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Interview Carlos Anglada
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Ein kleines, dynamisches Land
Der Rechtsanwalt Carlos Anglada Bartholmai (Jahrgang 1968), Sohn eines Katalanen und einer Deutschen, wuchs in Barcelona auf, studierte unter anderem in Deutschland, und ist seit 1995 Anwalt bei Monereo Meyer Abogados, Partner seit 2004. Seit 2012 ist er Honorarkonsul der Republik Österreich. Auf den Balearen leben rund 1.000 Österreicher, etwa 400.000 kommen jährlich als Touristen. Wir sprachen mit Carlos Anglada über die Aufgaben eines Honorarkonsuls.
dige Person schmeichelt natürlich. Das ist schon etwas Besonderes, einen Staat vertreten zu dürfen, man hat interessante Aufgaben und zudem einen direkten Kontakt zu den Behörden vor Ort.
EA: Welche Rolle spielt die Pfl ege von Geschäftskontakten? CA: Grundsätzlich eine wichtige. Österreich ist ein kleines, aber sehr dynamisches Land, dass vieles einfach anpackt und zu Ergebnissen kommt, die Außenstehende vielleicht nicht erwarten. Wenngleich Österreich über seine Vertretungen hinaus eine Wirtschaftsdelegation eingerichtet hat, die Advantage Austria heißt und sich um die Wirtschaftskontakte kümmert. Der österreichische Honorarkonsul ist in dieser Hinsicht also in weniger Fällen gefragt und stärker entlastet, als vielleicht Vertretungen anderer Länder.EL AVISO: Barcelona, Deutschland und Palma sind Ihre Stationen – was hat Sie auf Mallorca gehalten? Carlos Anglada: Meine Kanzlei in Barcelona hatte mich als jungen, deutschsprachigen Kandidaten hierher geschickt, mit der Motivation, Partner in der Kanzlei zu werden. Geplant war Mallorca für zwei, drei Jahre, dann sollte ich zurück. Daraus wurden zunächst fünf Jahre. Dann sagte meine Frau: uns geht es doch hier gut und Barcelona ist für kleine Kinder eine stressige Stadt, warum zurückgehen? Nun sind daraus inzwischen über 22 Jahre geworden, die wir hier sehr zufrieden sind. Meine Ursprungs-Familie sind übrigens Menorquiner, Anglada ist ein Name aus Menorca.
EA: Bringt Ihre Position Ihnen einen Mehrwert für ihre sonstige Arbeit? CA: Sicher. Als Honorarkonsul ist man in regelmä-
EA: Die Berufung zum Honorarkonsul bedeutet Arbeit, aber für die Ehre. Was motiviert einen Geschäftsmann zur Übernahme dieser Tätigkeit? CA: Ja, das hat mit Honorar wenig zu tun, aber Sie haben recht, das ist eine ehrenvolle Aufgabe. Die Ansprache vor der Besetzung als angesehene und vertrauenswürßigem Kontakt mit den Behörden, man ist auch besser überlaufende, ö entliche Projekte informiert. So entstehen auch Kontakte, wie zum Beispiel Tre en mit Hoteliers, um Saisonarbeiter zu organisieren. Mallorca und Österreich sind da eigentlich komplementär. Auf Mallorca sind deutschsprechende Spanier in der Sommersaison und wir in Österreich können diese Mitarbeiter gut gebrauchen in der Wintersaison.
EA: Sie sind vor allem Ansprechpartner der österreichischen Residenten und Touristen. Bei welchen Fragen werden Sie aktiv? CA: Den österreichischen Touristen helfen wir, wenn etwas passiert, beispielsweise die Ausweise verloren gehen. Wir stellen dann eine Identifi kationsbestätigung aus, vor allem für die Fluggesellschaften, damit der Rückweg nach Österreich sichergestellt ist. Für die Residenten gibt es mehrere Tätigkeiten wie Antrag auf Personalausweise, Anmeldung von Neugeburten, Lebensbestätigungen. Als Konsul habe ich zudem die Funktion als Notar, für Bestätigungen und Beglaubigungen, die für Österreich bestimmt sind. Und nicht zu vergessen sind die wirklich feierlichen Momente, die wir bisher dreimal organisiert haben: Wenn hier jemand die österreichische Staatsbürgerschaft annimmt, und wir während der Zeremonie die Nationalhymne „Land der Berge“ einspielen.
EA: Im kulturellen Bereich sind Sie nach eigener Aussage auch aktiv. Wie sieht das praktisch aus? CA: Auch da gibt es eine spezielle Abteilung in der Botschaft, die sich damit befasst. Ich bin da oftmals der Vermittler. Die Pandemie hat sehr viel kaputt gemacht. Wir hatten zwischenzeitlich sogar die Produktion einer österreichischen Oper auf Mallorca geplant, die erstmal ausgesetzt wurde. Es gibt auch einige österreichische Künstler auf Mallorca, die wir gerne weiter fördern oder unterstüt-
zen wollen. Da geht es aber meist nicht um finanzielle Unterstützung, die Mittel sind begrenzt.
EA: Sind Netzwerke für Ihre Tätigkeit wichtig? CA: Netzwerke sind immer wichtig. Deshalb bedauere ich die Entwicklung, die mit der Pandemie einher geht. Da sind virtuelle Tre en natürlich sehr praktisch, aber persönliche Kontakte sind nicht zu ersetzen. Da entstehen ganz andere Gespräche.
EA: Sind da Mitgliedschaften etwa im Circulo Mallorquin sinnvoll? CA: Es gibt drei, vier, vielleicht fünf Institutionen. Das ist ja auch immer eine Frage der Zeit, was man alles wahrnehmen kann. Der Circulo ist sehr wichtig und renommiert, da gibt es auch Vorträge höchster Qualität. Die Asociacion Balear de Directivos ist nicht so aktiv, aber von der Zusammensetzung auch eine interessante Mitgliedschaft, von der Caixa gefördert. Und APD Baleares die sehr dynamisch sind. Die Direktorin trommelt alle geschäftlich interessanten Köpfe von der Insel für Veranstaltungen mit höchstem Vortragsniveau zusammen, bis hin zur Teilnahme an Regatta-Veranstaltungen und anderen Events.
EA: Inwieweit ist das Bild Österreichs wichtig und wie sehen Ihre Gestaltungsmöglichkeiten aus? CA: Auch wenn es etwas merkwürdig klingt, ich habe den Mallorquinern beibringen müssen, dass Österreich und Deutschland ganz unterschiedliche Länder sind. Der Hintergrund ist, dass das Gewicht der Deutschen auf der Insel kräftig ist. Ich musste sogar mal eine Politikerin nach einem Vortrag korrigieren, die sich über die vielen Deutschen freute, aber die Österreicher und Schweizer vergessen hatte. Man muss ja sehen, die Sprache ist gleich, aber es gibt kulturell, historisch und auch politisch große Unterschiede.
EA: Während Corona war die Informationslage zeitweise sehr di zil. Wie war der Kontakt mit der spanischen Seite? CA: Während der Lockdown-Phase funktionierte die Koordination zwischen den autonomen Regionen und der Zentralregierung nicht immer so gut, die jeweiligen Zuständigkeiten waren nicht immer klar definiert. Darunter leidet dann auch der Vertreter eines ausländischen Landes, der auf der Suche nach Informationen nicht so ganz genau weiß, wohin er sich wenden soll und selbst vor der Situation steht, den Medien oder den Parteien Auskunft geben zu müssen. Heute sind wir alle sehr viel schlauer. Aber wir waren alle schockiert, die Situation zu Corona hätte keiner besser meistern können – egal welche Partei.
EA: Sie waren ja auch als Anwalt gefragt, als es um die Einreisebeschränkungen von Österreichern ging. CA: Es gab viel Kritik daran. Einige gingen damit in die Medien, andere waren diskreter kritisch, bei denen war ich dann auch als Anwalt gefragt. Wir dürfen ja nicht vergessen, im Ende ekt sind wir Gast hier, ich bin auch Gast. Aber Unzufriedenheiten sind nicht nur bei den Österreichern oder den Deutschen entstanden. Als die Festland-Spanier über Ostern nicht einreisen durften, aber die Deutschen kommen konnten, kam das auch bei den Mallorquinern nicht so gut an. Natürlich war dies sozialpolitisch schwer zu erklären, aber erstens hatte das ja seine Begründung in den Inzidenzwerten und zweitens war es gut, dass mit den Ausländern die die Wirtschaft wieder in Gang kam.
EA: Welchen Einfluss hat ein Honorarkonsul im Land, das er vertritt, und im Land der konsularischen Vertretung? CA: Es hängt auch an der Person selbst. Man hat eiich ihr etwas erklärte, die Funktion, das Land. Dabei gewinnt man schon neue Betrachtungen und Einstellungen. Ich bin auch gerne in Österreich, amtlich und privat zum Skifahren.
EA: Wie sehen Sie die weitere touristische Entwicklung Mallorcas? CA: Mallorca sollte aus meiner Sicht für alle Bereiche des teuren aber auch billigen Tourismus etwas bieten. Das in bestimmten Grenzen natürlich, en Sauftourismus und die Exzesse muss man unterbinden. Als Student war ich auch eher im günstigen Tourismus-Segment unterwegs, aber es gab schöne Erfahrungen und so ist die positive Verbindung zu Mallorca geblieben. Natürlich ist es für das Bruttoinlandsprodukt eines Landes besser, wenn Leute mit viel Geld einreisen, das sie vor Ort ausgeben. Aber auch die All-Inklusiv- und anderen Angebote tragen dazu bei.
Das Gespräch führte Frank Heinrich Fotos: Andrei Constantin, Privatarchiv Carlos Anglada
Francina Armengol, Präsidentin der Balearen-Regierung, Österreichs Botschafter Christian Ebner und Carlos Anglada
nen gewissen Einfluss, wenn man seine Anliegen entsprechend Ergebnis orientiert darstellt. Dabei sind die balearischen Behörden äußerst kommunikativ, übrigens so lange ich denken kann, also unter jeder Regierung. Es gibt von der Regierung einen Vertreter für konsularische Angelegenheiten, was als Plattform für Anliegen sehr gut und diplomatenfreundlich ist. Sehr viel Glück hatte ich immer mit meinen österreichischen Botschaftern, die immer o en waren für die Themen von den Balearen.
EA: Gibt es ein Lieblingsprojekt, an dem Sie arbeiten? CA: Daran arbeiten ist zuviel gesagt. Ich wollte schon eine regelmäßige Flugverbindung initiieren, dass man über das Wochenende nach Österreich fliegen kann, beispielsweise zum Skifahren. Warum muss ich nach Barcelona fliegen und dann vier Stunden weiter nach Andorra fahren, wenn ich in zwei Stunden in Innsbruck sein könnte? Aber sich um solche Ideen zu kümmern, kostet auch immer Zeit.
EA: Schließt sich mit Ihrer Stellung ein Engagement in politischen Fragen aus? CA: Ja, grundsätzlich muss ich neutral bleiben. Das ist auch gut so und es gibt – das ist meine Erfahrung – auf allen politischen Seiten fantastische Leute, die gesprächs- und kooperationsbereit sind.
EA: Sie sind jetzt neun Jahre Honorarkonsul. Verändert man in so langer Zeit seine Sichtweise auf ein Land, das man vertritt? CA: Man rückt näher, macht es sich zu eigen. Dazu trug auch bei, dass zurzeit meiner Berufung meine Tochter sehr klein war. Es begann spielerisch, interagierend, dass