TagesSatz
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EDITO R I A L Liebe Leserinnen und Leser, wer kennt sie nicht, die entspannende Zigarette nach dem Essen oder das allabendliche Feierabendbier? Legale Rauschmittel haben einen festen Platz in unserer Gesellschaft. Sie dienen als Genussmittel und wirken sozial verbindend. Dennoch wird ihre Kehrseite oftmals unterschätzt: Jährlich sterben allein in Deutschland über 150.000 Menschen an den Folgen von Tabakkonsum und Alkoholmissbrauch. Auch illegale Substanzen fordern jährlich ihren Tribut: circa 1.300 Drogentote zählt man in Deutschland jährlich. Weitaus mehr Menschen können allerdings nicht mehr, ohne zur Flasche, zur Zigarette oder zu anderen Rauschmitteln zu greifen. Sie sind abhängig. Süchte haben gewiss nicht nur mit Substanzen zu tun. Ebenso gibt es Süchte, die ohne Substanzen auskommen, diese sogar ablehnen. Magersüchtig sind beispielsweise jene Menschen, die süchtig danach sind, zu hungern. Unter Fressanfällen leiden Menschen mit Binge-Eating-Syndrom. Einer bundesweiten Studie zufolge stehen 22 Prozent der Elf- bis Siebzehnjährigen im Verdacht, eine Essstörung zu haben. Einige Süchte sind beinahe sozial akzeptiert, andere werden ignoriert, wieder andere aufgrund von Unwissenheit nicht ernst genommen. Allen Abhängigkeiten ist gemeinsam, dass die an ihnen Erkrankten leiden. Der TagesSatz hat sich in der aktuellen Ausgabe dem Thema Süchte und Zwänge angenommen und versucht ein oft verdrängtes Thema in den Mittelpunkt zu rücken. Der Artikel „Blick über den Flaschenrand“, auf den Seiten 12-13, befasst sich mit dem Alkoholproblem vieler Studenten. Ergänzend hierzu ist in dem Artikel „Klettern aus eigener Kraft“ (Seiten 18-19) ein ergreifender Bericht des alkoholabhängigen Uwe über seinen Weg aus der Sucht zu lesen. Ebenfalls aus der Sicht eines betroffenen Menschen beschreibt der Artikel „Eine kleine Geschichte meiner Essstörung“, auf den Seiten 14-15, das Ausmaß einer Essstörung. Das passende Hintergrundwissen hierzu liefert der Artikel „Essen muss man einfach“ (Seite 20). Zuletzt widmet sich der Artikel „Wenn Wunden nicht heilen dürfen“ dem Thema des Nichtloslassenkönnens nach einer Trennung und der Gefahr des Stalkings (Seiten 10-11). In unserer Interviewrubrik spricht Bundespräsident Joachim Gauck mit dem Chefredakteur des Berliner „Straßenfeger“ über Armut, Mitgestaltungsmöglichkeiten und die Bedeutung von Straßenzeitungen. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre und einen winterlich-schönen Februar.
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TA G E S S AT Z INTERNATIONAL
Himmel und Hölle Auf meiner Reise durch Thailand und Laos kam ich immer wieder mit dem Thema Drogen in Berührung. Ein Bericht über Leid und Freud der Konsumenten, Dealer und Ordnungshüter in Südostasien.
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nnerhalb weniger Minuten verschwindet die glühendrote Abendsonne im Mekong. Ihre letzten Strahlen tauchen die Hütte am Ufer noch einmal in ein sanftes Licht. Vor der Hütte grast ein Wasserbüffel, während auf der Veranda junge Menschen auf reichlich vorhandenen Kissen und Decken lungern. Einige schlürfen Shakes oder essen Spezialitäten, die laut Speisekarte den Beinamen Happy tragen. Ob sie alle wissen, was sich hinter diesen fünf Buchstaben verbirgt, ist nicht sicher. Offen ist auch, ob sie sich bald auf den angenehmen Wellen eines harmlosen Rausches wiegen oder der Horrortrip ihres Lebens auf sie wartet.
Christoph Pengel
Doch den meisten Besuchern des ansonsten unscheinbaren Flussrestaurants dürfte die Bedeutung bewusst sein. Don Det, eine kleine Insel im Süden von Laos, ist vor allem in der Backpacker-Szene für Drogenabenteuer bekannt. In vielen Lokalen bereiten die Köche Pizzas, Cocktails oder Frühlingsrollen mit einer Prise Marihuana, LSD, MDMA oder Opium zu – je nach Wunsch und gegen einen geringen Aufpreis. Das entsprechende Codewort hat der Insel den Spitznamen Happy Island eingebracht.
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* CHRISTOPH PENGEL VOR ORT IN THAILAND UND LAOS Don Det ist kein Einzelfall, sondern Teil eines umfassenderen Trends. Neben dem Sextourismus, der insbesondere in Thailand blüht, hat sich Südostasien in den vergangenen Jahren als ein immer beliebteres Ziel für Drogentouristen etabliert. Erst kürzlich warnte ein UN-Bericht vor einer regelrechten Explosion des Geschäfts mit den Drogen. Demnach sei die Menge des beschlagnahmten Rauschgifts im südostasiatischen Raum seit 2007 um das Fünffache angestiegen. Dabei habe die Designerdroge Crystal Meth dem Heroin mittlerweile den Rang abgelaufen. Für Reisende lauert die Versuchung hinter jeder Ecke. Vor allem die Straßen Bangkoks sind ein heißes Pflaster, was alle Arten von Ausschweifungen angeht. Die Kao San Road, eine touristisch hoch frequentierte Promenade der thailändischen Hauptstadt, verwandelt sich nachts in einen Sündenpfuhl mit der kompletten Palette an Betäubungsmitteln. Allerdings begnügen sich die meisten Urlauber mit „weichen“ Drogen, also Marihuana, Pilzen und Alkohol. Die andere Seite der Medaille sind drakonische Strafen. Wer sich in Thailand wegen Drogen überführen lässt, muss
mit mehreren Jahren Gefängnis oder, in seltenen Fällen, sogar mit der Todesstrafe rechnen. In der Regel können sich Drogensünder bei den Polizeibeamten freikaufen. Viele Ausländer landen jedoch hinter thailändischen Gittern, weil sie annehmen, die strengen Gesetze würden nur für Einheimische gelten. Während die Bewohner Don Dets den Drogenbetrieb als Motor für den Tourismus dulden, bewegt sich anderswo in Laos etwas. Das von malerischen Felsformationen umgebene Dorf Vang Vieng etwa war lange Zeit Ausgangspunkt für Trips der besonderen Art. Auf Schläuchen konnten Tagträumer den Fluss Nam Song hinab gleiten und sich in den zahlreichen Bars in unmittelbarer Nähe zudröhnen. Die als Tubing bezeichnete, anscheinend harmlose Freizeitaktivität führte zuletzt zu traurigem Ruhm. Immer wieder kam es zu Unfällen – oft mit tödlichem Ausgang. Vor einigen Monaten zogen die Veranstalter einen Schlussstrich und schlossen bis auf weiteres alle ufernahen Bars. Zwar sank dadurch die Zahl der Opfer, aber die Drogen sind weiterhin allgegenwärtig und mit dem Tubing geht es auch schon wieder los.
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ICH MUSS 8 10 12 14
Leid durch Drang christopher piltz Wenn Wunden nicht heilen dürfen mimi duttendorfer [trottwar] Blick über den Flaschenrand christopher piltz Eine kleine Geschichte meiner Essstörung ANONYMA
Rubriken
tagesklatsch mit kaffeesatz
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mit JOACHIM GAUCK Andreas Düllick [Strassenfeger]
Göttingen 18 Klettern aus eigener Kraft Bearbeitet von kalle schönfeld 20 Essen muss man einfach zoé dubois 21 Neustart! jörg „yogi“ müller
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Unterwegs in nordhessischen Tropen CHARLIZE MÄRZ Türkische Frauen regen an: „linen und seide“ nora mey Potenzwahn auf dem Präsentierteller sara davin Winterimpressionen sabine parsunka
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Editorial TagesSatz International Der Stolperstein Paragraphenreiter Der Cartoon Kultur-Empfehlungen Straßengeflüster Nahaufnahme Die Kochnische Hinter den Kulissen Zwischen den Zeilen Was es sonst noch gibt Der Ticker Nächstes Mal Impressum Wohin, wenn
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Ort, Datum
Unterschrift
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Robert Conrad / www.lumabytes.com
D A S G E S P R Ä CH
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„Guckt, was möglich ist“ DES BERLINER „STRASSENFEGER“, ANDREAS DÜLLICK, * CHEFREDAKTEUR IM GESPRÄCH MIT BUNDESPRÄSIDENTEN JOACHIM GAUCK
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ehr geehrter Herr Bundespräsident, das Fazit des aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht „Lebenslagen in Deutschland“ ist: Die Armen werden immer ärmer, die Reichen immer reicher! Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat in seinem Armutsbericht 2012 festgestellt, dass 2011 mit einer Armutsgefährdungsquote von 15,1 Prozent ein absoluter Höchststand seit der Vereinigung erreicht wurde. Wie bewerten Sie das? Bitte haben Sie Verständnis, dass ich keinen Bericht kommentieren kann, der jetzt, Anfang Januar, noch nicht veröffentlicht ist. Wenn wir uns dem Phänomen Armut in Deutschland nähern, dann müssen wir fragen: Sind die Menschen, die wir als Arme bezeichnen, ausgeschlossen aus der Gesellschaft? Fällt es ihnen schwerer, aktive Bürger zu sein? Haben sie von 6
vornherein keine Chancen auf ein gutes Leben? Dort, wo wir diese Fragen mit Ja beantworten müssen, beginnt für mich das Problem. Der, der unten ist, muss hoch kommen können. Wenn wir es dauerhaft nicht schaffen, Kindern aus unterschiedlichen Elternhäusern wenigstens annähernd gleiche Chancen mit auf den Weg zu geben, dann läuft etwas ganz falsch. Woran ich allerdings nicht glaube, ist eine Gesellschaft, in der es allen Menschen gleich gut geht. Es wird immer Unterschiede geben zwischen denen, die mehr und denen, die weniger haben. Hinnehmbar ist das allerdings nur so lange die Menschen gleiche Rechte haben, Staat und Gesellschaft sich um gleiche Chancen für alle bemühen und so lange Menschen nicht derart wenig Mittel zur Verfügung stehen, dass sie vom gesellschaftlichen Leben faktisch ausgeschlossen sind.
Kann ein Mensch, der Hartz IV, Sozialhilfe oder eine kleine Altersrente bezieht, tatsächlich am gesellschaftlichen Leben teilhaben und dieses sogar gestalten? Vielleicht nicht so einfach wie ein wohlhabender Mensch. Aber auch der Mann oder die Frau in bescheidenen Verhältnissen können und sollen dieses Land mit gestalten. Sie können wählen, denn in freien Wahlen ist jede Stimme wertvoll und wer nicht wählt, macht sich ohnmächtiger, als er ist. Die Menschen können gegen ungerechte Verhältnisse protestieren, einer Partei beitreten, sich gewerkschaftlich organisieren, eine Bürgerinitiative unterstützen, an kulturellen Aktivitäten teilzunehmen, in der Umweltbewegung, im Sport mitmachen…
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DAS GESP R Ä C H Können Sie als Bundespräsident diese Menschen, die oft ausgegrenzt werden, ermutigen? Ja, indem ich das sage, was ich gerade gesagt habe. Guckt, was möglich ist. Es fängt manchmal klein an, zum Beispiel indem man eine soziale Straßenzeitung verkauft. Jeder Mensch hat Potentiale, die zu heben sich lohnt. Natürlich gibt es Männer und Frauen, die diese Kraft nicht mehr haben, die sehr krank oder einer Sucht verfallen sind. Für sie muss es ausreichend staatliche Fürsorge geben. Ich möchte jetzt das Thema ‚Obdachlosigkeit’ ansprechen. In Rostock ist am 1. November 2012 ein 54-jähriger wohnungsloser Mann in einem öffentlichen Park erfroren. Am frühen Morgen war er von einem Passanten auf dem Boden liegend entdeckt worden. Der alarmierte Notarzt konnte Frank M. nicht mehr helfen. In Deutschland waren 2010 nach Schätzung der Bundesgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) 248.000 Menschen wohnungslos. 22.000 Menschen lebten ohne jede Unterkunft auf der Straße. Wie sehen Sie das Problem ‚Obdachlosigkeit‘?
punkt Bahnhof Zoo. Dort gab es einen Hygienecontainer, den das Bezirksamt Charlottenburg -Wilmersdorf unterhielt. Dort konnten Obdachlose ihre Notdurft verrichten, sich waschen und duschen und sogar ihre Wäsche waschen. Aus Kostengründen wurde dieser Sanitärcontainer entfernt.
Sammelbüchse im sozialistischen Neubaugebiet Rostock-Evershagen vor der Kaufhalle stand und als Christ etwas tat, was die Kommunisten nicht so toll fanden, nämlich Spenden zu sammeln. Auch wenn ich nicht so arm und war wie viele der Zeitungsverkäufer: Ich kenne das unschöne Gefühl, nicht beachtet zu werden.
Ich kann zu diesem konkreten Fall, den ich aus eigener Anschauung noch nicht kenne, nichts sagen. Aber ganz grundsätzlich frage ich mich angesichts mancher Entscheidungen schon: Achten wir die Würde derer, die zu wenig haben, wirklich immer so, wie wir müssten? Dort, wo die Antwort Nein lautet, akzeptiere ich Ihre Kritik. Wir wollen keine Situationen, die Menschen noch tiefer in Würdelosigkeit und Ausgeschlossensein bringen. Wir wollen Hilfsbedürftigen helfen. Und dazu gehört, dass wir es ihnen ermöglichen, sich zu waschen oder auf die Toilette zu gehen.
Viele soziale Straßenzeitungen in Deutschland kämpfen mit dem Problem, dass Verkäufer aus dem öffentlichen Raum vertrieben werden. Das betrifft Plätze vor Supermärkten, Bahnhöfen etc. Wie sehen Sie das? Wenn ich das Wort ‚Vertreibung‘ höre, dann werde ich ganz allergisch. Ich will zwar Hausrechte nicht einfach in Frage stellen. Aber der öffentliche Raum gehört der Öffentlichkeit, und zur Öffentlichkeit gehören die Obdachlosen. Es sind Bürgerinnen und Bürger und diejenigen, die gut und sicher leben und die sich durch den Anblick von Menschen gestört fühlen, die aus einem anderen Milieu kommen, die tun mir einfach nur leid. Diese Menschen sollten auch nicht die Maßstäbe setzen. Unsere Maßstäbe setzt das Grundgesetz. Und da steht als erster Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Deshalb halte ich nichts von Ausgrenzung.
„Schaut her, wir leiden nicht nur, sondern wir machen etwas“
Der Staat und die Wohlfahrtsverbände finden sich mit Obdachlosigkeit nicht ab. Sie helfen auf vielfältige Weise. Es gibt eine medizinische Grundversorgung für Kranke; es gibt Beratung für Süchtige oder Überschuldete; es gibt Notunterkünfte für die Nacht, Kleiderkammern, Suppenküchen, Kältebusse, Nottelefone und manches mehr. Ich bin sehr froh, wenn diese Angebote auch angenommen werden. Natürlich weiß ich, dass etwa die Situation in Notunterkünften manchmal sehr schwierig ist und manche Obdachlose es unter anderem deshalb vorziehen, draußen zu schlafen. Sie haben sicher in vielen Punkten Recht. Aber es ist leider so, dass der Staat gerade auch im Bereich der Obdachlosenhilfe einiges abbaut. Nehmen wir das Beispiel sozialer BrennTagesSatz
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Kaufen Sie eigentlich die soziale Straßenzeitungen und lesen Sie sie auch? Ja, ich kaufe soziale Straßenzeitungen, deren Artikel ich zum Teil richtig anregend finde. Ich finde es toll, dass Sie und die Verkäufer unter schwierigen Bedingungen die Ärmel hochkrempeln und sich für eine wirklich gute Botschaft engagieren die lautet: „Schaut her, wir leiden nicht nur, sondern wir machen etwas“. Hatten Sie schon mal die Möglichkeit, mit einem Verkäufer einer sozialen Straßenzeitung zu sprechen? Ja, zuletzt zwischen Weihnachten und Neujahr. Und bei diesen Gesprächen habe ich festgestellt: Die Verkäufer sind wie alle anderen Menschen mal sehr freundlich, mal sind sie eben Muffelköppe. Aber selbst dann freue ich mich darüber, dass sie da stehen und ihren Job machen. Manchmal denke ich auch an meine Zeit, als ich mit der
Gibt es etwas, was Sie den sozialen Straßenzeitungen in Deutschland für 2013 noch auf den Weg geben möchten? Das Engagement, dass in den sozialen Straßenzeitungen steckt, macht mich sehr froh. Zwar gibt es einen Staat und seine Sozialgesetze; auch existieren Institutionen der Fürsorge. Aber wir brauchen doch auch Menschen wie Sie, die ein soziales Gewissen haben und andere Menschen an deren soziales Gewissen erinnern. Deshalb wünsche ich Ihnen allen Kraft, dieses Werk weiterhin zu tun. Und ich wünsche Ihnen, dass Sie genügend Unterstützung dafür erhalten. Außerdem verspreche ich Ihnen, auch weiterhin nicht achtlos an Ihren Verkäufern vorbeizugehen.
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Malte Schiller
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Leid durch Drang Sie sind gefangen in den eigenen Gedanken, im Alltag eingeschränkt durch ihre Handlungen; das ewige Gefühl, getrieben zu sein, nicht stoppen zu können, begleitet sie ständig: Menschen mit einer Zwangserkrankung. In Deutschland leiden etwa eine Million Menschen an einer Zwangsstörung. Doch oft ist unklar, was genau ein Zwang ist, und in welchen Situationen die Übergänge zur Sucht verschwimmen.
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er Kleptomane. Er ist krankhaft davon getrieben, Dinge zu stehlen; Gegenstände, die für ihn unnütz sind, es fehlt jegliche Absicht, sie später einmal zu verwenden. Der Grund ist eine Störung der Impulskontrolle. Der Betroffene kann sich nicht beherrschen, fühlt eine wachsende Anspannung vor der Tat, die der Befriedung bei und nach der Handlung weicht. Er muss dem Drang nachgeben. Kleptomanie ist ein Beispiel, das zeigt, wie eng Sucht und Zwang beieinander liegen können: Denn handelt es sich hier um den Zwang, stehlen zu müssen, oder um ein suchthaftes Verhalten?
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* CHRISTOPHER PILTZ Eine Antwort darauf ist selbst für Experten nicht einfach. „Es gibt bestimmte Verhaltensmuster, bei denen die Trennung nicht eindeutig zu bestimmen ist“, sagt Dieter Naber vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Der ärztliche Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie erklärt, dass die Übergänge oft unklar sind. Eins hätten sie zwar gemein: Den Drang, etwas zu tun, zu konsumieren oder zu denken. Generell werde jedoch eine Handlung aufgrund einer Sucht anfangs positiv erlebt, auch wenn später meist Reue folgt. Bei einem Zwang wissen die Betroffenen, dass die Tat unnötig sei, „sollten sie es aber unterlassen, folgt ein Zustand der Angst und Panik“, sagt Naber.
Bundesweit sind nach Angaben der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen etwas eine Million Menschen von einer Zwangsstörung betroffen, sie machen somit ein bis zwei Prozent der Bevölkerung aus. Verglichen mit Süchtigen in Deutschland ist es eine deutlich kleinere Gruppe: Allein die Zahl der Alkoholabhängigen beträgt nach aktuellen Studien etwa 1,3 Millionen Menschen; von Medikamenten sind gut 1,4 Millionen abhängig. Internetabhängige, Cannabissüchtige oder dem Glücksspiel Verfallene sind dabei noch nicht mitgerechnet. Die Ursachsen für eine Sucht sind deswegen auch teils bekannter als bei eiTagesSatz
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TITELTH E M A nem Zwang. „Der Mensch versucht, andere Möglichkeiten zu finden, Freude zu erlangen“, erklärt der Hamburger Psychologe Naber. „Es ist meist eine Flucht aus der Realität, die primär auf die Persönlichkeit, aber auch auf genetische Veranlagungen zurückzuführen ist.“ Bei einer Zwangsstörung sei dies nicht so eindeutig. „Viele Betroffenen sind beispielsweise von ihrer Grundstruktur schon übertrieben ordentlich, und entwickeln einen Putzzwang“, sagt Naber. „Es gibt wiederum aber auch sehr chaotische Menschen mit solch einem Zwang.“
sei es das Ritual beim Wäscheaufhängen. „Von einer Zwangserkrankung sprechen wir dann, wenn ein Patient massiv leidet und sein normales Leben beeinträchtigt ist“, erklärt Ulrich Hegerl, Direktor der Psychiatrischen Klinik des Uniklinikums Leipzig. „Er empfindet sein Verhalten zwar als unsinnig, kann sich aber nicht dagegen wehren.“
drom) oder strenge Ordnungskriterien zu haben. Doch eine Heilung kann sehr aufwändig sein. Zwangsstörung gelten als chronische Erkrankung, die nach Angaben der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen bis vor einigen Jahren noch nicht oder nur schwer zu behandeln waren. Zwar können die Symptome heute verringert werden, ganz geheilt werden können die Patienten jedoch selten.
„Behandlungswürdig ist ein Zwang dann, wenn der Alltag darunter leidet.“
Grundsätzliche hätten viele Menschen Verhaltensweisen, die für Außenstehende absurd anmuten mögen – aber keine Belastung oder Einschränkung im Alltag des Betroffenen sind, vielmehr ein harmloser Tick. Sei es das gründliche Überprüfen von Elektrogeräten beim Verlassen des Hauses,
Ähnliche sieht es auch Professor Naber. „Behandlungswürdig ist ein Zwang dann, wenn der Alltag darunter leidet.“ Kontrolliert der Betroffene zum Beispiel Herd, Mikrowelle und Wasserkocher nicht nur ein oder zwei Mal, sondern braucht jedes Mal mehrere Stunden, bis er das Haus verlassen kann, sollte man professionelle Hilfe aufsuchen. Die am häufigsten aufkommende Zwangsstörung sind Reinigungsund Waschzwänge, gefolgt von Kontrollzwängen. Dazu können Menschen noch den Drang haben, alltägliche Handlung zu einer bestimmten Anzahl von Wiederholungen auszuüben, Gegenstände sinnlos zu sammeln (Messie-Syn-
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„Viele Betroffenen haben dazu Angst vor der Therapie. Sie müssen deswegen für sich entscheiden, wann sie Unterstützung brauchen“, sagt Naber. Zwei Möglichkeiten gibt es zur Therapie: Eine medikamentöse Behandlung, „die jedoch keine nachhaltige Lösung ist, da der Betroffene ohne sie wieder in den Zwang zurückfällt.“ Oder eine Verhaltenstherapie, die effektiver, aber schwieriger für den Betroffenen sei. „Eine Kombination von beiden ist dabei am besten“, sagt Naber.
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MEHR ZUM THEMA: Deutsche Gesellschaft Zwangserkrankungen: Montags bis freitags von 10:00 - 12:00 Telefon: (040) 689 13 700 E-Mail: zwang@t-online.de Postfach 70 23 34 22023 Hamburg
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Wenn Wunden nicht heilen dürfen Dieser Text setzt sich mit den negativen Aspekten des Internets auseinander, wie sie oft nach Partner-Trennungen zutage treten. Wir möchten uns ganz herzlich bei den Kollegen von TROTTWAR bedanken, die uns den Abdruck gestatteten. Der Artikel stammt von Mimi Duttenhofer.
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rennungen sind kompliziert – zumal sie oft nicht in gegenseitigem Einverständnis stattfinden. Einer will sich trennen, der Andere wird getrennt. Der eine bricht nun, mit neu gewonnener Freiheit, positiv gestimmt in Richtung Zukunft auf. Der Verlassenen muss sich erst einmal mit der ungewollten Freiheit und der neuen Situation auseinander setzten. Auf einmal alleine. Kein gemeinsames Zusammensein, kein gemeinsames Leben. Ungewollt ist man erst häufiger alleine, hat Leerlauf. Nur die Gedanken laufen nicht leer. Im Gegenteil, der Kopf arbeitet. Versucht den Schmerz des Herzens zu verarbeiten. Der Prozess des Loslassens, der in Gang gesetzt werden muss, ist das Schwerste nach einer Trennung. Erst durch erfolgreichen Vollzug ist der nächste Schritt in Richtung Neuanfang möglich. Doch zum Loslassen gehören Verarbeitung und Verständnis für die eingetretene Situation. Dies gilt um so mehr, wenn man der Part ist, der in der leidenden Position steckt. Doch zwischen dem, was man sollte, und dem, was Realität ist, besteht ein himmelweiter Unterschied. Nachdem der Ex-Partner aus dem Leben getreten ist, sitzt der Zurückgelassene da und die Fragen, die sich im Herzen bilden, schießen ähnlich wie Kugeln aus einer Schnellfeuerwaffe durch das Gehirn. Wo ist er jetzt, was macht sie
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gerade? Was macht er heute Abend? Trifft sie schon jemand anderen?
speckte Version dessen, was man bisher als gemeinsames Leben kannte.
Fragen, die nicht auszublenden sind, die Tag und Nacht nagen. Hätte man früher vielleicht in der Not einen Privatdetektiv anheuern müssen oder sich selbst auf die Lauer gelegt, ist die Überwachung und stille Teilnahme am Leben des Ex-Partners dank sozialer Netzwerkeheute allerdings kein Problem mehr.
Der Spruch „Die Zeit heilt alle Wunden“, scheint ziemlich veraltet. Denn Facebook, genauso wie jedes andere soziale Netzwerk, verhindern das Heilen der seelischen Wunden. Täglich, stündlich, minütlich, kann man sich an der Onlinepräsenz des Vermissten ergötzen. Sieht, welche Seite er oder sie im Internet besucht hat, was ihm oder ihr gefällt, wenn der „Gefällt-Mir-Button“ geklickt wurde. Sieht, was an die Pinnwand geschrieben wird, mit wem Kontakt besteht, wenn die über die Pinnwand läuft. Ganz gleich, ob Fotos gepostet oder neue Freundschaften geschlossen werden, man ist dabei als stiller Zaungast. Natürlich hat auch derjenige, der seinen Partner zurückgelassen hat, die gleiche Möglichkeit der Überwachung, doch die Chance auf so viel Interesse ist wohl eher nicht zu erwarten.
Wenn der ehemalige Partner kein „paranoider“ Zeitgenosse ist, wird er schon aus Gründen des guten Geschmacks den Zurückgelassenen nicht aus der Freundesliste löschen oder ihn gar sperren. Es wäre niveaulos. Aber vielleicht doch ein probates Mittel gegen einen unsichtbaren Schatten, der immer häufiger entsteht. Der Schatten der Vergangenheit. So ist es ein Leichtes, sich bei Facebook einzuloggen und auf das Profil der Person zu gehen, die nicht mehr wünscht, dass man ein Teil seines oder ihres Lebens ist. Und schon ist man mittendrin. Ob das gut ist, wenn das eigentliche Ziel das Vergessen, das Zurücklassen ist? Sofort ist man mitten im Onlinegeschehen des Ex-Partners. Ohne dass man seine Einwilligung braucht, oder die Entdeckung, die direkte Konfrontation fürchten muss. Man ist stiller Teilnehmer am Leben des Anderen. Zugegeben: Es ist eine ziemlich abge-
So aber tritt keine Wundheilung der Seele ein. Die ständige Präsenz, das Verlangen der Überwachung, die Möglichkeit, dieser Sehnsucht ungehindert zu folgen, ist gefährlich. Die Sehnsucht dem ehemaligen Partner nahe zu sein, verhindert das Loslassen und Akzeptieren der Situation. Die Londoner Wissenschaftlerin und Forscherin Tara Marshall hat an 464 Pro-
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TITELTH E M A banden die Nutzung von Facebook im Hinblick auf ehemalige Partner untersucht. Etwa ein Drittel blieb dem ehemaligen Partner auf den Onlinefersen, folgte jedem „Klick“. Doch die Zahl scheint zu niedrig beziffert. Eine neue, zu Beginn dieses Jahres anlaufende Studie belegt bereits jetzt, dass 90 Prozent der Probanden ihrem ehemaligen Partner bei Facebook (ver-)folgen. So kann eine emotionale Stabilisierung der Betroffenen nicht entstehen. Es ist nicht so, dass die „Facebook-Schatten“ nicht um ihre Situation und ihre Sucht wüssten. Doch das Verlangen nach der künstlich erzeugten Nähe ist zu groß, um zu widerstehen. Die Angst, etwas zu verpassen, oder vielleicht nicht überwachen zu können, welche neuen Kontakte entstehen. In das ehemalige verbundene Leben treten, das kann wahnsinnig machen. Bildet sich dann noch eine neue Freundschaft mit jemandem, der sich in den Augen des Verlassenen zum potenziellen neuen Partner eignen würde, kann man sich über Facebook problemlos die wichtigsten Grundinfor-
mationen besorgen – je nachdem, wie sorglos und offen derjenige mit seinen Daten umgeht. Das Prinzip „jeder kennt jeden“, greift nirgends so unkompliziert und einfach wie in sozialen Netzwerken. Es ist eine Vernetzung, die kein Ende findet. Die Möglichkeiten der Interaktionen sind leider auch im Rahmen der herrschenden Gesetzeslagefast unbegrenzt. So ist es kein Problem, sich ein „Fake-Profil“ zu er-
lich will man dem, der einen verlassen hat, nicht die Genugtuung geben, dass man ohne ihn wesentlich schlechter zurechtkommt. Auch wenn es eine berechtigte und vor allem ehrliche Tatsache ist. Doch mit Ehrlichkeit ist man in jedem Falle angreifbarer. Das Verlangen nach Kontrolle und Überwachung ist – solange es nicht manisch wird – ein verständliches Verhalten, um den ersten Schock der Trennung zu verarbeiten. Doch es sollte der Punkt kommen und nicht verpasst werden, an dem man die „Überwachungskrücke“ Facebook bewusst zur Seite legt und frei in Richtung eines neuen Lebens geht. Den Ex-Partner bei Facebook und allen anderen sozialen Netzwerken, die man geteilt hat, zu löschen, schaffen die wenigsten. Der kleinste Teil der Verlassenen hat trotz Trennungsschock den klaren ungetrübten Blick auf die Tatsache und das Wissen, dass eine ständige Präsenz des Verflossenen, sei sie auch nur online vorhanden, ein Stolperstein ist auf dem Weg nach vorne.
Schatten der Vergangenheit
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Mimi Duttendorfer
stellen, mit dem Hintergedanken, den Ex-Partner eifersüchtig zu machen. Damit ist noch lange kein Straftatbestand erfüllt. Schnell ist ein neues Profil erstellt. Männlich oder weiblich, wie es benötigt wird. Ohne großen Aufwand wird ein Bild hochgeladen und schon kann man das Lügengebäude des vermeintlich „glücklich“ Verlassenen bauen. Nach dem Motto: Auch wenn Du mich verlassen hast, sieh her: Auch ich bin neu vergeben, hier ist mein neuer Partner. Schließ-
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Blick über den Flaschenrand Er trinkt in Gesellschaft und allein, er trinkt Bier und Schnaps, er trinkt viel zu viel: Martin, 27, studiert Wirtschaft und kommt gut durchs Studium, die Noten stimmen, doch der Rest seines Lebens entgleitet ihm. Er ist ein Alkoholiker an der Uni - und er ist nicht der einzige.
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ls er seinen Tiefpunkt erreicht, liegt Martin in der Badewanne. Stundenlang läuft warmes Wasser nach, er guckt Filme auf seinem Laptop, hört Musik. Und nebenbei trinkt er Bier, literweise Bier, dazu Schnaps. Irgendwann kann Martin nicht mehr, er übergibt sich. Nicht, weil er musste, sondern damit er am nächsten Morgen ohne Alkoholvergiftung aus dem Bett kommt. Es ist Ende 2010 und Martin merkt, dass er seinen Alkoholkonsum nicht mehr unter Kontrolle hat. Er streitet sich mit seiner Freundin: Die beiden wohnen zusammen und sie kann wegen seiner nächtlichen Trinkgelage nicht schlafen, morgens muss sie oft übermüdet zur Uni. Seine Freunde sorgen sich um ihn, auf manchen Partys ist Martin so betrunken, dass er es kaum alleine nach Hause schafft. Nur in der Uni läuft es gut, der Wirtschaftsstudent sitzt in fast allen Vorlesungen, schreibt gute Noten in den Klausuren. Dennoch erkennt er: Ich brauche Hilfe. Zuerst versucht er es bei den Anonymen Alkoholikern wird aber scheitern.
fentlicht sehen. Mit 15 Jahren begann er zu trinken, zunächst regelmäßig vier bis fünf Bier am Wochenende. Martin wuchs auf dem Land auf; es gab Dorffeste, Jugendclubs und ältere Freunde, die oft und viel tranken. „Mit 17 Jahren hatte ich schon einige Abstürze erlebt“, erzählt er. Er schaffte sein Fachabitur, leistete den Grundwehrdienst - und trank weiter, manchmal unter der Woche, manchmal am Wochenende. „Und meist eine beachtliche Menge.“ Aber er machte sich keine Gedanken. Seine Eltern waren beide berufstätig, gestresst, tranken dazu selbst gerne. Martin hatte viele Freiheiten in seiner Jugend. Jahre später gehört Martin zu den knapp sieben Prozent aller Studenten, bei denen das Trinkverhalten als sehr gesundheitsgefährdend eingestuft wird. Das ist kein größerer Anteil als in anderen gesellschaftlichen Gruppen. Dennoch zeigen Studien, dass Alkohol unter angehenden Akademikern eine besondere Rolle spielt. „Studenten haben viele Möglichkeiten zu trinken“, sagt Martin. Studenten feiern oft unter der Woche, der Alkohol ist günstig. Und da bei vielen Vorlesungen keine Anwesenheitspflicht besteht, können Studenten lang und heftig feiern.
Einigen geht es nur darum, sich möglichst schnell und günstig zu betrinken. Sicher, nicht alle Studenten trinken exzessiv und Martin ist ein Extremfall. Aber: Der Alkohol ist im studentischen Alltag fast omnipräsent. So werde ein Umfeld geschaffen, das den Alkoholkonsum fördern könne und vor allem für Suchtanfällige wie Martin gefährlich sei, warnen Experten. Mehrere Studien der TU Braunschweig beobachteten über fünf Jahre das Trinkverhalten bei Studenten. Fasst man alle zusammen, ist es nach eigenen Angaben eine der größten und zeitlich umfangreichsten Befragungen zu diesem Thema in Deutschland. Das Ergebnis: Der Student von heute trinkt mehr als vor fünf Jahren. Um 15 Prozent ist der durchschnittliche Konsum am Tag gestiegen - eine Entwicklung, die in der Normalbevölkerung so nicht zu beobachten ist, sagt Wolfgang Schulz. „Dort ist seit Jahren ein schwacher, aber kontinuierlicher Rückgang zu sehen.“ Der Psychologieprofessor hat alle Studien der TU Braunschweig betreut. „Der Unterschied könnte in der sozialen Motivation liegen“, sagt Schulz. Viele der Studenten erzählten den Wissenschaftlern, mit Alkohol seien Partys besser und das Trinken mache einfach Spaß.
Boris Linz
Martin, 27, heißt eigentlich anders, er will seinen echten Namen nicht veröf-
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TITELTH E M A Die jüngste Erhebung der TU von 2011 zeigt, dass mehr als ein Drittel aller Jungakademiker in einem riskanten Ausmaß trinkt, das ist in der Definition der Wissenschaftler noch nicht Martins Stufe des „sehr gesundheitsgefährdenden“ Trinkens, aber schon sehr bedenklich. 804 Braunschweiger Studenten wurden hierfür online befragt. In der restlichen Bevölkerung ist es jedoch nur jeder Sechste, dessen Trinkgewohnheit als „riskant“ eingestuft wird. Bei Studenten ist etwa das sogenannte Binge-Drinking ein Problem. Der Begriff wird oft mit Rauschtrinken oder Trinkgelagen gleichgesetzt; generell beschreibt er jedoch nur Gelegenheiten, bei denen mehr als fünf alkoholische Getränke getrunken werden. Es ist aber in der Wissenschaft unklar formuliert, was eine Gelegenheit ist - es kann sich auf eine Stunde beziehen, aber auch auf einen ganzen Abend.
trinken“, sagt Maurer. Immer häufiger würden Studenten in der Beratung nachfragen, welche Menge Alkohol noch im angemessenen Rahmen sei. „Wir versuchen, sinnvolle Alternativen zu zeigen.“ Lieber sollten die Studenten Sport treiben, joggen oder schwimmen gehen, um Anspannungen abzubauen. In die Beratungen der Uni Hannover kommen grundsätzlich nur wenige Studenten mit einer allgemeinen Suchtproblematik - im vergangenen Jahr waren es 20 von insgesamt 670 Studenten, die Hilfe suchten.
Gewissen. Im Oktober 2011 suchte er das zweite Mal Hilfe bei einer Beratungsstelle, dieses Mal mit Erfolg. Schon bei seinem ersten Treffen stellt der Therapeut eine Frage, die Martin bis heute beschäftigt: „Woher kommt der Begriff Sucht?“ Der Student tippt aufs Griechische.
Für Martin war der Alkohol mehr als nur ein Ausgleich zum Alltagsstress geworden. Er brauchte ihn in der Prüfungsphase, bei Partys, abends, wenn er alleine war. Bei seinem ersten Entzug ging er zwei Monate regelmäßig zu den Anonymen Alkoholikern. Aber
„Nein, im Tod.“
„Sucht kommt von siechen“, sagt der Berater. „Und weißt du, wo das endet?“ „In der Gosse?“
„Das ging wie ein Stromschlag durch den ganzen Körper“, erzählt Martin. Von diesem Tag an begann seine Abstinenz. Mittlerweile geht er deutlich weniger feiern, besucht eine Gruppentherapie. Hier wird er jede Woche an sein Problem erinnert. „Es ist ein Signal, das ich auf mich achten muss, sonst gerät es in Vergessenheit.“
„Sucht kommt von siechen – und das endet im Tod“
„Genauere Erklärungen für den höheren Konsum haben wir noch nicht“, sagt Schulz. „Wir werden in den nächsten Studien verstärkt nach der Motivation fragen.“ Einen Zusammenhang zwischen psychischer Belastung und starkem Alkoholkonsum konnte das Braunschweiger Forscherteam nicht belegen. Christiane Maurer leitet die Psychologisch-Therapeutische Beratung der Uni Hannover. Sie sagt, dass sich Studenten mit Alkohol oft auch entspannen wollen - und findet das gefährlich. „Studenten berichten uns, dass sie Bier oder Wein zum Stressabbau
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die unpersönlichen, fast durchgehend nicht-konfrontativen Treffen gefielen ihm nicht. „Nie wurde hinterfragt, nie wurde kritisiert“, erinnert er sich. Zwei weitere Monate hielt er es ohne Alkohol aus, dann wurde er rückfällig. Bei einer Familienfeier trank er wieder, und wieder so lange, bis nichts mehr ging. Er unterschätzte seine Sucht. „Ich dachte, ich hätte mein Problem jetzt im Griff. Es wurde aber noch schlimmer.“ Er spürte körperliche Folgen: Am Morgen nach einem Vollrausch hyperventilierte er. Dazu kam ein immer stärkeres schlechtes
Martins Alkoholsucht wurde nicht durch sein Umfeld ausgelöst, aber er merkt rückblickend, dass es sein Trinkverhalten auch nicht einschränkte. „Viele trinken während des Studiums extrem viel, aber sie können es danach auch wieder ändern, wenn sie nicht so suchtanfällig sind. Ihr Leben richtet sich nicht danach aus.“ Ähnlich beurteilt auch der Braunschweiger Professor Schulz übermäßigen Alkoholkonsum: „Natürlich kann es gefährlich sein, aber meistens ist es ein vorübergehendes Phänomen, das sich auswächst.“
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T I T E LT H E M A
Eine kleine Geschichte meiner Essstörung
I
ch weiß nicht, wann genau meine Essstörung begonnen hat. Es war eher ein Übergang, keine Entscheidung, kein Ereignis. Was ich mit Sicherheit weiß ist, dass ich mir schon sehr früh Gedanken über meinen Körper und mein Gewicht gemacht habe. Ich erinnere mich daran, wie ich in der vierten Klasse mit der besten Freundin in der Sporthalle saß und sie meinte, sie würde 34 Kilo wiegen, ich sagte, „33“. Ich glaube, ich wog 35 Kilo. Bereits damals habe ich mich für mein Gewicht geschämt, ohne genau zu verstehen warum.
Irgendwie habe ich zu der Zeit dann auch Essen als Quelle für Glück entdeckt, besonders Schokolade. Damals bin ich öfters zum SüßigkeitenSchrank der Eltern geschlichen und habe etwas geklaut. Ich glaube, ich war um die 11 oder 12 Jahre alt. In der Zeit habe ich auch begonnen, Abführmittel zu nehmen. Dabei war ich wirklich schlank. Schließlich habe ich aus jedem Tag einen neuen Anfang gemacht. Eine Kleinigkeit ist schief gelaufen und ich habe sie als Grund benutzt, am nächsten Tag noch mal von vorn zu beginnen, und diesen Tag noch einmal der Bulimie nachzugeben. Das neue Leben hat nie begonnen. Wir sind dann umgezogen, da war ich 14. Ich aß immer noch heimlich Schokolade. Es wurde immer mehr und ich nahm zu, mein Selbsthass auch. Dann
waren Herbstferien. Es lief „Stargate“ im Fernsehen. Ich ging ins Bad, beugte mich über die Kloschüssel und fing an, zu würgen. Es brannte fürchterlich und war nicht wirklich viel. Eine Stunde später hatte ich immer noch nicht wirklich was draußen, aber es ging besser. Ich war fürs Erste zufrieden, habe nicht einmal darüber nachgedacht, was ich da eben getan hatte. Mit der Zeit habe ich das Erbrechen dann perfektioniert. Ich fand heraus, dass Schokolade schwer raus geht, dass es einfacher ist, Kuchen zu erbrechen, dass es wichtig ist, viel zu trinken. Nach und nach konnte ich immer mehr essen und einfacher kotzen. Obwohl ich nun im Brechen die Lösung für die Gewichtszunahme gefunden hatte, habe ich davon immer noch nicht abgenommen. Ich wartete zu lange, bevor ich mich übergab. Warum verstand ich nicht, ich wollte es ändern und schaffte es nie. Etwas, für was ich mich tatsächlich bis heute
Viola Wiegand
Meine Gedanken fingen immer mehr an, sich um Essen zu drehen. Ich habe mich geschämt, wenn ich Süßes aß und in Briefen mit meiner besten Freundin beratschlagt, wie man am besten abnimmt. Aus mir fettem Schwein sollte eine schlanke Grazie werden. In meinem Tagebuch gibt es tatsächlich eine Zeichnung, die mei-
ne Transformation vom runden hässlichen Menschen mit Schweineschnauze zur dünnen Figur zeigt.
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TITELTH E M A
Dieser Text schildert die Erkrankungsgeschichte einer Essstörung aus Sicht einer Betroffenen. Da die Autorin soziale oder berufliche Nachteile befürchtet, haben wir ihr Anonymität zugesichert.
hasse, mit dem Unterschied, dass ich heute verstehe, dass ich, auch wenn ich es mir selber immer wieder beteuert habe, das Brechen gar nicht als erleichternd oder befreiend empfand. Ich habe mich davor geekelt, habe es gehasst, über der Kloschüssel zu hängen und nach Luft zu japsen. Es war jedes Mal erniedrigend. Meine Eltern haben mich gerügt, dass ich nicht meinen Pflichten nachkam, dafür blieb neben Schule und Bulimie nicht genug Zeit. Sie haben diskutiert, was nicht mit mir stimmte. Schuld war das zentrale Thema und die erste Idee, die mir in den Kopf kam. Schuld hieß schließlich, dass ich falsch war und da stimmte ich meinen Eltern absolut zu. Ich war verkehrt, nicht normal und musste mich ändern. Ich habe meinen Eltern mit 16 erzählt, dass ich Bulimie habe. Sie glaubten mir nicht. Schon vorher kam ich mit ihnen nicht mehr so wirklich klar, aber ab dem Zeitpunkt entwickelte es sich immer schlimmer. Mein Vater wurde immer aggressiver und lauter und meine Mutter und ich stritten uns ständig. Ich begann zum einen meine Eltern zu verabscheuen und zum anderen glaubte ich ihnen immer noch, wenn sie wieder darüber diskutierten, dass ich falsch war.
ohne wirklich darüber nachzudenken. Ich erzählte allen, dass ich aus Versehen mit der Hand die Glasplatte geschlagen hatte und alle glaubten mir. Die nächsten beiden Male habe ich mir den Schriftzug „HATE“ in den Arm geritzt. Das war jedoch zu auffällig und ich begann meine Beine zu traktieren. Ich habe immer mal wieder aufgehört und dann wieder angefangen. Die Zeit lief in rasendem Tempo an meiner kleinen Welt vorbei. Ich saß im Zimmer, habe gegessen und ferngesehen, mich aber nie gefragt, ob ich es jemals schaffen würde, das Zimmer zu verlassen, mein Leben wirklich zu ändern. Ich habe einfach darauf vertraut, dass es jeden Moment soweit war.
* ANONYMA ze Zeit gar nicht thematisiert. Ich habe aber viel in der Zeit über mich erfahren, ebenso in der Tagesklinik, die ich im Laufe der Therapie besuchte. Ich habe endlich über die Alkoholkrankheit meiner Mutter geredet und wie weitreichend doch die Folgen auf mein Leben waren. Erkannte, wie manipulativ ich in Beziehungen war, was mein enormer Selbsthass bedeutet und warum ich mit Nähe nie klar kam. Irgendwann fing ich dann an, Essen ab und an zu genießen, habe manchmal normal gegessen, hatte aber auch immer wieder Rückfälle. Ich bin auch heute noch nicht gesund und werde es auch niemals sein. Essen wird für mich immer etwas anderes bedeuten. Ich sehe Kalorien, Fettwerte, sehe Stunden Sport, aber mittlerweile sehe ich auch Genuss. Ich esse Dinge, einfach weil ich wirklich möchte, und es ist in Ordnung. Manchmal hungere ich, manchmal überesse ich mich und ich denke täglich über Essen und meinen Körper nach. Ich habe mich damit abgefunden. Wenigstens die Bulimie ist weg. Allerdings habe ich nicht sie, sondern sie meinen Körper besiegt. Wenn ich heute versuche zu brechen, spucke ich Blut und liege tagelang mit Schmerzen im Bett, das kuriert den Gedanken ans Übergeben.
Vom Pummelchen zur Grazie
Irgendwann in der Zeit entdeckte ich das Ritzen für mich. Auch da erinnere ich mich wieder über-deutlich ans erste Mal. Ich hatte meinen Glastisch im Zimmer kaputt gemacht. Da nahm ich einfach eine Scherbe und schnitt mich solange, bis ich richtig stark blutete,
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Mit 19 begann ich eine Therapie, lernte meinen Freund kennen und zog mit 20 endlich bei den Eltern aus. Eine Weile ging es gut, doch die Bulimie kam wieder. Nun fing ich an, in bulimie-freien Zeiten zu hungern. Die erste Phase war die längste und die mit dem größten Gewichtsverlust. 7 Monate und 22 Kilo, ein BMI von 16. Ich war glücklicher denn je und gleichzeitig auch unglücklicher denn je. Bereits in den Semesterferien hatte es angefangen, dass ich immer öfter Angst bekam und ich suchte meine Hausärztin auf. Sie überwies mich an eine Psychiaterin und einen Therapeuten. Ich bekam Antidepressiva und fand einen netten Therapeuten. Mit ihm behandelte ich die Ängste und Depressionen. Die Essstörung habe ich die gan-
Wie die Zukunft aussieht, weiß ich nicht, mein Körper hat einigen Schaden genommen, sehr alt werde ich wohl nicht werden, aber ich lebe, ich esse und manchmal mag ich mich sogar einfach so wie ich bin.
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S T O L P E R S T EIN
Sexy bis zum Knock-Out * GLOSSE VON JULIA KRAUSE
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Jörg Sanders
V-Junkies – fast jeder von uns ist einmal einer gewesen, gerade auf dem Absprung oder noch voll drauf. Auf der Suche nach einem Leben, das viel schlechter ist als unser eigenes, zappen wir uns durch alle Kanäle. Um uns daran zu laben, wer blöder, dicker, tapsiger oder schlicht peinlicher ist als wir selbst, braucht es nicht viel. Meist reicht es, eine Serie einzuschalten, die den Vorsatz „Reality“ trägt und so kurze Dialoge hat, dass selbst Laiendarsteller keine Probleme haben, den Regieanweisungen zu folgen. Doch die heile „Ich-bin-was-Besseres-Welt“ wird immer wieder heimtückisch unterbrochen: Werbung reißt einen aus dem Wohlfühlmodus. Sie hat nur ein Ziel: dir klarmachen, dass dir etwas fehlt. Sagen wir, zum Beispiel ein Schiff mit Becks-grünen Segeln und einem MisterWet-T-Shirt an Bord. Oder eine Frau in schwarzen Dessous, die dir nach der Liebesnacht nicht nur ein „das-hat-so-schön-geprickelt-in-meineBauchnabel“-Bier schenkt, sondern aus unerklärlichen Gründen auch ein Modellauto dazulegt. Oder wie wäre es mit einem Mann, der dir in einer stickigen mexikanischen Desperados-Bar den Schweiß von der Haut leckt? In fast allen Alkohol-Werbespots geht es um Sex. Zu sehen sind schöne Menschen, gut gelaunte Menschen, potente Menschen. Barcardi-schlürfend tanzen sie sich in Ekstase, Palmen, Strand und „Summer Feeling“-Rhythmen im Hintergrund. Sex sells, sagt man. Bis heute bestellen sich tausende Menschen in ihrer Dorfkneipe einen Aperol Spritz in der Hoffnung, die heimische Kaschemme verwandele sich endlich in die Coyote Ugly Bar. Nun, zumindest Heineken konnte dies 2011 nicht mehr mit seinem sozialen Gewissen vereinbaren. Der Konzern beschloss vor zwei Jahren, der Werbung ein neues Gesicht zu geben. Nicht so wie die Krombacher-Brauerei, die das Saufen durch eine Rettet-den-Regenwald-Kampagne legitimierte. Nein, Heineken wollte ehrlich zu seinen Konsumenten sein und bewarb eines seiner Produkte im Internet mit einem geradezu gnadenlosen Song. Der Titel des Werkes: „Too Drunk to Fuck“.
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misterQM (photocase.com)
PARAGRAPHENR E I T E R
Im Namen des Volkes
Zu den Urteilen der Sozialgerichte Noch immer stöhnen die Sozialgerichte unter der Last der Klagen gegen Hartz IV. Die Richter müssen die Fehler der Politik ausbaden. Wir haben uns die Datenbaken angesehen und interessante Urteile herausgesucht.
* HANS PETER PUNG Internetzugang Lebt ein Sozialhilfebezieher in einem Wohnheim, das keinen Internetzugang anbietet, hat er Anspruch auf die Übernahme angemessener Internetkosten als Leistung des weiteren notwendigen Lebensunterhalts – nicht als erhöhten Barbetrag bzw. als Eingliederungshilfe – in Ergänzung zu dem in der Einrichtung tatsächlich erbrachten Lebensunterhalt. Die Nutzung des Internets ist vom Gesetzgeber zumindest seit dem 01.01.2007 (beruhend auf der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2003) außerhalb stationärer Leistungen im Regelsatz berücksichtigt worden, dem auch im Rahmen stationärer Maßnahmen Rechnung getragen werden muss. Bundessozialgericht Entscheidung vom 15.11.2012 B 8 SO 5/11 R
Wohnungsräumung Bei den Kosten für die Räumung einer Wohnung handelt es sich um unmittelbar mit einem Umzug zusammenhängende Kosten, wenn der Sozialhilfeempfänger in ein Pflegeheim zieht. Der insoweit erst während des Bezugs der stationären Leistung entstehende Bedarf ist dann als Leistung des weiteren notwendigen Lebensunterhals (§ 35 Abs. 2 SGB XII aF) zu übernehmen, wenn die VoraussetzunTagesSatz
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gen des § 29 SGB XII vorliegen. Ohne Bedeutung ist, inwieweit Möbel mitgenommen werden, auch bei Entsorgungskosten kann es sich um Umzugskosten handeln. Bundessozialgericht Entscheidung vom 15.11.2012 B 8 SO 25/11 R
Anmerkung der Redaktion: § 35 regelt die Kosten für Unterkunft und Heizung / im § 29 wird Festsetzung und Fortschreibung der Regelsätze festgelegt. Die Abkürzung aF bedeutet, dass sich das Gericht auf die alte Fassung des jeweiligen Paragraphen bezieht.
Meldepflicht Die Meldepflicht ist ein wichtiger Bestandteil des Sozialgesetzbuches. Immer wieder kommt es in diesem Zusammenhang zu Schwierigkeiten. Wann kann ein Hilfeempfänger seinen Meldetermin beim Jobcenter ohne Folgen versäumen? Ist eine Pilgerreise auf spontane Einladung ein wichtiger Grund hierfür? Die Richter des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen meinen Nein!
Eingliederungsvereinbarung / Jobangebot Wann darf ein Hilfeempfänger das Arbeitsangebot des Jobcenters ablehnen? Auch hier gibt es immer wieder Streit. Ein Arbeitsloser muss nicht in der Landwirtschaft arbeiten, wenn in seiner Eingliederungsvereinbarung als Ziel die Selbstständigkeit vereinbart wurde. Dieser Auffassung sind die Richter des Sozialgerichtes Oldenburg in einer kürzlich ergangenen Entscheidung (AZ: S 39 AS 462/12) Die Richter am Sozialgericht Dresden haben in ihrer Entscheidung zum gleichen Thema ihr Urteil konkreter gefasst: Ein wichtiger Grund zur Nichtteilnahme an einer Eingliederungsmaßnahme liegt vor, wenn der ernsthafte Weg in die Selbstständigkeit beschritten wird und die Maßnahme hierfür keinen Nutzen bringt. Sozialgericht Dresden Urteil vom 03.06.2008 S 10 AS 2252/08 ER
Als Quelle diente uns www.tacheles-sozialhilfe.de
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Landessozialgericht NRW 22.10.12 L 19 AS 2092/12 NZB (Nichtzulassungsbeschwerde)
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GÖTTINGEN
Klettern aus eigener Kraft Malte Schiller
* BEARBEITET VON KALLE SCHÖNFELD Der TagesSatz veröffentlicht in dieser und der folgenden Ausgabe mehrere Texte von Uwe, der seit über 30 Jahren bei der Selbsthilfegruppe der Anonymen Alkoholiker (AA) in Göttingen aktiv ist. Sie sind zwischen 1992 und 2001 entstanden und schildern seine Erfahrungen mit der Behandlung seiner Alkoholsucht. Der Idee der Selbsthilfe gemäß verfasste er sie, um im Rahmen der AATreffen andere zu unterstützen. Grundsätzlich betont Uwe jedoch die Selbstverantwortung des Suchtkranken: „Es hieß bei uns mal ‚den und den hast Du doch trockengelegt.‘, aber das waren die selber. Man kann es immer nur vormachen.“
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ein Name ist Uwe; ich bin Alkoholiker.
Ich habe diese Form der Darstellung gewählt, um anderen Betroffenen bessere Vergleichsmöglichkeiten sowie Nicht-Betroffenen einen besseren Einblick in die Problematik der Suchtkrankheit zu ermöglichen.
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Das Ganze soll nur einem Zweck dienen – „der Hilfe“. Ich erhebe hiermit keineswegs den Anspruch, in allem unbedingt recht zu haben. Ich gebe nur die Erfahrungen wieder, die ich bei mir und bei anderen Freunden jahrelang gemacht habe. Zum Schluss meiner „Trinkerkarriere“ war es, wie wenn ich von der Straße abgekommen wäre und über eine Klippe in einen Sumpf stürze. Ich war in einem Sumpfgelände gelandet und war nun Uwe, der Alkoholiker. Ich marschierte nach meinem Sturz immer tiefer in das Gebiet hinein. Zurück zur Straße konnte ich nicht. Ich schaute nur nach oben; es schien mir endlos weit. Zum Klettern hatte ich keinen Mut. Ich war klein, ein Versager ohne Selbstwertgefühl, auf der Suche nach Menschen, die mir helfen konnten. Immer wieder. Schließlich wurde ich körperlich fit gemacht (Entgiftung). Dann kamen welche, die meinten, ich sei jetzt stark genug zum Klettern. Ich brauchte es nur zu wollen. Das Ziel ins Auge fassen, nur nicht nach unten gucken. Ich wurde angeseilt. Gelernte Kletterer gingen vor mir. Sie zeigten mir, wie es gemacht wird, wo die schwierigen Stellen waren. Rechts und links von mir waren Profis, die mich stützten. So ging es dann mit Karacho über das erste und schwierigste Stück des Abhanges. Während des Kletterns fielen immer wieder welche herunter, an mir vorbei, in den Sumpf. Sie sagten mir, das seien alles welche, die sich nicht an ihre Anweisungen hielten. Für den, der es tue, sei der Aufstieg bombensicher. Dann sagten sie: „Siehst du, du kannst es. Mache nur so weiter. Wir müssen jetzt wieder runter, um anderen zu helfen.“ Gut, ich kletterte alleine weiter, aber nur ein kleines Stück. Diejenigen, die vor mir kletterten, wurden immer weniger. Plötzlich merkte ich auch, warum das so war. Die schwierigen Stellen in der Wand wurden immer mehr. Wohin ich mich auch wandte, es ging nicht mehr weiter. Die Höhe da oben würde ich nie erreichen. Ich fing an zu rutschen und verlor den Halt. Ich stürzte zurück in den Sumpf. So ging es mir einige Male. Die Methoden waren immer etwas anders. Ich erreichte dadurch TagesSatz
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GÖTTI N G E N unterschiedliche Höhen, aber das Ergebnis war immer das gleiche – der Absturz. Was machte ich nur immer falsch? Was hatte ich getan? Wenig, sehr wenig. Ich habe dabei stets andere, Profis mit mir machen lassen. DAS war es nämlich. Nach meinem letzten Absturz stand mir der Sumpf bis zum Hals. Ich bettelte beinahe darum, wieder fit gemacht zu werden. Man gab sich große Mühe mit mir. Dafür bin ich heute noch dankbar. Denn ohne körperlich einigermaßen fit zu sein, hätte ich nie klettern können. Mittlerweile hatte ich von einem Amateurverein gehört, die gemeinsam kletterten. Die kamen aber sehr langsam voran, es waren eben Laien. Nun ja, sagte ich mir, immer noch besser als im Sumpf zu verrecken. Ich wollte leben, mehr nicht. Mir war es egal, ob ich langsam oder schnell höher kam. Nur klettern, das wollte ich auch dann, wenn ich nie wieder die Straße
fen für das nächste Stück.“ Bei mir in Göttingen gab es drei dieser Rastplätze. Für das erste schwierige Stück machte ich regelmäßig Gebrauch davon. Das heißt, drei Meetings in der Woche. Montags, mittwochs und freitags. Als ich nun zum ersten Mal so einen Rastplatz aufsuchte, fühlte ich mich wohl und nicht überfordert. Jetzt sah ich auch nach oben. In breiter Front war alles mit Kletterern bedeckt. Jeder für sich und doch alle gemeinsam. Für mich war da etwas passiert. Ich war auf diese laienhafte Art ein kleines Stück, ganz alleine, geklettert. Ich konnte also doch etwas. Mein Selbstwertgefühl stieg. Dann merkte ich, sollte ich doch noch wieder abstürzen, gab es keinen, den ich dafür verantwortlich machen konnte. Es lag einzig und allein an mir. Da merkte ich, die Verantwortung für mich hatte ich ganz allein – kein anderer mehr. Ich gewann Selbstvertrauen.
Ich wollte leben, mehr nicht erreichen sollte. Ich kam dahin, wo sich einige zum Aufstieg rüsteten. Ich glaubte, sie würden es mit einer ähnlichen Methode versuchen wie die Profis. Aber darin hatte ich mich gründlich getäuscht. Ich wurde weder angeseilt, noch schoben oder zerrten welche an mir herum. Es war nicht mal einer da, der sagte: „Du musst es so oder so machen.“, nur: „Du kannst es so machen wie wir, wenn du heraus willst aus dem Sumpf.“ Ich machte es ihnen nach, ich ganz alleine, aber mitten unter ihnen. Das erste, was ich von mehreren hörte, die vor mir kletterten, war: „Schaue nicht nach oben, auch nicht nach unten, sondern nur vor dich (24-Stunden am Tag). Dann siehst du genau die Stellen, wo wir uns festgehalten haben. Sie heißen: ‚Laß das erste Glas nur für einen Tag stehen.‘, ‚Richte dir eine trockene Zelle in der Wohnung ein‘, ‚Meide die Kreise, wo getrunken wird und wo du getrunken hast.‘ und ‚Versuche, dir selbst gegenüber ehrlich zu werden‘. Klettere an diesen festen Vorsprüngen langsam mit Geduld bis zum nächsten Plateau (das wöchentliche Meeting). Da kannst du Kraft schöpTagesSatz
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Es war ein gutes Gefühl, das mich ausfüllte. Ich hörte sie auch immer wieder von einer Höheren Macht reden, die sie um Hilfe baten. Auch nur immer für den kleinen überschaubaren Teil des Berges und dass sie sich danach bedankten. Ich tat auch das ihnen nach. Von da an hatte ich keine Angst mehr, das Stück bis zum nächsten Rastplatz nicht zu schaffen, weil auch ich diese Hilfe immer bekam, besonders dann, wenn Schwierigkeiten auftauchten. Ich kletterte dann zwar noch langsamer, achtete noch sorgsamer auf die kleinen Vorsprünge, aber ich hatte immer die feste Zuversicht in mir: Es geht aufwärts. Auch war ich jetzt schon in der Lage, anderen, die unter mir kamen, zu erzählen, was ich getan hatte, um so weit zu kommen. Dabei konnte ich unmöglich vergessen, dass ich aus dem Sumpf kam, der unter mir lag. Das spornte mich immer wieder dazu an, dem Konzept dieser Amateurbergsteigertruppe treu zu bleiben. Denn ein Absturz ist ein Absturz, der aus größerer Höhe tödlich sein kann. Zumindest haut es mich noch tiefer in den Sumpf, und dahin möchte ich niemals zurück. Ir-
gendwann war ich dann wieder auf einem breiten Weg angelangt. Ich hatte ob dieser Leistung, die ich selber vollbracht hatte, mein Selbstwertgefühl wieder gefunden. In der nächsten Ausgabe schildert Uwe die Gründe für seine Alkoholsucht und wie es ihm gelungen ist, nach seiner „Trockenlegung“ ohne Rückfall zu bleiben.
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MEHR ZUM THEMA: Selbsthilfegruppen Das Konzept der Selbsthilfegruppen fußt auf der Idee, dass die Betroffenen selbst die besten Experten für ihre Suchtkrankheit sind und sich gegenseitig unterstützen können. Einige Gruppen sind selbstorganisiert, andere befinden sich in Trägerschaft von kirchlichen oder gemeinnützigen Institutionen. Anonyme Alkoholiker Weltweit größtes Selbsthilfenetzwerk für Alkoholkranke mit spirituellem Schwerpunkt. Meetings an jedem Wochentag in Göttingen und Kassel www.anonyme-alkoholiker.de Kontakttelefon Kassel: 0561/19295 Al-Anon Selbsthilfegruppe für Familienangehörige und Freunde von Alkoholkranken Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe Selbsthilfegruppen mit Schwerpunkt auf gemeinsamen Aktivitäten. Mehrere Gruppen in Göttingen und Kassel www.freundeskreise-sucht.de Göttingen: 05 51 / 8 23 70 Bundeszentrale Kassel: 0561 780413 Blaues Kreuz Selbsthilfeorganisation der evangelischen Kirchen Ortsgruppe Kassel 0561 /2075588-36 Kreuzbund Selbsthilfeorganisation der katholischen Caritas www.kreuzbund.de 02381 / 6 72 72 - 0 Narcotics Anonymous Selbsthilfegruppe für Suchtkranke inkl. Alkoholabhängige www.narcotics-anonymous.de Treffen der Gruppe Kassel Sonntag 18:00 Selbsthilfetreff Kiss, Wilhelmshöher Allee 32a 19
GÖTTINGEN
D
ie Struktur von Essstörungen ist im Grunde dieselbe. Essen oder Nicht-Essen wird als Kompensator benötigt und beschäftigt Wenn ein Mensch über einen längeren Zeitraum aufhört zu essen, die Betroffenen rund um die sich erbricht oder Essanfälle hat, nennt man das Magersucht, Bulimie Uhr. Das Selbstwertgefühl hängt oder Binge-Eating. Jede dieser Krankheiten ist eine Essstörung, die stark vom Gewicht ab. Essen vielschichtig ist und sowohl Psyche als auch Körper betrifft. wird zum Lebensinhalt, dominiert alle Interessen und baut ZOÉ DUBOIS so eine Mauer zwischen den Erkrankten und ihrer Umwelt. den Körper und den Organismus unDie soziale Isolation wird immer weirung hat, ist das auf jeden Fall auf die verzichtbar. Es geht an diesem Punkt ter vorangetrieben, kann zu DepresFamilie zurückzuführen“ zu einfach nicht darum eine Abstinenz zu erreisionen führen. Es kann ein Teufelsund zu kurz gegriffen.“ chen wie es etwa bei stoffgebundenen kreis aus Diäten, Essanfällen, ErbreZwar belegen wissenschaftliche StuSüchten wie Drogenabhängigkeit der chen oder exzessivem Sport und neudien einen Zusammenhang zwischen Fall ist. Sondern das Erlernen eines allen Diäten entstehen. Eltern, die in der Vergangenheit an eitäglichen ausgewogenen und gesunDoch kein Mensch erkrankt ohne ner Essstörung litten und einer erhöhden Ess-Verhaltens ist in der BehandGrund an einer Essstörung. Sie kann ten Anfälligkeit der Kinder. Und auch lung zielführend. Betroffene sind soeine Lösungsmöglichkeit sein, mit die These, dass die Essstörungen vermit mehrmals täglich mit dem TheProblemen und Schwierigkeiten klarerbbar seien, existiere in der neueren ma konfrontiert und so gezwungen zukommen. Von der „BewältigungsForschung. sich immer wieder aufs Neue damit strategie Essstörung“ spricht daher auseinanderzusetzen.“ Aber es sei unzureichend, nur einen Anja Koop, Mitarbeiterin der Therabesonderen Risikofaktor zu benennen. peutischen Frauenberatung e.V.. MEHR ZUM THEMA: Die Haltung der „peer group“, also Die Therapeutische FrauenberaSie arbeitet dort als Beraterin und als tung e.V. ist eine Göttinger Ander Gleichaltrigen beeinflusse besonlaufstelle für Mädchen und FrauSozialpädagogin in den Casa-Zwoders junge Menschen ebenso. en, die in Krisen stecken und Hilfe Wohngruppen für Mädchen mit für sich oder andere suchen. Auch Traumata, die häufig mit EssstöEssstörungen, einem sich seit zwei rungen in Verbindung gebracht werJahren in Göttingen befindenden ProGroner Straße 32/33 den, ließen sich nicht auf sexuellen jekt. Dort leben Mädchen zwischen 37073 Göttingen Tel.: 0551-45615 Missbrauch reduzieren. Auch Ver12 und 18 Jahren, die einen Großwww.therapeutischenachlässigung und Fehlversorgung im teil ihres Weges aus der Essstörung frauenberatung.de Kindesalter können eine Ursache für schon gegangen sind. Vor ihnen steht Beziehungstraumata sein und ein Ridas Zusammenbringen des Alltags Seit dem 01.01.2013 läuft ein von siko darstellen. mit in Therapien erlernten gesündeder Deutsche Fernsehlotterie firen Verhaltensweisen. nanziertes Projekt, das es Betroffenen und Angehörigen ermögUnd auch die Medien, oft als Hauptlicht, sich anonym, kostenlos und schuldige angeklagt, spielten zwar Solch eine essstörungsspezifische Verohne Voranmeldung zum Thema eine wichtige Rolle, doch „Germany´s sorgung sollte auf verschiedenen EbeEssstörung beraten zu lassen. Next Topmodel wird nicht der einzinen ablaufen. „Das ist zum einen die ge Auslöser sein, durch den eine Frau psychotherapeutische Versorgung, Weitere Möglichkeiten sind: eine Essstörung entwickelt, aber kann dann sozialpädagogische Betreuung Göttingen: schon maßgeblich dazu beitragen, so und ernährungstherapeutische BetreuAmbulanz für Familientherapie dass die ausschlaggebende Kombinatiung.“, erklärt Anja Koop das Dreiund für Essstörungen on der Faktoren zusammenkommt.“, Säulen-Prinzip der Casa-Zwo. Humboldtallee 38 meint Anja Koop. Wenn ein Mensch 37073 Göttingen Die wichtige medizinische Betreuung an einer Essstörung erkrankt, ergeTel.: 0551- 39-6707 www.psychosomatik. geht auf die gesundheitlichen Folgen ben Schuldzuweisungen an einzelne uni-goettingen.de von Essstörungen ein. Diese sind in also wenig Sinn. vielen Fällen lebensbedrohlich. Teile Kassel: „Die Besonderheit in der Behandlung der Therapie können sich mit den UrKabera der Erkrankung ist, dass der Mensch sachen der Erkrankung beschäftigen. 34119 Kassel, auf Essen nicht verzichten kann. EsLaut Anja Koop ist die klischeehafte Goethestr. 31 www.kabera.de sen und das „Sich-Ernähren“ sind für Gleichung „Wenn man eine Essstö-
„Essen muss man einfach“ *
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GÖTTI N G E N GEDANKEN EINES TAGESSATZ-VERKÄUFERS
Neustart! Jörg „Yogi“ Müller
* JÖRG „YOGI“ MÜLLER
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as Züricher Zentrum für Suchttherapie „Start Again“ ist die einzige Suchttherapie-Einrichtung in Europa, die neben anderen Angeboten, vor allem die Achtsamkeitsschulung „Anapana-Sati“ (Atembeobachtung) einsetzt. Nach Monaten oder auch Jahren werden dann die Süchtigen zu einem „Vipassana“-Meditations-Kurs in die Schweiz nach „Dhamma Sumeru“ geschickt. „Vipassana“-Meditation bezeichnet Begierde und Vermeidung als Quellen allen Leides und verspricht einen Ausweg. Naheliegend, dass es Versuche gibt, die Methode auch in der Suchttherapie einzusetzen. Natürlich nicht als alleinige Maßnahme. Süchti-
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ge brauchen systemische Therapie um die familiären oder umfeldbedingten Auslöser der Sucht zu identifizieren, Verhaltenstherapie, um den Alltag bewältigen zu lernen, Selbsthilfe unter Betroffenen und vieles andere mehr. Aber all das geht meiner Ansicht nach nicht an die eigentlichen Ursachen. Die Logik der Sucht ist nicht in erster Linie die Suche nach dem rauschhaften Zustand oder die Flucht vor dem Alltag. Das mögen Auslöser für den Einstieg sein. Die nötige Dosis für den Rausch steigt, seine Intensität nimmt ab, der Alltag wird gerade mit der eintretenden Sucht immer schwieriger, wie der Verlust an sozialem Status und Beziehungen. Das Erlebnis ist die Scham darüber, dass sie ihr Schick-
sal nicht mehr willentlich ändern können. So wird die Sucht selbst zur Ursache weiteren Drogenkonsums. Eine Abwärtsspirale ohnegleichen. Eine Meditation wie „Vipassana“, die das körperliche Geschehen direkt zum Gegenstand der Meditation macht, kann helfen. Der Süchtige lernt, wie der Gesunde auch, das körperliche Empfinden wahrzunehmen, aber nicht mehr darauf zu reagieren, sondern es zu akzeptieren wie es ist. Damit gewinnt man Stück für Stück seine Autonomie zurück.
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MEHR ZUM THEMA: www.startagain.ch www.sumeru.dhamma.org
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KASSEL
PAPAYA –Tropengewächshaus Uni Kassel-Witzenhausen
Unterwegs in den nordhessischen Tropen Das Gewächshaus für tropische Nutzpflanzen der Universität Kassel mit Standort in Witzenhausen beherbergt circa 450 Nutzpflanzenarten der tropischen und subtropischen Welt auf einer Fläche von 1200 qm.
* CHARLIZE MÄRZ
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ropenpflanzen sind faszinierend und vielseitig nutzbar. Dies lernte ich bei einem spannenden Rundgang durch das Tropengewächshaus in Witzenhausen. Es gibt so viel zu entdecken: Baumwolle zum Beispiel sieht sehr lustig aus – an den hüfthohen, eher unscheinbar wirkenden Pflanzen hängen walnussgroße „Wattebäusche“. Baumwolle wird in Europa, Asien, Kasachstan und Afrika angebaut. Ich erfahre, dass für den Anbau große Mengen an Fläche, Wasser und Dünger benötigt werden. Dies stellt zunehmend ein Umweltproblem dar. In Sichtweite der Baumwolle befindet sich eine Agave. Sie sieht nicht nur imposant aus, sondern ist eine Faserpflanze, aus der Sisal hergestellt werden kann. Eine typische Pflanze der Tropen ist der Tee. Tee gehört zur Pflanzenfamilie der Kamelien und war vor rund hundert Jahren ein echtes Luxusgetränk - sehr teuer und nicht an jeder Ecke zu haben. Ähnlich wie beim Kaffee - Luxus, der früher oft in Kaffeehäusern gereicht wurde und im Gegensatz zu dem preiswerteren Getreidekaffee als „echter Bohnenkaffee“ bezeichnet wurde. Apropos „Bohnenkaffee“: „Bohnen“ sind es ja nicht, die vom Kaffeestrauch geerntet werden – sondern „Kaffeekirschen“. Jede Kaffeekirsche enthält zwei „Kerne“, die von einer festen und einer glibberigen Haut umgeben sind. Und diese vormals schleimigen Kerne werden, wenn sie getrocknet und geröstet sind, das beliebte und geschätzte Getränk schlechthin.
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MEHR ZUM THEMA: Gewächshaus für tropische Nutzpflanzen FB 11 Universität Kassel Steinstraße 19 37213 Witzenhausen Öffnungszeiten: Gruppen können das Gewächshaus im Rahmen einer Führung besuchen. Einzelbesucher können samstags von 14.00-15.00 h an einer einstündigen öffentlichen Führung teilnehmen. Kontakt: Dipl. -Ing- agr. Marina Hethke, Tel.: 05542/981231, E-Mail: tropengewaechshaus@uni-kassel.de
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Viele tropische Früchte kennen wir aus dem Supermarkt. Papaya, Ananas oder auch die Banane sind (uns) nicht unbekannt. Diese finde ich auf meinem Rundgang jedoch nicht in Regalen, sondern – wie zum Beispiel die Ananas – am Boden wachsend. Im Gegensatz zur Papaya, die an einem hohen Stamm hängend wesentlich schlechter zu erreichen ist. Sie gehört zur Familie der Melonenbaumgewächse und ist nicht nur lecker, sondern auch ein oft verwendetes Mittel bei verschiedenen Beschwerden. Bananen sind in ihren Ursprungsländern eine wichtige Nahrungsquelle. Doch auch bei uns ist die beliebte Dessertbanane nicht mehr wegzudenken. Vorbei geht es an dem Niembaum, der ein natürliches Insektizid produziert. Oder an der Waschnuss, die sehr gut zum Haare waschen oder zum Reinigen von Textilien verwendbar ist. Meine Reise endet in der Orangerie. Schön, dass gerade einige Zitrusgewächse in der Blüte sind – ein angenehmer Duft weht den Besuchern in die Nase. Gerne komme ich wieder. Die Zeit verging viel zu schnell. Es gibt noch so viel zu entdecken in den nordhessischen Tropen.
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KA S S E L
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einen und Seide – Bauer und Edelmann. Man denkt an grobe Kittel und steife Bettwäsche auf der einen, an schmeichelnde glänzende Roben und bunte Gewänder auf der anderen Seite! Bei genauem Hinsehen entdeckt man in der Ausstellung tatsächlich Gegenstände, die solche Voreinstellungen von grob und fein, bäuerlich und edel bestätigen. Zum Beispiel stehen da ein Mikroskop, mit dem die Feinheit des Seidenfadens geprüft wurde, und zwei grobe Werkzeuge zur Bearbeitung des Leinenrohstoffes, Holzbretter mit langen oder besonders spitzen Nägeln – die reinsten Mordwerkzeuge – für die Flachsbearbeitung. Ansonsten aber verrät die Ausstellung über die Produktion der beiden textilen Güter – Leinen hier und Seide dort in der Türkei – auf der historischen Ebene auch Parallelen und Gemeinsamkeiten. Zu sehen sind Gerätschaften zur Produktion von Leinen, historische Bilder aus Werkstätten oder vom großen Handelsplatz in Bursa, Produkte aus Leinen oder Seide. Besonders die Bearbeitungstechniken wie Färben, Weben, Sticken und Drucken kann man dabei studieren.
Privat
Und siehe da, die Parallelen in der Bedeutung der Güter für die jeweilige Region sind auffällig. Zudem ähneln sich die Motive. Ob auf hessisches Leinen sehr fein gedruckt oder in Samt und Seide gewebt und gestickt: Tulpen, Nelken, Rosen und Granatäpfel tauchen hier wie dort auf.
Türkische Frauen regen an: „linnen und seide“ „linnen und seide“ heißt eine kleine feine Ausstellung des MHK – der Museumslandschaft Hessen Kassel – die in Zusammenarbeit mit dem Türkischen Frauenverein und dem Kulturamt der Stadt Kassel entstanden ist. Um Besonderheiten und Gemeinsamkeiten alter hessischer Leinenproduktion und Seidenherstellung in der türkischen Stadt Bursa geht es dabei.
* NORA MEY Der Anstoß zu dieser Ausstellung kam vom Türkischen Frauenverein „Türk Kadinlar Birligi e.V.“ Unter der Anleitung von Senay Atac-Geiger hatten türkische Frauen bereits in der Museumsnacht 2010 im Flora-Saal des Schlosses eine besondere Modenschau veranstaltet. Zuvor hatten sie im Museum hessische Trachten gesehen, dabei Gemeinsamkeiten mit Trachten und Gewändern ihrer türkischen Heimat entdeckt. Die Frauen gründeten den Arbeitskreis „Samt und Seide“, suchten nach Schnitten und Materialien und reproduzierten die prächtigen trachtenähnlichen oder eher höfischen Gewänder ihrer Heimatgegenden, um sie in der Museumsnacht einem staunenden Publikum vorzuführen. Sowohl Museumsdirektor Dr. Bernd Küster als auch Oberbürgermeister Bertram Hilgen erinnerten in ihren Eröffnungsreden zur jetzigen Ausstellung an diese Modenschau und ihren
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nachhaltigen Eindruck. Und bereits damals hatten sie gesagt: Diese Zusammenarbeit muss fortgeführt werden. Deshalb wurde 2011 eine Reise in die alte türkische Seidenstadt Bursa organisiert und viel – besonders historisches Material – studiert. Senay Atac-Geiger meint dazu: „Es ist beachtlich und stimmt hoffnungsfroh, dass mit dieser Ausstellung die Volkskunde-Abteilung eines staatlichen Museums beginnt, neben Traditionen der Einheimischen auch diejenigen der Zugewanderten zu sammeln und zu präsentieren. Damit wird dieses Museum seiner Bestimmung gerecht: Spiegel der gesamten Gesellschaft zu sein und dabei keine Gruppe auszuschließen. Dafür danke ich allen, die dazu beigetragen haben: den Kolleginnen der MHK und des Kulturamtes der Stadt Kassel, unseren Partnern in Bursa und den türkischen Frauen des Ateliers ‚Samt und Seide’.“
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MEHR ZUM THEMA: „linnen und seide“ Ausstellung im Westflügel der Orangerie vom 30.11.12 – 3.3.13 Öffnungszeiten: Di-So 10-17 Uhr Do bis 20 Uhr Dazu gibt es einen sehr informativen zweisprachigen Katalog
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N. Klinger
KASSEL
Potenzwahn auf dem Präsentierteller Wedekinds „Lulu“ im Schauspielhaus Kassel lässt das Schamlos-Schöne blutig triumphieren
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auch schreibt „LULU“ übergroß auf die schwarze Bühne. Noch bevor die grandiose Agnes Mann in ihrer Titelrolle auftritt, ist klar: Lulu ist schwer fassbar. Die junge Schöne bewegt sich wild in einer sexuell codierten Welt ohne ethischmoralische Richtinstanz, in die auch das Publikum mit eingeschlossen ist; das Licht bleibt an, kein voyeuristisches Verstecken im Dunkeln. Männer nennen sie nach Belieben Eva, Nelli, Mignon. Sie gilt als Sehenswürdigkeit und spricht kokett-provokant „dessen bin ich mir auch völlig bewusst“, eine Stimm- und Stimmungslage die Agnes Mann begierig lebt. Wie eine Ware – Lustobjekt Frau – geht Lulu von Mann zu Mann. Wedekinds so genannte Monstretragödie in der Urfassung von 1894 führt vor, wie Männer ihre Ansprüche auf Lustgewinn und Machterfahrung auf Frauen richten. Doch konzipiert Lulu ihren makellosen Körper vor allem als Garantie der eigenen Lusterfahrung; die der Männer ist ihre Spielwiese. So eröffnet das Stück in der Inszenierung von Sebastian Schug die Ambivalenz weiblicher wie männlicher Machtansprüche. Was fangen Männer mit Lust an, die ihnen auf dem Präsentierteller gebo24
* REZENSIERT VON SARA DAVIN ten wird, dessen Bodenlosigkeit sie aber nicht kontrollieren können? Dr. Goll (Matthias Fuchs) lässt Lulu für sich tanzen, stirbt als er sie in flagranti mit dem Maler Schwarz (Alexander Weise) erwischt. Der Tote gesellt sich zum Rest des Ensembles, das am Rand der offen konzipierten Bühne (Christian Kiehl) präsent ist; Schug lässt seine Lulu selbst dort noch mit Goll kokettieren und zeigt, wie die Rollen von Akteur und Beobachter einander stets durchdringen. Der Maler heiratet blind, erträgt aber nicht, dass Lulu seinem „banalen“ Ideal von Liebe nicht zu entsprechen gedenkt. Schöning (Bernd Hölscher), Lulus Geliebter und bald dritter Gatte, will dem Naiven Männlichkeit einimpfen. Entworfen wird ein kraftvolles Bild, in dem der körperlich übermächtige Hölscher den dagegen kindlichen Weise in ein Kuss-Dreieck mit dem gemeinsamen Objekt der Begierde drängt. Aber der Überromantiker schneidet sich die Kehle durch; erst verstörte Stille im Angesicht gespuckter wie gegossener Blutströme, dann die absolute Verkehrung ins Gegenteil. Musikalisch begleitet von Johannes Winde ersteht Schwarz aus seiner Blutlache auf und lädt zum Mitklatschen zu „Wenn ich geh, dann geht nur ein Teil von mir“ nach Maffays
Song „So bist du“ ein. Die Begeisterung flutet das Schauspielhaus. Lulu nimmt hier kein furioses Ende. Die Lebenssüchtige erwählt sich Schöning als Neuen, der in der Ehe aber Potenz und Leidenschaftlichkeit einbüßt. Die Liebhaber scheinen ihr nie auszugehen. Doch nach Schönings Tod verliert Lulu die Kontrolle über ihr eigenes Spiel, wird von der Polizei als anonymer Macht verfolgt. Nach der Pause setzt das Stück in Paris ein, hat aber Mühe an die Kraft des ersten Teils anzuknüpfen. Lulus Niedergang ist stiller – obwohl weiter gewütet und gemordet wird. Glanzpunkt ist eine Szene in nahezu vollkommener Schweigsamkeit. Der gesellschaftlicher Abstieg Lulus, jetzt Prostituierte, wird auf den Punkt gebracht: War das Modepüppchen zu Beginn von anderen (möglichst knapp) angezogen worden, ist ihr Körper nun Handelsobjekt und sie diejenige, die einem Freier nach dem beklemmenden Akt die Kleider reicht. Das elfköpfige Ensemble brilliert in dem vielleicht bedrohlichsten Schauspiel der vorletzten Jahrhundertwende und wird mit stürmischem Applaus belohnt. Furios!
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WEITERE TERMINE: 23., 26.02. & 07.03. um 19.30 Uhr TagesSatz
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Allie Caulfield
KASSEL
Winterimpressionen Die Kasseler Lyrikerin Sabine Parsunka hat sich Gedanken zur kalten Jahreszeit gemacht. Wir möchten sie gern den Lesern des Tagessatz vorstellen.
* SABINE PARSUNKA Alpen/Dezember „Kanone“? Ja, „Kanone“. Krieg. Geraubtes Wasser, zweckentfremdet. Das ist kein Schnee, ist Schein. See! So klein? Ach, See! Nur halb. Halb trock´ner Grund. Seit Ewigkeiten hier Und nun verdrängt. Schnee? Ja, Schnee. So zaghaft, nur Schilf ein Hauch und Andeutung auf dem Eis. Du, Schnee! Komm auf die Hand, komm auf´s Gesicht! Mein Schnee! Mein Schnee! Zeitreisender aus meiner Anderswelt. Komm auf die Hand, komm auf´s Gesicht!
Liebe Leserinnen und Leser des TagesSatz! Vergangenes Jahr ist nun mein 2. Gedichtband erschienen: „Unterwegs im Chaos“, Mauer Verlag, Rottenburg/a. N. Er enthält die Kapitel Leben, Sprache, Natur, Liebe-Erotik, Gesellschaft, Zivilisation, Dies und Das, und Mensch und Natur.
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K U LT U RT I P PS
Die Empfehlung
GÖTTINGEN
* MARIO LUDEWIG
U. Kahmann
Rotkäppchen“ und „Das kalte Herz“ zu sehen; wie gewohnt mit musikalischer Begleitung. Als abschließenden Höhepunkt gibt es für die Kleinen „Kati, Ole und der Wunderbalkon“ um 15 Uhr im Lumière zu sehen. Für die Großen sorgt das Maskentheater „Teatro Delusio“ um 19.45 Uhr im Deutschen Theater für Unterhaltung.
Die Puppen tanzen lassen 28. Göttinger Figurentheatertage im Lumière, Jungen Theater, u. a. Bereits seit 1985 begeistern die Göttinger Figurentheatertage ihre Zuschauer. Dieses Jahr gibt es u.a. „Ravel – eine Ozeanreise“; „Das
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MEHR ZUR EMPFEHLUNG: 28. Göttinger Figurentheatertage Lumière, Jungen Theater, u. a. Termine im Februar: 09.02. bis 24.02.13 Eintritt 16 Euro, ermäßigt 13 Euro www.figurentheatertage. goettingen.de
Do 07.02. / 20 Uhr Stadthalle, Gö The 12 Tenors – A cappella ab 41 Euro Fr 08.02. / 19 - 21 Uhr Musa, Gö Improtheater-Kurs (monatlich) 2 Euro je Kurs Sa 09.02. / 20.00 Uhr Piazza, Vellmar Christina Lux feat. Holger Martin, Karten ab 15 Euro unter .piazza.ddticket.de So 10.02. / 19.30 Uhr Theaterstübchen am Nil , Ks Gemeinsames „Tatort-Gucken“: Schmutziger Donnerstag (SWR) So. 10.02. / 20 Uhr Uni-Klinikum, Gö Gitarrenduo Funk & Wegener (Folk; Swing; Country). Eintritt frei
Sa 09. bis So 10.02. / jeweils 10 - 18 Uhr Lokhalle, Gö
Di 05.02./ 20.00 Uhr Anthroposphisches Zentrum (Wilhelmshöhe), Ks
Mi 13.02. / 20.00 Uhr Kulturzentrum Schlachthof, Ks
Lokolino-Spielwarenmesse ab 3 Euro
Vortrag von Christoph-Andreas Junge: Auswirkungen von Gewalt – wie finden Gewaltopfer die Menschenwürde wieder? Kostenbeitrag 4/5/6 Euro
Jazz-Workshop: An Hand von Standards werden Zusammenspiel und Improvisation vermittelt, Eintritt frei, Info unter www. jazzvereinkassel.de
Mi 06.02. / 20 Uhr Kleiner Ratskeller, Gö
Fr 15.02. / 19.30 Uhr Staatstheater (Schauspielhaus), Ks
Folksession. Eintritt frei
Dantes Tod (Karten ab 9 Euro)
Do 07.02. / 19.30 Uhr Kulturhaus Dock 4, Ks
Fr 15.02. / 20 Uhr Stadthalle, Gö
Brachland-Ensemble: Idole (siehe auch Die Empfehlung Kassel!)
Zauber der Travestie ab 34,50 Euro
Sa 09.02. bis So 24.02. Mehrere Spielstätten, Gö 28. Göttinger Figurentheatertage 5 - 25 Euro Fr 01.02. / 20.15 Uhr Thop, Gö Survivor 9 Euro, ermäßigt 6 Euro Sa 02.02. / 19.45 Uhr Deutsches Theater, Gö
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Hair ab 15,50 Euro So 03.02. / 19.00 Uhr Bürgerhaus West, Vellmar Django Asül, Karten ab 19 Euro unter www.piazza.ddticket.de
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KULTURT I P P S
Rigoletto – Filmvorführung ab 29,50 Euro
Die Empfehlung
Sa 16.02. / 20.00 Uhr Komödie, Ks Heiße Zeiten - Die Wechseljahre-Revue, Karten ab 18 Euro So 17.02. / 19 Uhr Stadthalle, Gö Paul Panzer – Comedy ab 28,45 Euro Di 19.02. / 20.00 Uhr Anthroposophisches Zentrum (Wilhelmshöhe), Ks Vortrag von Dr. Edwin Hübner: Der Mensch im Netz der technischen Medien – Herausforderungen und Chancen, Kostenbeitrag 8 Euro, erm. 5 Euro
* HARALD WÖRNER
Kassel
Brachland
Sa 16.02. / 19 Uhr Cinemaxx, Gö
Mädchen in Uniform? Das Brachland-Ensemble spielt im Kasseler Dock 4 Manche Sachen passen ja zum TagesSatz, liebe Leser, wie „Arsch auf Eimer“. Verzeihen Sie den Ausdruck! So auch beim aktuellen Monatstipp, auf den ich beim Lesen unserer E-Mails gestoßen bin: in Kooperation mit der Lebenshilfe Region Kassel und dem Kulturamt der Stadt Kassel stellt das „Brachland-Ensemble“ Szenen aus Christa
Winsloes „Mädchen in Uniform“ vor. Brachland hat sich zur Aufgabe gemacht, brach liegende Potentiale in der Theaterwelt zu erschließen. Das Netzwerk mit Sitzen in Kassel und Düsseldorf erschließt unter anderem ungewöhnliche Spielorte, bringt verschiedenste Kulturschaffende zueinander und vor allem Menschen zum Theater, die sonst keinen Zugang zu ihm haben. In diesem Fall sind das Menschen mit einer Behinderung.
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MEHR ZUR EMPFEHLUNG: Brachland-Ensemble „Idole“ Premiere: Do 07.02. / 19.00 Uhr Kulturhaus Dock 4, Ks Eintritt: 10 Euro, erm. 6 Euro, freiw. Förder-Eintritt: 15 Euro Kartentelefon: 0561 / 707-2067 www.brachland-ensemble.de
Mi 20.02. / 20.30 Uhr Kulturzentrum Schlachthof, Ks Blues-Session: Open Stage, Kontakt: 0561/ 50398317 oder blues-sessionkassel.de Do 21.02. / 20.00 Uhr Theaterstübchen am Nil, Ks Maria Vollmer: Sex and Drugs im Reihenhaus: über alte Ideale und die tägliche Realität, Karten VVK 15 Euro, AK 18 Euro Fr 22.02. / 20 Uhr Stadthalle, Gö A Spectacular Night of Queen – Musikshow mit Queen Songs ab 40,50 Euro
Fr 22.02. / 23 Uhr Exil, Gö
Mo 25.02. / 20.00 Uhr Caricatura, Ks
Klangwelt – EBM, 80er, Wave und mehr 4 Euro
Lesung im Rahmen des Kasseler Komik Kolloqiums mit Nina Petri und Christian Maintz
So 24.02. / 11.15 Uhr Anthroposophisches Zentrum (Wilhelmshöhe), Ks
Di 26.02. / 19.30 Uhr Staatstheater (Schauspielhaus), Ks
Ausstellungseröffnung von Ursula Rüffert: Dialog in Farbe
Lulu (siehe auch Rezension auf der Kasseler Kulturseite!), Karten ab 9 Euro
So 24.02. / 20 Uhr Lokhalle, Gö
Do 28.02./ 20.30 Uhr Kulturzentrum Schlachhof, Ks
Hans Klok – Magier ab 45,60 Euro
Dona Rosa: CD-Release Son Luz, AK 16 Euro, VVK 12 Euro ANZEIGE
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Color-Druck GmbH Lindenallee 19 · 37603 Holzminden Fon (0 5531) 93 20-0 · Fax 93 20-50 e-mail: info@color-druck.net
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Jörg Sanders
A M S TA D T R AND
Straßengeflüster Wie sieht es bei Hempels unter’m Sofa aus? Ein Jubiläum versucht, die Frage zu klären und feierte mit der 200-sten Ausgabe der Schleswig-Holsteinischen Straßenzeitung die Existenz der Hempels-Redaktion am gerade vergangenen Jahresende. Seit Februar 1996 erscheint monatlich eine Ausgabe. Sie informiert in Kiel, Flensburg, Husum, Rendsburg und Lübeck Schleswig-Holsteins Leser darüber, wie es bei den Menschen aussieht, die gerade das nicht immer haben, ein Sofa und eine Wohnung.
Nahaufnahme
Seit 16 Jahren erscheint die Obdachlosenzeitung Hempels nun und beweist mit 200 Ausgaben ihren Erfolg in der Unterstützung von Schwachen und Ausgegrenzten in unserer Gesellschaft. Ihren Anfang nahm Hempels als Sprachrohr und Informationsmedium von Wohnungslosen für Wohnungslose. Inzwischen übernahm ein ausgebildeter Journalist – Peter Brandhorst– die redaktionelle Leitung. So kann die Straßenzeitung den Ansprüchen des vielschichtigen Leserkreises noch besser gerecht werden. Nach wie vor aber können auch die Verkäufer des Blattes ihren Gedanken als Autor und Autorin Ausdruck verleihen und so „ihre“ Zeitung mitgestalten. Der eigentliche Grundgedanke und Zweck der Zeitung, die Interessen der Verkaufenden zu vertreten und zu kommunizieren, bleibt bewahrt.
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Black Swan R: Arren Aronofsky, USA 2010, FSK 16 Für die disziplinierte Balletttänzerin Nina (Natalie Portman) erfüllt sich ihr Lebenstraum: sie darf den Hauptpart in der New Yorker Neuinszenierung von Tschaikowskis Schwanensee spielen. Dafür muss sie in einer Doppelrolle sowohl die unschuldige weiße Schwanenprinzessin, als auch den dämonischen schwarzen Schwan verkörpern. Um den beiden Facetten ihrer Rolle gerecht zu werden, soll Nina aus der Rolle der ewig Braven heraustreten, und ihre abgründigen Seiten erkunden – so will es Choreograph Thomas (Vincent Cassel), der unentwegt psychischen Druck auf sie ausübt. Durch perfide intime Anspielungen und Handlungen treibt er Nina zu Höchstleistungen und verlangt von ihr, die unterdrückten dunklen Seiten ihrer Sexualität zu entdecken. Nina fügt sich in ihrem Perfektionismus immer weiter seinen Ansprüchen,
* KATHARINA STEPHAN Passend zum Jahresende, an dem viele Menschen die vergangenen zwölf Monate nachdenklich betrachten, rekapitulieren und reflektieren, um sich auf sich selbst zu besinnen und ihr Handeln zu hinterfragen, bringen auch Jubiläen ähnliche Überlegungen mit sich: Wird die Zeitung in Zukunft gebraucht werden? Wird sie weitere Jahre bestehen können? Konnten Erfolge verzeichnet und Veränderungen erreicht werden? Diese Fragen sind selbstkritisch zu verstehen. Sie wurden von der Hempels– Redaktion sämtlich mit einem klaren Ja beantwortet. Solange Armut und Ausgrenzung in Schleswig-Holstein existieren, solange wird Hempels den Betroffenen eine Stimme verleihen.
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MEHR ZUM THEMA: www.hempels-sh.de
* ANTJE HENKELMANN bis die Rolle des „Black Swan“ mehr und mehr Raum im realen Leben einzunehmen scheint – vor allem als sie in ihrer neuen Kollegin Lily (Mila Kunis) eine Konkurrentin zu erkennen glaubt, die ihr die Hauptrolle abspenstig machen möchte. Zusätzlich getrieben von der Erwartungshaltung ihrer kontrollsüchtigen Mutter, einer ehemaligen Tänzerin, verliert sich Nina immer weiter in ihren Halluzinationen, zwischen Tanz und Wirklichkeit, bis zum alles entscheidenden finalen Akt des Schwanensees. Black Swan ist ein unerwartet spannender Psychothriller, der die existenziellen Ängste und selbstzerstörerischen Zwänge seiner Hauptakteurin in ästhetischen Tanzsequenzen und bedrückenden Nahaufnahmen aufgreift- und auch dank der brillanten Natalie Portman nie „nur“ ein Tanzfilm ist.
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TagesSatz
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DIE KOCHNI S C H E
Kochen mit dem TagesSatz
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iebe Leserinnen und Leser, auch im Jahr 2013 möchten wir Ihnen wieder tolle Ideen zum Selberkochen näher bringen. In diesem Jahr werden wir unsere Vorschläge jeweils unter ein Motto stellen. Beginnen wollen mit dem Motto: Pasta
* HANS PETER PUNG & TEAM
Volker Stosberg (photocase.com)
Leckere Gerichte für Sie entdeckt
Grundrezept Nudeln (ca. 10 Cent pro Portion)
300g Mehl, 3 Eier, 1 EL Olivenöl, Salz Mehl auf eine Arbeitsfläche sieben. In die Mitte eine Mulde drücken, in diese die Eier, das Öl und eine Prise Salz geben, das Ganze zu einem glatten elastischen Teig kneten. Den Teig in Klarsichtfolie wickeln, eine halbe Stunde ruhen lassen. Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche dünn ausrollen, locker aufrollen und in Streifen schneiden. Fertig sind ihre Bandnudeln. Vor dem Kochen sollten Sie die Nudeln etwas trocknen lassen. Frische Nudeln brauchen eine geringere Kochzeit, als getrocknete Nudeln aus der Tüte. Etwa 5 Minuten sollten ausreichen. Kochen können Sie selbstgemachte Nudeln wie gewohnt. Tipp: Verwenden Sie anstatt Mehl Hartweizengrieß. Sollte Ihr Teig zu fest werden, geben Sie einfach etwas lauwarmes Wasser hinzu. Ist er zu flüssig, fügen Sie Mehl hinzu. Der Teig ist richtig, wenn er eine glatte Oberfläche hat und elastisch ist. Die Menge reicht für 4 Portionen.
Tomatensoße
und Knoblauch darin goldbraun anschwitzen. Zwiebeln zufügen, glasig dünsten. Passierte Tomaten zufügen, aufkochen lassen. Mit Salz, Pfeffer und Paprikapulver würzen. Etwa 10 bis 15 Minuten köcheln lassen. Nochmals mit den Gewürzen abschmecken. Die Kräuter zufügen und heiß servieren. Tipp: Auch hier gilt, variieren Sie selbst. Die Menge der Kräuter hängt von Ihrem Geschmack ab. Sie können auch andere Kräuter verwenden. Die Sauce selbst ist wandelbar. Sie können zum Beispiel kleine Gemüsewürfel zufügen. Geben Sie gebratenes Hackfleisch dazu. Oder machen Sie daraus eine Sahne-Sauce. Probieren Sie es einfach aus.
Nordhessische Carbonara (4 Portionen / ca. 1,50 Euro pro Portion)
Zwiebel schälen, fein würfeln. Die Ahle Worscht enthäuten, würfeln. Die Eigelbe mit dem Schmand verrühren, mit Salz und Pfeffer würzen. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, Zwiebeln darin glasig dünsten. Ahle Worscht zufügen, anbräunen. Nudeln zugeben (bei Bedarf nochmals erhitzen), von Herd nehmen. Schmand-Ei-Masse unterheben. Heiß servieren. Tipp: Da die Ahle Worscht bereits gut gesalzen ist, sollten Sie beim Würzen der Schmand-Ei-Mischung nur wenig Salz verwenden. Diese Masse darf nicht mehr kochen, weil sie sonst stockt. Erhitzen Sie die Masse nur vorsichtig, so dass sie eine cremige Konsistenz erhält. Dazu passt ein grüner Salat.
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1 Zwiebel, 4 Eigelb, 150g Ahle Worscht, 2 Becher Schmand, Salz, Pfeffer, Olivenöl, 500g gegarte Nudeln ANZEIGE
(4 Portionen / ca. 1,00 Euro pro Portion)
1.000ml passierte Tomaten, 2 Zwiebeln, 3 Knoblauchzehen, Öl, Kräuter nach Wunsch (z. B. Oregano, Petersilie, Thymian) gehackt, 1 TL getrockneter Koriander (grob), Salz, Pfeffer, Paprikapulver Zwiebel schälen, fein würfeln. Knoblauch schälen, ebenfalls fein würfeln. Öl in einem Topf erhitzen, Koriander TagesSatz
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Isabel Winarsch
H I N T E R D E N KULISSEN
Der Auserwählte „Faserland“ im Deutschen Theater Göttingen
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ylt, Hamburg, Frankfurt, Heidelberg, Bodensee: scheinbar desinteressiert und gelangweilt entfaltet sich in „Faserland“ der Reisebericht des jungen, konsumorientierten Ich-Erzählers aus gutem Hause. Nach nicht enden wollenden Party- und Drogenexzessen wird er sich seines bedeutungslosen Lebens bewusst und landet schließlich in der Nähe von Zürich, wo seine Sinnsuche mitten auf dem See zu enden scheint. Nach Erscheinen von Christian Krachts Debütroman „Faserland“ 1995 zunächst als inhaltsleeres Geschwätz verpönt, ist es mittlerweile zum Aushängeschild der zweiten popliterarischen Welle emporgestiegen. Heute ist „Faserland“ Pflichtlektüre für Abiturienten in Niedersachsen. Joachim von Burchard hat die Romanvorlage als Monolog für vier Darsteller inszeniert. Bier- und Champagnerflaschen säumen den Theaterboden. Der Protagonist in dreifacher Gestalt (gute Darstellung von Imme Beccard, Moritz Pliquet und Andreas Schneider) raucht, betrinkt sich, schmeißt Pillen ein, kotzt und tänzelt in den imposanten Barbourjacken-Ballkleidern über den verspiegelten Boden. Auf die Backsteinwand im Hintergrund werden Postkartenmotive projiziert, um die Stationen der Reise zu verdeutlichen. Zwischendurch richten die Darsteller die Kamera auf ihr eigenes Treiben. Diese Art der LiveVideoinstallation vermag es, die Wirkung der Eindringlichkeit des Textes zu verdoppeln. Mal leise melancholisch schildert der Erzähler wehmütige Kindheitserinnerungen, mal laut marktschreierisch seine Reiseerlebnisse und banale Eindrücke, die scheinbar zusammenhangslos geäußert werden. „Ich 30
* REZENSIERT VON HELENE DAHLKE muss daran denken, aus dem Zugfenster gelehnt, wie ich immer gedacht hab, wenn jetzt jemand auf der Toilette sitzt und pinkelt, dann fliegt die Pisse von unter dem Zug ganz fein auf mein Gesicht, dann könnte ich das schmecken, die Pisse von Fremden.“ Zeitgleich schütten die zwei anderen Protagonisten ihr Gesöff auf den Spiegel-Boden, das dabei entstehende Bild wird auf die Wand projiziert. Was in dieser Inszenierung deutlich zum Vorschein kommt, ist die risikolose Rebellion, die große Gleichgültigkeit gegenüber innerer Leere und toter Freunde. Mittels Markennamen kategorisiert der Erzähler seine Umgebung. Dabei immer als Beteiligter scheint er das Geschehen nicht zu hinterfragen, doch kann auch er nichts gegen den in ihm aufkommenden Ekel gegenüber dieser gleichgültigen, wohlhabenden Schicht tun. Zunehmens entlarvt er das inhaltsleere Gehabe der Bekannten, die sich selber als die „Auserwählten“ erachten, die sich doch nur gleichgültig in die „Maschine Deutschland“ einfügen. Das Leben wird nur noch als Zwang und Muss gesehen. In Zürich entzieht er sich dieser Maschinerie und hat nur noch eine Ahnung von diesem vermeintlichen, deutschen Vaterland. Dieses Ende geht im etwas klamaukig anmutenden Ausgang der Inszenierung etwas unter, doch kann es den Eindruck der gelungenen Inszenierung und des guten Zusammenspiels zwischen Darstellern, Musik und Bühnenbild nicht trüben. „Faserland“ ist mehr als nur die Abbildung der Generation Barbourjacke: von Burchard zeigt einen Protagonisten auf der Flucht. Flucht von der Welt, Fluch von sich selbst, Flucht von dem Auserwähltsein.
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TERMINE IM FEBRUAR: 08.02. um 20 Uhr, 16., 19. & 25.02. um 18 Uhr TagesSatz
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ZWISCHEN DEN ZE I L E N
Lesesucht „Die Gewohnheit ist so mächtig, dass sie selbst aus dem Bösen ein Bedürfnis macht“, umschrieb der französische Philosoph Théodore Simon Jouffroy einst die gefährlichen Mechanismen der Sucht. Mit ihren verschiedenen Facetten befassen sich die Buchvorstellungen in diesem Monat.
* DANIELE PALU Drogen
Sex
Macht
Bill Clegg hatte alles: eine aufstrebende Literaturagentur, einen liebevollen Partner, Anerkennung und Erfolg. Doch dann macht er eine schicksalhafte erste Begegnung mit Crack. Gerade 30 Jahre alt, folgt eine Zeit voller Drogen, Sex und Zerstörung. Eine Zeit, in der Clegg 70.000 Dollar dafür ausgibt, sein Leben kaputtzumachen. Der Autor arbeitet mit Zeitsprüngen und blendet immer wieder von der Gegenwart in die Vergangenheit. Wenn er von seiner Kindheit erzählt, wechselt er die Ich-Perspektive und schreibt in der dritten Person. Der Leser erfährt, dass das Leid, das Clegg antreibt, ihn schon lange verfolgt. Es begann, als er als kleiner Junge von seinem Vater wegen einer Pinkelhemmung schikaniert wurde. Bei aller Authentizität, sind 272 Seiten voller Sex, Drogen sowie Sex unter Drogen reichlich schwer zu ertragen. Zu ausschweifend sind die Schilderungen, wie Clegg Junior seinen Penis malträtiert. Zu ermüdend, wenn sich der Erzähler von einer Crack-Pfeife zur nächsten hangelt. Ein Buch, das möglicherweise von den Kritikern wegen seiner Authentizität gefeiert werden wird, das aber sicher nicht allzu viele Leser begeistern dürfte.
Je mehr Sex, desto besser – mit dieser Vorstellung werden wir jeden Tag durch Medien, Werbung und Porno-Industrie konfrontiert. In unserer Gesellschaft wird höchstens derjenige als behandlungsbedürftig betrachtet, der wenig Lust auf Sex verspürt. Die Folge: Sexsucht wird als Problem verkannt. In Wirklichkeit ist sie eine ernsthafte Suchterkrankung, von der allein in Deutschland etwa eine halbe Million Menschen betroffen sind. Angehörige stehen dem Problem meist hilflos gegenüber. Dieses Buch will beiden Seiten Hilfestellung geben. Anhand von Fallgeschichten zeigt der renommierte Psychotherapeut Kornelius Roth Betroffenen und Angehörigen Wege aus der Sexsucht auf. In einem Extra-Kapitel widmet er sich dem Phänomen der Online-Sexsucht und gibt wertvolle Ratschläge. Das derzeit eindeutig beste Buch zum Thema, das zweifellos das Zeug zum Klassiker hat!
Nicht nur Sex und Drogen, auch Macht macht süchtig, ist der Psychologe und Management-Coach Michael Schmitz überzeugt. Der Autor, der auch ehemaliger ZDF-Chefreporter ist, hat über viele Jahre hinweg die Mächtigen dieser Welt begleitet und nicht zuletzt auch in den Kriegsgebieten im ehemaligen Jugoslawien und im Golf Macht in ihrer übelsten Form beobachten können. Er analysiert, welche Menschentypen besonders geeignet sind, Macht zu erlangen und warum sie in so vielen Fällen auch korrupt macht. Er zeigt auf, warum immer wieder eigentlich gute Menschen zu machtgeilen Monstern werden. Schmitz schildert umfassend die verschiedenen Facetten der Macht, erklärt, wie sehr jeder einzelne gefährdet ist, selbst in die Machtfalle zu tappen – und mit welchen Methoden man das verhindern kann. Spannend, lehrreich, gut!
Bill Clegg: Portrait eines Süchtigen als junger Mann. S. Fischer, 19,95 Euro. Gebunden, 272 Seiten
TagesSatz
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Kornelius Roth: Sexsucht. Ch. Links, 14,90 Euro. Taschenbuch, 216 Seiten
Michael Schmitz: Psychologie der Macht. Kriegen was wir wollen. Kremayr & Scheriau, 22,90 Euro. Hardcover, 301 Seiten
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WA S E S S O N ST NOCH GIBT
Versteckte Perlen
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Im März gastieren hier Thomas Kreimeier und Michael Krebs. Kreimeier nennt sich selbst „Stehgreif-Kabarettist“: Das hat die Bewandtnis darin, dass er mit keinem festen Programm auftritt. Lediglich ein kleiner roter Stuhl, sowie eine Eieruhr mit neunzig Minuten Laufzeit dienen ihm als Requisiten. Als Begründung für den Stuhl führt er an, dass Zuschauer, die sich wegen der (Themen-) Offenheit des Abends überfordert fühlen, hier einen Fixpunkt haben. Hier könnten sie geistig von seinem Vortrag Pause machen um dann, wieder ausgeruht, zur Vorstellung zurückkehren. Die Eieruhr (mit Piepston) diene lediglich der Sicherheit der Zuschauer. Sein Kollege Michael Krebs, Jahrgang 1974, ist dagegen voll als Kind seiner Zeit erkennbar. Im Song „Leute (Ihr könnt mich alle mal…) “ gibt er seine Gedanken zu Facebook oder Gratis-Praktika preis. 32
Abseits vom Mainstream gibt es in Kassel tolle Möglichkeiten, gute und authentische Musik oder Kleinkunst zu genießen. Zwei wollen wir vorstellen.
* HARALD WÖRNER Privat
as „Theaterstübchen“ liegt in Nähe des Ständeplatzes. Genauer: In der Jordanstraße 11, einer Parallelstraße zur Friedrich-Ebert-Straße. Lange hat es den Charme der „Jazzkeller“ der Endsechziger und der Siebziger Jahre verkörpert, war kellergewölblich klein, eng und schummerig. Seit dem jüngsten Umbau Ende letzten Jahres ist es das jetzt weit weniger. Eine eingerissene Mauer, die Verlegung und vor allem die dadurch mögliche Verbreiterung der Bühne lassen den Raum jetzt großzügig erschienen. Es ist Platz für mehr Tische, an denen man gute Sicht auf die Bühne hat. Verbessert hat sich dadurch die Atmosphäre, der Kontakt der Künstler zum Publikum ist noch besser möglich. Mit seiner Dekoration durch zahlreiche künstliche Grünpflanzen, die es einmal als „Theaterstübchen am Nil“ ausgewiesen hat, erinnert es noch an die alte Atmosphäre. In letzter Zeit traten Helmut Hattler, Sabine Wackernagel oder Dieter Moor auf. Eine weitere schöne Tradition ist das sonntägliche „Miteinander-Tatort-Gucken“.
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er „Schlachthof“, in Nähe des Nordstadtparks ist neben seinen Funktionen als Beratungszentrum, seinen preiswert zu mietenden Räumen für Vereine und seinem Kursangebot vor allem als Veranstaltungsort bekannt. Hier gibt es kleine, aber durchaus hochkarätige Konzerte. In der Vergangenheit spielten dort die Krautrock-Legende Kraan, die Jazz-Metaller Panzerballett oder kürzlich der Ausnahme-Bassist Jonas Hellborg. Diese Konzerte kann der Musik-Liebhaber meist für einen erschwinglichen Eintritt von fünfzehn bis zwanzig Euro genießen. (erwähnenswert: ob des recht kleinen Raumes sollten diese hochkarätigen Konzerte nur von „gestandenem“ Publikum besucht werden, da bei Andrang keine Sitzmöglichkeiten vorgehalten werden). Da sich der Schlachthof, ähnlich der Kulturfabrik Salzmann, als niedrigschwelliges Angebot für weniger begüterte Musik-Freunde versteht, bietet er diverse Gelegenheiten an, Musik umsonst zu genießen. In der „Acoustic Bar“ (Carmine Biscosi/Jürgen Müller) besteht für Besucher die Möglichkeit, bei Gefallen einfach ins musikalische Geschehen mit einzusteigen. Einen anderen Schwerpunkt legt die „Jam-Session“ in Zusammenarbeit mit dem Förderverein Kasseler Jazzmusik. Rolf Dennecke und Sven Grau bieten hier Besuchern die Möglichkeit, mit gestandenen Jazzern in Kontakt zu treten. Besonderen Wert legen die beiden auf den Begegnungscharakter. Die gestandenen Musiker wollen hier nicht ausschließlich ihr Können demonstrieren, sondern gerade Neulingen in Sachen Jazzmusik mit Rat und Tat zur Seite stehen.
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MEHR ZUM THEMA: www.schlachthof-kassel.de www.theaterstuebchen.de
TagesSatz
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DAS LE T Z T E
DER TiCKER NACHRICHTEN AUF DEN LETZTEN DRÜCKER Impressum Alkoholverbot verlängert Göttingen – Auch in den kommenden Monaten ist es verboten, in der Nikolaistraße an Wochenenden in den Nachtstunden Alkohol zu trinken. Eine entsprechende Verordnung verlängerte der Rat der Stadt Göttingen um ein Jahr bis Neujahr 2014. Die erste Verordnung trat im Mai 2012 in Kraft als Reaktion auf die steigende Zahl betrunkener und randalierender Passanten. In den folgenden Monaten sank die Zahl der Beschwerden von Anwohnern bei der Polizei; die Stadt Göttingen bewertete das Verbot als ein erfolgreiches Modell. Eine Klage eines Anwalts aus Friedland, der in dem Konsumverbot eine Einschränkung der persönlichen Freiheit sah, wurde im November vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg abgelehnt. (cp)
Der Trinkraum als neutrale Zone Kassel – Zur Eröffnung vor einem Monat gab es noch Protest, inzwischen hat sich aber der Betrieb im neuen Trinkraum im Hintergebäude des Hansa-Hauses eingespielt. Im großzügigen Raum herrscht eine ruhige und angenehme Atmosphäre. Die Besucher sitzen in kleinen Gruppen um die Tische oder haben es sich auf einem der Sofas bequem gemacht. Sie rauchen, trinken Bier, Kaffee oder
Cola und unterhalten sich miteinander. „Wir sind hier sehr zufrieden“ so Jarno Ackerman, der mit seiner Frau Bärbel den Trinkraum im Auftrag der Stadt betreibt. Seiner Aussage nach werde der neue Raum gut angenommen. Ein Indiz dafür sei auch die Inanspruchnahme durch die Besucher. Sie beträgt im Schnitt zwischen dreißig und siebzig Personen. Geöffnet ist der Trinkraum Montags bis Samstags von 13 bis 19 Uhr. Damit orientiert er sich an den schon etablierten Zeiten, die zuvor im provisorischen Container-Standort an der Gießbergstraße galten. Er habe aber den Eindruck, dass viele der Besucher in den neuen, sehr geräumigen Räumen innerhalb der Öffnungszeiten gern länger blieben, so Ackermann. Anders als ursprünglich vorgesehen, befinden sich die circa 200 Quadratmeter großen Räumlichkeiten nicht mehr in unmittelbarer Nähe zu einem marrokanischen Moschee-Verein. Dieser hatte im Vorfeld massive Bedenken geäußert. Auch das hiesige Ordnungsamt, mit dem viele Trinkraum-Besucher Berührungsängste haben, ist nun nicht mehr in unmittelbarer Nachbarschaft. Der Zugang zu dem mit Lichterketten, Couchecken und Bildern schon ein wenig gemütlich eingerichteten Raum erfolgt von der rückwärtigen Seite des Hansa-Hauses aus. Sie liegt an der Ecke Artielleriestraße und Hanseatenweg. (hw)
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Jörg „Yogi“ Müller
Nächstes Mal MÄRZ-Ausgabe 2013
In der nächsten Ausgabe widmen wir uns dem Thema „Armut“: Was ist Armut? Und vor allem: Welche Bedeutung hat Armut für den Einzelnen? Im Interview: Sky du Mont.
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TagesSatz, das Straßenmagazin Herausgeber: TagesSatz e.V. 1. Vorsitzender: Hans Peter Pung Adresse der Redaktion Kassel: Westring 69, 34127 Kassel Telefon: 0561 / 861 58 43 Fax: 0561 / 861 58 61 E-Mail: kassel@tagessatz.de Mo, Mi, Do & Fr: 17-19 Uhr Di: 15-17 Uhr Adresse der Redaktion Göttingen: Obere Karspüle 18, 37073 Göttingen Telefon: 0551 / 531 14 62 E-Mail: goettingen@tagessatz.de Mo-Fr: 9-11 Uhr Homepage: www.tagessatz.de Bankverbindung: Kasseler Sparkasse Kto.: 11 833 79 Blz.: 520 503 53 Sparkasse Göttingen Kto.: 505 815 11 Blz.: 260 500 01 Redaktionsleitung: Robert Halagan, Carsten Seydlowsky (GÖ), Harald Wörner (hw) (KS) Pressesprecher: Kai Budler, Carolin Schäufele Vertriebsleitung: Kassel: Christian Piontek Tel.: 0561 / 861 58 18 Göttingen: Oliver Barth Tel./Fax: 0551 / 531 14 62 Anzeigenleitung: Oliver Barth Tel./Fax: 0551 / 531 14 62 E-Mail: anzeigen@tagessatz.de Redaktion Kassel: Sara Davin, Mimi Duttendorfer, Charlize März, Nora Mey, Sabine Parsunka, Hans Peter Pung Redaktion Göttingen: Helene Dahlke, Zoé Dubois, Robert Halagan, Julia Krause, Mario Ludewig, Jörg „Yogi“ Müller, Daniele Palu, Christoph Pengel, Christopher Piltz, Kalle Schönfeld News GÖ: Robert Halagan (rh) Illustration: Pilar Garcia, Katharina Schwarz, Holger Teichmann Fotografie: Robert Conrad, Jörg „Yogi“ Müller, Christoph Pengel, Jörg Sanders, Malte Schiller, Viola Wiegand, photocase.com Umschlag: Katharina Schwarz Layout: Dirk Mederer PLAZEBO Werbung für Gesundheit, Kultur & Soziales E-Mail: info@plazebo.net www.plazebo.net Druck: COLOR-Druck GmbH ViSdP: Harald Wörner TagesSatz erscheint zwölfmal im Jahr im Straßenverkauf in Kassel und Göttingen. Auflage dieser Ausgabe: 3.500
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Version zu veröffentlichen. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.
Verkaufspreis: 2,00 EUR, davon geht 1,00 EUR direkt an den Verkäufer.
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W O H I N , W E NN Allgemeine Hilfen
EssenSAUSGABEN
Göttingen
Göttingen
Caritasverband Göttingen Allgemeine Lebens- und Sozialberatungsstelle Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/999590
Die Göttinger Tafel Jakobikirchhof 1 37073 Göttingen Tel. 0551–51030
Opferhilfebüro Göttingen Maschmühlenweg 11(Landger.) 37073 Göttingen 0551/5213883 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten 0551/6338876
Mittagstisch St. Michael Turmstr. 5 37073 Göttingen 0551/5479540 Straßensozialarbeit Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980 Kassel
Sozialdienst für Migranten, RABaZ-Beratungs- & Vermittlungsstelle für ausländische Jugendliche Karspüle 16 37073 Göttingen 0551/57739 BONUS Freiwilligenzentrum Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/9995917 Neue Arbeit – Brockensammlung Levinstr.1 37079 Göttingen 0551/5067320 Pro Familia Rote Str.19 37073 Göttingen 0551/58627 Selbsthilfe Körperbehinderte Neustadt 7 37073 Göttingen 0551/54733-0 Selbsthilfegruppe für Mobbinggeschädigte – Rainer Beutler 05602/1860 BürgerInnenberatung Stadt Göttingen Hiroshimaplatz 2 37083 Göttingen Zukunfts-Werkstatt Hilfe für Migranten & Jedermann Haus der Kulturen – Hagenweg 2e 37081 Göttingen Kassel Kasseler Hilfe Opfer- und Zeugenhilfe e.V. Wilhelmshöher Allee 101 34121 Kassel 0561/282070 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten 0561/6029458 Pro Familia Kassel Frankfurter Straße 133 a 34121 Kassel 0561/27413 Außenstelle Witzenhausen Am Mart 1/ Witzenhausen
Kasseler Tafel Holländische Straße 141 34127 Kassel 0561/23003 Suppentopf der Heilsarmee jeden Montag von 14-15 Uhr Martinsplatz Gesegnete Mahlzeit Diakonisches Werk Kassel Hermannstraße 6, 34117 Kassel weitere Ausgabestellen: Neue Brüderkirche, Johanneskirche, Auferstehungskirche Frauen in Not Göttingen KORE e.V. - Sozialberat. f. Frauen Papendieck 24-26 (Hinterhof, EG) 37073 Göttingen 0551/57453 Frauen-Notruf e.V. Postfach 18 25, 37008 Göttingen 0551/44684 Frauenhaus e.V. Göttingen Postfach 1911, 37009 Göttingen 0551/5211800 Therapeutische Frauenberatung e.V. Groner Straße 32/33 37073 Göttingen 0551/45615 Kassel Übergangseinrichtung für wohnungslose Frauen Am Donarbrunnen 32 34132 Kassel 0561/43113 Karla 3 Aufenthalt und Beratung für wohnungslose Frauen Karlsplatz 3 34117 Kassel 0561/15532 Autonomes Frauenhaus 0561/898889 Frauen in Not 0561/9892929
Göttingen
Notruf für vergewaltigte Frauen Frauen gegen Vergewaltigung e.V. 0561/772244
Arbeiterwohlfahrt Hospitalstr. 10 37073 Göttingen 0551/50091-0
Frauen informieren Frauen e.V. Beratung bei häuslicher Gewalt Westring 67, 34127 Kassel 0561/ 89 31 36
Mensch & Arbeit - Beratungsstelle für Arbeitnehmer und Arbeitslose Kurze Str. 13a 37073 Göttingen 0551/43373
Gesundheit
Arbeitslosenhilfe
Ländliche Erwachsenenbildung (LEB) Weender Str. 87, 1. Stock 37073 Göttingen 0551/8207917 Mo, Di, Do & Fr 14.30 - 18.00 Uhr Kassel Beratungsstelle für Arbeitslose des DGB Kreis Kassel Spohrstraße 6-8 34117 Kassel 0561/7209536
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Göttingen Gesundheitsamt Sozialpsychiatrischer Dienst Am Reinsgraben 1, 37085 Göttingen 0551/4004862 Frauengesundheitszentrum Göttingen e.V. Groner Straße 32/33 37073 Göttingen 0551/484530 Gesundheitszentrum Albanikirchhof 4-5 37073 Göttingen 0551/486766
Kassel
Kassel
Fahrende Ärzte Dr. Giesler/Dr. Moog Mo 14-15.30 Uhr auf dem Martinsplatz Do 20-24 Uhr in der Gießbergstraße
Diakonisches Werk Kassel Sprungbrett & Sprungbrett spezial Steinweg 5 34117 Kassel 0561/572090
Kabera e.V. Beratung bei Essstörungen Kurt - Schumacher Straße 2 34117 Kassel 0561/780505 Gesundheitsamt Region Kassel Wilhelmshöher Allee 19-21 34117 Kassel 0561/10031920
Deutsches Rotes Kreuz Königstor 24 34117 Kassel 0561/7290441 Lebenskrisen Telefonseelsorge für Jugendliche 0800/1110333 Göttingen
Haftentlassene
Telefonseelsorge 0800/1110111 & 0800/1110222
Göttingen
Kassel
Anlaufstelle – Kontakt in Krisen e.V. Rosmarinweg 24 37081 Göttingen 0551/632977
Telefonseelsorge 0800/1110111
Kassel
Notschlafstellen
Beratungsstelle für Haftentlassene Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061 oder 0561/70738-00 Hilfe & Selbsthilfe bei AIDS Göttingen Göttinger AIDS-Hilfe Obere Karspüle 14 37073 Göttingen 0551/43735 werktags: 10-13 Uhr Beratung: 0551/19411 AIDS-Beratungsstelle Theaterplatz 4 37073 Göttingen 0551/4004831 Kassel Aids-Hilfe Kassel Motzstraße 1, 34117 Kassel 0561/97975910 Stadt Kassel – Gesundheitsamt AIDS-Beratungsstelle Obere Königsstraße 3 34117 Kassel 0561/787–5380 Kinder & Jugendliche in Not Göttingen Deutscher Kinderschutzbund Nikolaistraße 11, 37073 Göttingen 0551/7709844 Omnibus - Beratungsstelle für Jugendliche & junge Erwachsene Goßlarstr. 23, 37073 Göttingen 0551/392690 Kassel Deutscher Kinderschutzbund Siemensstraße 1, 34127 Kassel 0561/899852 Verein zur Förderung der Erziehungshilfen in Nordhessen e.V. Wilhelmshöher Allee 32a 0561/78449-0 Stadt Kassel Sozialer Dienst des Jugendamtes Friedrich-Ebert-Straße 1 34117 Kassel 0561/787–5301 Kleiderkammern Göttingen Ev.-ref. Gemeinde – Kleiderkammer Untere Karspüle 11, 37073 Göttingen Kleiderladen Ausgabe: Do 9-12 Uhr 0551/5473717 Deutsches Rotes Kreuz Zollstock 17, 37081 Göttingen 0551/5096322 Ausgabe: Mo & Do 8.30-11 Uhr jeden 3. Mi im Monat 16-18 Uhr
PSKB Stadt & Landkreis Kassel 0561/1003-0 & 0561/787-5361
Göttingen Heilsarmee Untere Maschstr. 13b 37073 Göttingen 0551/42484 Kassel Soziale Hilfe e.V. / Panama (für alleinstehende Wohnungslose) Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738-00 Café Nautilus (für Drogenabhängige) Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115 Rechtsberatung & Hilfe Kassel Schuldnerberatung Gottschalkstraße 51 34127 Kassel 0561/893099 Verbraucherzentrale Hessen e.V. Bahnhofsplatz 1 34117 Kassel 0561/772934 Göttingen AWO Schulden- & Insolvenzberatung, Kreisverband Göttingen e.V. Hospitalstraße 10 37073 Göttingen 0551/50091-0 Kostenlose Rechtsberatung Göttinger Tafel e.V. Jacobikirchhof 1 37073 Göttingen 0551 – 5 10 30 Unabhängige Patientenberatung Göttingen Albanikirchhof 4-5 37073 Göttingen 0551/488778-0 Verbraucherzentrale Niedersachen Papendiek 24 37073 Göttingen 0551/57094 Suchtberatung: Alkohol Kassel Anonyme Alkoholiker 0561/5108806 Blaues Kreuz Kassel Landgraf-Karl-Straße 22 34131 Kassel 0561/93545-0 Suchtberatung Diakonisches Werk Goethestraße 96 34119 Kassel 0561/938950
Suchtberatung: Drogen Göttingen DROBZ (Drogenberatungszentrum) Mauerstr.2 37073 Göttingen 0551/45033 Beratungsstelle für Suchtkranke – Diakonieverband Schillerstr 21 37083 Göttingen 0551/72051 Kassel Drogenhilfe Nordhessen e.V. Schillerstraße 2 34117 Kassel 0561/103641 Kontaktladen „Nautilus“ Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115 SAM – Substitutionsfachambulanz Wilhelmshöher Allee 124 34119 Kassel 0561/711813 Schillerstraße 2, 34117 Kassel 0561/103878 WohnungslosenHilfe Göttingen Ambulante Hilfe für alleinstehende Wohnungslose Wiesenstr. 7 37073 Göttingen 0551/42300 Diakonische Heime in Kästorf e.V. – Außenstelle Göttingen Wienstraße 4f 37079 Göttingen 0551/5053302 Straßensozialarbeit (Kleiderkammer) Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980 Bahnhofsmission Bahnhof, Gleis 4-5 37073 Göttingen 0551/56190 Kassel Die Heilsarmee / Sozial Center Ks Eisenacher Straße 18 34123 Kassel 0561/570359-0 Beratungsstelle für Nichtsesshafte Sozialamt der Stadt Kassel Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061 Beratungsstelle für alleinstehende Wohnungslose – Soziale Hilfe e.V. Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738–00 Betreutes Wohnen Diakonisches Werk Kassel Hermannstr. 6 34117 Kassel 0561/7128829 Wohnungsprobleme Kassel Zentrale Fachstelle Wohnen Wohnungsamt (Rathaus) Obere Königsstraße 8 34112 Kassel 0561/787-6252 oder -6255 Deutscher Mieterbund Mieterverein Kassel u. U. e.V. Königsplatz 59 34117 Kassel 0561/103861
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Foto: Sarah Raymaekers | Gestaltung: Dirk Mederer [plazebo.net]
»Mein Flaschenpfand gibt Menschen Würde.«