TagesSatz
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EDITO R I A L Lieber Leserinnen und Leser, Sexualität gehört zum Leben wie Licht und Wärme oder das Aufnehmen von Wasser und Nahrung. Sie garantiert unser Fortbestehen. Neben dieser biologischen Funktion hat sie zudem eine hohe soziale Bedeutung. Unsere Sexualität zu entdecken und auszuformen gehört mit zu den Erfahrungen, die uns am meisten Glück schenken. Fühlt man sich körperlich und seelisch seinem Gegenüber verbunden, dann ist man zugleich mit der ganzen Welt vereint. Unsere Sexualität unterliegt aber auch dem Einfluss von Gesellschaft und Kultur. Veränderungen in diesen Sphären übertragen sich somit auch auf die Einstellungen zur Sexualität. Gleichgeschlechtliche Beziehungen kennen die gleichen Sorgen und Nöte wie etwa heterosexuelle Paare. Sie sind, wie auch heterosexuelle Verbindungen, durch ein Füreinander-Einstehen und gegenseitige Fürsorge gekennzeichnet. Und werden langsam von der Gesellschaft als solche erkannt und behandelt. Leider kann man, speziell im Bereich von Aussehen und Werbung, einen Trend zur Sexualisierung beobachten, der viele Menschen verunsichert und unter Druck setzt, so dass sie sich dann beispielsweise Schönheitsoperationen unterziehen. Im zentralen Bereich unserer erotischen und sozialen Attraktivität kommt es aber mehr darauf an, wie wir selbst uns sehen, was wir uns wünschen und auch zugestehen. In diesem Sinne auf- und anregende Lektüre wünscht Ihnen
Harald Wörner (Redaktionsleitung Kassel)
Bevor Sie sich nun dem spannenden Themen der Sexualität widmen haben wir noch eine sehr traurige Nachricht zu verkünden. Am 04. April verstarb Walter Zschocke, einer unser langjährigen Verkäufer. Viele von Ihnen werden sich an ihn erinnern, wie er über den Göttinger Campus und Wochenmarkt lief und mit lautstarker Stimme den Göttinger TagesSatz anpries. Und genauso wollen wir ihn auch in Erinnerung behalten. Lesen Sie hierzu auch Nachrufe auf Seite 6 von Menschen, die ihn gut kannten und ihm nahe standen. Wir vom TagesSatz werden Walter auf jeden Fall vermissen! Jörg Sanders & Malter Schiller (Redaktionsleitung Göttingen)
TagesSatz. Hilft sofort.
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Der TagesSatz wird von Menschen in sozialen Schwierigkeiten auf der Straße verkauft. Vom Verkaufspreis der Zeitung (2,00 Euro) behalten die VerkäuferInnen 1,00 Euro. Sie können damit ihre finanzielle Situation verbessern und sind nicht mehr auf Almosen angewiesen.
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Die Mitarbeit in Redaktion und Vertrieb des TagesSatz bietet arbeits- und wohnungslosen Menschen eine Aufgabe und die Möglichkeit, neue soziale Kontakte zu knüpfen und ermöglicht langfristig gesehen den Wiedereinstieg ins Berufsleben.
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Der TagesSatz finanziert sich ausschließlich durch Verkaufserlöse, Anzeigen und Spenden. Das Straßenmagazin erhält keine regelmäßigen Fördermittel.
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Wenn Sie den TagesSatz über den Kauf hinaus unterstützen wollen, können Sie auf folgendes Konto eine Spende überweisen: TagesSatz e.V. Kassler Sparkasse Kto.: 1183379 Blz.: 52050353 TagesSatz e.V. Sparkasse Göttingen Kto.: 50581511 Blz.: 26050001 Bitte geben Sie Ihre Adresse im Feld Verwendungszweck an, damit wir Ihnen eine Spendenbescheinigung zusenden können.
Der TagesSatz ist Mitglied von:
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Würfel und Papier Das Projekt Tellerrand fördert den TagesSatz abseits von Produktion und Verkauf. Im April besuchte uns der Göttinger Spieleautor Reinhold Wittig. Verkäufer Rocky, Werner und Yogi und Redakteur Willi bekamen dabei einen tiefen Einblick in seine Ideenvielfalt.
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eit über zwei Monaten treffen sich einige TagesSatz-Verkäufer, um ein TagesSatz-Spiel zu gestalten. Um Anregungen für die praktische Umsetzung dieses Spiels zu erhalten, haben wir Herrn Wittig, den Gründer der Spiele-Edition Perlhuhn, eingeladen.
Prinzipiell sollte das Spiel eine ansprechende graphische Gestaltung und eine attraktive Verpackung haben. Außerdem sollte es klein genug sein, damit auch Leute mit wenig Platz das Spiel zu Hause spielen können. Ferner sollte es schmutzunempfindlich sein, zum Beispiel durch ein graues Spielfeld, das laminiert wird. Neu war für uns der Gesichtspunkt, dass ein Spiel nicht länger als eine halbe Stunde dauern sollte. Die größte Überraschung war Herr Wittigs Vorschlag, die Spielidee zu verändern. Wir vom TagesSatz wollten im Spiel den Tagesablauf von uns Verkäufern mit all seinen Facetten zeigen. Herr Wittig wechselte die Perspektive. Das Spiel könnte nämlich auch in dieser Aufgabe bestehen: Wie komme ich als Passant unbehelligt an einem Verkäufer vorbei, ohne eine Zeitung kaufen zu müssen.
Wir waren von dieser veränderten Sichtweise angetan, aber auch irritiert und teilweise auch überfordert, sie für uns zu akzeptieren. Herr Wittig erklärte uns geduldig, warum er es wichtig findet, das Zeitungsverkaufspiel in ein „Ich mogele mich vorbei”-Spiel umzuwandeln. Seine Argumente sind, dass damit keiner rechnet und für die Spieler das Spiel attraktiver ist. Eine weitere Idee war dann, zwei Spiele zu entwickeln. Auf der einen Seite des Spielplans handelt das Spiel aus der Sicht der Verkäufer und auf der anderen Seite aus der des Passanten. Wir würden uns freuen, liebe Leser, Ihre Meinung zum Spielperspektivwechsel zu erfahren. Uns ist klar geworden, dass noch viel Arbeit nötig ist, um das Spiel weiterzuentwickeln. Herr Wittig hat sich freundlicherweise bereit erklärt, uns nochmal zu besuchen. Wir hoffen, dass wir dann schon ein fertiges Demospiel präsentieren können.
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Jörg „Yogi“ Müller
Seine unglaubliche Kreativität überraschte uns sehr. Herr Wittig berichtete davon, wo überall man aus vermeintlichen Abfallprodukten etwas für ein neues Spiel finden kann. Er erzählte davon, wie er Sektkorken für ein Mastermindspiel benutzte, und schwärmte von den plattgefahrenen Kronkorken, die man als Spielchips benutzen könnte. Für das TagesSatzSpiel schlug er vor, den Spielplan nicht wie gewöhnlich aus Pappe oder Holz herzustellen, sondern zum Beispiel eine normale, weiße Einkaufstasche aus festem Leinenstoff zu bedrucken. Praktischerweise kann man das Spielzube-
hör wie Würfel, Spielfiguren und Ereigniskarten einfach hinein tun.
Das Projekt Tellerand fördert Aktivitäten der Göttinger TagesSatz-Verkäufer, die deren Horizont erweitern. Die Tellerand-Aktion dieses Monats wurde finanziert von cynfo GmbH – Netzwerktechnik – Datensicherheit – EDV-Service und GOECON UG – Morris Görke 4
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Sexualität und Evolution von Fritz krogmann Die Prüderie des Rollenverständnisses von stefan giebel „Ich bin schwul, und das ist gar nicht gut so“ von jörg sanders „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib!“ von MELODI WOLKEN
Rubriken
Göttingen
* Berlin ist immer eine Reise wert * Fakten auf den Kopf gestellt
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von Jörg „Yogi“ Müller
von andreas pramann
Kassel 22 Korrektheit hört an der Bettkante auf von trudi kindl 24 Der vermaledeite USB-Stick (Teil 2) von ARMINIUS
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Kultur 28 Neue Impulse bekommen von nelly sauter 29 Der Kampf um das Beständige von harald wörner
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Editorial Projekt Tellerrand Der Ticker Der Stolperstein Paragraphenreiter Eindrücke Göttinger Karikatur Straßengeflüster Winkeladvokat Die Kochnische Kultur-Empfehlungen Hinter den Kulissen Zwischen den Zeilen In der Nahaufnahme Das Allerallerletzte! Nächstes Mal Impressum Wohin, wenn
Bitte ausschneiden und zurücksenden an: TagesSatz e.V., Westring 69, 34127 Kassel
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Ort, Datum
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NACHRUF
„Und zurück bleibt nur Stille“ Privat
ZUM TOD VON VERKÄUFER WALTER ZSCHOCKE nicht mehr zu spüren. Ich bin mir sicher, dass Walter in den letzten Jahren zufrieden mit seinem Leben war. Er lachte viel und gerne und war auch stolz auf das, was er geschafft hatte. Meine Frau, meine Söhne und auch meine Freunde, die ihn während seiner 14-tägigen Besuche bei mir kennen gelernt haben, mochten ihn gerne und werden ihn vermissen.
* Jochen Humann-Bellin Unser Walter! Viele habe ihn gemocht, einige geliebt. Wenn er durch die Straßen und durch die Uni Göttingen laut rufend „Der Göttinger TagesSatz!“ gezogen ist. Auch auf dem Göttinger Wochenmarkt hatte er seine Stammkundschaft. Zeitweise war er in den Gaststätten und Kneipen unterwegs und in den Straßencafés.
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alter Zschocke hatte in seinem Leben oft Pech gehabt. Beispielsweise zog er sich eine schwere Hepatitis zu, die ihm lange zu schaffen machte, und er musste körperlich so anstrengende Arbeiten verrichten, dass er irgendwann zum Invaliden wurde. Arbeits- und Wohnungslosigkeit und auch Verschuldung setzten ihm stark zu und er verlor seine Zuversicht. Dann – in den Anfängen der 2000er – beschloss er, sein Leben zu ändern. Er suchte sich eine schöne Wohnung, die er sich gemütlich einrichtete, leitete eine Privatinsolvenz ein und fing auch wieder an zu arbeiten. Walter war der geborene Verkäufer, er verkaufte den TagesSatz lautstark und mit Inbrunst. Die letzten Jahre blickte er wieder voller Zuversicht in die Zu-
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kunft, er fühlte sich wohl und machte Pläne. Er legte sich zwei Katzen zu, die er liebevoll aufzog und auch immer gut versorgte. Zwar plagten ihn immer wieder körperliche Rückschläge, trotzdem war er voller Tatendrang. Nachdem er mehrere Jahre eher zurückgezogen gelebt hat, ging er wieder stark auf andere Menschen zu und fand auch in seiner neuen Glaubensgemeinschaft viele Freunde. Für mich als gesetzlicher Betreuer war Walter ein einziger Glücksfall. Er wollte was ändern, war stets bereit mitzuarbeiten und war auch immer dankbar für jede noch so kleine Verbesserung in seinem Leben. Die gelegentliche Verbitterung über sein schweres Los, die ihm noch zu Beginn des Jahrtausends ab und zu die Stimmung vermieste, war in den letzten Jahren
Ich denke daran, dass ich ihn oft besucht habe. Oder er mich, vielmehr uns, meine Frau und mich. Wir haben Geburtstag gefeiert, hatten immer viel zu lachen. Ja, Walter hatte Humor, ein wenig eigen. Seine beiden Katzen liebte er auch und sie ihn. Da fällt mir ein: Sie werden hoffentlich ein schönes Zuhause finden oder schon gefunden haben. Und dass das Tierheim ihnen erspart bleibt. Nun ist er nicht mehr unter uns – unfassbar! Er hinterlässt überall Löcher und Trauer, viel Trauer. Trauer um einen guten Freund. Walter, Du wirst uns im Gedächtnis bleiben. Mach‘s gut.
* Dein Kumpel Werner TagesSatz
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Jörg „Yogi“ Müller
DER TI C K E R
Die Uni verjüngt sich GÖTTINGEN – Von der Schulbank aus schon mal einen Blick in den Vorlesungssaal werfen: Dazu haben Göttinger Schüler kurz vor den Sommerferien Gelegenheit. Vom 14. bis zum 18. Juni findet an der Uni die „13. Göttinger Woche Wissenschaft & Jugend“ statt. Das Programmheft für die fünf Tage umfasst achtzig Seiten; von der „DNA zum Anfassen“, über den „Nachbarplaneten Mars“ bis zur juristischen Analyse des „Falls des Kannibalen von Rotenburg“ gibt also viel zu entdecken. Wo man sich zu den einzelnen Veranstaltungen anmelden kann, erfährt man im Programmheft oder auf der Homepage www.goettinger-woche.de
Angehende Landwirte gegen Gentechnik GÖTTINGEN/EINBECK – Um zu verhindern, dass Deutschlands größter Saatgutkonzern KWS gentechnisch veränderte Rüben anbaut, besetzte die Initiative „Witzenhäuser Agrar-Studierende, Landwirte und Gärtner für eine gentechnikfreie Landwirtschaft“ ein Versuchsfeld der KWS. Der Saatgutkonzern und die Initiative aus Wit-
zenhausen kennen sich schon länger: Nach Protesten gegen die Aussaat von gentechnisch verändertem Saatgut 2008 in Northeim und 2009 in Dreileben besetzten dreißig Witzenhäuser Studenten nun am 9. April ein Feld in der Nähe von Einbeck, um die Aussaat zu verhindern. Das gelang den Aktivisten jedoch nicht, gegen Abend wurde das Feld endgültig von Polizei und Feuerwehr geräumt. Einige Tage später, vom 15. bis zum 16. April, hielten die Gentechnik-Kritiker eine Mahnwache am Feld ab. Sie stand unter dem Motto „Fünf nach Zwölf – KWS Freisetzungsversuche stoppen“.
Kasseler Pauschalen noch nicht vom Tisch Kassel – Zunächst schien es so, als seien die Pauschalen für die Hartz-IVUnterkunftskosten vom Tisch, denn Ende Februar hatte die Stadtverordneten-Versammlung nach langem Drängen der Linken beschlossen, dass die Leistungen der Unterkunft und Heizung gemäß der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts in ihrer tatsächlichen Höhe erstattet und nicht länger pauschaliert werden dürfen. Doch die Stadtverordneten müssen sich wohl noch einmal mit den Pauschalen beschäftigen. Der Beschluss vom Februar reichte offenbar nicht aus. Sozialdezernent Barthel hat eine neue Vorlage auf den Weg gebracht, über die die Stadtverordneten in ihrer nächsten Sitzung entscheiden sollen, so heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt. Die Kosten für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Hartz-IV-Bezieher „sollen demnächst in Kassel grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen angemessenen Aufwendungen geleistet werden“, so Barthel. Genau das hat-
te die Stavo-Versammlung eigentlich schon beschlossen. Doch um Rechtssicherheit zu gewährleisten, müssten die Beschlüsse, mit denen die Pauschalierung eingeführt wurde, formell wieder aufgehoben werden, erklärte Detlev Ruchhöft, der Leiter des Sozialamtes. Nach jenem Beschluss werde die neue Regelung unverzüglich umgesetzt. Barthel unterstrich, dass er die Pauschalierung eigentlich bevorzuge. In den letzten zehn Jahren habe sich das Verfahren bewährt. Doch die Rechtssprechung des Bundessozialgerichtes lasse hier keine Alternative. Künftig würden Sozialamt und Arbeitsförderung in jedem Einzelfall die tatsächlichen Kosten für Miete und Heizung sowie weitere Betriebskosten prüfen und in angemessener Höhe übernehmen.
Gesucht & gefunden TagesSatz-Verkäufer und Sänger Horst sucht eine Wohnung/Zimmer in der Göttinger Innenstadt. Wer den geheimen Ort kenne, möge sich bitte melden. Horst Ellrich: 0171 / 1219784 Unser Kasseler Verkäufer Armin Schulze sucht einen Job bis 1500,brutto. Interessenten, die eine Arbeitsgelegenheit, gleich welcher Art, zu vergeben haben, können sich gern bei ihm unter der Nummer 01520 / 8386694 melden. Das Bochumer Kulturprojekt Theater Total, das Anfang Juni auch in Kassel gastiert, sucht dringend Übernachtungsmöglichkeiten vom 31.05 - 02.06.2010 in Kassel. Wer eine anbieten möchte, kann sich unter 0234 / 9731673 melden. ANZEIGE
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laubenpieper24.de
T I T E LT H E M A
Jörg „Yogi“ Müller
Sexualität und Evolution Worin besteht eigentlich der biologische Sinn der Sexualität? Die meisten Menschen werden antworten: „Sie dient der Fortpflanzung.“ Doch das ist falsch, denn zahllose Tier- und Pflanzenarten vermehren sich ungeschlechtlich.
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* FRITZ KROGMANN
äre nicht alles viel einfacher, wenn die Natur die Sexualität nicht „erfunden“ hätte? Ein friedliches Dasein als geschlechtsloses Neutrum, das sich jederzeit völlig problemlos fortpflanzen könnte. Keine energieaufwendige Partnersuche mehr – keine Balztänze, keine Paarungsgesänge, keine Geweihgefechte. Im Tierreich gibt es zumindest fünf Fortpflanzungsmethoden, die sich von der getrenntgeschlechtlichen Vermehrung deutlich unterscheiden: Teilung, Knospung, Jungfernzeugung, Hermaphroditismus und die Fähigkeit zur Geschlechtsumwandlung.
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Dass Einzeller, wie Amöben oder Geißeltierchen, sich durch Teilung vermehren, ist allgemein bekannt. Doch auch bei diesen einfach strukturierten Lebewesen existiert bereits eine Vorform der Sexualität: Gelegentlich TagesSatz
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TITELTH E M A verschmelzen nämlich zwei von ihnen miteinander und vermischen die in ihren Zellkernen enthaltenen Erbinformationen, bevor sie sich wieder teilen. Durch diese Kombination von Eigenschaften können Mutationen schneller weitergegeben werden. Die Evolution wird beschleunigt. So werden zum Beispiel Krankheitserreger rasch gegen die von den Ärzten verordneten Antibiotika immun, und die Medikamente wirken nicht mehr. Die Knospung ist eine der typischen Vermehrungsmethoden der Nesseltiere, wie Süßwasserpolypen und Quallen, die sich jedoch bereits auch geschlechtlich fortpflanzen können. Am Körper eines ausgewachsenen Tieres wächst eine Knospe, die sich schließlich abschnürt und zu einem selbständigen kleinen Exemplar wird. Bei vielzelligen Tieren mit sehr einfach organisiertem Körperbau ist jedoch grundsätzlich auch eine Vermehrung durch Teilung möglich. Fast unbegrenzt ist das Regenerationsvermögen der Strudelwürmer, die ein Biologe als „unter dem Messer unsterblich“ bezeichnete. Man kann sie zerschneiden, wie man will, selbst aus einem Tausendstel des ursprünglichen Tiers wächst wieder ein lebensfähiger winziger Wurm heran.
Inzucht spielen bei dieser Bevölkerungsexplosion nur eine geringe Rolle und werden von der Umwelt rasch ausgemerzt. Im Herbst gebären die Jungfern dann plötzlich junge Männchen, mit denen sie sich paaren, um Eier zu legen, die den Winter überdauern können. Wie aber kann es dazu kommen, dass die Blattläuse am Jahresende auf dem Wege der Jungfernzeugung Männchen gebären? Kann man mit dieser Methode nicht nur genaue Abbilder der Mutter erzeugen? Eine Antwort darauf wurde bei einer Untersuchung der Sackspinner-Schmetterlinge gefunden, bei denen die Parthenogenese ebenfalls vorkommt, wobei jedoch ausschließlich Männchen geboren werden. Bei diesen Insekten enthalten die Eizellen zwei Kerne, die dann miteinander verschmelzen, wenn keine reguläre Paarung stattfinden kann, weil kein Männchen gefunden wird. Durch
immer schwieriger. Es handelt sich also um eine Art Geburtenkontrolle durch Kannibalismus. Dies hat offenbar dazu geführt, dass bei einigen Arten die Männchen ganz eliminiert wurden. So existieren zum Beispiel von der Amazonen-Molly nur Weibchen, bei denen Mütter und Töchter sich stets völlig gleichen. Während der Brutzeit verlassen diese Fische ihr Revier und paaren sich mit den Männchen anderer, nahe verwandter Arten. Der männliche Samen dient jedoch nur dazu, die Eizelle zur Teilung anzuregen und wird dann im Mutterleib abgetötet. Auch dies ist Jungfernzeugung, obwohl die Amazonen-Mollys keine wirklichen Jungfern bleiben. Viele Würmer und Schnecken sind Hermaphroditen oder Zwitter, das heißt, sie besitzen sowohl Ei- als auch Samenzellen und befruchten sich bei der Paarung gegenseitig. Dies hat den Vorteil, dass doppelt so viele Eier produziert werden können wie bei getrenntgeschlechtlichen Tieren. Bei parasitär lebenden Würmern, wie etwa den Bandwürmern, ist auch die Selbstbefruchtung üblich, denn im Darm eines Lebewesens trifft man nur selten einen Partner.
Die Natur als unerschöpfliches Experimentallabor, das immer neue Formen des Überlebens ausprobiert
Interessant ist die Jungfernzeugung oder Parthenogenese. Man findet sie bei Arten, deren ferne Vorfahren noch getrenntgeschlechtlich waren, bei denen die Evolution das Männchen jedoch zumindest zeitweise wieder abgeschafft hat. Die Blattläuse beispielsweise müssen sich, wenn sie nicht aussterben wollen, im Frühjahr und Sommer so schnell vermehren, dass ihnen für die Paarung keine Zeit bleibt. Es existieren daher ausschließlich Kolonien von lebendgebärenden Weibchen, die permanent Junge hervorbringen, ohne befruchtet worden zu sein. Alle diese Nachkommen sind ebenfalls Weibchen, die, ähnlich wie eineiige Zwillinge, genetisch mit der Mutter vollständig identisch sind. Degenerationserscheinungen infolge der TagesSatz
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die Verbindung zweier Chromosomensätze entsteht ein normaler Kern, der eine reguläre Entwicklung ermöglicht. Das Weibchen trägt also sein Ersatzmännchen, mit dem es sich später weiter paaren kann, bereits in sich. Auch bei vielen anderen Insekten, wie Stabheuschrecken, Wandelnden Blättern, Schlupf- und Gallwespen ist die Parthenogenese üblich. Bei einigen Arten kommt auf tausend Weibchen nur ein einziges Männchen. Bei den Lebendgebärenden Zahnkärpflingen aus der Verwandtschaft der Guppys haben die Männchen die Angewohnheit, in der Nähe der trächtigen Weibchen zu lauern und dann ein Baby nach dem anderen unmittelbar nach der Geburt aufzufressen. Zwar versuchen die Weibchen, sich zu verstecken, aber bei wachsender Bevölkerungsdichte wird dies
Die Barschartigen Fische zeigen eine breite Palette verschiedener Fortpflanzungsmethoden. Der Gürtel-Sandfisch aus der Familie der Sägebarsche ist ein vollendeter Hermaphrodit. Zwar scheinen diese Fische auf den ersten Blick durch unterschiedliche „männliche“ und „weibliche“ Farbmuster getrenntgeschlechtlich zu sein, doch wie beim Chamäleon kann sich ihr gesamtes Erscheinungsbild in Sekundenschnelle wandeln. Aus einem „Männchen“ wird ein „Weibchen“ und umgekehrt. Komplizierter sind die Verhältnisse bei den Lippfischen. Hier gibt es drei „Geschlechter“: unscheinbare Weibchen, große, bunte „Primärmännchen“ und kleinere „Beimännchen“, die im Grunde genommen ins Männliche umkonstruierte Weibchen sind. Diesen weiblichen Männchen kommt 9
T I T E LT H E M A lediglich die Aufgabe zu, den Laich vor Nesträubern zu schützen, wenn das Primärmännchen abwesend ist. Stirbt dieses jedoch, so zeigt auch das Beimännchen, dass es ein echtes Männchen sein kann. Übrigens scheint es so, dass die Beimännchen eine Zwischenstufe auf dem Wege der Geschlechtsumwandlung vom Weibchen zum Männchen sind. Auch die meisten Sägebarsche, darunter die mächtigen, bis zu vier Meter langen Zackenbarsche, sind bei Eintritt der Geschlechtsreife zunächst einmal weiblich und wandeln sich dann mit fortschreitendem Alter in Männchen um. Bei ihnen gibt es nur junge Weibchen und alte Männchen. Einen umgekehrten Geschlechtswechsel findet man beim auch „Wattenwurm“ genannten Seeringelwurm. Solange dieses tausendfüßlerähnliche Tier weniger als zwanzig Körperabschnitte besitzt, ist es ein Männchen. Verlängert es sich um weitere Segmente, so produziert es statt Samen Eier. Zerschneidet man einen dieser weiblichen Würmer, so verwandelt sich der überlebende vordere Teil, sofern er weniger als zwanzig Segmente besitzt, sofort wieder in ein Männchen, das abermals zum Weibchen heranwachsen muss.
frühen Vielzellern noch jede einzelne Körperzelle die Fähigkeit, sich so lange zu teilen, bis ein vollständiges neues Tier entstand. Doch schließlich wurden die mehrzelligen Organismen zu komplex, um diese ungeschlechtliche Form der Fortpflanzung noch zu ermöglichen, und zuletzt behielten nur noch die Eizellen ihre fast unbegrenzte Teilungsfähigkeit. Denn auch bei den Süßwasserpolypen gibt es Sexualität. In Zeiten starker Überbevölkerung werden diese geschlechtslosen Wesen plötzlich weiblich oder männlich, und an ihren Körpern bilden sich Beulen, aus denen Eier oder Samen ins Wasser ausgestoßen werden. Nur bei hoher Bevölkerungsdichte haben diese eine Chance, frei schwimmend aufeinander zu treffen. Die befruchteten Eier sind gegen Kälte widerstandsfähig und ermöglichten es den Polypen, sich weiter nach Norden auszubreiten.
Art einfließen. Trotz dieses Nachteils findet man die Parthenogenese jedoch nicht nur bei Insekten und Fischen, sondern sogar bei Reptilien. Seit den sechziger Jahren ist es Forschern mehrfach gelungen, die Jungfernzeugung auch bei Säugetieren, wie Kaninchen und Mäusen, durch Reizung der Eierstöcke mit elektrischen Impulsen auszulösen. Entgegen den Wünschen einiger Feministinnen, die hofften, dass die Parthenogenese auch beim Menschen möglich sein könnte, entwickelten sich die so erzeugten Embryonen aber nur bis zum siebten Tag und gingen dann ein. Das Hauptproblem bei der getrenntgeschlechtlichen Fortpflanzung ist die Rolle des Männchens. Solange sich seine Funktion nur auf die Befruchtung des Weibchens beschränkt, ist sein Nutzen für die Art gering. Bei den Insekten und Spinnentieren ist daher die Existenz der Männchen kläglich und ihr Leben kurz. Doch selbst so mörderische Fressmaschinen wie die Gottesanbeterinnen, die ihren Partnern bereits zu Beginn der Paarung den Kopf abreißen, sind nur so lange vor dem Aussterben sicher, wie sie Männchen finden, bei denen der Sexualtrieb stärker ist als die Todesangst. So hat die Evolution dem männlichen Geschlecht schließlich die Eigenschaften verliehen, die das Überleben am besten sichern: Stärke, Aggressivität und Dominanzverhalten. Denn selbst beim Menschen ist der Nutzen der Männer für die Arterhaltung noch immer fraglich. Sie haben zwar durch technische und medizinische Erfindungen das Leben in vielen Bereichen erleichtert, doch durch Kriege und Umweltzerstörungen auch neue Menschheitsbedrohungen geschaffen. Vielleicht sollten wir uns daran erinnern, dass auch in uns, ähnlich wie bei den hermaphroditischen und geschlechtsumwandelnden Tierarten, das Männliche und Weibliche keineswegs so klar voneinander abgegrenzt ist, wie wir oft annehmen, und dass wir auch diejenigen Potenziale in uns entfalten sollten, die wir dem jeweils andern Geschlecht zuschreiben.
Die Geschlechter sind nicht klar voneinander abgegrenzt
Auch bei den Fröschen sind die Geschlechter nicht wirklich festgelegt. Ein kastrierter männlicher Frosch wird nicht zum Eunuchen, sondern zum perfekten Weibchen. Vermehrt sich dagegen in einem Teich die Population der Frösche so stark, dass Nahrungsmangel entsteht, so wandeln sich viele der Weibchen in Männchen um und können keine Nachkommen mehr produzieren. Nun lässt sich die Evolution der Fortpflanzung leicht nachvollziehen. Am Anfang standen Einzeller, die sich durch Teilung vermehrten. Später schlossen sich einige dieser Einzeller zu Kolonien zusammen, aus denen sich schließlich mehrzellige Lebewesen entwickelten. Ähnlich wie bei den Süßwasserpolypen besaß bei diesen 10
Während die geschlechtliche Fortpflanzung bei den Süßwasserpolypen noch eine Art Luxus ist, wurde sie bei den höher entwickelten Tieren zur Regel, wobei es zwischen Getrenntgeschlechtlichkeit und Hermaphroditismus ein breites Spektrum an Möglichkeiten gibt. Daneben entwickelte sich bei vielen Tiergruppen die Jungfernzeugung als schnelle, problemlose Form der ungeschlechtlichen Vermehrung. Allerdings befinden sich Arten, bei denen es nur Weibchen gibt, wie dies etwa bei der Amazonen-Molly der Fall ist, in einer evolutionären Sackgasse. Im Falle einer plötzlichen Umweltveränderung wird bei ihnen die Anpassung dadurch erschwert, dass positive Mutationen nur von der Mutter an die Töchter weitergegeben werden können. Eine genetische Verbesserung hat sich daher erst dann durchgesetzt, wenn die Nachkommen aller Artgenossen, die dieses Merkmal nicht besitzen, ausgestorben sind. Auf sexuellem Wege können dagegen mehrere positive Mutationen gleichzeitig in die
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Die Prüderie des Rollenverständnisses Der Mensch erkennt sich erst durch den Menschen. Erst im Miteinander entdecken wir uns selbst und die Menschlichkeit. Liebe und Sexualität sind die intimsten Formen der Erkenntnis von uns selbst und unserem Wesen. Wir finden uns selbst in Partnern und geben dem Anderen Halt in einer sich verändernden Welt.
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Carsten Seydlowsky
* STEFAN GIEBEL
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nfang der neunziger Jahre wurde das Autonome Schwulenreferat gegründet und ist Teil der studentischen Selbstorganisation der Universität Kassel. Es steht dem TagesSatz für ein Interview zur Verfügung. Wo liegen die Anfänge der Sexualität? In der Pubertät erwacht die Sexualität. Damit sollte nicht die Frage der Orientierung aufgeworfen werden. Doch die gesellschaftlichen Normen erwarten von einem Jungen, dass er „seinen Mann“ stehen soll. In der Schule fehlen ihm Orientierungspunkte. Androgynität ist ihm gestattet. Er bekommt keine Antwort, wer er ist. Sexualität ist lebenserhaltend und energiespendend. Wo ist da eine Ausrichtung? Du hast eine Verpackung, aber ohne Inhalt. Es wird keine sexuelle Identität aufgebaut. Man mag sie leben können, aber in der Realität wird sie weggeklemmt. Das Zwischenmenschliche wird heruntergefahren.
Wie hängen gesellschaftliche Rolle und Sexualität zusammen?
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Es findet ein reger Diskurs im Referat statt. Vom gesellschaftlichen Standpunkt geht es um Normierung, um Rollenverständnis und Moral: Wer der „Mann“, wer die „Frau“ in der Partnerschaft ist? Wer die Schürze anhat und wer die Hose? Schwule fühlen sich nicht als abweichend, sondern empfinden die Sexualität als ein Teil ihrer Identität. Das vorherrschende Rollenverständnis ist sehr prüde. Gibt es einen Zusammenhang zwischen sexueller Orientierung und politischer Einstellung? Die Frage der sexuellen Orientierung sollte sich gar nicht stellen. Nur die Tatsache, dass jemand schwul ist, bedeutet noch lange nicht progressiv zu sein. Die Sachlichkeit der politischen Frage sollte im Vordergrund stehen. Ist es gesellschaftlich von Interesse, wen Politiker mit auf ihre Reise nehmen? Die Frage muss gestellt werden dürfen, wer dabei mit welchen Interessen dabei ist. Sollten gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit der Ehe gleichgestellt werden?
Die eingetragene Lebensgemeinschaft ist ein Sondergesetz. Es ist keine Ehe. Ehe ist das verbriefte Recht „Rolle plus Reproduktion“. In der Geschichte der BRD gab es in den 1950ern und 1960ern rosa Listen. Warum sollte das nun vor dem Standesamt angegeben werden? Das gilt natürlich auch für Lesben. Zuordnung ist verpflichtend. Für Transsexuelle ist eine Geschlechtszuordnung schwer. Es ist ein Eingriff in die Intimsphäre. Die Steuer fragt nach Ehefrau oder -mann. Wahlverwandtschaften, wie sie die einstige PDS und Linke forderte, anstatt der Ehe wären besser. Welche Rolle spielen Kinder in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften? Ich finde es schön, Kinder groß werden zu sehen, die Übernahme von Verantwortung, nicht Besitzergreifung. Ich merke bei mir auch diesen Wunsch. Ich habe für mich einen anderen Schwerpunkt gesetzt. Bei Heterosexuellen wird das erwartet, bei Homosexuellen wird das nicht erwartet. Momentan eher nicht, gerade aus materiellen Gründen. Bei Homosexuellen wird von Regenbogenfamilien gesprochen. Es ist schwerer für Homosexuelle, da davon ausgegangen wird, sie könnten nicht richtig erziehen. Wie sehen Sie die Zukunft zwischenmenschlicher Beziehungen? Ausstieg aus den heteronormativen Weltbildern, aus dem Raster. Leben zu dritt. Ein anderes Verständnis. Ob nichts anderes möglich ist. Alternativen zum Bisherigen sind keine Fakten. Alternativen wachsen. Die Frage ist nicht nach dem Rahmen, der Rahmen bildet sich mit der Zeit.
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„Ich bin schwul, und das ist gar nicht gut so“ „Ich bin schwul, und das ist auch gut so“, sagte der SPD-Politiker und Regierende Bürgermeister Berlins Klaus Wowereit auf einem Sonderparteitag im Juni 2001. Bi- und Homosexuelle sind in den meisten Bereichen bekannt und werden inzwischen weitgehend toleriert: Wowereit und Westerwelle in der Politik, Dirk Bach und Anne Will im Fernsehen, Elton John und George Michael in der Musikindustrie, im Profifußball sind es … – ja wer denn?
Jörg Sanders
* JÖRG SANDERS
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eim Fußball hagelt es manchmal, gerade in den unteren Ligen, Beschimpfungen wie „verweichlichte Schwuchtel“. Anschließend liegen sich dieselben vermeintlich harten Fans weinend in den Armen, weil ihr Verein abgestiegen ist. Homosexualität ist kein neuzeitliches Phänomen. Bereits vor Hunderten und Tausenden Jahren gab es homosexuelle Menschen. Zu ihnen werden Sokrates, Michelangelo, da Vinci, Elisabeth I von England, Alexander von Humboldt, Simone de Beavoir, Marlene Dietrich und Thomas Mann gezählt. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen; so erschien im lesbisch-schwulen Quer-Verlag 2004
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das Buch „Out! 800 berühmte Lesben, Schwule und Bisexuelle“ in der bereits fünften und erweiterten Ausgabe. Heute bekennen sich viele Berühmtheiten zu ihrer Homosexualität und haben dazu beigetragen, sie halbwegs salonfähig zu machen. Als „normal“ und
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Im Sport, insbesondere im Fußball, ist Homosexualität noch immer ein Tabuthema, das von den Betroffenen totgeschwiegen wird, aus Gründen des Selbstschutz’ vielleicht totgeschwiegen werden muss, wenngleich Theo Zwanziger vom Deutschen Fußballbund die
Über das Normale wird nicht geredet alltäglich kann sie jedoch keineswegs betrachtet werden, denn noch immer wird viel über Homosexualität geredet; und über das Normale wird nicht geredet. Schließlich würde sich niemand echauffieren, wenn ein Edmund Stoiber gestünde: „Ich bin heterosexuell, und dazu stehe ich!“
Tolerierung homosexueller Spieler fordert und mit Aktionen forciert. Dennoch wird in keiner anderen Sportart Homosexualität derart tabuisiert wie im Fußball. Es gilt noch immer als klassische Männersportart, die letzte Bastion, wo Mann noch Mann sein kann: Hier können sie schreien, pöbeln und TagesSatz
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TITELTH E M A sogar weinen, gemeinsam mit anderen Spielern und Tausenden von Fans. Trotzdem: Es gibt noch immer keinen deutschen Profispieler, der sich zu seiner Homosexualität bekennt. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass es keine schwulen Fußballer gibt, obgleich nach Schätzungen von Wissenschaftlern fünf bis zehn Prozent der deutschen Männer homosexuell sind und rein statistisch betrachtet mindestens ein homosexueller Sportler pro Team auf dem Platz stehen müsste? Dass das nicht so ist, weiß die Berliner Kulturwissenschaftlerin Tatjana Eggling. Sie habilitiert seit mehreren Jahren zum Thema Homosexualität im Profisport und berät homosexuelle Sportler. Auch zwei Fußballer aus der Ersten Bundesliga suchten bereits Rat bei ihr, anonym natürlich. Eggeling weiß um den immensen Druck der Profisportler. Diese Spieler führen oftmals ein Doppelleben mit Scheinbeziehungen, buchen Hostessen für öffentliche Auftritte, fürchten Repressionen von Teamkolle-
nicht täte – vergeblich. Bereits 1982 wurde der Stürmer von seinem Trainer Brain Clough mit den Worten „verdammte Schwuchtel“ vom Fußballplatz getreten. Nachdem Fashanu sich weigerte, den Platz zu verlassen, wurde er von Polizisten vom Platz geführt. Zuvor hatte Clough erfahren, dass sich Fashanu in der Schwulenszene bewege. In seiner späteren Biografie räumte Clough eine Mitschuld an Fashanus Tod ein und gab zu, ihn als Trainer im Stich gelassen zu haben. Ein deutscher Spieler, der sich zu seiner sexuellen Neigung bekannte, ist Marcus Urban, ehemaliger Amateurfußballer des Vereins Rot-Weiß Erfurt. Er entdeckte seine Homosexualität während der Pubertät und war der Ansicht, nicht schwul sein zu können, spielte er doch schließlich Fußball. Mit dem darauf folgenden jahrelangen Versteckspiel hatte Urban derart stark zu kämpfen, dass auch bei ihm Suizidgedanken aufkamen. Der ehemali-
Spahn Vertreter von Verbänden, Vereinen und Fangemeinschaften im Berliner Olympiastadion, um eine Erklärung gegen Diskriminierung zu unterschreiben. Das Interesse der Fußballvereine war jedoch außerordentlich gering: Von den zwölf Frauenfußball-Bundesligisten unterschrieb lediglich ein Verein die Erklärung, von den Profivereinen der Ersten und Zweiten Liga der Männer ist fast keiner der Einladung gefolgt, die Deutsche Fußballliga (DFL) als deutscher Fußballverband blieb der Veranstaltung sogar gänzlich fern. Fußball hat also noch einen langen Weg vor sich und steht noch ganz am Anfang. Und solange es aus Fankurven Homosexuellen feindliche Parolen hagelt, wird sich vermutlich auch wenig daran ändern. „Ich bin schwul, und das ist gar nicht gut“, müsste demzufolge die Aussage eines Spielers lauten, wenn er sich der Masse stellt.
Fußball hat noch einen langen Weg vor sich gen, Gegnern und Fans und auch den Karriereknick und dadurch letztendlich finanzielle Einbußen. Aus diesen Ängsten heraus sorgen sie für eine bis ins letzte Detail aufgebaute Fassade. Wie groß der Druck ist, den homosexuelle Fußballer unterliegen, verdeutlicht das Beispiel des englischen Profifußballers Justin Fashanu. Er war und ist der erste und während der Aktivzeit einzige Profisportler, der sich öffentlich zu seiner sexuellen Neigung bekannte. Neben rassistischen Hasstiraden aus den Zuschauerrängen musste der Sportler nigerianischer Abstammung schwulenfeindliche Beschimpfungen über sich ergehen lassen. Fashanus Homosexualität beendete seine Profikarriere, 1998 erhängte er sich nach Vergewaltigungsvorwürfen, die anschließend aufgrund mangelnder Beweise fallen gelassen wurden. Acht Jahre zuvor wagte Fashanu für 80.000 Pfund in der Boulevardzeitung „The Sun“ sein Coming Out. Fashanus Bruder bot ihm – die negativen Folgen vermutlich ahnend – zuvor dieselbe Summe, wenn er dies TagesSatz
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ge DDR-Jugendnationalspieler musste sich nach der Wende zwischen einem Zweitligavertrag und seiner persönlichen (sexuellen) Identität entscheiden – beides miteinander zu verbinden erschien dem Nachwuchstalent unmöglich, woraufhin er sich gegen den Fußball entschied und sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte. Nicht anders sieht es im Profifußball der Frauen aus. Offiziell gibt es keine lesbische Fußballerin im deutschen Nationalteam, dennoch sind viele von ihnen abends in einschlägigen lesbischen Lokalen anzutreffen. Tina Theune, ehemalige Nationaltrainerin von 1996 bis 2005, schätzt den Anteil der lesbischen Spielerin der Nationalmannschaft auf sechzig bis siebzig Prozent. Doch nicht anders als im Männerfußball bekennt sich auch hier niemand zur Homosexualität. Der DFB versucht unterdessen, dem Thema Homophobie mit Aktionsveranstaltungen zu begegnen. Im Oktober 2007 trafen sich auf Einladung des DFB-Sicherheitsbeauftragten Helmut
Ganz grundlegend ist fraglich, warum die Sexualität eines homosexuellen Menschen von Interesse ist. Sexualität wird in der Regel privat ausgelebt. Warum es daher von Interesse wäre, wenn eine Birgit Prinz oder ein Lukas Podolski mit dem eigenen Geschlecht verkehrten, ist fraglich; denn Einfluss auf die sportliche Leistung hat die sexuelle Neigung sicherlich nicht, sofern auch mit Homosexualität sachlich umgegangen wird.
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MEHR ZUM THEMA: Karen-Susan Fessel, Axel Schock: Out! 800 berühmte Lesben, Schwule und Bisexuelle, Quer Verlag, 19,90 Euro European Gay & Lesbian Sport Federation www.eglsf.info Queer Football Fanclubs (QFF) www.queerfootballfanclubs.com Hertha-Junxx – offiziell erster schwul-lesbischer Fußballfanclub der Bundesliga www.hertha-junxx.de
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T I T E LT H E M A Religion und Sexualität – diese beiden Themen gehören zusammen, und fast jede religiöse Gemeinschaft hat Vorschriften, die erlaubte und nicht erlaubte sexuelle Praktiken und die Partnerwahl regeln sowie Gebote zu vor- und außerehelichem Geschlechtsverkehr geben. Zu diesem Themenbereich gehören gleichwohl die Ablehnung oder eben die Zustimmung zur Homosexualität oder auch Keuschheit. Fest steht: Fast alle Religionen fördern oder unterdrücken bestimmte sexuelle Praktiken.
* MELODI WOLKEN
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„Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib!“
er Sinn und die Bestimmung von Geschlechtsverkehr variiert je nach religiöser Tradition. Bei der Weltanschauungsgemeinschaft der Rael-Bewegung ist der Sinn Spaß. Das Individuum soll sich von allen Konventionen befreien, ungehemmt Sexualität praktizieren und sich teilweise darüber definieren. Es werden mehrtägige Veranstaltungen angeboten, bei denen auch Sex eine Rolle spielt. Die Mitglieder arbeiten vorwiegend im Erotikmilieu, gehören teilweise sexuellen Minderheiten wie Homo- und Bisexuellen an oder sind Personen, die eine Geschlechtsumwandlung vor oder hinter sich haben (Transgender-Personen). Neben der Bedeutsamkeit, die der Sexuali-
Carsten Seydlowsky
Die Gemeinschaft sittlich und moralisch rein halten
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tät zukommt, ist ein weiterer wichtiger Pfeiler die nahende Ankunft von Außerirdischen, mit denen der Stifter Claude Vorilhon seiner Aussage nach in Kontakt steht. Die Außerirdischen namens Elohim – Elohim ist auch ein Name des jüdisch-christlichen Gottes im Alten Testament – seien in Besitz eines technischen Verfahrens, mittels dessen sich ihre Art außerhalb ihres eigenen Körpers fortpflanzen könne. Eine ähnliche Technik habe auch die irdische Rael-Bewegung. So gab die der Rael-Bewegung nahe stehende Firma „Clonaid“ an, mehrere Menschen geklont zu haben; allerdings bleibt das Unternehmen der Weltöffentlichkeit hierzu bisher einen Beweis schuldig. Innerhalb dieser Gemeinschaft wird es jedenfalls ermöglicht, Sexualität getrennt von der Fortpflanzung zu betrachten, da die Option des Menschenklonens bestehe, die jedoch nicht zum Erhalt der Menschheit angedacht sei, sondern als eine Methode, um ewiges Leben zu erhalTagesSatz
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TITELTH E M A ten. Hierzu werde das Bewusstsein in den menschlichen Klon transferiert, und der Mensch könne somit in seinem eigenen Klon weiterleben. Bei Neuen Religionen, beispielsweise den Zeugen Jehovas, kann außerehelicher Geschlechtsverkehr Gegenstand eines Ausschlussverfahrens sein. Die Zeugen Jehovas haben klare strikte Gebote, die für alle Gemeindemitglieder gelten und vor dem Eintritt in die Gemeinde – der Taufe im Erwachsenenalter – erlernt werden. In einer etwa drei Jahre andauernden Unterweisung in die Lehren der Zeugen Jehovas werden den potentiellen Mitgliedern die Regeln und Gebote der Gemeinschaft erläutert. Hierzu gehört auch, dass Geschlechtverkehr nur innerhalb der Ehe zwischen Mann und Frau praktiziert werden darf. Wird ein Verstoß bekannt oder bekennt sich eine Person selbst zu ihrer (sexuellen) Verfehlung und zeigt keine Reue, hat dies einen Ausschluss aus der Gemeinschaft und den Kontaktabbruch zu den Gemeindemitgliedern zur Folge. Dies erscheint recht harsch, insbesondere unter Berücksichtigung, dass die Zeugen Jehovas ihre Sozialkontakte bevorzugt untereinander suchen. Ziel ist es, die Gemeinschaft sittlich und moralisch rein zu halten. Bevor jedoch ein vorschnelles Urteil gefällt wird, gilt zu bedenken, dass sich diese Menschen bewusst für den Eintritt in diese Gemeinschaft mitsamt ihrer Regeln entschieden haben.
der schilderten dem dort tätigen Ältestenrat von ihren intimen sexuellen (ehelichen) Praktiken und wollten in Erfahrung bringen, ob diese mit dem Gesetzt Gottes korrelieren. Wurden die ersten Anliegen noch entschieden und Praktiken wie beispielsweise Oralverkehr untersagt, kam der Ältestenrat letztendlich zu dem Schluss, dass die Mitglieder eigenverantwortlich über ihr eheliches Sexualleben zu bestimmen und sich vor Gott dafür zu verantworten haben. Wiederum anders wird das Thema der Sexualität im Islam betrachtet. Entgegen der öffentlichen Meinung, dass der Islam eine homogene Glaubensgemeinschaft sei, hat dieser zahlreiche Traditionslinien, die sich je nach Land
– dass es zu sexuellen Kontakten zwischen Personen des gleichen Geschlechtes kommt. Das Konzept von der europäischen Homosexualität, dass Menschen gleichen Geschlechts aus Liebe in einer Paarbeziehung leben, wird hingegen zumeist abgelehnt. Da der Kontakt zu gegengeschlechtlichen Personen durch die Geschlechtertrennung stark eingeschränkt ist, ist es nicht unüblich, insbesondere vor der Heirat sexuelle Kontakte zum gleichen Geschlecht zu haben. Aber auch der alltägliche öffentliche Körperkontakt (ohne sexuelle Absichten) zwischen Personen gleichen Geschlechts unterscheidet sich vom nordeuropäischen. So kam es, dass die deutschen Truppen zu Beginn ihres Afghanistaneinsatzes ablehnend auf die männlichen Bewohner reagierten. Grund: Die afghanischen Männer berührten oder umarmten die deutschen Soldaten in einer für sie üblichen Weise, die für die Deutschen missverständlich war.
Der Islam hat eine befürwortende Einstellung zur Sexualität
Die Zeugen Jehovas gehen ferner davon aus, dass die Bibel in einer Art Diktat an den jeweiligen Schreiber offenbart wurde, ihre Aktualität und Wahrheitsanspruch steht an oberster Stelle. Bei Antworten, die nicht aus der Bibel hergeleitet werden können, oder wenn es noch keine Handlungsanweisungen gibt, ersuchen die Gläubigen die so genannten Ältesten um Rat, die es in jeder Gemeinde gibt. Ende der 1970er Jahre gab es zahlreiche Briefe, die in der obersten Zentrale der Zeugen Jehovas in Brooklyn, New York, eintrafen. Die verunsicherten MitglieTagesSatz
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erneut unterscheiden können. Der Islam sowie der Koran haben eine eher befürwortende Einstellung zu Sexualität. Eine keusche Lebensweise wird üblicherweise abgelehnt, vielmehr wird jedem Gläubigen – zur Vermeidung von unzüchtigem Verhalten – die Ehe angeraten. Das islamische Verständnis vom öffentlichen und privaten Bereich unterscheidet sich von unserer Vorstellung. In vielen muslimisch-arabischen Ländern sind sexuelle oder auch erotische Kontakte wie das Küssen zwischen Mann und Frau in der Öffentlichkeit eher unerwünscht. Dies, wie auch der Körper oder die Haare der Frau, gehören in den privaten Bereich. Die Ansicht, dass ein Schleier automatisch mit Unterdrückung der Frau einhergeht, wird von der Mehrheit der Musliminnen nicht geteilt. Für viele ist es ein Zeichen, dass sie sich zu den moralisch-sittlichen Werten des Islams bekennen. Die Familie nimmt im konservativen Islam eine herausgehobene Stellung ein, was traditionell mit einer strikten Geschlechtertrennung und der Jungfräulichkeit der Frau einhergeht. Diese Geschlechtertrennung kann dazu führen – wie aus einigen arabisch-islamischen Ländern bekannt
Das religiös oder kulturell Andere wird gerade unter dem Aspekten zur Sexualität kritisch beäugt. Es wird gerne negativ bewertet, um die eigene Haltung dadurch umso positiver dazustellen.
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MEHR ZUM THEMA: Die Rael-Bewegung Stifter: Claude Vorilhon alias Raël (*1946) Mitgliederzahl: Angaben schwanken zwischen 22.000 und 55.000 Hauptverbreitungsgebiet: französischsprachige Gebiete in Kanada und Frankreich http://de.rael.org (der dort angebotene Film ist sehr empfehlenswert) Zeugen Jehovas Stifter: Charles Taze Russell (USA) (1852-1916) Mitgliederzahl: etwa 6.117.000 in 235 Ländern, davon rund 165.000 in Deutschland Hauptverbreitungsgebiet: Lateinamerika, USA, Europa www.jehovaszeugen.de
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Jörg „Yogi“ Müller
D E R S T O L P ERSTEIN
Das böse Körnchen Wahrheit * GLOSSE VON JULIA KRAUSE
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lischees sind etwas Herrliches. Besonders wenn es um die Unterschiede der Spezies Mensch geht. Dann gibt es kein Halten mehr. Bücher mausern sich zu Bestsellern, weil sie in ihrem Titel andeuten, dass Frauen besser zuhören, dafür aber weniger gut einparken als Männer. Webuser überschlagen sich, um eine Top Ten der lustigsten Defizite des anderen Geschlechts zu küren. Und auch Berufskomiker haben das Unterhaltungspotenzial von Witzen wie „Weshalb täuschen Frauen Orgasmen vor? Weil Männer Vorspiele vortäuschen“ längst erkannt. Basierend auf dem Grundprinzip, dass Männer Schweine und Frauen Ziegen sind, lässt sich da so manche Show füllen. Dass dieser Spaß nur so lange drollig ist, bis jemand auf die Idee kommt, seinem hässlichen Körnchen Wahrheit ins Auge zu blicken, verdeutlicht das folgende Beispiel eines zur Anonymität verpflichteten Pärchens. Dieses chromosomal ungleiche Gespann trifft sich eines Abends vor dem Fernseher, um einen Typen zu beobachten, der seine Halbglatze und Berliner Schnauze schon für diverse Werbespots eines ebenso billigen Elektrogroßhandels hergab. Man könnte also meinen, dass sie wussten, worauf sie sich einließen, als sie gerade diese Freizeitbeschäftigung wählten, um sich in einer Art wohlig-friedfertigen Einigkeit zu suhlen. Denkste. Gerade lässig in die Chipstüte gegriffen, ertönt ein begeisterter Aufschrei von Seiten des Mannes. „Haste gehört? Seine Freundin, die kann nicht einparken. Nimmt den Pfahl mit und beschwert
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sich dabei noch über die Einparkhilfe. Du, die ist genau wie du!“ Ein Augenblick lang entsetztes Schweigen; ein Gehirn rattert: Das hat der doch nicht wirklich gesagt? Wie die Freundin von DEEEM? Das ist ja wohl die hohlbratzigste, oberblondeste, allergrößte Turnbeutelvergesserin der Welt … schon allein, weil die mit so nem Typen … – „Hey, Schnucki, was guckst du denn so? Das mit der Beule ist nicht schlimm, hab ja ne Versicherung. Hab selbst auch schon mal nen Kratzer reingemacht, aber ich sag dem Heini einfach, dass du gefahren bist, dann haben wir das in einem Abwasch … – „Waaaas? Ja, genau, dann sag ich meiner Redaktion nächstes Mal, dass mein Artikel nur so beschissen aussieht, weil mein Freund, der Legastheniker, mir geholfen hat.“ – „Ey, du bist manchmal echt unlocker drauf.“ – „Unlocker? Iiiiich? Dafür bist du, also du bist jetzt echt…“ Frau überlegt kurz, ob sie mit ein paar Tränen tricksen sollte. „Mann, so wie du die Augen zusammenkneifst, solltest du deine Brille aufsetzen. Du bist aber auch immer eitel.“ Frau denkt: Angriff! und sagt: „Du kennst doch diesen Spruch: Was sind die drei größten Krisen im Leben eines Mannes: Frau weg – Job weg – Kratzer im Lack. Zwei davon hast du schon am Hals.“ Mann erkennt augenblicklich, dass Frauen Ziegen sind und wird zum Schwein, indem er wortlos zum Fußball umschaltet.
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TagesSatz
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misterQM (photocase.com)
PARAGRAPHENR E I T E R
Zu den Urteilen der Sozialgerichte Weiterhin reißt die Klagewelle in Bezug auf die Hartz-Reformen nicht ab. Wir haben für Sie wieder genauer hingeschaut und einige interessante Urteile herausgesucht.
* HANS PETER PUNG Schulessen Kosten für Schulessen kann, nach einer Entscheidung des Landessozialgericht Baden-Württemberg, als Ermessenleistung (§ 53 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) in Form der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung erbracht werden. Da das Schulessen nicht nur der Eingliederung dient, sondern auch der Ernährung, ist es gerechtfertigt, den im Sozialgeld dafür vorgesehenen Betrag bei der Bemessung der Höhe der Leistung abzuziehen. LSG Baden-Württemberg Urteil vom 20.11.09 – L 12 AS 4180/08
Heizkosten Im § 22 SGB II ist von Leistungen für Unterkunft und Heizung die Rede. Eine Beschränkung auf bestimmte Heizanlagen ist vom Wortlaut her nicht zu erkennen.
Von daher sind Stromkosten, die zur Nutzung eines elektrischen Heizstrahlers anfallen, Heizkosten. Sächsisches Landessozialgericht Beschluss v. 15.02.10 – L 3 AS 598/09 B PKH
Unterkunft Kindergeld ist bei der Berechnung des Unterkunftskostenzuschusses nach § 22 Abs. 7 SGB II nicht anzurechnen. Wohngeld ist gegenüber dem Zuschussanspruch nicht vorrangig. Soweit dies in Verwaltungsanweisungen (hier der Stadtgemeinde Bremen) anders gesehen wird, ist diese Verwaltungsanweisung rechtswidrig. Sozialgericht Bremen Urteil vom 23.02.2010 – S 26 AS 498/09 mit Bezug auf Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss v. 06.01.10 – L 15 AS 1080/09 B ER
Einkommen Hat ein Versicherungsnehmer einen Bezugsberechtigten auf den Todesfall bestimmt, erwirbt der Bezugsberechtigte beim Tod des Versicherungsnehmers einen direkten Anspruch gegen-
über der Versicherung auf Auszahlung der Versicherungssumme. Der Auszahlungsanspruch fällt nicht in den Nachlass. Ist der Bezugsberechtigte hilfsbedürftig im Sinne des SGB II, so handelt es sich bei der Versicherungssumme um Einkommen im Zuflussmonat. Bundessozialgericht Urteil vom 28.10.09 – B 14 AS 62/08 R
Umzugskosten Das Sozialgericht Speyer hat sich mit dem Umzug von Hilfebedürftigen nach SGB II befasst. Demnach muss der Leistungsträger folgende Kosten übernehmen: Kosten für Unzugswagen, Umzugshelfer, Beschaffung von Umzugskartons, Ummeldekosten für Telefon. Dies gilt umso mehr, wenn die Behörde zuvor die Umzugskosten zugesichert hat. Sozialgericht Speyer Urteil vom 11.01.10 – S 6 AS 239/08 (rechtskräftig)
(Quelle unserer Urteile: Tacheles-Rechtssprechungsticker)
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EINDRÜCKE
*AufKOWALSKY einer Maskenparty machte der gelernte Programmierer und Lehrer seine Fotos. Als Lebenstraum nannte der damals 56-jährige die Rückkehr in die Selbständigkeit.
EINWEGLEBEN *Menschen auf der Straße fotografieren ihr Leben (www.einwegleben.de). Den Bildsonderband können Sie bei den TagesSatz-Verkäufern erwerben!
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TagesSatz
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GÖTTI N G E N
Berlin ist immer eine Reise wert Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Rahmen des Europäischen Jahres gegen Armut und soziale Ausgrenzung ein Workshop in den Räumen der „tageszeitung“ (TAZ) in Berlin organisiert. Es kamen über sechzig Straßenmagazin-Macher und -Verkäufer aus Österreich, der Schweiz und Deutschland.
* JÖRG „YOGI“ MÜLLER
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er kleine TAZ-Raum war knackevoll. Wir haben uns gegenseitig und unsere Magazine vorgestellt. Dabei war interessant festzustellen, wie unterschiedlich die Straßenmagazine in Auflage, Größe und finanzieller Ausstattung sind. Wir haben Arbeitsgruppen zu den Themen Titelseite, Vertrieb, Reportage, Lokales und Recherche gebildet. Titelseite: Sie sollte immer authentisch und attraktiv sein und die Idee und den Inhalt vermitteln. Und man sollte sich immer etwas Neues einfallen lassen.
Lokales: Bei lokalen Berichten gilt es, hartnäckig bleiben. Die Kernbotschaft sollte in einem Satz gesagt werden. Recherche: Trotz Internet und vieler seiner Recherche-Kniffe, die wir gut vermittelt bekommen haben, ist auch die gute alte Bibliothek eine gute Recherchequelle. Wir haben total viel gelernt, wie wir unsere Straßenmagazine noch besser machen können. Drei wichtige Perspektiven hat dieser Workshop gebracht:
„Die Zeit“ will einen Preis ausloben für die beste Reportage aus allen deutschsprachigen Straßenmagazinen. Die renommierte Werbeagentur Scholz & Friends will mit einigen von uns ein Ideenpool für eine Werbekampagne entwickeln. Die Journalismusschule KLARA hat uns Redakteuren angeboten, einige Workshops zu besuchen. „Berlin war geil wa!“ – Supernette Leute getroffen, das Netzwerk zu anderen Straßenmagazinen erneuert, irre viel gelernt und Spaß gehabt. – „Also ich steh auf Berlin!“ Noch am Rand: Von den 27 Straßenmagazinen, die dabei waren, haben wir zusammen eine Auflage von circa einer halben Millionen! Wow! Straßenmagazine sind begehrt, werden überall gelesen und werden immer besser!
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Jörg „Yogi“ Müller
Vertrieb: Eine gute Zeitung ist die, die sich gut verkauft. Wir müssen klar machen, das wir das beste Magazin sind. „Andere berichten über Politik und Wirtschaft. Wir über die Folgen.”
Reportage: Es wurde uns von den Profis der TAZ und „Die Zeit“ erklärt, wie man eine gute Geschichte aufbaut, an einem Beispiel von Obdachlosen mit Hund und der Schwierigkeit, eine Wohnung zu finden.
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GÖTTINGEN
Andrea Tiedemann
Fakten auf den Kopf gestellt
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m 6. Februar vergleicht die FAZ die Einkommen von Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor mit den Leistungen nach Hartz-IV. Anhand des Beispielfalles einer Familie mit zwei Kindern kommt der Autor zu dem Schluss, dass mit Arbeit weniger verdient würde als mit Hartz-IV und der „Niedriglöhner“ nur durch die Aufstockung, einen Zuschuss der Arbeitsverwaltung zum Arbeitseinkommen, genauso viel verdiene wie der Hartz-IV-Empfänger. In den folgenden Tagen veröffentlichen andere Zeitungen diese Berechnung. Auch Politiker verbreiten die Geschichte und äußern ihre Empörung.
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GEDANKEN EINES TAGESSATZ-VERKÄUFERS
* ANDREAS PRAMANN
Aber schon kurz nach der Veröffentlichung des FAZ-Artikels hat beispielsweise die Internetseite Bildblog.de, die Medien kritisch beobachtet, nachgewiesen, dass der Autor falsch gerechnet hat. Unterschlagen wurde, dass Aufstocker höhere Freibeträge für ihr Arbeitseinkommen haben als normale Hartz-IV-Empfänger. Lohn in Höhe des Freibetrages wird nicht bei den Hartz-IV-Leistungen abgezogen. Damit liegt das Einkommen der Aufstocker um 240 bis 350 Euro über dem Hartz-IV-Niveau. Das bestätigt auch die Agentur für Arbeit.
Der Fall offenbart meiner Meinung nach einige bedenkliche Entwicklungen unseres Gemeinwesens: Medien haben die falsche Rechnung ungeprüft weiter verbreitet, wo eine einfache Recherche die Fakten zu Tage gefördert hätte. Medien und Politik spielen gemeinsam zwei ärmere Bevölkerungsschichten gegeneinander aus und schüren die Wut auf die Langzeitarbeitslosen. Der Niedriglohnsektor als solcher wird nicht in Frage gestellt und damit die Diskussion über einen flächendeckenden Mindestlohn vermieden.
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Malte Schiller
GÖTTIN G E N
Straßengeflüster Dass ganz Alltägliches Potential für künstlerische Größe hat, bewies Mehmet Emir bei seiner „Vorhernacher“-Vernissage. Dort stellte der Fotograf und Sozialarbeiter des Wiener Straßenmagazins Augustin zehn Fotoserien über Haareschneiden aus, die bis zum 29. April in Wien zu bestaunen waren. Wie dem Titel zu entnehmen, handelte es sich dabei hauptsächlich um Aufnahmen vor und nach der Verwandlung. Emir betont allerdings, dass ihn selbst vielmehr der Akt des Frisierens faszinieren würde, was er ebenfalls auf den Bildern festhielt. Die Abgelichteten selbst sind allesamt Verkäufer und Verkäuferinnen desselbigen Straßenmagazins und nehmen das Angebot ihrer ehrenamtlichen Friseurin gerne an, denn immer noch wird das äußere Erscheinungsbild als Spiegel sozialer Fähigkeit gesehen.
Winkeladvokat
Ebenfalls einem künstlerischen Projekt widmet sich diesen Monat das Dortmunder Stra-
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www.singles-verarscht.de Das Geschäft mit der Partnerschaftsvermittlung boomt. Internetseiten wie ElitePartner.de, Parship.de und Neu.de versprechen einsamen Singles das Glück zu zweit. Doch oft sieht die Wirklichkeit anders aus. Wie im Fall eines suchenden Mannes, der viel Frust einstecken musste, da die Agentur ihm völlig ungeeignete Partnerinnen herausgesucht hatte. Die erste Dame wollte lediglich tanzen, die zweite mochte keine Männer, die per Partneragentur suchen. Beim dritten Versuch wurde er als zu alt befunden. Doch der tapfere Herr blieb hartnäckig: Vorschlag Nummer vier war allerdings schwer erkrankt, die fünfte und sechste Frau konnte er gar nicht erst erreichen. Da hatte er genug und forderte vor Gericht sein Geld zurück. Mit Erfolg – die Agentur habe ihre vertraglichen Pflichten nicht ansatzweise erfüllt, urteilte das Gericht. Zwar schulde das Vermittlungsunternehmen keinen „Erfolg“ bei der Suche, zumindest passende Vorschläge hätte die Agentur jedoch machen müssen. Doch nicht immer geht die Sache gut für den Kunden aus.
* PIA ZOJER ßenmagazin bodo. Eine sieben Meter hohe Mauer ist hier Ort des Geschehens. Sprayer aus dem ganzen Land nutzen den gigantischen Malgrund in Bohum und 17 weitere Flächen, um ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Seit 2001 stellt die Stadt diese Flächen zur legalen Verschönerung zur Verfügung, welche seither pausenlos genutzt werden. Zum Teil sind dort schon nach Stunden Bilder mit neuen Graffities übermalt. Auch zahlreiche Zuschauer erfreuen sich an dem Atelier im Freien, und somit zeigt auch diese vorbildhafte Maßnahme, dass Integration und Offenheit auf allseitige Beglückung stoßen können.
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MEHR ZUM THEMA: www.augustin.or.at www.bodoev.de
* ANDREA TIEDEMANN Auch die Verbraucherzentrale Bremen rät: „Partnerschaftsvermittlungsverträge im Zweifel immer sofort kündigen und hilfsweise widerrufen und anfechten.“ Hintergrund ist ein Fall, bei dem die Agentur einen Lockvogel einsetzte. Die „rassige und attraktive Bea“ sollte zahlungswillige Kunden anlocken, doch gesehen wurde sie nie. Dennoch bekam der getäuschte Kunde sein Geld nicht zurück. Der Vertrag sei nicht sittenwidrig, erklärte das Gericht. Denn auch der Überdruss des Alleinseins sei kein Tatbestand, der mit einer Ausbeutung einer Zwangslage wie bei der Sittenwidrigkeit vergleichbar sei. Das würden viele Singles sicher anders sehen.
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KASSEL
Korrektheit hört an der Bettkante auf Privat
Behinderte Mitmenschen haben Gefühle und Bedürfnisse wie alle anderen Menschen auch. Hierzu befragte die Autorin Susanne Aatz, Peer Counselorin aus Marburg.
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* TRUDI KINDL
rundsätzlich empfindet jeder Mensch, egal ob behindert oder nicht, irgendeine Form von Sexualität und hat damit zusammenhängende Bedürfnisse. Eine Behinderung schließt sexuelle Bedürfnisse nicht aus. Viele hätte das vielleicht gerne so, weil sie glauben, dass es dann einfacher wäre. Viele Eltern haben Angst, ein behindertes Kind zu bekommen, aus Angst der Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Wird ein Mensch dazu erzogen, Bedürfnisse auch im sexuellen Bereich zu leugnen, werden sie unterdrückt oder versteckt geäußert. Viele glauben, Behinderung bedingt automatisch eine pervertierte Sexualität. Sie empfinden versteckte Aggressionen oder Ekel und lassen die Vorstellung, mit Behinderten lustvolle Sexualität zu erleben, nicht zu. In ihrer Sozialisation lernen Behinderte, sie seien unattraktiv und nicht vollwertig und müssten daher auf eine Partnerschaft verzichten. Dabei wird die Gefahr gesehen, dass behinderte Kinder zur Welt kommen, für die der Staat dann aufkommen muss. Solche Ansichten wurden besonders im Faschismus offen geäußert und in politisches Handeln umgesetzt. Heute sind es vor allem Betroffene und ihre Verbände, die sich mit diesem Thema beschäftigen. In reißerischen Sendungen und Artikeln kommt das staunende Publikum zu der Frage, ob denn Behinderte Sexualität empfinden und erleben dürfen. Je etablierter eine Behindertengruppe in der Gesellschaft ist, desto wahrscheinlicher lebt sie eine selbstbestimmte Sexualität. So besteht
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KA S S E L bei Blinden mit langjähriger starker Lobby und auch bei Körperbehinderten ein selbstverständlicherer Umgang damit als bei Mehrfach- oder Geistigbehinderten, weil ihnen der Umgang damit am schwersten gemacht wird. Jede Behindertengruppe sollte jeweils prüfen, welche Möglichkeiten sie hat und worum es letztendlich geht. Die Partnersuche wird durch Mobilitätseinschränkungen, Hör- und Seh-
Behinderte Frauen werden häufiger als Männer als asexuelle Wesen erzogen, die ihren Körper nicht wahrnehmen und immer dann, wenn jemand es für notwendig hält, mit ihrem Körper etwas machen lassen. Siebzig Prozent aller Übergriffe an behinderten Frauen kommen aus ihrem Umfeld. In der Schule muss die Aufklärung einsetzen. Manche geistig fitten Blinden haben beispielsweise bis zu ihrem 25. Lebensjahr noch keine Sexualität gelebt
ren Kindern. Um auch Sprachbehinderten die Möglichkeit zu geben, diese schlimmen Erfahrungen zu benennen und aufzuarbeiten, werden Pantomimepuppen eingesetzt. So konnte das Vorurteil, Sprachbehinderte können sich nicht ausdrücken und somit nicht an diesen Problemen arbeiten, ausgeräumt werden. Bei der Aufarbeitung geht man in kleinen Schritten vor. Wichtige Grund-
Sexueller Missbrauch und Ansätze zur Gegenwehr behinderungen erschwert. Eine große Chance bietet hier das Internet: Man wird nicht in erster Linie als Behinderter, sondern als Surfer wahrgenommen, dies erleichtert den Zugang zueinander. Je nach Behinderung werden in der Beratung entsprechende Hilfen gegeben. In ganz Deutschland gibt es sogenannte Schatzkisten, wo sich vorwiegend geistig-behinderte Menschen registrieren lassen können, um bei der Partnersuche unterstützt zu werden. Leider werden dort nur Behinderte untereinander vermittelt. Mehrfachbehinderte sind oft nicht fähig, ihre Grundbedürfnisse zu äußern. Sie leben häufig in Einrichtungen und können aufgrund ihrer Kommunikationsprobleme keine Partnerschaft eingehen. Wird dort erkannt, dass jemand Bedürfnisse hat, die er nicht äußern kann, wird ihm eine sexuelle Begleitung zur Seite gestellt. Diese Person muss aus rechtlichen Gründen von außerhalb der Einrichtung kommen und soll dem Betroffenen Nähe geben. Der Begleiter muss also sehr sensibel auf die Bedürfnisse des Behinderten eingehen. Es handelt sich um eine professionelle Dienstleistung, die von erotischen Massagen bis zum Geschlechtsverkehr reichen kann. Dazu gibt es spezielle Ausbildungen in Deutschland und der Schweiz, die von Krankenschwestern, Sozialarbeitern und auch von Prostituierten wahrgenommen wird. Sexualassistenz begleitet Gehandicapte bei der Frage, wie sie ihre Sexualität ausleben können und zeigt ihnen beispielsweise, wie sie sich befriedigen können. Sexualberatungsstellen können solche Kontakte vermitteln. TagesSatz
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und stellen Fragen, die meistens mit 15 gestellt werden, weil sie in der Pubertät darüber nicht sprechen durften. Je später sie ihre Sexualität leben, desto wahrscheinlicher ist auch, dass vorher ein sexueller Missbrauch passiert. Die Sexualität Behinderter wird auch als lästiger Teil der Pflege betrachtet: Wenn Männer morgens eine Morgenlatte hatten oder im Traum ejakulierten, wurden sie vom Personal ähnlich behandelt, als hätten sie ins Bett gemacht nach dem Motto: „Hast du böser Bub schon wieder Deine Bettwäsche schmutzig gemacht?“ Je bewusster ein behinderter Mensch seine sexuellen Bedürfnisse wahrnimmt und je aufgeklärter er ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass er sexuelle Gewalt und Ausbeutung benennen und für sich selber verhindern kann. Der Grad der Schulbildung spielt dabei eine wichtige Rolle. je stärker er sich mit seiner eigenen Sexualität auseinandergesetzt hat, desto besser ist der eigene Schutz vor Missbrauch beziehungsweise die Möglichkeit der Verarbeitung. Daraus wird deutlich, dass wiederum geistig- und mehrfach-behinderte Menschen am stärksten von Missbrauch betroffen sind. Insbesondere Eltern von Geistigbehinderten stehen einer Aufklärung ihrer Kinder häufig skeptisch gegenüber. Sie werden von der Gesellschaft in die Pflicht genommen, sich bis zu ihrem Tod um ihre Kinder zu kümmern, und die Vorstellung, man müsste jetzt auch noch behinderte Enkel betreuen, macht große Angst. Fortschrittliche Sozialarbeit bemüht sich hier um Aufklärung von Eltern wie de-
lage ist dabei, positiven Kontakt zu sich und dem Körper aufzubauen, ihn positiv zu erleben und nicht nur als wertloses medizinisches Objekt der Therapie wahrzunehmen. Die Arbeit an einem Einstellungswandel zu sich und ihrem Körper begleitet viele behinderte Menschen ihr ganzes Leben lang. Sexuelle Entwicklung steht und fällt mit der Privat- und Intimsphäre, die nur durch maximale Selbstbestimmung möglich wird.
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MEHR ZUM THEMA: Hier finden Sie Rat und Hilfe Hessisches Koordinationsbüro für behinderte Frauen, Rita Schroll, Kölnische Straße 99, 34119 Kassel, Tel.: 0561/72885-22, hkbf@fab-kassel.de Pro Familia Kassel: Petra Zimmermann, Breitscheidstraße 7, 34119 Kassel, Tel.: 0561/7661925-11, petra.zimmermann@profamilia.de Öffnungszeiten: Di 17.00-19.00 h, Fr 10.00-12.00 h und nach telefonischer Vereinbarung. Pro Familia Göttingen: Barbara Ernst & Thomas Seifert, Rote Straße 19, 37073 Göttingen, Tel.: 0551/58627, goettingen@profamilia.de Öffnungszeiten: Mo-Do von 9.00-12.00 h, Mo und Mi von 15.00-17.00 h. Beratungen nach telefonischer Vereinbarung. 23
wdr.de
KASSEL Hi, I’m back! Ostern 2011 fand ich „Sui“, in der Markthalle zu Kassel einen USBStick. Leider verheimlichte ich diesen Fund aus reiner Abenteuerlust. Als Quintessenz brach das Unheimliche in mein Leben ein. Vielleicht auch das böse Paradoxon? Ganz, wie es jeder verstehen will oder greifen kann.
Der vermaledeite USB-Stick (Teil 2)
* PROSA VON ARMINIUS
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in Ausweg aus dieser Lage schien in weite Ferne zu rücken. In solch prekären Situationen ritt mich wohl der oft zitierte Teufel. Also flüchtete ich ins Lossetal, um bei rauschendem Wasserklang mit Freunden aus der Schweiz einen klaren Gedanken zu fassen. Ostern 2011 wollte ich natürlich relaxt erleben und nicht dramatisch, verflucht! Natürlich wollte ich wissen, was auf diesem Stick steht, beziehungsweise zu erfahren war, vielleicht Geheimnisse? Welche, denen in meinem weiteren Leben Bedeutung beizumessen wäre? Die Vernunft siegen zu lasen, da dachte ich zum Schluss des Ostersonnabends drüber nach. Hier, im Tal der Losse, lebet es sich ausgezeichnet. Alles bestens, netter Vermieter, charmante Nachbarn, das Paradies meines Lebens. Doch jetzt nagten die Gewissensbisse, die Angst wurde auf der Rückfahrt mit dem Taxi mein ständiger Begleiter. What can I do? Ich hatte nur etwas gefunden, nicht gestohlen oder gar jemanden betrogen! Trotzdem hatte ich die Ehrlichkeit außer Acht gelassen. „Hi, Sui, da bist Du ja. Wir sorgen uns um Dich. Du bist spät. Wie waren die Osterge-
schäfte? Wir wollen gemeinsam ein Osteressen zelebrieren.“ Diese Nachbarn waren Diamanten wert. Annina, Holger und Josef aus Winterthur waren vor ein paar Tagen zugezogen. Meine neuen Nachbarn aus dem Appenzeller Land waren außergewöhnliche Menschen und mir als Freunde sehr angenehm. Ich überschlug mich beim Erzählen meines Tagesablaufs an einem Ostersonnabend 2011. Nebenbei bemerkt schwitzte ich wie ein Affe auf der Flucht. Eine Hitzewelle jagte die nächste. Annina küsste meine Wangen und nahm mich in den
weiß das schon so genau?“ Wieder erholt, gestärkt und amüsiert, riet ich Josef davon ab, weil man heute im Internet-Zeitalter alles zurückverfolgen könnte. „Okay, Sui, Du fährst in die Schweiz und versteckst Dich auf Burg Falkenstein. Die gehört einem alten Freund, mit dem ich mal gute Geschäfte getätigt habe.“ Mein Veto kam zu spät, Holger-Josef hatte den Computer-Code bereits geknackt. Er war sehr erfahren und filigran, vielleicht ein ehemaliger Hacker? Ich dachte nicht länger drüber nach. Eine Business-Sekte, alle Personen, die ich auf dem Bild erkennen konnte, waren gekleidet wie grüne Mönche. Nur mit einem Unterschied, dass sie keine Kreuze um den Hals trugen. Drei Tage später, also der Dienstag nach Ostern 2011, wurde ich fast verrückt, als ich nach Hause kam. Der Hof war zugestellt mit Tausenden von Kartons und palettenweise irgendeinem anderen Zeug. Große Maschinen, wie man sie aus der Papierindustrie kennt. Das Komische daran war nicht die Masse, sondern alles war postalisch auf meinen Namen zugemünzt. Sui Erlichs, Membrangasse Nr. 44.
Fluchtgedanken und Belagerung
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Arm. „Sui, ich koche Dir erst mal eine Pilzsuppe aus dem Appenzeller Land. Das ist eine Spezialität. Du musst zur Ruhe kommen. Los bitte setz Dich!” Josef spielte auf der Gitarre ein paar Songs von Neil Young, damit Sui ruhiger wird. Eine Flasche Rotwein, Bordeaux Jahrgang 1958, steht schon auf dem Tisch. „Wir finden eine Lösung.“ Holger-Josef wollte sofort den gritze-grünen USB-Stick nutzen, um die Daten auszuwerten. „Vielleicht kassieren wir ja eine Belohnung? Wer
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TagesSatz
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DIE KOCHNI S C H E
Kochen mit dem TagesSatz * HANS PETER PUNG & TEAM
Volker Stosberg (photocase.com)
Leckere Gerichte für Sie entdeckt
(Neue) Kartoffeln Kartoffeln sind ein vielseitiges Lebensmittel. Sie enthalten zahlreiche Ballaststoffe, reichlich Kalium und die Vitamine B und C. Unterschieden werden Kartoffeln nach ihrer Kocheigenschaft: Festkochend: zum Beispiel Sieglinde, Linda, Hansa … Man verwendet sie für Bratkartoffeln, Kartoffelsalat oder Gratins. Im Handel erkennt man festkochende Kartoffeln am grünen Etikett. Vorwiegend festkochend: zum Beispiel Christa, Agira, Bamberger Hörnchen. Man verwendet sie für Salz- oder Pellkartoffeln, Bratkartoffeln, Suppeneinlage. Sie erkennen vorwiegend festkochende Kartoffeln am roten Etikett.
Pellkartoffeln (4 Personen / circa 0,30 Euro pro Person) 1 kg neue Kartoffeln, Salz, Wasser, Kümmel Kartoffeln sehr gründlich waschen. In einen Topf mit Wasser geben und zum Kochen bringen. Salz zugeben, etwas Kümmel zufügen und etwa 15 Minuten köcheln lassen bis die Kartoffeln weich sind. Abgießen und heiß servieren.
Kräuterquark (4 Personen / circa 0,70 pro Person) 500 g Speisequark (Magerstufe), etwas Milch, 1 rote Zwiebel, 1-2 Knoblauchzehen, Salz, Pfeffer, 125 g Kräuter nach Wahl (Schnittlauch, Blattpetersilie, Kapuzinerkresse, Bärlauch) Zwiebel und Knoblauch schälen, würfeln und mit etwas Salz auf einem Brett mit dem Messerrücken zu Mus zerdrücken. Kräuter waschen, trocknen, fein hacken. Quark mit etwas Milch zu einer sämigen Masse verrühren. Alle Zutaten unterheben. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Kühl stellen.
Mehlig kochend: Diese Kartoffeln zeichnen sich durch ihren hohen Stärkegehalt aus. Deshalb verwendet man sie dort, wo eine Bindung benötigt wird, also in Eintöpfen, beim Püree, für Knödel oder ähnliches. Ihr bekanntester Vertreter heißt Bintje. Im Handel erkennen Sie sie am blauen Etikett.
Bratkartoffeln
Neue Kartoffeln kann man wegen ihrer kurzen Reifezeit etwa 100 Tage besonders gut mit Schale verzehren. Sie sind nicht lagerfähig.
(4 Personen / 0,50 Euro pro Person) 300 g neue Kartoffeln gegart, 1 rote Zwiebel gewürfelt, 2 Knoblauchzehen grob gehackt, Olivenöl, 2 Stängel Rosmarin, 2 Stängel Thymian, Salz, Pfeffer
TagesSatz
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Kartoffeln halbieren. Pfanne erhitzen, Öl zugeben, Kartoffeln darin kräftig anbraten. Hitze reduzieren, Zwiebel, Knoblauch und Kräuter zufügen, kurz mit dünsten. Mit Salz und Pfeffer würzen. Tipp: Passt hervorragend zu Fleischund Fischgerichten
Kartoffelsalat (4 Personen / circa 1 Euro pro Person) 500 g neue Kartoffeln, ½ Salatgurke, 1 Bund Radieschen, 1 EL Senf (Dijon), 2 EL Olivenöl, 1EL Weinessig, 2 EL Salatkräuter nach Wahl Kartoffeln sehr gründlich waschen, halbieren, mit reichlich Wasser in einem Topf zum Kochen bringen. Salz zugeben, etwa 15 Minuten köcheln lassen, bis die Kartoffeln weich sind, abgießen und abkühlen lassen. Gurke waschen, in Scheiben schneiden. Radieschen putzen, waschen, in feine Scheiben schneiden. Eine Salatplatte mit den Gurken- und Radieschenscheiben auslegen. Kartoffelhälften in der Mitte darüber geben. Senf, Essig und Öl zu einem Dressing verrühren. Kräuter zufügen, gründlich unterheben und über den Salat geben. Tipp: Passt gut zu Grillgerichten Guten Appetit! 25
K U LT U RT I P PS
GÖTTINGEN
Städt. Museum Göttingen
Die Empfehlung
„Museen für ein gesellschaftliches Miteinander“ 33. Internationaler Museumstag Im Städtischen Museum Göttingen gibt es von 11 bis 17 Uhr unter anderem einen Handwerkermarkt, ein Werkstattgespräch mit Restauratorin Bettina Achsel, eine Kostümvorführung und einen Workshop. Im geowissenschaftlichen Institut der Universität Göttingen wird der Museumstag im Sinne „Kleines ganz Groß – Fos-
* PIA ZOJER
siler Mikrokosmos” ausgetragen. Dort finden von 10 bis 17 Uhr Veranstaltungen rund um die Welt der Urzeit statt, sowie Führungen. Das Städtische Museum Hann. Münden bietet neben Vorführungen, wie der Renaissance-Tanzgruppe „Trabucchetto“ und einer Demonstration traditionellen Bogenschießens, ebenfalls von 10 bis 17 Uhr ein reichhaltiges Programm.
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So 02.05. / 10.00 Uhr St. Jacobi-Kirche, Gö Sing-Along Gottesdienst Tageblatt-Chor begleitet vom Jugend-Sinfonie-Orchester 26
Sa 08.05. Albanikirche, Gö
Di 11.05. / 20.00 Uhr Komödie, Ks
Städt. Museum Hann. Münden: www.hann.muenden.de/ kulturelles/museum
Wer kocht schießt nicht (Koch-Satire, Eintritt ab 15,50 Euro)
„Ich sehe was, was Du nicht siehst“: Werkschau von autistischen Künstlern (www.ichsehewas.de, Öffnungszeiten von 10.00-19.00 Uhr, Eintritt 5 Euro, erm. 3 Euro)
Arabo-normannische Kunst in Sizilien Vortrag und Diskussion mit Dr. Friedhelm Scharf, Eintritt 4 Euro)
Geowissenschaftliches Museum der Universität Göttingen www.geomuseum. uni-goettingen.de
Göttingen International Ethnographic Film Festival Veranstalter: Göttingen International Ethnolographic Film Festival e.V. Info unter www.gieff.de
Sa 29.05. - So 20.06. Documenta-Halle, Ks
Fr 07.05. / 19.30 -21.00 Uhr Atelier in der Korkfabrik (Elfbuchenstraße 24, Hinterhof), Ks
Büchertag im Albaniviertel Veranstalter: Evangelische Erwachsenenbildung e.V. und KUNST e.V.
So 02.05. / 19.00 Uhr Komödie, Ks
90. Internationale Händel-Festspiele Göttingen, Info unter www.haendelfestspiele.com
Lesung Karim Pamuk: Allah verzeiht, der Hausmeister nicht
MEHR ZUR EMPFEHLUNG: Städtisches Museum Göttingen www.museum.goettingen.de
Mi 12.05. - So 16.05. Paulinerkirche, Gö
Fr 14.05. - Di 25.05. u. a. Deutsches Theater, Altes Rathaus, Stadthalle, Universitätsaula, St. Jacobi-Kirche, Gö
Mi 05.05. / 19.30 Uhr Stadtbibliothek (Rathaus), Ks
So 02.05. / 19.45 Deutsches Theater, Gö Stummfilmfestival: Berlin – Die Sinfonie der Großstadt Eintritt: 11,00 Euro, erm. 9,00 Euro Info unter www.lumiere.de Mo 03.05. / 10.00 Uhr Kulturfabrik Salzmann, Ks Jugendzukunftskonferenz Organversagen: Themen Gesundheitssystem, Integration und Verantwortung (Anmeldung unter info@kulturfabrik-kassel.de oder unter 0561 / 572542 Di 04.05. / 18.15 Uhr Universität Göttingen, Wilhelmsplatz 1, Aula, Gö Sichtbare Mythologie: Die symbolische Landschaft Mesopotamiens Vortrag von Prof. Dr. Frans Wiggermann, Amsterdam
Gayle Tufts: Miss America: neues Bühnenprogramm der bekannten Comedienne in Denglisch! Mi 12.05. / 18.00 Uhr Kunsthochschule (Menzelstraße), Ks Ausstellung „Foto-Folgen“: Die Hochschule für Bildende Künste Hamburg zu Gast in der Kunsthochschule Kassel Fr 14.05. / 19.30-22.00 Uhr Staatstheater (Schauspielhaus), Ks Die Möwe: Stück über die vergebliche Suche nach dem Glück So 15.05. / 19.30 Uhr Deutsches Theater, Gö Premiere: „ZUHAUSE“ von Ingrid Lausund. Eine Koproduktion mit Theater M21. Sa 15.05. / 22.00 Uhr Kulturfabrik Salzmann, Ks Britpop-Party (Eintritt 5 Euro) So 16.05. Städtisches Museum Göttingen, geowissenschaftliches Zentrum der Uni Göttingen Veranstaltungen zum 33. Internationalen Museumstag. Workshop: Papierschöpfen Info unter www.museumstag.de TagesSatz
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KULTURT I P P S
Internationaler Museumstag Zeiten und Veranstaltungen unter www.naturkundemuseum-kassel.de Do 20.05. / 20.00 Uhr Literaturbüro Nordhessen (Lasallestraße), Ks „Zerstört nicht das Weltall der Worte“: eine Werkschau mit biografischen Erläuterungen (Eintritt 3 Euro) Fr 21.05. Musa, Hagenweg 2a, Gö Local Heroes – Wettbewerb zur Förderung von Nachwuchsband Info unter www.musa.de Sa 22.05. / 14.00-17.00 Uhr Städtisches Museum Göttingen Workshop „Kreatives Schreiben“ mit Silke Heimes. Eintritt frei. Anmeldung: 0551 / 400 2843 oder museum@goettingen.de Sa 22.05. / 20.15 Uhr Staatstheater (TIF), Ks Premiere: S-Klasse 60+: Wir sind so frei Di 25.05. / 17.00-18.00 Uhr Historischen Gebäudes der SUB, Papendiek 14, Gö Führung durch das Historische Gebäude der Niedersächsischen Staatsund Universitätsbibliothek Treffpunkt: Foyer des Historischen Gebäudes der SUB Anmeldung: 0551 / 400 2843 oder museum@goettingen.de
Die Empfehlung
* HARALD WÖRNER
Kassel
schwaebisch-hall.de
So 16.05. / ab 10.00 Uhr Naturkundemuseum (Steinweg), Ks
Worte der Trauer im Exil im Literaturhaus Nordhessen Als Nelly Sachs mit dem letzten Flugzeug das nationalsozialistische Deutschland in Richtung Schweden verlässt und somit der Vernichtung entkommt, da hat sie kaum noch etwas, außer ihrer Sprache. Während in Deutschland die Mordmaschinerie läuft, sucht sie das Klagelied, in dem es raucht, in dem es brennt, in dem die Steine herunterfallen. Und sie ver-
Fr 28.05. / 19.30-21.00 Uhr Atelier in der Korkfabrik (Elfbuchenstraße 24, Hinterhof), Ks Politische Kunst in muslimischen Ländern heute: Amar Kanwar, Halil Altindere, Fareed Armely (Vortrag und Diskussion mit Dr. Friedhelm Scharf, Eintritt 4 Euro) Fr 28.05. / 20.00 Uhr Kulturfabrik Salzmann, Ks Jam Jam: Vollmond-Session: Gast: Nation Paradox); Anmeldung unter info@kulturfabik-kassel.de oder unter 0561 / 572542
langt ausgerechnet der deutschen Sprache Worte der Klage, Worte der Trauer ab, obwohl sie sich im Schutz des zunächst äußerlich sicheren Schweden befindet. „Trost ist nur möglich als Frage, als Dialog mit der Trostlosigkeit, nur so kann Sprache zurück gewonnen werden, als Dialog mit der Sprachlosigkeit.“
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MEHR ZUR EMPFEHLUNG: Do 20.05.10 / 20.00 Uhr Literaturhaus Nordhessen (Lasallestraße 15), Ks Zerstört nicht das Weltall der Worte. Nelly Sachs – Werkschau und Biografie vorgestellt von Barbara Hübner Eintritt: 3 Euro (Mitglieder Literaturhaus frei) Tel.: 0561/70164854 www.literaturhaus-nordhessen.de
So 30.05. Lumière, Gö Die Filmstadt lebt – Göttinger Kurzfilmabend, Info: www.lumiere.de So 30.05. / 20.00 Uhr Johanniskirche (Wolfsanger), Ks Konzert mit den Kasseler Vocalisten (Eintritt frei) Mo 31.03. / 18.30 Uhr Stadtbibliothek Göttingen Internet-Einführungskurs Eintritt: 16 Euro, Anmeldungen unter 0551 / 400 2684 erforderlich. ANZEIGE
a ff e n W ir v e r s c h n z v o ll e I h n e n g la A u ft r it te
TagesSatz
* 05/10
Color-Druck GmbH Lindenallee 19 · 37603 Holzminden Fon (0 5531) 93 20-0 · Fax 93 20-50 e-mail: info@color-druck.net
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K U LT U R G Ö TTINGEN
Neue Impulse bekommen Mit der Schulklasse ins Theater gehen – das kennt jeder. Doch was passiert, wenn das Theater in die Schule kommt? Theaterpädagogen besuchen den Unterricht, bringen den Schülern Stücke näher und helfen Theater-AGs bei den Proben. Das Gymnasium in Northeim hat`s ausprobiert.
* NELLY SAUTER
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Nelly Sauter
ana ist zufrieden. Heute konnten sie und ihre Mitschüler die im Theaterkurs entwickelten Szenen einem Fachmann vorstellen: Theaterpädagoge Mirko Schombert ist ins Gymnasium Corvinianum nach Northeim gekommen, um dem Darstellendes-Spiel-Kurs bei der Stückentwicklung unter die Arme zu greifen. Lehrer Deni Velinovski nutzt damit das vielfältige, meist kostenlose Angebot der Göttinger Theater, Schulen bei ihrer Theaterarbeit zu unterstützen. Der dreißigjährige Mirko Schombert ist derjenige, der die Angebote als Theaterpädagoge in die Tat umsetzt. Theaterpädagogen verstehen sich als Vermittler zwischen Mensch und Theater. Sie leiten Amateurgruppen und vermitteln Grundlagen des Theaters, wie Körper- , Rollen- und Stimmtraining. Sie arbeiten zum Beispiel an sozialen Brennpunkten, haben aber auch Aufträge in der Wirtschaft im Bereich Kommunikationstraining und Rollenspiel. Natürlich sind sie auch an Stadttheatern angestellt; dort ist es besonders wichtig, den Kontakt zum Publikum zu halten. Hierzu gehört auch der regelmäßige Besuch in Schulen – wie heute. Mirko Schombert schaut sich alle Szenen an und gibt Anregungen für die Weiterentwicklung. Einiges erscheint ihm zu zaghaft gespielt: „Da könnt ihr ruhig noch mutiger werden, zieht es bis zum Schluss durch.“ Er lobt die frische authentische Spielweise der Jugendlichen, berät aber auch bei Unsicherheiten: „Man kriegt sehr präzise Anreize, wie man sich verbessern kann“, freut sich Jana. Tamara, 17, schätzt es, dass der Leistungsdruck bei der Beurtei-
Noten spielen keine Rolle
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lung des Theaterpädagogen wegfällt: „Beim Lehrer hat man das Gefühl, man muss Aufgaben schnell umsetzen. Aber jetzt spielt die Note keine Rolle!“ Neben solchen Probenbesuchen gibt Schombert auch zahlreiche Workshops in Schulklassen. In den vergangenen Monaten war er an etwa dreißig Schulen unterwegs, um das Stück „Tintenblut“ mit den Schülern vorzubereiten. Die Schüler werden angeleitet, sich in die Körperlichkeit und Stimmung einzelner Figuren hineinzuversetzen. Zum Schluss spielen sie Szenen aus dem Stück nach. „Bei den Workshops baut man den Schülern ein Gerüst, mit dem sie in die Vorstellung gehen können. Dadurch, dass sie es selber ausprobiert haben, fällt es ihnen leichter, persönlich und emotional an das Geschehen auf der Bühne anzuknüpfen. Die Schüler bauen so die Distanz zum Theater ab“, erzählt Schombert. Mit dem Fach Darstellendes-Spiel leisten die Göttinger Schulen eine gute Vorarbeit. Es stellt eine Alternative zu den Fächern Musik und Kunst dar und kann ab der zehnten Klasse gewählt werden. Bald soll es auch als Prüfungsfach eingeführt werden. Dem Theater wird somit ein großer Stellenwert eingeräumt. Inzwischen ist es möglich, das Fach an Universitäten zu studieren. Aber auch Lehrer können sich entsprechend fortbilden, wie es auch Deni Velinovski tat. Dennoch ist er dankbar für die Hilfe von Mirko Schombert: „Wir waren als Gruppe schon eingefahren und hatten keine neuen Impulse mehr.“ Der junge Lehrer hatte zum ersten Mal einen Theaterpädagogen in den Unterricht eingeladen und resümiert: „Das war mit Sicherheit nicht das letzte Mal!“
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TagesSatz
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Volker Beushausen
KULTUR KA S S E L
Der Kampf um das Beständige Das Projekt „Theater Total“ bietet jungen Menschen Raum für Entwicklung. Wie man dort Lebens- und Berufsperspektiven vermittelt, erläuterte Johanna Kraft dem TagesSatz.
* HARALD WÖRNER
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it seinem Anspruch ist das Theaterprojekt in Deutschland wohl einzigartig. „Pro Jahr können circa dreißig junge Erwachsene elf Monate lang kreative Berufe – Schauspieler, Dramaturgen, Bühnen- und Lichttechniker – kennen lernen.“ Wichtig ist, ein Ziel zu haben, auf das man hinarbeitet: „Junge Leute sollen lernen, Verantwortung zu übernehmen, um Höhen und Tiefen im Alltag zu meistern.“ Natürlich stehen uns Profis, wie die Initiatorin von Theater Total, Regisseurin und Schauspielerin Barbara Wollrath-Kramer, beratend zur Seite: „Das Besondere bei uns ist aber, dass jedes Jahr neue Bewerber kommen. Außerdem haben wir auch, bis auf das Bochumer Stammhaus, keine feste Spielstätte, sondern wir müssen immer wieder eine Tournee durch Deutschland, die Schweiz und Österreich organisieren.“ Johanna Kraft hatte sich bereits 2009 beworben. Zuerst musste sie die Absage von Frau Wollrath-Kramer akzeptieren. Diese schaut sich Bewerber vor Projektstart im Workshop genau an. Theater Total vermittelt nicht nur das Handwerk, ebenso wichtig ist den Initiatoren, wie ihre Schützlinge mit Kritik umgehen. Sie beobachtet Teamfähigkeit sowie Offenheit und Präsenz der Schüler. Stehen die aktuellen Kursteilnehmer fest, schlagen sie ein Stück zur Inszenierung vor. Das ist dieses Jahr „Der Drache“ von Jewgeni Schwarz. Die Märchenkomödie ist für alle Heranwachsenden geeignet, auch Erwachsene können hier Spaß haben. Damit der Aufbau vor Ort gut klappt, lernen die Absolventen in ei-
nem zweiwöchigen Workshop Grundlagen von Bühnen-, Ton- und Lichttechnik. Johanna Krafts Part ist der Tanzboden. Sie sorgt dafür, dass keine Kabel im Dunklen zu Stolperfallen werden, indem sie sie mit Textilband sichert. Eine weitere Aufgabe ist der Kontakt zu den örtlichen Veranstaltern: „Hier hatte ich es relativ leicht. Mit dem Anthroposophischen Zentrum Kassel besteht seit Jahren guter Kontakt. Unsere Unterbringung kann ich so großteils vorab klären. Es bestehen noch Verbindungen zu früheren Gastfamilien, die gern neue Theaterschüler aufnehmen. Leider sind noch nicht alle Teilnehmer untergebracht.“
Kasseler Kontakte erleichtern vieles
TagesSatz
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Theater Total möchte die „Bildung des Menschen durch Kunst zu eigenverantwortlichen Individuen stärken.“ Das Projekt holt jeden dort ab, wo er steht. Das kann, wie bei Johanna Kraft, auch ein Vertagen des Kurses auf das Folgejahr bedeuten. Die von den Absolventen dokumentierten Erfahrungen wandern aber nicht unbeachtet ins Archiv. Parallel zu Auftritten veranstaltet das Projekt beispiels-
weise Workshops in Schulen, in denen Teilnehmer ihr Wissen weitergeben. Ehemalige verpflichten sich auch telefonisch und per E-Mail erreichbar zu sein. Johanna Kraft ist noch nicht sicher, wohin sie ihr Berufswunsch führen wird: „Ob ich beim Theater bleibe, weiß ich noch nicht. Ich könnte mir zum Beispiel auch ein Kulturmanagement-Studium vorstellen.“
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MEHR ZUM THEMA: Theater Total Dienstag , 01.06.2010 Jewgeni Schwarz: Der Drache 10.00 Uhr: Schülervorstellung 3 Euro 20.00 Uhr: Abendvorstellung 15 Euro, erm. 8 Euro www.theatertotal.de Theater Total sucht dringend Übernachtungsmöglichkeiten vom 31.05 - 02.06.10 in Kassel. Wer etwas anzubieten hat, kann sich unter 0234 / 9731673 melden! Anthroposophisches Zentrum Kassel E-Mail: kultur@az-kassel.de www.az-kassel.de
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Staatstheater Kassel
H I N T E R D E N KULISSEN
Im Rausch des Lebens
„Lost Violet“ im Staatstheater Kassel
* MELANIE SWIATLOCH
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oderne Zeiten erfordern moderne Opern. War Giuseppe Verdis „La Traviata“ seinerzeit bereits eine Neuerung, die man derartig noch nicht kannte, ist sie in Form von „Lost Violet“ nun auch im Jahr 2010 angelangt. Und das mit modernen musikalischen Elementen als Electr‘Opera.
Halbkreisförmig angeordnete Bretter mit unzähligen Glühlampen zieren die Bühne und umranden die Tanzfläche, auf der die illustre Partygesellschaft feiert. Zugleich zeigen sie aber auch, wie schnell sie ein Mitglied der Gesellschaft in den Abgrund reißen können. Inszeniert wurde Lost Violet von Lisa Marie Küssner. Die musikalische Leitung des Theater-Jugendorchesters wurde von
Thomas Rimes übernommen. Obwohl die jüngsten Musiker erst elf Jahre zählen, spürt man keine Nervosität. Auch die jugendlichen Akteure, die die Gesellschaft rund um Violet bilden, stellen ihr Können überzeugend dar und peppen den Abend mit einer Rap-Einlage auf. Nicht zu vergessen sind die drei Solisten, deren Gesang eine überzeugende Verbindung zu dem Original aus dem Jahr 1853 herstellt. Dem Publikum gefiel es. Mit heftigem Applaus und Standing Ovations bedankte es sich für einen tollen Abend.
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Clemens Eulig
Violet (Katrin Müller) ist eine junge Frau, die ihr Leben mit rauschenden Partys feiert, ganz nach dem Motto „Sex, Drugs and Rock’n’Roll“, nur dass letzterer in Form von Electrobeats
daherkommt. Obwohl sie eigentlich der Meinung ist, Liebe lohne sich nicht, verliebt sie sich in Alfred (Ilja Werger). Aber dessen Vater (Hans Lydman) versucht bald, die zarte Liebe zu zerstören.
Von Brecht erlöst
TERMINE IM MAI: 02.05., 09.05. & 16.05.
„Die Heilige Johanna der Schlachthöfe“ im Jungen Theater Göttingen
* MALTE SCHILLER
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nter der Regie von Frank Abt feierte Brechts „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ Premiere im Jungen Theater. Nachdem sich die Fabrikanten von Chicago mächtig verspekuliert haben, sieht sich Johanna, eine junge Geistliche, während ihrer Arbeit in der Suppenküche mit dem Elend der Arbeiter konfrontiert. Sie möchte diese Not lindern und appelliert an das Gute im Menschen. Vor allem bei Chicagos Fleischkönig Mauler, an den sich Johanna wendet in ihrem Bemühen, den Arbeitern zu helfen. Doch Mau-
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ler kommt aus seiner Rolle des Kapitalisten nicht heraus. Die Inszenierung macht eine Gratwanderung: Brechts typenhafte Figuren werden hier ernst genommen und zum Leben erweckt. Die ineinander gleitenden Szenen sind ein gelungener Kniff der Dramaturgie (Alex Krebs) und verstärken das Hin-und-her-gerissensein der Johanna. Die Schauspieler tun das Übrige: Anne Düe verleiht der Johanna überbordende, beinahe ansteckende Energie. Aber auch Dirk Böter bringt den Zuschauer in Versuchung, den Fabrikanten Mauler ernst zu nehmen und nicht in brechtscher Parodie
abzutun. Die Ernsthaftigkeit wird zwar immer wieder durch Situationskomik gelockert, in einigen Szenen droht das Stück jedoch dem distanzlosen Pathos und Kitsch zu verfallen – etwa in tragischen Momenten, die unaufdringlich mit säuselndem Gitarrengezupfe untermalt werden. Für diese Entgleisungen entschuldigt jedoch das trashige Ende mit Popmusik und Luftballons. Mehr soll hier nicht verraten werden. Das Publikum dankte sodenn auch mit Bravo-Rufen und Fußstampfen.
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TERMINE IM MAI: 06.05., 13.05., 20.05. & 25.05. (20 Uhr)
TagesSatz
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ZWISCHEN DEN ZE I L E N
„Sex sells!“ Wirklich? Diesen drei druckfrischen Neuerscheinungen wäre das ausnahmsweise einmal sogar zu wünschen.
* DANIELE PALU
Aus Frau mach Mann
Aufgeklärt
Sex oder Liebe?
Diese Nachricht sorgte für Aufsehen: Yvonne Buschbaum, eine der erfolgreichsten deutschen Stabhochspringerinnen der vergangenen Jahrzehnte, verkündete ihren Rückzug aus dem Leistungssport und die Absicht, endlich auch körperlich zu dem zu werden, was sie seelisch schon lange ist: ein echter Mann. „Bei meiner Geburt ist ein Fehler passiert“, sagt der 30-jährige rückblickend, „und diesen Fehler habe ich eben behoben.“ Bis zu diesem Zeitpunkt lebt Buschbaum, so gut es geht, das Leben eines Mannes. Die weiblichen Rundungen, die sich mit der Pubertät einstellen, verwandelte er so weit wie möglich in Muskelmasse. Er benutzt die Männertoilette, trägt Hosen und Hemden, führt Liebesbeziehungen mit Frauen: „Ich hatte alles: Ansehen, Erfolg, Freunde. Mein Leben war wirklich toll. Aber ich war nicht glücklich“, erinnert sich Balian Buschbaum an diese Zeit. 2007 wählt er seinen neuen Vornamen nach „Balian von Ibelin“ aus dem Film „Königreich der Himmel“ – ein Held, der alles verlieren muss, um sich selbst zu finden. Sechs Testosteron-Spritzen und mehrere Operationen folgen. In seinem Buch lässt Balian Buschbaum den Leser an seinem Weg teilhaben. „Blaue Augen bleiben blau“ ist ein authentisches – wenn auch zuweilen arg blumig formuliertes – Plädoyer, sein Leben in die Hand zu nehmen.
Sex: Jeder redet darüber, überall wird er dargestellt, und wenn mal einer gerade nicht darüber redet, dann nur, weil er nachdenkt, wie er noch besseren haben könnte. „Eigenartig, dass wir bei so viel Wissen und Offenheit immer unzufriedener mit unserem Sexleben werden“, stellt die Journalistin und Buchautorin Sigrid Neudecker fest. „Die meisten Menschen wären mit ihrem Sexleben zufrieden, wenn ihnen nicht andauernd jemand versprechen würde, dass es noch besser geht.“ Deshalb arbeitet sich Neudecker durch allerlei Klischees und Bräuche und hinterfragt die Sex-Ratgeber der gängigen Lifestyle-Magazine – um festzustellen, wie sehr wir unser Intimleben bereits haben korrumpieren lassen: Gilt man heute als prüde, wenn man nicht auf Analverkehr steht? Hat man als Mann überhaupt noch eine Chance bei den Frauen, wenn man zugibt, nicht auf Cunnilingus zu stehen? Neudecker lässt kaum eine Frage unbeantwortet. „Wie war ich?“ ist ein Aufruf zu weniger Leistungsdruck im Bett und dabei auch noch klug, hintergründig und gewitzt geschrieben.
Erik, Anwalt, verheiratet, zwei Kinder, wird von der Putzfrau Dani heimlich von seinem Garten aus beobachtet. Er bemerkt es, es erregt ihn, und er entblößt sich für sie. Das wird ihm so wichtig, dass sein Leben den Bach runtergeht: Sein Chef schmeißt ihn raus, Frau und Kinder verlassen ihn. Der Verfall macht sich breit, Erik trinkt und verkommt. Im Grunde trinken und verkommen beinahe alle Figuren in diesem Roman – und immer aus Liebesgründen. Was die Protagonisten antreibt, ist die Sehnsucht nach völliger Verschmelzung mit einem geliebten Gegenüber. Leider ist das geliebte Gegenüber in den seltensten Fällen zum Verschmelzen bereit oder es verwechselt Liebe mit schnödem Sex. Die Autorin lässt sich ihre Helden durchboxen, Liebe machen und sich um Kopf und Kragen schwadronieren, dass dem Leser das Lachen im Halse stecken bleibt. Ein rasant erzählter Roman über die halsbrecherische Jagd nach dem großen Glück.
Sigrid Neudecker: Wie war ich? Fischer, 8,95 Euro. Taschenbuch, 247 Seiten
Katrin Seddig: Runterkommen. Rowohlt, 19,95 Euro. Hardcover, 384 Seiten
Balian Buschbaum: Blaue Augen bleiben blau. Krüger, 17,95 Euro. Hardcover, 252 Seiten
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I N D E R N A H AUFNAHME Man sollte meinen, dass ein heroischer Halb-Gott besser für Unterhaltung sorgen kann als ein suizidgefährdeter Englisch-Prof. Zwei Kino-Filme beweisen allerdings das Gegenteil. Als Tipp erfährt diesen Monat eine Sekretärin ein „Frühlingserwachen“ der besonderen Art.
DVD-Tipp
outnow.ch
* CLIFFORD SPENCER
Kampf der Titanen
A Single Man
Secretary
R.: Louis Leterrier GB/USA 2010, FSK 12
R.: Tom Ford USA 2009, FSK 12
R.: Steven Shainberg USA 2002, FSK 16
Die Götter müssen verrückt sein: Als Reaktion auf Ketzerei der Einwohner von Argos beschließen Zeus (Liam Neeson) und Hades (Ralph Fiennes) den Menschen eine schmerzhafte Lektion zu erteilen. Bei einer göttlichen Attacke durch Hades kommt die unschuldige Ziehfamilie von Perseus (Sam Worthington) ums Leben. Perseus findet bald heraus, dass er ein Halb-Gott ist, ein unehelicher Sohn des großen Zeus. Als Retter der Stadt auserkoren, schwört er Rache. Mit den sperrigen Details griechischer Mythologie hat „Kampf der Titanen“ nicht viel am Helm. Das hätte trotzdem ein nettes Sandalen- und Monsterspektakel werden können in der Tradition alter Ray Harryhausen-Filme. Leider nimmt sich der Film viel zu ernst und schafft dabei unfreiwillige Komik. Die banale Handlung wirkt wahllos zusammengewürfelt, und die teils hochkarätigen Darsteller spielen lustlos vor sich hin. Überhaupt hätte der Film so nie in 3D erscheinen dürfen: Wabernde Haarpartien ziehen die Blicke ungewollt auf sich, ein Babykopf erscheint monströs, und Perspektiven stimmen wortwörtlich hinten und vorne nicht. So wird einem noch der letzte Spaß geraubt, den man sich hätte einbilden können.
George Falconer (Colin Firth) hat ein schickes Haus und einen guten Job als Englisch-Dozent im sonnigen Kalifornien des Jahres 1962. Oberfächlich scheint alles in Ordnung zu sein. Aber George hat seine große Liebe und Lebensgefährten Jim (Matthew Goode) bei einem Unfall verloren. Es ist ein Verlust, über den er auch acht Monate später nicht ansatzweise hinweg ist. George will sich das Leben nehmen. Sein letzter Tag ist genau vorbereitet, inklusive Englisch-Vorlesung und einem Besuch bei seiner besten Freundin Charley (Julianne Moore). Aber im Leben verläuft nicht alles nach Plan. Colin Firth („Bridget Jones“, „Zufällig verheiratet“) brilliert als stilvoller wie einsamer „Single Man“. Sein subtiles und eindringliches Spiel bringt ihn hoffentlich weit weg von den formelhaften Liebeskomödien der letzten Jahre. Mode-Designer Tom Ford liefert ein phänomenales Regiedebüt mit einer raffinierten Farbdramaturgie und viel Gespür für leisen Humor. „A Single Man“ ist tragisch und lebensfroh und absolut sehenswert.
Die verschüchterte aber smarte Lee (Maggie Gyllenhaal) findet eine Anstellung als Sekretärin bei dem etwas verschrobenen Anwalt Edward Grey (James Spader). Zwischen den beiden entwickelt sich ein seltsames Verhältnis: Er fängt an sie für kleine Vergehen zu bestrafen, während sie das Gefühl genießt, dominiert zu werden. Lee entdeckt mit ihrer sexuellen Identität ein neues selbstbewusstes Ich und blüht auf. Aber Edward kommen Zweifel an seinem Benehmen und beendet die Liaison bevor sie richtig begann. Es wird Zeit, dass Lee zum ersten Mal in ihrem Leben selbst die Zügel in die Hand nimmt. „Secretary“ geht das gewagte Thema einer S/M-Liebesbeziehung mit vorurteilsfreiem Witz an und schafft einen gekonnten Drahtseilakt zwischen erotischer Fantasie, Drama und Komödie. Dabei schreckt der Film auch nicht vor manch bizarr anmutender Szene zurück. Nur auf den ersten Blick ist Lees Unterwürfigkeit ein Albtraum für Feministinnen. Eine der symbolträchtigsten Szenen verdeutlicht das Verhältnis: Edward fängt in seinem Büro eine graue Maus, nur um sie dann zu befreien.
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TagesSatz
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DAS LE T Z T E
Das Allerallerletzte! GÖTTINGER NOBEL-CAFÉ OHNE BENEHMEN
* KOMMENTAR VON JÖRG SANDERS
Jörg Sanders
Auf telefonische Anfrage des TagesSatz noch am selbigen Tage bekräftigte Grummes-Salamon ihre Aussagen. Sie habe diese tatsächlich so gemeint und habe denen nichts hinzuzufügen. Zwei Tage später dementierte sie jedoch Medien gegenüber, die Aussagen in dieser Art getroffen zu haben.
D
as Göttinger Tageblatt (GT) vom 20. April titelt: „Die Menschen können sich einfach nicht benehmen“. Hierin ging es darum, wie Göttinger Café-Inhaber mit „ungebetenen“ Gästen umgehen. Während sich das Café Esprit und Café Schröder gemäßigt äußerten und offensichtlich kaum Probleme mit unerwünschten Gästen haben, kommt die Leiterin des bekannten Nobel-Cafés Cron & Lanz Ulrike Grummes-Salamon zu einem anderen Ergebnis und ließ ganz andere Töne verlauten. Sie sagte gegenüber dem Tageblatt, dass sich die Menschen einfach nicht mehr benehmen könnten. Aber damit bei Weitem nicht genug: Sie bezeichnet die „vielen Bettler“ als „Ungeziefer“, „sehr dreist“, und ohnehin „läuft viel Dreck rum in der Göttinger Innenstadt“.
Angesichts derartiger verbaler Entgleisungen ist fraglich, wem es am nötigen Benehmen mangelt. Ein Boykott des Cafés ist eine Möglichkeit, seinen Unmut über Grummes-Salamon zu demonstrieren. Andererseits teilt das Personal eventuell nicht ihre Ansicht, wie auch ein Kommentator auf der Internetseite des Göttinger Tageblatts schreibt: „Ich bin sicher, dass viele Mitarbeiter heute kopfschüttelnd die Zeitung gelesen haben.“ Diese für die Menschen verachtenden Aussagen ihrer Chefin zu strafen, ist ebenso wenig sinnvoll und nicht fair. Letztendlich obliegt es Ihnen als Kunden zu entscheiden, ob und wie Sie Cron & Lanz zukünftig begegnen werden. Alternativen für jeden Geschmack gibt es in Göttingen jedenfalls zugenüge. Ich zumindest gehe auch weiterhin ins Weltladen-Café – dort ist der Kaffee besser, billiger, fair gehandelt, und man wird nicht als Ungeziefer betrachtet.
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MEHR ZUM THEMA: www.weltladen-goettingen.de
Jörg Sanders
Nächstes Mal JUNI-Ausgabe 2010
Die Juniausgabe des TagesSatz widmet sich dem Thema „Gewalt“. Dazu werfen wir einen Blick auf die Beziehung zwischen Tätern und Opfern von Gewalt, nehmen die Göttinger Initiative „Go Willi“ unter die Lupe und interviewen den Theaterregisseur Alex Krebs zu seiner Inszenierung von „Jugend ohne Gott“. Zu guter Letzt gehen wir auch im nächsten Monat wieder für Sie auf die Straße und fragen diesmal: Wann ist Ihrer Meinung nach Gewalt gerechtfertigt? – Das wird nicht ohne! TagesSatz
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Impressum
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TagesSatz, das Straßenmagazin Herausgeber: TagesSatz e.V. 1. Vorsitzender: Hans Peter Pung Adresse der Redaktion Kassel: Westring 69, 34127 Kassel Telefon: 0561 - 861 58 43 Fax: 0561 - 861 58 61 E-Mail: kassel@tagessatz.de Mo, Di, Do: 10-12 Uhr Mi & Fr: 17-19 Uhr Adresse der Redaktion Göttingen: Obere Karspüle 18, 37073 Gö. Telefon: 0551 - 531 14 62 E-Mail: goettingen@tagessatz.de Mo, Di, Do, Fr: 10-13 Uhr Mi: 14-16 Uhr Homepage: www.tagessatz.de Bankverbindung: Kasseler Sparkasse Kto.: 11 833 79 Blz.: 520 503 53 Sparkasse Göttingen Kto.: 505 815 11 Blz.: 260 500 01 Redaktionsleitung: Jörg Sanders, Malte Schiller (GÖ), Harald Wörner (KS) Pressesprecher: Malte Schiller Vertriebsleitung: Kassel: Christian Piontek Tel.: 0561 - 861 58 18 Göttingen: Juliane Michael Tel./Fax: 0551 - 531 14 62 Anzeigenleitung: Büro Kassel Tel.: 0561 - 861 58 43 Jörg Sanders (GÖ) Tel.: 0163 - 685 99 98 Redaktion Kassel: Stefan Giebel, Trudi Kindl, Fritz Krogmann, Bianca Kuchenbrod, Nora Mey, Hans Peter Pung Kultur KS: Fritz Krogmann Redaktion Göttingen: Jochen Humann-Bellin, Werner Koßmann, Julia Krause, Jörg „Yogi“ Müller, Daniele Palu, Andreas Pramann, Nelly Sauter, Clifford Spencer, Willi Strübig, Melanie Swiatloch, Andrea Tiedemann, Melodi Wolken, Pia Zojer News GÖ: Nora Wetzel Illustration GÖ: Pilar Garcia Fotografie: Anja Banzhaf, Clemens Eulig, Jörg „Yogi“ Müller, Jörg Sanders, Nelly Sauter, Andrea Tiedemann, www.photocase.com Umschlag: Carsten Seydlowsky Layout: Dirk Mederer [plazebo.net] 0551-4899074, info@plazebo.net Druck: COLOR-Druck GmbH ViSdP: Harald Wörner TagesSatz erscheint zwölfmal pro Jahr im Straßenverkauf in Kassel und Göttingen Auflage dieser Ausgabe: 2.750
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W O H I N , W E NN Allgemeine Hilfen
EssenSAUSGABEN
Göttingen
Göttingen
Caritasverband Göttingen Allgemeine Lebens- und Sozialberatungsstelle Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/999590
Die Göttinger Tafel Jakobikirchhof 1 37073 Göttingen Tel. 0551–51030
Opferhilfebüro Göttingen für Opfer von Straftaten Maschmühlenweg 11(Landger.) 37073 Göttingen 0551/5213883 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten Ansprechpartner: Herr Bayer 0551/6338876 Sozialdienst für Migranten, RABaZ-Beratungs- & Vermittlungsstelle für ausländische Jugendliche Karspüle 16 37073 Göttingen 0551/57739 BONUS Freiwilligenzentrum Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/9995917 Neue Arbeit Brockensammlung Levinstr.1 37079 Göttingen 0551/5067320 Pro Familia Rote Str.19 37073 Göttingen 0551/58627 Selbsthilfe Körperbehinderte Prinzenstr. 19 37073 Göttingen 0551/54733-0 Selbsthilfegruppe für Mobbing-geschädigte – Rainer Beutler 05602/1860 BürgerInnenberatung Stadt Göttingen Hiroshimaplatz 2 37083 Göttingen Kassel Kasseler Hilfe Opfer- und Zeugenhilfe e.V. Wilhelmshöher Allee 101 34121 Kassel 0561/282070 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten Ansprechpartner: Hr. Holler 0561/6029458 Pro Familia Kassel Frankfurter Straße 133 a 34121 Kassel 0561/27413 Außenstelle Witzenhausen (Rathaus/EG/Raum 10) Am Mart 1/ Witzenhausen Arbeitslosenhilfe Göttingen Arbeiterwohlfahrt Hospitalstr. 10 37073 Göttingen 0551/50091-0 Mensch & Arbeit - Beratungsstelle für Arbeitnehmer und Arbeitslose Kurze Str. 13a 37073 Göttingen 0551/43373 Verein zur Erschließung neuer Beschäftigungsformen e.V. Lange Geismarstr. 2 37073 Göttingen 0551/485622 Kassel Beratungsstelle für Arbeitslose des DGB Kreis Kassel Spohrstraße 6-8 34117 Kassel 0561/7209536
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Mittagstisch St. Michael Turmstr. 5 37073 Göttingen 0551/5479540 Straßensozialarbeit Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980 Kassel Kasseler Tafel Holländische Straße 141 34127 Kassel 0561/23003 Suppentopf der Heilsarmee jeden Montag von 14-15 Uhr Martinsplatz Gesegnete Mahlzeit Diakonisches Werk Kassel Hermannstraße 6 34117 Kassel weitere Ausgabestellen: Neue Brüderkirche, Johanneskirche, Auferstehungskirche
Kassel
Kassel
Kassel
Fahrende Ärzte Dr. Giesler/Dr. Moog Mo. von 14.00-15.30 Uhr auf dem Martinsplatz Do. von 20-24 Uhr in der Gießbergstraße
Diakonisches Werk Kassel Sprungbrett & Sprungbrett spezial Steinweg 5 34117 Kassel 0561/572090
Drogenhilfe Nordhessen e.V. Schillerstraße 2 34117 Kassel 0561/103641
Kabera e.V. Beratung bei Essstörungen Kurt - Schumacher Straße 2 34117 Kassel 0561/780505 Gesundheitsamt Region Kassel Wilhelmshöher Allee 19-21 34117 Kassel 0561/10031920
Deutsches Rotes Kreuz Königstor 24 34117 Kassel 0561/7290441 Lebenskrisen Telefonseelsorge für Jugendliche 0800/1110333
Haftentlassene
Telefonseelsorge 0800/1110111 & 0800/1110222
Göttingen
Kassel
WohnungslosenHilfe
KIK – Kontakt in Krisen Königsallee 254 37079 Göttingen 0551/632977
Telefonseelsorge 0800/1110111
Göttingen
Kassel Beratungsstelle für Haftentlassene Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061oder 0561/70738-00
PSKB Stadt & Landkreis Kassel 0561/1003-0 & 0561/787-5361 Notschlafstellen Göttingen
Hilfe & Selbsthilfe bei AIDS
Frauen in Not
Göttingen
Kassel
Göttingen
Göttinger AIDS-Hilfe Obere Karspüle 14 37073 Göttingen 0551/43735 werktags: 10-13 Uhr Beratung: 0551/19411
Soziale Hilfe e.V. / Panama (für alleinstehende Wohnungslose) Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738-00
AIDS-Beratungsstelle Gesundheitsamt Göttingen Theaterplatz 4 37073 Göttingen 0551/4004831
Café Nautilus (f. Drogenabhängige) Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115
Frauen-Notruf e.V. Postfach 18 25 37008 Göttingen 0551/44684 Frauenhaus e.V. Göttingen Postfach1911 37009 Göttingen 0551/5211800 Kassel Übergangseinrichtung für wohnungslose Frauen Am Donarbrunnen 32 34132 Kassel 0561/43113 Karla 3 Aufenthalt und Beratung für wohnungslose Frauen Karlsplatz 3 34117 Kassel 0561/15532 Autonomes Frauenhaus 0561/898889 Frauen in Not 0561/9892929 Notruf für vergewaltigte Frauen Frauen gegen Vergewaltigung e.V. 0561/772244 Frauen informieren Frauen e.V. Beratung bei häuslicher Gewalt Westring 67 34127 Kassel 0561/ 89 31 36 Gesundheit Göttingen Gesundheitsamt Sozialpsychiatrischer Dienst Am Reinsgraben 1 37085 Göttingen 0551/4004802 Frauengesundheitszentrum Göttingen e.V. Groner Straße 32/33 37073 Göttingen 0551/484530 Gesundheitszentrum Albanikirchhof 4-5 37073 Göttingen 0551/486766
SAM – Substitutionsfachambulanz Wilhelmshöher Allee 124 34119 Kassel 0561/711813 SAM 2 – Substitutionsfachambulanz Schillerstraße 2 34117 Kassel 0561/103878
Göttingen
Heilsarmee Untere Maschstr. 13b 37073 Göttingen 0551/42484
KORE e.V. - Sozialberat. f. Frauen Papendieck 24-26 (Hinterhof, EG) 37073 Göttingen 0551/57453
Kontaktladen „Nautilus“ Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115
Kassel Aids-Hilfe Kassel Motzstraße 1 34117 Kassel 0561/97975910 Stadt Kassel – Gesundheitsamt AIDS-Beratungsstelle Obere Königsstraße 3 34117 Kassel 0561/787–5380
Rechtsberatung & Hilfe Kassel Schuldnerberatung Gottschalkstraße 51 34127 Kassel 0561/893099 Verbraucherzentrale Hessen e.V. Bahnhofsplatz 1 34117 Kassel 0561/772934
Kinder & Jugendliche in Not
Göttingen
Göttingen
AWO Schulden- & Insolvenzberatung, Kreisvb. Göttingen e.V. Hospitalstraße 10 37073 Göttingen 0551/50091-0
Omnibus - Beratungsstelle für Jugendliche & junge Erwachsene Goßlarstr. 23 37073 Göttingen 0551/392690 Kassel Deutscher Kinderschutzbund Siemensstraße 1 34127 Kassel 0561/899852
Verbraucherzentrale Nds. Papendiek 24 37073 Göttingen 0551/57094 Suchtberatung: Alkohol Kassel
Verein zur Förderung der Erziehungshilfen in Nordhessen e.V. Wilhelmshöher Allee 32 a 0561/78449-0 Stadt Kassel Sozialer Dienst des Jugendamtes Friedrich-Ebert-Straße 1 34117 Kassel 0561/787–5301 Kleiderkammern Göttingen Ev.-ref. Gemeinde – Kleiderkammer Untere Karspüle 12 37073 Göttingen 0551/5473717 Deutsches Rotes Kreuz Zollstock 17 37081 Göttingen 0551/5096322 Ausgabe: Mo & Do 8.30-11h jeden 3. Mi im Monat 16-18h
Anonyme Alkoholiker 0561/5108806 Blaues Kreuz Kassel Landgraf-Karl-Straße 22 34131 Kassel 0561/93545-0 Suchtberatung Diakonisches Werk Goethestraße 96 34119 Kassel 0561/938950 Suchtberatung: Drogen
Ambulante Hilfe für alleinstehende Wohnungslose Wiesenstr. 7 37073 Göttingen 0551/42300 Diakonische Heime in Kästorf e.V. – Außenstelle Göttingen Wienstraße 4f 37079 Göttingen 0551/5053302 Straßensozialarbeit (Kleiderkammer) Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980 Bahnhofsmission Bahnhof, Gleis 4-5 37073 Göttingen 0551/56190 Hann. Münden Ambulante Hilfe für alleinstehende Wohnungslose Lange Str. 35 34346 Hann. Münden 05541/71034 / Fax: 05541/903210 Kassel Die Heilsarmee / Sozial Center Ks Eisenacher Straße 18 34123 Kassel 0561/570359-0 Beratungsstelle für Nichtsesshafte Sozialamt der Stadt Kassel Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061 Beratungsstelle für alleinstehende Wohnungslose – Soziale Hilfe e.V. Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738–00 Betreutes Wohnen Diakonisches Werk Kassel Hermannstr. 6 34117 Kassel 0561/7128829 Wohnungsprobleme Kassel Zentrale Fachstelle Wohnen Wohnungsamt (Rathaus) Obere Königsstraße 8 34112 Kassel 0561/787-6252 oder -6255 Deutscher Mieterbund Mieterverein Kassel u. U. e.V. Königsplatz 59 34117 Kassel 0561/103861
Göttingen DROBZ (Drogenberatungsz.) Mauerstr.2 37073 Göttingen 0551/45033 Beratungsstelle für Suchtkranke – Diakonieverband Schillerstr 21 37083 Göttingen 0551/72051
Wenn Ihre Einrichtung hier nicht enthalten, oder wir eine Korrektur durchführen sollen, schicken Sie bitte eine E-Mail mit den Daten an goettingen@ tagessatz.de!
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