welle 4/14 Hinter der Blockhütte ist eine kleine Schlucht von Bäumen verborgen, wir nennen es den „Graben“. Durch den Graben fließt ein Rinnsal, das aus den Moorwiesen oberhalb gespeist wird, wo sich das Wasser vor einem kleinen Ausfluss staut. Eine Gruppe von Kindern spielt unten und will dort ein Wasserrad zum Laufen bringen. Andere Kinder sitzen am Ausfluss und versuchen den Strom nicht versiegen zu lassen. Immer wieder schöpfen Sie mit ihren Händen das Wasser in den Ausfluss, angefeuert von den Kindern aus dem Graben: „Mehr, mehr.. das ist noch zu wenig!“ Aber das Schöpfen führt nur dazu, dass der Wasserspiegel sinkt, irgendwann ganz versiegt, und den Kindern eine Zwangspause bereitet. Wenn sich dann das Wasser wieder etwas aufgestaut hat, geht das wilde Schöpfen wieder los.
Wir sind ein Wellenschlag in diesem zeitlosen Ozean Leben… WILLIGIS JÄGER
Vor der Blockhütte haut jemand laut und anhaltend auf einen Topfdeckel – „Essen kommen!“ hört man eine Stimme rufen und flugs sind alle Kinder fort. Die Wasseroberfläche beruhigt sich schnell und der Wasserpegel steigt langsam wieder an, ein Rinnsal bildet sich und im Graben unten dreht sich das Wasserrad – bedächtig aber stetig.
interner rundbrief der bildungs- und erholungsstätte langau 86989 steingaden www.langau.de
Wie oft wollen wir die Dinge beschleunigen und vorantreiben. Sei es eine Arbeit die zu erledigen ist, eine Entscheidung die zu fällen ist und auch vor Beziehungen machen wir nicht halt wenn diese sich nicht zügig so entwickeln wie uns das gefallen würde. Wir setzen körperliche Kraft und Technik ein und wenn das nicht hilft, dann sind wir Menschen sehr erfinderisch und machen auch vor Tricks und Manipulationen nicht halt. „Entscheiden Sie schnell, nur noch wenige Exemplare vorrätig!“ Dem Fluss des Lebendigen zu vertrauen fällt uns oft so schwer. Dort wo es uns gelingt machen wir die Erfahrung, dass sich die Dinge wie von selber fügen, ihr eigenes Tempo finden und vielleicht bedächtig aber stetig in Bewegung bleiben. Herzlichen Gruß aus der Langau. ó peter barbian
Vorwort 2009 ist in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten. Fünf Jahre, in denen sich manches verändert hat. Dennoch steht uns in Deutschland bezüglich einer vollständigen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen noch ein weiter Weg bevor. Das Thema „Inklusion“ scheint der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein und wird (wenn auch immer noch manchmal unter falscher Definition) fast täglich diskutiert. Leider ist der Aufbruchstimmung der ersten Jahre mittlerweile auch eine gewisse Ernüchterung gefolgt.
Schuster berichtet, wie sie ihren Alltag mit Hilfe von Assistentinnen als Erwachsene selbstbestimmt meistert. Entstanden sind einige sehr persönliche Beiträge unserer AutorInnen! Wir möchten mit dieser Ausgabe auch ein wenig Mut machen, die Schwierigkeiten auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft als überwindbar zu sehen. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser eine spannende und aufschlussreiche Lektüre!
Wir wollen mit dieser Ausgabe der „Welle“ eine individuelle Zwischenbilanz ziehen: Wir haben uns bei Menschen mit Behinderungen und Fachkräften erkundigt, was sich für sie persönlich und für die Einrichtung verändert hat. Welche Erfahrungen wurden gemacht? Was lief gut? Wo muss sich noch etwas verändern?
Noch etwas in eigener Sache: In der nächsten Ausgabe der „Welle“ werden wir uns dem Thema „Sexualität und Behinderung“ aus unterschiedlichen Gesichtspunkten widmen. Wir werden die Ausgabe auch in Einfache Sprache übersetzen lassen. Wundern Sie sich also bitte nicht, wenn die Ausgabe etwas umfangreicher erscheint.
Wichtig war uns der Blick auf die unterschiedlichen Lebenssituationen vom vorschulischen bis zum Schulalter. Annemarie
ó die redaktion — daniel wilms, simone linke
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