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Hilfe, ich sehe nichts mehr
„Ich sehe nicht“ Am Empfang der deutschen Augenklinik stehen wir häufig vor der schwierigen Aufgabe diese Aussage richtig zu interpretieren und zu entscheiden, ob es sich um einen Notfall handelt. Grundlegende Fragen sind natürlich wie lange schon die Symptome bestehen und wie stark der Sichtverlust empfunden wird. Sind beide Augen betroffen oder nur eins? Gibt es weitere Symptome wie z.B. Schmerzen? Wie hat der Patient den Sichtverlust bemerkt, plötzlich oder zufällig? Welche Distanzen sind betroffen? Nicht selten sagt der Patient „Ich sehe nicht mehr“ und meint „Ich sehe weniger als ich möchte“ oder „Ich sehe weniger als vor Monaten“ oder sogar „Ich sehe in der Ferne, aber nicht in der Nähe“. Gründe gibt es viele und nicht alle sind gefährlich Eventuell haben sich nur die Brillenwerte geändert. Dies geschieht meist in der Fernsicht bis zum 25. Lebensjahr und in der Nahsicht ab dem 40. Lebensjahr. Zwischendurch und ab ca 55 Jahren sollten die Werte jedoch eher stabil sein. Mit zunehmenden Alter leiden die meisten Menschen unter einem grauen Star. Dieser ist vor dem 70. Lebensjahr ungewöhnlich, jedoch mit 80 ein Normalzustand. Der Sichtverlust erfolgt über Monate und Jahre und kann einfach mit einer Linsenoperation korrigiert werden. Dies ist heutzutage ein Routineeingriff und ermöglicht sogar die Implantation von speziellen Linsen, die eine Brille überflüssig machen. Nicht immer harmlos So gibt es Krankheiten der Netzhaut, der Hornhaut und des Sehnervs, die bleibende Schäden verursachen. Eine relative häufige krankhafte Veränderung der Netzhaut ist die Gliose. Dabei lagern sich auf der Oberfläche der Retina Zellen ab, die sich zu einer Membran verdichten und die normale Netzhautstruktur so verändern können, dass es zu einer Verzerrung und Verminderung der normalen Sicht kommen kann. Auch kann die Entstehung eines sogenannten Makulaforamen einen progressiven Sehverlust auslösen. Hier besteht eine Ausdünnung des Sehzentrums (Fovea oder gelber Fleck) die entweder spontan oder durch Zugkräfte (z. B. aufgrund einer Gliose) ausgelöst werden kann und langfristig zu einer Lücke in der Netzhaut führt. Ein Grund für eine schwindende Sicht aufgrund von Hornhautveränderungen wären die HornhautDystrophien. Diese führen zu einem Transparenzverlust der Hornhaut und sind nur schwer behandelbar. Die bekannteste Krankheit ist dabei die Guttata Dystrophie oder die Fuchs Dystrophie, bei der die innere Zellschicht der Hornhaut Zellen verliert bzw. diese anschwellen. Bei fortgeschrittenen Fällen muss ein Hornhauttransplantat durchgeführt werden. Eine der bekanntesten Gründe für einen krankhaften Verlust der Sicht ist der Grüne Star / Glaukom. Grund ist ein Sehnervschaden, der zu einer Einschränkung des
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Gesichtsfeldes führt und unbehandelt sogar einen nahezu kompletten Verlust des Sehvermögens verursachen kann. Ein akuter Sichtverlust ist ein Notfall Ein Verlust der Sehkraft auf beiden Augen ist sehr unwahrscheinlich. Sollte dieser jedoch mit starken Schmerzen einhergehen, dann kann es sein, dass der Patient sich die Hornhaut verbrannt hat (siehe vorige Ausgaben von EL AVISO), jedoch die Heilung der Hornhaut eine gute Prognose erlaubt. Sind die Schmerzen nur einseitig so könnte es Gründe für einen Sichtverlust sich um einen akuten Glaukomanfall oder eine eine Regenbogenhautentzündung handeln. Beide sollten rasch von einem Facharzt beurteilt werden. Meist erfolgt aber der Sehverlust ohne Schmerzen und einseitig. Anamnestisch ist es wichtig zu differenzieren in welchen Gesichtsfeldarealen dieser angefangen und sich entwickelt hat. Berichtet der Patient über einen zentralen Fleck, der in der Sehachse liegt und eine klare Sicht praktisch unmöglich macht, bzw. gerade Linien krumm erscheinen lässt, so hängt dies mit der Makula zusammen. Man hat dann quasi einen „Knick in der Optik“. Grund kann die immer häufiger auftretende altersbedingte Makuladegeneration sein. Ähnliche Symptome werden durch das Makulaödem bei Diabetikern ausgelöst und sie können auch durch eine Netzhautthrombose verursacht werden. Ist der Sehverlust plötzlich und betrifft nur den gesamten oberen oder unteren Bereich des Gesichtsfeldes (äquatorialer Gesichtsfeldausfall) so weist das auf einen Sehnervinfarkt hin. Dieser kann in dramatischeren Fällen sogar zu einem Verlust der gesamten Sehfähigkeit führen und muss von dem zentralen Netzhautinfarkt abgegrenzt werden, der auch diese fulminante Einschränkung verursacht. Beide haben eine schlechte Prognose. Davon abzugrenzen ist die Einblutung in den Glaskörper, der auch einen kompletten Visuverlust hervorruft, aber häufig korrigiert werden kann. Bemerkt man, dass sich ein Vorhang von oben oder unten über die Sicht legt, so ist Eile geboten, da eine Netzhautablösung stattfindet. Solange das Sehzentrum nicht betroffen ist kann mit einer raschen Operation das Augenlicht komplett gerettet werden. Natürlich gibt es noch viele weiteren seltene Gründe für den Verlust des Sehvermögens. Falls Sie das Gefühl haben, dass Sie schlechter sehen, dann versuchen Sie anhand dieses Artikels zu beurteilen, ob es sich um einen Notfall handelt. Wenn Sie Zweifel haben rufen Sie bei uns an. Unser Empfang kann Ihnen mit wenigen Fragen helfen und das richtige Vorgehen empfehlen.
Foto: gesundes-auge.de
Dr. Sebastian Beckers
Deutsche Augenklinik Mallorca Avda. Rei Jaume I, Santa Ponsa, Tel.:871 570 606 Camí dels Reis, 308 Palma, Tel.: 971 905 202 www.deutsche-augen-klinik.de