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Int. Ignacio Deyá Frutos Círculo Mallorquín
Wo die wichtigen
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Entscheidungen fielen
Ignacio Deyá Frutos
EL AVISO: Der Círculo Mallorquín hatte in den 60er Jahren 2.000 Mitglieder, 1982 vor dem Umzug waren es 850, heute sind es 340. Was ist der Grund für diesen rapiden Mitgliederschwund? Ignacio Deyá Frutos: Wir waren über viele Jahre eine eher geschlossene Gesellschaft. Das ging so weit, dass sich die Meinung verbreitete, es gibt uns nicht mehr. Wir selbst hatten den Eindruck, es ist in unseren Aktivitäten ein Stillstand eingetreten. Man hatte übersehen, dass das Angebot um uns herum gewachsen war. Wir haben viel getan, aber nicht genug und am Ende hat sich das auch in der Mitgliederentwicklung gezeigt. Ich war mit Guillem Carré Buades (Vizepräsident) zusammen im Vorstand und wir erkannten, dass es eine Erneuerung brauchte. Ich habe mich dann für das Amt des Präsidenten aufstellen lassen, um diese Veränderungen in den letzten sieben Jahren voranzutreiben.
EA: Der Círculo Mallorquín bot nach seiner Gründung den Raum für gesellschaftliche Anlässe: als Casino, Bibliothek, Konzert- und Tanzsaal. Welche Programmpunkte stehen heute im Vordergrund? IDF: Wir haben neue Aktivitäten wie Vorträge zu aktuellen Themen und Entwicklungen, sowie Bildungsangebote gescha en und sind wieder aktiv und präsenter geworden. Zum Programm gehören regelmäßige Ausstellungen mit Werken von Künstlern, vor allem der Balearen, die hier für eine Zeit lang als Leihgaben gezeigt werden. Auf die Kunst konzenDer Círculo Mallorquín kann auf eine traditionsreiche und schillernde Historie zurückblicken. Vor 170 Jahren am 25. August 1851 als Casino und gesellschaftlicher Treffpunkt gegründet, war der Privatclub bald der einflussreichste Ort der Insel, mit bedeutenden Mitgliedern aus Aristokratie und Business. Heute hat das Balearenparlament im alten Gebäude des Círculo in Palma seinen Sitz, der Club ist 1983 unweit davon ins Can Sancho umgezogen. EL AVISO sprach mit Ignacio Deyá Frutos, Präsident des Círculo Mallorquín, der auf vielversprechendem Weg ist, dem Club einen Teil seiner alten Bedeutung wiederzugeben, mit einer Legende über den Finanzier Juan March aufräumt und gerne das Parlamentsgebäude zurückkaufen würde.
trieren sich auch die meisten unserer Bildungsangebote. Man kann hier sogar Mal- und Tanzkurse belegen. Sehr beliebt sind auch Buchvorstellungen durch Schriftsteller und Diskussionen dazu.
EA: Welche Rolle spielt die Politik dabei? IDF: Bei den Vorträgen bleibt die Parteipolitik außen vor. Wir laden zwar Politiker ein, aber sie sollen einen Beitrag zum Thema leisten und nicht Werbung für ihre Partei machen. Der Bürgermeister beispielsweise spricht über Stadtentwicklung, aber nicht über sein Parteiprogramm. Ausnahme waren die letzten Wahlen. Da haben wir alle Parteien eingeladen, aber nur die PP ist gekommen. Das war schade. Der Grund ist, wir werden als konservativ eingeschätzt.
EA: …und die gesellschaftlichen Anlässe? IDF: Nach wie vor bietet der Círculo gesellschaftliche Anlässe, Dinner, Bälle und Feiern, jedes Jahr ein Golfturnier und eine Benefiz-Veranstaltung. Es gibt vier große Feiern im Jahr, die von uns organisiert werden. Aber unsere Mitglieder organisieren auch selbst Feiern und Partys. Wir sind bei der Anmietung der Räume und der Gastronomie nicht auf Profit ausgerichtet und Partys sind bei uns zu attraktiven Preisen möglich. Ein Beispiel: An der Club-Bar kostet ein Gin Tonic nur 3,50 Euro (lacht). Dabei bieten wir eine besondere Atmosphäre, die über ein Restaurant hinaus geht und in der man sich in unseren Räumlichkeiten wie zuhause fühlt. Regelmäßig finden über diese Veranstaltungen neue Mitglieder zu uns, die uns auf diese Weise kennenlernen.
EA: Noch mal zurück zu der Mitgliederzahl: Welche Bedeutung hat Wachstum für einen historischen Privatclub, oder geht es vielmehr um gesellschaftlich interessante Mitglieder? IDF: Eine interessante Frage. Zunächst finanzieren wir uns aus den Mitgliedsbeiträgen. Unser Schatzmeister sagt dazu immer: Pro Tag ein Mitglied, dann haben wir eine gute finanzielle Basis. Das heißt, mit 365 Mitgliedern haben wir unsere Kosten gut gedeckt. Unser Ziel sind 500 Mitglieder, dann können wir noch attraktivere Aktivitäten anbieten. Die Pandemie hat uns beim Mitglieder-Marketing leider sehr behindert. Das ist die wirtschaftliche Seite. Aber, und das betri t auch die Mitglieder, wir wollten die alten Zeiten des Círculo wiederbeleben, mit einem abwechslungsreichen Programm, interessanten Mitgliedern und Gästen als Gesprächspartner.
EA: Wie sind die Voraussetzungen dazu heute? IDF: Die Voraussetzungen für ein entsprechendes Wachstum und die weitere Entwicklung sind gut. Unsere Mitglieder stammen aus allen Generationen. Von den Älteren, die sich jeden Tag hier tre en, bis zur jungen Generation, die den Círculo am Wochenende besucht. Wir bieten eine überzeugende Gastronomie, haben so beispielsweise eine kulinarische Gruppe, die regelmäßig zum Essen kommt. Ge-
schäftliche Essen sind hier auch im kleinen Kreis sehr gut möglich, übrigens auch für Nicht-Mitglieder, und zu annehmbaren Preisen. Und wir arbeiten an einer internationalen Vernetzung mit ähnlichen Clubs. Für Golfspieler gibt es bereits die Möglichkeit als Mitglied in England zu spielen.
EA: Beim Umzug an Ihren neuen Sitz sind ein geschichtsträchtiges Gebäude und Mobiliar zurückgeblieben. Haben Sie es irgendwann bereut, das Gebäude für das heutige Parlament abgegeben zu haben? IDF: Der Umzug war für uns schon dramatisch, aber es mussten Schulden bezahlt werden. Wir haben 1983 sehr viel zurückgelassen, für das wir in den neuen Räumen keinen Platz hatten, und das alte Gebäude wurde für 600.000 Euro und 300.000 für das Mobiliar verkauft. Vom Verkaufserlös haben wir das neue Haus Can Sancho gekauft. Einige Stücke der Inneneinrichtung haben wir behalten, z.B. einen alten Pooltisch und viele Stühle, darunter auch zwei historische Friseur-Stühle. Der Círculo hatte früher einen eigenen Friseur. Wir sind inzwischen sehr solide aufgestellt und arbeiten ohne jegliche Unterstützung mit einem Jahresbudget aus den Mitgliedsbeiträgen.
Sitz des Círculo
EA: Der Club Círculo Mallorquín war lange der einfl ussreichste Ort der Insel, unter anderem weil die einfl ussreichsten mallorquinischen Adelsfamilien Mitglied waren. Gibt es heute noch eine Vernetzung auf der geschäftlichen und politischen Ebene? IDF: Nein, die gibt es nicht mehr, oder besser gesagt: noch nicht (lacht). Die Zeiten haben sich geändert. Wenn sich hier wichtige Leute versammeln, dann meist nicht, um wichtige Entscheidungen zu tre en, sondern um ein angenehmes Ambiente bei guten Gesprächen zu suchen. Der Hintergrund für den Wandel ist ganz einfach: Früher gab es eben keinen anderen Ort, an dem sich die wichtigen Vertreter Mallorcas trafen, heute gibt es viele Möglichkeiten. Aber es gibt auch andere Tre en hier, etwa Essen im kleinen Kreis, bei denen Geschäfte gemacht werden. Es zeichnet sich ab, dass die Nutzung des Círculo in diesem Bereich zunimmt.
EA: Bei der Entstehung des Círculo Mallorquín spielte das Roulette eine wichtige Rolle. Haben Sie einmal daran gedacht, das Roulette wieder aufl eben zu lassen? IDF: Wir sind unserer Einordnung nach wie vor ein Casino, aber ohne Lizenz. Und es gibt keine Absicht,
Ehemaliger Sitz
noch einmal Casino zu werden. Das Modell war historisch so, dass jeder der beim Roulette etwas gewinnt, auch an den Círculo einen Anteil abgibt. Aber es bestehen schlechte Erinnerungen daran, weil einige Leute ihr Vermögen verspielt haben.
EA: Der Círculo Mallorquín war schon vor 170 Jahren neben dem Adel o en für angesehene Bürger. Wie sind die Bedingungen für die Aufnahme heute? Auch ein deutsches Mitglied haben Sie bereits. IDF: Wie schon gesagt, sind wir nicht an eine Partei gebunden, ebenso spielt die Religion keine Rolle bei der Aufnahme. Hier sind alle Personen willkommen, im demokratischen Spektrum und auch jeder Nationalität. Das erste deutsche Mitglied ist der Architekt Michael Lehmann, hier am Tisch, und wir freuen uns über weitere deutsche Mitglieder. Unser Vizepräsident Guillermo Carré spricht übrigens deutsch. Für die Aufnahme braucht es zwei Mitglieder als Bürgen, wie auch in anderen Clubs üblich. Bisher haben wir in unserer Amtszeit keinen Antrag abgelehnt. Diejenigen, die wir ablehnen würden, stellen ohnehin keinen Mitgliedsantrag (lacht). Als Ehepartner hat man übrigens die gleichen Rechte, kann in Vertretung sogar bei Wahlen abstimmen. Die Kinder von Mitgliedern zahlen nicht bis zum Alter von 13 Jahren. 1962) sei in den Círculo Mallorquín nicht aufgenommen worden, und habe aus Wut direkt neben dem Círculo eine Nachbildung des Hauses gebaut. Was ist da dran? IDF: Ein Historiker hat kürzlich wissenschaftlich belegt, dass Juan March Mitglied des Círculo Mallorquín war und am gleichen Tag wie seine beiden Söhne aufgenommen wurde, die dann ihre Ehefrauen im Círculo kennenlernten. 1930 hatten wir eine fi nanzielle Krise und Juan March war der größte Beitragszahler und ging eine hohe Verpfl ichtung in Höhe von 500 Peseten (30 €) ein, was damals sehr viel Geld war. Es gab also gute Beziehungen zu ihm. Der Círculo hat ihm sogar für seinen angrenzenden Palacio an das heutige Parlament ein kleines Stück Land verkauft. Selbst im Círculo hat man an die Legende von der Nichtaufnahme und des Palacio-Baus von Juan March bis vor einiger Zeit geglaubt.
EA: Welche neuen Projekte und Aktivitäten des Círculo Mallorquín gibt es für die Zukunft? IDF: Es gibt Planungen in sehr unterschiedlichen Bereichen: Wir haben jetzt eine Website, sind in den sozialen Netzwerken vertreten und verö entlichen demnächst einen regelmäßigen Newsletter. Die internationalen Beziehungen bauen wir gerade aus in Europa, Amerika und auch Südamerika, um Clubs zu kontaktieren, in denen Mitglieder sich bei einem Besuch des Landes mit Clubmitgliedern anderer Länder und Kulturen besuchen und sich austauschen können. Wir sind dabei, die beste Bibliothek zum Thema Mallorca aufbauen. Und zu guter Letzt ein Traum von mir: Ich möchte das alte Gebäude des Círculo Mallorquín, also das jetzige Parlamentsgebäude, wieder zurückerwerben (lacht).
Buchvorstellung
Kontakt:
Carrer de la Concepció, 4 07012 Palma Tel: 649 684 044 info@circulomallorquin.com https://circulomallorquin.com
Das Gespräch führte Frank Heinrich
EA: Es gibt die hartnäckige Anekdote, der reiche und umstrittene Finanzier Juan March Ordinas (1880-
Michael Lehmann, Guillermo Carré Buades, Ignacio Deyá Frutos, Frank Heinrich