CORONA
TAGEBUCH 26.03.20 bis 31.03.20
von Sepp Laner
CORONA-VORSORGE.
CORONA TAGEBUCH 2
ZUHAUSE BLEIBEN, RUHE BEWAHREN! Bitte befolge die Hygiene- und Verhaltensregeln und nimm diese ernst. Das schützt dich und andere. 1M
WASCHE dir häufig die Hände.
Halte mindestens einen Meter ABSTAND zu anderen.
VERMEIDE Umarmungen und Händeschütteln.
BEDECKE beim Niesen oder Husten MUND und NASE.
FASSE dir NICHT an Augen, Nase oder Mund.
Mach TELEARBEIT oder nimm dir FREI.
GEH NUR DANN INS KRANKENHAUS, wenn es sich nicht vermeiden lässt.
REINIGE OBERFLÄCHEN gründlich mit DESINFEKTIONSMITTELN auf Alkohol- oder Chlorbasis.
WICHTIGE VORSCHRIFTEN! Menschenansammlungen sind verboten. Eingeschränkte Bewegungsfreiheit: Das eigene Zuhause darf nur aus triftigen Gründen verlassen werden.
DU DENKST, DU BIST INFIZIERT?
BLEIB ZU HAUSE UND RUF DEINEN HAUSARZT AN. Für allgemeine Informationen zur Corona-Vorsorge kannst du dich an die Grüne Nummer 800 751 751 wendenn. Mehr Infos online unter provinz.bz.it/coronavirus
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„LEI NET LUGG LOSSN“
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ieder ist eine Nacht vorbei. Gott sei Dank sind wir noch alle gesund. Niemand im Krankenhaus, niemand in Quarantäne. Bin ich ein Egoist? Ja, das bin ich. Fast instinktiv achten die Menschen in Zeiten wie diesen zunächst auf sich selbst: Sind wir sicher? Ist der Kühlschrank voll? Geht es meinen Angehörigen und Freunden gut? Gleichzeitig kann man nur staunen, mit wie viel Einsatz, Ernsthaftigkeit, Herzblut und Hingabe derzeit jene Menschen ihre Arbeit tun, die im Kampf gegen das Virus ganz vorne stehen und ihr Bestes geben. Dasselbe gilt auch für die vielen Freiwilligen, die das Netz der Solidarität laufend mit neuen Initiativen immer enger knüpfen, damit vor allem die Schwachen nicht durchfallen. Wenn jeder das Seinige an seinem Ort tut - momentan ist das für den Großteil der Bevölkerung „nur“ das Daheimbleiben -, übernehmen wir Verantwortung für die Gemeinschaft. Wir schützen die Gemeinschaft und die Gemeinschaft schützt uns. Es ist ein bisschen wie bei einem Bienenvolk. Von der Vollversammlung des Imkerbezirks Untervinschgau, die noch vor dem vollen Ausbruch der Corona-Krise stattgefunden hat, ist mir eine Aussage besonders in Erinnerung geblieben: Jede Einzelbiene hat Einfluss auf das ganze Volk und das Volk hat Einfluss auf jede Einzelbiene. - „Lei neit lugg lossn“ hat uns der Professor Josef Schwarz im Johanneum in Dorf Tirol immer wieder eingebläut. Wie recht er hatte. Schon damals, vor über 40 Jahren. Und heute gilt seit Motto mehr denn je. Also wieder hinein ins Bad und ordentlich die Hände waschen. Ich glaube nicht, dass in Südtirol jemals so viele Menschen so weiße Hände hatten wie derzeit. Und dass die Wohnungen jemals so sauber waren wie in diesen Tagen. Von der Türklinke bis zum Henkel der Kaffeetasse. Wahr ist allerdings auch, dass es hinter so manchen 4 Wänden zurzeit auf anderen Ebenen alles andere als „glänzt“. Die Corona-Zeiten stellen auch das zwischenmenschliche Zusammenleben mitunter auf eine harte Probe. Familien, in
denen es schon vor der Krise weitgehend echte Harmonie gab, dürften jetzt noch enger zusammenwachsen. Wo es hingegen schon vorab „geknistert“ hat, könnte es noch gefährlicher werden. Groß ist auch die Zahl jener, die allein sind. Da kann es schon vorkommen, dass man plötzlich mit sich selber spricht. Dass Ängste um die Gesundheit laut werden und Befürchtungen darüber, was die Zukunft bringen wird. Sicher ist, dass es eine Zukunft geben wird. Ob sie besser wird, hängt von jeder Einzelbiene ab und auch vom ganzen Bienenvolk. Der unausweichliche Neubeginn wird uns auch zwingen, in Demut über Dinge nachzudenken, die wir schon viel TAG zu lang als selbstverständlich hinnehmen. Wir werden unter anderem den Wert der Mutter Erde neu erkennen und schätzen lernen müssen. Wir haben Milch, Früchte, Gemüse und 26.03.20 Fleisch. Wir haben eine schöne Landschaft, die sicher wieder viele Gäste anlocken wird. Wir haben fleißige Bauern, Handwerker, Kaufleute, Dienstleister, Betriebe, Freiberufler usw. Das vielleicht Wichtigste ist derzeit: zusammenhalten und einander vertrauen. Wenn wir nicht mehr genau wissen, wie das geht, können wir jene Menschen fragen, die jetzt unseren besonderen Schutz brauchen, den sie sich mehr als verdient haben. Also: „Lei net lugg lossn“. - Nachtrag: Vom Geschäft bis zur Wohnung sind es 352 Schritte (Ausweichmanöver inklusive).
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Sepp Laner
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HÖRST DU DEN
KUCKUCK?
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och nie habe ich das Hochziehen der Fensterrollos in der Wohnung im unteren Stock so gerne gehört wie heute in der Früh. Und jetzt verschiebt mein Nachbar auch den Tisch und die Stühle. Er wird wohl heute wieder gründlich putzen. Vielleicht rufe ich ihn einmal an und frage ihn, wie es ihm geht. Er hat sicher eine Festnetznummer. Gott sei Dank habe ich noch ein Telefonbuch, auch wenn es aus dem alten Jahrtausend stammt. Das Telefonbuch hilft mir aber auch nicht, denn mir ist plötzlich der Nachname meines Nachbarn entfallen. Aber das macht nichts. Ich warte, bis er auf den Balkon geht und rufe dann zu ihm hinunter. Auch er wird es in dieser Zeit nicht gerade leicht haben. Er gehört zu den Risikogruppen. Als ich ihm zum letzten Mal im Stiegenhaus begegnete, sagte er: „Es geht schon. Ich habe eine liebe Familie.“ - Auf dem kurzen Fußweg in die Redaktion gibt es fast nichts zu sehen. Nur ein paar wenige Leute sind verstreut unterwegs. Die meisten von ihnen tragen Einkaufstaschen, huschen aneinander vorbei und verschwinden hinter nahen Türen. An den Schaufenstern klebt fast überall dieselbe Aufschrift: bis auf weiteres geschlossen. Auch beim Friseur ist die Tür schon seit Wochen zu. Wird er es schaffen, alle Kunden sozusagen auf einmal zu scheren, wenn diese Zeit einmal vorbei ist? Die Haare wachsen ja weiter. Und wie wird es nachher mit den Preisen in den Geschäften und Gasthäusern aussehen? Ganz automatisch fährt meine Hand nach hinten rechts. Oh mein Gott: jetzt habe ich glatt die Geldtasche vergessen. Das passiert mir sonst nie. Schlimm ist das aber nicht, denn eingekauft habe ich gestern. Sonst brauche ich nichts und sonst bekomme ich auch nichts. Sie hatte schon recht, die Frau, die mich gestern anrief und mir sagte, dass sie seit Wochen fast kein Geld mehr ausgibt: „Ich habe für zwei Wochen Lebensmittel eingekauft und sonst nichts. Sonst brauche ich auch nichts. Jedenfalls nichts, was sein muss. Mir wird jetzt so langsam bewusst, dass ich im Grunde mit viel weniger auskommen kann als ich bisher glaubte.“
– Weil jetzt alles viel ruhiger und langsamer geworden ist, gewinnen auch unsere abgestumpften Sinne neue Schärfe. Ich höre, wie die Uhr am Kirchturm schlägt, wie ein Bauer mit dem Traktor losfährt, wie in der Ferne ein einsamer Lkw vorbeibrummt, wie ein Mädchen am offenen Fenster Flöte spielt, wie ein älterer Herr aus der halbgeöffneten Tür ins Freie schielt, wie ein Hund bellt und wie ein Bub schreit, weil er mit seinem Ball nicht auf die Straße darf. Auch eine Kreissäge zerreißt die Stille. Ich bin etwas neidisch auf jene, die jetzt schon Holz für den nächsten Winter herrichten, auf jene, die einen Garten haben und auf jene, die in der Natur arbeiten. Noch habe ich ihn nicht gehört, aber lange wird es nicht mehr TAG dauern, bis auch der Kuckuck rufen wird. Normalerweise beginnt das Männchen im April mit seinem weithin hörbaren Reviergesang. Das „Revier“ der Menschen gerät indessen 27.03.20 immer mehr aus den gewohnten Fugen. Weltweit. Aus der Unmenge von Sprüchen, Szenarien, Gerüchten, Predigten, Aufrufen, Fotos, Tricksereien, Geschäftemachereien und Fake-News, die ich heute Vormittag im Internet überflog, hat mich nur ein einziger Satz zum Grübeln gebracht: „Wir können nicht zur Normalität zurückkehren, weil genau die Normalität das Problem ist. Wir müssen besser werden. Weniger egoistisch, mehr solidarisch, mehr menschlich.“ – In meinem Terminkalender in der Redaktion ist seit Anfang März alles durchgestrichen. Die nächsten Wochenseiten sind weiß. Ich habe schon beinahe vergessen, dass die Gemeinderatswahlen verschoben wurden. Auch viele andere Dinge, Anliegen und Diskussionen hat das Virus sang- und klanglos verschluckt. Vieles wird irgendwie nebensächlich und vieles wird nachher neu denken oder vielleicht sogar vergessen müssen. Ich denke etwa an die Debatte um neue Tourismuszonen, um die Anbindung von Skigebieten oder um Straßenbauvorhaben. In den Hintergrund gerückt ist momen-
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tan auch der Klimawandel. Der menschliche, finanzielle und gesamtwirtschaftliche Kraftakt, mit dem derzeit weltweit gegen die Ausbreitung des Virus und für die Rettung der Wirtschaft vorgegangen wird, ist beispiellos. Es werden täglich neue Finanzpakete in Milliarden-, ja Billionenhöhe geschnürt. Zahlen muss am Ende der Steuerzahler, denn auch diese Rechnung lässt sich nicht ohne den Wirt machen. Beim Thema Klimawandel ist bisher auch ein nur annähernd ähnlich großer Kraftakt ausgeblieben. Wohl auch deshalb, weil den Menschen das Wasser noch nicht weit genug zum Hals steht. Aber vielleicht führt uns gerade das neuartige Virus auch in diesem Bereich auf neue Wege. Und weil wir schon beim Träumen sind: Läuft die Rüstungsindustrie eigentlich überall nahtlos weiter?
Sepp Laner
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HINTER
TAUSEND STÄBEN
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eute ist Samstag. Irgendein Tag im März. Ich schaue auf den Kalender, der ober dem Küchentisch hängt. Es ist der 28. März. Wir schreiben das Jahr 2020. Morgen ist Sonntag. Morgen haben wir schon die Sommerzeit. Und wann ist eigentlich Ostersonntag? Ach ja, am 12. April. Man kommt so langsam ganz schön durcheinander. Was ist noch fix? Woran kann man sich noch halten? Wem darf man vertrauen? Es hat mich stark beeindruckt, als ich gestern im Fernsehen sah, wie Papst Franziskus auf dem menschenleeren Petersplatz betete, predigte und den außerordentlichen Segen „Urbi et Orbi“ spendete. Diesen Segen gibt es normalerweise nur zu Ostern, zu Weihnachten und nach einer Papstwahl. Aber was ist derzeit noch normal? „Normal“ ist derzeit nur das Durchhalten, das Daheimbleiben. Das ist das Einzige, was der Großteil der Menschen seit Wochen tun kann und tun muss, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Zum Schutz für sich selbst und der anderen. Zu den anderen zählen nicht zuletzt auch jene, die nicht daheim bleiben können, weil sie in Spitälern und Altersheimen arbeiten, weil sie freiwilligen Dienst leisten, weil sie in Lebensmittelgeschäften und Apotheken arbeiten, weil sie notwendige Waren transportieren, die Post zustellen und, und, und. Einen flüchtigen Eindruck von dem, was derzeit unzählige Menschen zum Wohl der Gemeinschaft leisten, bekam ich, als ich vorgestern am Abend einen Gemeindearzt sah, der wohl lange nach dem gewöhnlichen Arbeitsturnus nach Haus ging. In der Dunkelheit, mit der Ledertasche in der Hand und mit gebeugtem Kopf. Was wird in ihm vorgehen? Wird er überhaupt schlafen können? Hinter einem Balkongeländer bemerkte ich
eine Frau, die unentwegt hin- und herging: Ist es Sport oder schlägt sie nur die Zeit tot? Dieser Anblick erinnerte mich an Rilkes Gedicht „Der Panther.“ Ich suchte es im Internet. Hier die ersten vier Zeilen:
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, dass er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt. Das Gedicht verleitet mich zum Lesen. Ich stöbere im kleinen Bücherschrank und ziehe Tolstois Roman „Krieg und Frieden“ heraus. Es ist ein dicker TAG Brocken, den ich schon einmal gelesen habe. Ich flüchte aber gerne ein zweites Mal in die Weiten und seelischen Tiefen Russlands. Und wenn ich wieder zurückkomme, werde ich 28.03.20 weiterhin hoffen, dass unser aller Alptraum trotz eines erneuten Tages mit nicht guten Zahlen bitte, bitte, bitte bald zu Ende geht. Das Corona-Virus hat uns allen einen zusätzlichen Rucksack aufgebürdet. Jetzt müssen die Starken den Schwachen beim Tragen helfen.
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BLEIBT GESUND! CORONA TAGEBUCH 2
#ichbleibezuhause
Der nächste
der Vinschger erscheint am: 09. APRIL 2020
AKTUELLE NEWS: www.dervinschger.it
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NUR THUNFISCH
KAM VON AUSSEN
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eute ist Sonntag. Ein wunderbarer Frühlingsmorgen. Es muss ein Tag wie dieser gewesen sein, der Goethe zum „Osterspaziergang“ inspiriert hat. Weit ist es bis Ostern nicht mehr hin. In einer Woche ist schon Palmsonntag. Als Kinder haben wir uns früher immer bemüht, am Palmsonntag möglichst früh aus den Federn zu kriechen. Niemand wollte als Letzter aufstehen und den ganzen Tag über als Palmesel gehänselt werden. Ja, so war es damals. Und am Ostermontag war immer „Zahltag“ für die Ministranten: 50 Lire pro Bub. Wir sahen schon die „Traubenzuckerlen“ vor uns, die wir am Tag danach im Laden kauften. Solche Schleckereien gab es zu Hause keine. Sonst aber war immer alles da. Jedenfalls alles, was man brauchte. Und das zur Genüge. Im Keller hingen Speckseiten an Weidenruten und Krautköpfe mit den Stengeln nach oben. In zwei Holzverschlägen lagerten die Erdäpfel. Daneben gab es Dreiviertelsteigen mit Äpfeln, die umso besser schmeckten, je mehr „Runzeln“ sie hatten. Auf Brettern standen in Reih und Glied Gläser mit Marmeladen, eingeweckten Kirschen und Pfirsichen. Auch ein paar Gläser „Granten“ fehlten nicht. In der Ecke befand sich das Holzfass mit dem Kraut. Der große Stein, der den Deckel anschwerte, stand fast ganz unter Wasser. - Feld, Acker, Garten, Vieh und Wald gaben so ziemlich alles her, um insgesamt 8 Mäuler zu stopfen und alle gut und gesund über die Jahreszeiten zu bringen. Es kam auch die Zeit, als es sich ausging, ein Paar Säcke Erdäpfel oder die Hälfte eines Schweins zu verkaufen. Unten im Tal. Von dort kam damals wenig herauf. Gut erinnern kann ich mich noch an die großen Thunfisch-Dosen. Eine Dose reichte für etliche Wochen. Thunfisch enthält Jod und Jod ist gut für die Zähne, hieß es damals. Wenn es irgendwo weh tat, gab es je nach Krankheit oder Leiden Salbeitee, feuchte Salbenumschläge oder Arnikaschnaps zum Einreiben. Half alles nichts, wurde der Doktor gerufen. Er kam auch, als wir alle auf einmal die Masern bekamen. Seite an Seite fieberten wir die Masern zu sechst in der warmen Stube aus. Und hatten trotz allem eine Mords-Hetz. – Jetzt hätte ich vor lauter Schwel-
gen in der Vergangenheit beinahe vergessen, dass wir in der Corona-Zeit leben, in einer neuen Zeit. Auf der Straße sehr ich nur eine Pflegerin, die zum Krankenhaus eilt. Auf dem gepflasterten Boden liegt ein zusammengefalteter Schal. Vor den Gasthäusern warten leere Stühle und Tische und Besucher, die nicht kommen. Jedenfalls jetzt nicht. Die Kirchentür ist geschlossen, das Weihwasserbecken leer. Das Coronavirus hat (vorerst) auf allen Ebenen „gesiegt“. Es hebt unsere Welt und auch unser Denken aus den bisher gewohnten Fugen. Irgendwie sehe ich das „Ding“ aber auch als Mahnung. Als Weckruf, unser Leben neu zu denken und neu zu gestalten. Und uns auf Dinge zu besinnen, deren Wert und Bedeutung unter den schnelTAG len Rädern der Globalisierung in Vergessenheit geraten sind. Erst jetzt wird vielen von uns so richtig bewusst, was es bedeutet, wenn man auf gesunde Erzeugnisse aus der Region zurückgreifen 29.03.20 kann. Und wenn einem diese Produkte sogar ins Haus geliefert werden, wie es derzeit immer öfter der Fall ist. Wenn wir vermehrt darauf verzichten, auf Waren zu setzen, die per Schiff oder Flugzeug von irgendwoher angeliefert werden, und vermehrt auf Regionales zurückgreifen, stärken wir uns alle gegenseitig. Es hängt ja alles zusammen: wenn der Bauer einen fairen Preis für seine Produkte bekommt, wird er die Landschaft weiterhin pflegen, wenn die Landschaft gepflegt ist, werden die Gäste weiterhin kommen, wenn die Gäste kommen, werden sie die Gästebetten füllen und auch einkaufen, wenn die Tourismusbranche und der Handel blühen, werden sie Handwerkern und Betrieben Aufträge geben und auch an Arbeitsplätzen in allen Bereichen wird es nicht fehlen. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Jetzt aber höre ich damit auf, denn soeben werden die neuen Corona-Zahlen bekannt gegeben: Leider wieder ein Anstieg in allen Bereichen.
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Sepp Laner
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SCHNEE UND
MARMORKUCHEN
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eute Nacht fiel etwas Schnee. Still und weiß. Auf der Seite des Sonnenbergs reichte er in der Früh fast bis zum Schloss Schlandersberg herab. Auf der Nörderseite zuckerte er die höchst gelegenen Höfe an. Weiter unter regnete es. Die Tropfen fielen auf leere Plätze, leere Straßen und auf die Dächer „voller“ Häuser. Es sind keine Regenschirme unterwegs, (fast) alle Menschen sind in den eigenen vier Wänden. Ich höre heute absichtlich kein Radio. Und auch das Handy kann momentan bleiben, wo es ist. Nur die Uhr in der Küche tickt. Selbst dieses Ticken wird mir zu laut. Ich flüchte in die Stube und werfe mich auf das Sofa. Ein bisschen Nachdenken. Was geht da eigentlich ab? Gestern wurde gemeldet, dass für ein Drittel der Menschheit eine Ausgangssperre gilt. Das sind immerhin rund 2,6 Milliarden Zweibeiner. So etwas gab es in der Geschichte der Menschheit noch nie. Mit den vielerorts verhängten Ausgangssperren und sonstigen Einschränkungen folgten die Politiker den Empfehlungen von Wissenschaftlern und Experten. Noch nie war die Meinung von Virologen und Epidemiologen so gefragt wie derzeit. Vollständig erforscht scheint das Coronavirus bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu sein. An der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen wird zwar rund um den Erdball fieberhaft gearbeitet, doch Patentlösungen gibt es noch keine. Bei den Maßnahmen zur Eindämmung des Virus scheinen immer mehr Regierungen auf den Rat der Wissenschaftler zu hören. Politiker, für welche die Gesundheit der Menschen, speziell auch jene der älteren Generation und der Kranken, an oberster Stelle steht, setzen zunächst alles daran, die Gesundheitssysteme aufrecht zu erhalten und die Ausbreitung möglichst einzudämmen bzw. zu stoppen. Gleichzeitig wird versucht, die Wirtschaft nicht vollständig an die Wand zu fahren und entsprechende Hilfspakete für jetzt und die Zeit danach zu schnüren. Vielleicht sollte man die Dinge jetzt etwas breiter sehen. Die Gesundheit betrifft uns ebenso alle wie die Wirtschaft. Der Produzent leidet ebenso wie
der Konsument, der Unternehmer ebenso wie der Arbeitnehmer. Dem Kriegsjargon, wie ihn vermehrt auch Politiker im Zusammenhang mit der Corona-Krise verwenden, kann ich nichts abgewinnen. Wenn überhaupt, würde ich diese Zeiten eher mit jenen vergleichen, die unmittelbar nach großen Kriegen einsetzten und in denen es darum ging, gemeinsam neu aufzustehen. Eine Art Wiederaufbau auf allen Ebenen steht uns nach diesen „antrischen“ Wochen und Monaten mit Sicherheit ins Haus. Zu den großen Fragen in Europa gehört auch jene, ob wir imstande sind, uns gemeinsam „aufzurappeln“, oder ob auch Europa zu einem Covid-19-Opfer wird. Ich für meinen Teil habe mir ein neues TAG Motto zugelegt: der Neuanfang wird zwar für alle schwer, aber wir nähern uns täglich einer hoffentlich besseren, gerechteren und schöneren Welt. Dafür gibt es auch Beweise: Ein 30.03.20 Nachbar schenkte mir heute zwei Schnitten Marmorkuchen. Es war dies der erste Kuchen überhaupt, den er selbst gebacken hat. Und es ist ihm gut gelungen.
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VERLETZLICH
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rockene Grashalme, Teilstücke dünnster Ästchen, Reste von Fäden und Nylonspagat. Wer hat denn diesen Unrat hier in der Gasse hinterlassen? Des Rätsels Lösung entdecke ich unter dem Dachgesims. Es sind die Schwalben, die zurückgekommen sind. Bevor sie mit dem Bau des neuen Nestes beginnen, wird das alte entrümpelt. Auch in vielen „Nestern“ von Menschen wird derzeit aufgeräumt, geputzt, getrennt, neu geordnet und hergerichtet. Zeit für Vorbereitungen auf die Zeit danach gibt es derzeit mehr als genug. Das Coronavirus hält uns seit Wochen gefangen. Wenngleich die Tage und Nächte für viele immer länger werden, heißt es gerade jetzt Durchhalten, um aus dem Tunnel herauszukommen und das Licht, das am Ende zu flackern beginnt, nicht zu gefährden. Die erste Priorität ist weiterhin der Schutz der Gesundheit. Es ist noch immer unfassbar, wie dieses Virus das Leben von uns allen auf den Kopf gestellt hat. Es dringt in unsere Körper ein und fasst in übertragener Form auch in unseren Köpfen Fuß, im Gefühlsleben, in der Seele. Das Virus entfacht Ängste um die eigene Gesundheit und um die Gesundheit unserer Angehörigen und Freunde. Es wirft uns auch wirtschaftlich aus den Gleisen. Zurzeit sind weder die unmittelbaren Auswirkungen klar abzusehen und noch weniger die mittel- und langfristigen Folgen und Nebenwirkungen. Vielleicht klingt das etwas banal, aber ich kann einfach nicht verstehen, wie schnell die Grundfeste unseres bisher gewohnten Systems ins Wanken geraten können. Genügen tatsäch-
lich einige Wochen bzw. Monate, um unsere „Welt“ in ihrer bisherigen Form aus den Angeln zu heben? Sind wir derart verletzlich? Besonders widerstandsfähig ist unser System offensichtlich nicht, jedenfalls nicht, wenn uns eine derartige, zugegebenermaßen neue Welle in diesem Ausmaß erfasst. Eine der Lehren der Corona-Krise wird es sein müssen, für ähnliche Szenarien in Zukunft besser gewappnet zu sein. Die Fähigkeit, derartige Krisen angemessener zu bewältigen, werden wir uns erst aneignen müssen. - Da scheinen mir die Schwalben viel widerstandfähiger zu sein … solange wir ihre „Kreise“ nicht stören.
Sepp Laner
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TAG
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31.03.20
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1m
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Rungg Thomas nes n a H g g n u R d un