4 minute read
Portrait Sänger Daniel Kirch
Daniel Kirch, der Heldentenor
Ein Heldentenor ist kein Held, oder doch? Jeder der die Oper liebt, weiß, was ein Heldentenor ist. Im dramatischen Stimmfach ist es die Art der Tenorstimme, die durchdringender ist als jede andere, voluminöser und strahlender, schwerer und dringlicher. Der Heldentenor ist es, der ein großes Orchester zu übertönen vermag. Daniel Kirch singt alle Heldentenor Partien im Wagner Fach. Tristan in „Tristan und Isolde“, den jungen Siegfried im „Nibelungenring“, Walther von Stolzing in „Die Meistersinger von Nürnberg“, Siegmund in „Die Walküre“, Erik in „Der fliegende Holländer“, Lohengrin, Parsifal, bis zu Tannhäuser – der Titel „Wagnertenor“ wird ihm absolut gerecht. Als Tenor reiste er um die Welt, Tokio, Rom, Leipzig, Graz, Wien, Beijing, Manchester, Warschau, Bologna, München, Salzburg, Berlin, Brüssel, Köln, Zürich, Basel, Tel Aviv, Amsterdam, Rotterdam, Paris, Dresden, Barcelona, Mailand – der Zwiespalt zwischen Karriere und einem natürlichen Leben hat ihn irgendwann sehnsüchtig gemacht und sich erst gelegt, als er auf Mallorca seine Ruhe finden konnte.
Advertisement
Die Insel der Erholung Im Südosten der Insel, nahe dem malerischen Ort Porto Colom mit seinem einzigartigen Naturhafen, lebt er mit seinem Mann Rene, der in Berlin die Bar „Betty F***“ führt. Eine große Ehre ist es für Daniel, wenn er von seiner Gemeinde eingeladen wird. So wie es im letzten Jahr im August geschah, als er am Hafen Opernarien sang, oder er im selben Jahr von Franz Schubert die „Winterreise“ in der Kirche San Bartomeu, in Sóller und bei Rudi Neuland in Can Brut sang. „Nicht zu vergessen“, sagt er, „ist auch das Kulturzentrum der Fundació Sa Nostra der Stadt Palma, wo ich 2021 im April die „Dichterliebe“ von Robert Schumann und Richard Strauss Lieder vortrug“. In den letzten zwei Jahren hat er sich so einiges einfallen lassen, um die freie Zeit der ausgefallenen Konzerte zu nutzen. Er liebt es Brot, Gebäck und Kuchen zu backen und bietet bis heute seine feine Ware sogar zum Verkauf an. Der vegane Zitronenkuchen, den er uns anbot, war sehr lecker. Er gibt Gesangsunterricht und ein zukünftiges Projekt wird das Angebot einer internationalen „Masterclass“ für klassischen Gesang auf der Insel sein, denn „ich muss mein Wissen weiter geben, das ist mir wichtig. Andere Sänger sollen partizipieren. Am Ende soll es ein Abschlusskonzert geben, an einer schönen Location auf der Insel“.
Die Karriere ruft Eigentlich, so dachte er, könne er sich ein wenig zurückziehen, doch die Welt der Klassik ruft nach ihm. Er wird den Sommer in Bayreuth verbringen. Dafür leiht er sich den Wohnwagen seines Bruders, in dem er wohnen und mit dem er reisen will. Im Rahmen der Bayreuther Festspiele wirkt er als der Feuergott Loge in Wagners „Das Rheingold“ mit (Aufführungen gibt es am 31. Juli, 10. und 25. August). Das neue Projekt „Wagner für Kinder“ findet vom 25. Juli bis 5. August statt und das erste Mal singt er den Lohengrin in einer Kinderoper, in einer dafür erstellten Fassung von Richard Wagner. Im Herbst geht es dann weiter an die Stuttgarter Staatsoper, als Siegfried in Wagners „Götterdämmerung“.
Stimme und Helden Seine Stimme ist „eine warme, dunkle tembrierte Heldentenorstimme, die ein großes Spektrum hat, um nicht nur dramatisch sein zu können, sondern auch lyrisch“. Sein Lehrer sagte ihm einmal, dass man „die Träne spüren muss“. Daniel erklärt „Das Herz, die Seele, muss mitschwingen, hörbar sein. Das gehört mit zu meiner Kunst“. In seinem deutschen Kernrepertoire ist er Text-verständlich. Wir sprechen über Helden und Gott und was er damit zu tun hat. „Ich bin ein sehr empathischer Mensch und helfe vielen, bin wahrhaftig und authentisch. Eine ehrliche Haut und bescheiden, kein Feigling. Ich hab einen Dickkopf, bin kämpferisch und streitbar. Mein Gerechtigkeitssinn ist groß, ich ertrage keine Ungerechtigkeit und verfüge über eine gute soziale Kompetenz. Ich liebe Tiere. Vielleicht beschreibe ich damit keinen Helden. Oder doch?“ Beim Singen nimmt er in sich etwas wahr, das er mit „göttliches Gefühl“ beschreibt. Mit seiner grossen Leidenschaft, die sich in ihm als Künstler ausdrückt, berührt er die Zuschauer zu Tränen. Das macht ihn glücklich, denn er weiß, er hat sie „durchdrungen“.
Kurz-Biografie Daniel Kirch Köln ist seine Geburtsstadt (1972), dort hat er Gesang studiert und seine Schauspielausbildung angefangen, besuchte Meisterkurse und bildete sich stimmlich immer weiter aus. Er war viele Jahre an der Komischen Oper Berlin angestellt. Seit 2002 ist er freischaffend tätig und arbeitet weltweit an Opernhäusern und auf Festspielen. Auch als Liedersänger feierte Daniel Kirch Erfolge und setzte einen wichtigen Meilenstein mit der Partie des „Waldemar“ in Berlin, Rotterdam und Tel Aviv.
Information: www.danielkirch.de
Nermin Goenenc und Roman Hillmann, Fotos: Roman Hillmann, Archiv Daniel Kirch