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Zu Besuch im Spital Linth. Hier werden Diäten

Menüs mit Stil und Charme, trotz Unverträglichkeit

Das Essen im Spital oder im Heim ist der tägliche Höhepunkt von Patienten und Bewohnenden. Dabei jedes Bedürfnis zu berücksichtigen und sich nicht in Details verschiedener Ernährungsformen zu verlieren, ist die grosse Kunst. Das setzt Wissen und Erfahrung voraus. Im Spital Linth werden Diäten zu Kost für jedermann und zu kleinen Kunstwerken.

Text: Erich Büchler Bilder: bienz-photography.ch

Spital Linth 8730 Uznach spital-linth.ch

Von der Abwaschküche mit blauem Boden des Spitals Linth in Uznach gelangen wir in die Hauptküche mit rot gestrichenem Boden; klar getrennt nach schmutzigem Bereich und nach Produktionsbereich. Corina Steinmann, die frischgebackene Diätköchin, steht hinter dem leicht surrenden Pacojet.

Auf dem Chromstahltisch liegen rote

Formen mit Einbuchtungen in der

Grösse einer Babybanane. Mit einem

Klick nimmt Corina Steinmann den

Becher vom Pacojet und schabt die

Fleischmasse mit einem Spatel in einen grossen Mixbecher mit Kohlrabi, Quark,

Eiern und Kartoffelpüree. Und wieder surrt es, diesmal ein bisschen lauter. Die groben Stücke zerkleinern sich zu Püree.

Nach der Degustationsprobe giesst Corina

Steinmann die Masse in die bananenförmige Öffnung. «Rund zehn Prozent unserer Patienten und Bewohnenden leiden an

Schluckbeschwerden. Die Masse in den

Formen pochieren wir im Kombisteamer und frieren sie anschliessend ein. Mithilfe der Babybananenformen stellen wir

Würste her. Die feine Masse braten wir an.

So sehen sie auf dem Teller täuschend echt wie Würste aus», klärt sie mich auf.

Die Diätköchin liebt die Abwechslung in der Spitalküche. Sie arbeitet je zur Hälfte

Form für Dysphagie-Gerichte. Corina Steinmann stellt Bratwürste für Bewohner mit Schluckbeschwerden her.

in der Diätküche und in der Patisserie. Mit der Note 5,4 hat sie im Sommer die Diätlehre abgeschlossen. «Meine nächste Herausforderung wird die Teilnahme mit dem Team an der Swiss-SVG-Trophy sein. Der Kochwettbewerb ist speziell auf die Spitalküche zugeschnitten», hält Corina Steinmann fest.

«Swiss Alpine Lachs»

Das Niveau des Speiseangebots in der Spitalküche Linth ist hoch. Souschef und Diätkoch Frederik Jud, Mitglied der KochNationalmannschaft, ist seit Januar 2019 im Spital tätig. Der engagierte Koch setzt sein Wissen auch als Prüfungsexperte für den Diätkoch EFZ und den Koch EFZ ein. «So bin ich immer auf dem neusten Stand. Ich lasse vermehrt die Wettbewerbsküche in den Menüplan einfliessen. Bei den Kochweltmeisterschaften und -olympiaden stehen Saisonalität und die Restenverwertung im Vordergrund. Das setzen wir gezielt um. Wir kaufen viele Lebensmittel regional ein und achten auf die ganzheitliche Verwertung. Heute gibt es Lachs, den ‹Swiss Alpine Lachs› aus Lostallo. Dieser wächst ohne Stress und Antibiotika im sauberen Bergwasser heran. Den Patienten in der allgemeinen Abteilung und den Mitarbeitenden stehen gebratener Lachs mit Spinat und Salzkartoffeln und als zweites Menü Ravioli, gefüllt mit Lachs, zur Verfügung. In der privaten Abteilung gibt es Patienten, die an einer Glutenintoleranz leiden. Sie erhalten Lachs, der bei 70 Grad Celsius in der Klarsichtfolie gegart wird, dazu Kohlrabi-Spaghettisalat mit hausgemachtem Kräuteröl auf Ceviche (peruanisches Fischgericht) und Linth-Mais-Tacos. In der privaten Abteilung oder bei der Bestellung von Wunschkost arbeiten wir mit aufwendigeren Garnituren. Das Royalfilet des Lachs verwenden wir als Tranche und den Bauchlappen für das Ceviche oder die Raviolifüllung.» Durch das breite Wissen von Frederik Jud halten alternative Techniken Einzug in die Spitalküche. Üblicherweise wird der Fisch mit Zitronensaft oder Weisswein mariniert, nicht so im Spital Linth. Frederik Jud legt den Lachs in eine zehnprozentige Kochsalzlösung. So bleibt der Lachs auf dem langen Weg zu den Patienten saftiger.

Enge Zusammenarbeit mit Ernährungsberatern

«Früher gab es viele Diätformen. Heute fassen wir Diäten zusammen oder lassen sie bewusst weg. Mit unserer Vitalkost decken wir einen grossen Teil von Ernährungsbedürfnissen ab. Die Vitalkost beinhaltet Lebensmittel mit einer geringen Energiedichte wie Gemüse, Salate, Sprossen, Vollgetreide, Hülsenfrüchte sowie Nüsse, Oliven, Avocados und Früchte. Fisch und Fleisch gehören auch auf den Menüplan. Da verwenden wir Edelstücke oder magere Fleischsorten», erklärt Frederik

Die Integration des Wettbewerbskochens in die Spitalküche liegt Frederik Jud am Herzen.

Jud. «Bei natriumarmer Kost teilt uns die Ernährungsberaterin mit, welche Menge Kochsalz der Patient pro Tag benötigt. Je nach Diätform wird zwischen zwei bis drei Gramm NaCl (kein Kochsalz in der Zubereitung) und vier bis sechs Gramm NaCl (zwei GrammKochsalz in der Zubereitung pro Tag) unterschieden. Um dem Patienten trotzdem ein schmackhaftes Menü zu servieren, arbeiten wir mit Röstaromen. Der Lachs würde jetzt nicht pochiert, sondern grilliert, und die Zucchetti nicht gedämpft, sondern sautiert.»

Laktoseintoleranz oder Glutenunverträglichkeit

«Nach dem Genuss von Milch und daraus hergestellten Produkten können Beschwerden wie Blähungen, Magenkrämpfe oder Verstopfung auftreten, weil der Milchzucker nicht richtig verdaut wird. Der Milchzucker wird im Dünndarm vom Verdauungsenzym Laktase in seine zwei Bestandteile Galaktose und Glukose gespalten. Wenn dies nur teilweise oder gar nicht geschieht, gelangt der Milchzucker in den Dickdarm. Dabei bilden sich Gase

VIDEO Zubereitung Lachs-Menü

Frederik Jud zeigt das glutenfreie Menü für die private Abteilung des Spital Linth.

pistor.ch/lachs-menu

Info

SWISS SVG-Trophy

Die SWISS SVG-Trophy rückt das Können der Spitzenköche ins Rampenlicht. Sechs nominierte Teams, die es in den Final geschafft haben, bereiten ihr Gewinnermenü in ihrem Betrieb zu. Eine unabhängige Jury des Schweizer Kochverbands beurteilt das Kochen. Das Siegerteam kann am Culinary World Cup in Luxembourg teilnehmen.

svg-trohphy.ch

Thomas Baur – immer mit einem Lächeln unterwegs.

und Wasser sammelt sich an. Das führt zu Blähungen und Krämpfen. In der Schweiz leiden zirka 20 Prozent der Bevölkerung an einer Laktoseintoleranz. Oftmals ist es sehr schwierig, eine klare Diagnose zu stellen, weil die Symptome einer Glutenunverträglichkeit ähnlich sind. Gluten ist ein Sammelbegriff für verschiedene Eiweissstoffe, die in Getreidesorten, besonders in Weizenarten, vorkommen. Beim Verzehr von Gluten bei einer Glutenunverträglichkeit entzündet sich die Darmschleimhaut, dadurch sterben die Darmzotten ab, die für die Nahrungsaufnahme zuständig sind. Es kommt zu einer Unterversorgung des Körpers an lebensnotwendigen Vitaminen. Das heisst, bei Laktoseintoleranz-Patienten setzen wir laktosefreie Milch, Kokos- oder Mandelmilch ein. Bei Glutenunverträglichkeit gibt es mittlerweile viele Backwaren, die mit der Qualität normaler Backwaren mithalten. Saucen und Suppen binden wir mit Reismehl oder Maismehl», erklärt Frederik Jud.

Trend und Können

Die Küchenmitarbeitenden des Spitals Linth verköstigen rund 600 Essen pro Tag. «Nicht nur das Spital, sondern auch ein Pflegezentrum, eine Psychiatrie sowie eine Sprachheilschule beliefern wir mit Essen», erklärt Küchenchef Thomas Baur. Seit rund 25 Jahren arbeitet der stämmige Mann im Spital Linth. Mit seinen blauen Augen und dem gütigen Blick wirkt er als Übervater in der von Frauen dominierten Brigade. «In letzter Zeit gibt es eine zunehmende Nachfrage von Bewohnenden und Patienten mit Schluckbeschwerden. Vielleicht ist es trendig oder unsere Ernährungsberater können unsere pürierten Menüs besser anbieten. Die Rückmeldungen zu den Menüs sind durchwegs positiv. Wir investieren einiges in diese Ernäh

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rungsform, die früher ‹Turmix-Diät› genannt wurde. Das heisst, die Gerichte wurden etwas länger gegart und anschliessend im Mixbecher püriert, eventuell mit Bindemittel gebunden und dann serviert. Aus heutiger Sicht verstehe ich die Betroffenen mit Schluckbeschwerden, dass sie so lange wie möglich keine pürierten Gerichte essen mochten. Frederik Jud entwickelt eigene Rezepturen, damit die Gerichte geschmacklich wie auch optisch den gewohnten Menüs gleichen. Wir kauften Formen von Pitec AG, um den pürierten Lebensmitteln ihre ursprüngliche Form zu geben. Mit rund zehn Formen bilden wir die pürierten Gerichte fast authentisch nach», erzählt der Küchenchef.

Nahe beim Patienten

«Nahe beim Bewohnenden oder Patienten zu sein, das haben wir uns auf die Fahne geschrieben. Persönlich zu erfahren, ob der schonend gegarte Lachs in der Privatabteilung oder der gebratene Lachs in der allgemeinen Abteilung in der richtigen Temperatur und korrekten Grösse serviert wurde, ist uns sehr wichtig», hält Frederik Jud fest. Heute besucht er die allgemeine Abteilung. Überrascht schaut uns Patientin Tanja Hueber entgegen. Ihr wurde vor zwei Tagen der Blinddarm entfernt. Sie scheint wohlauf zu sein und ist erfreut, dass Frederik Jud sie persönlich besucht. Sie hat nur lobende Worte für das Essen der vergangenen Tage. «Nebst den Arztbesuchen ist das Essen der wichtigste Teil im Spital. Je besser das Essen, desto kürzer ist der Aufenthalt im Spital, denn das gibt gute Laune», hält Tanja Hueber fest und sticht vorsichtig in den Lachs von Lostallo. ▪

Tanja Hueber schätzt den kurzen Schwatz mit Frederik Jud.

Info

Schöner als das Echte

Das Birchermüesli, geeignet bei Schluckbeschwerden, ist einzigartig. Entworfen vom Kochkünstler Fredrik Jud. Die Zutaten kopiert er fast analog dem echten Müesli: Geröstete Haferflocken «pacosiert» er und mischt sie mit Doppelrahm, Eier, Schoggi und Butter.

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