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Interv. Damaris Weiß
Albufera
Abenteuer
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mit Drachen und Piraten
Damaris Weiß ist studierte Anglistin, arbeitet als Texterin und betreibt die Website www.mallorcafuerkinder.de. Sie lebt mit ihrem andalusischen Ehemann und zwei Söhnen in Santanyí. EL AVISO sprach mit Damaris Weiß über ihre Tipps für Familien, ihr Buch „Naturzeit mit Kindern“ und die neuen kindgerechten Entdecker-Apps.
EL AVISO: Was ist das Besondere für Kinder auf Mallorca? Damaris Weiß: Die Insel ist ein riesiger Abenteuerspielplatz. Auf den ersten Blick scheint es, als ist der Strand der Ort, an dem man als Familie seine Zeit verbringt. Und zweifellos ist so ein riesiger Sandkasten für viele Kinder das Paradies auf Erden. Daneben bietet Mallorca aber noch viel mehr: versteckte Höhlen, Burgruinen und Schildkröten in freier Natur. Um nur einige Beispiele zu nennen. Und dann ist da noch die mallorquinische Folklore. Zu jedem Ort gibt es mindestens eine Legende, die erzählt werden kann. Das ist für Kinder ein besonderer Zauber. Historische Fakten sind da nicht so interessant. Geschichten von Drachen, Piraten und Hexen jedoch schon.
La Victoria und oberflächlich war. Als ich dann 2018 „Mallorca für Kinder“ online brachte, war fast sofort ein sehr großes Interesse an den Inhalten vorhanden. In den letzten beiden Jahren hat die Arbeit an der Website dann nochmal an Fahrt aufgenommen.
EA: Wegen Corona…? DW: Im Zuge der Pandemie hat mein Hotel geschlossen und auch nach zwei Jahren nicht mehr geöffnet. Damit hatte ich sehr viel mehr Zeit zur Verfügung, die ich in die Webseite und verschiedene damit verbundene Projekte investiert habe. Das Ganze wäre in den letzten beiden Jahren sicher nicht so schnell gewachsen, wenn ich meinen regulären Job weiter ausgeübt hätte.
Biniaraix
EA: Sie gestalten und betreiben die wohl umfangreichste Website für Exkursionen und Aktivitäten mit Kindern auf Mallorca. Wie kommt man auf die Idee dazu? DW: Vor etwas über zehn Jahren habe ich begonnen als Rezeptionistin in einem Hotel zu arbeiten. Die Fragen, die ich da von den Gästen und später auch von Freunden mit Kindern gestellt bekommen habe, waren immer die gleichen. Irgendwann habe ich begonnen, die Empfehlungen aufzuschreiben. Als ich selbst Mutter wurde, stellte ich dann auch fest, dass das deutschsprachige Online-Angebot für Familien eher begrenzt EA: Man hat den Eindruck, Sie haben jeden Winkel Mallorcas aus Sicht der Kinder und Eltern erforscht. Wie haben Sie das alles gesammelt, wie sind Sie vorgegangen? DW: Bei weitem nicht. Uns fehlt noch so viel. Unsere Liste mit Dingen, die wir unter die Lupe nehmen müssen, ist so lang, dass meine Söhne wohl bereits selbst Kinder haben werden, ehe sie abgearbeitet ist. Wir treffen unterwegs oft Mallorquiner, die uns wieder etwas Neues empfehlen. Als Erstes schauen wir immer, was die Kinder interessiert. Oft kommen die mit einer Geschichte aus der Schule, dann schauen wir uns den Ort dazu an und versuchen regelmäßig, neue Orte zu entdecken.
EA: Das Angebot Ihrer Website ist gut strukturiert, aber auch komplex. Wie sollten Familien bei der Planung der Aktivitäten vorgehen? DW: Jede Familie ist anders. An erster Stelle kommt es darauf an, was die Familie vorhat. Manchen reicht es, jeden Tag einen neuen Strand zu sehen. Wir sind als Familie selbst eher nicht so die Planer und lassen uns lieber treiben. Gerade für Familien im Urlaub halte ich das persönlich auch für die bessere Option. Und dann finde ich es auch wichtig, Ausflüge und dergleichen mit den Kindern abzusprechen. Worauf haben die Kinder Lust, was macht ihnen Spaß. Im
Blick auf Wanderungen finde ich es wichtig, sich selbst und die Kinder nicht zu überschätzen. Egal welcher Ausflug, mit Kindern dauert er länger. Es ist besser, sich weniger vorzunehmen und nicht auf Krampf eine Liste abzuarbeiten.
EA: Ein wenig Werbung auf der Website, ein E-Book für 2,95 Euro und viel Arbeit – ist die Website eher ein Hobby oder doch schon Beruf? DW: Ein Hobby ist das schon lange nicht mehr. Spätestens seit der Recherche zu unserem Buch gehe ich die Arbeit strukturierter an. Das Ganze ist arbeitsintensiver als es von außen aussieht und umfasst viel mehr, als nur die Informationen online. Sehr viele Eltern kontaktieren mich, haben Fragen und wünschen detailliertere Auskünfte. Mit den steigenden Besucherzahlen wird die Seite zudem zunehmend für Unternehmer als Werbeplattform interessant. Auch hier haben die Anfragen seit einigen Monaten zugenommen. Ich könnte durchaus einen Vollzeitjob daraus machen. Und wenn sich alles so weiter entwickelt wie momentan, dann ist es das in absehbarer Zeit wahrscheinlich auch.
EA: Sie sind seit zehn Jahren Mutter und haben damit zwei ideale Testpersonen. Was machen Sie mit Ihren Kindern an Wochenenden oder in der Ferienzeit? DW: Meine Söhne sind das Herzstück und sehr aktive Mitarbeiter. Ich versuche trotzdem, die gesamte Freizeit nicht ausschließlich darauf auszurichten. Die beiden trainieren in lokalen Sportvereinen und sind am Wochenende oft bei Ligaspielen eingespannt. Wenn es passt und die beiden Lust haben, werden Auswärtsspiele mit Ausflügen verbunden. Wenn ich merke, dass sie wieder etwas Zeit für andere Sachen brauchen, ist das auch okay. Es soll ja Spaß machen und nicht in Stress ausarten. Meistens sind es dann aber die beiden, die meinen, wir könnten doch mal wieder etwas Neues für den Blog unternehmen.
Cova Tancada
Dragonera Na Clara Betlem
EA: Gab es Aktivitäten, die Ihren Söhnen nicht gefallen haben? DW: Da fällt mir jetzt auf Anhieb nichts ein. Aber wie gesagt, wir sprechen das auch immer im Vorfeld ab. Es gibt Ausflüge, die sind okay, aber wir sind uns einig, wir müssen hier nicht unbedingt noch einmal hin. Aber dass ihnen irgendetwas absolut nicht gefallen hat, ist, glaube ich, noch nicht vorgekommen.
EA: Sie haben auch ein Buch herausgegeben mit Wandertouren für Kinder. Warum ein Buch, wenn es, eine ausführliche Website gibt? DW: Das Buch „Naturzeit für Kinder – Mallorca“ ist über den Naturzeit Reiseverlag veröffentlicht worden. Mich hat die Verlegerin angeschrieben. Der Verlag hat bereits viele Bücher mit naturnahen Aktivitäten für Familien für andere europäische Reiseziele veröffentlicht. Mallorca fehlte noch. Und das, was ich auf dem Blog anbot, passte ins Verlagsprogramm. Das Buch ist keine reine Kopie der Webseite. Viele der Touren im Buch sind auf dem Blog nicht zu finden. Andere Sachen sind online ausführlicher erklärt. Buch und Blog ergänzen sich gegenseitig. Und richten sich dabei an das jeweilige Publikum. Einige Leute informieren sich ausschließlich im Internet. Es gibt aber auch durchaus noch viele, die etwas Handfestes wie ein Buch vorziehen.
La Trapa Familien, die ihre Auswanderung planen.
EA: Das neueste Projekt ist eine App für Kinder zur Erkundung von Palma. Die Testphase ist abgeschlossen. Was war Ihr Ziel und was sind Ihre Erfahrungen? DW: Die Schnitzeljagd durch Palma gibt es nun seit letztem Jahr. Ich war auf der Suche nach einer Möglichkeit, mit der Kinder die Stadt spielerisch erkunden können. Zusammen mit den Legenden, die meine Söhne aus der Schule kennen, ist so ein Streifzug durch die historische Altstadt entstanden, in Form einer Schnitzeljagd, bei der die Kinder an markanten Orten Fragen beantworten müssen und dann zur nächsten Station gelotst werden. Die Eltern bekommen eine Stadtführung, die Kinder einen Wettkampf. Alle sind glücklich. Das Projekt kam besser an, als ich erwartet hatte. Weshalb im Sommer eine Tour nach gleichem Konzept für Cala Santanyí entstand. Mittlerweile gibt es die Entdeckertouren, wie ich sie nenne, auch für Deià und Sóller.
EA: Angefangen hatten Sie mit einer PDF, also in der Regel dem Ausdruck der Tour? DW: Ein kleiner Nachteil der Touren war, dass sie nur als PDF verfügbar waren und ausgedruckt werden mussten. Über den Winter habe ich dann eine Möglichkeit gefunden, die gleichen Touren auch über eine App laufen zu lassen. Seit Anfang April sind die Entdeckertouren sowohl digital, als auch analog verfügbar. Je nachdem, was die Familien bevorzugen.
EA: Wie bewerben Sie Ihre App und wie viele Teilnehmer gab es bisher? DW: Die Touren bewerbe ich ausschließlich über die Webseite. Seit Start haben circa 20 Spieler einen Zugang zur App erhalten. Die Entdeckertouren in analoger Form sind seit letztem Jahr über 200-mal gespielt worden.
EA: Für das Buch haben Sie 45 Ausflüge ausgewählt. Nach welchen Kriterien haben Sie ausgewählt, für das Buch und für die Website? DW: Für das Buch gab es ein Briefing vom Verlag. Also konkrete Richtlinien, an die ich mich halten musste. Unter anderem, dass die Ausflüge eine gewisse Länge nicht überschreiten durften, sich an bestimmte Altersklassen richten mussten und möglichst viel von der gesamten Insel abdecken. Für die Webseite gibt es keine Regeln. Da veröffentliche ich all das, von dem ich denke, dass es für meine Leser interessant ist.
EA: Sie geben auch Tipps für den Schulbesuch auf Mallorca. Wie ist die Resonanz von Einwanderern und Residenten? DW: Die Seite zum Schulsystem auf Mallorca ist eine der meistgeklickten auf dem gesamten Blog. Ich weiß nicht, inwieweit Residenten darauf zugreifen, da die ja bereits vor Ort sind. Aber es gibt sehr viele Anfragen von
Radfahren Via Verde Schnitzeljagd Palma
EA: Soll das Angebot noch wachsen? Gibt es weitere Träume, Ideen und Planungen für die Zukunft? DW: Ideen habe ich noch sehr viele. Als Nächstes werde ich eine Tour für Palma entwerfen, die sich an etwas ältere Kinder richtet. Dabei soll es um Gruselgeschichten gehen, die am besten im Dunkeln erkundet werden. Für Valldemossa gibt es auch bereits ein Konzept. Alcúdia und Pollença hätte ich auch gerne noch dabei, um auch Familien auf der anderen Inselseite ein Angebot machen zu können. Außerdem gab es bereits Anfragen, ob die Touren nicht auch auf Englisch verfügbar seien. Ich werde testen, ob in dieser Richtung eine Nachfrage besteht.
Das Gespräch führte Frank Heinrich
Kontakt: Buch: Naturzeit für Kinder – Mallorca, Naturzeit Reiseverlag, 263 Seiten, 17,49 Euro Fotos: Damaris Weiß www.mallorcafuerkinder.de