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EDITO R I A L Liebe Leserinnen und Leser, das mit „Hartz-IV“ titulierte Regelwerk fiel schon 2008 bei den Karlsruher Richtern durch. So urteilten sie, die für die Abwicklung des ALG II neu geschaffenen Behörden (Argen) hätten keine verfassungsgemäße Grundlage. Und nun die aktuelle Entscheidung: Auch die finanziellen Leistungen, die der Staat über dieses System verteilt, sind so nicht vertretbar. Dieser Richterspruch verwandelt, fünf Jahre nach der Einführung, die ganze HartzIV-Gesetzgebung in eine Großbaustelle. Wichtige Teile müssen verbessert oder gänzlich neu konstruiert werden. Das betrifft unter anderem die Job-Center, aber auch die Formel, nach welcher der Staat berechnet, wie viel jedem Bürger mindestens zum Leben zusteht. Bis Ende 2010 müssen diese Fragen dann geregelt sein. Doch was bedeutet das für die knapp sieben Millionen Hilfe-Empfänger? Einerseits nannten die Karlsruher Richter weder einen konkreten Betrag, den ein Mensch zum Leben braucht, noch haben sie die ALG-II-Leistungen, die das Existenzminimum abdecken sollen, pauschal für zu niedrig erklärt. Auch das Verfahren, nach welchem der Gesetzgeber bisher die Regelsätze bestimmt hat, hielten die Verfassungsrichter für gesetzeskonform. Hierbei werden alle fünf Jahre die Ausgaben der Bürger analysiert, die sich im letzten Fünftel der Einkommenspyramide befinden. Soweit alles in Ordnung? Mitnichten. So wurden viele Abschläge durch die Bundesagentur willkürlich festgelegt und Ausgaben für Bildung etwa komplett ignoriert. Regelsätze für Kinder betrachtete man als prozentualen Anteil eines Erwachsenenbedarfes, ohne dabei die speziellen Bedürfnisse der Heranwachsenden mit zu berücksichtigen. Innerhalb der eingangs erwähnten Fünf-Jahres-Frist erfolgte kein Inflationsausgleich, sondern lediglich eine Koppelung an die Rentenentwicklung. Letztlich fehlt auch die Härtefallregelung für Personen, die dauerhaft besondere Unterstützung benötigen (Besuche bei getrennt lebenden Paaren mit Kindern, chronisch Kranken etc). Auch diese selten eintretenden Fälle sind laut dem Urteil aus Karlsruhe zu berücksichtigen. Noch lässt sich nicht absolut sicher prognostizieren, wie hoch die zusätzlichen Aufwendungen für Regelsätze, Härtefälle und auch Preissteigerungen tatsächlich ausfallen werden. Klar ist aber, dass vielen Hilfe-Empfängern bisher nicht das ihnen zustehende Existenzminimum gewährt wurde. Daher sollte sich auch Vize-Kanzler Westerwelle mit Äußerungen bezüglich eines „anstrengungslosen Wohlstands“ oder „spätrömischer Dekadenz“ zurückhalten. Die Argen haben das Instrument der Leistungskürzungen bei Fehlverhalten der Hilfeempfänger und wenden dies auch an. Fakt ist, dass es einfach nicht genügend Arbeitsplätze gibt, mit deren Lohn Arbeitnehmer sich und ihre Familie problemlos ernähren können. Und wenn sie im Niedrig- beziehungsweise Niedrigstlohnsektor gezwungen sind zu arbeiten, brauchen sie aufstockende Sozialleistungen vom Staat. Dieser subventioniert damit auch – indirekt – die Gewinne von Firmen, die nur Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor einsetzen. Hier sollte die Bundesregierung ansetzen.
Harald Wörner (Redaktionsleitung Kassel)
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TagesSatz. Hilft sofort.
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Auf Brettern, die die Welt bedeuten
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s ist 19:30 Uhr, Olaf wartet schon am Eingang vom Jungen Theater in der Hospitalstraße. Rocky kommt auch um die Ecke. Es erscheint ein symphatischer junger Mann, der Pressesprecher Stefan. Nach ein paar Minuten kommen Andreas, Yogi und Jule. Kurz nach 20 Uhr begann das Stück „Außer Kontrolle“ im Jungen Theater. Das Licht ging aus. Und gleich wieder an. Zuvor hatte uns Pressesprecher Stefan freundlich in die erste Reihe gewiesen. Dort konnte sogar ich (Werner) die Schauspieler bestens verstehen; hatte mir neue Batterien für mein Hörgerät besorgt.
* WERNER KOSSMANN, OLAF BURHENNE UND ROCKY grüßte Mister Willi. Der Kofferträger, gespielt von einer jungen Frau, kam und brachte das Gepäck. Er hielt die Hand auf, bekam aber ein zu kleines Trinkgeld und ließ den Koffer einfach fallen. Der Manager und der Page verließen den Raum. Da rief Mister Willi eine Geliebte aus dem Schlafzimmer. Danach ging es auf dem Sofa heiß her. Die Geliebte fragte: „Können wir das Fenster öffnen?“ Mister Willi war einverstanden. Als sie den Vorhang öffnete, erschrak sie, denn im Schiebefenster hing eine Leiche. Mehr soll erstmal nicht verraten werden, wenn Sie das Stück noch nicht kennen. Das ganze Stück lief in einem rasanten Tempo ab. Neben der „Leiche“
im Fenster, die auch mal im Schrank am Haken hing und der bezaubernden jungen Frau, die in Reizwäsche auftrat, glänzte der Hauptakteur Mister Willi, der durch Mimik und Lautstärke nicht zu überhören war. Er und nicht nur er waren durch ihre großartige Kunst in der Lage, die Menschen zum Lachen zu bringen. Manchmal jagte ein Gag den anderen und kein Auge blieb trocken. Das ganze Stück war einfach berauschend. Besonders als die „Leiche“ zum Abtransport im Rollstuhl saß und sich plötzlich zu kratzen anfing. Ich habe selten so ein schönes Theaterstück erlebt und ich kann es nur empfehlen. Wenn Sie ein paar Euro übrig haben, gehen Sie dahin! Sie werde einen schönen Abend erleben. Versprochen!
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Clemens Eulig
Juliane Michael
Es erschien auf der Bühne ein junger Mann, er telefonierte und stand dabei hinter einem Sofa. Übrigens war die Bühne mit Fenster, Schrank, Lampe, Radiogerät und drei Türen versehen. Und die Wände mit gelb gestreiften Matratzen bezogen. Das Schiebefenster, das eine große Rolle spielte, hatte einen roten Vorhang. Der Hotelmanager betrat das Zimmer Nr. 648 und be-
Im Rahmen des Projekts Tellerrand ging es diesen Monat für die TagesSatz-Verkäufer ins Junge Theater in Göttingen, um dort die rabenschwarze Komödie „Außer Kontrolle“ anzusehen. In einem gemeinsam verfassten Bericht schreiben die Verkäufer, wie ihnen das Stück und der Abend gefallen hat.
Das Projekt Tellerand fördert Aktivitäten der Göttinger TagesSatz-Verkäufer, die deren Horizont erweitern. Die Tellerand-Aktion dieses Monats wurde finanziert von SerNet Service Network GmbH und FRAHNERT Forschung & Beratung. 4
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GELD ODER LEBEN 8 11 12 14 15 16
Hurra, wir leben noch von HARALD WÖRNER Glücklich ohne Auto von STEFAN GIEBEL Doppelt alleingelassen von CARSTEN SEYDLOWSKY Fluch und Segen der Arbeitsmaßnahme von VIOLA WIEGAND Neoliberale Romantik: Arbeit für alle KOMMENTAR VON MALTE SCHILLER So nicht, Herr Koch! KOMMENTAR VON HANS PETER PUNG
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Göttingen 18 Die Societas Jesu VON WILLI STRUBIG 19 „Was Erfolg ist, definiert der Bewohner“ von JASCHA GREWE 20 Gedanken eines TagesSatz-Verkäufers von THOMAS KRAFT
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Kassel 22 Hilfe für Problemschüler von FRITZ KROGMANN 24 Ein Klang, tief ins Herz hinein von ARMINIUS
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Kultur 28 Georg Christoph Lichtenberg – Ruhm mit Schattenseiten? von ANDREA TIEDEMANN 29 Perspektive im Frühling: Gemeinsam Gärtnern! von NORA MEY
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Editorial Projekt Tellerand Eindrücke Der Ticker
Der Stolperstein *Göttinger Karikatur Straßengeflüster Winkeladvokat Die Kochnische Kultur-Empfehlungen Hinter den Kulissen Zwischen den Zeilen In der Nahaufnahme Mal ehrlich ... Nächstes Mal Impressum Wohin, wenn
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Ort, Datum
Unterschrift
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EINDRÜCKE
FLEMMER *ObHANS-DIETER der damals 55jährige Krankenpfleger seine Obdachlosigkeit überwunden hat, wissen wir leider nicht. Vielleicht lebt er inzwischen in seiner Wunschheimat Berlin.
EINWEGLEBEN *Menschen auf der Straße fotografieren ihr Leben (www.einwegleben.de). Den Bildsonderband können Sie bei den TagesSatz-Verkäufern erwerben!
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DER TI C K E R Klimapolitik in Göttingen GÖTTINGEN – Der „KlimaBund“, ein Zusammenschluss verschiedener Vereine und Verbände, kritisiert das Klimaschutzkonzept, an dem die Stadt Göttingen seit Oktober letzten Jahres arbeitet. Bemängelt wird die Zusammensetzung der Arbeitsgruppen, die sich mit den Themen Multiplikatoren, Wirtschaft, Wohnen, Energieversorgung und Dienstleistungen beschäftigen. Bürger und Experten, die teilweise um Aufnahme gebeten hatten, würden außen vor gelassen. Auch werde das Vorgehen der Arbeitsgruppen nicht transparent gemacht – weder Mitglieder, noch Protokolle oder Arbeitsergebnisse wurden veröffentlicht. Auch vermissen die Vertreter des KlimaBundes Arbeitsgruppen zu den Themen Verkehr und Umweltbildung. Der KlimaBund stellte dem Energiereferat der Stadt nun die eigenen Überlegungen vor, mit der Bitte, diese in die Arbeitsgruppen einfließen zu lassen. Zusammengefasst sind die rund fünfzig Projektideen im „Göttinger KlimaWürfel“. Die Ideen sind nach den Faktoren Zeit, Kosten und Thema klassifiziert und schlagen die Erhöhung der Parkgebühren in der Innenstadt vor, regen an, die Festtagsbeleuchtung auf LED umzustellen, fordern Schadstoffbilanzen für Unternehmen oder die Entwicklung einer leichteren Papiersorte.
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MEHR ZUM THEMA: www.goettingen.de E-mail: info@ff-ee.de integriertes Klimaschutzkonzept
Bescheide überprüfen lassen Karlsruhe – Die Hartz-IV-Sätze müssen nach dem Urteil des Karlsruher Bundesverfassungsgerichtes neu
berechnet werden. Das bisherige Verfahren verstößt gegen das Grundgesetz. Die Bezüge der rund 6,5 Millionen Hartz-IV-Bezieher müssen nach dem Urteil völlig neu berechnet werden. Die bisherige Regelung zur Festsetzung von Leistungen entspricht nach Ansicht der Karlsruher Richter sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen nicht dem Grundgesetz. Bei der Bedarfsermittlung geht es nicht nur ums Geld, dass jemand zum bloßen Überleben braucht, es geht auch um das soziokulturelle Existenzminimum. Diese versetzt Betroffene in die Lage, ein wenig am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, wie etwa durch Kino oder Theaterbesuche. Ob nun die Regelsätze erhöht werden, bleibt nach dem Richterspruch offen. Denn der Senat räumte dem Gesetzgeber einen Ermessensspielraum ein. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat schon vor einem Jahr konkrete Zahlen für das Existenzminimum von Kindern errechnet. Dies liegt danach für Kinder bis zu sechs Jahren bei 254 Euro, bis vierzehn Jahre bei 276 Euro und bis achtzehn Jahre bei 321 Euro. Derzeit werden zwischen 215 und 287 Euro bezahlt. Bis zum Jahresende 2010 bleiben die alten Regelsätze in Kraft. Ab Januar 2011 werden die Leistungen dann automatisch angepasst. Bei Kindern rät der Paritätische Wohlfahrtsverband dazu, bei den Behörden vom Recht auf Überprüfung des Bescheids Gebrauch zu machen. Seit Februar 2009 werde in den Bescheiden für Kinder auf die Vorläufigkeit der Entscheidung und eine mögliche Entscheidung des Verfassungsgerichtes hingewiesen. So erhalten HartzIV-Empfänger ab sofort in Ausnahmefällen Zusatzleistungen. Das gilt etwa
bei Krankheiten, für die die Kranken- und Sozialkassen keine Kosten übernehmen (zum Beispiel Mehrkosten bei Neurodermitis-Patienten). Vorsorglich weist die Bundesagentur aber darauf hin, dass es sich hierbei um „seltene“ Einzelfälle handele. Anschaffungen, sowie Reparaturen werden nicht als „besonderer Bedarf“ anerkannt. Auch die Wahrnehmung des Umgangsrechts bei getrennt lebenden Eltern kann zu außergewöhnlichen Belastungen führen. So haben Betroffene regelmäßig Fahrtkosten, wenn das Kind beim anderen Elternteil lebt. Die Ministerien müssen die Vorgabe aus Karlsruhe rasch umsetzen, da sie nur eine Frist bis zum Jahresende haben. Hoffnungen auf eine generelle Erhöhung der Hartz-IV-Sätze tritt die Regierung aber ausdrücklich entgegen. Das Urteil könne mit einer Erhöhung der Sätze verbunden sein, müsse es aber nicht, heißt es aus dem Bundesfinanzministerium.
Gesucht & gefunden Die Kasseler Verkäuferin Regine sucht eine kleine Einzimmer-Wohnung in ruhiger Lage. Sie darf bis 230 Euro warm kosten. Interessenten, die eine Wohnung vermieten oder von jemand wissen, können sich an den TagesSatz wenden. Armin, auch ein Kasseler Verkäufer, sucht einen Nebenjob auf 100-Euro-Basis. Interessenten können sich beim Kasseler Büro melden. Telefonisch sind wir unter 0561/ 8615843, Mo, Di und Do von 1012 Uhr, sowie Mi & Fr von 17-19 Uhr erreichbar und per E-Mail unter kassel@tagessatz.de. ANZEIGE
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Malte Schiller
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Hurra, wir leben noch
Ein indianisches Sprichwort besagt, dass der Mensch erst merkt, dass man Geld nicht essen kann, wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fisch gefangen und der letzte Fluss vergiftet sei. Lässt man nun die Hiobsbotschaften der letzten Zeit Revue passieren, kann man eigentlich nur noch mit dem Kopf schütteln.
* HARALD WÖRNER
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ebensstandard ist, wenn man mit Geld, das man nicht hat, Dinge kauft, die man nicht braucht, um Leuten zu imponieren, die man nicht mag.“ Dieses Zitat beschreibt sehr anschaulich in welch einem Dilemma die heutige Industriegesellschaft sich befindet. Auf globaler Ebene bedeutet das: Bankencrash in den USA, Insolvenzen bei Karstadt und Schäffler, misslungene Übernahme von VW durch Porsche, sowie die Milliarden zur Rettung der Banken und Autofirmen in Deutschland. Hört man dann die Äußerungen von Josef Ackermann, der ungeachtet der Lehren aus dem Kollabieren der Finanzmärkte bereits seinen Aktionären wieder eine satte Rendite verspricht, dann könnte man endgültig von seinem Glauben an die menschliche Logik abfallen. Da die Bundesregierung sparen muss, dürfen die Kommunen nun die Suppe auslöffeln, indem sie ehemalige Aufgaben des Bundes mit übernehmen müssen. Städte und Gemeinden haben schon jetzt Probleme, die Folgen der Wirtschaftskrise abzuwickeln. Die Einnahmen durch Gewerbesteuer sinken und zugleich können bestehende Schulden nicht abgebaut werden. Und die Bereitstellung von Kindergartenund Krippenplätzen und vielem anderem mehr gibt’s ja auch nicht für ´nen Apfel und ein Ei.
und Raubbau an der Natur bezieht. Hiervon sind sowohl Deutschland, aber natürlich auch die anderen führenden Wirtschaftsnationen betroffen, gerade dann, wenn sie nicht über eigene Rohstoffvorkommen verfügen und auf den Export von Gütern angewiesen sind. Doch hierin liegt auch eine Gefahr. Im dem Moment, in welchem dieses lokal gedachte Wirtschaftsprinzip universalisiert (also globalisiert) wird, wird die Endlichkeit der Bodenschätze und Rohstoffe deutlich. Eine globalisierte Welt hat kein Außen, das die Materialien für die als unendlich gedachte Wachstumswirtschaft liefern kann. Daraus ergibt sich die Folge, dass die Ausbeutung der Umwelt in immer kürzerer Zeit vollendet sein wird. Die Verantwortlichen schieben so den absehbaren Kollaps des Wirtschaftssystems und der Umwelt nur vor sich her. Sie betreiben Raubbau an den Zukunftschancen kommender
ne lebenswerte Welt mehr übrig. Unsere Generationen verursachen Ozonloch, Polkappen-Abschmelzung oder Überfischung der Weltmeere und vieles andere mehr im Hier und Jetzt. Die Zeche zahlen dann aber unsere Kinder und Kindeskinder, die unter den von uns verursachten Schäden leiden müssen. Fast könnte man meinen, unsere Kinder sollen es einmal schlechter haben als wir. Das Dilemma der sogenannten Realpolitik liegt darin begründet, dass sie, in einer Art gebetsmühlenartigem Singsang, wie unlängst unsere Kanzlerin Merkel, immer das gleiche Credo wiederholt: Wachstum, Wachstum und nochmals Wachstum. Es ist nicht sicher belegt, dass unser gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Aufschwung in den Nachkriegsjahren wirklich nur dem Wachstum geschuldet war, oder nicht auch Verbesserungen im Bildungs-, Gesundheits- und Kommunikationssektor. Wobei natürlich zu berücksichtigen ist, dass gerade die letztgenannten Aspekte rein rechnerisch ins Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit eingehen. Wirtschaftliche, wie auch politische Eliten sehen unser Heil nach wie vor hauptsächlich in der Erzeugung von Wachstum. Doch dabei gab es in der Wirtschaftsgeschichte nicht nur Phasen stetiger Zunahme. Denn dazu gehörten ebenso auch Zeiten der Rückschläge oder Notlagen, wie bspw. die Weltwirtschaftskrise 1929 zu unserem Leben. Diese kam ja gerade dadurch zustande, indem die kapitalistische Spekulation auf die Spitze getrieben wurde. Die Überproduktion von Konsum-
Wachstum, Wachstum, Wachstum
In einer endlichen Welt ist grenzenloses Wachstum nicht möglich. Das ist doch eigentlich eine schlichte Einsicht, die man aber vermutlich Kindern eher und leichter vermitteln kann, als jetzt Bankern und Ökonomen. Denn sinkende Energievorräte, zunehmende Umweltbelastungen und anderes mehr machen uns deutlich, dass dieses „Leben auf der Überholspur“ so nicht mehr weitergehen kann. Die oben angesprochen Erscheinungen sind Symptome für das Scheitern der Voraussetzungen, auf die unser kapitalistisches Wirtschaftssystem aufgebaut ist. Es ist durch unsere rücksichtslose Übernutzung nun an seiner Grenze angekommen. Denn es basierte darauf, dass es seinen Treibstoff zur unablässigen Produktion von Mehrwert und Wachstum durch Ausbeutung von Bodenschätzen TagesSatz
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Generationen. Sie nehmen (im übertragenen Sinn) Kredite auf, die ihre Kinder, Enkel und Urenkel einmal bezahlen müssen. Denn die Rohstoffe wachsen ja nicht unbedingt in jenem Maß nach, wie die Industrienationen sie verbrauchen. Da diese sich schon seit langem abzeichnenden Probleme teilweise aber schon jetzt nicht mehr umkehrbar sind, berauben wir zudem künftige Generationen um die Entfaltungschancen die wir jetzt noch haben. Man könnte also sagen, heutige Generationen sind gerade dabei, den globalen Generationenvertrag zu brechen. Soll heißen: wenn wir so weitermachen, wie bisher, dann bleibt für unsere Nachfahren kei-
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T I T E LT H E M A gütern und landwirtschaftlichen Produkten führte dazu, dass das Angebot die Nachfrage bei weitem überstieg, der Markt letztendlich zusammenbrach. Ein dauerhaftes Wachstum der Volkswirtschaften ist ohnehin nicht möglich. Durch Kriege und Katastrophen werden jedoch immer wieder Grundlagen für einen neuen Aufschwung geschaffen. Warum gelingt es uns denn heutzutage nicht, eine Form des Wirtschaftens und Lebens zu entwickeln, die nicht mehr nur ausschließlich auf Steigerung beruht, sondern vielmehr diesen ausreichenden Lebensstandard, den wir heute doch schon erreicht haben, zu kultivieren. Dazu gehört auch, die sog. Entwicklungsländer nicht in künstlicher Abhängigkeit durch Kredite zu halten, sondern sie zu einer Existenz aus eigener Kraft zu befähigen. Dies könnte bspw. durch Schuldenerlasse geschehen. Wir müssen wegkommen von einer Kultur des Übervorteilens, hin zu einer Kultur des Teilens. Leider hat uns hier der kürzlich beendete Kopenhagener Klimagipfel mit der Absage der USA und Chinas, sich den allgemeinen Emissions-Reduzierungen anzuschließen, wiederum eine Enttäuschung beschert. Bei dieser Idee „Weg vom Mehr – Hin zum Besser“ genügt es aber nicht, nur die wirtschaftlichen oder die institutionellen Rahmenbedingungen zu ändern. Zumal dies momentan eh aussichtslos erscheint. Denn diese Haben-Mentalität ist schon zu stark in unserer Psyche verankert. Diese Vorstellung unablässigen Wachstums, von Entwicklung, Fortschritt und Wettbewerb stecken ja nicht nur in den äußeren Bedingungen unserer Lebenswelt, sondern sie sind über eine jahrhunderte lange Praxis der Verinnerlichung von Normen und Werten in unserem Bewusstsein verankert. Dies wusste auch der Psychoanalytiker Erich Fromm, der 1976 (!) das Buch „Vom Haben zum Sein“ schrieb, in welchem er sich für einen Wechsel von der Konsumhaltung hin zur Seins-Ebene aussprach. Unsere vorrangig auf Wachstum und Übernutzung von Ressourcen basierende Konsum-, Mobilitäts- und Wirtschaftsform hat sich bis in kleinste Ni-
schen unserer Existenz hinein integriert. Anscheinend haben wir vergessen, dass unsere Welt von uns selbst geschaffen wurde und die in ihr geltenden Regeln auch von uns stammen. Der aktuell bestehende Gesellschaftsund Wirtschaftszustand ist anscheinend der, der den Ausgangspunkt für jegliche Veränderung vorgibt. So besehen, wird jede Veränderung einerseits als Bedrohung, andererseits aber auch als Verzicht gesehen. Gerade dieser Status Quo aber ist auch mit einer Fülle von Verzichtsleistungen erkauft. Denken wir bspw. nur an Lärmbelästigungen durch viel befahrene Straßen oder auch an Einflugschneisen von Flughäfen. Oder was ist mit gesundheitlichen Belastungen, die nicht wenige an ihren Arbeitsplätzen auszuhalten haben? Oder wie vereinbaren Arbeitnehmer die Anforderungen des Berufes (zeitliche Flexibilität und Mobilität) mit einem geregelten Familienleben? Sie gehorchen den Zwängen weil es sich bislang noch auszahlt, lieber einen ungesunden, aber dafür gut be-
ideellen Werten haben viele Erwachsene weitestgehend verlernt. Um zu einer Vorstellung zu gelangen, was heute getan werden müsste, damit es spätere Generationen einmal besser haben, dazu kann der Totstellreflex der gegenwärtigen Politik und Wirtschaft nicht beitragen. Ständig wird nur eine Wachstums-Rhetorik nachgeplappert, die uns schon seit Jahrzehnten nicht weitergebracht hat. Wir sollten also Veränderung nicht als Bedrohung begreifen, sondern sie eher positiv besetzen. Hierzu müssen wir uns die Frage stellen, wie wir selbst in einigen Jahren leben und was für eine Welt wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen wollen. Wir stellen uns damit aber auch die Frage, ob wir Teil einer Generation gewesen sein möchten, die unseren Planeten dadurch ruiniert hat, indem sie Glaubenssätze von Fortschritt, Wachstum und Wettbewerb gefolgt ist, ohne sie daraufhin zu prüfen ob und wie weit sie tragen. Oder wollen wir nicht lieber einer Generation angehören, die die Zeichen erkannt und eine rechtzeitige Korrektur vorgenommen hat? Die Ideen der Aufklärung sollte doch noch soweit reichen, nicht völlig besinnungs- und willenlos auf selbsternannte Fortschritts-Propheten und Wachstumsprediger hereinzufallen, sondern ihre Postulate immer wieder auch auf dem Hintergrund einer kritischen Vernunft zu prüfen.
Nicht mehr – sondern besser
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zahlten Arbeitsplatz zu haben, anstatt einen gesunden, der aber vielleicht weniger Lohn einbringt. Der Gedanke an Veränderungen löst meist Angst aus. Dass sie auch die Perspektive auf ein besseres Leben beinhalten könnten, sehen wir (noch) nicht. Wir empfinden sie als Zumutung, wohl auch deswegen, weil wir unsere meisten Bedürfnisse – welche Ironie des Schicksals – über Konsum befriedigen. Wohl auch deshalb widersetzen sich Konsumstile und Statussymbole so hartnäckig einer möglichen Veränderung. Der Mensch ist nicht, was er ist, sondern das, was er sich materiell leisten kann. Wie wenig Kinder für ihr Lebensglück brauchen, kann man sehr anschaulich beobachten, wenn sie das Glück haben, in einem Elternhaus aufzuwachsen, das den „Tanz ums Goldene Kalb Konsum“ durchschaut und nicht mitmacht, ihnen also andere Lebensentwürfe vorlebt. Sie werden durch Neugier und Interessen und nicht durch materielle Güter motiviert. Diese Orientierung an
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MEHR ZUM THEMA: www.simpleliving.de Edition Le Monde diplomatiqueN°6/2009: Ausverkauft. Wie das Gemeinwohl zur Privatsache wird, Berlin 2009 Erich Fromm: Haben oder Sein – Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft, Stuttgart 1982 / 11. Auflage
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ie leben seit zwölf Jahren ohne Auto. Warum haben Sie kein Auto, und ist dies auch ökologisch motiviert? Ich bin mehrfach umgezogen, war durch die Ausbildung zu sehr ausgelastet, um mir über Mobilität Gedanken zu machen und hatte kein Interesse daran, mich nebenbei um ein Auto zu kümmern. Einzelne Personen haben im Vergleich zur Kommune nur bedingt Einfluss auf Ökologie. Der öffentliche Nahverkehr hier ist zwar gut ausgebaut, aber relativ teuer. Die Anbindung an das Umland ist teilweise mies. Außer schöner Landschaft hat Nordhessen wenige Highlights. Es sollten zumindest die Naherholungsgebiete wie der Edersee bequemer erreichbar sein, und damit meine ich nicht allein die Sperrmauer. Das hiesige Missverhältnis zwischen Fahrradwegen und Parkhäusern fällt auch Freunden aus anderen Städten auf. Ist ihre Haltung nicht lediglich in einem technologisch fortschrittlichen Land möglich? Man kann sich in unserer Luxusgesellschaft mit anderen Problemen auseinandersetzen als in weniger privilegierten Gegenden, und es ist nicht verwerflich, diesen kulturellen Luxus auch zu nutzen. Faszinierend finde ich, dass unsere Gesellschaft zu solchen Stilblüten führt, wie erwachsenen Menschen, die ihr Auto dazu benutzen, zum Sportstudio zu gelangen. Hat ihr Verhalten Einfluss auf andere?
Das Auto ist des Deutschen liebstes Kind. 41 Miollionen Autos bewegten sich 2009 auf den Straßen Deutschlands. Angesichts der Umweltproblematik stellt sich die Frage, ob wir unseres Handelns und der Folgen nicht bewusster werden sollten. Hierzu sprach der TagesSatz mit Hedi Ehmke. Sie studiert in Kassel Trickfilm und lebt auch dort.
* STEFAN GIEBEL finger der guten Vorsätze werde. Also mehr im Sinne von, oh ja, dieses Jahr wollte ich mich wirklich mehr bewegen. Es wird wohl etwas komplizierter, sich schlechtes Wetter als Ausflucht zu suchen, wenn andere auch im Schneesturm Rad fahren. Wie können Sie Beruf und Mobilität vereinbaren? Ich wohne zentral. Allerdings bin ich in der Sondersituation, dass ein Auto in meinem beruflichen Bereich weder aus Nutzungs- noch aus Prestigezwecken notwendig ist. Mit dem Nahverkehr wäre ich oft länger unterwegs. Kassel ist klein, wenn man andere Städte betrachtet. Nehmen Sie den Verzicht überhaupt noch als Verzicht wahr? Natürlich. Immer wenn ich wandern mag oder gern abends an einen See fahren würde, vermisse ich ein Auto. Wenn mein Hund größer gewesen
wäre, hätte ich ebenfalls ein Problem gehabt. Mit einer Dogge kann man nicht mal eben ein Taxi finden, das einen zur Tierklinik fährt. Im Alltag habe ich nicht das Gefühl, einen Verzicht zu ertragen. „Geld oder Leben“ – Hat diese Frage einen wahren Kern hinsichtlich ihres Verzichtes auf ein Auto? Das ist für mich eine überholte Polarisierung. Wenn ich aufhöre, mein Leben wahrzunehmen, um es mir leisten zu können, befinde ich mich in einer Sackgasse. Wenn ich aber darauf verzichte, mir mein Leben leisten zu wollen, werde ich die Möglichkeiten meiner Wahrnehmung einschränken. Den persönlichen Mittelweg zu finden, ist die Aufgabe des Einzelnen. Die Rahmenbedingungen dazu zu liefern, ist die Aufgabe der Gesellschaft. Leider scheinen mir viele Menschen nicht neutral abzuwägen, was genau ihnen wesentlich erscheint.
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Bedingt. Was tatsächlich passiert ist, dass ich bei einigen zu einem Zeige-
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Doppelt alleingelassen Seit den Siebzigern sinken in Deutschland die Geburtenraten. Ein Grund hierfür ist das hohe Armutsrisiko, das Kinderkriegen birgt. Besonders betroffen sind Alleinerziehende, denn die Vereinbarkeit von Job und Kind gestaltet sich meist schwierig.
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Jörg „Yogi“ Müller
n Deutschland wachsen immer weniger Kinder bei beiden leiblichen Eltern auf. Die Anzahl der traditionellen Familien, bestehend aus verheirateten Eltern mit Kindern, geht zurück. Gleichzeitig steigt die Zahl der Alleinerziehenden. 2007 lebten rund 1,6 Millionen Elternteile mit ihren Kindern in einem Haushalt und galten somit als allein erziehend. Dies macht einen Anteil von 18 Prozent an allen Familien mit Kindern aus. Neunzig Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen. Die meisten Alleinerziehenden sind bereits zur Zeit der Schwangerschaft verheiratet gewesen. Nach der Trennung waren sie gezwungen, sich alleine um das gemeinsame Kind zu kümmern. Dies stellt die meisten Alleinerziehenden vor ein großes Problem, denn die Doppelbelastung von Erwerbsarbeit und Kindererziehung ist ohne Unterstützung kaum zu bewältigen. Eine Arbeit ist jedoch die Voraussetzung dafür, dass ein finanzielles Auskommen garantiert ist. Die meisten Alleinerziehenden erhalten deshalb Hilfe von ihren Familien. Diese besteht zumeist aus der zeitweiligen Beaufsichtigung der Kinder. Ohne die Möglichkeit, die Kinderbetreuung eine Zeit lang abzugeben, wäre eine Alleinerziehende nicht in der Lage, eine Vollzeitstelle anzunehmen.
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Doch nicht alle Alleinerziehenden haben ein gutes Verhältnis zu ihren Familien. Besteht im sozialen Umfeld nicht die Möglichkeit, Hilfe zu erhalten, sind Alleinerziehende meist auf sich allein gestellt. Angesichts der mangelnden Betreuungsangebote gibt es dann oft keine Alternative zur TagesSatz
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TITELTH E M A Teilzeitarbeit oder sogar Arbeitslosigkeit. Aus dem Vorurteil heraus, dass sie häufig überfordert und wenig zuverlässig seien, beschäftigen manche Arbeitgeber ungern Alleinerziehende. Vierzig Prozent der arbeitslosen Alleinerziehenden finden keinen Arbeitsplatz. Bei einigen ist die fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeit das Hauptproblem. Für die meisten erwerbstätigen Alleinerziehenden ist der Beruf sehr wichtig. Dabei spielt nicht nur die finanzielle Sicherung eine Rolle. Viele wollen beruflich etwas erreichen. Zudem ist es für das Selbstbewusstsein und die Selbstwertschätzung der Erziehenden ungemein wichtig, finanziell auf eigenen Beinen stehen zu können. Etwas mehr als die Hälfte der Alleinerziehenden finanziert sich durch die eigene Erwerbsarbeit. Die finanzielle Unterstützung durch Angehörige ist verschwindend gering. Jede dritte Alleinerziehende erhält Arbeitslosengeld I oder II, jede vierte trotz Erwerbstätigkeit. Vielen ist es wegen der Kinderbetreuung unmöglich, eine Vollzeitstelle anzunehmen. Eine Teilzeitbeschäftigung ist meist jedoch unzureichend, um den finanziellen Bedarf zu decken. Dieser ist bei Alleinerziehenden im Allgemeinen höher als bei traditionellen Familien mit einem Kind. Gründe hierfür sind eventuelle Einbußen durch den Wegfall der Finanzen des Partners und nicht geleistete Unterhaltskosten. Höhere Aufwendungen durch eine getrennte Haushaltsführung sind eine weitere Erklärung.
ständen war es für Anna erst durch die Hilfe ihrer Eltern möglich, eine Teilzeitstelle anzunehmen. Diese bekam sie nur, weil sie ihren Arbeitgeber schon vorher kannte. „Die organisatorische Kompetenz von Alleinerziehenden wird von Arbeitgebern zu wenig als Auszeichnung wahrgenommen“, bemerkt sie. Ein großes Problem für die Vereinbarkeit von Beruf und Kind ist die Abhängigkeit von den Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen. Es gibt beispielsweise kaum Krippen oder Kindergärten, die flexible Öffnungszeiten haben. Zudem sind Ganztagsplätze in der Regel Mangelware. Die meisten Arbeitnehmer haben jedoch nicht die Möglichkeit, ihre Kinder schon um 16 Uhr aus dem Kindergarten abzuholen. Hinzu kommen die langen Ferienzeiten. Dafür zu sorgen, dass es über die gesamte Zeit gut betreut ist, ist praktisch ohne fremde Hilfe nicht möglich. Anna hatte das Glück, dass ihre Familie sich während des Teilzeitjobs um ihr Kind kümmern konnte. „Ferienbetreuungen haben mich da auch sehr entlastet“, erinnert sich Anna.
zen, da diese vor allem bei Alleinerziehenden aus unteren sozialen Schichten besonders klein sein können. So wurde in Göttingen das Kompetenzzentrum Alleinerziehende in der Therapeutischen Frauenberatung im Januar eröffnet. Hier erhalten allein erziehende Frauen Hilfe bei Krisen, Überforderung und damit einhergehenden Gesundheitsstörungen. Einzigartig hierbei ist die Kinderbetreuung während der Beratungszeiten. Ebenfalls wird bezüglich Amtsgängen und Bildungsmaßnahmen informiert und unterstützt. Denn viele Leistungen, die Alleinerziehenden zustehen, werden nicht abgerufen, da die Betroffenen oft überfordert und die Anträge mit viel Aufwand verbunden sind, bestätigt die Sozialdezernentin der Stadt Göttingen, Dagmar Schlapeit-Beck. Gabriele Betz, Leiterin des Kompetenzzentrums, betont, dass das Angebot nicht auf Göttingerinnen beschränkt ist, sondern sich ausdrücklich auch an andere Regionen wendet. Die Misere besteht darin, dass die finanziellen Nöte der Alleinerziehenden durch Erwerbsarbeit, am besten durch Vollzeitbeschäftigungen, gelindert werden sollen. Leider wurde bisher verpasst, die Voraussetzungen, beispielsweise genügend flexible Kinderbetreuungseinrichtungen, zu schaffen. Darüber hinaus wird oft vernachlässigt, dass die Familienform „allein erziehend“ besonders anfällig für Überforderung und psychische Probleme ist. Diesem Umstand muss durch individuelle Hilfs- und Beratungsangebote, Rechnung getragen werden. Leider geschieht dies bisher nur in unzureichendem Maße, was der große Zulauf des Kompetenzzentrums Alleinerziehende in Göttingen bestätigt.
Arbeitsaufnahme als Mittel gegen Armut – aber wie?
„Aus diesem Grund bin ich in eine WG gezogen“, berichtet Anna, eine Alleinerziehende aus Göttingen. Durch einen Mitbewohner bestand zudem die Möglichkeit, dass dieser bei Bedarf die Kinderbetreuung übernehmen konnte. Vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Kind stellte für Anna ein Problem dar. „Jeder hat das Recht auf einen Kindergartenplatz“, erklärt sie, „die meisten Anfragen wurden jedoch nicht einmal abgesagt.“ Der zugewiesene Kindergartenplatz lag dann weit entfernt, „zu weit, wenn man kein Auto besitzt.“ Unter solchen UmTagesSatz
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Die große Mehrheit der Bevölkerung befürwortet Unterstützungsmaßnahmen für Alleinerziehende, halten diese für wichtig. Mit Recht: Ohne die bestehenden finanziellen Leistungen wären 600.000 Kinder von Alleinerziehenden zusätzlich armutsgefährdet. Der finanziellen Unterstützung zum Trotz leben etwa 800.000 Kinder von Alleinerziehenden in Armut oder sind von ihr bedroht. Der Weg aus dem Armutsrisiko soll, geht es nach der Bundesregierung, vor allem über eine Arbeitsaufnahme erfolgen. Damit Alleinerziehende einen Job annehmen können, müssen jedoch erst die Voraussetzungen geschaffen werden. In diesem Sinne könnte es hilfreich sein, zudem die Schaffung von sozialen Netzwerken wie beispielsweise Alleinerziehendentreffs und Selbsthilfegruppen, zu unterstüt-
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MEHR ZUM THEMA: Informationen zu Alleinerziehenden in Deutschland www.berlin.de/sen/frauen/ lebenslagen/alleinerziehende.html Therapeutische Frauenberatung e.V. Göttingen www.therapeutischefrauenberatung.de
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Fluch und Segen der Arbeitsmaßnahme Seit September 2009 ist Göttingen einer von über sechzig Standorten des Projekts „DEKRA Toys Company“. Kann die auf „Ein-Euro-Jobs“ basierende Modellfirma realen Anforderungen standhalten?
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* VIOLA WIEGAND
ine ruhige Arbeitsatmosphäre herrscht in den Räumen der Toys Company Göttingen. Bisher gibt es nicht viel zu tun: Spielzeugspenden, auf denen das Konzept basiert, sind zur Zeit noch rar. Die Idee hinter dem Projekt sieht vor, dass Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsalltag integriert werden. Idealerweise soll die Maßnahme sie auf den „ersten“, den regulären, Arbeitsmarkt vorbereiten, sodass sie danach bessere berufliche Perspektiven haben. DEKRA Toys Companies beruhen auf dem Geschäftsmodell, dass Spielzeugspenden von den Teilnehmern gesammelt, repariert oder aufgearbeitet und schließlich kostenlos an Bedürftige weitergegeben werden. Die DEKRA Akademie fungiert als Bildungsträger und wird staatlich für die „Schaffung von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung“, also „Ein-Euro-Jobs“, unterstützt. Landkreis und Stadt Göttingen haben zusammen über das Budget des Förderantrags abgestimmt. Günther Barwa-
nietz von der Beschäftigungsförderung versicherte, das Budget entspräche dem vergleichbarer Projekte. „Hier muss und darf nichts erwirtschaftet werden. Deswegen ist der Zeitdruck nicht so groß, Erfolge zu machen“, sagt Teilnehmer Stefan Braun. „Ich sehe es so, dass das hier ein kleines Testfeld ist.“ Tätig in der PR Abteilung der Toys Company, ist er mit seinen Kollegen dafür zuständig, Spielzeugspenden und Abnehmer anzuwerben. Das Engagement der Teilnehmer ist groß. Zusammen mit
an Familien ausgegeben werden können, müssen sie gereinigt werden; eine Waschmaschine gibt es jedoch nicht. Weitere Einschränkungen für die Entwicklung ihrer Modellfirma sehen die Teilnehmer in strengen Arbeitssicherheitsvorschriften. Diese begrenzen ihre Möglichkeiten in der Werkstatt. Neben ihrer Tätigkeit in Werkstatt, PR oder Verwaltung sind die Beteiligten auch verpflichtet, gewisse Lernmodule zu absolvieren. Darunter sind beispielsweise Fortbildungen in der Benutzung von Textverarbeitungsprogrammen an PCs. Über den tatsächlichen Nutzen der gesamten Maßnahme gibt es jedoch auch Unsicherheit. „Irgendwann weiß man, wie man eine Bewerbung schreibt“, sagt Teilnehmer Uwe Freymuth.
Modellfirma unter völlig unrealistischen Bedingungen? dem Corvinius Kindergarten haben sie beispielsweise bei einer Weihnachtsaktion im Jobcenter Spielzeug ausgegeben. Um für mehr Spenden zu sorgen, haben die Teilnehmer in der Werkstatt aus Restholzbeständen schmuckvolle Sammelkisten gebaut, die in Kindergärten aufgestellt werden sollen.
Viola Wiegand
Trotzdem gibt es auch Frustration unter den Teilnehmern. So besteht ein Großteil der Spenden aus Plüschtieren, mit denen sie bisher nichts anfangen können. Denn bevor Plüschtiere
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Die Teilnehmer haben zunächst Verträge für sechs Monate erhalten, den die meisten gerne verlängern würden. Für viele von ihnen sei die Zukunft weiterhin ungewiss, denn eine „konkrete berufliche Perspektive für die Zeit danach ist nicht gegeben“, so Braun. Während Freymuth die Idee, finanziell benachteiligten Familien mit Spielzeug zu helfen für „eine klasse Sache“ hält, ist er von dem Projekt dennoch etwas enttäuscht: „Wir sollen eine Modellfirma unter völlig unrealistischen Bedingungen aufbauen.“ Vielleicht werden derartige Zweifel nicht mehr nötig sein, wenn es einmal mehr Spielzeugspenden gibt.
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MEHR ZUM THEMA: Toys Company Stresemannstr. 25b Tel: 0551/508333-17 Öffnungszeiten: Mo.-Fr. von 8-13 Uhr TagesSatz
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in Blick in die Geschichte zeigt, bis ins vorprotestantische Mittelalter galt Arbeit noch als ein notwendiges Übel. Diese Auffassung erfuhr einen entscheidenden Wandel mit der Arbeitslehre im lutherischen Sinne. Hiernach gehörte es zur Pflicht eines jeden Menschen, seine Berufung zu erkennen und eine nützliche Tätigkeit in Unauffälligkeit und Ruhe auszuüben. Arbeit als Selbstzweck. Das System des Kapitalismus‘ fand in dieser Überzeugung später einen fruchtbaren Nährboden. Heute soll das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit dafür sorgen, dass derjenige, der hart und viel arbeitet auch viel dafür bekommt.
Arbeit muss sich wieder lohnen: Was Guido Westerwelle zur populistischen Profilierung seiner Partei nutzt, ist für Arbeitslose ein Schlag ins Gesicht. Denn der Vize-Kanzler verkennt in seinem rhetorischen Stolperkurs, dass seine rosarote Vorstellung von einer vollbeschäftigten Leistungsgesellschaft völlig antiquiert ist. Wo hat diese Auffassung von Arbeit und Leistung ihren Ursprung?
* KOMMENTAR VON MALTE SCHILLER das Ausmaß in dem (nach marktwirtschaftlichen Kriterien) Arbeit tatsächlich ausgeübt wird und vorhanden ist. Wenn der spitzfindige Vize-Kanzler jetzt behauptet, Vollbeschäftigung sei möglich, wird er sich irgend etwas einfallen lassen müssen, das Arbeitsplätze schafft. Die Frage ist aber: Wollen wir, dass Arbeit als Selbstzweck unser Leben bestimmt? Viele Bürgerinitiativen und die meisten politischen Parteien beginnen sich mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, dass bezahlte Lohnarbeit schlichtweg nicht mehr für alle reicht. Nur Herr Westerwelle hängt gedanklich noch in den romantischen Welten des Neoliberalismus fest. So schreibt er in der Welt: „Es scheint in Deutschland nur noch Bezieher von SteuerJörg „Yogi“ Müller
Die Probleme, die dieser Arbeitsbegriff nun mit sich bringt sind vielfältig. Zunächst schließt der Arbeitsbegriff innerhalb unserer Marktwirtschaft viele Formen der Arbeit wie Erziehungsarbeit, Hausarbeit oder ehrenamtliche und zivilgesellschaftliche Tätigkeiten aus, da sie am Markt nicht als Angebot erscheinen. Die Organisation der Arbeit in einem arbeitsteiligen System führt zudem dazu, dass Arbeit nicht sinnvoll eingesetzt wird – es geht vielmehr vorrangig darum, dass überhaupt gearbeitet wird. Solange der anonyme Markt die Waren absorbiert, kann Geld gemacht werden, solange kann gearbeitet werden. Wirtschaft hat hier nicht das erste Ziel, Bedürfnisse zu befriedigen, sondern nur immer neue Produkte an den Mann zu bringen. Dieses Prinzip begünstigt dann auch solch groteske Alltäglichkeiten wie Produkte, die schnell kaputt gehen, damit schnell ein Ersatz verkauft werden kann, der seinerseits wieder ersetzt werden muss, und so weiter. Schlussendlich wird die Arbeit im Sinne des Leistungsprinzips aber auch schon alleine deshalb in Frage gestellt, weil durch die Technisierung der Gesellschaft immer weniger menschliche Arbeitskraft benötigt wird. Laut statistischem Bundesamt waren im Oktober 2006 26,88 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig Erwerbstätig. Das entspricht ungefähr einem Drittel der deutschen Bevölkerung. Diese Zahl verdeutlicht
Neoliberale Romantik: Arbeit für alle
geld zu geben, aber niemanden, der das alles erarbeitet.“ Mit solchen Parolen kann Westerwelle lediglich Sozialneid schüren und auf unreflektierte Zustimmung in der Wählerschaft hoffen. Dass Westerwelle in selbigem Zeitungsbeitrag auch noch die Debatte um Steuersünder banalisiert und herabspielt, ist bitterer Zynismus. Die Überlegungen müssten jedoch in eine ganz andere Richtung gehen: Wir Leben in einem System, dass Menschen systematisch von der Arbeit ausschließt und sie dafür auch noch bloß stellt. Wäre es da nicht eher angemessen – wenn schon kein Bedarf besteht das System zu ändern – wenigstens dafür zu sorgen, dass diejenigen, die wir ausschließen, nicht auch angemessen dafür entschädigt werden?
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Die Arbeit reicht nicht.
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So nicht, Herr Koch! * KOMMENTAR VON HANS PETER PUNG stellt, dass sie an der schlechten Lage des Staates schuld sind. Dabei suchen die meisten verzweifelt einen neuen Job. Den finden sie aber nicht, weil sie zu alt sind, nicht über die notwendige Qualifikation verfügen, überqualifiziert sind oder die momentane Situation dazu führt, dass keine neuen Arbeitnehmer benötigt werden. Hierüber redet Herr Koch nicht.
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s ist populär, auf die Kleinen einzuschlagen. Auf den ersten Blick sind die Forderungen des Ministerpräsidenten ja gar nicht so falsch. Warum sollten „Hartz-IVEmpfänger“ nicht ein paar Stunden zum Wohle der Gesellschaft arbeiten? Schließlich schadet das ja niemandem. Schaut man genauer hin, stellt man fest, die Rechnung von Herrn Koch geht nicht auf. Wo soll die Arbeit herkommen, die diese Menschen verrichten sollen? Allein in Kassel sind circa 24.000 Menschen von Sozialleistungen abhängig. Wenn davon nur 25 Prozent arbeitsfähig wären, würde dies bedeutet, dass rund 6.000 Menschen mit Arbeit versorgt werden müssten. Konkret bedeutet dies, dass eine solche Maßnahme reguläre Arbeitsplätze vernichten würde. Auch wenn Herr Koch dies bestreiten wird, die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen ein eindeutig anderes Bild.
Es stellt sich die Frage, wem nutzt eine solche Diskussion? Oder wem soll sie schaden? Ich glaube, es soll Neid erzeugt werden. Und zwar bei denen, die ebenfalls mit wenig Geld auskommen müssen. Die Stimmung soll lauten, warum bekommt jemand so viel Geld für null Arbeit? Dabei ist die Frage falsch gestellt. Richtig muss sie lauten, warum kann man von seiner Arbeit nicht mehr leben? Warum lässt es unser Staat zu, dass immer mehr
Die Reformen am Arbeitsmarkt sollten dazu führen, dass Betroffene besser betreut und somit schneller vermittelt werden. „Hartz-IV“ ist hierbei die letzte Stufe einer Serie von Reformen. „Fördern und Fordern“ sollte die Devise sein. Spricht man mit Arbeitssuchenden stellt man schnell fest, das Fördern findet nur sehr beschränkt statt. Das Problem, es wird nicht zielgerichtet gefördert. In unserem Nachbarland Dänemark findet das Fördern zielgerichtet statt. Dort wird geprüft, welche Eignungen der Arbeitsuchende hat. Dann wird geschaut, welcher Bedarf besteht auf dem Arbeitsmarkt, und der Arbeitslose wird zielgerichtet auf seine neue Tätigkeit vorbereitet. Notwendige Qualifikationen werden vermittelt. So stellt man sich Fördern vor. Leider findet eine solche Förderung so gut wie gar nicht statt. Eine Frage brennt mir jedoch noch auf der Seele: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Roland Koch, sind sie neidisch auf Arbeitslose? Sind sie tatsächlich der Meinung, dass die soziale Hängematte in Deutschland zu bequem ist? Wir schlagen Ihnen vor, bewerben Sie sich doch genau um eine solche Hängematte. Für Sie scheint dies ja das Paradies zu sein. Wir bescheinigen Ihnen aber bereits jetzt, sie werden sehr schnell feststellen, dass die soziale Hängematte verdammt unbequem ist.
Wem nutzt die Diskussion?
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Menschen zu Hungerlöhnen arbeiten müssen? Der hessische Ministerpräsident bezweckt mit seinen Äußerungen, dass ein Keil mitten in die Gesellschaft getrieben wird. Jeder, der nicht von staatlichen Leistungen abhängig ist, soll sich als etwas Besonderes fühlen. Empfänger von staatlichen Leistungen dagegen sollen sich schlecht fühlen. Unterschwellig wird ihnen unter-
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DER STOLPERS T E I N
Geld macht auch nicht glücklicher * JÖRG „YOGI“ MÜLLER und in Hartz-IV abzurutschen. Der niedrige Krankheitsstand in den Betrieben im Vergleich zu den Vorjahren ist ja nicht deswegen, weil die Leute plötzlich gesund sind.
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s gibt ja diesen bekanten Witz von einem Raubüberfall. Der Räuber: „Geld oder Leben?” – Der Überfallene: „Ach ich nehme lieber beides!” Es gibt schmutziges Geld und Geldwäsche und Geld verdirbt den Charakter sind wohl zwei von vielen Sprüche über Geld. Buddha hat wohl seine guten Gründe gehabt, indem er seine Mönchen ermahnt hat, kein Geld zu berühren. Aus meiner eigenen direkten Erfahrungen, als ich mehrmals für fünf bis sechs Wochen im indischen Dschungel gelebt habe, kann ich berichten, was es für ein besonders angenehmes Gefühl ist, diese ganze Zeit kein Geld angefasst und auch nichts gekauft zu haben.
Wichtig ist wohl, die Arbeit selbst zu definieren. Wenn man seine Arbeit liebt, ganz viel Spaß dabei hat und viel Sinn, Nutzen und Befriedigung für sich selbst als auch für andere daraus zieht, ist es immer noch Arbeit. Aber es ist einleuchtend, dass man sie auch machen würde, wenn man eine Millionen Euro auf den Konto hätte. Aber wie viel Leute können das wirklich immer von sich sagen? Ich selbst habe mich im Ausland vor Jahren als Aussteiger dafür entschieden, vor allem an mir selbst zu ar-
Natürlich ist es wichtig und gut, einer ganz „normalen Arbeit” nachzugehen, um für sich und seinen Nächsten materiell zu sorgen. Aber die oben genannten Eigenschaften dürfen dabei nicht zu kurz kommen. Ein guter Freund von mir hat jetzt seine Arbeitzeit verkürzt, er hat aus seiner Umgebung die Kommentare bekommen: „Und was ist mit Deiner Rente?” Er hat jetzt zwar ein geringeres Einkommen als vorher, aber dafür hat kann er am Donnerstagmittag ins Wochenende gehen und sich um seine Gesundheit, sein Wohlbefinden und seine Familie kümmern. Es geht auch um gelebte Lebenszeit!
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Jörg „Yogi“ Müller
Zeit ist Geld, und ohne Moos nichts los. Wenn ich dann sehe, wie sich Leute trotz Krankheit, Erkältung und Fieber zur Arbeit schleppen, weil sie Angst haben, ihren Job zu verlieren
Ich war ja selber als Fotograf dabei bei der Meinungsumfrage „Mal Ehrlich”. „Würden sie auch arbeiten wenn sie es nicht müssten?“, war die Frage. Die meisten Antworten waren: „Na klar, sonst ist mir ja langweilig.” Kreativität entsteht auch aus Langeweile, Langeweile hat viel Potential. Es ist wichtig, auch mal nichts zu tun!
beiten – zu meinem eigenen Nutzen, aber auch zum Nutzen anderer. Dadurch, dass ich mit harter Arbeit an mir selbst durch Vipassana-Meditation mein Ego weniger werden lasse, großzügiger, harmonischer, ausgeglichener und friedlicher geworden bin im Vergleich zu früher, als ich ein Bündel von Anspannung und Aggressivität war. Für mich ist diese Arbeit an sich selbst sehr wertvoll und wichtig. Das macht das wirkliche Leben aus: Harmonie, Großzügigkeit, Ausgeglichenheit und echte Liebe und Freiheit.
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GÖTTINGEN 1521, im Jahr als Franz I. Martin Luther ächtete, erlitt der baskische Ritter Ignatius von Loyola eine Kriegsverletzung, die ihn aus der Bahn warf. Binnen zweier Jahrzehnte entwickelte er dann mittels Kontemplation und Studium an der Pariser Sorbonne die Gründung der Societas Jesu.
Die Societas Jesu
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* WILLI STRÜBIG
as Konzept von hoch gebildeten, Welt zugewandten und global mobilen Ordensmitgliedern war neu. Die besondere Papsttreue ergab sich zufällig oder – wie Loyola es sah – durch den Fingerzeig Gottes, dass die geplante Reise ins östliche Mittelmeer aufgrund zwischenstaatlicher Spannungen versperrt war.
Jörg „Yogi“ Müller
Die Idee, den Nachwuchs durch die Investitionen in Wertpapiere und Immobilien zu fördern, konnte er nicht realisieren. Eine in der Anfangszeit des Ordens interessierte Gönnerin, konnte sich von ihrem Vermögen nicht trennen. Selbst heute sind die Jesuiten auf Spenden angewiesen, da sie trotz Papsttreuegelöbnis keinen Anteil an der Kirchensteuer haben. Allerdings bezieht der Orden Einnahmen aus der Arbeit ihrer Mitglieder. Anders als weltliche oder Angestellte anderer Kirchen steht das Geld nicht dem jeweiligen Arbeitenden zu, sondern dem Orden, der für die einzelnen Mitglieder sorgt und ein Taschengeld vorsieht.
Hilflos im Angesicht des Skandals Heute leben hierzulande gut vierhundert der global knapp neunzehntausend Jesuiten. Im Dienste von Bildungseinrichtungen des Ordens mit 2,9 Millionen Lernenden stehen sowohl 3.700 Jesuiten als auch 130.000 Laien. Auf Bildung legt der Orden viel Wert. Nicht nur in Theologie und Philosophie, sondern wegen der internationalen Betätigung auch bei Sprachen. Auch in vielen Wissenschaften findet man seine Mitglieder. Zu Jesuiten oder ihren Schülern zählen auch Prominente wie Castro, Delp, Geißler, Mugabe, Nell-Breuning. Der Sozialethiker Friedhelm Hengsbach hielt Vorträge auch bei der Gemeinde St. Michael in Göttingen. 18
Der Gründer des Ordens entwickelte die „Geistlichen Übungen“. Die dreißigtägigen „Großen Exerzitien“ durchläuft jeder Novize. Jährliche und tägliche Übungszeiten sind jedem Jesuiten auferlegt. Auch alle anderen können diese Übungen kennen lernen, wie derzeit die „Exerzitien im Alltag“: vier Wochen tägliche Meditation und wöchentliche Treffen zum Erfahrungsaustausch. Wesentlich bei allen Exerzitien ist die liebevolle Achtsamkeit auf die Regungen des Geistes, also auf das, was der Meditierende bei den Übungen wahrnimmt. Das Ziel lautet „Unterscheidung der Geister“ und meint das Erkennen dessen, welches Tun oder Lassen das Bessere bewirkt. Nachdem der „Spiegel“ über die Missbrauchsfälle bei den Jesuiten berichtete, luden der Göttinger Pfarrer Manfred Hösl und sein Mitbruder Benedikt Lautenbacher die Besucher der Sonntagsmesse zum Gespräch ein. Diese sorgen sich, als Kirchenmitglied auf die Angelegenheit angesprochen zu werden oder um das Wohl des eigenen Kindes. Jemand kritisierte die Medien, denn die Verletzung eines Jesuiten im Jahre 1986 sei anders entstanden als berichtet wurde. Auch die beiden Jesuiten gestanden ihre Hilflosigkeit ein. Sie leben erst seit wenigen Jahren hier, haben keine Ahnung von den Vorkommnissen, aber die Medien erwarten sofortige Antworten. Kein Wunder also, dass ein unvorbereiteter Pater auf der Straße beim Vorwurf eines Passanten „Sind Sie nicht auch Jesuit?“ sich verleugnet.
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MEHR ZUM THEMA: www.jesuiten.org www.exerzitien.info Einführungskurs Zen-Meditation 18.03.2010 Pater Benedikt Lautenbacher SJ Tel. 0551/54795-31, b.lautenbacher@gmx.de
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GÖTTI N G E N
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s ist eine kleine, abgelegene Wohnanlage am äußeren Rand von Göttingen. Im Moment wohnen 27 Personen dort. Fest in die Nachbarschaft integriert, steht das Haus am Holtenser Berg unscheinbar zwischen anderen Häusern. Bei meiner Ankunft sitzen Bewohner und Nachbarn in einem Aufenthaltsraum. Man grüßt freundlich, lächelt und trinkt gemeinsam einen Kaffee. Im Nebenzimmer wird gescherzt. Dort sitzt auch Lutz Mühe, der Leiter der Einrichtung. Mit ihm zusammen mache ich mich auf den Weg, die Anlage näher zu betrachten. „Ziel unserer Einrichtung ist es, die Menschen wieder soweit zu bringen, dass sie eine eigene Wohnung bewirtschaften können und wenn das nicht möglich ist, Verschlimmerung zu verhüten”, erzählt er in lockerem Ton. Unterstützung bei Arbeitssuche und andere Hilfen gehören ebenso zum Tagesgeschäft. Und das im Diakonischen Sinn, was Dienst am Menschen bedeutet. „Wir wollen ihnen ein würdevolles Leben ermöglichen und nicht, dass sie betteln gehen müssen.”
„Was Erfolg ist, definiert der Bewohner” Wohnungslosigkeit lässt sich in Göttingen nur schwer fassen, da es keine offiziellen Zahlen über das Ausmaß gibt. Allerdings ist eins gewiss: dass die Zahl über die Jahre ansteigt. In Göttingen hilft unter anderem die Diakonie den Menschen, die keine eigene Wohnung haben, und stellt im Haus am Holtenser Berg 28 stationäre Apartments zur Verfügung.
* JASCHA GREWE
Auftrag der Bewohner vollzogen. Freiwillig sind auch die Freizeitangebote, die bereit gestellt werden und lebenspraktische Aspekte umfassen. „Es gibt hier unter anderem eine Kochgruppe, eine Laufgruppe und auch eine Suchtgruppe, die genutzt werden können.” Mir wird es gestattet, in ein paar Wohnungen zu schauen. Herzlich wird man begrüßt. Die circa 28m² großen Apartments sind alle ungefähr gleich ausgestattet. Die Einrichtung wirkt freund-
Über die Arbeit mit den Menschen hat Mühe viel Positives zu berichten. Zum Überleben auf der Straße benötigt es eine Vielfalt von Kompetenzen. Diese sind der Ansatzpunkt der Hilfe. „Wir wollen darin unterstützen, ihre Eigenverantwortung zu behalten. Wenn jemand sein Organisationstalent auf der Straße gelernt hat, kann man auf dieser Ebene mit ihm arbeiten.” Ob er Erfolg sieht bei seiner Arbeit? „Was Erfolg ist, definiert der Bewohner. Wenn er es schafft, eine eigene Wohnung zu
„Sonst wieder den Schlafsack packen und ab auf die Straße“ Startpunkt ist einer der Gemeinschaftsräume, in denen sich die Bewohner jeden Samstag zum Frühstück treffen können. Gearbeitet wird in der Einrichtung nach dem Normalitätsprinzip. „Wenn ein Bürger in Göttingen krank wird, muss er einen Arzt aufsuchen, sich diese Hilfe organisieren. Wir selber bieten diese Hilfen nicht an, sondern helfen nur, sie zu erschließen”, erklärt er. Das zweite Prinzip, dass im Mittelpunkt steht, ist das Freiwilligkeitsprinzip. Hilfen werden nur im
lich. Es gibt ein Bett, einen großen Schrank und jeder Bewohner hat eine kleine Küche und ein Bad. „Es ist besser, dass jeder sein eigenes Apartment hat. Dann gibt es weniger Konfliktpotential”, stellt Mühe fest. Die meisten Bewohner kochen und waschen selbst. Dafür stellt ihnen die Einrichtung Geld zur Verfügung. Viel ist es nicht, was die Bewohner zur Verfügung haben. Bei einem Satz von täglich 8,48 Euro gibt es montags 59,36 Euro ausgezahlt, was für eine Woche reichen muss.
beziehen, ist das sein Erfolg. Für manchen ist es schon ein Erfolg den Kreislauf zu durchbrechen, nicht wegzugehen, wenn es Probleme gibt.” Wieder angekommen im Gemeinschaftsraum wartet ein Bewohner auf ihn, um sich Rat zu holen. Wohnt er gerne in der Einrichtung, frage ich. „Ja, schon”, ist die Antwort. „Sonst müsste ich doch wieder meinen Schlafsack packen und ab auf die Straße.”
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TagesSatz
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GÖTTINGEN
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GEDANKEN EINES TAGESSATZ-VERKÄUFERS
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* THOMAS KRAFT
ls ich die traurigen Bilder aus Haiti sah, war ich echt geschockt zusammen gesunken und musste mich erstmal sammeln. Es sind viele Menschen verschüttet worden bei einer erneuten Naturkatastrophe. Was ich mich frage, ist, wann werden die Millionenspenden in Lebensmittel, Klamotten, Medikamente und Unterkünfte tatsächlich investiert? Es gab Lieferungen von Hilfsgütern, aber auch Lebensmittel? Mein Vorschlag: Spendet wirklich für die Opfer mit einem warmen Herz. Das möchte ich auch tun. Die Öffentlichkeit sollte sich einen besseren Eindruck über die Situation in Haiti verschaffen, um den betroffenen Personen eine bessere Hilfeleistung zuteil werden zu lassen. Herzlichen Dank euer TagesSatz-Verkäufer Thomas!
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Malte Schiller
GÖTTIN G E N
Straßengeflüster Das Münchner Straßenmagazin BISS stellt in seiner Februarausgabe das neueste Projekt seines Trägervereins BISS e.V. vor. Gemeinsam mit Sponsoren soll ein ehemaliges Frauen- und Jugendgefängnis in ein Vier-Sterne-Hotel umgebaut werden. Das Besondere an diesem Vorhaben ist das Personal- und Ausbildungskonzept. Unter der Führung von Fachkräften aus der Hotelbranche und Pädagogik sollen die übrigen Stellen mit Menschen besetzt werden, denen dadurch ganz im Sinne des „Social Business“ die Chance auf den Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt ermöglicht wird. Die Eröffnung soll im Herbst 2011
* KATHARINA KRETSCHMER stattfinden. Wir wünschen dem Hotel BISS „viel Glück“! Auch beim Freiburger Straßenmagazin FREIeBÜRGER geht es um Arbeitsplätze. Nachdem die Zeitschrift bereits sozialversicherungspflichtige Anstellungen für drei ihrer Mitarbeiter einrichten konnte, werden nun erneut Job-Paten gesucht, um diese Stellen auch weiterhin finanzieren zu können und den Angestellten damit ein Stück Unabhängigkeit von staatlichen Hilfen zu gewährleisten. Bleibt nur zu hoffen, dass sich viele Sponsoren auf den Aufruf melden.
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MEHR ZUM THEMA: www.biss-magazin.de www.frei-e-buerger.de
Winkeladvokat
* TORBEN GURETZKI
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Wieviel Glück ist überhaupt erlaubt?
Juristen grenzen das Glücksspiel vom Gewinnspiel anhand des Erfordernisses eines Einsatzes von Vermögenswerten, vornehmlich Geld, ab. Das schier unüberschaubare Angebot – man denke etwa an die zahlreichen Karten-, Wettoder Automatenspiele – kann anhand unterschiedlicher Zufallsgrade weiter differenziert werden.Wer in Deutschland öffentlich Glückspiele gleich welcher Art ausrichten möchte, bedarf dafür stets einer speziellen behördlichen Genehmigung. Zuwiderhandlungen können gemäß § 284 StGB sogar strafrechtlich geahndet werden. Diese Verfügungsgewalt über öffentliche Glückspiele wird häufig auch als staatliches Glückspielmonopol bezeichnet. Der Begriff ist insofern irreführend, als der Bund laut Grundgesetz eigentlich gar nicht kompetent ist, Regelungen für diese Materie zu erlassen. Vielmehr steht diese Kompetenz den einzelnen sechzehn Bundesländern zu. Diese haben sich jedoch Ende 2007 aus Gründen der Suchtprävention auf bundeseinheitliche Rahmenbedingungen für die Veranstaltung von Glücksspielen verständigt. Der sogenannte Glücksspielstaatsvertrag dient also der notwendigen Rechtsvereinheitlichung dieses äußerst delikaten Ge-
genstands.Das Vertragswerk verbietet in § 4 Abs. 4 GlüStV insbesondere die Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet. Genau diese Reglementierung ist jedoch nicht unumstritten. Privaten Wettanbietern wird somit nicht unwesentlich in ihr Grundrecht auf Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG eingegriffen. Das Bundesverfassungsgericht sieht in seinem Oddset-Urteil diesen Eingriff durch das besonders schützenswerte, von großem öffentlichem Interesse getragene Gut der Vorbeugung der Spielsucht gerechtfertigt. Ob diese Sichtweise auch vor dem europäischen Gerichtshof Bestand hat, wird sich zeigen, zumal dieser wiederum die grenzüberschreitende Dienstleistungsfreiheit, eine der vier europäischen Grundfreiheiten, betroffen sehen könnte.
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KASSEL
Hilfe für Problemschüler Seit dem 15. Januar wird auch in Kassel ein Projekt des Modellprogramms „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ umgesetzt.
Badische Zeitung
* FRITZ KROGMANN
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aut einer Internet-Information des Bundesfamilienministeriums (BMFSJS) verlassen in Deutschland jährlich immer noch acht Prozent der männlichen und fast fünf Prozent der weiblichen Schulabgänger die Schule ohne Abschluss, wobei die Quote in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich hoch ist. Dies sind etwa 71.000 Jugendliche. Bei Schülern und Schülerinnen mit Migrationshintergrund ist die Quote doppelt so hoch. Da wegen des technischen Fortschritts eine hohe Qualifizierung immer wichtiger wird, gelingt es diesen Jugendlichen oft nicht, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Nur etwa ein Fünftel von ihnen findet einen Ausbildungsplatz, ein Viertel bleibt unmittelbar nach dem Schulabgang arbeitslos. Die Ursachen dieses Problems sind vielschichtig. Die meisten Schulabbrecher stammen aus den sogenannten „bildungsfernen Schichten“ oder aus Migrantenfamilien. Nach Meinung der Arbeitsgemeinschaft Bildung für Deutschland sind hier die Eltern oft nicht in der Lage, ihre Kinder bereits in der frühkindlichen Bildungsphase ausreichend zu unterstützen. Vor allem durch mangelnden Spracherwerb haben diese Jungen und Mädchen bereits am Beginn ihrer Schulzeit schlechte Chancen, um in unserem stark differenzierten und an Prüfungsleistungen orientierten Schulsystem mithalten zu können. Die Folge sind Schulmüdigkeit und Schulver-
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KA S S E L weigerung: Häufiges unentschuldigtes Fehlen und Passivität oder störendes Verhalten im Unterricht werden immer mehr zur Regel. Da die Eltern der betroffenen Schüler meist weder aufgrund ihres eigenen Bildungshintergrundes noch finanziell in der Lage sind, das Problem zu lösen, ist unsere Gesellschaft aufgefordert, hier Abhilfe zu schaffen. Als Lösungsansatz wird vor allem eine verstärkte Förderung der Sprachkompetenzen und der Lernmotivation in den Kindergärten empfohlen. Die Schulen sollten die Zusammenarbeit mit den Elternhäusern intensivieren, mehr Freiräume lassen und individuelle Begabungen, auch im Hinblick auf die Berufsorientierung, gezielter fördern. Das Modellprogramm „Schulverweigerung – die 2. Chance“ kümmert sich, den Informationen des BMFSJS zufolge, um ausgewählte Schüler und Schülerinnen im Alter von zwölf bis fünfzehn Jahren, die durch ihr Verhalten bereits auffällig geworden sind. Ihre Chancen auf einen Schulabschluss sollen verbessert werden. Für die Finanzierung des Programms werden vor allem Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF), aber auch Gelder des Bundes zur Verfügung gestellt. Der ESF ist ein Beitrag der Europäischen Union zur Entwicklung der Beschäftigungsfähigkeit und der Chancengleichheit in den EU-Ländern.
durch Verweigerung der Mitarbeit oder Fernbleiben vom Unterricht auf, so wird in Kooperation mit den Lehrern, Eltern und Schulsozialarbeitern ein Kontakt zu dem betreffenden Jugendlichen aufgebaut und ein individueller Bildungs- und Entwicklungsplan erstellt. Dabei werden zunächst die Kompetenzen und die individuelle Lebenssituation des Schülers oder der Schülerin ermittelt und dann entsprechend den individuellen Problemen, Fähigkeiten und Neigungen verschiedene Förderungsmöglichkeiten angeboten. Jeder der Jugendlichen erhält einen persönlichen Ansprechpartner. Die Verweildauer des einzelnen Schülers im Programm beträgt ein Jahr. Das Kasseler Projekt, das dem Jugendamt angegliedert ist (ErziehungshilfenAuguste-Förster), wurde laut Informationsblatt 2009 gestartet. Die drei pädagogischen Mitarbeiter der Koordinierungsstelle, Claudia Knierim, Detlev Barth und Thomas Keßler, arbeiten mit einem ganzheitlichen Ansatz, bei dem der schulische, der soziale und der familiäre Bereich mit einbezogen wer-
vor allem wegen verschiedenen Raufereien aufgefallen. Meistens sei es Spaß gewesen, sagt er. In der Tat scheint Julian, der in die siebte Klasse geht, kein aggressiver Junge zu sein und er wirkt durchaus intelligent. Doch leider verbringt er zu viel Zeit allein zu Hause mit Computerspielen und hat Probleme damit, aus Büchern zu lernen. Der Weg zu einem Realschulabschluss, den er eigentlich ohne große Mühe erreichen könnte, ist daher gefährdet. Es wäre wünschenswert, wenn er wirksamere Lernstrategien entwickeln und auch sein Freizeitverhalten ändern würde. Darauf, dass man sich ganz persönlich um ihn kümmert, reagiert Julian positiv. „Ich glaube, dass mir die Teilnahme am Projekt weiterhelfen wird“, sagt er. Nach den ins Internet gestellten Berichten verschiedener Koordinierungsstellen des Modellprogramms „Die 2. Chance“ scheinen sich bereits deutliche Erfolge der Projekte abzuzeichnen. Ich persönlich bin der Meinung, dass dies ein Schritt in die richtige Richtung ist, auch wenn vorläufig nur eine relativ kleine Anzahl von Jugendlichen davon profitieren kann. Zweifellos gibt es sehr viele Schülerinnen und Schüler aus bildungsfernen Familien, die es verdienen würden, dass man sich intensiver mit ihnen befasst. Eine ausreichende Bildung aller Gesellschaftsschichten würde nicht nur der Volkswirtschaft nützen, sondern ist auch für den Erhalt der Demokratie unverzichtbar.
Schulverweigerung ist ein gesellschaftliches Problem
Das Programm „Die 2. Chance“ wurde am 1. September 2006 vom Bundesfamilienministerium mit zunächst 67 über das gesamte Bundesgebiet verteilten Koordinierungsstellen gestartet und soll bis mindestens 2011 fortgesetzt werden. Inzwischen wurden noch über hundert weitere Projekte bewilligt, so dass das Programm gegenwärtig an fast zweihundert Standorten umgesetzt wird. Die Koordinierungsstellen stehen in Kontakt zu den Schulen, die mit den regionalen Projekten des Modellprogramms zusammenarbeiten möchten. Fällt ein Schüler oder eine Schülerin TagesSatz
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den. Eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern, die durch regelmäßige Beratungsgespräche unterstützt werden, steht dabei im Vordergrund. Ein weiteres Ziel des Projektes ist der Aufbau eines ortsnahen Netzwerks, in das alle Einrichtungen, die sich mit dem Problem Schulverweigerung auseinandersetzen müssen, integriert sind. Die Angebote des Projekts reichen von Einzel- und Kleingruppenunterricht, Hausaufgabenhilfe und sozialpädagogischer Betreuung bis zu verschiedenen Freizeitaktivitäten. Lehrer stehen zur Verfügung. Das Ziel, den Jugendlichen eine Berufsausbildung zu ermöglichen, wird durch eine Kooperation mit der Jafka gGmbH (Jugendarbeitsförderung Kassel), die besonders betreute Praktika anbietet, unterstützt. Julian, einer der Schüler, die von dem Kasseler Projekt betreut werden, ist
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MEHR ZUM THEMA: Stadt Kassel Erziehungshilfen-Auguste-Förster Friedrich-Ebert-Str. 16 34117 Kassel zweite.chance@stadt-kassel.de Landkreis Kassel Jugendamt Wilhelmshöher Allee 19a 34117 Kassel Stadt Göttingen Untere Karspüle 4 37073 Göttingen
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KASSEL
Ein Klang, tief ins Herz hinein Im Februar spielte der weltbekannte Cellist Thomas Beckmann in der Kasseler Karlskirche zugunsten des Vereins „Gemeinsam gegen Kälte“.
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nlässlich der Darbietung seiner anspruchsvollen Musik erbat der Ausnahmemusiker Spenden für obdachlose und bedürftige Menschen in Kassel. Der Schirmherr hier vor Ort, wer sollte es anderes sein, als natürlich Oberbürgermeister B. Hilgen! Partner und Mitausrichter war das diakonische Werk Kassel und die Begünstigten die Projekte „Schreibwerkstatt“ sowie „Karla 3“, eine Aufenthalts- und Beratungsstelle für wohnungslose Frauen. Das Konzert begann um 20 Uhr und war nach Aussage der Veranstalter zu 95 Prozent ausverkauft. Beckmann spielte Werke von Johann Sebastian Bach und, welch Überraschung, von Charlie Chaplin. Wir, vom TagesSatz, spielten die Rolle vor der Kirche und versuchten vor Beginn des Events und danach, Straßenmagazine und unser Fotobuch „Einwegleben“ bei eisig kalter Witterung den Besuchern und Musikinteressierten zu offerieren.
* ARMINIUS
ten. Von 17.30 Uhr bis circa 23 Uhr harrten wir der Dinge, die da kommen sollten beziehungweise doch nicht kamen und mussten schließlich ein wenig demoralisiert den Heimweg antreten. Bitte, im Namen aller Verkäufer und Angehörigen des Vereins, wir erbitten auch mal ein wenig Unterstützung, denn wir wären dieser, so meine ich, durchaus würdig. Nun aber zurück zum Konzert. Ich, als Redakteur und auch als Verkäufer, genoss zwei bis drei Stücke, und sie können mir getrost glauben, dieser Cellist beherrscht nicht nur sein Instrument, sondern interpretiert Bach und Chaplin so bezaubernd, dass mich das Gefühl
wie auch das Bedürfnis beschlichen, dass dieser Ohrenschmaus nie wieder aufhören möge. Dieser Mann spielt nicht nur wie ein Musiker von Weltrang, er erklärt dem Auditorium auch bereitwillig, was es mit den jeweiligen Werken der verstorbenen Komponisten auf sich hat. Dieser Meister des Cellos gibt allein in den ersten drei Monaten des Jahres 2010 mehr als fünfzig Benefizkonzerte unter dem Motto: Mit der Musik, die Herzen der Menschen erweichen. Ich kann dazu nur eines sagen: Chapeau, möge ein Haufen Geld dabei zusammenkommen! Aber bitte, liebe Leser, vergessen Sie den TagesSatz nicht!
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Während in der Karlskirche das Konzert den Anwesenden zum Ohrenschmaus gereichte, froren wir fünf Männer vom Straßenmagazin uns die Füße ab. Leider konnten wir nur wenige Magazine an den Mann beziehungsweise die Frau bringen und erfreuten uns trotzdem an der Aktion „Gemeinsam gegen Kälte“. Unser Spendentisch war reich gefüllt mit TagesSätzen zu den verschiedensten Themen, der Dunkelheit trotzenden Kerzen und vielen Fotobüchern, in denen wohnungslose und arme Menschen Schnappschüsse über ihr Leben und ihre Träume veröffentlicht haben. Natürlich stand das Benefizkonzert an erster Stelle, das war an diesem Dienstagabend klar! Trotzdem, so denke ich als ehemaliger Obdachloser, dass auch wir vom TagesSatz einige großzügige Spenden verdient gehabt hät24
TagesSatz
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DIE KOCHNI S C H E
Kochen mit dem TagesSatz Leckere Gerichte für Sie entdeckt
owik2 (photocase.com)
* HANS PETER PUNG & TEAM
Lamm In wenigen Wochen ist Ostern. Als traditionelles Ostergericht gilt Lamm. Wir wollen Ihnen heute Lamm etwas näher bringen. Lammfleisch bekommen Sie im türkischen Lebensmittelhandel relativ günstig.
mit etwas Limettensaft und einer Prise Zucker abschmecken. (Wenn Sie es lieber milder mögen, können Sie etwas Kokosmilch zufügen.) Tipp: Reichen Sie dazu Fladenbrot und einen frischen grünen Salat.
Lammcurry
Lammkeule
(6 Portionen / 4 Euro pro Portion)
(4 Portionen / 5 Euro pro Person)
1 Knoblauchzehe, 1 Zwiebel, 1 Stück Ingwer (walnussgroß), 100g Staudensellerie, 500g Tomaten, 1200g Lammschulter ohne Knochen, Salz, Pfeffer, Mehl, Öl, ½ TL Kreuzkümmel, ½ TL Koriandersaat, 1 EL schwarze Senfsaat , 1 EL Curry, Limettensaft, Zucker
1 Lammkeule (ca. 1000g) ausgelöst, Knoblauchknolle, 1 Bund Suppengemüse, Balsamico-Essig dunkel, 100 ml Rotwein, Tomatenmark, Speisestärke, 1 Bund Rosmarin, 500 ml Gemüsebrühe, Salz, Pfeffer, Zucker, Olivenöl
Knoblauch, Zwiebel, Ingwer schälen, grob hacken. Sellerie und Tomaten klein schneiden. Alles in einer Küchenmaschine pürieren. Kreuzkümmel und Koriandersaat im Mörser zerstoßen. Lammfleisch in mundgerechte Stücke schneiden. Mit Salz und Pfeffer würzen. Kreuzkümmel, Koriandersaat und Senfsaat in einem Topf in heißem Öl anrösten, bis die Senfkörner beginnen zu springen. Lammfleisch zugeben, mit dem Curry würzen und das Gemüsepüree zugeben. Im zugedeckten Topf bei schwacher Hitze etwa 90 Minuten simmern lassen. Am Ende TagesSatz
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Das ausgelöste Fleisch von allen Seiten mit Salz und Pfeffer würzen. Das Fleisch nach Geschmack mit Knoblauch spicken. Zu einer Rolle zusammenrollen und wie einen Rollbraten binden. Olivenöl in einem Topf erhitzen und den Braten darin von allen Seiten anbraten. Aus dem Topf nehmen, das klein geschnittene Suppengemüse (mit Schale) darin anbraten. Etwa 1 EL Tomatenmark zufügen, leicht anrösten. Mit dem Rotwein ablöschen, etwa um die Hälfte reduzieren. Der Soßenansatz sollte jetzt eine kräftige braune Farbe haben. Falls nicht, mit etwas Brühe aufgießen und erneut reduzieren. Wenn die Reduktion die
richtige Farbe hat, die restliche Brühe zugeben und einen kräftigen Schuss Balsamico zugießen. Den Braten wieder in den Topf geben und im vorgeheizten Backofen (100°C Umluft) circa 2 ½ Std. garen. Während der Garzeit den Braten mehrmals mit dem Bratenfond übergießen. Etwa 20 Minuten vor Ende der Garzeit 2 Stängel Rosmarin in den Topf geben. Den Braten aus dem Ofen nehmen, das Fleisch warm stellen, den Fond durch ein Sieb abgießen. Falls sie die Sauce etwas sämiger wünschen, das Gemüse durch das Sieb streichen. Speisestärke mit etwas Rotwein glatt rühren und nach Wunsch abbinden. Mit Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker abschmecken. Tipp: Dazu passen zum Beispiel Ratatouille, Polentataler oder Thymian kartoffeln. ANZEIGE
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K U LT U RT I P PS
GÖTTINGEN
ThOP
Die Empfehlung
Uraufführungen im ThOP Nachwuchsdramatikerwettbewerb 2009 präsentiert Gewinnerstücke Zum vierten Mal rief das Göttinger Studententheater junge AutorInnen dazu auf, noch nicht veröffentlichte Stücke einzureichen.
* ANDREA TIEDEMANN
Unter dem Stichwort „Dramen aus der Yucca-Palme –Morbides, Komisches und Banales urbaner Mythen“ konnten die Bewerber dramatische Werke als Einakter ins Rennen schicken. Eine sechsköpfige Jury aus Theater, Wissenschaft, Verlagswesen und Literaturbetrieb wählte die Gewinner aus. Die drei Siegerstücke werden unter der Regie von Barbara Korte, Mini von Platen und Peter Schubert ab dem 27.03. im ThOP gezeigt.
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MEHR ZUR EMPFEHLUNG: www.thop.uni-goettingen.de ThOP - Theater im OP Käte-Hamburger-Weg 3 D-37073 Göttingen Kartentelefon: 05 51 - 39 70 77 (AB)
Di 09.03. / 20.00 Uhr Werkstatt e.V., Ks Autorencafé-Lesung: So solls sein – Sollsätze: ein gesellschaftspolitischer Rundumschlag Mi 10.03. / 20.00 Uhr Werkstatt e.V., Ks Filmforum Psyche True North: Film über Fischer , die zu Schleppern wurden und in eine Abwärtsspirale von Gewalt gerieten Fr 12.03. / 20.00 Uhr Kulturhaus Dock 4, Ks Werk-Stadtbühne Volume 2: Tanz, Performance und Schauspiel begegnen sich Sa 13.03. / 20.15 Uhr Apex, Gö Max Uthoff: „Sie befinden sich hier!“ Kabarett über Kindheit, Nation und deutsche Parteienlandschaft Eintritt: 15,30 Euro und weniger
jeden Fr (März bis Dez.) / 18.00 Uhr St. Jacobi, Gö
Mi 03.03. / 20.15-22.00 Uhr Staatstheater (TIF), Ks
Dreißig Minuten Orgelmusik Eintritt frei
Ins Weite schrumpfen (Uraufführung)
So 14.03. / 17.00 Uhr Kulturhaus Dock 4, Ks
Fr 05.03. / 18 Uhr St. Jacobi, Gö
Spielraum-Theater: Schneeweißchen & Rosenrot Eintritt: 6 Euro, Kinder 5 Euro
Sa 13.03. und So 14.03. vhs (Wilhelmshöher Allee 21), Ks Konferenz für Ökologie und Sozialismus (Beginn: Sa., 13.03.um 9.00 Uhr, www.bildungsgemeinschaft-salz.de oder 02381/3733479)
Abendmusik zu Chopins 200. Geburtstag Katharina Troe (Violoncello) und Stefan Kordes (Klavier) spielen die Sonate g-Moll op.65
Mo 01.03. / 20.15 Uhr Theater im OP, Gö
Sa 06.03. / 19.45 Uhr Deutsches Theater, Gr. Haus, Gö
Piano & Poem – Christian Rümer (Rezitation) & Alexander Tietz (Klavier)
Premiere: Kabale und Liebe Eintritt: ab 15,50 Euro
Mo 01.03. & Di 02.03. / ab 10.00 Uhr Georg-August-Universität Göttingen (verschiedene Orte), Gö
Sa 06.03. / 21.00 Uhr Kulturfabrik Salzmann, Ks
Informationstage für Studieninteressierte Info: www.uni-goettingen.de Di 02.03. / 20.00 Uhr Anthropsophisches Zentrum, Ks-Wilhelmshöhe Vortrag und Gespräch: Ist die Welt umstülpbar? 26
XXL-Bluesnacht Eintritt: 10 Euro; erm. 8 Euro Di 09.03. / 20.00 Uhr Zentrales Hörsaalgebäude, Platz der Göttinger 7, Hörsaal 009, Gö Auf dem Weg zum Großen Knall: Das unstete Leben der massereichen Sterne – Vortrag von Dr. Weis, Uni Bochum Eintritt: 2,50 Euro, erm. 1,50 Euro
So 14.03. / 20.00 Uhr Junges Theater, Gö Kein Mensch, kein Tier – die Nummer Vier 11-Freunde-Fußball-Lesereihe mit Philipp Köster und Jens Kirschnek Eintritt: VVK 11 Euro, AK 13 Euro Do 18.03. / 19.30 Uhr TIC (Theater im Centrum), Ks Rhasody In Space: spaciges 60er-Jahre-Musical Fr 19.03. / 20.00 Uhr Kulturhaus Dock 4, Ks Theater am Fluss: Premiere: Trommeln in der Nacht (Stück nach Bert Brecht), siehe auch die Empfehlung!
TagesSatz
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KULTURT I P P S
Los Tallos Armagos: Konzert Eintritt: 10 Euro, erm. 8 Euro Sa 20.03. / 20.15 Uhr Apex, Gö Heinrich Pachl: Die Spur der Scheine – kabarettistische Aufbereitung der Finanzkrise und mehr Eintritt: 15,30 Euro und weniger So 21.03. / 11.30 Uhr Universitätskirche St. Nicolai, Gö „Jenseits der Schmerzgrenze“ (Hebräer 5,7-9) Evangelischer Gottesdienst (Prof. Rudnig) So 21.03. / 15.00 Uhr Städt. Museum, Ritterplan 7-8, Gö „Wasser unter dem Hammer“ – Film über die Privatisierung eines öffentlichen Gutes Eintritt: 1,50 Euro Mo 22.03. / 20.00 Uhr Fakultät für Physik, Eingang Nord, Friedrich-Hund-Platz 1, Gö Öffentliche Führung im Institut für Astrophysik mit Beobachtungsmöglichkeit am Teleskop Eintritt frei Mo 22.03 & Mo 29.03. / 21.30 Uhr Nörgelbuff, Gö
Die Empfehlung
„Trommeln in der Nacht“ Das Theater am Fluss zu Gast im Dock 4 Mit „Trommeln in der Nacht“ bringt das Theater am Fluss (TAF) ein Frühwerk Brechts zur Aufführung. Das Stück spielt in den Wirren des Ersten Weltkrieges. Im Fokus steht die Frage, was das richtige Leben ausmacht – privates Glück oder politischer Kampf. Brecht komprimiert es auf den Nenner „Revolution oder Bett!“.
Der mehrfach traumatisierte Soldat Kragler streunt Anfang 1919 durch Berlin. Er trifft verschiedene Personen, die von Krieg und Umsturz aus der Bahn geworfen sind. Kragler will seine Geliebte zurückgewinnen, sich bei ihr ins warme Nest setzen. Der Vater der Geliebten möchte sie jedoch mit dem aufstrebenden Murk verkuppeln.
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MEHR ZUR EMPFEHLUNG: Theater am Fluss Trommeln in der Nacht Kulturhaus Dock 4 19.03., 20.00 Uhr (auch 20., 21., 25., 26., und 27.03.) Karten: 10 Euro / erm. 7 Euro Tel.: 0561/787-2067 www.theater-am-fluss.de
Mi 24.03. / 19.00 Uhr Naturkundemuseum (Steinweg), Ks
Sa 27.03. / 19.45 Uhr Deutsches Theater, Gr. Haus, Gö
„…seinen Cörper zur Ruhe gebettet – Vom Umgang mit Bestattungen in Kirchengrüften
Premiere: Die Dreigroschenoper von Bertold Brecht Eintritt: ab 20,50 Euro Normalpreis
Do 25.03. / 19.00-22.30 Uhr Staatstheater (Opernhaus), Ks South Pacific
Spielstunde – open stage unplugged
Do 25.03. / 20.00 Uhr Deutsches Theater, Keller, Gö
Di 23.03. / 11.00-12.15 Uhr Staatstheater (TIF), Ks
Fräulein Smillas Gespür für Schnee nach dem Bestseller von Peter Hoeg Eintritt: 12,50 Euro Normalpreis
Die Wanze
* HARALD WÖRNER
Kassel
Theater am Fluss
Sa 20.03. / 20.00 Uhr Kulturfabrik Salzmann, Ks
So 28.03. / 19.00 Uhr Komödie, Ks Hossa Oder als Robert Lembke nicht kam: Fernsehzuschauer gestalten ihr Programm selbst
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a ff e n W ir v e r s c h n z v o ll e I h n e n g la A u ft r it te
TagesSatz
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K U LT U R G Ö TTINGEN
Georg Christoph Lichtenberg
Ruhm mit Schattenseiten?
Wenn man an der nördlichen Seite des Rathauses schnell um die Ecke biegt, könnte man ihn glatt anrempeln. Der Mann mit dem auffälligen Körperbau erscheint am Rande des Rathausplatzes wie ein Wartender. Die Bronzeskulptur des albanischen Künstlers Fuat Dushku wurde 1992 aufgestellt.
* ANDREA TIEDEMANN
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Karriere. Mit 35 Jahren begann er eine Liebesaffäre zu der 12-jährigen Maria Dorothea Stechardt, die seine Hausangestellte war. Lichtenberg beschrieb seine leidenschaftlichen Gefühle für das Blumenmädchen, das er von den schlechten Stadteinflüssen fern halten wollte: „Ein solches Muster von Schönheit und Sanfftmuth hatte ich in meinem Leben noch nicht gesehen... Sie hat mich mit dem gantzen menschlichen Geschlecht ausgesöhnt.“ Kurz vor der geplanten Hochzeit verstarb die Geliebte mit 17 Jahren an einer infektiösen Krankheit, einer schmerzhaften Gürtelrose am Kopf. Lichtenberg trauerte um den Verlust, doch schon ein Jahr später nahm er die damals 15jährige Margarete Elisabeth Kellner als Haushälterin bei sich auf. Die beiden führten ein eheähnliches Verhältnis, das streng geheim gehalten werden musste. Erst als Lichtenberg 1789 eine schwere asthmatische Krise erlitt, heiratete er Margarete,
um sie und seine acht Kinder abzusichern. Das folgende Jahrzehnt bis zu seinem Tod 1799 war geprägt durch seine Krankheit. In seinen TagebuchAufzeichnungen aus dem Jahr 1797 finden sich Andeutungen auf sexuelle Belästigungen von Hausangestellten. Ob es sich dabei um Altmännerfantasien handelt oder ob tatsächlich ein Missbrauch stattfand, lässt sich mit Gewissheit nicht sagen. Dass die Statue dadurch in einem anderen Licht erscheint, lässt sich hingegen nicht leugnen.
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MEHR ZUM THEMA: „Der Mann hatte soviel Verstand, dass er fast zu nichts mehr in der Welt zu gebrauchen war.“ www.lichtenberg-gesellschaft.de Interaktiver Göttinger Stadtplan Peter Sehr und Hans Magnus Enzensberger arbeiten an einer Verfilmung einer Biographie Lichtenbergs
Andrea Tiedemann
ichtenberg litt sein Leben lang unter einer Wirbelsäulenverkrümmung. Dadurch war er sehr klein und hatte einen ausgeprägten Buckel. Zudem plagten ihn schwere asthmatische Anfälle. Doch seine Krankheit machte Lichtenberg zugleich reflektierter und skeptischer gegenüber seiner Außenwelt. Mit 24 Jahren fing er an, seine Gedanken in Schreibheften festzuhalten. In seinen sogenannten „Sudelbüchern“ sammelte er zahlreiche Aphorismen und Gedankenblitze, wobei er immer einen humoristischen Standpunkt behielt: „Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, ist das allemal im Buch?“ Als gefürchteter Satiriker legte Lichtenberg sich mit vielen Zeitgenossen an. Doch Lichtenberg brachte vor allem wissenschaftliche Ergebnisse von grundlegender Bedeutung hervor. Als 17. Kind der Familie konnte Lichtenberg nach dem Tod seines Vaters mit Hilfe eines landgräflichen Stipendiums das Studium in Göttingen beginnen. Er beschäftigte sich mit Mathematik, Physik, Baukunst, Englisch, europäischer Staatengeschichte, Diplomatik und Philosophie. Lichtenberg war das, wovon heute viele träumen: interdisziplinär. Einer seiner Schwerpunkte war die Geodäsie, die Vermessung von geographischen Standpunkten. Dazu unternahm er zahlreiche Reisen durch Deutschland. 1774 erhielt Lichtenberg eine Professur in Göttingen. Als Dozent für Mathematik und Begründer der Experimentalphysik hielt er Vorlesungen, die er mit spannenden Demonstrationen bestückte und dadurch überregional bekannt wurde.
Was die Statue nicht erzählt...
Doch sein Privatleben war nicht so glanzvoll wie seine wissenschaftliche 28
TagesSatz
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KULTUR KA S S E L
Perspektive im Frühling: Gemeinsam gärtnern!
G
anz neu ist die Bewegung „Gemeinschaftsgärten“ zwar nicht, aber was wir in Kassel als Initiativen unter diesem Begriff bereits besitzen, dürfte weniger bekannt sein. Unter anderem berichteten Birgit Hengesbach-Knoop und Petra Kaltenstein von zwei ähnlichen Projekten in den Stadtteilen Brückenhof und Waldau. Beide Male geht es um etwa 1.000 bis 2.000 qm große Flächen in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Mietwohnungen im Geschosswohnungsbau. Und beide Male sind es in erster Linie Migranten, die sich in diesen gemeinsamen Gärten engagieren. Sie kommen aus Eritrea, Marokko, Afghanistan, aus den Balkanländern oder aus den ehemaligen Staaten der Sowjetunion und bearbeiten jeweils eigene Parzellen auf dem gemeinsamen Grundstück. Dazu gehören die Organisation und Absprache, das Kennenlernen von Nachbarn aus anderen Kulturkreisen, der Austausch von Kenntnissen, das gesellige Beisammensein. Witzig, wenn man dabei zum Beispiel lernt, dass die Frauen aus Eritrea – dem Herkunftsgebiet der Kaffeepflanze – die grünen Kaffeebohnen auf einem kleinen Ofen erst ganz frisch rösten, bevor sie sie mahlen und aufgießen. So eine Mühe! Schmeckt dann natürlich doppelt gut!
mach-Was-Stiftung
* NORA MEY
Sponsoren gibt es haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter, die diese Arbeit koordinieren, anleiten, begleiten. „Die Nachfrage nach diesen Gärten ist größer als die Anzahl der vorhandenen Parzellen und“ – auch dies anmerkenswert – „Konflikte untereinander oder Vandalismus auch von au-
Mein Gemüse ernt‘ ich selber
Initiatoren dieser „Internationale Gärten Brückenhof“ oder „Internationaler Frauengarten Kassel Waldau“ sind soziale Einrichtungen vor Ort wie der Frauentreff Brückenhof e.V. oder das Diakonische Werk Kassel. Mit Unterstützung der Stadt Kassel und von TagesSatz
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„Kassel braucht mehr kollektive Gärten“ ist das Motto einer Einladung der „Mach-Was-Stiftung“, die an einem Dienstag um 14 Uhr erstaunlich viele Menschen in das Café Buch-Oase lockte.
ßerhalb kommen kaum vor“, so Birgit Hengesbach-Knoop. Recht erfolgreich ist auch ein anderes Modell der kollektiven Nutzung von Freiraum: die sogenannten „Selbsterntegärten“. Aus Österreich kommt die Idee, und Mitarbeiter der Uni Kassel, in Zusammenarbeit mit der Domäne Frankenhausen, haben dieses Projekt bisher an drei Standorten realisiert. Zum Beispiel in der Nordstadt, Wiener Straße, in der Marbachshöhe und eben in Frankenhausen wurden Flächen gepachtet, umgrenzt, dann gepflügt und mit Reihen verschiedener Gemüsesorten bepflanzt. Danach wurde die Gesamtfläche aufgeteilt und zum weiteren Bearbeiten und Ernten unterverpachtet. Für siebzig Euro im Jahr kann man sich also mit frischem Gemüse versorgen, das Grundstück aber auch zum Verweilen, Entspan-
nen, Leute treffen und so weiter nutzen. Für einen Geräteschuppen ist genauso gesorgt wie für Spielgeräte und Bänke. Dieses Modell ist für unterschiedliche Leute aus verschiedenen Stadtteilen attraktiv. Man kommt zu Fuß um die Ecke, aber man reist auch mit Fahrrad oder Auto an. Wer sich für diese Projekte interessiert oder auch selbst eine Initiative ins Leben rufen möchte, dem seien folgende Adressen angedient:
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MEHR ZUM THEMA: Mach-Was-Stiftung: Michael Wilkens, info@mach-was-stiftung.de Internationaler Frauengarten Kassel-Waldau: Petra Kaltenstein, Weg in der Aue 75, 34128 KS, Tel. 0561 884161 Internationaler Garten Brückenhof: Birgit Hengesbach-Knoop, info@frauentreff-brueckenhof.de, Tel. 0561 40 8388 Selbsterntegärten: Wiener Straße, Thomas Mauer, www.agrar.uni-kassel.de, Tel.05674/925820 29
Isabel Winarsch
H I N T E R D E N KULISSEN
Von Explosionen und anderen Dingen „Zorn“ im Deutschen Theater Göttingen
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it „Zorn“ ist der 1983 in Georgien geborenen Autorin Nino Haratischwili ein Stück voller Emotion und Tiefgrund gelungen. Acht Charaktere stehen dabei im Mittelpunkt einer Geschichte, die vor Aggression strotzt, aber auch voller anrührender Momente ist.
Clemens Eulig
„Noch ein bisschen und dann explodieren wir.“ Die Handlung beginnt mit Adam (Florian Eppinger) und Celia (Gaby Dey), die in Sorge um ihren nicht heimgekehrten Sohn Gabriel sind. Die Gespräche um den möglichen Verbleib ihres Kindes entwickeln sich schnell zu Anschuldigungen und entblößen bald dunkle Geheimnisse in Adams Leben. Auch die Geschäftsfrau Martha (Julia Hansen) führt ein
nicht ganz alltägliches Dasein. Von ihrer Migräne gequält, sucht sie Zuflucht in einem Hotelzimmer, isst Schwarzwälder Kirschtorte und trifft schließlich Rula (Nora Decker), die ihrem Kind versucht, ihr Leben zu erklären. Schließlich gelingt Rula ein Coup, der ihrem Nachwuchs einmal ein besseres Leben ermöglichen soll. An einem anderen Ort will Rafael (Meinolf Steiner) herausfinden, was den jungen Anton (Norman Grüß) dazu veranlasst hat, eine Bombe zu bauen, die aber nie explodieren sollte. Ursache dafür ist Tony (Marie Bauer), ein Mädchen, das sich von nichts überraschen lassen will. Und dann ist da noch Oskar (Gerd Zinck), der sich nicht mit einem tristen Leben abfinden kann und somit beschließt, aus der Gesellschaft auszusteigen.
* MELANIE SWIATLOCH
Der Zorn, die Aggression und Emotion der Charaktere werden auf der Bühne überzeugend von den Schauspielern dargestellt. Von den anfangs ordentlich aufgestellten bunten Plastikeimern, in die es von der Decke herabtropft, ist am Ende nicht mehr viel übrig. Zerstörung und Wut herrschen überall. Dabei sind die Handlungsstränge gekonnt ineinander verwoben und lassen das Publikum zuweilen schmunzeln, laut lachen, aber auch nachdenklich stimmen. Nino Haratischwili hat ein Werk geschaffen, was die Elemente Unterhaltung und Tiefsinn hervorragend miteinander vereint.
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TERMINE IM MÄRZ: 01.03., 05.03., 12.03., 23.03., 24.03. und 31.03. (19.45 Uhr)
Sophokles für Fortgeschrittene „Antigone“ im Jungen Theater Göttingen
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m 29. Januar feierte eine ganz eigene Version von Sophokles’ antiker Tragödie „Antigone“ (circa 443 v. Chr.) im Jungen Theater Premiere. Gastregisseur Gernot Grünewald, der an der Theaterakademie Hamburg Regie studiert, versuchte mit der gewagten Inszenierung „einen neuen Zugriff ohne Schulhilfslektüre“ wie das Göttinger Tageblatt bereits im Vorfeld ankündigte. Philosophische Überlegungen zu den Themen Schicksal und freier Wille – wie sie dem Zuschauer auf dem Flyer näher gebracht werden – liegen Grünewalds Inszenierung des Stücks offenbar zu Grunde. Das Resultat ist Sophokles für Fortgeschrittene: schwer verständliches und schwer verdauliches Theater, das zwar verschiedene Gestaltungsmittel einsetzt, aber die Textkenntnis des Zuschauers voraussetzt und durch die Gestaltung des
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* KATHLEEN LOOCK Bühnenbilds und der Kostüme ebenso wie durch das Spiel der Darsteller stark an einen Theater-Workshop erinnert. Die fünf Schauspieler bewegen sich bereits auf der leeren ebenerdigen Bühne als das Premierenpublikum den Raum betritt. Sie tragen unauffällige Kleidung und fangen alsbald an, den Boden mit großen rostigen Platten abzudecken, auf denen sie anschließend spielen. Das Stück beginnt überraschenderweise mit einer kurzen Zusammenfassung der Handlung: Antigone, Tochter des Ödipus, hat gegen den Willen des Herrschers und ihres Onkels Kreon ihren toten Bruder Polyneikes begraben wollen. Dieser war im Kampf um die Stadt gegen seinen Bruder Eteokles gefallen und sollte vor den Toren der Stadt verwesen, während Eteokles auf Befehl Kreons ein Ehrenbegräbnis zu Teil wur-
de. Auf Antigone wartet die Todesstrafe, und Kreon steht zu seinem Gesetz, weil sonst seine Macht auf dem Spiel steht. „So sind die Rollen verteilt“, wie es in Jean Anouilhs Antigone (1944) auf die Frage nach Schicksal und Willensfreiheit bereits heißt. Das Stück kann nur tragisch enden, selbst wenn es – wie in Grünwalds Inszenierung – in umgekehrter Szenenfolge gespielt wird. Mit an die Wand projizierten Texten, Schauspielern, die Regieanweisungen geben, viel Theaterblut, Sand und Masken kann Grünwald dem viel gespielten Stück vielleicht ein neues Gewand geben, viele Zuschauer blieben bei seinem Regietheater aber außen vor.
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TERMINE IM MÄRZ: 04.03., 12.03., 17.03., 26.03. und 30.03. (20.00 Uhr) TagesSatz
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ZWISCHEN DEN ZE I L E N
Die Tücken des „schnöden Mammon“ Drei aktuelle Neuerscheinungen hinterfragen das herrschende Finanzsystem und setzen sich mit der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens auseinander.
* DANIELE PALU Geld für alle?
Nutzen oder Ausnutzen?
Arbeit oder Freiheit?
Götz Werner will mit dem Konzept des „bedingungslosen Grundeinkommens“ im Zeitalter der wachsenden Arbeitslosigkeit dafür sorgen, dass jeder Mensch von der Geburt bis zum Tod ein gleiches Grundeinkommen bekommt. Absurde Idee eines Fantasten? Mitnichten: Götz Werner eröffnete 1973 seinen ersten dm-Drogerie-Discounter. Heute besitzt er über 1.600 Drogeriemärkte, beschäftigt 23.000 Menschen. Ebenso überraschend wie seine Thesen („Hartz IV ist offener Strafvollzug in gesellschaftlicher Isolation“; „Arbeit ist generell unterbezahlt“) ist seine Idee: Jedem Bürger, egal wie alt, ob beschäftigt oder arbeitslos, gesund oder krank, steht derselbe Grundbetrag vom Staat zu. Im Gegenzug sollen die Konsumsteuern drastisch erhöht werden. Für viele Experten ist das Modell unrealistisch, nicht finanzierbar – und bietet sogenannten Sozialschmarotzern Tür und Tor. Das Problem liegt Werner zufolge allerdings in der gegenwärtigen Arbeits- und Sozialpolitik: „Heute muss jeder nachweisen, dass er nicht in der Lage ist, sich selbst zu versorgen. Ein Beleg für sein Unvermögen sozusagen. Das macht die Menschen zu Almosenempfängern, und das belastet ungeheuer.“ Götz Werner leistet mit seinem Buch einen unschätzbaren Beitrag zu einer möglichen Reform unseres Sozialstaates. Pflichtlektüre – nicht nur für Guido Westerwelle!
Reguläre Arbeitsverhältnisse werden für einen immer größer werdenden Teil der Bevölkerung zu einem Privileg. Eine Möglichkeit, diesen Trend zu stoppen, ist für Gerhard Brodnik eine Arbeitszeitverkürzung, damit die vorhandene Arbeit gerechter auf alle Arbeitssuchende aufgeteilt werden kann. Das Problem: Die Mehrheit der Menschen halte an ihren Privilegien fest und sei zudem bereit, immer mehr Überstunden zu leisten. Deshalb favorisiert der Betriebswirt das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens. Den potentiellen Gefahren – ein Leben fern jeglicher Herausforderung, Untergrabung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit – stellt Brodnik die Vorteile – Befreiung von erdrückender Erwerbsarbeit, Sinnfindung in der Kreativität, Zeit für ehrenamtliche Tätigkeiten, Freiheit eines selbstbestimmten Lebens – entgegen und hofft auf die Lernfähigkeit des Menschen, das bedingungslose Grundeinkommen zu nutzen statt es auszunutzen. Die 116 Seiten schlanke Abhandlung richtet sich primär an Wissenschaftler, aber auch an Vereine und Institutionen mit sozialen Aufgaben.
Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen findet sich in den unterschiedlichsten politischen Strömungen. Vielen gilt sie als notwendige Antwort auf die Krise des Sozialstaats, auf Massenarbeitslosigkeit und zunehmende gesellschaftliche Spaltung. In diesem Band diskutieren Anhänger wie Kritiker aus Wissenschaft und Gewerkschaften ihre unterschiedlichen, teilweise gegensätzlichen Positionen. „Es ist an der Zeit, den Freiheitsbegriff für Arbeitspolitik wieder ‚in Besitz‘ zu nehmen und der bürgerlichen Gesellschaft ihren einstigen Kampfruf nach ‚Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit‘ vorzuhalten“, fordern die Herausgeber. Das Buch ist Ergebnis eines Workshops und eignet sich bestens als Grundlage für kontroverse Diskussionen.
Götz Werner: Einkommen für alle. Bastei Lübbe, 8,99 Euro, Taschenbuch, 240 Seiten
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Hartmut Neuendorff u.a. (Herausgeber): Arbeit und Freiheit im Widerspruch?: VSA, 17,80 Euro, Taschenbuch, 224 Seiten
Gerhard Brodnik: Das bedingungslose Grundeinkommen und ähnliche Konzeptionen. VDM, 49 Euro, 116 Seiten
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I N D E R N A H AUFNAHME Diesen Monat stellen wir gleich drei missverstandene Kino-Scheusale vor. Zuerst eines der haarigeren Sorte in einem Remake und einen Anzugträger in einer smarten Komödie. Dann fordert Al Pacino als netter Bankräuber in unserem DVD-Tipp: „Geld oder Leben!“
DVD-Tipp
outnow.ch
* CLIFFORD SPENCER
Wolfman
Up in the Air
Hundstage
R.: Joe Johnston GB/USA 2010, FSK 16
R.: Jason Reitman USA 2009, FSK 0
R.: Sidney Lumet USA 1975, FSK 12
Lawrence Talbot (Benicio Del Toro) kehrt aus traurigem Anlass in das Anwesen seines Vaters (Anthony Hopkins) zurück. Sein Bruder wurde brutal ermordet, bald folgen weitere Todesfälle. Auf der Jagd nach dem Mörder wird Lawrence von einer Bestie schwer verwundet. Doch seine Wunden heilen unnatülich schnell. Gerüchte über einen Werwolf machen die Runde, die Dorfbevölkerung schiebt dem Neuankömmling die Schuld zu. Zurecht, denn Lawrence verwandelt sich fortan bei Vollmond in ein mordlüsternes Monster. Nur Gwen (Emily Blunt), die Witwe seines Bruders, hält zu ihm. Wie so oft bei Neuverfilmungen klassischer Stoffe, leiht sich „Wolfman“ nur Motive vom großen Vorbild. Der Wolfsmensch von 1941 war noch eine zeitgenössische Schauermär über die innere Zerrissenheit einer tragischen Existenz. Der Wolfman von 2010 ist ein Horrorschocker mit abgeschlagenen Köpfen in viktorianischen Kulissen. Und da trägt Wolfman so dick auf wie eine Gruselgeschichte am Lagerfeuer. Es gibt Spinnenweben und Katakomben, Kerzenschein und Nebelschwaden. Das sieht alles fantastisch aus und macht Spaß, bietet aber mehr Stil als Substanz.
Ryan Bingham (George Clooney) ist Vielflieger aus Leidenschaft und Clubkarten-Fetischist. Sein Job: in fremde Unternehmen gehen und in deren Auftrag Leute feuern. Ein Geschäft, das in der aktuellen Rezession floriert. Unterwegs trifft sich der überzeugte Single gelegentlich mit Alex (Vera Farmiga), die genau wie er tickt. Als die smarte Uni-Absolventin Natalie (Anna Kendrick) Entlassungen per Videokonferenz als Sparmaßnahme vorschlägt, sieht Ryan seinen Lebensstil bedroht. Er nimmt sie mit auf Reisen, um ihr zu zeigen, wie der Hase läuft. „Up in the Air“ hätte eine simple, antikapitalistische Satire werden können. Regisseur Jason Reitman macht es dem Zuschauer nicht so einfach. Ryan und Natalie haben einen unmenschlichen Job und sind trotzdem keine Ungeheuer. Ryan ist nach jahrelanger Erfahrung abgebrüht, versucht aber zumindest, den Menschen einen würdevollen Abschied vorzuspielen. Natalie hingegen droht an ihrer Arbeit zu zerbrechen. Dazu kommen ganz normale private Probleme. „Up in the Air“ ist ungewöhnlich, intelligent und unterhaltsam, irgendwo zwischen „Lost in Translation“ und „Wall Street“.
Es sollte nur ein paar Minuten dauern: Sonny (Al Pacino) und Sal (John Cazale) wollen eine kleine Bank in Brooklyn ausrauben. Leider wurden die Tresore vor kurzem geleert. Während Sonny noch die Kassen plündert und mit den weiblichen Angestellten über Klogänge diskutiert, hat die Polizei schon das Gebäude umstellt. Dazu kommen bald mehrere hundert Schaulustige, ein paar Fernsehteams, Sonnys Ehemann, Ehefrau und seine Mutter. Die Situation ist völlig ausser Kontrolle. So verrückt das alles klingen mag, es basiert auf einem wahren Fall. Es sind gerade die absurden Szenen, die „Hundstage“ so authentisch wirken lassen. Da werden zum Beispiel ein paar Pizzen bestellt, und der Pizzabote genießt seine 15 Minuten Ruhm. Die Bevölkerung feiert Sonny zunächst als Helden. Als sie von seiner sexuellen Ausrichtung erfährt, kippt die Stimmung. Denn Sonny braucht das Geld nicht zuletzt für die Geschlechtsumwandlung seines suizidgefährdeten Mannes. „Hundstage“ ist ein astreiner, hintergründiger Thriller mit tragikomischen Elementen.
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DAS LE T Z T E
Mal ehrlich ...
Impressum
... würden Sie auch dann arbeiten, wenn Sie nicht müssten? Jörg „Yogi“ Müller
* WILLI STRÜBIG
Lisa (25), Soziologie- und Skandinavistikstudentin Wahrscheinlich schon, denn man braucht als Mensch eine Aufgabe und hat dadurch soziale Beziehungen. Ich glaube, dass viele Leute arbeiten, weil durch die Arbeit soziale Beziehungen entstehen und aufrechterhalten werden. Inke (27), Biologin Ja. Ich habe das auch schon oft getan. Die Sachen fand ich wichtig und empfand sie nicht als unangenehm. Kei Hickmann (50), trends&fun-Verteiler Das kommt auf die Arbeit an. Bestimmte Arbeiten oder Teile davon machen ja sogar Spaß, mir zum Beispiel, zu Fuß unterwegs zu sein. Vor bestimmten Aspekten der Arbeitswelt hätte ich eher Angst. Gerne würde ich wissenschaftlich arbeiten. Martin Nieswandt (23), Auszubildender im Einzelhandel Wie soll ich sonst Geld verdienen? Arbeiten ist das Richtige. Es gehört sich
zu arbeiten. Allein schon wegen der Anerkennung und, um nicht andere dafür arbeiten zu lassen. Viele haben zwar keine Möglichkeit zu arbeiten, aber es kann nicht richtig sein, freiwillig Hartz-IV zu kriegen. Herr Müller, Exportkaufmann aus Köln Natürlich würde ich arbeiten, auf jeden Fall! Alles andere ist ungesund. Leider. Zu viel Freizeit ist nicht gut. Arbeit und Freizeit sollte in bestimmter Relation zu einander stehen. Philipp (34), Versicherungsfachmann Ja, weil mir sonst zu Hause die Decke auf den Kopf fiele und der soziale Kontakt fehlen würde. Wobei – es gibt ihn auch in der Freizeit. Rudolf Bieneck (52), Rezeptionist Ja, auf jeden Fall. Ich habe auch gearbeitet als ich arbeitslos war, beschäftigte mich mit spirituellen Fragen. Jeder hat ein Recht auf Arbeit. Selbst wenn es das Grundeinkommen gäbe – ich würde arbeiten.
Clemens Eulig
Nächstes Mal APRIL-Ausgabe 2010
Unsere Aprilausgabe beschäftigt sich mit dem Thema Studium: Sie erfahren, wie nicht nur Dozenten ihre Studierenden bewerten, sondern Letztere im Internet auch ihre Lehrenden. Des Weiteren beschäftigen wir uns mit der Prüfungsangst und wie man diese bewältigt sowie den Umstruktierungen an den Hochschulen als Resultat des Bologna-Prozesses. Außerdem berichten wir über die Verbrechen der Wehrmacht in Göttingen. TagesSatz
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TagesSatz, das Straßenmagazin Herausgeber: TagesSatz e.V. 1. Vorsitzender: Hans Peter Pung Adresse der Redaktion Kassel: Westring 69, 34127 Kassel Telefon: 0561 - 861 58 43 Fax: 0561 - 861 58 61 E-Mail: kassel@tagessatz.de Mo, Di, Do: 10-12 Uhr Mi & Fr: 17-19 Uhr Adresse der Redaktion Göttingen: Obere Karspüle 18, 37073 Gö. Telefon: 0551 - 531 14 62 E-Mail: goettingen@tagessatz.de Mo, Di, Do, Fr: 10-13 Uhr Mi: 14-16 Uhr Homepage: www.tagessatz.de Bankverbindung: Kasseler Sparkasse Kto.: 11 833 79 Blz.: 520 503 53 Sparkasse Göttingen Kto.: 505 815 11 Blz.: 260 500 01 Redaktionsleitung: Jörg Sanders, Malte Schiller (GÖ), Harald Wörner (KS) Pressesprecher: Malte Schiller Vertriebsleitung: Kassel: Christian Piontek Tel.: 0561 - 861 58 18 Göttingen: Juliane Michael Tel./Fax: 0551 - 531 14 62 Anzeigenleitung: Büro Kassel Tel.: 0561 - 861 58 43 Jörg Sanders (GÖ) Tel.: 0163 - 685 99 98 Redaktion Kassel: Stefan Giebel, Trudi Kindl, Fritz Krogmann, Bianca Kuchenbrod, Nora Mey, Hans Peter Pung Kultur KS: Fritz Krogmann Redaktion Göttingen: Olaf Burhenne, Jascha Grewe, Torben Guretzky, Nora Hengst, Werner Koßmann, Thomas Kraft, Katharina Kretschmer, Kathleen Loock, Jörg „Yogi“ Müller, Daniele Palu, „Rocky“, Carsten Seydlowsky, Clifford Spencer, Willi Strübig, Melanie Swiatloch, Andrea Tiedemann, Viola Wiegand News GÖ: Nora Wetzel Illustration GÖ: Pilar Garcia Fotografie: Clemens Eulig, Jörg „Yogi“ Müller, Malte Schiller, Andrea Tiedemann, Viola Wiegand, photocase.com Umschlag: Dirk Mederer Layout: Dirk Mederer [plazebo.net] 0551-4899074, info@plazebo.net Druck: COLOR-Druck GmbH ViSdP: Harald Wörner TagesSatz erscheint zwölfmal pro Jahr im Straßenverkauf in Kassel und Göttingen Auflage dieser Ausgabe: 2.750
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Version zu veröffentlichen. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.
Verkaufspreis: 2,00 EUR, davon geht 1,00 EUR direkt an den Verkäufer.
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W O H I N , W E NN Allgemeine Hilfen
EssenSAUSGABEN
Göttingen
Göttingen
Caritasverband Göttingen Allgemeine Lebens- und Sozialberatungsstelle Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/999590
Die Göttinger Tafel Jakobikirchhof 1 37073 Göttingen Tel. 0551–51030
Opferhilfebüro Göttingen für Opfer von Straftaten Maschmühlenweg 11(Landger.) 37073 Göttingen 0551/5213883 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten Ansprechpartner: Herr Bayer 0551/6338876 Sozialdienst für Migranten, RABaZ-Beratungs- & Vermittlungsstelle für ausländische Jugendliche Karspüle 16 37073 Göttingen 0551/57739 BONUS Freiwilligenzentrum Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/9995917 Neue Arbeit Brockensammlung Levinstr.1 37079 Göttingen 0551/5067320 Pro Familia Rote Str.19 37073 Göttingen 0551/58627 Selbsthilfe Körperbehinderte Prinzenstr. 19 37073 Göttingen 0551/54733-0 Selbsthilfegruppe für Mobbing-geschädigte – Rainer Beutler 05602/1860 BürgerInnenberatung Stadt Göttingen Hiroshimaplatz 2 37083 Göttingen Kassel Kasseler Hilfe Opfer- und Zeugenhilfe e.V. Wilhelmshöher Allee 101 34121 Kassel 0561/282070 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten Ansprechpartner: Hr. Holler 0561/6029458 Pro Familia Kassel Frankfurter Straße 133 a 34121 Kassel 0561/27413 Außenstelle Witzenhausen (Rathaus/EG/Raum 10) Am Mart 1/ Witzenhausen Arbeitslosenhilfe Göttingen Arbeiterwohlfahrt Hospitalstr. 10 37073 Göttingen 0551/50091-0 Mensch & Arbeit - Beratungsstelle für Arbeitnehmer und Arbeitslose Kurze Str. 13a 37073 Göttingen 0551/43373 Verein zur Erschließung neuer Beschäftigungsformen e.V. Lange Geismarstr. 2 37073 Göttingen 0551/485622 Kassel Beratungsstelle für Arbeitslose des DGB Kreis Kassel Spohrstraße 6-8 34117 Kassel 0561/7209536
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Mittagstisch St. Michael Turmstr. 5 37073 Göttingen 0551/5479540 Straßensozialarbeit Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980 Kassel Kasseler Tafel Holländische Straße 141 34127 Kassel 0561/23003 Suppentopf der Heilsarmee jeden Montag von 14-15 Uhr Martinsplatz Gesegnete Mahlzeit Diakonisches Werk Kassel Hermannstraße 6 34117 Kassel weitere Ausgabestellen: Neue Brüderkirche, Johanneskirche, Auferstehungskirche Frauen in Not Göttingen KORE e.V. - Sozialberat. f. Frauen Papendieck 24-26 (Hinterhof, EG) 37073 Göttingen 0551/57453 Frauen-Notruf e.V. Postfach 18 25 37008 Göttingen 0551/44684 Frauenhaus e.V. Göttingen Postfach1911 37009 Göttingen 0551/5211800 Kassel Übergangseinrichtung für wohnungslose Frauen Am Donarbrunnen 32 34132 Kassel 0561/43113 Karla 3 Aufenthalt und Beratung für wohnungslose Frauen Karlsplatz 3 34117 Kassel 0561/15532 Autonomes Frauenhaus 0561/898889 Frauen in Not 0561/9892929 Notruf für vergewaltigte Frauen Frauen gegen Vergewaltigung e.V. 0561/772244 Frauen informieren Frauen e.V. Beratung bei häuslicher Gewalt Westring 67 34127 Kassel 0561/ 89 31 36 Gesundheit Göttingen Gesundheitsamt Sozialpsychiatrischer Dienst Am Reinsgraben 1 37085 Göttingen 0551/4004802 Frauengesundheitszentrum Göttingen e.V. Groner Straße 32/33 37073 Göttingen 0551/484530 Gesundheitszentrum Albanikirchhof 4-5 37073 Göttingen 0551/486766
Kassel Fahrende Ärzte Dr. Giesler/Dr. Moog Mo. von 14.00-15.30 Uhr auf dem Martinsplatz Do. von 20-24 Uhr in der Gießbergstraße
Deutsches Rotes Kreuz Zollstock 17 37081 Göttingen 0551/5096322 Ausgabe: Mo & Do 8.30-11h jeden 3. Mi im Monat 16-18h Kassel
Kabera e.V. Beratung bei Essstörungen Kurt - Schumacher Straße 2 34117 Kassel 0561/780505
Diakonisches Werk Kassel Sprungbrett & Sprungbrett spezial Steinweg 5 34117 Kassel 0561/572090
Gesundheitsamt Region Kassel Wilhelmshöher Allee 19-21 34117 Kassel 0561/10031920
Deutsches Rotes Kreuz Königstor 24 34117 Kassel 0561/7290441
Haftentlassene
Lebenskrisen
Göttingen
Telefonseelsorge für Jugendliche 0800/1110333
KIK – Kontakt in Krisen Königsallee 254 37079 Göttingen 0551/632977 Kassel Beratungsstelle für Haftentlassene Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061oder 0561/70738-00
Göttingen Telefonseelsorge 0800/1110111 0800/1110222
Kassel Drogenhilfe Nordhessen e.V. Schillerstraße 2 34117 Kassel 0561/103641 Kontaktladen „Nautilus“ Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115 SAM – Substitutionsfachambulanz Wilhelmshöher Allee 124 34119 Kassel 0561/711813 SAM 2 – Substitutionsfachambulanz Schillerstraße 2 34117 Kassel 0561/103878 WohnungslosenHilfe
Kassel
Göttingen
Telefonseelsorge 0800/1110111
Ambulante Hilfe für alleinstehende Wohnungslose Wiesenstr. 7 37073 Göttingen 0551/42300
Hilfe & Selbsthilfe bei AIDS
PSKB Stadt & Landkreis Kassel 0561/1003-0 0561/787-5361
Göttingen
Notschlafstellen
Göttinger AIDS-Hilfe Obere Karspüle 14 37073 Göttingen 0551/43735 werktags: 10-13 Uhr Beratung: 0551/19411
Beratungsstelle für Suchtkranke – Diakonieverband Schillerstr 21 37083 Göttingen 0551/72051
Göttingen Heilsarmee Untere Maschstr. 13b 37073 Göttingen 0551/42484
Diakonische Heime in Kästorf e.V. – Außenstelle Göttingen Wienstraße 4f 37079 Göttingen 0551/5053302 Straßensozialarbeit (Kleiderkammer) Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980
AIDS-Beratungsstelle Gesundheitsamt für die Stadt und den Landkreis Göttingen Theaterplatz 4 37073 Göttingen 0551/4004831
Kassel Soziale Hilfe e.V. / Panama (für alleinstehende Wohnungslose) Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738-00
Bahnhofsmission Bahnhof, Gleis 4-5 37073 Göttingen 0551/56190
Kassel
Café Nautilus (f. Drogenabhängige) Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115
Ambulante Hilfe für alleinstehende Wohnungslose Lange Str. 35 34346 Hann. Münden 05541/71034 / Fax: 05541/903210
Aids-Hilfe Kassel Motzstraße 1 34117 Kassel 0561/97975910
Rechtsberatung & Hilfe Stadt Kassel – Gesundheitsamt AIDS-Beratungsstelle Obere Königsstraße 3 34117 Kassel 0561/787–5380 Kinder & Jugendliche in Not Göttingen Omnibus - Beratungsstelle für Jugendliche & junge Erwachsene Goßlarstr. 23 37073 Göttingen 0551/392690 Kassel Deutscher Kinderschutzbund Siemensstraße 1 34127 Kassel 0561/899852
Kassel Schuldnerberatung Gottschalkstraße 51 34127 Kassel 0561/893099 Verbraucherzentrale Hessen e.V. Bahnhofsplatz 1 34117 Kassel 0561/772934 Göttingen Verbraucherzentrale Nds. Papendiek 24 37073 Göttingen 0551/57094 Suchtberatung: Alkohol Kassel
Verein zur Förderung der Erziehungshilfen in Nordhessen e.V. Wilhelmshöher Allee 32 a 0561/78449-0 Stadt Kassel Sozialer Dienst des Jugendamtes Friedrich-Ebert-Straße 1 34117 Kassel 0561/787–5301 Kleiderkammern Göttingen Ev.-ref. Gemeinde – Kleiderkammer Untere Karspüle 12 37073 Göttingen 0551/5473717
Anonyme Alkoholiker 0561/19295 Blaues Kreuz Kassel Landgraf-Karl-Straße 22 34131 Kassel 0561/93545-0 Suchtberatung Diakonisches Werk Goethestraße 96 34119 Kassel 0561/938950 Suchtberatung: Drogen Göttingen DROBZ (Drogenberatungszentrum) Mauerstr.2 37073 Göttingen 0551/45033
Hann. Münden
Kassel Die Heilsarmee / Sozial Center Ks Eisenacher Straße 18 34123 Kassel 0561/570359-0 Beratungsstelle für Nichtsesshafte Sozialamt der Stadt Kassel Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061 Beratungsstelle für alleinstehende Wohnungslose – Soziale Hilfe e.V. Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738–00 Betreutes Wohnen Diakonisches Werk Kassel Hermannstr. 6 34117 Kassel 0561/7128829 Wohnungsprobleme Kassel Zentrale Fachstelle Wohnen Wohnungsamt (Rathaus) Obere Königsstraße 8 34112 Kassel 0561/787-6252 oder -6255 Deutscher Mieterbund Mieterverein Kassel u. U. e.V. Königsplatz 59 34117 Kassel 0561/103861 Wenn Ihre Einrichtung hier nicht enthalten, oder wir eine Korrektur durchführen sollen, schicken Sie bitte eine E-Mail mit den Daten an goettingen@ tagessatz.de!
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