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Zu Besuch beim Pyrotechniker

Kompositionen aus Licht und Feuer

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Wer auf Mallorca ein Feuerwerk braucht, kommt an Pirotècnia Jordà kaum vorbei. Die 82 Jahre alte Firma ist die letzte auf der Insel, die Pyrotechnik noch selbst herstellt. Der Chef Toni Puiggròs komponiert mit seinen Spezialeffekten die tollsten Himmelsspektakel für Dorffeste, Hochzeiten und sogar Schiffstaufen.

Im Sommer vergeht auf Mallorca kaum ein Wochenende, an dem nicht irgendwo in einem Ort ein spektakuläres Feuerwerk die Nacht erleuchtet. Flirrende bunte Sterne am Himmel und explodierende Glitzerfontänen entlocken der Menge jedes Mal ein Aah und Ooh. Menschenmassen sammeln sich zu diesen Events und schauen staunend nach oben. Die Faszination für die künstlichen, farbigen Sternschnuppen bleibt ein Leben lang erhalten.

Mit Feuerrädern fing alles an Nur wenige wissen allerdings, wer oder was sich dahinter verbirgt, wenn die Raketen in die Luft gehen. Auf Mallorca ist die Frage relativ eindeutig zu beantworten, denn meist ist es Toni Puiggròs. Seine Firma Pirotècnia Jordà ist die einzige auf der Insel, die noch selbst die schwarze Kunst der Pyrotechnik ausübt. Seit 82 Jahren werden auf der Finca bei Lloret de Vistalegre knallende und leuchtende Substanzen zusammengemischt. „Der Großvater meiner Frau, Martí Jordà Munar, hatte Spaß daran mit Pulver zu experimentieren“, erzählt Toni die Geschichte des Familienunternehmens. „Aus einem Buch suchte er sich die ersten Experimente zusammen, dann ging er bei einem Pyrotechniker in Pollença sozusagen in die Lehre, bis er beschloss, seine eigene Werkstatt zu eröffnen.“ In der damaligen Zeit schon waren es die Rathäuser, die hauptsächlich die beliebten Feuerräder für die Patronatsfeste in Auftrag gaben. „Der Großvater fuhr mit dem Fahrrad von Dorf zu Dorf in der Umgebung, von Sineu bis sogar nach Artà, um mit dieser Sensation die Leute in Erstaunen zu versetzen.“ Alle anderen pyrotechnischen Werkstätten sind im Laufe der Jahrzehnte eingegangen. „Wenn die Alten aufhören, müssen sie wegen Nachwuchsmangel schließen.“ Den Job will kaum jemand machen, weiß Toni. „Einerseits ist der Umgang mit Pyrotechnik gefährlich, andererseits werden die Sicherheitsvorschriften immer komplizierter, so dass jede Menge Papierkram anfällt.“ Er selbst ist vor 20 Jahren in den Beruf eingestiegen. Eigentlich gelernter Maurer, hat er in das Metier und in die Firma eingeheiratet. Als Quereinsteiger, sagt er, muss man vor allem eins wissen: Welche Substanzen man auf keinen Fall mischen und kombinieren darf.

Herzen am Himmel und ein Schiff „in Flammen“ Ein Feuerwerksspektakel zu konzipieren ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Die Planung beginnt mit dem Budget des Auftraggebers. Meist sind es noch immer die Ayuntamientos, die ihn für die Orts- und Stadtfeste buchen. Je nachdem, ob dafür 3.000, 5.000 oder 10.000 Euro eingeplant sind, wird das Feuerwerk designed. Natürlich dürfen Kunden auch Wünsche äußern, aber Toni kann nicht alle erfüllen. Spezielle Farben sind möglich, auch ein paar Formen, wie Herzen oder drei bis vier andere einfache Motive. „Immer wieder fragen die Leute, ob man mit dem Feuerwerk auch Namen in den Himmel schreiben kann. Aber das können wir leider nicht.“ Die Entwürfe sind exakt auf jeden speziellen Ort abgestimmt. „Das Feuerwerk in Sa Pobla jedes Jahr zu Sant Antoni ist am kompliziertesten im Aufbau“, verrät Toni. „Dort muss alles auf den Dächern installiert werden.“ Für die Planung des Designs braucht Toni – wenn es gut läuft – mindestens einen Tag, eine Woche dauert es, alles in der Werkstatt vorzubereiten, und vor Ort braucht es nochmal einen Tag, um die Anordnung zu installieren. Je nach finanzieller Ausstattung wird das pyrotechnische Spektakel länger oder intensiver. In Santa Ponça gingen dieses Jahr 43 Kilogramm Material in 12 Minuten in die Luft. Es geht aber auch noch spektakulärer: Bei der Taufe der AIDAperla 2017 in Palma feuerten Toni und sein Team 700 kg Pyrotechnik innerhalb von neun Minuten über die gesamten 300 Meter Länge des Schiffes ab. „Das größte und visuell attraktivste Feuerwerk findet jährlich am 15. August in Can Picafort statt. Für nächstes Jahr sind die Hotels schon jetzt reserviert“, verrät Toni.

Pyrotechniker Toni Puiggròs zeigt Varianten seiner schwarzen Kunst Schwarzpulver als Treibladung Alle möglichen Effekte hat Toni im Kopf und weiß, welche Elemente miteinander harmonieren. Aus diesem

kreativen Fundus komponiert er das Himmelsspektakel. Wie ein Musiker im Geist eine Sinfonie erschafft und aufs Notenblatt bringt, so sieht Toni vor seinem inneren Auge den Ablauf eines Feuerwerks und notiert ihn. Die Liste, in der alles minutiös aufgeführt ist, mutet wie eine Partitur an. Gruppierungen, Farben und die Dauer zwischen den Effekten sind dort nacheinander angeordnet. Im Winter werden in der Fabrik die einzelnen Komponenten wie Schwarzpulver und Farbkartuschen vorbereitet und getestet. Im Sommer, wenn ein Event das andere jagt, muss das Team dann nur noch in die Regale greifen, um die Elemente zu kombinieren. „Die eigentliche Gefahr in diesem Handwerk steckt in der Fabrikation“, verrät Toni. „Während des Herstellungsprozesses wird wie am Fließband produziert. Man stellt 1000 Stück von einem Modul her, darf sich aber mit den Zutaten nicht ein einziges Mal irren.“ Auf dem Fabrikgelände sind die einzelnen Produktionshütten aus Sicherheitsgründen weit voneinander entfernt untergebracht. In der Mitte des Geländes thront ein riesiger Blitzableiter. Geht es schließlich ans Design des Feuerwerks, werden je nach Kaliber die Komponenten – Treibladung, Farb- oder Pfeifeffekte – in den Abschussrohren angeordnet und fixiert. Die Verbindung zwischen ihnen wird durch eine Zündschnur hergestellt, deren Länge von Element zu Element die zeitlichen Abstände zwischen ihrer Aktivierung definiert. Die Initialzündung erfolgt mit einem elektrischen Impuls, danach setzt die geplante Kettenreaktion ein.

Private Spektakel ab 1.500 € Die Faszination für ein Feuerwerk hat sich Toni Puiggròs trotz aller Routine erhalten. „Na klar kann ich das auch genießen. Allerdings halte ich auch permanent nach Fehlern Ausschau oder achte auf Dinge, die man verbessern kann“, gibt er zu. Im Geiste zählt er außerdem mit, ob alle Feuerwerkskörper hochgegangen sind, damit hinterher eventuelle Blindgänger entschärft werden können. Im Übrigen hat Toni nicht nur amtliche Auftraggeber. „Auch Privatpersonen können ein Feuerwerk bei mir buchen. Bis zu zwei Wochen Vorlaufzeit brauche ich aber schon von der Bestellung bis zum gewünschten Termin.“ Für ein Budget von 1.500 €, so versichert er, gibt es schon ein sehr ansprechendes 4-Minuten-Feuerwerk. Gebucht wird er für Hochzeiten oder Babypartys, wo die Farbeffekte dann auf Blau oder Pink hinauslaufen. Feuerwerkskörper gibt es das ganze Jahr über im Laden der Firma zu kaufen. Die Raketen stammen aus der hauseigenen Produktion, alle anderen, wie Knaller, Fontänen, Bengalisches Licht, Knallerbsen oder bunter Rauch in acht Farben, werden importiert. „Zu Silvester knallen vor allem Deutsche und Engländer auf Mallorca“, erzählt Toni. Für die Einheimischen beginnt die Feuerwerkssaison zu Sant Antoni im Januar. „Zu diesen Feierlichkeiten wird auf der Insel mehr Pyrotechnik verbraucht als zum Jahresende.“

Pyrotechniker Toni Puiggròs in seinem Laden voller Feuerwerk in Lloret de Vistalegre.

Pirotècnia Jordà Lloret de Vistalegre www.pirotecniajorda.com

Laden: Montag-Freitag 9-15 Uhr Preise der Pyrotechnik: ab 2 Euro

Buchung eines professionellen Feuerwerks telefonisch unter +34 609 861 678 oder per E-Mail info@pirotecniajorda.com

 Christiane Sternberg Fotos: Pirotècnica Jordà und Marcos Gittis

Herstellung von Feuerwerk

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