Welle | Rundbrief der Langau e.V. | 1/2015

Page 1

welle 1/15 Nehmet einander an, wie Christus euch angenommen hat, zu Gottes Lob RÖM 15,7

konnte der Zähler nicht anzeigen, wurde dieser vom Personal für alle auf Null gestellt und man bekam eine neue Chance. Ein schönes Bild für das Leben, wie ich meine. Viele von uns laufen mit einem unsichtbaren Zähler durchs Leben. Und viel Zeit und Energie verbringen wir mit dem Messen und Vergleichen. Geschaut wird, wo der andere besser oder schlechter ist als ich selbst, wo Fehler begangen werden und wie oft, was gelingt und was misslingt. Nicht selten zieht der Zähler den Menschen nach unten, macht ihn klein und niedergeschlagen.

www.langau.de

Der Mensch, den die Kirche den Christus nennt, ist einen ganz besonderen Weg gegangen. Wo er einem anderen Menschen begegnete, hat er den „Zähler“ auf Null gestellt, ist ohne Vorbehalte auf die Menschen zugegangen, egal was andere über sie dachten oder redeten. Die Jahreslosung lenkt unseren Blick auf etwas ganz Besonderes: Wer sich selbst angenommen fühlt, oder besser: wer sich selber annimmt, der kann auch andere annehmen und vielleicht vorbehaltlos auf sie zugehen. Wo uns dies gelingt, uns selbst und andere für einen Moment ganz ohne „Zählerstand“ , einfach nur als Mensch und Mitmensch anzunehmen, da wird die Welt für einen Augenblick zum Himmel und jede und jeder kann dies spüren. Einen herzlichen Gruß zum schon nicht mehr ganz neuen Jahr 2015! ó peter barbian und das team der langau BILD © SHUTTERSTOCK.COM/CHAMELEONSEYE

In der Kleinstadt, in der ich aufgewachsen bin, war das wichtigste Geschäft der Spielwarenladen in der Stadtmitte. Zumindest für mich, und ich glaube auch für viele andere Kinder. Jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit wurde mitten im Laden eine riesige Carrera Bahn aufgebaut auf der gleichzeitig sechs Fahrzeuge gegeneinander antreten konnten. Wir Kinder standen Schlange, um an die begehrten Plätze zu kommen und um gegeneinander anzutreten. Am Start und Zielpunkt war ein Zähler angebracht, der bei jedem Durchlauf mit lautem Klicken den aktuellen Rundenstand jedes Spielers anzeigte. Je mehr ein Spieler in den Rückstand gegenüber den anderen kam, umso mehr Aufmerksamkeit widmete er dem Zähler und je mehr er auf den Zähler achtete, umso schlechter wurde sein Fahrstil. Ein Teufelskreis aus dem es nur ein Entrinnen gab – nach der 99. Runde, denn mehr

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau 86989 steingaden

Vorwort „Sexualität und Behinderung“, das war vor einigen Jahren noch ein weitgehend tabuisiertes Thema. Heute streitet niemand mehr ernsthaft das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen ab. Dennoch ist und bleibt das Thema für Fachkräfte, Eltern aber auch für Menschen mit Behinderungen ein schwieriges, weil auch zutiefst ethisches, Thema. Es freut uns sehr, dass wir drei Expertinnen für Gastbeiträge zu dieser Ausgabe gewinnen konnten. Uns ist bewußt, dass wir das Thema nur ansatzweise vorstellen können. Simone Hartmann von Profamilia in Nürnberg zeigt uns den aktuellen fachlichen Diskurs an zwei besonders polarisierenden Schwerpunkten auf: Sexualbegleitungen für Menschen mit Behinderungen und Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Sylvia Seider-Rosenlehner nimmt die Sichtweise der Eltern in den Blick und zeigt einerseits sehr authentisch die Schwierigkeit sexueller Bildung in der Familie auf. Andererseits wird in ihrem Artikel deutlich, wie sehr sich Einrichtungen noch immer scheuen, sich diesem Thema konzeptionell zu widmen. Wir haben beide Artikel in einfache Sprache übersetzen lassen. Teresa Lugstein aus Salzburg hat dankenswerterweise sich dem Thema Sexuelle Gewalt an Frauen mit Behinderungen gewidmet und zeigt in ihrem, sehr gut verständlichen Beitrag, die möglichen Wege aus dieser Problematik auf. Ein ganz herzliches Dankeschön an unsere drei Fachautorinnen für die gewinnbringenden Beiträge!

Und schließlich tut sich auch in der Langau Einiges! Darüber berichten Teilnehmer unseres erstmals durchgeführten Wochenendes für junge Eltern, Leitungsteamer berichten von den Herbstfreizeit/en und auch bei dem Angeboten für Väter hat sich was gerührt. Peter Barbian berichtet schließlich noch von den Fortschritten beim Umbau; das in diesen Tagen mal wieder überragende Thema in der Langau! So bleibt uns nur noch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser viel Freude bei der Lektüre und ein gesundes und Gutes Neues Jahr 2015 zu wünschen! ó die redaktion — daniel wilms, simone linke

1


ausgabe 1.2015

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

welle

Selbstbestimmte Sexualität Ein Einblick in das Thema

Der Sexualwissenschaftler Uwe Sielert definiert vier grundlegende Aspekte von Sexualität, die bei jedem Menschen wichtig sind. Dies sind Identität (wer bin ich, wer will ich sein, Geschlechtsidentität, Persönlichkeit, was will ich, was nicht ...), Beziehung (Kontakt, Kommunikation, Bindung, Sicherheit, Gestaltung von Beziehungen...), Lust (sinnliche Wahrnehmung, Selbstbefriedigung, sexuelle Wünsche und Kontakte zu anderen, Ausgestaltung aktiver Sexualität ...) und Fruchtbarkeit (Entwicklung der eigenen Fruchtbarkeit, Kinderwunsch, Schwangerschaft und Vaterschaft, Kreativität, ...) Der Begriff Selbstbestimmung wird seit einigen Jahren ganz selbstverständlich gebraucht und doch ist das, was er mit allen Konsequenzen beinhaltet im Alltag von Menschen mit Behinderungen und ihrem Umfeld oft noch nicht umfassend umgesetzt. Wichtige Aspekte von Selbstbestimmung sind unter anderem der Zugang zu verständlichen Informationen, die Unterstützung beim Treffen eigener Entscheidungen, Rechte zu kennen und einfordern zu können, die Möglichkeit Rahmenbedingungen in Bezug auf Leben und Arbeiten mitzugestalten und das eigene Leben weitgehend selbst zu gestalten. Rechtlich werden diese Aspekte durch Gesetze und Rechte gesichert und unterstützt, vor Allem durch die Allgemeinen Menschenrechte, das Grundgesetz, das Betreuungsrecht, das SGB IX, das StGB (Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung) und die UNBehindertenkonvention. Der Weg zur alltäglichen und selbstverständlichen Beachtung und Umsetzung dieser Rechte ist aus meiner Sicht noch lang. Aber es ist in den letzten Jahren schon viel erreicht worden. Sexualität ist aus meiner Sicht kein Tabu mehr, es gibt einen oft selbstverständlichen und unterstützenden Umgang mit sexuellen Wünschen und Bedürfnissen. Aber es gibt auch immer noch Unwissen, Unsicherheit und Tabus. Werfen wir hier noch einen Blick auf zwei bei Eltern und Fachkräften meist heiß und kontrovers diskutierte Themen. Kinderwunsch und Elternschaft ist ein Thema, zu dem es im Blick auf Frauen und Männer mit Behinderungen schon lange Meinungen, Diskussionen und verschiedene Versuche eines professionellen fachlichen Umgangs gibt. Hier hat sich in den letzten Jahren einiges bewegt, nicht zuletzt durch politisch aktive Selbsthilfegruppen, die das Recht auf persönliche reproduktive Entscheidungen und das Recht auf die notwendige Unterstützung selbstbewusst einfordern. Bei Menschen mit geistiger oder psychischer Behinderung ist das Recht auf selbstbestimmte Entscheidungen zu Schwangerschaft und Elternschaft immer noch mit vielen Ängsten und Wertungen verbunden und stößt

2

BILD © SHUTTERSTOCK.COM/MARCEL JANCOVIC

Schon in der Überschrift zeigen sich zwei große Themenbereiche, die ich kurz erläutern möchte. Was ist hier gemeint, wenn ich über Sexualität spreche? Sexualität ist aus meinem Blick ein Lebensthema von Geburt an bis zum Tod. Sexualität ist eine Lebensenergie, die ganz unterschiedlich ausgeprägt und gelebt werden kann. Jeder Mensch entwickelt sich individuell und doch sind mache Aspekte und Themen bei allen Menschen wichtig.

auch bei den realen und praktischen Unterstützungsmöglichkeiten schnell an Grenzen. Nicht weniger kontrovers, aber in der Regel nicht ganz so emotional wird mit den Themen Sexualassistenz und Sexualbegleitung umgegangen. Bei der Sexualassistenz unterscheiden sich passive und aktive Assistenz. Passive Assistenz kann und darf jederzeit durch Angehörige oder Fachkräfte zum Beispiel in Form von Aufklärung, Information, Zugang zu Medien oder sexuellen Hilfsmitteln und Vermittlung von sexuellen Dienstleistungen geschehen. Assistenz bedeutet in diesem Zusammenhang einfach direkte oder vermittelte Unterstützung bei der Erfüllung von Wünschen und Bedürfnissen. Aktive Assistenz ist rechtlich und fachlich genau zu prüfen. Deshalb würde ich sie sicherheitshalber dem Bereich der Sexualbegleitung zuordnen. Sexualbegleitung ist eine sexuelle Dienstleistung, die von professionellen Frauen und Männer angeboten wird. Ausgebildete SexualbegleiterInnen gibt es bisher in Deutschland sehr wenige, weshalb in der Diskussion auch immer über „klassische“ Prostitution gesprochen werden muss. Die Idee ist, dass Menschen mit Behinderungen – meistens sind es Männer - den Wunsch nach aktiver, gelebter Sexualität äußern, aber keine Partnerin/ keinen Partner haben oder möchten. Eine professionelle sexuelle Dienstleistung kann dann eine Möglichkeit sein: sich selbst zu entdecken und kennenzulernen und Erregung und Befriedigung mit einem Menschen zu erleben. pro familia ist in Deutschland der führende Fachverband in Fragen der Sexualität, Partnerschaft und Familienplanung. pro familia arbeitet auf der Grundlage der sexuellen und reproduktiven Rechte aller Menschen. Die Beratungsstellen von pro familia in Bayern beschäftigen sich zum Teil schon seit Jahrzehnten mit dem Themenbereich Sexualität von Menschen mit Behinderungen und bieten für Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen, für Fachkräfte und Eltern Beratung und Veranstaltungen an.

ó simone hartmann mitarbeiterin bei pro familia nürnberg e.v. simone.hartmann@profamilia.de


ausgabe 1.2015

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

welle

Selbst-bestimmte Sexualität Sek - su - a - li - tät Sexualität gehört zum Leben dazu. Sexualität ist für jeden Menschen wichtig. Das ganze Leben lang. Sexualität meint nicht nur: Ich habe einen Partner oder eine Partnerin. Oder ich habe Sex. Zur Sexualität gehört noch viel mehr dazu. Darüber schreibe ich in diesem Text.

Wichtig ist: Sexualität ist etwas ganz Persönliches. Jeder Mensch soll über seine Sexualität selbst bestimmen können. Jeder Mensch hat das Recht auf selbst-bestimmte Sexualität. Das gilt auch für Menschen mit Behinderung.

Was ist mit Sexualität gemeint? Der Forscher Uwe Sielert sagt: Zur Sexualität gehören 4 Bereiche. Identität und Beziehung und Lust und Fruchtbarkeit. Diese 4 Bereiche sind für alle Menschen wichtig.

Was bedeuten diese 4 Bereiche?

I - den - ti - tät, Be - zieh - ung, Lust, Frucht - bar - keit

3


ausgabe 1.2015

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

1. Identität

Identität bedeutet: Ich bin ich. • Wer bin ich? • Was kann ich und was kann ich nicht? • Wer will ich sein? • Bin ich eine Frau oder ein Mann? • Fühle ich mich wohl als Frau oder als Mann? • Was will ich? Was mag ich? • Was will ich nicht? Das alles gehört zum Bereich Identität.

2. Beziehung

Beziehung bedeutet: Mit anderen Menschen zusammen sein. • Mit wem habe ich Kontakt? • Wen mag ich gerne? • Bei wem fühle ich mich sicher? • Wie gehe ich mit anderen Menschen um? • Bin ich verliebt? • Habe ich einen Partner oder eine Partnerin? Das alles gehört zum Bereich Beziehungen.

4

welle


welle

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

ausgabe 1.2015

3. Lust

Lust ist ein Gefühl im Körper. Manche Menschen sagen: Lust ist wie ein schönes Kribbeln. Zum Beispiel im Bauch, in der Scheide oder im Penis. Lust meint aber auch: • Was fühlt sich für mich gut an? • Was mag ich gerne? Zum Beispiel Streicheln oder Küssen. • Wie befriedige ich mich selbst? Selbst-Befriedigung heißt zum Beispiel: Ich fasse mich selber an. An meinem Penis oder meiner Scheide. Das fühlt sich schön an. • Wie soll mich mein Freund oder meine Freundin anfassen? • Möchte ich Sex? • Wie kann ich Sex haben? Das alles gehört zum Bereich Lust.

4. Fruchtbarkeit

Fruchtbarkeit bedeutet: Ich kann Mutter werden. Oder: Ich kann Vater werden. • Bin ich erwachsen? • Möchte ich ein Kind? • Kann ich mich gut um ein Kind kümmern? Das alles gehört zum Bereich Fruchtbarkeit.

5


ausgabe 1.2015

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

Identität, Beziehung, Lust und Fruchtbarkeit gehören zur Sexualität dazu.

Die Sexualität ist bei jedem Menschen anders. Sexualität ist etwas ganz persönliches. Meine Sexualität geht niemanden etwas an. Ich darf selber über meine Sexualität bestimmen. Ich darf selber über mein Leben bestimmen. Das nennt man Selbst-Bestimmung.

Was brauche ich für meine Selbst-Bestimmung? • Ich muss meine Rechte kennen. • Ich brauche Informationen, die ich verstehen kann. Ich kann nur selber bestimmen, wenn ich Bescheid weiß. • Ich brauche vielleicht manchmal Unterstützung.

Jeder Mensch hat das Recht auf Selbst-Bestimmung Das steht auch in vielen Gesetzen. Zum Beispiel: • In den Menschen-Rechten, • Im Grund-Gesetz, • Im Betreuungs-Recht, • Im Sozial-Gesetz-Buch, • Im Straf-Gesetz-Buch.

Das Recht auf Selbst-Bestimmung steht auch in der UN-Behinderten-Rechts-Konvention. Das ist ein Vertrag von vielen Ländern. In dem Vertrag stehen die Rechte von Menschen mit Behinderung. 6

welle


welle

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

ausgabe 1.2015

Jeder Mensch hat das Recht auf Selbst-Bestimmung. Jeder Mensch hat das Recht auf selbst-bestimmte Sexualität. Das gilt auch für Menschen mit Behinderung. Aber: Viele Menschen mit Behinderung dürfen noch nicht selber bestimmen. Andere Menschen entscheiden für sie. Zum Beispiel: • Wo die Menschen mit Behinderung leben sollen. • Mit wem sie zusammen sein dürfen. • Was sie über Liebe und Sexualität wissen dürfen. • Ob sie Sex haben dürfen. Jeder Mensch soll das aber selber bestimmen dürfen. Auch Menschen mit Behinderung sollen das selber bestimmen dürfen.

In den letzten Jahren hat sich schon vieles verändert. Früher hat man nicht über Sexualität geredet. Heute redet man offen darüber. Auch über die Sexualität von Menschen mit Behinderung. Aber trotzdem sind viele Menschen unsicher. Was ist richtig und was ist falsch? Zum Beispiel: Dürfen Menschen mit Behinderung ein Kind bekommen?

Viele Menschen mit Behinderung wünschen sich ein Kind. Sie können sich aber oft nicht alleine um das Kind kümmern. Sie brauchen Hilfe. Dürfen die Menschen mit Behinderung trotzdem ein Kind bekommen? Wie kann man sie dabei unterstützen? 7


ausgabe 1.2015

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

Das sind alles schwierige Fragen. Hier gibt es verschiedene Meinungen. Es gibt oft Streit darüber. Aber wir müssen alle offen darüber reden.

Und was ist mit Lust und Sex? Jeder Mensch kann Lust fühlen. Viele Menschen befriedigen sich selbst. Viele Menschen wünschen sich Sex. Aber viele Menschen mit Behinderung können das alles nicht alleine. Deshalb brauchen diese Menschen Unterstützung. Zum Beispiel durch Sexual-Assistenz oder Sexual-Begleitung.

Sexual-Assistenz bedeutet zum Beispiel: • Jemand redet mit mir über Liebe und Sexualität. • Jemand gibt mir Tipps oder Infos über Liebe und Sex. • Jemand gibt mir Bücher, Hefte oder Filme. Zum Beispiel Sex-Filme. • Jemand gibt mir sexuelle Hilfs-Mittel. Sexuelle Hilfs-Mittel benutzt man zur Selbst-Befriedigung. Ein solches Hilfs-Mittel ist zum Beispiel ein Dildo. Ein Dildo sieht aus wie ein Penis aus Plastik. Frauen können sich damit schöne Gefühle in der Scheide machen. Es gibt viele verschiedene sexuelle Hilfs-Mittel.

Sexual-Assistenz heißt also: Ich bekomme Unterstützung und Tipps. So kann ich besser mit meiner Sexualität umgehen.

8

welle


welle

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

ausgabe 1.2015

Und dann gibt es noch Sexual-Begleiter. Sexual-Begleiter kümmern sich um die sexuellen Wünsche von Menschen mit Behinderung. Sexual-Begleiter können Männer oder Frauen sein. Sexual-Begleiter treffen sich mit Menschen mit Behinderung. Bei den Treffen geht es zum Beispiel um: • sich berühren und kuscheln, • streicheln und massieren, • Sex.

Sexual-Begleiter können gut mit Menschen mit Behinderung umgehen. Sie haben eine Ausbildung gemacht. In Deutschland gibt es bisher nur sehr wenige Sexual-Begleiter. Die Treffen mit Sexual-Begleitern kosten Geld. Die Menschen mit Behinderung müssen die Treffen selber bezahlen.

Menschen mit Behinderung können auch zu Prostituierten gehen. Mit Prostituierten kann man Sex haben. Auch das kostet Geld.

Pros - ti - tu - ier - ten

Es gibt also viele Möglichkeiten, seine Sexualität zu erleben. Alleine, mit einem Partner, mit einem Hilfs-Mittel, mit einem Sexual-Begleiter, mit Prostituierten. Wir müssen alle offen darüber reden. Denn auch Menschen mit Behinderung haben Wünsche. Denn auch Menschen mit Behinderung wollen ihre Sexualität erleben. Und sie wollen selbst darüber bestimmen.

9


ausgabe 1.2015

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

Dieser Text ist von Simone Hartmann. Die E-Mail-Adresse von Simone Hartmann ist: simone.hartmann@profamilia.de

Simone Hartmann arbeitet beim Verein pro familia Nürnberg. Die Beratungs-Stellen von pro familia gibt es in ganz Deutschland. Die Mitarbeiter von pro familia kennen sich gut mit diesen Themen aus: Sexualität, Partnerschaft und Familien-Planung. Die Beratung von pro familia ist für Fach-Leute, für Jugendliche, für Eltern und für Menschen mit Behinderung. Pro Familia macht auch verschiedene Veranstaltungen und Kurse. Mehr Infos finden Sie im Internet unter: www.profamilia.de

Wer hat den Text in Leichte Sprache übersetzt? Das Büro für Leichte Sprache im Dominikus-Ringeisen-Werk. E-Mail-Adresse: leichtesprache@dominikus-ringeisen-werk.de

Von wem sind die Bilder: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e.V. Illustrator Stefan Albers Atelier Fleetinsel 2013

welle 1/2015 Interner Rundbrief der Bildungs- und Erholungsstätte Langau e.V. Verteiler: Kreis der Freunde und Förderer, Älterengemeinschaft des BCP, Leitungsteamer EV, Hauptamtlich Mitarbeitende. Es gelingt uns nicht immer, alle Menschen gleichzeitig zu erreichen – insbesondere wenn wir den Info Brief per Post verschicken, kann es sein, dass Sie ihn ein paar Tage später bekommen – hier bitten wir um Nachsicht. Sollte sich Ihre Adresse geändert haben bitten wir um Benachrichtigung, auch wenn Sie eine neue E-Mail Adresse haben. Spendenkonto Langau IBAN: DE 53734514500036064418 BIC: BYLADEM1SOG

10

Konto Hedwig Döbereiner Stiftung IBAN: DE 43520604100202203103 BIC: GENODEF1EK1

Gestaltung pixelvesteher UG, Leipzig www.pixelversteher.de

Bildungs- und Erholungsstätte Langau e.V. 86989 Steingaden Tel. 08862-9102-0 Fax 08862-9102-28 info@langau.de www.langau.de

welle


welle

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

ausgabe 1.2015

„Schwer ist leicht was“ Sexualerziehung bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung. Dieses Zitat von Karl Valentin passt wunderbar zur Sexualerziehung von geistig behinderten Kindern und Jugendlichen. Als Sexualpädagogin und Mutter einer 19 jährigen Tochter mit Down-Syndrom sollte es mir leicht fallen, meine berufliche Kompetenz auch im Privaten anzuwenden. Und da hat Karl Valentin recht: Scheinbar Leichtes kann schwer fallen. Leicht sollte sie sein, die sexuelle Bildung. Sie ist Teil der Gesamterziehung und beginnt bei der Geburt des Kindes und vielleicht schon davor, indem wir uns ausmalen, wie denn der kleine Junge, das kleine Mädchen so sein wird. Dabei haben wir konkrete Rollenvorstellungen und diese Rollenbilder gehören, ebenso wie das Wissen um die Fortpflanzung, in den Bereich der sexuellen Bildung. Sexualität als Lebensenergie gehört von Anfang an, also bereits beim Säugling, zu uns Menschen und ist energetisch hoch aufgeladen, prägend für die weitere Entwicklung und mit viel Anschauen, Nachmachen und Erkunden verbunden. (Sielert 2005) Sexualität hat eine leichte helle Seite: Sie ist immer da, Auslöser für gute Gefühle und genussvoll. Und sie hat eine schwere dunkle Seite wie zum Beispiel sexuelle Übergriffe und ungeplante Schwangerschaften. Sexuelle Bildung ersetzt heute den Begriff der „Sexualpädagogik“, weil sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die Auseinandersetzung mit Sexualität ein lebenslanger Prozess ist und nicht auf Kinder und Jugendliche begrenzt werden kann. Und selbstbestimmte Sexualität ist ein Menschenrecht! Schwierig wurde es auch für mich, den Begriff der „Selbstbestimmung“ in meinen Alltag mit einem behinderten Kind zu übertragen. Was bedeutet Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung, die ohne fremde Hilfe und Unterstützung ihr Leben nicht selbst gestalten und (scheinbar) oft auch nicht mitteilen können, wie und was sie wollen? Vermutlich schlägt die gut gemeinte Unterstützung nicht selten in Fremdbestimmung durch Überbehüten und Schützenwollen um, oft aus dem gutgemeinten Bemühen, damit negative Erfahrungen verhindern zu wollen. Für mich ist es eine wichtige Erfahrung, dass sexuelle Bildung auch mit Menschen mit geistiger Behinderung möglich ist. Die psychosexuelle Entwicklung läuft gleich ab, genauso wie bei Menschen ohne Behinderung. Kinder mit geistiger Beeinträchtigung stellen vielleicht keine oder nicht so viele Fragen. Da können wir als Eltern Gesprächsanlässe schaffen – mit Bilderbüchern, mit schwangeren Freundinnen, mit geeigneten Filmen. Kinder mit geistiger Beeinträchtigung sind im Bereich der sexuellen Bildung häufig allein auf die Eltern angewiesen. Viele Einrichtungen sind in kirchlicher Trägerschaft und diese haben – trotz Lehrplan –große Scheu, sexuelle Bildung anzubieten. Und oft wird nur über die dunkle schwere Seite der Sexualität gesprochen, denn das Schützenwollen steht im Vordergrund. Eine angemessene, liebevolle Begleitung bei der Menstruation, dem ersten Samenerguss, der Selbstbefriedigung, dem ersten Verliebtsein, bei der Auswahl der Verhütungsmittel und vielem mehr ist der einzige Weg zu einer selbstbestimmten, bereichernden Sexualität.

Dieser Weg endet nicht, wenn die dann erwachsenen Kinder das Elternhaus verlassen. Ein kritisch-interessierter Blick in die Konzeption der ausgewählten Einrichtung, ein Gespräch auch über dieses Thema mit dem Personal bringt Einrichtungen dazu, sich mit dem Bereich der sexuellen Bildung und den Möglichkeiten von gelebter Sexualität auseinander zu setzen. Nicht zuletzt sind es auch unsere Kinder, die selbstbewusst und „eigensinnig“ – im Sinne von Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit – Sexualität als einen wichtigen Bestandteil ihres Lebens wahrnehmen und einfordern. Sie dabei zu fördern und zu unterstützen, das macht das eigentlich Schwere letztlich zum Leichteren.

ó sylvia seider-rosenlehner dipl. sozialpädagogin (fh) m.a.

11


ausgabe 1.2015

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

Schwer ist leicht was Das hat Karl Valentin gesagt. Karl Valentin war ein Komiker und Sänger. Ein Komiker versucht, andere Menschen zum Lachen zu bringen. Mit dem Satz meint er: Auch schwierige Sachen können einfach sein. Wenn man nicht so viel darüber nachdenkt.

Ich heiße Sylvia Seider-Rosenlehner. Ich bin Sexual-Pädagogin von Beruf. Das bedeutet: Ich spreche mit Menschen über Sexualität. Und zu Sexualität gehört vieles. Deswegen spreche ich über vieles.

Zum Beispiel: • Über die Körper von Männer und Frauen. Die Körper von Männern sind ganz anders als die Körper von Frauen. Und die Körper verändern sich, wenn man älter wird. • Über Selbst-Befriedigung. Selbst-Befriedigung bedeutet: Eine Person streichelt sich selbst. • Über Sex. Wenn sich zwei Personen mögen, können sie miteinander schlafen. 12

welle


welle

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

ausgabe 1.2015

• Über Verhütungs-Mittel. Verhütungs-Mittel machen, dass eine Frau nicht schwanger wird. Sie schützen vor Geschlechts-Krankheiten.

Kinder lernen oft in der Schule etwas über Sexualität. Das gehört zur Erziehung. Das heißt auch: Sexuelle Bildung. Und eigentlich soll es leicht sein, mit Kindern über das Thema zu reden. Aber manchmal ist es nicht leicht.

Ich habe eine Tochter. Sie ist 19 und hat Lern-Schwierigkeiten. Für mich ist es nicht leicht, mit ihr über Sexualität zu reden. Obwohl das sogar mein Beruf ist.

Sexualität gehört zu jedem Menschen. Und ist wichtig für seine Entwicklung. Sexualität soll schön sein und Spaß machen. Manchmal ist Sexualität aber nicht schön. Zum Beispiel: Manchmal gibt es sexuelle Über-Griffe. Das bedeutet: Eine Person wird angefasst, obwohl sie das nicht möchte. Oder zu etwas gezwungen, was sie nicht möchte. Oder ein Mädchen wird schwanger und möchte das nicht. 13


ausgabe 1.2015

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

Aber nicht nur Kinder lernen etwas über Sexualität. Auch Erwachsene können noch viel lernen. Und Neues ausprobieren. Jeder darf seine Sexualität selbst-bestimmt leben. Das ist ein Menschen-Recht.

Und das bedeutet: Jeder darf tun, was ihm Spaß macht und gefällt. Wenn man anderen Menschen dabei nicht weh tut. Oder sie zu etwas überredet, was sie nicht tun wollen.

Eltern möchten ihre Kinder oft beschützen. Sie möchten nicht, dass die Kinder schlechte Erfahrungen mit Sexualität machen. Aber auch Menschen mit Behinderung oder mit Lern-Schwierigkeiten dürfen ihre Sexualität selbst-bestimmt ausleben. Sie dürfen machen, was sie wollen. Und was ihnen Spaß macht. Auch für sie ist Sexualität wichtig.

Menschen mit Behinderung sollen sexuelle Bildung bekommen. Eltern sollen ihre Kinder informieren. Zum Beispiel mit Büchern oder Filmen. Oft sind die Eltern die einzigen, die mit den Kindern über Sexualität sprechen können. Denn viele Behinderten-Einrichtungen gehören zur Kirche. Und die Kirche findet das Thema oft nicht passend. 14

welle


welle

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

ausgabe 1.2015

Wichtig für die Eltern ist: Immer für die Jugendlichen da zu sein. Zum Beispiel: • Wenn ein Mädchen die Menstruation bekommt. Menstruation ist ein schweres Wort. Andere Worte dafür sind: Eine Frau bekommt ihre Periode, ihre Regel oder ihre Tage. • Wenn die Jugendlichen verliebt sind. • Wenn die Jugendlichen ein Verhütungs-Mittel brauchen.

Manchmal ziehen Jugendliche von Zuhause aus. Und wohnen dann in einer Einrichtung. Dann ist es für die Eltern nicht mehr so einfach, immer für die Kinder da zu sein. In einer Einrichtung arbeiten viele Menschen. Die Eltern sollen zu den Mitarbeitern sagen: Ihre Kinder dürfen tun, was ihnen Spaß macht. Sexualität ist ein wichtiger Teil vom Leben. Und deswegen soll man die Kinder unterstützen.

Übersetzung und Prüfung in Leichte Sprache: CAB-Fach-Zentrum für Leichte Sprache E-Mail: leichte-sprache@cab-b.de Internet: www.cab-b.de

Von wem sind die Bilder: © Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e.V. Illustrator Stefan Albers Atelier Fleetinsel 2013 15


BILD © SHUTTERSTOCK.COM/CHAMELEONSEYE

Sexuelle Gewalt an Frauen mit Behinderungen Ein kleines Licht in einem dunklen Thema. Viele Frauen erleben Gewalt. Gewalt kann alle betreffen. Studien zeigen aber auch auf, dassMädchen und Frauen mit Behinderungen viel häufiger Gewalt erfahren, als Frauen ohne Behinderungen. Viele von den darin befragten Frauen berichten, dass sie die Gewalterfahrungen auch schon in der Kindheit gemacht haben. Vor allem die von sexueller Gewalt. Die Gewalt geschieht meist zuhause oder in der Schule oder in Einrichtungen. Die Täter und Täterinnen, die diese Gewalt ausüben, sind den Betroffenen meistens bekannt (zum Beispiel jemand aus der Familie, Partner oder Partnerinnen, andere Bewohner und Bewohnerinnen, Arbeitskollegen und Arbeitskolleginnen, Betreuer und Betreuerinnen, …). Bei sexueller Gewalt sind die Täter meistens männlich. Oft erleben diese Mädchen dann auch später als erwachsene Frauen noch weiter sexuelle Gewalt. Besonders betroffen sind gehörlose Frauen, aber auch Frauen mit psychischen Beeinträchtigungen. Gründe dafür sind zum Beispiel verstärkte Abhängigkeiten von den Betreuungs- und Pflegepersonen. Aber auch fehlende Aufklärung und zu wenig Wissen über die Rechte spielen dabei eine wichtige Rolle. Viele trauen sich auch nichts zu sagen, weil sie glauben, sie können nichts ändern. In den Einrichtungen gibt es oft keine klaren Ansprechpersonen für die Frauen und sie fühlen sich nicht ernst genommen. Es ist auch oft sehr schwierig für Frauen mit Behinderungen überhaupt in die Beratungsstellen zu kommen, sie wissen oft gar nicht, wohin sie sich wenden bzw. wie sie dorthin kommen sollen. Diese Gewalt führt auch zu gesundheitlichen Problemen und zu Behinderungen. Das kann man gut in den Studien „Weil alles weh tut mit Gewalt“ (1996) und „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen in Deutschland“ (2011) nachlesen. sexuelle gewalt – was heisst denn das genau? Sexuelle Gewalt ist, wenn jemand Mädchen und Frauen anfasst, obwohl sie das nicht wollen, oder sexuelle Bemerkungen über ihren Körper macht. Dazu gehört aber auch ungewolltes Küssen bis hin zu erzwungenem Geschlechtsverkehr. Oder wenn jemand Frauen dazu zwingt, Bilder oder Filme über Sex anzuschauen. rechte und unterstützung Es ist nicht in Ordnung, wenn jemand Gewalt gegenüber Menschen mit Behinderungen ausübt, sie missbraucht oder ausnützt. Niemand darf einen Menschen mit Behinderungen schlagen, treten oder zum Sex zwingen. Besonders Frauen und Kinder mit Behinderungen müssen geschützt werden. Das steht so in der UN-Behindertenrechtskonvention geschrieben (Vergleiche auch UN-Behindertenrechtskonvention in leichter Sprache). Auch in der Frauenrechtskonvention wird darauf hingewiesen, dass Frauen mit Behinderungen gut behandelt und geschützt werden müssen und dass sie die gleichen Rechte wie Männer haben sollen. Keine Frau mit Behinderungen soll Nachteile haben, weil sie eine Frau ist. Dazu sind verschiedene Maßnahmen geplant.

16

was braucht es also? Es ist wichtig, Frauen mit Behinderungen besser vor Gewalt zu schützen. Dazu sind mehr Hilfs-Angebote gefordert, es braucht barrierefreie Angebote. Mädchen und Frauen mit Behinderungen müssen gestärkt werden, sie brauchen barrierefreien Informationen (z.B. Broschüren in leichter Sprache) und Ansprechpersonen auch in den Einrichtungen. In Deutschland hat zum Beispiel das Weibernetz.e.V. schon vor Jahren dazu das Projekt „Frauenbeauftragte in Einrichtungen der Behindertenhilfe“ ins Leben gerufen. Es braucht aber auch Schulungen und Infos für Lehrer und Lehrerinnen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Einrichtungen, von Beratungsstellen, für alle, die mit Mädchen und Frauen mit Behinderungen arbeiten. Weitere Maßnahmen und Infos bietet dazu die aktuelle Studie „Zugang von Frauen mit Behinderungen zu Opferschutzeinrichtungen bei Gewalterfahrungen. Das EU-Projekt lief von 2013Ende Jänner 2015. Teilnehmende Länder waren Österreich, Deutschland, Großbritannien und Island. Infos über die Ergebnisse gibt es unter Y http://wbbmtt.de/1EIs8KN links & literatur · Projekt Frauenbeauftragte in Einrichtungen der Behindertenhilfe Y http://wbbmtt.de/1DN4Vsf · Maria sagt es weiter. Ein Bilder-Lesebuch-Buch über sexuelle Gewalt und Hilfe holen Y http://wbbmtt.de/1a3BpDZ · Weil alles weh tut mit Gewalt Y http://wbbmtt.de/1BcauBC · Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen in Deutschland. Y http://wbbmtt.de/1vrKhwB · UN-Behindertenrechtskonvention, Deutsche Übersetzung. Y http://wbbmtt.de/1JC74w2 · Wegscheider, Angela (2011): Frauen und Behinderung. In: Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.): Österreichischer Frauengesundheitsbericht 2010/11 Y http://wbbmtt.de/1D2x3DR · Ewinkel, Carola; Hermes Gisela (1985): Geschlecht behindert, besonderes Merkmal: Frau. Ein Buch von behinderten Frauen. München: AG SPAK. · Jacob, Jutta; Köbsell, Swantje; Wollrad Eske (2010): Gendering Disability. Intersektionale Aspekte von Behinderung und Geschlecht. Bielefeld: transcript Verlag. ó teresa lugstein ist hauptberuflich als Mädchenbeauftragte des Landes Salzburg tätig; Weiterbildungen in krisen- und traumaspezifischer Fachberatung, Mädchenarbeit, Gender- und transkulturelle Kompetenz, (sexualisierte) Gewalt; freiberufliche Erwachsenenbildnerin und Sexualpädagogin, Rollifrau; teresa.lugstein@salzburg.gv.at


welle

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

ausgabe 1.2015

Herbstfreizeit in der Langau Tradition seit 30 Jahren! Die Herbstfreizeit ist schon seit vielen Jahren eine immer wiederkehrende Tradition in der Bildungs- und Begegnungsstätte Langau. Jedes Jahr im Oktober treffen sich junge und jung gebliebene Erwachsene mit und ohne Körperbehinderung um zusammen eine schöne, erholsame und lustige Zeit in der Langau zu verbringen. Vieles wird zusammen unternommen. Begonnen mit kleinen Waldrunden, gemeinsames Kaffeetrinken, Singen und Basteln. Aber auch größere Ausflüge, wie der Besuch des Bauerntheaters und des Sonntagskonzerts in Bad Bayersoin, eine Stadtführung für Rollstuhlfahrer in Füssen, ein Gottesdienstbesuch in der Wieskirche mit anschließendem Frühschoppen beim „Moser“ bei strahlendem Sonnenschein, das Eishockeyspiel in Peiting gegen EHC Freiburg, eine Schifffahrt auf dem Forggensee und ein Spaziergang nach Steingaden zum Eisessen. Es war jedes Mal spannend und eine logistische Herausforderung neun von dreiundzwanzig Teilnehmern, die auf ihren Rollstuhl angewiesen sind, auf die verschiedenen Autos zu verteilen, aber jeder fand seinen Platz und jeder durfte mit! Die Tage endeten meistens mit

einer kleinen Besinnungsrunde in der Arche. An einem Abend war Karin Bräu bei uns zu Gast und hat uns mit ihrer Klangschalenmeditation verwöhnt. Viele Teilnehmer konnten sich bei den Klängen sehr gut entspannen. Beim gemeinsamen Beisammensitzen im gemütlichen Kaminzimmer wurde gespielt, viel gelacht und jeder erzählte Geschichten aus seinem Leben. Die Tage vergingen sehr schnell und zum Abschluss feierten wir noch gemeinsam einen Bunten Abend und eine feierliche Abschlussandacht. Nach vielen herzlichen Umarmungen und einigen vergossenen Tränen reisten die Gäste mit glücklichen Erinnerungen wieder nach Hause und freuen sich bereits auf das nächste Jahr.

ó birgit endres, toni hosp leitungsteam

„Kind und Jung? Na und!“ Erfahrungen einer teilnehmenden Familie Kind und Jung? Na und? Was dieser Satz wohl heißen mag? Wir haben lange überlegt und der erste Gedanke war „Das werden wohl wieder so langweilige pädagogische Gespräche sein, wo man gesagt bekommt, wie alles nach der Norm zu verlaufen hat.“ Auf der Fahrt in die Langau haben wir gesagt „ wenn es nicht das Richtige ist, fahren wir halt wieder.“ Doch der Empfang war sehr angenehm, auch das Kennenlernen mit der anderen Familie bereitete uns viel Freude. Besonders gefallen hat uns an diesem Wochenende der Ausflug zur Burgenwelt Ehrenberg mit den Kindern, dann am Haus noch ein Lagerfeuer, wo wir alle unsere Freude daran hatten und Stockbrot gemacht haben. Nachdem die Kinder schliefen, hatten wir Eltern Zeit, zu verschiedene Themen unsere Erfahrungen auszutauschen. Dabei standen uns Daniel Wilms und Sonja Richter mit ihrer Erfahrung und Verständnis zur Seite. Uns hat es geholfen, dass es auch andere junge Eltern gibt, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und man sich einfach mal verstanden fühlt. In allem wurde

unser unsicheres Gefühl von diesem Wochenende in ein sehr positives Gefühl umgewandelt; wir sind auch in die Langau gefahren, um einfach mal andere junge Eltern kennen zu lernen und neue Bekanntschaften zu knüpfen. Was auch gut war, dass Daniel und Sonja mit uns die gemeinsamen Unternehmungen gemacht haben und wir uns über alles unterhalten konnten. Alles in allem würden wir sehr gerne wieder zu so einem Wochenende kommen. Zusätzlich haben wir gelernt, dass in unserer Erziehung mit den Kindern gar nicht so viel Unsicherheit vorhanden ist, auch wenn man es selber sehr oft denkt. ó melanie heudecker, johannes mühl mit nele

17


ausgabe 1.2015

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

welle

Was gibt`s Neues von... den Vätern? Im November 2014 haben unter anderem zwei Veranstaltungen für Väter bei unseren Kooperationspartnern stattgefunden. Am Samstag, den 8. November 2014 trafen sich im neu gebauten Therapiezentrum Ziegelhof des Bunten Kreises Augsburg insgesamt sechs Väter, um das angrenzende Gelände vom Holz eines Windwurfes und Unrat der Vorbesitzer zu säubern. Mit schwerem Gerät wurde das Holz zersägt, aufgeschichtet und der Müll beiseite geräumt. So kann nun der Wald neu angepflanzt werden, sowie ein Hochseilgarten errichtet werden. Bei Leberkas und Kartoffelsalat, sowie beim gemeinsamen Tun, lernten sich die Väter kennen und kamen gut ins Gespräch. Und nebenbei machte die Arbeit bei wunderschönem Herbstwetter auch noch richtig Spaß, wie die Bilder beweisen. Ein herzliches Dankeschön an die Väter, Herrn Erhardt und Frau Cosack vom Bunten Kreis für die Organisation und Einweisung, sowie den Ehrenamtlichen für die Kinderbetreuung! Dies war die erste Veranstaltung für Väter im Ziegelhof. Weitere Veranstaltungen sollen im Laufe des neuen Jahres folgen. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten. Eine Woche später besuchten vier Väter und ihre Kinder zusammen mit dem Leiter der heilpädagogischen Tagesstätte der Lebenshilfe Starnberg, Andreas Lieber und dem Psychologen Robert Söllner die

Langau, um hier einen gemütlichen Nachmittag mit ihren Kindern zu verbringen. Eigentlich sollte bereits im September ein Vater-Kind-Angeltag stattfinden. Da jedoch der Hecht zuvor durch Enten eingeschleppt wurde und im Forellenteich „den Himmel auf Erden“ vorfand, musste das Fischen abgesagt werden. Als spontanes Alternativprogramm fand der Ausflug in die Langau statt. Das neblige Wetter hielt Väter und Kinder nicht davon ab, den neu renovierten Walderlebnispfad zu ausgiebig zu testen und den Umbau zu besichtigen. Da auch ein Landwirt anwesend war, wurde der Spazierweg nicht nur für die Kinder spaßig, sondern auch für die Erwachsenen sehr informativ. Wir lernten beispielsweise, warum Fichten manchmal heller sind und warum dies kein gutes Zeichen ist. Bei Kaffee und Kuchen wurde sich dann wieder aufgewärmt und gemütlich zusammen gesessen. Im Februar soll dann erneut mit ein Rodelnachmittag in Starnberg folgen. Hoffentlich liegt dann mehr Schnee, als im vergangenen Jahr....

ó daniel wilms, sozialpädagoge, mba bildungs- und erholungsstätte langau tel: 08862-910213 vaeter@langau.de

Aus der Langau Umbau/Sanierung ❱ In der Woche vom 12.–17. Januar fand der Umzug von Küche und Speisesaal in die neuen Räumlichkeiten statt. Die Küche ist nun dort, wo früher die Turnhalle war, und der Speisesaal ist im ehemaligen Schwimmbad. Wie wir das nun schon gewohnt sind, waren die Handwerker buchstäblich bis zur letzten Minute am werkeln, und unser Team musste auf den letzten Drücker alles reinigen, damit die Gäste in guter Weise empfangen werden konnten. Aber wie immer haben wir alles gut geschafft. ❱ Die neue Küche entspricht nun den neuesten Anforderungen und erleichtert unserem Küchenteam das Arbeiten enorm. Der neue Speisesaal ist deutlich größer als der alte, durch die vielen Fenster hell und mit direktem

18

Blick in die Natur. Der Buffetbereich ist so angeordnet, dass Rollstuhlfahrer dort besser zurecht kommen und sich freier bewegen können. Der Raum wirkt noch etwas kühl, weil er noch nicht fertig ist, aber nach und nach wird er an Atmosphäre gewinnen. Die Gäste, die ihn bisher erleben konnten, sind begeistert. ❱ Der alte Speisesaal wurde nun mit gemütlichen Sitzgelegenheiten ausgestattet und ist schon jetzt das was wir uns erhofft hatten: ein Raum der Begegnung. Trotz des provisorischen Charakters halten sich die Gäste gern in dem schönen Raum auf und nutzen ihn rege. Sei es zum Zeitunglesen, zum Kaffeetrinken oder einfach zum Beisammensein. ❱ Augenblicklich werden die letzten Fehler in den Zimmern beseitigt und der Kinderbereich vorbereitet. Da wir finanziell erst mal schauen müssen wie es weitergeht, werden wir vorerst „nur“ den


welle

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

Bereich für den Kicker und das Erdgeschoss fertigstellen. Das wird dann wie eine Turnhalle aussehen und einfach Bewegungsfläche bei schlechtem Wetter bieten. Augenblicklich wird die alte Küche leer geräumt – sie soll uns dann über den Sommer als Kreativraum dienen. ❱ Wie sich immer mehr herausstellt ist die Budgetüberschreitung weit größer, als ursprünglich angenommen. Auch zeitlich liegen wir, so wie in der letzten Welle schon angedeutet nun fast ein Jahr hinter dem ursprünglichen Plan. Die Ursachen sind vielfältig und werden nach wie vor analysiert. Leider führt die angespannte Situation auch zu Spannungen zwischen Planungsbüro und Auftraggeber was für alle Beteiligten sehr energie- und zeitraubend ist.

Finanzen ❱ Schon lange haben wir nicht mehr über die finanzielle Situation der Langau berichtet. Das lag natürlich zum Einen daran, dass der Bau unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Zum Anderen aber auch daran, dass man eigentlich immer erst am Jahresende sagen kann wie der Stand ist. Auch wenn das augenblickliche Ergebnis noch nicht geprüft ist, aber so können wir doch sagen, dass wir wieder einmal deutlich besser abschneiden als im Vorjahr. Unser Defizit ist so gering geworden, dass wir wirklich keine Sorgen mehr haben müssen (Vorausgesetzt mit dem Bau geht alles gut). Das Ergebnis ist in so fern bemerkenswert, weil wir im letzten Jahr ja unter sehr schwierigen Bedingungen arbeiten mussten. 22 Zimmer konnten über mehr als 5 Monate nicht belegt werden und der Altbau war bereits ab Oktober geblockt. Das gute Ergebnis hat verschiedene Gründe, 1. wir haben geringere Energiekosten und merken hier schon die neue Hackschnitzelheizung, 2. Wir haben einen großen Zuschuss vom Verband der Bezirke für den Arbeitsbereich Teilhabedienste, 3. wir haben ein außerordentliches Spendenaufkommen im letzten Jahr (s. Eigener Punkt) Wir sind alle sehr dankbar über dieses Ergebnis. Es ist den Anstrengungen und dem Wohlwollen vieler Menschen zu danken.

ausgabe 1.2015

❱ Für barrierefreies Reisen gibt es ein neues Portal im Internet, auf dem wir natürlich vertreten sind Y www.barrierefreie-Urlaubswelt.de schauen Sie doch mal rein. Man staunt wie viele barrierefreie Häuser und Angebote es mittlerweile in Deutschland gibt.

Fundraising + Spenden ❱ Anlässlich seines Geburtstages hat Rudi Eder um Spenden statt Geschenke gebeten. Auf diese Weise sind 2.230,00 Euro für Bäume und Pflanzen für die neu anzulegenden Außenanlagen zusammengekommen. ❱ Die gleiche Idee hatte Volker Hofmann und hat insgesamt 1.905 Euro für die dringend benötigte Einrichtung des Brunnensaals gesammelt. ❱ Wie neulich berichtet hat Herr Arno Köhler hat anlässlich seines Geburtstags ebenfalls um Spenden für die Langau gebeten – der Betrag der zusammengekommen ist: 2.310,00 Euro. Das Geld ist für den Ausbau der Blockhütte bestimmt. ❱ Im Silvestergottesdienst in der Langau sind 185,00 Euro an Kollekte gesammelt worden. Es ist gute Tradition, dass daraus ein Projekt außerhalb der Langau unterstützt wird. Der Betrag ging an Familien helfen Familien in Steingaden. ❱ aus richterlichen Auflagen (Bußgeld) vom Amtsgericht Augsburg erhält die Langau in den nächsten Monaten weitere 2.000,00 Euro ❱ Die Firma Drees+Sommer hat ihre diesjährige Jahresgabe in Höhe von 5.000,00 Euro der Langau zur Verfügung gestellt. ❱ In jedem Jahr unterstützt uns die Firma Carl Ley, Landschaftsbau aus Düren. Firma Ley spendet an soziale Projekte anstatt Werbegeschenke zu verteilen.

der aktuelle spendenstand zum 31.12.2014

Schlaglichter ❱ Die Langau war zum Neujahrsempfang des Bayrischen Ministerpräsidenten in die Münchner Residenz eingeladen. Wir fühlen uns geehrt und sehen es als Anerkennung der Arbeit die von den vielen haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden geleistet wird. ❱ Immer wieder bekommen wir Anfragen von jungen Menschen, die ein Praktikum bei uns machen wollen. Zur Zeit ist Doreen Schumacher für 4 Wochen bei uns und unterstützt uns ganz großartig.

(o.g. Spenden sind dabei teilweise noch nicht berücksichtigt) Geldspenden ................................................................................... 41.630,64 € Zweckgebundene Spenden ....................................................... 14.077,10 € Beiträge Freundes- und Förderkreis......................................... 12.626,12 € Adventskalender der Süddeutschen Zeitung .................. 10.000,00 € Spenden für die Blockhütte .........................................................8.776,97 €

Gesamt (inkl. Sonderspenden)........................................... 87.110,87 €

Wir danken allen Spendern und Unterstützern unserer Arbeit für ihr Engagement – und sagen ein herzliches „Vergelt’s Gott!“

19


ausgabe 1.2015

interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau

welle

Termine & Veranstaltungen Dienstag, 17. März 2015 | Blomberghaus, Bad Tölz Dienstag, 21. April 2015 | Hütte nach Schneelage Weitere Hüttentouren für Väter von Kindern mit Behinderungen Daniel Wilms | Tel.: 08862 9102-13 | vaeter@langau.de 7. März und 18. April 2015 | Langau bzw. Kempten Workshop für Väter von Kindern mit Behinderung: Anpassung und Bau einfacher Spielsachen von Vätern für Ihre Kinder Daniel Wilms | Tel.: 08862 9102-13 | vaeter@langau.de 9.–11. März 2015 | Langau Einführung in gewaltfreie Kommunikation Miteinander reden ist mehr als nur Worte sagen Sonja Richter | Tel.: 08862 9102-21 | geki@langau.de 27.–29. März 2015 | Langau Woran muss ich die Seele hängen, damit sie baumeln kann? Sonja Richter | Tel.: 08862 9102-21 | geki@langau.de 28. März – 7. April 2015 | Langau Osterfreizeit für Familien mit Angehörigen mit Behinderung

Einige Plätze für Familien noch frei! Christof Wurth | Tel.: 08862 9102-24 | oba@langau.de 3.–10. April 2015 | Haus Chiemgau, Teisendorf Inklusive Kinder-Osterfreizeit, Kinder mit und ohne Behinderung von 8-12 Jahren, Plätze für Kinder noch frei Christof Wurth | Tel.: 08862 9102-24 | oba@langau.de 30. April – 3. Mai 2015 | Langau Vater-Kind-Outdoorwochenende Daniel Wilms | Tel.: 08862 9102-13 | vaeter@langau.de 8.–10. Mai 2015 | Langau Selbstorganisiertes Vater-Kind-Wochenende von Vätern für Väter Leitung: Wolfgang Krach, Andreas Ripp Daniel Wilms | Tel.: 08862 9102-13 | vaeter@langau.de Besonders freuen wir uns dieses Jahr über das frühzeitige Engagement der ehrenamtlich Mitarbeitenden! So stehen die Teams für die beiden Osterfreizeiten bereits seit Januar fest! Euch schon vorab ein ganz herzliches Dankeschön!

AnsprechpartnerInnen Fundraising/Spenden Peter Barbian leitung@langau.de

Die Welle Daniel Wilms & Simone Linke vaeter@langau.de

Freundes- und Förderkreis Elli Lebhard lebhard@online.de

Hedwig-Döbereiner-Stiftung Reingard Wägner reingard.waegner@gmx.de

Gartengruppe Rudi Eder krines-eder@t-online.de

Andrea Preissler-Springer a.preissler@web.de

20


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.