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Erde an Steak

Vielen Menschen ist mittlerweile bewusst, dass beispielsweise Autos, Kraftwerke oder eine falsche bzw. keine Mülltrennung nicht besonders gut für die Umwelt sind. Dass insbesondere der Fleischkonsum die Umwelt im erheblichen Maße beeinträchtigt, ist vielen Menschen allerdings nicht klar. Hiermit sind ökologische Auswirkungen, wie zum Beispiel Flächenverbrauch, Treibhausgasemissionen oder Biodiversitätsverluste verbunden, die durch eine Reduzierung des Pro-Kopf-Verbrauches eingeschränkt werden könnten.

Weltweit beträgt der durchschnittliche Fleischkonsum pro Person 115 g pro Tag (42 kg pro Jahr). Dieser beansprucht knapp 4 Mrd. Hektar (ha) Fläche. Der Verbrauch von Fleischerzeugnissen in Deutschland liegt bei ca. 241 g pro Tag und Person; dies entspricht 88 kg pro Jahr und Kopf. In Deutschland kommen jährlich 8,42 Mio. ha auf den Teller; etwa die Größe Tschechiens. Von dieser Flächenbeanspruchung entfallen 6,8 Mio. ha auf die Flächennutzung im Ausland, weitestgehend in Südamerika. Würde in Deutschland lediglich einmal wöchentlich auf Fleisch verzichtet werden, könnte eine Fläche von 595.000 ha – dies entspricht etwa der Größe Madrids – für andere Nutzungen frei werden. (vgl. UNEP 2012) Darüber hinaus ist die Viehwirtschaft mit 18% der weltweiten Treibhausgasemissionen eine der größten Emittenten und hat daher einen erheblichen Einfluss auf den globalen Klimawandel (FAO 2013). Allerdings trägt die Viehwirtschaft weniger als 1,5 Prozent zur globalen Wirtschaftsleistung bei. Hinsichtlich der Treibhausgasemissionen kann der Verzehr von einem Kilogramm Rindfleisch mit einer Autofahrt von 160 Kilometern gleichgesetzt werden (UNEP 2012). Außerdem benötigt die Erzeugung desselben 16.000 Liter Wasser; dies entspricht etwa dem Fassungsvermögen eines Gartenteichs (vgl. Mekonnen und Hoekstra 2010). Anders formuliert: Jeder Deutsche müsste im Durchschnitt jährlich 88 Gartenteiche leer trinken, um seinem Konsummuster gerecht zu werden.

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Hinsichtlich der wachsenden Weltbevölkerung und des kontinuierlich zunehmenden Fleischkonsums werden weitere Ressourcen benötigt, um den globalen Bedarf decken zu können. Daher bedarf es Maßnahmen, die einen nachhaltigen Fleischkonsum begünstigen oder gewährleisten können.

Der Fleischkonsum und die daraus resultierenden Umweltauswirkungen werden weitestgehend durch die Ausprägung der Verbraucherpräferenzen sowie die zur deren Realisierung bestimmenden Angebots- und Preisrelationen determiniert. Eine mögliche Maßnahme, um den Fleischkonsum zu reduzieren, ist daher die Erhöhung der Preise tierischer Produkte, beispielsweise durch staatliche Abgaben. Des Weiteren wären Preise, die die mit der Herstellung verbundenen Umweltauswirkungen reflektieren, wünschenswert. Durch solch eine Internalisierung externer Kosten können negative Effekte, die aus der Fleischproduktion resultieren, korrigiert werden. Anhand von Lenkungsabgaben, sogenannten Pigou-Steuern, werden zusätzliche Preise festgesetzt, die bei einer Verursachung eines negativen Effektes, wie beispielsweise Treibhausgasemissionen, zu zahlen sind. (vgl. Feess, Seeliger 2013) Dabei tragen Produzenten und Konsumenten die zusätzlichen Kosten zu gleichen Teilen. Bei einer korrekten Berechnung der Steuern kann das Ausmaß der aus der Fleischproduktion resultierenden Umweltauswirkungen relativiert werden. Problematisch dabei ist jedoch, dass sich die Relation der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Ländern verändern könnte. In Südamerika wird eine solche Internalisierung nicht angewandt. Bei einem unveränderten Fleischkonsum könnten dadurch ökologische Probleme ins Ausland verschoben werden, indem beispiels-

von Ann-Kristin Winkens

weise in Südamerika die Produktion zunimmt, was wiederum mit einem zunehmenden Flächenverbrauch und den daraus resultierenden Umweltauswirkungen verbunden ist. Auf diese Weise hätte eine Veränderung der Preise in Deutschland deutliche negative Auswirkungen auf die Umwelt im Ausland; ein sogenannter Rebound-Effekt.

Ökonomische Instrumente bieten grundsätzlich die Möglichkeit, über preisliche Anreize ein umweltfreundlicheres Verhalten zu generieren. Dies setzt allerdings voraus, dass sich ökonomische Systeme innerhalb ökologischer Grenzen bewegen.

Die grundlegende Maßeinheit der Wirtschaftsleistung einer Nation ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Bei der Berechnung des BIPs wird allerdings nicht der ökologische Verlust einer Nation mit einberechnet, sondern lediglich die finanzielle Wirtschaftsleistung. Als Beispiel kann die Waldrodung in Südamerika dienen. Jene Hektar, die in einem Jahr gerodet werden, gehen als Einnahmen aus dem Verkauf des Holzes als Gewinn in die Jahresbilanz des Landes ein. Dies bedeutet, dass ein Flächenverbrauch von Milliarden Hektar Regenwald, der für die Fleischproduktion benötigt wird, ökonomisch betrachtet einen Gewinn darstellt. Dieses Beispiel veranschaulicht, dass es für die Wirtschaft zwar effektiv, aber nicht nachhaltig ist, wenn ausschließlich die ökonomische und damit finanzielle Seite betrachtet wird. Es bedarf daher einer grundsätzlichen Änderung der Perspektive, seitens der Verbraucher, der Politik sowie der Ökonomie. Die Erwirtschaftung von Gewinnen auf Kosten der Umwelt, um diese gegebenenfalls in Umweltprojekte zu investieren, ist nicht zielführend. Gewinne sollten bereits umweltfreundlich erwirtschaftet werden.

Hinsichtlich der oben beschriebenen ökologischen Beeinträchtigungen empfiehlt sich grundsätzlich eine veränderte Ernährungsweise, die mit einer Reduzierung des Fleischkonsums einhergeht. Es bedarf weiterhin einer kritischen Auseinandersetzung mit der Art und Qualität des Fleisches, dem Herkunftsland und der damit verbundenen Produktionskette. Insbesondere eine Reduzierung von Rindfleisch wäre empfehlenswert, da die Herstellung dieses Fleisches einerseits aufgrund des erheblichen Methanausstoßes der Tiere maßgeblich für die sektoralen Treibhausgasemissionen ist und andererseits bedeutende Mengen Wasser benötigt. Außerdem ist der Flächenverbrauch bei der Herstellung von Rindfleisch vergleichsweise hoch (vgl. Abbildung), was vor allem auf die zusätzliche Sojaproduktion in Südamerika zurückzuführen ist.

An dieser Stelle sollte jedoch betont werden, dass die Sojaproduktion zwar ebenfalls einen bedeutenden Flächenverbrauch aufweist, dieser aber in keiner Relation zu dem von Fleisch steht. Die hohe Flächenbeanspruchung tierischer Produkte resultiert aus dem erheblichen Energie- und Proteinverlust bei der Fütterung mit ca. 90%. Daher erfordert die Herstellung von Fleisch und Milch eine wesentlich größere Fläche pro Kalorie als zum Beispiel Getreide. Nach einer Berechnung des UN-Umweltprogramms könnten aus dem Verlust der Kalorien, der bei der Umwandlung von pflanzlichen

„Der für die Fleischproduktion benötigte Flächenverbrauch von Milliarden Hektar Regenwald stellt ökonomisch betrachtet einen Gewinn dar.“

Getreide

Geflügelfleisch

Kuhmilch

Schweinefleisch

Rindfleisch

0,0 0,12

0,54

0,72

0,79

0,5 1,0 1,5 m2/Megajoule Abbildung Flächenbedarf von ausgewählten Lebensmitteln (verändert nach SRU 2012: 106).

2,09

2,0 2,5

in tierische Produkte entsteht, theoretisch 3,5 Milliarden Menschen ernährt werden (vgl. UNEP 2009).

Darüber hinaus ist es aber auch eine zentrale Aufgabe der Politik, diese Thematik öffentlich zu fokussieren, um den Einzelnen verstärkt darauf hinzuweisen, zu motivieren und aufzuklären. Die kurzfristigen individuellen Interessen stehen grundsätzlich den langfristigen globalen oder kollektiven Interessen gegenüber. Daher sollte der Verbraucher durch Transparenz, Aufklärung, Kommunikation sowie direkter Einflussnahme der Politik in eine nachhaltige Richtung gelenkt werden. Veränderungen der Preisrelationen sind insofern positiv zu bewerten, als dass Fleischprodukte verteuert werden und ökologische und umweltfreundliche Produkte dadurch einen größeren Anreiz zum Kauf darstellen, ohne die Probleme ins Ausland zu verlagern. Es bedarf zwangloser Maßnahmen, ohne dass der Verbraucher sichtlich in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt wird. Es ist weder nachhaltig noch zielführend, wenn ausschließlich der unmittelbare Nutzen analysiert wird, ohne die langfristigen Folgen zu berücksichtigen. Erst wenn der Mensch sich selbst und andere aufklärt, die eigene Beanspruchung der Ressourcen reduziert und somit Verantwortung übernimmt, ist es möglich, von einem nachhaltigen Wachstum innerhalb ökologischer Grenzen zu sprechen. Letztlich liegt es an uns selbst, unser Verhältnis zur Umwelt verantwortlich einzuleiten und zu manifestieren. Denn „die Vorstellung von der Einmaligkeit der menschlichen Person ist nur eine pathetische Absurdität“ (Houellebecq 2004: 173).

FAO, Steinfeld, H. et al. (2013): Greenhouse gas emissions from ruminant supply chains – A global life cycle assessment. Rom: Food and Agriculture Organization of the United Nations.

Feess, E., Seeliger, A. (2013): Umweltökonomie und Umweltpolitik. München: Vahlen, 4. Aufl.

Houellebecq, M. (2004): Plattform. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. Sonderausgabe

Mekonnen, M.M. und Hoekstra, A.Y.

(2010): The green, blue and grey water foot-print of farm animals and animal products. In: Value of Water Research Report Series No. 48. Delft: UNESCO-IHE. SRU (Hg.) (2012): Umweltgutachten 2012 – Verantwortung in einer begrenzten Welt. Berlin: Sachverständigenrat für Umweltfragen.

UNEP, Nellemann, C. et al. (2009): The environmental food crisis – The environment’s role in averting future food crises. A UNEP rapid response assessment. Arendal: United Nations Environment Programme.

UNEP, Schwarzer, S. (2012): Growing greenhouse gas emissions due to meat production. In: UNEP Global Environmental Alert Service

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