Aussicht


Aussicht

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NACHTWACHE

Eine Nacht hoch oben am Berg zu verbringen, gehört zu den schönsten Erfahrungen, die es im Alpinismus gibt. Vorausgesetzt, man tut es freiwillig und gut vorbereitet – sonst dehnt sich das Warten auf die ersten Sonnenstrahlen leicht ins Unendliche. TOUR: Midi-Plan-Grat, Mont-Blanc-Massiv Ralf Gantzhorn


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Aussicht


Wegweiser

Genusskletterei vor den fotogenen ­Spalten des Persgletschers. Im Hintergrund verspeisen die Wolken gerade das Berghaus Diavolezza.

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HIMMELSLEITER AUFS SILBERSCHLOSS Genusskletterei in festem Granit, ein schmaler Firngrat, der steil auf den Gipfel führt, und die magische Spaltenwelt e ­ ines zerklüfteten Gletschers: Der Nordpfeiler am Ostgipfel des Piz Palü begeistert mit allen Reizen, die eine Hochtour bieten kann. Vorausgesetzt, die ­Bedingungen passen. in den Kofferraum gepackt. Jetzt trennen sie 180 Höhenmeter vom Ausstieg, fünf Eisschrauben sind immerhin im Gepäck. Das Bernina-Gebiet wird zu Recht als «Festsaal der Alpen» tituliert. Der 3901 Meter hohe Piz Palü, das «Silberschloss», ist neben dem Piz Bernina der Vorzeigegipfel der Region und für viele Bergsteiger ein Traum. Vom Berghaus Diavolezza glänzt der Riese besonders formschön: Fast vollständig liegt eine Schnee- und Eiskruste auf dem ­«Dreineuner», in der Nordwand ragen drei Felspfeiler aus dem ewigen Weiss.

Vollkommenheit mit Zuckerguss Wie die Zacken eines Dinosaurierrückens führen die Pfeiler zum Gipfel. Ganz links der östliche Nordwandpfeiler, oft schlicht «Ostpfeiler» genannt. Er ist der leichteste der drei kombinierten Anstiege und bietet engagierten Hochtourengehern eine vollkommene Tour mit Kletterei bis in den oberen vierten Schwierigkeitsgrad. Als «Dessert» endet der Pfeiler auf den letzten Höhenmetern als schmaler, makelloser Firngrat. Eine echte Himmelsleiter, an der man sich schwer sattsehen kann – denn der Palü ist allgegenwärtig. Ob beim Blick aus dem Zimmerfenster, beim Abendessen hinter der

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Eigentlich war das Thema schon abgehakt. Der Ausstieg aus dem endlosen Blockgrat des Nordpfeilers zum Ostgipfel des Piz Palü sollte das Zeichen zum Durchatmen sein. Geschafft. Aber gerade als Hannes seinen Rucksack von der rechten Schulter flutschen lässt, bleibt sein Blick an der vorausgehenden Seilschaft hängen. Die Seilzweite kniet am Einstieg in die Firnschneide, nach vorne gebeugt, die Frontalzacken der Steigeisen in den Untergrund gerammt. Entspannt sieht das nicht aus. Caro, Hannes und Ingo tauschen verdutzte Blicke. «Was macht die da?», fragt Caro. Im gleichen Moment wird es ihr klar: Die Dame sichert. Mit stoischem Blick scheint sie die Eisschraube vor ihren Knien hypnotisieren zu wollen: «Du bleibst stecken – egal, was passiert.» Der Mann am anderen Ende des Seils setzt behutsam die Steigeisen auf und tastet sich über den Grat. Auch das sieht nicht entspannt aus. Die Hoffnung auf angenehmen Trittfirn ist dahin – dafür klingen die Worte von Bergführer Markus Wey wieder im Ohr: «Bei Blankeis kann der Ausstieg schnell zur Schlüsselstelle werden», hatte der technische Leiter der Mammut Alpine School im Vorfeld gewarnt. Tags zuvor, am Parkplatz unter der Diavolezza, hatten Caro, Hannes und Ingo sich gegen das Zusatzgewicht entschieden und einige Eisschrauben zurück

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Permanent im Blick: die Felsschneiden des Piz Palü. Links der Ostpfeiler, rechts der Bumiller-Pfeiler.

Paoramascheibe oder beim Akklimatisationsmarsch auf den Piz Trovat: Caro, Hannes und Ingo stieren permanent auf die linke Felsrippe. Abermals wird die optimale Route durchgekaut. «Ob das immer so gut ist, das Ziel permanent vor Augen zu haben?», fragt Ingo beim Abendessen und nimmt schmunzelnd einen Schluck aus dem Panaché-Glas. Während das weiche Licht der Abendsonne den Ostpfeiler streift, stossen die drei auf die mächtige Felsschneide an.

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Genussklettern statt ­Schneewühlen

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4:08 Uhr, Aufbruch in die Dunkelheit. Die Karawane der Normalweg-Aspiranten zieht im Licht der Stirnlampen über Schuttfelder, aufs Eis und durch die gewaltigen Eisbrüche des Piz Cambrena am Persgletscher. Mit dem Rechtsabzweig vom eingetretenen Normalweg endet die ausgelatschte Trasse. Ab hier ist Gespür für den richtigen Weg über den spaltigen Gletscher gefragt. Doch der Blick schweift immer wieder zu den umliegenden Bergen – der Ostpfeiler ist ein wahrer Logenplatz

Ingo, Hannes und Caro auf dem Weg zum Piz Trovat – dem «Hüttengipfel» – mit bestem Blick auf den Routenverlauf des Ostpfeilers.

mit freiem Blick auf den Piz Bernina und seine berühmteste Route: Gerade wird der Biancograt von der aufgehenden Sonne in zartes Rosa getaucht. Angekommen auf dem Pfeilerrücken. Die ersten Sonnenstrahlen erreichen den Fels und unterstützen die Daunenjacken beim Wärmen. Ein leichter Wind arbeitet dagegen. Die Kletterei zieht direkt in ihren Bann. Euphorisch nimmt Ingo Meter für Meter den rotbraunen Granit unter Hände und Füsse. Am laufenden Seil geht es zügig voran, der Fels ist fest und griffig, Risse und Zacken nehmen bereitwillig Schlingen, Friends und Klemmkeile auf. Abgesehen vom Einstieg in die Tour stecken keine Bohrhaken, nur vereinzelt gibt es Normalhaken. Über weite Strecken bewegt sich die Kletterei, die oft nur eine Kraxelei ist, zwischen dem zweiten und dritten Schwierigkeitsgrad. Der Blick zurück gleicht einem Traum: unten das unwirkliche Gewirr zerklüfteter Gletscherspalten, davor eine rotbraune Felsbastion, über die Caro und Hannes in ihren bunten Jacken in die Höhe kraxeln. Pures Bergsteigerglück. Glück haben die drei auch mit den Bedingungen. Kein störender Neuschnee bedeckt


Fester, griffiger Granit in der Hand, viel Luft unter den Füssen.

seinem oberen Ende klebt ein gewaltiger Hängegletscher, dessen Eismassen drohend über den Felsgrat ragen. Viel Ablenkung erlaubt der Ostpfeiler aber nicht, die Wegfindung erfordert Konzentration. «Immer am Grat bleiben», mahnt Ingo wieder und wieder. Eine gefühlte Ewigkeit und etliche Felsmeter später markiert ein Schneefeld das Ende der Kletterei. Durchatmen – so der Plan.

Stürzen verboten Als Caro den Kipphebel ihrer Steigeisen nach oben schnalzt, steigt Hannes gerade über die ersten, flachen Meter, um sich

Die letzten Meter zum ­Ostgipfel – mit Trittfirn kein Problem.

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den Granitrücken. Der aktuelle Tourenbericht schwärmt von durchgehend trockenem Fels und bestem Trittfirn am Gratausstieg. Das kurze Fenster scheint getroffen, in dem die Bedingungen in beiden Teilen ideal sind. Die klettertechnische Schlüsselstelle bildet ein Turm auf halbem Weg zum Ausstieg. Der Grat steilt sich auf, eine kurze Wand leitet in eine glatte Verschneidung. Kletterei im oberen vierten Grad, zur Beruhigung der Nerven stecken einige Normalhaken. Hannes wirft den linken Fuss auf ein abfallendes Felsnäschen in Hüfthöhe. Kurz keimt der Wunsch nach Kletterschuhen auf – aber das hilft jetzt nicht. Voller Druck auf die Profilsohle der klobigen Bergschuhe, über den Tritt schieben, hoffen, dass der Fuss hält – geschafft. Was folgt, ist purer Genuss: grosse Griffe, kompakter Granit. «Mit den dicken Bergschuhen kann sich ein Vierer ganz schön garstig anfühlen», sagt Caro, als sie ihre Selbstsicherung in die Bandschlinge am Felsköpfel einhängt. Schier endlos ragt das Granitbollwerk in den Himmel. Je weiter die drei nach oben kommen, desto eindrücklicher wird der Blick auf den benachbarten Bumiller-Pfeiler. An

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Beim Abstieg durch die Cambrenabrüche heisst es: Augen auf bei der Routenwahl und nicht zu spät dran sein ...

INFO: PIZ PALÜ OSTPFEILER ANFORDERUNGEN ZS+/S-, Kletterpassagen bis 4b, Firn und Eis bis 45°, 1000 Hm ab Diavolezza

STÜTZPUNKT Berghaus Diavolezza Durchschuss: 2978 m, Tel. 081 839 39 00, www.diavolezza.ch, erreichbar mit der Seilbahn oder zu Fuss (880 Hm)

AUSRÜSTUNG

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Komplette Hochtourenausrüstung, zusätzlich einige Camalots, Klemmkeile und Schlingen. Je nach Verhältnissen zusätzliche Eisschrauben und Eisgeräte für den Grat-Abschluss.

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BERGFÜHRER Bergsteigerschule Pontresina, Tel. 081 842 82 82, www.bergsteiger-pontresina.ch Mammut Alpine School, Tel. 062 769 81 83, www.alpineschool.mammut.ch

LITERATUR Hochtouren Topoführer Bündner Alpen. Michael Kropac, Daniel Silbernagel und Stefan Wullschleger. Topo Verlag.

… deshalb verzichten Caro, ­Hannes und Ingo auf die letzten Meter zum Hauptgipfel.

die weisse Unterlage genauer anzuschauen. «Geht schon», versucht er zu beruhigen. «Aber angenehm wird es nicht». Er schnappt sich die fünf Eisschrauben und stapft los. Der Firngrat selbst ist nicht übermässig steil, maximal 35 bis 40 Grad sind es im ersten Abschnitt. Die Flanken links und rechts stürzen allerdings deutlich radikaler in die Tiefe – ein Stolperer hätte wohl mortale Folgen. Das weiss auch Hannes. Nach 15 Metern dreht er die erste Eisschraube in den Untergrund – weder Eis noch Firn. Zum gemütlichen Stapfen viel zu hart, für die Eisschraube zu weich? «Naja, sollte halten», murmelt er. Die Waden brennen, Anspannung und Höhe belasten die Muskulatur. Stufen bilden sich in dem harten Untergrund nicht. Die Haue des Pickels bohrt sich in das spröde Eis, immer und immer wieder. Nach drei Vierteln der Gratstrecke gibt Hannes Entwarnung. «Wird besser, guter Trittschnee», ruft er zum Standplatz auf


ARC‘TERYX GAMMA LT W HOODY Die Arc‘teryx Gamma LT W Hoody schützt Bergsportler bei kühlen, windigen und feuchten Wetterbedingungen. Der Materialmix aus ­Nylon und Polyester ist wasserabweisend imprägniert, Schwitzfeuchtigkeit kann nach aussen entweichen. Strapazierfähig und abriebfest, steckt sie auch Felskontakt beim Klettern weg. Ein Elasthan-Anteil erhöht die Beweglichkeit. Die geräumige Kapuze mit laminiertem Schirm schränkt ebenfalls nicht ein. Mit ihrem grosszügigen Sichtfeld, passt sie gut über den Kletterhelm, mittels Kordelzügen ist sie zudem schnell justiert. Trotz körpernahem Schnitt lässt die Jacke genug Platz für eine Basis- und eine leichte bis mittlere Isolationsschicht. Alleine bietet sie eine moderate Wärmeleistung, der hohe Kragen schützt vor Zugluft am Hals. In zwei Einschubtaschen wärmen sich die Hände auf und kommen kleine Gegenstände unter, zusätzlich ist die Jacke mit einer Innentasche ausgestattet. x Gewicht: 465 g (in Grösse M) x Preis: CHF 259.-

EDELRID SWIFT PRO DRY SD 8.9

TEXT UND FOTOS: FLORENTIN VESENBECKH

x Gewicht: 52 g/m x Preis: ab CHF 152.- (30 m)

SCARPA TRIOLET GTX Präzise und gleichzeitig komfortabel: Der Scarpa Triolet GTX punktet auf langen Trekkingtouren ebenso wie auf Klettersteigen oder technischen Bergtouren. Der Bergschuh ist mit einer griffigen, stabilen, aber angenehm gedämpften Vibram-Sohle ausgestattet. Ein Kipphebel-Insert nimmt leichte Steigeisen auf. Mit seinem Obermaterial aus Spaltleder und Cordura ist der Triolet robust, ein breiter, umlaufender Gummirand schützt vor mechanischen Beschädigungen durch scharfkantiges Gestein. Die Gore-Tex-Membran verhindert das Eindringen von Nässe und lässt Schwitzfeuchtigkeit nach ­aussen entweichen. x Gewicht: 1660 g/Paar (Grösse 42) x Preis: CHF 369.-

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halbem Weg herab. Gut so, denn weiter hätten die Eisschrauben nicht gereicht. Auch die letzten Meter zum Gipfel, auf denen sich der Eispanzer noch einmal auf über 45 Grad aufsteilt, sind griffig und eingetreten. Erschöpft, aber zufrieden, nimmt Caro die letzte Hürde. «Da haben wir es doch noch gut erwischt», sagt sie und streicht sich eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht. Der Blick auf die Uhr macht klar: Die Überschreitung über Haupt- und Westgipfel wird heute nichts mehr. Das Essen unterhalb des Ostgipfels geniessen die drei mit Blick auf ihre Abstiegsroute über den Normalweg. Die gewaltigen Spalten liegen grossflächig frei, im Zickzack läuft die Spur durch ein Labyrinth aus Schnee und Eis. Das nächste Highlight einer unvergesslichen Tour, die wenig Zeit zum Durchatmen lässt.

Mit einem Durchmesser von 8 mm ist das Swift Pro Dry SD 8.9 eines der dünnsten Einfachseile auf dem Markt. Kern und Mantel sind dauerhaft wasser- und schmutzabweisend imprägniert. Sowohl als Einfach-, Halb und Zwillingsseil geprüft, lässt es sich zum Beispiel auf Hochtouren vielseitig einsetzen. Je nach Anwendung verkraftet es dabei 5 oder 22 UIAA-­ Stürze und einen Fangstoss von 8.8 kN, 10.4 kN oder 6.7 kN. Bei 80 kg dehnt sich das Seil um 9 %. Achtung: Hersteller Edelrid empfiehlt, das Seil nicht als Einfachseil im Toprope oder Work-Out zu verwenden.

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Wo Menschen klein werden: Der Abstieg über die Normalroute vom Vorder Glärnisch ins Klöntal bietet Einblicke in die mächtigen Nordostflanken des Glärnischmassivs.

TAUFE IM TOBEL Der Vorder Glärnisch ist ein kleiner Vorbote des mächtigen, Wegweiser

sagenumwobenen Glärnischmassivs in den Glarner Alpen.

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Dennoch bietet er – nebst Tiefblicken auf die Stadt Glarus – vor allem eines: abwechslungsreiche Alpinwanderrouten. Eine selten begangene führt vom Dorf Schwändi direkt durch die Südflanke zum Gipfel.


Es ist, als wollte der Vorder Glärnisch sein Reich vor uns schützen. Bereits an seinem Fuss, wo die Route noch durch Wälder und über Alpweiden führt, scheint sich der Berg mit allen Mitteln gegen uns zu stemmen. Doch wir denken vorerst nicht ans Umkehren, reissen uns die T-Shirts an Himbeersträuchern auf und beissen die Zähne zusammen, als wir in kurzen Hosen durch Brennnesselfelder stapfen. Schliesslich haben wir an diesem Tag ein klares Ziel vor Augen: den Vorder Glärnisch. Jenen Kalkgipfel, der wie ein ewiger Wächter über der

Stadt Glarus thront. Wuchtig und stolz, obwohl er im Grunde nur ein Vorbote von noch viel Grösserem ist, denn gleich hinter ihm türmen sich die vergletscherten Gipfel des fast 3000 Meter hohen Glärnischmassivs auf. Doch für einen Tagesausflug ist der Vorder Glärnisch im wahrsten Sinn des Wortes ein aussichtsreiches Ziel. Wobei sich dieses auch einfacher, über die Normalroute vom Klöntal her, erreichen lässt. Ohne verwucherte Alpweiden und Dornengestrüpp. Wir aber wollen den Wanderausflug mit

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Die steinige Traverse im oberen Teil der Route gilt als Schlüsselstelle des Aufstiegs von Süden her.

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Steiles Gras – in den Südflanken des Vorder Glärnisch gibt es reichlich davon.

ein paar Kraxelpassagen bereichern und den Berg von Süden her besteigen. Über eine klassische Alpinwanderroute, die vom Dörfchen Schwändi grösstenteils weglos durch steile Wiesen, über Felsbänder und Schotterflanken direkt zum Gipfel führt.

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Eiertanz im Schutt

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Der Plan hat uns selbst dann noch gefallen, als sich diese kratzbürstige Route mit Dornen und Nesseln gegen uns zur Wehr setzte. Doch dann stehen wir auf einmal im Sienentobel: einer Runse, in der sich bei starken Regenfällen und während der Schneeschmelze die Wasser aus der Glärnischflanke sammeln und mit archaischer Wucht talwärts donnern. Jetzt ist das Sienentobel fast trocken, nur ein Bach sprudelt in seinem Bett. Dennoch beschleicht uns das Gefühl, am falschen Ort zu sein, nachdem wir über sandige Blöcke hinab bis zum Bachbett gekraxelt sind. Wir bleiben stehen und bli-

cken um uns. Auf hausgrosse Felsblöcke und bröslige Flanken voll Schutt und Steine – wild durcheinandergeworfen, als wäre die Erde gestern entstanden. Immer wieder lesen wir die kopierten Routenbeschriebe und vergleichen sie mit der Landkarte. Alles weist uns hier den Weg durch das Tobel. Was sicher eine gute Sache wäre, hätten nicht Murgänge und tosende Wasser die Runse neu gestaltet. So folgt die Schlüsselstelle zum Auftakt der Tour: in Form eines Eiertanzes in steilem Schutt, umgeben von Steinen und Blöcken, die wie Damoklesschwerter über uns in den losen Seitenwänden hängen. Dass der Weg heute mehrere Hundert Meter weiter unten durch das Sienentobel führt, bleibt dem Internet, der Führerliteratur und uns verborgen – zumindest bis wir auf der anderen Seite stehen und neue Steinmänner entdecken. Einziger Trost: Wir haben die Feuertaufe des «Vorder Glärnisch von Süden» überstanden und erhalten damit die Eintrittskarte zur vertikalen Welt dieses Glarner Bergmassivs. Immer steiler steigen wir nun im knietiefen Gras durch weglose Flanken hoch. Folgen verblichenen Markierungen, traversieren schmale Grasbänder, das Dorf Schwanden in der Vogelperspektive weit unter uns. Um dann über Felsriegel und an Felstürmen vorbei zu kraxeln, bis wir zwei Stunden später ein Amphitheater aus steilen Flanken erreichen – das letzte Hindernis und die eigentliche Schlüsselstelle des Anstiegs, mal abgesehen von der Kletterpartie im Sienentobel.

Magische Flanken Hier offenbaren sich Vorder Glärnisch zur einen Seite und Höchtor und Vrenelisgärtli zur anderen Seite in ihrer vollen Wucht: eine senkrechte Welt aus Felskanzeln, Felstürmen und Wänden, mit gewundenen Strukturen, als hätte ein Riese sie aus weicher Knetmasse geformt. Wir aber haben in diesem Moment mehr Augen für die Flanke vor uns, die ein scheinbar magisches Spiel mit Wanderern treibt: Solange man sie betrachtet, wirkt sie unpassierbar. Erst wer den


Wuchtiger Wächter über Glarus: der Vorder Glärnisch rechts und im Hintergrund der Glärnisch.

ROUTEN Vom Dorf Schwändi her führt ein direkter Anstieg meist weglos durch die Südflanke des Berges. Sie ist seltener begangen als die Normalroute, zurückhaltend markiert und weist keine Fixseile auf. Diese Route ist im Text sowie hier (siehe unten) ausführlich beschrieben; 1600 Hm, Aufstieg 4,5 Std., Abstieg 2,5 Std., T5. Die Normalroute führt vom Rhodannenberg via Hinter Saggberg zum Gipfel. Sie ist mit Fixseilen sehr gut versichert; 1500 Hm, T4. Von der Kantonshauptstadt Glarus führt eine selten begangene Route über die Felstürme der Schwösteren von Norden her auf den Gipfel; 1800 Hm, T6.

ANREISE Route von Süden: Mit dem Zug via Ziegelbrücke oder ab Zürich mit der S25 direkt nach Schwanden und weiter per Bus nach Schwändi. Normalroute: Mit dem Zug via Ziegelbrücke oder ab Zürich mit der S25 direkt nach Glarus und weiter per Bus zur Haltestelle Rhodannenberg im Klöntal. Schwösteren-Route: Mit dem Zug via Ziegelbrücke oder ab Zürich mit der S25 direkt nach Glarus und allenfalls weiter per Bus bis zur Haltestelle Pfrundhaus (meist schneller zu Fuss).

WEITERE INFOS ZUR ROUTE www.hikr.org, www.bergportal.ch

ROUTENBESCHRIEB «VORDER GLÄRNISCH VON SÜDEN» Vom oberen Dorfteil von Schwändi geht man auf einer Strasse bis zur Brücke, welche die Guppenrus überquert. Direkt nach der Brücke zweigt der Wanderweg rechts ab und führt ansteigend durch den Wald bis zur Alp Guppen Unterstafel. Nach dieser steigt man dem Pfad folgend durch eine Lichtung sowie weitere Waldstücke in Richtung der Hütten von Mittler Guppen. Unterhalb der Hütten hält man Ausschau nach Markierungen (teils unter hohem Gras und Gewächs verborgen), welche rechterhand zum Rand des Sienentobels leiten, um auf einer Höhe von rund 1220 m das Tobel zu queren. Wegspuren und Steinmänner auf der anderen Seite der Runse machen ersichtlich, wo es weitergeht. Früher wurde das Tobel weiter oben traversiert, was nach Geländeveränderungen nicht mehr empfehlenswert ist. Jenseits des Sienentobels folgt man teils Wegspuren, teils Markierungen bergwärts, geht an einem ersten Hüttlein vorbei, um bei P. 1496 ein zweites Hüttlein zu erreichen. Im Hochsommer verlieren sich nach diesem die Markierungen im tiefen Gras, man steigt jedoch unschwierig mehr oder weniger in der Falllinie durch die steilen Grasflanken von Sienen hoch Richtung sogenannte «Gelbe Wand». Ab einer Höhe von ca. 1600 m stösst man erneut auf Markierungen, welche links an der «Gelben Wand» vorbeiführen, bis zum höchsten Punkt des Grases. Erst hier wird ein Grasband sichtbar, welches nach rechts durch die felsige Steilstufe führt und in einer kurzen Kraxelei – markiert mit einem gelben Smiley – auf die darüber liegenden Flanken leitet. Von hier aus geht es, Markierungen folgend, weiter bergauf bis zu den Felstürmen namens «Chilchli». Die anschliessende Passage bietet eine schöne Kraxelei. Einen klassischen Verhauer ermöglicht hier ein Felsband, welches nach wenigen Metern horizontal in eine abschüssige Felsflanke führt. Korrekt geht es, mit blassem Pfeil markiert, vor dem Felsband links haltend hoch. Nach wenigen Minuten Kraxelei erreicht man ein kleines Joch. Von hier aus folgt eine letzte, leicht ausgesetzte, Traversierung eines weiten Felskessels, um anschliessend unschwierig in die Furggle und weiter dem Grat entlang zum Gipfel zu steigen. Der Abstieg erfolgt auf dem gut markierten Wanderweg ins Klöntal.

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INFO VORDER GLÄRNISCH Der Vorder Glärnisch ist ein 2327 Meter hoher, eigenständiger Gipfel des Glärnischmassivs. Bekannt ist er insbesondere, da er sich direkt südwestlich der Glarner Kantonshauptstadt Glarus erhebt. Nordwestlich des Gipfels erstreckt sich das Klöntal mit dem Klöntalersee als beliebtes Ausflugsziel.

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Schotter à gogo im Abstieg vom Vorder Glärnisch zum Klöntalersee.

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Fuss in die scheinbare Leere setzt, sieht den Weg. Ein Weg, der mitten durch eine Vertikale führt, die wir nun Schritt für Schritt durchqueren. So behutsam, als wollten wir uns geräuschlos durch die Flanke stehlen, während ein Adler über uns in aller Ruhe seine Runden zieht. Eine gute Viertelstunde dauert die Passage, während der wir in der stillen Zeitlosigkeit des Glärnischmassivs unterwegs sind. Dann stehen wir in der Scharte namens Furggle und fühlen uns wieder wie daheim: Ein milder Sommerwind streicht um uns, Schneefinken zwitschern in der Nähe und weit unten leuchtet der Klöntalersee smaragdgrün. Nur die nahen Felsfluchten und der Gletscher des Vrenelisgärtli erinnern noch ans Gebirge. Ein Gebirge, das an klaren Tage so weit herum sichtbar ist, dass es entfernten Orten als Namensgeber dient: Durch Zürich etwa verläuft die Glärnischstrasse, in Winterthur steht die Überbauung «Glärnischblick» und im Hafen von Wädenswil dinieren Besucher auf der «MS Glärnisch». So erstaunt auch nicht, dass dieses prägende Bergmassiv zum Handlungsort von Sagen wurde. Etwa von der berühmtesten Glarner Sage überhaupt, nach der das «Vrenelisgärtli» benannt ist. Gemäss dieser Geschichte wollte das verwegene Mädchen Vreneli mitten im Glärnischmassiv einen Garten anlegen, obwohl manche es davor warnten, den lieben Gott auf so ver-

messene Weise zu versuchen. Dennoch stieg es eines Tages auf den Glärnisch, dazu noch bei Wintereinbruch, weshalb es sich als Schutz vor den Schneeflocken ein Chäschessi über den Kopf stülpte. Wenig unter dem Gipfel des Vrenelisgärtli aber habe es so sehr geschneit, dass das Vreneli unter seinem Chessi im Neuschnee verschwand und nie mehr ins Tal zurückkehrte. Woran bis heute der kleine Gletscher unterhalb des Glärnisch erinnert.

Landschaftsfresser Als wir an diesem Augusttag in den Glarner Alpen unterwegs sind, können wir indes nur von Schnee und Gärten träumen. Die letzte Flanke zum Gipfel des Vorder Glärnisch steigen wir durch eine Wüste aus erdbraunem Schotter hoch, der unter unseren Schritten klirrt und die Wärme der Augustsonne reflektiert. In diesem Moment fällt mir der Satz des Psychologen und Soziologen Ulrich Aufmuth ein, der in den 1980er-Jahren einmal sagte, eine der Freuden von Bergsteigenden sei es, «Landschaft zu fressen». Wie wahr, denke ich mir und rechne aus, an diesem Tag schon 1700 Höhenmeter Landschaft gefressen zu haben. Inklusive Tobeln, Geröllflanken, Steinen, Felstürmen, Wänden und Wald. Der Gipfel des Vorder Glärnisch entschädigt für alle Strapazen. Selbst für das Sienento-


HAGLÖFS LITE HYBRID PANTS

Das wilde Sienentobel kann je nach Verhältnissen zur frühen Schlüsselstelle der Tour werden.

Besonders bei hohen Temperaturen kann die Trekkinghose ihre Stärken voll ausspielen: Das leichte Polyamid-Gewebe leitet Feuchtigkeit vom Körper ab, dadurch bleiben die Beine selbst bei schweisstreibenden Aktivitäten angenehm kühl und trocken. Ein Elasthan-Anteil und ergänzende elastische Einsätze gewähren viel Bewegungsfreiheit. Der dehnbare Bund lässt sich über einen Klettverschluss zusätzlich in der Weite verstellen und fixieren. Die Gesässtasche lässt sich mit einem Reissverschluss verschliessen. Kleine ­Gegenstände, wie Bargeld oder Schlüssel, kommen auch in der innenliegenden Sicherheitstasche unter, in der reissverschlussgesicherten Oberschenkeltasche findet beispielsweise eine Karte Platz. x Gewicht: 280 g (Grösse L) x Preis: CHF 115.-

GREGORY ZULU 40/JADE 38

bel, die Brennnesseln und Himbeersträucher. Mild streicht der Wind um uns, als wir uns neben dem Gipfelkreuz um die eigene Achse drehen. Noch einmal auf die wuchtigen Nachbargipfel des Glärnisch blicken, auf den Klöntalersee und – weit, weit unter uns – auf Felder und Strassen, auf die winzigen Häuser und Kirchtürme der Stadt Glarus und der Dörfer Mitlödi und Schwanden. Gerade so, als würden wir aus einem Ballon auf die Erde blicken, liegt alles unter uns. Einziger Wermutstropfen in diesem Augenblick: Talwärts lässt es sich nicht schweben. Dank des Wanderwegs auf der Westseite des Vorder Glärnisch werden die 1500 Höhenmeter Abstieg jedoch rascher zurückgelegt, als erwartet. Und die Schorle im Klöntaler Berggasthaus «Schwammhöhe» näher, als man denkt. So sperrig der Zugang zum Reich des Glärnisch ist, so schnell entlässt er uns wieder.

TEXT UND FOTOS: CAROLINE FINK

x Gewicht: 1330 g (Zulu), 1280 g (Jade) x Preis: CHF 175.-

MEINDL TRENTO GTX W Klassisches Äusseres, ungewöhnliches «Inneres»: Der Trento GTX W ist auf speziellen, etwas breiteren Leisten gefertigt, dadurch bietet er besonders viel Platz für Zehen und Vorfuss. Um dennoch den nötigen Halt zu gewährleisten, ist er an den Fersen schmaler geschnitten. Ein bequemes Fussbett aus Kork und Vlies stützt den Fuss, zusätzlich dämpfen Elemente aus PU und EVA den Auftritt angenehm ab. Als Obermaterial wurde eine Kombination aus Nubuk- und Veloursleder verwendet, die Gore-Tex-Membran hält Regen und Schnee effektiv ab und lässt Schwitzfeuchtigkeit entweichen. Die Stabilität der Sohle liegt im mittleren Bereich, damit eignet sich der Schuh besonders für technisch nicht allzu schwere Touren. x Gewicht: 1160 g/Paar (Grösse 42) x Preis: CHF 275.-

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Welch Wohltat nach all den Höhenmetern! Ein Brunnen in Schwändi.

Für die Mehrtagestour von Hütte zu Hütte oder wenn warme Temperaturen nicht ganz so viel Ausrüstung erfordern: Die beiden Rucksäcke Zulu und Jade sind mit einem Volumen von 40 und 38 Litern ideal für längere Wanderungen mit wenig Gepäck. Ihr Material, ein Mix aus 210 und 100 Denier starkem Nylon, ist leicht und robust zugleich. Der Rücken ist über einen Netzeinsatz angenehm belüftet. Praktisch: Auf das Hauptfach kann wahlweise über den Deckel oder einen Frontreissverschluss zugegriffen werden. Zusätzliche Verstaumöglichkeiten bieten das grosse Frontfach, zwei seitliche Einschubtaschen und kleinere Reissverschlusstaschen im Deckel und am Hüftgurt. Materialschlaufen nehmen Wanderstöcke oder Pickel auf. Beide Rucksäcke sind mit gängigen Trinksystemen kompatibel.

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Klaus Fengler / Red Bull Content Pool

«Nachzugeben ist absolut menschlich. Man ist ja auch nicht Superman.» Stefan Glowacz seilt sich in die Majlis al-Jin Höhle im Oman ab (2014), Projekt „Into the Light“.

AUCH MAL LOSLASSEN KÖNNEN Gipfeltreffen

Klettern und Bergsteigen – (k)eine Frage des Alters? Seit mehr

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als drei Jahrzehnten zählt Stefan Glowacz (51) zu den bekanntesten deutschsprachigen Kletterern. Zuletzt suchte er neue Horizonte bei einer Expedition auf Baffin Island – an Big Walls im IX. und X. Schwierigkeitsgrad. Krampfhaft will er dennoch nicht am Fels festhalten. Ein Gespräch über das Altern


Spass machen, was bedeutet das für dich? Relativ schmerzfrei zu klettern. Gut, vor schweren Routen muss ich mich mit spezieller Gymnastik mobilisieren. Und ich muss mich sorgfältiger abwärmen als früher. Aber solange das noch so geht, bin ich absolut glücklich. Bedeutet Spass zu haben für dich auch, auf einem bestimmten Niveau zu klettern? Auf meinem eigenen, persönlich gesteckten Niveau. Wenn ich zum Sportklettern gehe, vergleiche ich mich nicht mit einem Adam Ondra, einem Chris Sharma oder einem Alex Megos. Das wäre vermessen. Du musst es schaffen, dich aus voller Überzeugung darüber zu freuen, dass deine Sportart sich weiterentwickelt, dass sie nicht stagniert. Es ist doch schön zu sehen, dass heute Wände in Schwierigkeiten geklettert werden, die ich mir gar nicht mehr vorstellen kann. Du suchst die Herausforderung längst in Routen fernab der Zivilisation, an Big Walls am Ende der Welt. Ich starte gerade zum dritten Mal nach Baffin Island, zusammen mit Robert Jasper und Fotograf Klaus Fengler. Baffin Island

Mit extra entwickelten Multifunktionsschlitten aus Carbon zog Glowacz jüngst nach Baffin Island.

ist die fünftgrösste Insel der Welt. Sie liegt zwischen Kanada und Grönland. Die Fjorde säumen Felswände, die bis zu 1000 Meter senkrecht ins Meer abbrechen – neben dem Yosemite Valley das Epizentrum für uns Kletterer, was Big Walls angeht. Doch im Gegensatz zum Yosemite ist hier schon der Weg zur Wand eine Herausforderung. Im Klartext? Im Frühsommer, wenn die Temperaturen es erlauben, frei zu klettern, bricht das Eis auf. Wie auf unseren anderen Expeditionen auch, wollen wir unser Ziel aus eigener Kraft erreichen, by fair means. Für die 100 bis 150 Kilometer lange Strecke von Clyde River zum Sam Ford Fjord habe ich zusammen mit Experten einen Spezialschlitten aus Carbon entwickelt. Teils werden wir uns klassisch mit dem Schlitten fortbewegen, teils aber werden wir Mountainbike-Felgen montieren, um die Multifunktionsschlitten als Rikschas zu verwenden. Unterwegs müssen wir sicherlich auch Flussläufe und Fjorde überqueren. Wir können sie mit Schwimmkörpern zu einem Raft verbinden. Um Gewicht zu sparen, haben wir die Schlitten so konstruiert, dass wir sie auch als Wandzelt verwenden können. Da spielt eine Menge Erfahrung mit rein. Hättest du dir eine solche Expedition vor 20 oder 30 Jahren schon so zugetraut? Ich glaube nicht. Die anderen Expeditionen waren notwendig, um überhaupt diese Idee mit dem Schlitten zu entwickeln. Denn die war letztendlich die Antwort auf alle offenen Fragen. Vor 20 Jahren wäre ich sicherlich ganz anders an eine solche Expedition rangegangen. Ich hätte viel mehr Fragen offen gelassen. Würde dir ohne die Expeditionen etwas ­fehlen? Die Neugier aufzubrechen und zu sehen, was hinter dem Horizont liegt, ist eine Grundhaltung und Lebensphilosophie von mir. Natürlich würde mir etwas fehlen, wenn ich dazu nicht mehr in der Lage wäre. Aber wenn ich das in dieser extremen Form mal nicht mehr machen kann, wäre ich wohl nicht traurig, weil ich dankbar dafür sein muss, was ich

Gipfeltreffen

Wie ging es deinem Rücken heute morgen beim Aufstehen? Stefan Glowacz: Mit dem Rücken habe ich keine Probleme. Aber es ist schon so, dass mir mit 51 Jahren mein Körper genügend Signale aus unterschiedlichen Bereichen zurücksendet. Er will mir wohl sagen: Hey, du lebst noch! (lacht) Ich spüre die Schultern. Morgens dauert es eine gewisse Zeit, bis der Körper wieder rundläuft. Ich klettere seit 35 Jahren leistungsmässig. Manche Sportler sind dann Invaliden. Ich bin froh, dass es mir immer noch Spass macht.

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«Ich werde sicher nicht zu Hause rumsitzen und mit dem Rad um den Starnberger See fahren.»

schon alles erleben durfte. Das Entscheidende wird sein, dass ich mir diese Dankbarkeit nicht nur vorsage. Sondern aus voller Überzeugung erkenne, dass es Weichenstellungen im Leben gibt, die in eine andere Richtung führen. Im Vorfeld sagt sich das leicht. Aber de facto bricht ohne Expeditionen eine tragende Säule im Leben weg, und ich muss mich neu definieren – ein Lernprozess, der sehr spannend wird.

Gipfeltreffen

Wie wird der Stefan Glowacz 5.0 dann aussehen? Er wird sicher nicht zu Hause rumsitzen und mit dem Rad um den Starnberger See fahren. Vielleicht werde ich dann noch wesentlich mehr Energie in meine Firma Red Chili stecken. Aber auch das kann natürlich diesen Wunsch des Aufbrechens nicht kompensieren. Ich werde sicher in irgendeiner Form immer unterwegs sein. Immerhin habe ich in meinem Leben immer die Dinge, die ich gerne machen wollte, auch gemacht. Neue Perspektiven zu suchen, sehe ich nun als Zugabe, als bereichernde Herausforderung.

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Es gibt viele Menschen, die das nicht geschafft haben, die mit sich hadern. Vielen fehlt die Courage, der Mut, das umzusetzen, was sie gerne machen würden. Die schieben Dinge immer wieder auf. Und wenn sie es tatsächlich nicht mehr machen können, sind sie beleidigt, dass das Leben so grausam zu ihnen ist. Das kann an Ängsten genauso liegen wie an Einflüssen von aussen durch die Familie, durch den Beruf. Bedenken wie «wenn ich das durchziehe, verliere ich vielleicht meine Familie» sind

durchaus berechtigt. Aber ich glaube, dass jeder Mensch, egal welchen Alters, in bestimmten Phasen seines Lebens auch ein Egoist sein muss, wenn er sein Leben ganz bewusst gestalten möchte. Sonst würde er gerade für grosse Vorhaben immer eine Ausrede finden, warum er es nicht macht. Das Schrecklichste wäre doch, wenn du irgendwann vor deiner Kiste stehst und dir eingestehen musst, dass du im nächsten Leben alles ganz anders machen würdest. Das möchte ich nicht. Ich möchte sagen: Ich würde alles genauso wieder machen. Ist es für dich heute schwerer, fit zu bleiben? Trainierst du anders als früher? Ich versuche, «materialerhaltend» zu trainieren, viel im regenerativen Bereich. Nicht mit den brutalen Spitzen. Jedenfalls nicht in der Häufigkeit wie früher. Und eher körperschonend. Ich integriere Yogaelemente in mein Aufwärmprogramm. Das Training brauche ich auch für mein Selbstwertgefühl und für meine Zufriedenheit. Ohne Training fehlt mir was. Dennoch baut der Körper im Alter ab. Kannst du das mit Erfahrung oder Routine kompensieren? Kaum. Zum Beispiel die Schnellkraft lässt unweigerlich nach. Natürlich kann ich dagegen antrainieren, mit hoher Intensität. Aber insgesamt senkt sich das Niveau langsam ab. Älter zu werden, ist eine schleichende Entwicklung. Vor allem, was das körperliche Leistungsvermögen angeht. Irgendwann weisst du auch als Spitzensportler: Es ist vorbei, du kannst das Leistungs-


mer mehr die Rolle eines Paten übernehme. Dass ich eine Expeditionsidee habe und sage: Da müssen jetzt die Jungen ran, die ich dann mit meiner Erfahrung unterstütze.

vermögen nicht mehr halten. Aber du willst es erst mal nicht akzeptieren. Du kannst dich noch eine Weile dagegen stemmen, aber merkst irgendwann, das funktioniert nicht. Das ist ein aussichtsloser Kampf. Damit muss jeder Sportler, jeder Mensch seinen Frieden schliessen. Man kann das akzeptieren, wenn man selbst das Gefühl hat, sein Potenzial zu 100 Prozent ausgeschöpft zu haben. Und das habe ich. Waren die Expeditionen ein Mittel, nach der Wettkampfkarriere nicht in eine Leere zu stürzen? Ich bin im Gebirge aufgewachsen. Im Herzen war ich immer der Abenteurer. Abenteurer wie Scott, Nansen, Shackleton haben mich mehr interessiert als jeder Kletterer. Eigentlich bin ich nach meiner Wettkampfzeit nur zu meinen Wurzeln zurückgekehrt. Das war eine ganz logische Entwicklung. Deswegen konnte ich von den Wettbewerben auch leicht loslassen. Ob Kunst, Musik, Politik, Wissenschaft – in vielen Bereichen des Lebens geben Menschen im Rentenalter den Ton an. Kann ein Kletterer älter werden und zugleich in der Szene cool und glaubwürdig bleiben? Das wird die Szene selber entscheiden. Nur an etwas krampfhaft festzuhalten, damit man in der Aussendarstellung als «cool» angesehen wird, wäre zum Scheitern verurteilt. Da würde man sich lächerlich machen. Aber solange du neugierig bleibst, kannst du auch im hohen Alter noch cool sein. Ich kann mir vorstellen, dass ich im-

Du hältst Vorträge, etwa für Wirtschaftsmanager. Deine Zuhörer sind dann oft selbst Routiniers im vorgerückten Alter. Was kannst du denen vermitteln, was sie bereichert? Das sind super ausgebildete, intelligente Menschen. Sie sind in ihren Bereichen hoch spezialisiert. Aber CEOs brauchen auch das big picture. Die sind extrem wissbegierig. Zum Beispiel, was das Durchhalten anbelangt oder eine Expedition zu kreieren, einen Ausrüstungsstand zu entwickeln, um in ein Gebiet zu gelangen, in das man bisher noch nicht hingekommen ist. Da fängt es bei denen im Kopf sofort an zu rattern. Letztendlich kann man es auf einige wenige Parameter runterbrechen, die überall im Leben funktionieren: Antrieb von allem ist die Leidenschaft. Wer gut ist, macht seinen Job mit grösster Leidenschaft. Diese Besessenheit brauchst du, um dein Unternehmen weiterzubringen. Genauso, wie um dreimal hintereinander durch die patagonische Wildnis zum Cerro Murallon zu laufen. Welche Rolle spielt dabei die Erfahrung? Entscheidend ist, dass man nicht überheblich ist und glaubt, alles zu wissen, weil man

Gipfeltreffen

Weites Eis, steiler Fels: Baffin Island ist Glowacz’ bevorzugter Abenteuerspielplatz. Schon 2008 war er mit Robert Jasper dort unterwegs.

Udo Lindenberg hat kürzlich sein neues Album herausgebracht mit dem Titel «Stärker als die Zeit». Ist das auch ein Gedanke, mit dem du sympathisierst? Natürlich ist das ein Credo! Als Sportler wirst du dem Alter nie ein Schnippchen schlagen können. Aber was du machen kannst, ist: mit deiner Geisteshaltung und mit deinem Elan immer dagegenzuhalten. Nachzugeben ist absolut menschlich. Man ist ja auch nicht Superman. Dennoch: Es geht darum, das noch mögliche Optimum zu erreichen. Letztendlich kommt es doch einfach darauf an, etwas zu machen. Denn dieses Aktivsein ist – zumindest für sportaffine Menschen – letztendlich eine Form des Glücklichseins. Mein grösster Wunsch ist, dass mir diese Einstellung und diese Energie nie verloren gehen.

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Gipfeltreffen

Routiniert - Christian Schlesener und Stefan Glowacz richten am Mount Kinabalu/Borneo die neue Route „Walk the line“ (8a) von unten ein.

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ein gewisses Alter erreicht hat. Man kann auch von einem Sechsjährigen lernen, weil der die Welt ganz anders sieht und erspürt und erfährt. Das heisst: Du musst immer offen sein. Was lernst du von deinen Kindern? Vor allem, welche Erwartungshaltung sie vom Leben haben. Wie sie unvoreingenommen diese Welt betrachten. Kinder sind nicht berechnend. Sie sind ganz klar, geradeheraus. Das können wir von Kindern immer wieder lernen. Es ist so wohltuend, daran zu arbeiten, dass man immer ehrlich mit dem anderen umgeht, offen kommuniziert und seine Meinung sagt. Dass man sofort anspricht, wenn etwas falsch läuft. Wir Erwachsenen leben in einer berechnenden Welt des Lügens und des Taktierens. Wir müssen zumindest versuchen, unseren Kindern Werte zu vermitteln, die in eine andere Richtung gehen.

DER ROCK MASTER Stefan Glowacz, geboren 1965, ist Deutschlands erfolgreichster Wettkampfkletterer. Dreimal gewann er das «Rock Master» in Arco, die inoffizielle Weltmeisterschaft im Sportklettern. 1993 beendete er seine Wettkampfkarriere und widmete sich fortan verstärkt den unentdeckten, abgeschiedenen Wänden der Welt. Dabei zählt Glowacz die Anreise als Teil des Abenteuers – auf Ski über die Eisfelder ­Patagoniens oder mit dem Kanu durch den Dschungel Venezuelas. Glowacz ist Mitbegründer einer Firma für Kletterausrüstung (Red Chili) und dort für Marketing und Design verantwortlich. Ausserdem ist der Vater von Drillingen gefragter Referent für Motivationsseminare bei Führungskräften und Sportlern und Herausgeber des Bergsport-Magazins Allmountain.

Hast du eine Vision, wie sich Stefan Glowacz in 20 Jahren definiert? Das lasse ich auf mich zukommen. Da kann so viel passieren. Wenn ich jetzt schon eine ganz konkrete Vorstellung hätte, würde ich vielleicht auch viele Möglichkeiten, die sich in diesem Zeitraum ergeben, gar nicht erkennen oder erkennen wollen. Diese Spontaneität möchte ich dann einfach haben. Es ist nicht in Stein gemeisselt, dass ich immer Kletterer, immer Abenteurer bleiben werde. Dafür ist das Leben zu vielseitig, zu vielschichtig und in vielen anderen Bereichen auch zu schön. Wenn es sich so ergibt, dass ich noch lange Expeditionen wie nach Baffin Island unternehmen kann, weil ich davon überzeugt bin, dann gerne. Aber ich halte nicht krampfhaft daran fest.

Gipfeltreffen

TEXT: CHRISTIAN PENNING FOTOS: KLAUS FENGLER

Im Mai 2016 gelang Glowacz gemeinsam mit Robert Jasper und Klaus Fengler eine Route durch die 800 Meter hohe Westwand des Turret im Grad 9-/ A1. Allein der Rückweg nahm 13 Tage in Anspruch.

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Andreas Butz / Image Different

Hochgenuss

Am Appenzeller Whiskytrek: Säumer führen ein Fass Appenzeller Bier und ein Fass Säntis Malt Whisky «Edition Rotsteinpass» mit Madeira Finish auf den Rotsteinpass (2124 m), wo er verköstigt wird.


HOCHPROZENTIGES Spirituosen gehören für manche Menschen zu den Bergen wie Gletscher und Alpen. Aber welche Schnäpse stammen ­eigentlich aus den Alpenregionen, woher kommt die Grüne Fee und wo läuft man dem Whisky durch die Berge hinterher? Ein Glossar, das funktioniert wie der Alkohol: Es klärt zwar nicht alle Fragen, aber einiges versteht man einfach besser. Vielleicht jedenfalls.

Dominik Prantl

Die Glücksformel: Die Brennrechte der Enzianbrennerei Grassl reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück.

Hochgenuss

Ober, 5 Helle, 2 Cognac» merken. Wobei man sich fragen darf, ob selbst Chemie-Studenten schon vor 20 Jahren nicht eher Cuba Libre und Caipirinha tranken. Duftveilchen, das: eigentlich völlig unschuldiges Blümchen, deren Blüten auch im geheimnisvollen —> Alpenbitter aus Appenzell verwendet werden. Enzian, der: keineswegs immer blauer, sondern oft auch gelber, purpurner und punktierter Alpenbewohner mit tief reichenden Wurzeln, aus denen sich der gar grausam bittere, dafür verdauungsfördernde und fiebersenkende Enzianschnaps herstellen lässt. Als historisch verbürgte

Enzianschnaps wird nicht aus der Blüte, sondern aus der Wurzel des Gelben Enzians gebrannt.

Barbara Rasp

Alpenbitter, der: unter Coca-Cola-­ ähnlicher Geheimnistuerei hergestelltes Getränk aus Appenzell, das einst sogar Ärzte als Heilmittel empfohlen haben sollen. Enthält neben 29 Prozent Alkohol auch 42 Kräuter, deren genaue Zusammensetzung ein «gut verwahrtes Familiengeheimnis» (Eigen-PR) bleibt. Einige bereits bekannte Zutaten wie Wurzeln des Gelben Enzians, Lavendelblüten, Koriandersamen, Zitronenmelisseblätter und Anis lassen allerdings vermuten, dass die Globalisierung schon bei der Alpenbittergründung 1902 ein Wörtchen bei der Rezeptur mitredete. Bergfeuer, das: 1. mittelalterlicher Brauch, bei dem durch absichtliches Herbeiführen grosser Brandherde in den Bergen sämtliche Dämonen, Teufel und Geister vertrieben werden sollen. Zählt in der Zugspitzregion mittlerweile sogar zum immateriellen Unesco-Kulturerbe; 2. Getränk mit mehr als 50 Volumenprozent Alkohol, bei dem durch absichtliches Herbeiführen grosser Brandherde am nächsten Morgen sämtliche Dämonen, Teufel und Geister angelockt werden; 3. Musikgruppe aus Südtirol, deren Werke selbst in hunderttausend Jahren eher nicht zum immateriellen Kulturerbe zählen werden und die selbst Dämonen, Teufel und Geister nur mit einer entsprechenden Portion Bergfeuer (im Sinne von 2.) ertragen. C2H5OH: chemische Formel für Ethanol, die sich Chemie-Studenten angeblich nur rückwärts mit der Eselsbrücke «Herr

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Hochgenuss

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Appenzeller Alpenbitter AG

Die Destillationshallen der Appenzeller Alpenbitter AG stehen Besuchern für «fast alles» offen – das Rezept bleibt natürlich streng geheim.

Brennpunkte der Enzianindustrie gelten der Schweizer Jura, Berchtesgaden in Deutschland und Galtür in Österreich. Der guten Erziehung wegen ist Einheimischen gegenüber auf den Genuss von E. stets mit einem Lächeln und einem wohlwollenden Kommentar (z.B. «Danke, wirklich einzigartig!») zu reagieren – auch wenn sämtliche Urinstinkte dagegen sprechen. Fee, die Grüne: Verniedlichungsform für die aus dem —> Val de Travers im Kanton Neuenburg stammende Kräuterhexe Absinth. Verdreht selbst den stärksten Männern den Kopf. Flachmann, der: schmale, leicht gewölbte und gerne mit Edelweissgravur verzierte Spirituosen-Trinkflasche aus Edelstahl, die wahrscheinlich selbst Steinschläge, Nordwand-Abstürze und Blitzeinschläge unbeschadet übersteht. Wird daher sogar von der Sektion München des Deutschen Alpenvereins als «kleiner Notfall-Begleiter» im Webshop angeboten. Gletschereis, das: 1. hellblaue Bonbons; 2. durch Metamorphose von Schnee zu weissen Flächen verdichtete Masse im Hochgebirge, die seit einigen Jahren alpenweit unter gravierender Schwindsucht leidet; 3. Name für hochprozentigen, bläulichen Likör aus dem Alpenraum. Hat mit Gletschereis ungefähr so viel zu tun wie sein heisses Pendant namens —> Bergfeuer mit dem Brauch des Sonnwendfeuers. Génépi, der: mit dem Absinth (—> Fee, die Grüne) verwandter, in den Westalpen beheimateter Kräuterlikör, der ahnungslosen Besuchern besonders gerne auf Hütten des Aostatals, aber auch im Piemont und den französischen Alpen verabreicht wird. Der guten Erziehung wegen ist Einheimischen gegenüber auf den Genuss von G. stets mit einem Lächeln und einem wohlwollenden

Kommentar (z.B. «Molto interessante») zu reagieren – auch wenn sämtliche Urinstinkte dagegen sprechen. Heckmair, Anderl: deutscher Eiger-­ Nordwand-Erstdurchsteiger, wunderbarer Mensch und Universalextremist. Kannte sich nicht nur hervorragend an diversen Steilwänden und in der Pflanzenwelt der heimischen Alpen aus (—> Alpenbitter, —> Duftveilchen, —> Enzian, —> Génépi), sondern lieferte der Alpinwelt auch das unvergessliche Bonmot: «Alkohol in Massen genossen, schadet auch in grösseren Mengen nicht.» Heckmair starb 2005 im hohen Alter von 98 Jahren.

Uli Auffermann

Appenzeller Alpenbitter AG

Das Rohmaterial des Appenzeller Alpenbitters – 42 Kräuter sind laut Hersteller im Endprodukt enthalten.

Anderl Heckmair bewies, dass Spitzenalpinismus und Alkoholgenuss durchaus vereinbar sind.

Höhenkrankheit, die: durch Abnahme des Sauerstoffpartialdrucks bedingtes Krankheitsbild mit an Kater erinnerndem Wirrwarr an Symptomen, unter anderem Kopfschmerz, Übelkeit und Schwindel. Lässt sich trotz anderslautenden Gerüchten eher nicht mit Alkohol bekämpfen. Hütte, die: laut Wikipedia «ein vergleichsweise kleines und bautechnisch einfaches Gebäude, das häufig von den späteren


Oma, heisse: 1. verfänglicher Google-­ Suchbegriff, 2. heisses Après-Ski-Mischgetränk auf der Basis von Milch und derart viel Eierlikör, dass sich selbst die Oma wieder an das —> Liedgut erinnert. Rauschkogel, der: 1720 Meter hoher Skitourenberg in den Mürzsteger Alpen (Steiermark), der zusammen mit dem Trinkerkogel (3161 m, Ötztaler Alpen) und dem Prostkogel (1244 m, Kaisergebirge) die bisher noch kaum bekannte Trinkertrilogie bildet. Russen, die: grosses ostslawisches Volk, deren Vertreter auffallend oft weder —> Höhenkrankheit noch Problem bei der —> Motorik kennen und es teilweise sogar mit der —> Grünen Fee aufnehmen können. Das bei Russen oft einzigartige wie bewundernswerte Zusammenspiel von Kameradschaft, Risikobereitschaft und Wodkagenuss am Berg hat der Teilzeit-Russe und Alpinist Robert Steiner unter anderem in dem wunderbaren Buch «Allein unter Russen» beschrieben. Selbstgebrannte, der: wird ahnungslosen Besuchern in so gut wie allen Bergregionen angedreht, vor allem aber in Staaten auf der Gebirgsachse Hohe Tatra-Karpaten-­ Kaukasus. Beim S. handelt es sich meist um ungeniessbares Gesöff aus angeblich eigener Herstellung, was man aber so niemals sagen darf. Wie beim —> Enzian und —> Génépi sollte Einheimischen einerseits zwar stets mit einem Lächeln begegnet werden, andererseits sollte endlich mal jemand sagen, dass die ihren Selbstgebrannten künftig selbst trinken können. Stroh: österreichischer Spirituosenhersteller mit fast 200-jähriger Geschichte. Vermarktet heute sein 80-prozentiges Premiumprodukt als in Flaschen abgefülltes «Austria-Feeling». Präsentiert sich neuerdings zudem als Staatengründer der fiktiven «Republic of Stroh», in der aller Spass vom Volke ausgehen soll und wo statt mit Geld in «hochprozentigen Einheiten» gezahlt wird. Kritiker werten die Initiative «Republic of

Hochgenuss

80 Prozent, 8000 Meter: Lag im Hochprozentigen das Geheimnis für Reinhold Messners herausragende Bergkarriere?

www.stroh.at

Nutzern in Eigenarbeit aus lokal verfügbaren, vergänglichen oder lose zusammengefügten Materialien errichtet wird». Dient vor allem im Wintertourismus der Alpen als willkommener Ort des ungehemmten Alkoholkonsums, wobei von der Werbeindustrie geschickt platzierte Begriffe wie Hüttenzauber, Speckknödel und Stubenmusi gleichzeitig Gemütlichkeit suggerieren sollen. Ilsanker, Hubert: legendärer Enzianbrenner aus dem Berchtesgadener Land, den man nicht in wenigen Zeilen beschreiben kann, sondern auf einer seiner Enzianbrennhütten erleben muss. Jagertee, der: österreichisches Nationalheiligtum, das wegen einer EU-Etikettierungsrichtlinie im Rest der Welt nur Hüttentee heissen darf. Heisse Mischung aus diversen aufgebrühten Gebirgskräutern, Wurzeln, Nelken und Zimt plus einer nach eigenem Gutdünken zu wählenden Menge an Obstler und/oder hochprozentigem Rum, Rotwein, Orangen- und Zitronensaft. Wobei nach dem dritten Jager-, Jaga-, Jäger- oder Hüttentee keinen Menschen mehr interessiert, wie viel wovon wirklich drin ist und wie das Zeug eigentlich heisst. Kartoffelschnapspest, die: ungehemmter Konsum von meist —> selbstgebranntem Kartoffelschnaps, vor allem bei den ärmeren Schichten der Alpenregionen Schweiz und Tirol, sowie Auslöser des ersten Alkoholgesetzes 1887 in der Schweiz. Wegen diverser Modegetränke musste das Gesetz in der Folgezeit mehrmals modifiziert werden, zuletzt 2004 wegen der sogenannten Alkopops. Kräuter, die: Sammelbegriff für natürliche Geschmacksverstärker in Alpenspirituosen. Liedgut, das: wird auf Hütten gerne nach dem Genuss diverser Alkoholika intoniert und erinnert häufig an eine lose Abfolge von —> Trinksprüchen. Lässt sich daher im nüchternen Zustand auch nur schwer ertragen. Ist sogar hoch konzentriert in Form von CDs (z.B. «Die 20 schönsten Berglieder») erhältlich. Motorik, die: gerät Kontrolle ausser am Berg manchmal nach Alkoholgenuss so wie die dieses Satzes Wörter. Gedacht werden bei zweitem Schnaps sollte daran deshalb.

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Hochgenuss

Barbara Rasp

Enzianernte in den Berchtesgadener Alpen. Mindestens sieben Jahre wächst eine Wurzel nach, ehe sie erneut ausgegraben wird. 60 bis 70 Wurzelstöcke braucht man für einen Liter Enzianschnaps.

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Stroh» als klares Zeichen dafür, was zu viel Stroh im Kopf bewirken kann. Steinbeisser, der: 1. Süsswasserfisch mit der Fähigkeit der akzessorischen Darm­ atmung; 2. felsenkauendes Fabelwesen aus Michael Endes «Die unendliche Geschichte»; 3. Gattungsname für klare Spirituosen aus einer Salzburger Fabrik, wobei in den als «Alpenschnaps» vermarkteten Produkten von Kirsch über Marille bis Zwetschge in etwa so viel «Alpen» enthalten sein dürfte wie in den Steinbeissern aus 1. und 2. Trinkspruch, der: zumeist in höchst philosophischen Kontext eingebetteter Vierzeiler, der gerne ungefragt und unmittelbar vor dem Alkoholgenuss verbreitet wird – wahrscheinlich zur Anregung der Trinklaune. Die Herstellung eines Bergbezugs ist dabei gemeinhin so zufällig und sinnfrei wie in dem folgenden Beispiel: «Wer die Berge hat begipfelt, wer die Männer hat bezipfelt, wer die Frauen hat gespalten, der soll auch uns gesund erhalten.» Val de Travers, das: Tal im Schweizer Jura und Ursprungsregion für Absinth (—> Fee, die Grüne) mit entsprechend gros­ sen Anbauflächen für Wermut. Litt stark unter dem bis 2005 in der Schweiz geltenden Absinthverbot; wehrte sich dagegen mit angeblich bis zu 80 illegalen Brennereien. Ist heute wichtiger Teil der grenz­

überschreitenden Absinth-Strasse. Whiskytrek, Appenzeller: monothematischer Postenlauf für Whiskyfans durch den Alpstein. Führt zu 27 verschiedenen Berggasthäusern, von denen jedes ein Sonder-Edition-Fässchen des lokalen Whiskyherstellers lagert – beispielsweise hinterm Altar der Wildkirchli-Höhle oder zwischen zwei Baumstämmen am Seealpsee. Wunderschöne Schnapsidee mit Potenzial fürs Tourismus-Marketing-Lehrbuch. Williamine, die: hochprozentige Walliserin auf Williamsbirnenbasis aus dem Hause Morand; enge Verwandte der nicht weniger feurigen Abricotine. Nicht zu verwechseln mit Willa, Willemina, Wilhelmina oder anderen weiblichen Formen von William. Y-Chromosom, das: geschlechtsdefinierender Genträger, auf dem neben dem Drang zum Gipfel noch mehr der Drang nach diversen Gipfeldrinks enthalten ist. Zirbe, die: auch Zirbel, Zirbelkiefer oder Arve. Alpiner Alleskönner aus der Familie der Kieferngewächse. Wächst vorzugsweise oberhalb von 1500 Metern. Dient unter anderem als Schutzwald, Schlafzimmer, Zirbenkernspender, Zirbenölquelle, Thema für Themenwege – und aromatisiert mit nur wenigen Zapfen einen ganzen Liter Schnaps. TEXT: DOMINIK PRANTL



Dan Patitucci

Sonne scheint, Regen rinnt: Hardshells sind bei jedem Wetter Grundbestandteil der Bergausrüstung.

OFFEN SEIN, DICHT HALTEN Laminate machen, vereinfacht gesagt, den Unterschied aus zwischen einem Plastiksack und einer outdoor-tauglichen Hardshelljacke. Was ein Laminat leisten soll, ist klar: Schweiss darf durch, Regen nicht. Was einfach klingt, ist heute fast ein eigener Forschungszweig, der des Rätsels Lösung, aber auch

Expert

den Grenzen der Physik immer näherkommt.

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Seit fast fünfzig Jahren wird an Membranen geforscht. Im Jahr 1969, als Neil Armstrong seine Füsse auf den Mond setzte, entdeckte Bob Gore das Prinzip von ePTFE. Ein Zufall, sicherlich. Trotzdem erinnert kein Ausrüstungsthema stärker an Weltraumforschung als die Suche nach einem Laminat, das wasserdicht und dampfdurchlässig zugleich ist. Beispiel gefällig? ePTFE steht für expandiertes Polytetrafluorethylen. Daraus werden erst Membranen, dann Laminate und schliesslich 2,5- oder 3-Lagen-Jacken gemacht, deren MVTR unter anderem von der DWR abhängt. Beim Wasserdampfdurchgangswiderstand kommt es auf das Partial-

druckgefälle an, und neuerdings sind auch PFC, C6 und C8 kaufentscheidend. Sie sind verwirrt? Dann sind Sie in bester Gesellschaft – selbst Mitarbeiter der Pionierfirma Gore gestehen ein, dass die Vielzahl ihrer Technologien «manchmal zu Verwirrung führen kann».

Überzogene Erwartungen Verwirrung hin oder her: Gute Technik erleichtert das Leben. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn ohne Funktionsjacke würde ein heutiger Tourenrucksack schon wegen


tivität/Dampfdurchlässigkeit hängt von vielen Faktoren ab. So vielen, dass es laut Liss «nur sehr wenige Situationen gibt, in denen Laminate Idealbedingungen haben». Schon im Ruhezustand schwitzt ein Mensch ca. 160 ml pro Stunde. Je nach Anstrengung kann der Wert bis auf drei Liter pro Stunde steigen. Damit all der Wasserdampf überhaupt die Membran passieren kann, ist ein Partialdruckgefälle nötig: Die Luftfeuchte muss aussen geringer sein als innerhalb der Jacke. Und auch die Temperatur sollte aussen mindestens 15 Grad Celsius niedriger als innen sein. Ab etwa 20 Grad Aussentemperatur oder bei tropischer Luftfeuchtigkeit sind die Grenzen der Physik erreicht – der Schweiss kann nicht mehr entweichen. Dazu kommt: Eine körpernah geschnittene Jacke ist vorteilhaft für das Partialdruckgefälle. Unter weiten Jacken staut sich der Wasserdampf, was die Ableitung erschwert. Enorm wichtig ist die Belüftung der Jacke – Pitzips, also Unterarm-Reissverschlüsse, sind elementar für Hardshells, die bei schweisstreibenden Angelegenheiten genutzt werden. Und auch auf die restliche Bekleidung kommt es an. Alle Schichten müssen darauf ausgelegt sein, den Schweiss vom Körper weg zu transportieren.

So wird gemessen Bei all den Faktoren und der Wichtigkeit, die der Atmungsaktivität beigemessen wird, sehnen sich Kunden nach vergleichbaren Zahlen. Wie viel Schweiss geht wirklich durch ein Laminat durch? Zwei Messmethoden sind gängig. Die eine ist die sogenannte

Bei seinem neuen Active-Laminat verzichtet Gore auf ein Aussentextil. So perlt Wasser besser ab, dafür ist die Membran weniger geschützt.

Expert

der notwendigen Wechselwäsche locker das Doppelte wiegen. Zu Recht sind Funktionsjacken einer der Ausrüstungsgegenstände, die am Berg nicht mehr wegzudenken sind – und darüber hinaus, ihr Siegeszug reicht bekanntermassen bis in die Innenstädte. All die Technik weckt bei den Outdoor- und Alpinsportlern hohe Erwartungen. Und die sind oft überzogen, sagt Marcus Liss, Experte für Laminate und Hardshells bei Bächli Bergsport. «Durch Marketing werden falsche Hoffnungen geweckt. Die heutigen Produkte sind sehr leistungsfähig, aber sie können nicht zaubern und die Physik überlisten», sagt Liss. Relativ wenig List ist nötig, um eine Jacke wasserdicht zu machen. Zwar kann UV-Strahlung die Membran auf lange Sicht schädigen und so die Wasserdichtheit kompromittieren. Auch häufiges Waschen oder der Abrieb durch Rucksackträger können die Membran schädigen. Diese Gefahr besteht vor allem bei den ganz leichten Funktionsjacken, deren Membranstärke und Oberstoffe extrem dünn sind. Im Normalfall aber gilt: Selbst wenn die Imprägnierung durch Fett, Schmutz oder Abrieb geschwächt ist, bleibt eine Funktionsjacke wasserdicht. Dennoch halten viele Besitzer ihre Jacken für undicht, wenn die Regentropfen nicht mehr so schön abperlen wie kurz nach dem Kauf. Aus diesem Grund: Ist die DWR (Durable Water Repellency, die wasserabweisende Imprägnierung) aufgebraucht, saugt sich der Oberstoff des Laminats mit Wasser voll. Die Jacke ist weiterhin «dicht», erschwert aber den Dampfdurchlass von innen um bis zu 80 Prozent. Das führt letztlich zum gefürchteten Kondensat: Der Schweiss passiert die Membran nicht mehr, sondern nässt von innen. Denn durch einen feuchten Lappen kann man keinen Dampf leiten. Dieser Effekt kann selbst bei intakter DWR auftreten. «An die Grenzen stossen die Textilien meist nicht wegen der Regen- und Winddichtigkeit, sondern im Bereich der Atmungsaktivität», sagt Liss. Die viel zitierte Atmungsak-

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Bechermethode. Sie ist preiswert, simpel und beruht darauf, dass der durch die Membran passierte Dampf gewogen wird. Das Ergebnis nennt sich MVTR (Moisture Vapor Transmission Rate) und wird in Gramm pro Quadratmeter pro 24 Stunden angegeben – je höher der Wert, desto besser. 10’000 g/m2 /24h beispielsweise wäre ein sehr schlechter Wert. Das Problem: Mit dem MVTR-Wert sind eigentlich nur Jacken eines Herstellers untereinander vergleichbar. So gut wie nie wird angegeben, welche Testbedingungen herrschten – Stichwort Partialdruckgefälle. Und natürlich ist davon auszugehen, dass jeder Hersteller dafür sorgt, dass unter Idealbedingungen getestet wird. Vergleichbarer ist die Methode des Hautmodells nach ISO-Norm 11092. Sie ist teurer und komplexer als die Bechermethode. Im Test wird das Laminat auf eine 35 °C warme Heizplatte gelegt, die Wasserdampf aus «Poren» aufsteigen lässt. Schweiss, der nicht durch das Laminat passiert, kühlt die Platte ab. Muss die Platte stetig nachgeheizt werden, ist das Laminat also weniger atmungsaktiv. Das Ergebnis nennt sich RET-Wert (Resistance to Evaporating Heat Transfer). Er bezeichnet grob gesagt den Aufwand, der zum Nachheizen der Platte nötig ist. Je niedriger der RET-Wert, desto dampfdurchlässiger ist ein Laminat. Ein RET-Wert kleiner als drei gilt als sehr gut.

Expert

Wer braucht was?

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Die gute Nachricht ist: Für fast jedes Vorhaben gibt es mittlerweile ein passendes Laminat. «Es muss nicht immer Gore sein, obwohl die Anziehungskraft der Marke immer noch sehr gross ist», sagt Liss. Auch Markennamen wie Dermizax, Pertex, eVent,

Gute Belüftungsöffnungen, etwa grosse Pitzips, tragen entscheidend zum Komfortklima bei.

Arc’teryx

Hohenstein Institute

Beim Hautmodell-Test wird die Dampfdurchlässigkeit von Laminaten getestet.

DryQ oder Polartec NeoShell stehen für leistungsfähige Membranen. Die schlechte Nachricht: Alle haben ihre eigenen Vor- und Nachteile, was Robustheit, Dampfdurchlass, Tragekomfort und Pflegeaufwand anbelangt. «Welche Atmungsaktivität für welchen Träger bzw. welchen Einsatzbereich nötig ist, lässt sich kaum sagen», gibt Liss zu bedenken. Zwei primäre Fragen sollten sich Berg­ sportler daher stellen, wenn sie vor dem Kauf einer neuen Jacke stehen: Wie stark werde ich die Jacke beanspruchen? Und wie wichtig ist mir bestmöglicher Dampfdurchlass? Je nach Einsatzgebiet lässt sich dann beispielsweise entscheiden, ob eine mikroporöse oder eine porenlose Membran sinnvoller wäre. Porenlose Membranen brauchen keine schützende Beschichtung aus Polyurethan. Sie sind daher dampfdurchlässiger und auch elastischer als mikroporöse Membranen. Und natürlich spielt auch eine Rolle, wie die Membran letztlich laminiert wird. Bei Drei-Lagen-Laminaten wird die Membran zwischen einen Oberstoff und ein Innenfutter laminiert. Liss empfiehlt sie für anspruchsvolle Alpineinsätze mit hoher Beanspruchung, bei denen gute Atmungsaktivität gefordert ist. Vorteile sind die Robustheit und hohe Funktionalität, Nachteile das meist höhere Gewicht und bisweilen der Tragekomfort. Sogenannte 2,5-Lagen-Laminate sind auf der Innenseite nur dünn be-


schichtet. Sie sind leichter und lassen sich kleiner verpacken, wegen geringerer Membranstärke und Wassersäule sind sie sehr atmungsaktiv. Nachteil ist die mangelnde Dauerhaltbarkeit. Bei 2-Lagen-Laminaten muss man meist Abstriche in der Atmungsaktivität machen, sie eignen sich laut Liss für moderate Anwendungen mit mittlerer Beanspruchung. Da einem Laminat seine Robustheit nicht anzusehen ist, sollte man gerade in puncto Haltbarkeit der Fachberatung in den Bächli Bergsport Filialen vertrauen. Unabhängig von der Atmungsaktivität braucht ein Kletterer eine andere Jacke als ein Wanderer.

ORTOVOX / Johannes Mair

Für härtere Einsätze wie Alpinklettern sollten Laminate über eine hohe Abriebfestigkeit verfügen.

Und die Umwelt?

PFLEGE Funktionsjacken sollte man wie ein normales Textilprodukt behandeln: «Wird es regelmässig getragen, sollte es auch regelmässig gewaschen werden, denn Cremes, Fette und Salze schaden den Membranen», empfiehlt Liss. Schonendes Waschen (Herstellerangaben beachten!) ist Pflicht, denn hohe Schleudergänge können der Membran wiederum mechanisch schaden. «Perlen Wassertropfen nach der Wäsche nicht mehr wie gewohnt ab, dann unbedingt imprägnieren», empfiehlt Liss, «am besten durch Aufsprühen». Die Imprägnierung muss meist noch durch Hitze aktiviert werden – per Wäschetrockner oder Bügeleisen auf tiefer Stufe.

dass eine Membran ohne Oberstoff anfälliger für Rucksackträger und raue Aktivitäten wie Bergsteigen ist. Am Geld wird es jedenfalls nicht scheitern: 2015 gab Gore bekannt, die «anhaltende Debatte über PFCs ernst zu nehmen» und lobte ein 15 Mio. Dollar teures Forschungsprogramm nach alternativen Technologien aus. Die Suche nach den Grenzen der Physik geht also weiter.

TEXT: THOMAS EBERT FOTOS: ZVG

Expert

Was die Funktion einer «Funktionsjacke» betrifft, hängt viel von ihrer Imprägnierung ab. Die Behandlung der Jacken mit perfluorierten Chemikalien (PFC), die diesen Job am besten erledigen, hält die gesamte Branche seit einigen Jahren auf Trab – sie stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Immerhin sind die Hersteller fast ausnahmslos von den quasi nicht abbaubaren C8-Molekülen auf die etwas gemässigteren sechskettigen Moleküle umgestiegen. Zwar gibt es bereits heute PFC-freie Imprägnierungen. Doch die hält nicht nur Markt­ riese Gore für zu wenig leistungsfähig (siehe Interview). Mit dem schnellen Abfall der wasserabweisenden Wirkung nicht fluorierter DWR könne «sicherlich kein Kunde zufrieden» sein, so das Firmenstatement. Auch Marcus Liss sagt zum Thema PFC-Alternativen: «Es gibt noch sehr wenig Produkte auf dem Performance-Level, wie es unsere Kunden benötigen.» Deshalb versuchen manche Hersteller, ganz auf Oberstoffe zu verzichten. Ende 2015 brachte Gore seine neue «Active»-Kollektion auf den Markt, bei der kein Oberstoff mehr über der Membran liegt. Die Membran selbst soll wegen ihrer Struktur über eine «dauerhaft abperlende» Beschichtung verfügen. Laut Gore wurde die Kollektion wegen der hohen Anstrengungen «speziell für Läufer sowie Strassenradsportler» entwickelt. Ein anderer Grund dürfte sein,

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INTERVIEW MIT MICHELE STINCO «MAN KANN DIE TEXTILIEN SCHON WAHNSINNIG STRESSEN» Michele Stinco war viele Jahre als Textildesigner für verschiedene namhafte Outdoor-Hersteller tätig. Mit polychromelab hat er seine eigene Firma gegründet, die auf die Erforschung und Herstellung von Hochleistungstextilien spezialisiert ist.

Michele Stinco

Expert

Jürg Buschor

Polychromelab ist ein Testlabor für Funktionskleidung. Was passiert dort? In Serfaus machen wir angewandte Forschung, also Freibewitterung begleitet von Produkttests. Wir suchen und geben Antworten auf die üblichen Fragen: Wie wirken Wind, Wetter, Wasserdruck und Strahlung auf die Materialien ein? Auf fast 2500 Metern kann man die Textilien schon wahnsinnig stressen. Die UV-Strahlung frisst die Membranen und DWR auf, sodass auch die Wassersäule sinkt. Speziell bei Sommerprodukten ist eine Jacke nach drei bis vier Jahren einfach nicht mehr dicht. Danach analysieren wir das Material und versuchen, neue Komponenten zu finden, die den Stress aushalten.

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Wie findet man solche neuen Komponenten? Die Marktführer für Laminate kaufen Komponenten und versuchen, aus denen etwas zu entwickeln. Man muss aber die Fasern analysieren. Was ist ein Polyamid, was ist ein Polyester? Wie sind die Durchschnitte, wie voll ist die Faser, wie viel Luft ist drin? So kann man ganz tolle Produkte entwickeln, auch wenn es natürlich länger dauert. Was können aktuelle Laminate überhaupt leisten? Dieses «Ich will eine wasserdichte Jacke

haben» ist in den Köpfen der Kunden drin, und das leistet die Membran. Aber Membranen sind nicht die absolute Wahrheit in Sachen Atmungsaktivität. Da gibt es viel bessere Materialien. Man darf der Indus­ trie aber keinen Vorwurf machen, denn die Technologie ist sehr stark ausgereizt. Das heisst, wasserdicht und atmungsaktiv gleichzeitig gibt es nicht? Die Physik setzt die Grenzen. Ein 3-Lagen-Laminat ist aussen mit einem wasser­ abperlenden Mittel behandelt – das Fluorcarbon-Thema, das derzeit zur Genüge diskutiert wird. Darunter ist ein Gewebe, das punktuell oder flächig mit der Membran verklebt ist, so wie auch das Innenfutter. Dreilagenlaminat ist da eigentlich irreführend, es sind sieben oder acht Lagen. Je mehr Kleber, je dicker die Membranen, desto weniger atmen die Jacken. Deshalb wurde die Unterarmbelüftung erfunden. Stichwort Fluorcarbon – was tut sich im Bereich PFC? Gesucht wird viel. Aber wenn wir auf C8 oder C6 verzichten würden, wären wir im Jahre 1930, was Produktperformance im Segment DWR betrifft. Die Alternativen sind nicht ölbeständig: Sobald die Jacke mit Fett in Verbindung kommt, Sonnencreme beispielsweise, frisst sich der Abperleffekt auf. Sie funktionieren zwar im Labor gut, sind aber lange nicht so robust und wasserabweisend wie C6-C8-Kombinationen. Was auf jeden Fall passiert: Jede Marke versucht händeringend, sich ein anderes Image zu verschaffen. Was ist in Zukunft noch möglich? Membranen werden aus anderen Materialien gefertigt werden. Polyester, Polyurethan, PTFE und Mischungen davon, z.B. Polyurethan-Keramik. Das ist u.a. ein Projekt für nächstes Jahr: Vier identische Jacken herstellen, alle gleich dick, aber mit vier unterschiedlichen Membranen. So findet man heraus, welche Membran am besten arbeiten kann. INTERVIEW: THOMAS EBERT


©2016 W. L. Gore & Associates GmbH. GORE-TEX, GUARANTEED TO KEEP YOU DRY, C-KNIT, GORE und Bildzeichen sind Marken von W. L. Gore & Associates

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PASSION FÜR BÜCHER In den zehn Filialen von Bächli Bergsport gibt es eine der schweizweit grössten Auswahlen von Büchern und Karten. Grund dafür ist der ausgeprägte Service­gedanke des Unternehmens

Expert

und die Passion von Firmenpatronin S ­ usanna Bächli.

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«Bücher und Karten spielen in unserem Leben ein sehr wichtige Rolle», sagt Susanna Bächli, legt einen Kletterführer vor sich auf den Tisch und fährt fort: «Wir hatten lange Zeit keinen Fernseher daheim und haben deshalb unzählige Abende damit verbracht, Bergliteratur zu verschlingen, uns durch Kletter- oder Skitourenführer inspirieren zu lassen oder auf topografischen Karten ­Routen zu planen und uns ganze Landschaften vorzustellen. Unsere private Bergsport-

bibliothek ist riesig». Es besteht kein Zweifel, Bücher sind für Susanna Bächli eine Herzensangelegenheit. Kann es deshalb erstaunen, dass sie die Bücherabteilungen der zehn Filialen zur «Chefsache» erhoben hat? Mit viel Fachwissen und Passion kümmert sie sich um den Wareneinkauf, prüft die unzähligen Buchneuerscheinungen der verschiedenen Fachverlage und stellt danach ein bedarfsorientiertes Angebot zusammen, das selbst auf die einzelnen Filialen abge-


stimmt ist. «Schliesslich sind in Basel andere Kletterführer gefragt als in Lausanne oder Chur», wie Susanna Bächli erklärt. Programmschwerpunkt ist Führerliteratur für die spannendsten Ziele und alle relevanten Bergsportdisziplinen – von Skitouren, Freeriding, Schneeschuh, Bouldern, Sportklettern bis zu klassischen Hochtouren. Auch Sachbücher sind gefragt, egal, ob darin das Basiswissen zum Thema Lawinengefahr und Tourenplanung erklärt wird oder Tipps für effektives Sportklettertraining vermittelt werden. Auch literarische Werke stehen im Angebot – gerade letztens hat der beliebte Schweizer Autor Emil Zopfi sein neuestes Werk im Rahmen einer Buchvernissage in der Bächli Filiale Oerlikon vorgestellt. «Bildbände verkaufen sich leider eher schlecht», so Bächli, «sehr zu meinem Bedauern natürlich, weil es mir gerade diese Bücher persönlich angetan haben.» Auch in den Buchabteilungen wird Service und Beratung grossgeschrieben. Bei Bedarf werden auf Kundenwunsch auch mal seltene Spezialkarten organisiert. Alle Bücher werden fortlaufend remittiert – damit haben die Bächli Kunden die Gewissheit, immer die aktuellste Ausgabe eines Titels zu kaufen. Beim Gedanken an veraltete Bücher muss Susanna Bächli schmunzeln und erzählt eine Episode mit ihrem Schwiegervater und Firmengründer Heinz Bächli: «Wir waren beim Sportklettern im Waadtland, als wir am Wandfuss einen total verwitterten und von den Ziegen angeknabberten Kletterführer fanden, den jemand liegen gelassen hatte. Denselben Führer hatte Heinz auch im Bücherregal seines Ferienhauses. Wir nahmen also das alte Buch mit und legten es im Ferienhaus auf den Küchentisch, um Heinz Bächli etwas zu foppen. Der ist uns prompt auf den Leim gegangen. Er sah den Führer auf dem Tisch und wetterte: Die Jungen haben schon wieder meinen Führer genommen und schau mal, Margrit, wie er dieses Mal zurückkommt ...»

T H C I LE N E G TRA AC T I R CO NT A R E T DEU EKKIN G SER IE TR

TEXT UND FOTO: JÜRG BUSCHOR Sportco AG · Worblentalstrasse 28 CH-3063 Ittigen · Fon: +41 31 924 15 15 www.sportco.ch

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3 X 3 – NEUES AUS DER WELT DES BERGSPORTS UMFASSENDER SCHUTZ ... im wahrsten Sinne des Wortes: Mit ihrem stark gekrümmten Rahmen und den gebogenen Gläsern umschliesst die Tycane Pro Outdoor das Gesicht besonders gut. Flexible, rutschfeste Bügel halten die Brille zusätzlich in Position – auch unter einem Helm. Die polsternde, schweissabsorbierende Schaumstoffauflage und das Kopfband können bei Bedarf abgenommen werden. Die Filter lassen sich dreifach im Winkel verstellen, sodass die Gefahr, geblendet zu werden, weiter gemindert wird. An der h ­ ydrophoben Beschichtung perlen Wassertropfen, Schmutz und Staub schnell ab. Die Brille hat ein besonders grosses Sichtfeld. Ihre sehr guten Filtereigenschaften qualifizieren sie für extreme Lichtverhältnisse. Ein Multitalent für die unterschiedlichsten Bergsportarten im Sommer wie im Winter.

ADIDAS TYCANE PRO OUTDOOR S/L x Preis: CHF 225.-

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Ein Zelt, das sich vom Frühling bis in den Herbst einsetzen lässt, genug Platz für zwei Personen bietet und dennoch äusserst leicht ist? Durchaus machbar. Das Marmot Force 2P wiegt lediglich 1,4 Kilogramm und lässt sich kompakt verpacken. Der Innenraum des freistehenden Kuppelzelts ist an Kopf und Füssen erweitert und von beiden Seiten über zwei kleine Apsiden mit wettergeschütztem Eingang zugänglich. In zwei Innentaschen kommen kleine Gegenstände unter, eine spezielle Lampentasche sichert die Abendbeleuchtung. Das Aussenzelt aus Ripstop Nylon ist Silikon-/PU-beschichtet, die Nähte sind getaped. Ein zusätzlicher Zeltboden ist optional erhältlich.

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MARMOT FORCE 2P

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KLETTER-MEISTER Bei der Entwicklung des Five Ten Quantum waren die Huberbuam Thomas und Alexander mit am Werk. Herausgekommen ist ein ausgeklügelter Kletterschuh für anspruchsvolle Routen. Eine besonders steife, stabilisierende Mittelsohle und die sehr präzise Schnürung prädestinieren ihn für steile Wände, Überhänge und kleine Tritte. Seine leicht vorgebogene und am Ballen etwas weiter geschnittene Form erhöht gleichzeitig den Komfort bei langen Kletter-Einheiten. Das synthetische Obermaterial liegt angenehm auf der Haut, die weiche, perforierte Zunge passt sich gut an die Fussform an. Für eine satte Reibung ist der Schuh mit der bewährten Stealth Rubber C4-Sohle ausgestattet.

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Der GPS-Computer fürs Handgelenk hat zahlreiche Trainingsprogramme für diverse Sportarten bereits voreingestellt. Über die Online-Plattform Movescount. com können Nutzer ihre Trainingsdaten mit denen anderer Sportler vergleichen. Die Darstellung des Farb-Touchscreens ist auch bei hellem Sonnenlicht noch gut erkennbar. Die Spartan Ultra bietet neben der Navigation per GPS/ GLONASS-Empfänger auch einen barometrischen Höhenmesser. Für die Herzfrequenzmessung ist ein Smart Sensor optional erhältlich. Die Uhr ist bis zu einer Tiefe von 100 Metern wasserdicht. Das Gehäuse aus polyamid-verstärkter Glasfaser ist äusserst robust, das Display aus Saphirkristallglas besonders stoss- und kratzresisistent. Die Lünette ist wahlweise in Edelstahl oder Titan erhältlich. Die Batterielaufzeit gibt Suunto mit 26 Stunden an. Schon jetzt sind Updates angekündigt: Ab Herbst 2016 können Besitzer weitere Trainingspläne und die Abenteuerfunktion «Brotkrümelansicht» auf die Uhr spielen.

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LEBENSVERSICHERUNG

VOLLE TÖNUNG «Ich benötige eine neue Sportsonnenbrille für unterschiedliche Aktivitäten und überlege, ob ich dieses Mal eine mit photochromatischen Gläsern nehmen soll. Welchen Vorteil bieten die selbsttönenden Gläser tatsächlich?» Josef Dahinden, Kriens

BÄCHLI BERGSPORT ANTWORTET: Photochromatische Gläser passen sich automatisch an die jeweilige Lichtintensität an. Je stärker die UV-Strahlung, desto dunkler werden die Filter – und umgekehrt. Das Spektrum der Filter reicht dabei von hellen, beinahe klaren Gläsern bis hin zu einer starken Abdunklung von etwa 85 Prozent. Wunder darf man allerdings nicht erwarten: Das Abdunkeln oder Aufhellen kann je nach Hersteller knapp eine halbe Minute dauern. Blitzschnelle Wechsel zwischen Licht und Schatten, wie beim Mountainbiken oder Skifahren, können photochromatische Gläser (noch) nicht im Handumdrehen ausgleichen. Der grosse Vorteil der Selbsttöner ist, dass für den ganzen Tag nur eine Brille nötig ist. Ob im Wald zur Morgendämmerung oder bei gleissender Mittagssonne auf dem Gletscher: Photochromatische Gläser bieten stets den richtigen Durchblick, sodass man sich im Idealfall eine Extra-Brille sparen kann. Und wer seine Brille immer auf hat, schützt die Augen auch konstant vor Insekten, herabhängenden Ästen, auffliegenden Steinchen oder anderen mechanischen Beeinträchtigungen. Terminvereinbarung:

Leicht und stabil: Die 12 mm breite Dynex-Schlinge von Black Diamond dient der Selbstsicherung beim Sport- und Felsklettern. Der Link Personal Anchor besteht aus fünf rundgenähten Schlaufen, von denen jede einzelne eine Mindestbruchlast von 14 kN besitzt und damit voll belastbar ist. Die Nennkraft beträgt 22 kN. Damit ist die Schlinge trotz ihres mit 50 g geringen Gewichts besonders fest und erlaubt obendrein vielseitige Verbindungs- und Anschlagmöglichkeiten. Basis- und Endschlaufen können sowohl am Standplatz eingebunden als auch eingehangen werden. Die Schlinge ist farblich kodiert und so bei Bedarf schneller zur Hand.

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WARME STUBE Wenn es um Nässe geht, hat Kunstfaser einen grossen Vorteil gegenüber Daune: Sie trocknet schneller und wärmt auch noch in feuchtem Zustand. Der Litesyn 1000 ist mit einem Vlies aus vollständig rezykliertem Polyester gefüllt, das sich trotz seiner hohen Bauschkraft gut komprimieren lässt. Auch das seidig-weiche Innen- und Aussenmaterial aus 30 Denier starkem Nylon trocknet sehr schnell. Der Mumienschlafsack kann das ganze Jahr über eingesetzt werden, bei Temperaturen von bis zu -4 °C schläft man noch sehr komfortabel. Ein verstellbarer Wärmekragen verhindert, dass Wärme über den Hals verloren geht.

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Päivi Litmanen Produktmanagerin Sonnenbrillen


WIE AUF WOLKEN Die Teva Universal Sandale ist ein echter Klassiker. Mit der Float-Lite-Laufsohle ausgestattet, bietet sie neuerdings noch mehr Gehkomfort. Die Gummisohle ist besonders gut gedämpft und die Energie des Auftritts wird aktiv zurückgefedert. Trotz ihres geringen Gewichts ist die Sohle griffig und sehr robust. Zwischen- und Obersohle bestehen aus elastischem EVA, das vorgeformte Fussbett ist mit hautschmeichelndem Leder überzogen. Die weich gepolsterten Nylon-Riemen lassen sich mit Klettverschlüssen schnell und einfach individuell anpassen.

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MINI-KÜCHE Der Optimus Crux ist zusammengeklappt nur wenige Zentimeter gross und passt genau in die Ausbuchtung am Boden einer Standard-Gaskartusche, wo er durch den mitgelieferten Transportbeutel fixiert wird. Mit einer Leistung von 3000 Watt hat der Kleine trotzdem ausreichend Power – um einen Liter Wasser zum Kochen zu bringen, benötigt er gerade mal drei Minuten. Zugleich ist er recht sparsam im Verbrauch und die Flamme lässt sich sehr präzise regulieren. Durch den grossen Brennerkopf wird die Hitze sehr gleichmässig verteilt, Essen brennt nicht so schnell an. Ein passender, aufsteckbarer Windschutz ist separat erhältlich.

OPTIMUS CRUX

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Beim Bouldern, Klettern oder fürs Yoga im Anschluss: Das Phoebe Top von Prana sieht nicht nur super aus, sondern ist auch funktional. Mit seinem hohen Stretch-Anteil macht es jeden Move mit. Das Material, ein Mix aus Polyester und Elasthan, liegt angenehm auf der Haut und trocknet in kurzer Zeit. Die breiten Träger sind im Rücken gekreuzt, ein Bustier ist im Oberteil integriert. Ebenfalls top: Das Phoebe ist bluesign zertifiziert. Das heisst, es ist umweltfreundlich hergestellt und enthält keine schädlichen Chemikalien.

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Partnercheck

Norrøna ist für funktionale, farbenfrohe ­Outdoor-Bekleidung und Rucksäcke bekannt.

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MEHR ALS NUR BUNT Leuchtende Farben, gewagt miteinander kombiniert, lässige Schnitte und ungewöhnliche Designs – so kennen die meisten die norwegische Alpinsportmarke Norrøna. Doch die «Styler» aus dem Norden beweisen nicht nur im Bezug auf die Optik Mut, sie sind auch Vorreiter in Sachen Funktion und Material.

Geschäftsführer Jørgen ­Jørgensen ist mit Schnittmustern und Nähmaschine vertraut.

neuen Standort in der Innenstadt von Oslo. Sechs Jahre später ist die Belegschaft auf 15 Mitarbeiter angewachsen. «Gegenwärtig sind es über 80», berichtet der Urenkel. Dazu kommen nochmal etwa halb so viele Angestellte im Handel. «Damals wie jetzt war es die Motivation, Menschen durch unsere Ausrüstung einmalige Naturerfahrungen zu ermöglichen. Mein Urgrossvater war ein leidenschaftlicher Handwerker und er liebte es, in der Natur zu sein. Beide Interessen kombinieren zu können, spornte ihn an.»

Partnercheck

«Finde ich cool», entgegnet Jørgen Jørgensen, wenn man ihn darauf anspricht, dass er den gleichen Namen wie sein Urgrossvater trägt. Den damaligen Gründer von Norrøna und seinen Urenkel, den heutigen Geschäftsführer, verbindet mehr als nur der Name: Allem voran das Faible für die Entwicklung hochwertiger Outdoor-Produkte. «Im Grunde war es immer klar, dass ich die Firma übernehmen würde», berichtet der 43-Jährige. Schon als Junge hält er sich oft in der Firma auf. Anfangs übernimmt er einfache Aufgaben in der Produktion. Später lernt er, mit der Nähmaschine umzugehen. Er beginnt mit Materialien zu spielen, selbst Produkte herzustellen. Nur einmal, während seines betriebswirtschaftlichen Studiums, reizt ihn das Finanzgeschäft. «Aber da hat mir etwas gefehlt. Ich wollte nicht nur Geld hin und her bewegen. Ich mag es, Dinge zu entwickeln, etwas herzustellen.» Wie sein Urgrossvater: Am 29. April 1929 gründet Jørgen Jørgensen Senior in Oslo die J. J. Norrøna Sportartikel- und Lederfabrik. Norrøna, das bedeutet «altnordisch», und weil sich Jørgensen seiner Herkunft verpflichtet fühlt, ziert neben seinen Initialen auch ein mit Ski und Schild ausgestatteter Wikinger, ein «Birkebeiner», das anfängliche Firmenlogo. Gemeinsam mit zwei Näherinnen fertigt der gelernte Sattler zunächst Rucksäcke, Zelte und verschiedene Lederartikel. Auch von einem Bankrott im Jahr 1933 lässt sich Jørgensen nicht entmutigen. Bereits im Folgejahr wagt er den Neustart. Dieses Mal läuft es besser: Das Unternehmen wächst, zieht bald an einen

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In den 30ern liegt ein Schwerpunkt der Produktion auf Rucksäcken, Zelten und verschiedenen Lederartikeln.

Für extreme Ansprüche

Partnercheck

1948 übernimmt sein Sohn Bjarne die Geschäftsleitung und ergänzt die Produktion um einen Handel mit Garten- und Camping­ artikeln. Anfang der 70er-Jahre überträgt er das Unternehmen wiederum an seinen Sohn, Ole Jørgen, der sich wieder ganz auf die Entwicklung von Rucksäcken, Zelten und Outdoor-Bekleidung konzentriert. Dazu holt er sich die Unterstützung von Tomas Carlstrøm, dem Gründer des später in ganz Skandinavien bekannten Bergsportladens «Skandinavisk Høyfjellsutstyr». Eine stimmige Verbindung: Der begeisterte Kletterer und leidenschaftliche Tüftler wird für 36 Jahre mit Norrøna zusammenarbeiten. In dieser Zeit ist er massgeblich an vielen Innovationen beteiligt. Kurz nach seiner Ein-

MEILENSTEINE ZEITLEISTE

1976 fertigt Norrøna Bergjacken und -hosen aus Baumwollstoff.

stellung präsentiert Norrøna «Ravneskar», das erste Tunnelzelt, das über zwei Eingänge verfügt. Im gleichen Jahr stattet das Unternehmen die ersten Rucksäcke mit gepolsterten Hüftgurten aus. 1975 stellt man den ersten winddichten Arktis-Anorak vor. 1977 fertigt man als erster Hersteller in Europa den Prototypen einer Jacke aus GoreTex. «Auch jetzt schaut Carlstrøm noch ab und an vorbei», erzählt Jørgensen Junior. Oftmals kommen Alpinisten mit konkreten Wünschen auf Norrøna zu – einer Jacke, einem Rucksack, die extremen Ansprüchen genügen sollen. In den 70ern und 80ern rollt eine wahre Expeditionswelle über die Berge der Welt, bei vielen Erstbegehungen sind Produkte von Norrøna mit dabei. Heute ist die Bedeutung der Expeditionen in den Hintergrund gerückt. An ihrer Stelle steht der tägliche Einsatz der Prototypen. «Unsere Tester sind Menschen, die ständig draussen in den Bergen sind», erzählt Jørgensen. Die Produkte werden dabei genauso beansprucht wie während weniger häufigen, aber langen Touren.» Viele Produkte werden über einen Zeitraum von drei Jahren entwi-

1953

1969

Norrøna zieht um an einen neuen Standort in Oslo

44 1929 Jørgen Jørgensen gründet die J. J. Norrøna Sportartikel- und Lederfabrik

1948

1971 Ole Jørgen Jørgensen übernimmt die Unternehmensleitung


Seit 1988 befindet sich der Hauptsitz von Norrøna in Hvalstad vor den Toren Oslos.

ckelt: Die Prototypen werden im Hauptsitz, der sich vor den Toren Oslos in Hvalstad befindet, entworfen und in kleinem Umfang produziert. Das Feedback der Tester fliesst unmittelbar in die Verbesserung der Produkte ein. Erst in der dritten Saison werden Verkaufsmuster an die Händler ausgegeben.

Mut zu Neuem Mit Beginn des neuen Jahrtausends wächst bei Norrøna die Bedeutung des Designs. Und der Mut, Grenzen zu verschieben. «Ich mache nicht gerne immer wieder dasselbe», sagt Jørgensen. «Es ist wichtig, sich weiterzuentwickeln.» Als bei den anderen Herstellern noch dunkle, gedeckte Farben dominieren, bringt Norrøna die erste Freeride-Kollektion in leuchtend bunten Farben auf den Markt. Ausschlaggebend: «Einige befreundete Sportler fragten uns, ob wir nicht eine eigene Produktlinie nur für Freerider machen könnten.» Damit fällt man auf, hebt sich von der breiten Masse ab. Das Ergebnis: Die Bekanntheit der Marke wächst rasant. Mit dem Begriff «Loaded Minimalism» fasst man 2002 die Design-Philosophie zusammen: Dahinter verbirgt sich die Absicht, schnörkellose Produkte herzustellen, die zugleich alle essenziellen Details aufweisen. Aber: Designgrundsätze sollen nicht über der Qualität stehen. Das oberste Ziel bleibt die Herstellung funktionaler und langlebiger Produkte. Seit Jørgen Jørgensen 2005 die Leitung von Norrøna übernommen hat, verzeichnet das Unternehmen ein Wachstum von knapp 20 Prozent. Noch immer ist ein Wikinger das

Markenzeichen von Norrøna. Und – ganz in der Tradition der Nordmänner, wagt sich auch Jørgensen auf Neuland, erschliesst den europäischen Markt und treibt ihn vo­r an. Schweden, Deutschland und die Schweiz sind heute die wichtigsten Exportländer. 2012 wird Jørgensen von Ernst & Young zum Unternehmer des Jahres ausgezeichnet. «Ich denke, ein Teil unseres Erfolgs liegt darin begründet, dass wir Produkte für Aktivitäten entwickeln, welche die Mehrheit der Mitarbeiter, ich selbst eingeschlossen, leidenschaftlich gerne ausübt.» Da werden auch mal reine Nischen-Sportarten bedient:

1990

2009 Partnercheck

1972

Dort entstehen auch die Prototypen neuer Produkte.

45 1977 Norrøna fertigt den Prototypen für Europas erste Gore-Tex-Jacke

2004 Die Freeride-Kollektion ist farbenfroh und lässig geschnitten


In den 80ern und 90ern stattet Norrøna viele Expeditionen aus.

«Zurzeit experimentieren wir mit Arctic Surfing», erläutert Jørgensen. «Mal sehen, was passiert. Mit der Freeriding- oder der Mountainbike-Kollektion ging es einst ähnlich los: Es gab keinen ausgeklügelten Geschäftsplan, kein Ziel, möglichst viel Geld damit zu machen. Nie hätten wir uns erträumt, dass sie so erfolgreich werden würden.»

Partnercheck

Zukunftsvisionen

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Welche Visionen bleiben für die Zukunft? «Wir wollen erreichen, dass keines unserer Produkte einen negativen Einfluss auf die Umwelt hat.» Die Ambitionen sind also in den letzten 87 Jahren nicht geringer geworden. Vielmehr grösser, denn die Outdoor-Branche steht vor anderen, teils neuen Herausforderungen: hohen sozialen und ökologischen Standards. Veränderten Rahmenbedingungen durch den Klimawandel. Sämtliche Ziele und ihr gegenwärtiger Erfüllungsgrad werden detailliert auf der Firmenwebsite von Norrøna präsentiert. Sie reichen vom umweltfreundlich zurückgelegten Arbeitsweg der Mitarbeiter über die Verwendung rezyklierter Materialien bis zum weitgehenden Verzicht auf

Lufttransporte. Wie das geht, wenn sich ein Grossteil der Produktion in Asien befindet? «Im vergangenen Jahr wurden vier Prozent unserer Waren auf dem Luftweg transportiert. Um unser Ziel von weniger als einem Prozent zu erreichen, testen wir aktuell alternative Transportwege. Eine neue Bahnlinie führt von China bis Hamburg. Wenn wir sie nutzen, bedeutet das natürlich auch, dass wir unsere gesamte Planung anpassen müssen, die Absprache mit den Kunden und die Liefertermine«, erklärt Jørgensen. Dass der Geschäftsführer auch in seiner Freizeit kaum Flugmeilen zurücklegen muss, verdankt er der grossartigen Natur vor der eigenen Haustür: Vom Firmensitz bei Oslo ist es nicht weit zur Berghütte der Jørgensens. Dorthin zieht es ihn im Sommer zum Biken und Wandern, im Winter zum Skifahren, gemeinsam mit seiner Familie. Jørgensen ist Vater von zwei Töchtern. Er hofft, dass sie die gleiche Leidenschaft für die Outdoor-Branche entwickeln und das Unternehmen auch in fünfter Generation in Familienhand bleibt.

TEXT: MIRJAM MILAD FOTOS: NORRØNA


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«ICH SAMMLE NUR NOCH I-PÜNKTCHEN» Mit 15 auf dem ersten, mit 26 auf allen 4000ern der Schweiz und mit 42 Jahren auf den 61 Hauptgipfeln der Alpen: Das Bergsteigen begleitet Stefan Wullschleger (54) aus Allschwil durchs ganze Leben – hätte es aber beinahe beendet. In drei

Bergkamerad

Hochtourenführern gibt er seine Erfahrung weiter.

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«Diagnose: Genickbruch. Der zweite Halswirbel gebrochen. Das überleben nicht viele. Ein paar Tage vor meinem 50. Geburtstag war ich mit meiner Lebenspartnerin auf einer Skitour am Brisi. Perfekte Verhältnisse, ein wunderschöner Tag. Wir waren schon kurz vor dem Talboden. Da sehe ich zwei Pfosten. Eingeschneite Zäune sind die Gefahr Nummer eins im Jura. Aber da waren Spuren dazwischen, alles klar also. Man ahnt es: Beide Ski unter dem Zaun, ich darüber. Ich spürte, dass etwas im Genick schmerzte, fuhr danach aber noch mit den Ski ins Tal und mit dem Zug nach Hause. Danach trug ich drei Monate ein Korsett, hatte aber keine bleibenden Schäden. Ein geschenktes zweites Leben! Das Bergfieber packte mich, als ich mit meinen Eltern und meinem Cousin als 13-Jähriger in einer SAC-Hütte übernachtete. Am frühen Morgen raschelte es im Massenlager, die Ersten zogen los. Ich sah das Morgenrot, mich hielt nichts mehr im Bett. Mein Vater fand dann: Um das Bergsteigen gescheit zu lernen, gehst du am besten zur Jugendorganisation des SAC. Da standen auch Skitouren auf dem Programm: Mit dem Konfirmationsgeld von meinem Götti leistete ich mir die erste Tourenausrüstung. Mit 15 war ich auf meinem ersten 4000er, danach wurden es laufend mehr. Ich wusste von Bergsteigern, die auf allen 4000ern der Schweiz gewesen waren – mit 26 hatte auch ich alle. Zuletzt stand ich auf dem Dent d’Hérens, im Schatten des Matter-

horns. Ich war erleichtert: Die Fixierung auf ein Ziel war weg, ich konnte wieder kreativer werden. Später hörte ich, dass Karl Blodig 61 Hauptgipfel der Alpen bestimmt hatte – und ich kannte keinen, der alle bestiegen hatte. 2004 erreichte ich als letzten davon die Aiguille Blanche de Peuterey. Heute habe ich kein fixes Ziel mehr, jede Tour ist eine Zugabe: Ich sammle nur noch i-Pünktchen. Beim Bergsteigen war ich erfolgreich. Im Job aber lief es nicht immer rund. Drei Mal war ich längere Zeit arbeitslos. Aber auch daraus entstand etwas: Ich war oft mit Bergführer Daniel Silbernagel unterwegs. Seine Skizzen hinten auf der 25’000er-Karte ersetzten jeden Tourenbeschrieb. Ein paar Jahre später hatte er mit meiner Mithilfe im eigenen Topoverlag drei Hochtourenführer für das Wallis, die Berner und die Bündner Alpen herausgebracht. Skitouren, Hochtouren, Klettern – ich bin sehr vielseitig unterwegs. Die Bächli Filiale in Basel hat dafür das Top-Sortiment. Einer meiner besten Kollegen arbeitet dort, mit ihm war ich schon in der Monte-Rosa-Ostwand, in Alaska und in Nepal. Er weiss genau, was ich brauche. Und Kameradschaft ist sowieso etwas vom Wichtigsten beim Bergsteigen. TEXT: MIA HOFMANN FOTO: ZVG

Impressum «Inspiration», die Kundenzeitschrift der Bächli Bergsport AG, erscheint 4 x jährlich und ist in allen Filialen kostenlos erhältlich. Auflage: 90’000 Exemplare

Redaktion & Layout outkomm gmbh Eichbergerstrasse 60, 9452 Hinterforst Telefon 071 755 66 55 E-Mail info@outkomm.com

Herausgeber Bächli Bergsport AG Gewerbestrasse 12, 8606 Nänikon Telefon 0848 448 448 (8 Rp./Min.) E-Mail info@baechli-bergsport.ch

Druck Bruhin AG Pfarrmatte 6, 8807 Freienbach Telefon 055 415 34 34 E-Mail info@bruhin-druck.ch

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Photo: Ben Moon

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TRIOLET GTX

STEP FREE Dieser Schuh von SCARPA ist der ideale „Kumpel“ für das klassische Bergsteigen, beim Trekken und auf Klettersteigen. Entsprechend lieben ihn viele Bergführer: Er ist leicht, agil, mit halbautomatischen Steigeisen einsetzbar und schlechthin die perfekte Verbindung von Performance, Komfort und Schutz. Sein Obermaterial ist ein robustes, mit Gore-Tex gefüttertes Wildleder. Gummischutzrand und Pentax-Precision-XT-Sohle garantieren auch im schwierigsten Gelände Halt. Den wunderschönen Schuh gibt es zudem in einer speziellen Damenversion!

WWW.SCARPA.NET

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