TagesSatz 2011/08

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T I T E L G A L E RIE

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TagesSatz

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EDITO R I A L Liebe Leserinnen und Leser, „es ist Sommer, die Sonne scheint, die Temperaturen stiegen kontinuierlich...“ – wie viele Editorials begannen an dieser Stelle mit einem Verweis auf die Jahreszeit und das Wetter. Wenn man vor dem Bildschirm im Redaktionsbüro sitzt und händeringend nach einem Einstieg für diese Rubrik sucht, schweift der Blick ab und man starrt aus dem Fenster, sieht die Sonne scheinen, Wolken vorüberziehen oder Regentropfen gegen die Scheibe prasseln. Also, schnell ein paar Zeilen über das Wetter – auch wenn das sich bis zum Erscheinungstermin der jeweiligen Ausgabe mehrere Male drastisch geändert hat, wie es die letzten Wochen des Juli zeigten. Jetzt sind die Sommerferien so gut wie vorbei, der Stress des Berufs und der Schule beginnt wieder, und es bleibt keine Zeit mehr, um über das Wetter zu sinnieren. Die Redaktion hatte in dieser Zeit auch eine kurze Verschnaufpause und musste sich nicht um die Artikel der aktuellen Ausgabe kümmern: Die Verkäufer waren wieder einmal an der Reihe und sollten mit ihren Ideen das Heft füllen. So finden Sie in der zweiten Verkäuferausgabe des Jahres Interviews mit Verkäufern, selbstgeschriebene Artikel, viele Fotos und in der Mitte des Heftes eine Adaption des berühmten Bildes des Straßencafés von van Gogh, gezeichnet von dem dienstältesten Verkäufer in Göttingen, Werner Koßmann. Eine besondere Aktion hatte der TagesSatz im Anfang Juli veranstaltet: Unter dem Motto „Wir schreiben...Andere nicht ab“ präsentierte sich der TagesSatz in der Universität Göttingen. In Zusammenarbeit mit dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), bei dem wir uns an dieser Stelle noch einmal herzlich dafür bedanken, dass er uns bei der Organisation und Durchführung so tatkräftig unterstützt haben, informierten Redakteure und Verkäufer über die Hintergründe von Straßenmagazinen und unsere Arbeit beim TagesSatz. So blieb im Juli dann doch nicht so viel Zeit zur Erholung und zum Entspannen – und mancher Verkäufer war da gleich doppelt gefordert. Wir hoffen, durch den Vortrag neues Interesse an unserem Heft geweckt zu haben, und Sie mit diesem fast wetterfreien Editorial zum Lesen der Ausgabe zu animieren.

TagesSatz. Hilft sofort.

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Der TagesSatz wird von Menschen in sozialen Schwierigkeiten auf der Straße verkauft. Vom Verkaufspreis der Zeitung (2,00 Euro) behalten die VerkäuferInnen 1,00 Euro. Sie können damit ihre finanzielle Situation verbessern und sind nicht mehr auf Almosen angewiesen.

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Die Mitarbeit in Redaktion und Vertrieb des TagesSatz bietet arbeits- und wohnungslosen Menschen eine Aufgabe und die Möglichkeit, neue soziale Kontakte zu knüpfen und ermöglicht langfristig gesehen den Wiedereinstieg ins Berufsleben.

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Der TagesSatz finanziert sich ausschließlich durch Verkaufserlöse, Anzeigen und Spenden. Das Straßenmagazin erhält keine regelmäßigen Fördermittel.

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Wenn Sie den TagesSatz über den Kauf hinaus unterstützen wollen, können Sie auf folgendes Konto eine Spende überweisen: TagesSatz e.V. Kassler Sparkasse Kto.: 1183379 Blz.: 52050353

Viel Spaß dabei wünschen Ihnen

Katharina Ketschmer & Christopher Piltz (Redaktionsleitung Göttingen) ANZEIGE

TagesSatz e.V. Sparkasse Göttingen Kto.: 50581511 Blz.: 26050001 Bitte geben Sie Ihre Adresse im Feld Verwendungszweck an, damit wir Ihnen eine Spendenbescheinigung zusenden können.

Der TagesSatz ist Mitglied von:

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Jörg „Yogi“ Müller

A U S E R S T E R HAND

Lyrische Gehversuche * HEINZ BECHLARS

Habe etwas Lebensmut zurück bekommen.

Umarme die Natur, oder lass mich von ihr leiten.

Ein plätschernder Bach, die kleinen gekräuselten Wellen springen von Stein zu Stein, Bäume, Büsche, die Blumen auf der Wiese, wunderbare Natur.

Sanft umschmeichelt mich der Wind, streicht über meine Hände, Wangen, wie die zarte Hand einer Frau. Sitze verträumt am Waldesrand, blicke weit in die Ferne, ein seltsames Gefühl umgibt mich, möchte bleiben, hier in der Natur, nicht zurück in die Hektik, in die lärmende Stadt.

Um mich ein Raunen, ein Wispern, so spricht die Natur. Erneut kommt Wind auf, dieses Mal in Böen, das Rauschen in dem Fichtenhain mutet seltsam an, Donnergrollen hallt durch den Wald, Blitze zucken, das Krachen der Äste, das Splittern der Bäume, Regen peitscht mein Gesicht, hab noch lange zu gehen!

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Möchte genießen die Freuden, den Himmel, die Farben, das Land, nochmals etwas Leben schöpfen mit der Hand.

Der Abend bricht an, eine Nachtigall trällert ihr Lied.

Wind kommt auf, die Bäume rauschen, ich vermeine Stimmen zu hören, bleibe, bleibe hier in der Natur, wie ein Spuk, schon ist es vorbei, der Wind hat sich gelegt, nur noch ein leises Säuseln, es wispert in den Kronen, willst Du schon gehen?

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IN H A LT

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AUS ERSTER HAND Verkäufer schreiben 4 16 19 20 22 24 26

Lyrische Gehversuche LYRIK von HEINZ BECHLARS Ein bisschen DDR von THOMAS SCHWAB Eine feste Beschäftigung in der Küche von olaf burhenne Im Leben angekommen von alexander rifel „Wir lebten in einem Leichenhaus“ Von stoica „DANI“ trafandir Hungrig in Göttingen von sabine schweer Sozialer Marktplatz von detlef „ROCKY“ bernhard

NACHGEFRAGT Verkäufer im Gespräch 9

Papierkunst zwischen Gemüsestand und Wursttheke

ROBERT HALAGAN IM GESPRÄCH MIT HOLGER TEICHMANN

10 Ein bisschen DDR

HARALD WÖRNER IM GESPRÄCH MIT ALFRED MASURKIWIECSZ

12 Eine feste Beschäftigung in der Küche

HARALD WÖRNER IM GESPRÄCH MIT PEDRO VEGA-AMIL

Rubriken 3 6 25 27

Editorial Vorgestellt Nächstes Mal & Impressum Wohin, wenn

Bitte ausschneiden und zurücksenden an: TagesSatz e.V., Westring 69, 34127 Kassel

Fördermitglied oder ABO?

Grundsätzlich möchten wir Sie darum bitten, die Zeitung auf der Straße zu kaufen. Für diejenigen, die dazu keine Möglichkeit haben, bieten wir ein Abo für 50 € / Jahr an. Damit wird Ihnen der TagesSatz ein Jahr lang (12 Ausgaben) zugestellt. Selbstverständlich können Sie das Abo auch verschenken. Wer den TagesSatz darüber hinaus unterstützen möchte, der kann Fördermitglied werden. Eine Spendenquittung wird Ihnen am Jahresende automatisch zugesandt.

Ja, ich möchte dem TagesSatz e.V. als förderndes Mitglied beitreten.

Hiermit ermächtige ich den TagesSatz e.V. meinen Jahresbeitrag / meine jährl. Abokosten bis auf Widerruf von folgendem Konto abzubuchen: Name, Vorname:

Den Jahresbeitrag ( Mindestbeitrag von 75,- € ) in Höhe von

Straße, Hausnr.:

_____ € lasse ich jeweils vom angegebenem Konto abbuchen.

PLZ, Ort:

Der TagesSatz soll mir monatlich zugesandt werden.

Kontonummer: BLZ:

Geldinstitut:

Ja, ich möchte das Straßenmagazin TagesSatz für mindestens ein Jahr abonnieren. Die Kosten von 50,- € (incl. Versand) lasse ich jeweils vom angegebenem Konto abbuchen.

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Ort, Datum

Unterschrift

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V O R G E S T E L LT Werner KoSSmann / Alter: 54 / Standplatz: Sparkasse Innenstadt [GÖ] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Von Anfang an Was gefällt Dir beim Verkauf am besten? Die nette Vertriebsleitung. Was war Dein besonderes Erlebnis? Einmal haben Studenten jedem Verkäufer 20 Euro gespendet. Was wünschst Du Dir? Ein schönes langes Leben mit meiner wundervollen Frau und meinem viel zu dicken Kater (ist jetzt auf Diät). Andreas Pramann / Alter: 50 / Standplatz: Bahnhof [GÖ] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? 2004 Was gefällt Dir am Verkauf? Kontakt mit Menschen, Zuverdienstmöglichkeit Was war dabei Dein besonderes Erlebnis? Lob für meine Artikel Was wünscht Du Dir? Eine bezahlte Arbeit, von der ich auch leben kann.

Holger Teichmann / Alter: 47 / Standplatz: Post am Bahnhof [GÖ] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Das Magazin verkaufe ich seit Mitte 2004 Was gefällt Dir beim Verkauf am besten? Kontakte und Gespräche mit Menschen an der Post (mein Standplatz) Was war Dein besonderes Erlebnis? Die Menschen ermuntern mich kreativ zu bleiben. Was wünschst Du Dir? Einen schönen 50ten Geburtstag Olaf Burhenne / Alter: 38 / Standplatz: Karstadt Sport [GÖ] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Seit 2008 Was gefällt dir beim Verkauf am besten? Nette Leute, die auch mal etwas Extra geben. Was war Dein besonderes Erlebnis? Es gab schon mal Leute, die dafür sorgten, dass mein Kühlschrank voll ist. Was wünschst Du Dir? Eine Festanstellung in einer Großküche. Jörg „Yogi“ Müller / Alter: 47 / Standplatz: Vor der Jakobikirche [GÖ] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Seit August 2008 Was gefällt Dir beim Verkauf am besten? Der Kontakt und der Zuspruch meiner Kunden. Was war dein besonderes Erlebnis? Dass sich dabei Freundschaften gebildet haben. Was wünschst Du Dir? Ich wünsche allen Wohlwollen, Freiheit und Glück!

DETLef „Rocky“ Bernhard / Alter: 52 / Standplatz: Karstadt (Hintereingang) [GÖ] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Seit 2009 Was gefällt Dir beim Verkauf am besten? Das soziale Umfeld und die Gespräche. Was war Dein besonderes Erlebnis? Ein junger Mann half mir gegen einen angetrunkenen Zeitgenossen und passte noch auf mich auf, bis er verschwunden war. Was wünschst Du Dir? Mehr Zusammenhalt bei den Menschen. Bruno F. Spotted Bear / Alter: 56 / Standplatz: Post (Innenstadt) [GÖ] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? seit etwa sieben Jahren, mit Unterbrechungen Wie bist Du zum TagesSatz gekommen? durch eine Bekannte Was hast Du davor gemacht? viel: gelebt, gearbeitet und umhergezogen Was wünscht Du Dir? Gesundheit und viel Ruhe

SABINE SCHWEER / Alter: 43 / Standplatz: Nabel, Wochenmarkt & Uni [GÖ] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Ich bin seit August 2010 dabei. Was gefällt Dir beim Verkauf am besten? Als Verkäufer ist man so eine Art „Streetworker“, manchmal sogar ein halber Seelsorger. Es tut gut für andere da zu sein. Was war Dein besonderes Erlebnis? Traf den Mann meines Lebens (Haha, war ein Spaß!) Was wünschst Du Dir? 6

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VORGEST E L LT Tibi Istrate / Alter: 32 / Standplatz: Gewerbegebiet/ Bovenden [GÖ] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Seit April 2011. Was gefällt Dir beim Verkauf am besten? Ich kann meine Familie und mich ernähren. Was war Dein besonderes Erlebnis? Was wünschst Du Dir? Ich wünsche mir am meisten ein schönes Zuhause mit meiner Familie und soziale Sicherheit. Luca „Vasi“ Vasile / Alter: 42 / Standplatz: Gewerbegebiet [GÖ] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Seit Februar 2011. Was gefällt Dir beim Verkauf am besten? Die netten Kunden, die mir dabei helfen. Was war dein besonderes Erlebnis? Was wünschst Du Dir? Ich wünsche mir ein schönes und sauberes Zuhause zusammen mit meiner Familie und soziale Sicherheit. Stoica „Dani“ Trandafir / Alter: 43 / Standplatz: Gewerbegebiet [GÖ] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Seit Februar 2011. Was gefällt dir am besten beim Verkauf? Dass ich durch den Verkauf der Zeitung Geld habe, um meine Familie und mich zu ernähren. Was war Dein besonderes Erlebnis beim Verkauf? Was wünschst Du Dir? Ein schönes Zuhause in Deutschland (es gibt keine Arbeit in Rumänien). Angelika Sommer / Alter: 61 / Standplatz: Alter Kasseler Hauptbahnhof, Bahnhof Wilhelmshöhe, Geschäfte Wilhelmshöhe und Kneipen [KS] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Seit mindestens 12 Jahren Was gefällt Dir beim Verkaufen am besten? Der Kontakt zu den Kunden, der bei uns sehr gut ist. Was war Dein besonderes Erlebnis? Dass uns manche Menschen bevorzugt behandeln. Was wünschst Du Dir? Dass der TagesSatz gut läuft und dass wir weiter gut verkaufen können. Armin Schulze / Alter: 58 / Standplatz: Wilhelmstraße (Mo – Fr) [KS] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Seit 2002 Was gefällt Dir beim Verkaufen am besten? Das Gespräch mit den Menschen Was war Dein besonderes Erlebnis? Einladung von einer Kundin plus zwei wunderschöne Wochen incl. Sex, Drugs and Rock´n Roll Was wünschst Du Dir? Auswandern nach Bora-Bora Detlef Butenberg / Alter: 61 / Standplatz: Wilhelmstraße [KS] Seit wann verkaufst Du den TageSatz? Eigentlich seit 1995; nach längere Pause nun wieder seit Ostern 2011 Was gefällt Dir beim Verkauf am besten? Eine schüchterne Kundin Was war Dein besonders Erlebnis? Nichts Besonders erlebt Was wünschst Du Dir? Bin wunschlos glücklich Regine Führer / Alter: 49 / Standplatz: Treppenstraße (McDonalds) nachmittags, Im Sommer Kulturzelt [KS] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Seit 1995 Was gefällt Dir beim Verkaufen am besten? Was war Dein besonderes Erlebnis? Ich habe mal verhindert, dass eine Frau bestohlen wird. Was wünschst Du Dir? Mehr finanzielle Freiräume, um mal ausspannen zu können. Alfred Masurkiwiecz / Alter: 49 / Standplatz: Markthalle Kassel (Do & Sa), Köhler (Königstraße) [KS] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? 2005 und jetzt seit Januar 2011 wieder Was gefällt Dir beim Verkaufen am besten? Was war Dein besonders Erlebnis? Die Eisverkäuferin bei C&A Was wünschst Du Dir? Einen ruhigen Platz, wo ich mein Leben verbringen kann. TagesSatz

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V O R G E S T E L LT Jürgen Engelhardt / Alter: 66 / Standplatz: Gaststätten [KS] Seit wann verkaufst du den TagesSatz? Seit November 2006 Was gefällt Dir beim Verkaufen am besten? Der Kundenkontakt Was war Dein besonderes Erlebnis? Die positive Rückmeldung der Kunden und Gäste; manchmal bekommen wir etwas zu essen oder ein Getränk spendiert. Was wünschst Du Dir? Ein einigermaßen gutes Leben und dass es mit Angelika so weitergeht. Heinz Bechlars / Alter: 67 / Standplatz: Gesundheitszentrum Willi-Allee und Kohlenstraße [KS] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Seit Januar 1999 Was gefällt Dir beim Verkaufen am besten? Wenn die Leute gut drauf sind Was war Dein besonderes Erlebnis beim Verkauf? Gibt nichts Besonderes Was wünschst Du Dir? Gute Gesundheit

Detelf „Rocky“ Bernhard

Pedro Vega-Amil / Alter: 44 / Standplatz: Drogerie-Markt Müller (Königstraße) [KS] Seit wann verkaufst Du den TagesSatz? Seit Februar 2011 Was gefällt Dir beim Verkaufen am besten? Der nette Kundenkontakt Was war Dein besonders Erlebnis? Die Gespräche mit den Kunden Was wünschst Du Dir? Eine Wohnung für meinen Hund Chico und mich

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NACHGEF R A G T

Papierkunst zwischen Gemüsestand und Wursttheke

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emeinsam mit ihm verkauft seine Frau, die im Besitz des Gemeindegewerbebriefs ist, seit Anfang dieses Jahres auf dem Wochenmarkt regelmäßig und ausschließlich selbst hergestellte Produkte. Und wie viele, die den Aufbruch in eine selbstständige Tätigkeit wagen, weiß auch er von den Schwierigkeiten, die dieser mit sich bringt, zu berichten.

Es handelt sich um Kunsthandwerk. Genauer: um Kunsthandwerk aus Papier. Sein Gesichtsausdruck lässt die innere Unruhe, seinen eigenen Enthusiasmus über seine Tätigkeit nur erahnen. So sitzt er da, lässig in den Stuhl gelehnt, den Blick geradeaus gerichtet: Holger Teichmann, Verkäufer des TagesSatz.

Guten Morgen, Holger. Du wolltest etwas über Eure Tätigkeit berichten. Ja. (Die Mimik verrät, dieser Mann hat etwas zu erzählen.)

* ROBERT HALAGAN IM GESPRÄCH MIT HOLGER TEICHMANN

Wie fing alles an?

Ihr verkauft auf dem Wochenmarkt. Wie sind eure Erfahrungen? Unsere Erfahrungen sind dahingehend, dass man regelmäßig und zuverlässig da sein muss und dass dann die Kundschaft auch Interesse zeigt. Das Ganze entwickelt sich zu einer festen Marktgemeinschaft, weil man da auch Menschen kennenlernt, andere Händler und natürlich Kundschaft, die wiederkommt. Wir sind jetzt soweit, dass sich das Ganze trägt und die Kosten wieder reinbringt. Wenn Du sagst, das Ganze trage sich selbst, klingt es, als gestaltete sich der Verkauf schwierig. Was ist das Hauptproblem? Wir arbeiten daran, einen Schirm als Überdachung zu bekommen. Bei Regenwetter haben wir ein Problem, denn es handelt sich bei unseren Produkten um Papierkunsthandwerk, das nicht nass werden darf. Wenn wir es mit einer Plastikfolie überdecken, kommen die Kunden trotzdem, weil wir Reklametafeln haben. Was genau verkauft ihr? TagesSatz

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Holger Teichmann

Das ist eine längere Geschichte. Es hat sich verdichtet im Januar 2011. Die Produktion fing schon früher an, indem wir Postkarten für die Verwandtschaft recht erfolgreich gemacht haben.

Es sind Postkarten – lustige Postkarten, die die Leute auch zum Lachen bringen und Ausmalbögen für Kinder, die wir auch bei Kindergärten anbieten wollen. Und alles, was Ihr anbietet, ist selbstgemacht? Ja, alles ist wirklich frei produziert. Zu Hause haben wir extra Arbeitszimmer eingerichtet. Tatsächlich sind auch Aquarellpostkarten dabei. Die Produktion lässt sich auch noch weiterführen. Außerdem hatten wir noch die Idee, T-Shirts zu bemalen. Die aber nicht grad der Renner sind, weil man einen Kleiderständer bräuchte. Welche Bedeutung hat die Arbeit folglich für Dich? Es bedeutet für mich die Versorgung durch den Göttinger Marktplatz mit gesunden Lebensmitteln im Tausch

gegen Kunsthandwerk, weil das Geld ja auf dem Marktplatz bleibt. Und tatsächlich trainiere ich das Durchhaltevermögen und bin hauptsächlich für den Transport der Produkte zuständig. Dann hoffe ich, dass Ihr bald euren Schirm bekommt, damit Ihr auch bei Regenwetter Euren Stand aufbauen könnt. Wenn man Euch unterstützen will, wann und wo findet man Euch? Ja, danke. Wenn das Wetter es zulässt, stehen wir samstags regelmäßig auf dem Wochenmarkt. Ich danke Dir für das Gespräch. So ist er, Holger. Noch immer lässig in den Stuhl gelehnt, die Mimik seitdem kaum verändert. Ein richtiger Geschäftsmann eben. Ruhig, abgeklärt und den Blick geradeaus, in Richtung Zukunft gerichtet.

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N A C H G E F R AGT

Nach Kassel der Gesundheit wegen Unser Verkäufer Alfred hat den TagesSatz schon einmal im Jahre 2005 verkauft. Nachdem er Nordhessen den Rücken gekehrt hatte, ist er mittlerweile wieder nach Kassel zurückgekehrt. Über seine Beweggründe sprach er mit uns.

* HARALD WÖRNER IM GESPRÄCH MIT ALFRED MASURKIWIECSZ

A

lfred, wir kennen uns ja noch von früher her. In der Januarund Februar-Ausgabe 2005 warst Du ja einerseits mit der Bildergeschichte zum Wohnungseinzug, beziehungsweise mit Deiner Geschichte „Wanderleben oder der sichere Hafen?“ vertreten. Wie ist es Dir zwischenzeitlich ergangen? In der Zeit von 2005 bis jetzt habe ich gemacht, was ich immer schon getan habe: Ich bin durch die Gegend gezogen. Ich habe geschaut, dass ich Geld zusammenkriege, um zu überleben. Das war ja manchmal gar nicht so einfach, ich hab auch versucht, zwischenzeitlich mal wo zu bleiben. Das hat ja meistens nicht geklappt. Entweder weil die Stadt mir nicht gefallen hat, oder das soziale Umfeld nicht so gut war. Zweimal bin ich auch wegen einer gescheiterten Beziehung weggegangen. Na ja, und dann noch die Probleme mit meiner Familie wegen meiner Tochter. Das konnte ich zum Glück alles regeln, so dass ich nun wieder einen guten Kontakt zur Familie und meiner Tochter habe. Du hast Dich 2005 aus Kassel „verabschiedet“. Da ich ja auch Deinen WG-Genossen Axel von früher her noch kenne, glaube ich kaum, dass es am Verhältnis zwischen Euch beiden lag. Möchtest du mir den wirklichen Grund erzählen? Es lag nicht an der Freundschaft zwischen Axel und mir. Wir haben uns sehr gut verstanden, fast wie Brüder. 10

Nur damals gab es noch eine Frau, die ziemlich Unruhe in unser Leben gebracht hatte. So hat sie uns beispielsweise belogen, aber auch geklaut und noch vieles mehr. Deswegen hat uns auch die GWG ermahnt wegen ihr. Und deshalb sind wir weg. Bevor noch etwas Schlimmeres passiert, dachten Axel und ich, dass wir lieber aus Kassel weggehen. Den Axel hat sie sogar wegen Belästigung angezeigt, was aber überhaupt nicht stimmte und mich wollte sie gegen ihn ausspielen. Das waren die Gründe, warum wir oder ich damals weggegangen sind. Ihr habt ja damals auch den Vertrieb vorübergehend übernommen. Wie hat Euch diese Aufgabe gefallen? Den Vertrieb würde ich heute auch wieder gerne machen. Das hat mir sehr gut gefallen und ich finde, dass auch Verkäufer das besser machen würden, wie jemand, der von außen kommt. Leider gibt es diese Chance nicht mehr. Meiner Meinung nach herrscht zu viel Voreingenommenheit gegenüber den Verkäufern. Das finde ich nicht so gut. Man sollte nicht alle in einen Topf werfen und auch anderen eine Chance geben. Andererseits muss der Verein aber auch langfristig denken, das ist mir klar. Gab es Probleme mit den anderen Verkäufer-Kollegen? Es gab nur mit einem Probleme und die gibt es auch heute wieder. Ich verstehe mich eigentlich mit allen gut. TagesSatz

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NACHGEF R A G T Mit einem gibt es allerdings öfters kleinere Reibereien, da er immer so besserwisserisch auftritt. Wir alle verkaufen für den Verein die Zeitung und jeder macht das, was er im Rahmen seiner Möglichkeiten schafft. Von daher ist keiner besser oder schlechter, da wir ja alle an einem Strang ziehen. Wie war das Verhältnis zu den anderen Kollegen (Vorstand und Redaktion)? Ich kann eigentlich gegen den Vorstand nichts sagen. Das macht Hans-Peter sehr gut. Ich hab auch den Eindruck, das ist einfach sein Leben. Von der Redaktion kenne ich nicht so viele, aber sie sind wohl okay. Manchmal wäre es nicht schlecht, öfters mal über die Verkäufer und ihre Probleme zu schreiben. Das würden sicher die Leser auch gerne mal lesen, finde ich.

Kassel zurückkehrte, unterwegs in Deutschland. Wegen meiner gesundheitlichen Probleme musste ich dann weg von der Straße. Wohin? Natürlich nach Kassel! Weil ich da gute Erfahrungen gemacht hatte. Was hast Du die ganzen Jahre über (immerhin ziemlich genau sechs) gemacht? Da habe ich mich umhergetrieben. Mal in Deutschland, Österreich, Spa-

ich nicht mehr weiter weiß, gehe ich nach Kassel, weil ich gelernt habe, dass der Anfang hier immer wieder klappt. Auch wenn ich es öfters versuchen musste bisher. Aber diesmal bin ich sicher, dass es endgültig ist, dass ich hier bleibe. Stimmt, auch hab ich hier viele Bekannte, die ich wieder sehen kann, sowie Freunde, die mir auch helfen, wenn Not am Mann ist. Meine Gesundheit betreffend, hab ich hier gute Möglichkeiten, meine körperliche Verfassung wieder zu verbessern.

„Wir ziehen alle an einem Strang“

Zurück zum Abschied von Kassel: wohin ging der Weg (gleich nach Österreich, oder Umwege)?

Mittlerweile bist Du ja wieder nach Kassel zurückgekehrt. Was waren die Gründe hierfür?

Also, meine Magenoperation habe ich erst im Januar 2012. Das mit der Wohnung werde ich dann machen, wenn Johannes, der Leiter meiner künftigen Außenwohngruppe der Heilsarmee, wieder da ist. Denn ich soll ja eine Wohnung in der Erfurter Straße bekommen. Meine Zukunftspläne sind nicht so aufregend. Ich möchte halt den Rest meines Lebens noch genießen. Danke für das Gespräch!

Zu Kassel habe ich immer schon eine besondere Beziehung gehabt. Wenn

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Jörg Sanders

Wie ich schon sagte: Erst einmal war ich kurze Zeit in Österreich wegen meiner Familie. Anschließend war ich die ganze Zeit, bis ich wieder nach

nien. Kurze Zeit später, so nach einem halben Jahr, war ich ein paar Monate in der Tschechischen Republik. Da hatte ich eine Freundin. Na ja, drei Mal hatte ich es in Deutschland mit einer Wohnung versucht. Das hat aber nicht funktioniert. Mal waren‘s die Behörden, mal das Umfeld, was nicht gepasst hat. Na ja, so ging das eben die ganzen Jahre über so dahin.

Wie sieht Deine aktuelle Lage in Kassel aus und welche Zukunftspläne hast Du?

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Jörg „Yogi“ Müller

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Leben und leben lassen Seit einem guten halben Jahr bietet Pedro Vega-Amil den TagesSatz seinen Kunden vor dem DrogerieMarkt Müller an. Wir sprachen mit ihm über die Ankunft in Kassel und seine weiteren Zukunftspläne.

* HARALD WÖRNER IM GESPRÄCH MIT PEDRO VEGA-AMIL

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edro, bist Du gut in Kassel angekommen?

Ja, in der Zwischenzeit habe ich in Kassel schon einige nette Bekanntschaften geschlossen. Die haben sich auch teilweise durch den TagesSatzVerkauf ergeben. Sie zeigen rege Anteilnahme und erkundigen sich, wie es mir geht. Bin ich einmal ohne meinen Hund Chico unterwegs, merken das die Menschen sofort und fragen nach ihm. Manchmal geben sie mir auch Leckereien für ihn mit. Somit fühle ich mich von den Kunden gut angenommen. Grundsätzlich empfinde ich einen Ort als Zuhause, wenn ich mich dort wohlfühle und mit den Menschen gut verstehe. Dort ist meine Heimat, nicht unbedingt da, wo ich geboren bin. Wie kommt denn ein gebürtiger Spanier, der auch lange Jahre in BadenWürttemberg gelebt hat (die Schwaben gelten allgemein als recht „speziell“) mit den doch auch etwas „eigenen“ Nordhessen zurecht? Prinzipiell nehme ich die Menschen so, wie sie sind. Ich behandele sie einfach so, wie ich auch von ihnen gern behandelt werden möchte. Damit fahre ich im Großen und Ganzen gut.

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NACHGEF R A G T Du lebst momentan noch im Männerwohnheim der Heilsarmee, möchtest dort aber bald ausziehen. Welche Gründe sind dafür ausschlaggebend? Die Gründe hierfür sind verschieden: Der wichtigste Grund für mich ist, dass ich wieder ein eigenständiges Leben mit einem strukturierten Tagesablauf führen möchte. Ich bin es von jeher gewohnt, für mich selbst zu sorgen, lege aber meine Entscheidungsräume, je nach Situation, gern selbst fest. Das geht dann doch am besten in einer eigenen Wohnung. Bestehen denn hier schon konkrete Pläne?

immer die Möglichkeit zu einem kleinen Schwatz.

dazu und wie stehst Du persönlich zu dem Vorhaben?

Wie kommst Du mit den anderen Menschen aus, die sich in der Stadt ein kleines Zubrot (sei es durch Almosen oder auch Musik machen) verdienen?

Im Vorfeld der jährlichen Mitgliederversammlung des Vereins sprach mich der Vorsitzende darauf an, ob ich bereit wäre, für das Projekt die Patenschaft zu übernehmen. Kurz gesagt geht es darum, dass Verkäufer des TagesSatz für Personen, die in einer Einrichtung der Wohnungslosen-Hilfe leben, einen schönen Tag gestalten. Die sollen für ein paar Stunden einmal den Alltag vergessen und auf andere Gedanken kommen können. Das ist der Grundgedanke, der dahinter steckt: Einfach mal die Seele baumeln lassen. Ich verfüge zwar über keine Reichtümer, aber mir ist durchaus bewusst, dass es auch Menschen gibt, die es noch schwerer haben als ich. Über die machen wir uns im Allgemeinen wenig oder gar keine Gedanken…

Ich habe die Devise: Leben und leben lassen. Jeder Mensch hat seine Würde und einen Grund, warum er sich in der Stadt ein kleines Zubrot verdient. Wie würdest Du Dein Verhältnis zu den Geschäftsleuten und Kunden beschreiben?

„Ich bin es gewohnt, für mich selbst zu sorgen“

Momentan habe ich über die Evangelische Wohnraumhilfe des Diakonischen Werkes Kassel eine Wohnung in Aussicht. Die Mitarbeiter dort wissen von meinem Hund und berücksichtigen diesen Umstand bei der Wohnraumsuche. Wegen der eventuell anstehenden Maler- oder Renovierungsarbeiten mache ich mir keine allzu großen Gedanken, da ich handwerklich nicht ganz ungeschickt bin. Erwartest Du da Probleme, da Du ja Deinen Hund hast, der Dein Leben mit Dir teilt? Eigentlich eher nicht. In den Vorgesprächen mit den Mitarbeitern der Evangelischen Wohnraumhilfe haben wir zusammen über alle zu erwartenden Eventualitäten gesprochen. Daher bin ich da zuversichtlich. Wie läuft allgemein der Verkauf in der Kasseler Innenstadt für Dich?

Die Kunden kennen mich inzwischen gut und grüßen mich auch, wenn ich mal privat in der Stadt unterwegs bin. Manchmal ergibt es sich dann, dass wir uns, aufbauend auf einem vorherigen Gespräch am Verkaufsplatz, noch tiefergehend unterhalten, weil beim letzten Mal einfach keine Zeit dafür war. Mit den umliegenden Geschäftsleuten (Drogerie-Markt und Bäckerei) komme ich prima zurecht. Einige Mitarbeiter kennen mich und passen auch einmal unaufgefordert auf meine Sachen auf, wenn ich mit Chico zum Austreten um die Ecke muss. In der Mai-Ausgabe des TagesSatz hast Du auf der letzten Innenseite für unser Projekt „Der TagesSatz bittet zu Tisch“ geworben. Wie kam es

Pedro, was wünschst Du Dir persönlich für die Zukunft? Toll wäre eine nette kleine Wohnung, die ich mir nach meinen eigenen Wünschen und Vorstellungen einrichten kann. Auch Chico soll sich dort wohlfühlen. Weiterhin würde ich mich über einen Arbeitsplatz oder eine Beschäftigung freuen, die mich erfüllt. Den Menschen allgemein wünsche ich insgesamt mehr Gelassenheit. Viele Konflikte, Missverständnisse und Neidgefühle sind eigentlich überflüssig. Wichtig ist doch das Ganze. Danke für das Gespräch!

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In dem halben Jahr, in dem ich nun in der Kasseler Innenstadt verkaufe, habe ich mir zwischenzeitlich einen ansehnlichen Kundenstamm aufgebaut. Wie eingangs erwähnt, haben sich mit einigen Kunden nette und auch etwas intensivere Kontakte ergeben. Da ich vielseitig interessiert bin, wie zum Beispiel an aktuellen gesellschaftlichen oder auch politischen Themen, ergibt sich eigentlich

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A U S E R S T E R HAND

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AUS ERSTER H A N D

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A U S E R S T E R HAND

I

m Jahr 1987 bekundete ich den festen Willen, die DDR für immer zu verlassen. Auf der Stelle verlor ich meinen guten Job in meinem Institut und die allgegenwärtige Stasi begann mich ein bisschen zu ärgern. Zunächst wurde ich zum „Ministerium des Inneren“, einem kleinen Bruder der Stasi, zitiert und man versuchte, meine Absicht der Familienzusammenführung (mein Vater lebte schon lange im freien Teil Deutschlands, meine Mutter, inzwischen Rentnerin, wollte folgen) infrage zu stellen und mir feindliche Absichten gegen die DDR zu unterstellen. Aber es nützte nichts, ich blieb bei meiner Aussage. Nun kümmerte sich die Stasi selbst um mich, sperrte mich ein bisschen ein, versprach mir Rückkehr in den Beruf und gelegentliche Westreisen, später kam ein lukrativeres Angebot: „Arbeiten Sie für uns und Sie können sofort ausreisen“. Alles, wenn ich nur den Ausreiseantrag zurückzog. Lachend lehnte ich ab. Verärgert ließen sie mich wieder aus ihrem Knast, dann wurde mein Ausweis eingezogen und durch den PM12, die berüchtigte Kennkarte der Ausreisewilligen, Staatsfeinde und entlassenen politischen Häftlinge, ersetzt. Gleichzeitig erhielt ich eine Aufenthaltsbeschränkung auf den Ort Dresden, ich durfte ohne schriftlichen Antrag nicht einmal ins nahe Leipzig fahren, von Berlin oder dem „befreundeten Ausland“ ganz zu schweigen. Außerdem musste ich mich einmal pro Woche bei der Polizei melden. Dort wurde ich befragt, ob ich immer noch ausreisen wolle (welche Frage!) und auch brav und pünktlich an meiner Arbeitsstelle erschiene. Willkommen im Club!

Thomas erzählt

Ein bisschen DDR Ich hatte einen guten Posten als Vakuumphysiker und Entwickler von Elektronenquellen in einem Dresdener Institut, unternahm einige Dienst-und Urlaubsreisen nach Russland und andere Länder. Trotz der guten Bezahlung entschloss ich mich, die DDR zu verlassen. Ich hatte die grenzenlose Freiheit der sibirischen Weiten kennengelernt und litt unter Enge und Beschränktheit des DDR-Systems.

* THOMAS SCHWAB

meinsames Haus, eine halb verfallene alte Mühle, war noch im Aufbau. Ich hatte bisher meinen Teil durch Klauen und Tauschen von Baustoffen geliefert und auch Handwerker konnte ich besorgen. Aus. Was gab es also noch? Was anderes klauen und eintauschen, ganz einfach. Dieses Verfahren war in der DDR eine Art Volkssport. Was hatte der debile DDR-Höllenfürst Honecker einmal vorschnell gesagt: „Aus unseren Betrieben, liebe Genossinen und Genossen, ist noch viel mehr herauszuholen!“ Die „lieben Genossen“, nahmen das aber allzu wörtlich und klauten nun, was das Zeug hielt. Ich auch.

In der DDR bestand Arbeitspflicht, also besorgte ich mir einen Job als Hilfskrankenpfleger im nahen Industrie-Krankenhaus. Als Student hatte ich unter anderem als Totengräber, später auch Leichenwäscher gejobbt. Mich konnte also nichts mehr erschüttern.

In Dresden gab es einen riesigen Schlachthof und die Arbeiter besserten ihr Gehalt auf, indem sie geklautes Fleisch über die Schlachthofmauer warfen. Draußen warteten die Verwandten oder Freunde und verschwanden in der Tauschzentrale, der heruntergekommenen Kneipe „Elbhütte“.

Aber: Wovon nun leben? Ich hatte zwei Kinder mit meiner Freundin, den dreien sollte es auch weiterhin an nichts fehlen. Unser geplantes ge-

Der Besitzer Heinrich, genannt die Bierkuh, war ein großer, dicker und sehr starker Mann. Früher trat er auf den Rummelplätzen als „stärkster

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Mann der Welt“ auf. Aber er war ein höflicher Mensch. Wenn sich einer seiner Gäste schlecht benahm, drehte er ihm mit seiner rechten Hand den rechten Arm auf den Rücken, hob den zappelnden Gast mit der Linken vom Fußboden auf und trug ihn zur Tür. Dort bat er den Mann, mit seiner freien Hand die Tür zu öffnen, verpasste ihm einen kräftigen Tritt in den Hintern und der Gast flog drei Stufen hinunter. Aber die Bierkuh war nicht nachtragend. Kam der Gast wieder herein und setzte sich still auf einen Stuhl, erhielt er wieder sein Bier. „Siehste, Junge“, sagte er zu mir „das ist meine Erziehung. Merk dir das für deine Kinder“. Nur eines konnte er nicht leiden: Wenn man arme Kerle grundlos quälte. Es gab dort einen Stammgast, der im Schlachthof Därme auswusch, eine ekelhafte und stinkende Arbeit. Als einmal der Fußboden frisch geölt war und dieser arme stille Alte sich einen hellen Anzug zusammengespart hatte, überredeten ihn ein paar rohe Kerle: „Los, Lothar, nun zeig uns mal, wie du im Krieg die Russen erschossen hast“! Lothar griff sich einen Stuhl, hielt ihn wie ein Maschinengewehr und rollte sich auf dem Fußboden herum. Dabei schrie er aus Leibeskräften „RatatataTagesSatz

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AUS ERSTER H A N D man, wenn man etwas brauchte oder loswerden wollte. Er hatte für alles Verwendung. Einmal klaute jemand für ihn ein ganzes Schwein, das bereits einen Bolzenschuss zwischen den Augen hatte, setzte es in den Seitenwagen seines Motorrades und fuhr, nachdem er dem Schwein eine Lederjacke angezogen und einen Helm auf-

Aus Betrieben ist mehr herauszuholen gesetzt hatte, vor der „Elbhütte“ vor. Der Pförtner des Schlachthofes hatte nichts gemerkt oder wollte nichts merken. Zum Gaudium der Gäste wurde das Tierchen auf einen Stuhl gesetzt und fotografiert. Dann verschwand das Schwein durch ein Hinterzimmer aus der Kneipe. Doch die „Bierkuh“ hatte längst Lunte gerochen und traf Vorbereitungen.

Kurze Zeit später erschien tatsächlich eine Polizeistreife und fand eine Gestalt in Lederjacke und Motorradhelm, die den Beamten den Rücken zudrehte. Mit den Worten „Aha, da ist ja das Schwein!“ legte einer der „Grünen“ besitzergreifend seine Hand auf die Lederjacke. Er erhielt eine gewaltige Ohrfeige, das Licht ging aus und die beiden Bullen wurden windelweich gedroschen. Besonders das „Schwein“ hatte einen schrecklichen Schlag. Die Elbhütte war sowieso wegen ihrer wüsten Schlägereien berüchtigt. Einmal wurde einem Behinderten eine Beinprothese abgerissen, natürlich während einer Schlägerei zwischen den muskelbepackten Schlachtern. Der Übeltäter glaubte, ein menschliches Bein in den Händen zu halten und fiel vor Schreck in Ohnmacht.

Jörg „Yogi“ Müller

ta“! Und die Gäste johlten und lachten über den immer mehr verschmierten Lothar. Die Bierkuh sah sich das Ganze eine Weile an und ging zur Tür, die er zweimal abschloss. Dann sagte er „Schluss mit lustig“, holte einen Knüppel und einen Lederriemen hervor und verdrosch die Initiatoren des unschönen Schauspieles unbarmherzig. Dabei zitierte er einen Bibelvers, den ich mir gemerkt habe: „Wer der Rute sparet, der hasst seinen eigenen Sohn, wer ihn aber liebet, der züchtiget ihn beizeiten. Ich werd‘ euch geben, in meiner Kneipe Unfug zu treiben!“ Er tröstete Lothar, der immer wieder seinen schönen Anzug betrachtete und den Tränen nahe war, mit ein paar hundert Mark, nicht ohne hinzuzufügen: „Gib aber deiner Alten auch was ab, sonst kriegste von der auch noch Dresche“. Aber die von Heinrich Misshandelten erhielten lebenslanges Hausverbot in der „Elbhütte“. Zu Heinrich also ging

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A U S E R S T E R HAND Warum niemals eine Anzeige kam? Ganz einfach: Die Beamten brauchten auch Fleisch! Alle hatten also Fleisch, aber ich noch lange nicht. Ich verfiel auf einen Trick: Damals fuhr ich ein klappriges Russenauto. Den gleichen Typ bevorzugten auch Musiker, die Armee und – die Stasi. Ich zog meinen langen Ledermantel an, setzte einen Schlapphut auf und fuhr zur Schlachthof-Mauer. Dort wuchtete ich den Kofferraum auf und blieb neben dem Auto stehen. Meinen langen schwarzen Bart versteckte ich unter dem hochgezogenen Mantelkragen. Stasi-Leute trugen keine Bärte. Es war unglaublich frech, aber es klappte. Die Wartenden hielten sicheren Abstand zu mir. Kurze Zeit später, zum Schichtwechsel, flogen die ersten Pakete über die Mauer. Als erstes traf mich ein kleinere Portion am Ohr, später kam etwas Größeres: ein ganzes Rückenstück, beste Koteletts. Rein in den Kofferraum! Die Truppe der Wartenden wurde aber neugierig und kam bedrohlich nahe. Ich machte, dass ich fortkam. Hinter meinem Rücken jaulte jemand auf. Er hatte ein Riesenpaket an den Kopf bekommen und ich hielt nochmal kurz an, um das zu sehen. Es war ein Kuhkopf, mit Fell und Hörnern. Man hatte sich einen Spaß gemacht. Bloß weg hier und um Gottes Willen jetzt nicht in die Elbhütte! Meine Freundin lachte sich erst halbtot, wurde aber dann ernst: „Das darfst Du nie wieder tun, die lynchen Dich. Besorg‘ uns lieber ein paar Bauhandwerker, jetzt können wir sie ja auszahlen. Kannst Du das bis zum Wochenende hinbekommen“? Ich bekam es hin.

koholikern, psychisch gestörten, aber noch halbwegs arbeitsfähigen Gestalten, einen Besen oder eine Schaufel in die Hand und ließ sie Aufräum- oder einfache Bauarbeiten verrichten. Pro Stunde erhielten sie fünf Mark, mussten aber jeden Tag mindestens eine Stunde da sein. Je mehr Stunden, desto mehr Geld. Es war einfach, sie mit einem Kasten Bier zu ködern und Fundamentarbeiten an unserem Haus verrichten zu lassen. Ich bekam erst jetzt mit, dass ich an einer nie versiegenden Quelle saß. Ich reparierte zum Beispiel Fernseher, erhielt dafür medizinisch reinen Alkohol, den ich gegen Bier eintauschte. Aber ich kam auch an Gärballons und Schläuche zur Weinherstellung heran. Gärröhrchen stellte mir unser Institutsglasbläser her, der dem Alkohol verfallen war und mit Reinalkohol entlohnt wurde. Schließlich entwickelte sich ein florierender Tauschhandel. Ich legte sogar Karteikarten an, wer was benötig-

als ich meinen Kaminrost zusammenschweißen wollte. Er erhielt es zurück. Einmal landeten „irrtümlich“ zwanzig Sack Zement mitsamt einer Mischmaschine aus Institutsbeständen auf unserem Hof. Zehn Säcke behielt ich, den Rest schickte ich postwendend in den Tauschhandel... Das Ganze geschah natürlich unter den stets wachsamen Augen der Stasi. Sie nahmen wohl an, dass ich für die Ewigkeit baute und schließlich meinen Ausreiseantrag zurückziehen würde. Ich stand, ohne es zu wissen, unter ihrem Schutz. Mich einzusperren, hätte nichts gebracht, die Rückgewinnung einer gut ausgebildeten und erfahrenen Fachkraft schon. Meine Freundin und ich dachten aber nicht daran. Vielmehr sollte sie das Haus nach dem 1987 schon erwarteten Zusammenbruch der DDR verkaufen und mit den Kindern nachkommen.

Was ich benötigte, bekam ich

In jedem Betrieb arbeiteten ein paar Menschen, die man sonst nirgendwo einstellen konnte, die „Besonderen Brigaden“. So auch in unserem Krankenhaus. Man drückte diesen bedauernswerten Menschen, schweren Al18

te und was davon ich besaß oder besorgen konnte. Auch die ehemaligen Institutskollegen, darunter maßgebliche Chefs, demonstrierten mir ihre Solidarität. Fast alles, was ich benötigte, bekam ich, vieles davon gratis. Ich brauchte eine Umwälzpumpe für die Heizung, ein Lagerarbeiter klaute sie für mich und freute sich wie ein Kind über ein Pfund Jacobs-Kaffee. Vor Freude klaute er die zugehörigen Kupferrohre, ein in der DDR streng limitiertes Material, gleich mit. Der Institutsleiter, Professor v. B., drückte mir einmal ein paar größere Scheine in die Hand „Sie können es brauchen. Mir wäre es lieber, wenn Sie hier geblieben wären, aber ich verstehe Sie. Wenn Sie was benötigen, wenden Sie sich an mich.“ Und so kam ich zu einem Spülbecken aus Chromstahl mit verchromten Wasserhähnen, während der Normalbürger mit emaillierten Becken und Plastik-Wasserhähnen vorlieb nehmen musste. „Bringen Sie mir bloß das Schweißgerät wieder mit, wir haben bloß eins“, flehte ein Bauleiter,

Drei Jahre später, als die Mauer schon längst niedergerissen war und ich zunächst einmal in Wolfsburg lebte, überlegte sie es sich anders. Sie blieb mit den Kindern in unserem gemeinsamen Heim wohnen, heiratete später. Es war wohl mein ewiges Hasardspiel und mein unstetes Leben, das sie nicht ertrug. Großzügig übertrug ich ihr alle Rechte an dem mühsam aufgebauten Haus. Ob ich mich betrogen fühlte? Nein, das Haus war zwar weg, aber mit ihr die DDR, später der gesamte Ostblock. Was für ein Fest! Meine Kinder sind längst erwachsen, die Tochter machte mich mit einer Enkelin zum Opa. Mit der Mutter und den Kindern bin ich in guter Verbindung. Ich kann auf ein glückliches Leben in einer harten Zeit zurückblicken. Was will ich mehr?

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AUS ERSTER H A N D

Mein gröSSter Wunsch

Eine feste Beschäftigung in der Küche Im Mai durfte ich für einen Monat ein Praktikum in der Küche von my.worX absolvieren. Gerne würde ich dort regelmäßig arbeiten. Ob das klappt? Offen.

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iebe Leserinnen und Leser des TagesSatz, wie angekündigt, möchte ich über ein Praktikum berichten, welches ich vom 2. Mai bis 3. Juni 2011 bei my.worX, einer Einrichtung für Menschen mit seelischer Behinderung, in Göttingen absolviert habe. Das Praktikum habe ich dort in der Küche gemacht. Wir haben Mahlzeiten für verschiedene Einrichtungen wie zum Beispiel den Montessori Kindergarten, Schulen und Firmen in Elliehausen, Harste und Roringen zubereitet.

Die Arbeit in der Küche hat mir schon immer viel Spaß gemacht und ich will jetzt nach dem Praktikum weiterhin zum Arbeiten hingehen. Auch die Kol-

legen wollen, dass ich wiederkomme. Jetzt hängt alles vom Arbeitsamt ab, wo ich die nötigen Papiere abgegeben habe, die ich mit Hilfe meines ambulanten Betreuers ausgefüllt habe. Das Arbeitsamt hat meine Papiere nach Laatzen zur Deutschen Rentenversicherung verfrachtet. Dort steht die Entscheidung aber noch aus. Solche Ämter brauchen immer ewig. Ich hoffe, die kommen bald mal in Schwung, denn schließlich möchte ich noch einmal arbeiten gehen; wenn es denn irgendwie möglich sein sollte, bevor die Rente kommt. So, und nun möchte ich mich verabschieden und stehe bis zur Entscheidung oder bis zur Rente oder auch bis zum nächsten Bericht auf meinem Platz zwischen der Sparkasse und Karstadt Sport als Ihr Verkäufer mit der Nummer 50.

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Privat

Die Arbeit begann um acht Uhr und um 15.30 Uhr war Feierabend. Wir waren etwa zehn Mitarbeiter und drei Chefs. Das waren die Frau Köpp, der Herr Pump und der Herr Renz. Wir haben verschiedene Gerichte wie zum

Beispiel Hähnchenkeulen mit Beilagen, Soße und Salat oder Spaghetti Bolognese oder auch vegetarische Gerichte samt Nachtisch zubereitet. Im Betrieb gab es noch drei Zivis, die das Essen mit jeweils einem von uns ausgeliefert haben. Alle Kollegen waren liebe und sehr nette Leute. Sie waren sehr freundlich zu mir. Bei der Zubereitung der Speisen hatten wir viel Spaß. Ab zwölf Uhr hatten wir dann Essensausgabe, die in zwei Schichten ablief, da auf dem Gelände zwei Firmen untergebracht sind: my.worX und Ifas (Institut für angewandte Sozialfragen).

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Jörg „Yogi“ Müller

A U S E R S T E R HAND

Im Leben angekommen * ALEXANDER RIFEL

Liebe Leserinnen und Leser, ich möchte Ihnen gerne schildern, wie die vergangenen zwei Jahre und fünf Monate bei der DIAKom in Fuldabrück-Bergshausen verlaufen sind.

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ach wie vor bin ich bei der DIAKom (Diakonie, Integration, Arbeit & Kommunikation) in der Werkstatt beschäftigt. Die Arbeiten, die ich dort täglich verrichte, sind die gleichen geblieben. Ich verpacke Schrauben, Schläuche, Dichtungen, Glühbirnen und viele andere Teile in Schachteln, Kartons oder Tüten, so dass sie später dann an die Kunden verschickt werden können. Diese Tätigkeit macht mir sehr viel Spaß. Denn am Ende eines Arbeitstages sehe ich, was ich insgesamt geschafft habe. Meine Aufgaben erledige ich zur vollsten Zufriedenheit meiner Arbeitstherapeuten. Ich bin sehr ordentlich, gewissenhaft und trage Sorge um die pünktliche Erledigung all meiner Aufgaben. Denn manche Aufträge sind auch an Termine gebunden.

Wertschätzung ist wichtig Auch die Punkte Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Pünktlichkeit sind an meiner Arbeitsstelle wichtig. Inzwischen befinde ich mich aber in einem Arbeitsbereich und nicht mehr im Berufsbildungsbereich. Mein Arbeitstherapeut dort ist Herr Träger. Mit ihm komme ich sehr gut zurecht und es gibt keine Probleme oder Schwierigkeiten. Ich hoffe, dass dies auch in Zukunft so bleibt und ich trage meinen Teil dazu bei, dass die Zusammenarbeit mit ihm gut funktioniert. Auch mit all meinen Arbeitskolleginnen und -kollegen in der Gruppe komme ich sehr gut zurecht. Wo ich kann, helfe ich den anderen, falls sie Unterstützung bei ihrer Arbeit brauchen. Es gibt mir ein gutes Gefühl, dass meine Arbeit geschätzt wird und ich Anerkennung erfahre, weil ich sehr gute Leistung erbringe. 20

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AUS ERSTER H A N D Zwischenzeitlich habe ich mich in der Werkstatt gut eingelebt und fühle mich dort sehr wohl. Auch mit meiner Situation bin ich sehr zufrieden. Der Umgang mit meinen Arbeitskolleginnen und -kollegen ist sehr gut. Zu allen Mitarbeitern, egal ob es Vorgesetzte, Arbeitstherapeuten oder Kollegen sind, habe ich ein gutes bis sehr gutes Verhältnis. Zu Anfang war ich meist noch ein klein wenig zurückhaltend, weil ich noch nicht alle so gut kannte. Mittlerweile hat sich das aber entspannt und ich bin lockerer geworden. So kann ich während der Arbeit auch mal ein Späßchen machen. Auch der Umgang mit dem Sozialdienst in der Werkstatt oder mit der zuständigen Sozialarbeiterin Frau Neuweiler ist sehr gut. Sie ist sehr nett zu mir und im Augenblick gibt es keine Probleme. Ich hoffe, dass dies auch in Zukunft so bleibt.

benötige ich ein klärendes Gespräch, so dass ich mich danach besser fühle. Doch auch meiner psychiatrischen Fachärztin Frau Dr. Buck, meiner Psychotherapeutin Frau Dr. Regina HaasSiebert sowie der für mich zuständigen Diplom-Sozialarbeiterin Frau Born möchte ich ganz herzlich danken. Diese drei Damen haben mir eine sehr gute Arbeitsstelle beziehungsweise Beschäftigung in der Werkstatt WfbM bei der DIAKom in Fuldabrück-Bergshausen vermittelt Meine finanziellen Verhältnisse sind soweit in Ordnung. Ich lebe heutzutage von einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Zusätzlich bekomme ich noch Ausbildungsgeld von der Agentur für Arbeit in Kassel. Das Wohnungsamt Kassel bezuschusst mich mit Wohn-

te, habe ich von meinem Wunsch nach einer Ausbildung zum Berufskraftfahrer, Busfahrer, Straßenbahnfahrer oder Lokomotivführer aus gesundheitlichen Gründen inzwischen Abstand genommen. Hier hat man eine große Verantwortung für die anvertrauten Fahrgäste zu tragen. Und dies kann ich im Moment nicht leisten. Dafür habe ich eine sichere Stelle in der Werkstatt bei der DIAKom. Als Wunsch für die Zukunft wäre es schön, wenn mich die Werkstatt weiterbeschäftigen könnte oder ich dort so lange bleiben kann, wie es geht. Möglicherweise auch bis zu meiner Altersrente, falls ich dort so lange bleiben darf. Der Wunsch, eine eigene kleine Familie zu gründen sowie mir ein kleines Eigentum anzuschaffen, stehen ebenso an und wären mir außerordentlich wichtig. Liebe Leserinnen und Leser des Tagessatzes, ich möchte mich bei Ihnen allen für das entgegengebrachte Vertrauen der vergangenen Jahre bedanken. Sie waren mir immer auch eine große Hilfe und Unterstützung. Ich erinnere mich gern an die vielen nette Gespräche, die wir miteinander geführt haben. Auch den TagesSatz-Kollegen aus Göttingen und Kassel, den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Redaktion, Vertriebsleitung und dem Vorstand gilt mein Dank. Sie haben mich immer begleitet und mir, falls nötig, Ihre Hilfe angeboten. Auch bei meiner Familie möchte ich mich für deren Unterstützung bedanken.

In der Realität verankert

Auch mit meiner ehemaligen Arbeitstherapeutin Frau Haese im Berufsbildungsbereich habe ich noch Kontakt. Der ist ebenfalls sehr gut und sie ist auch sehr nett zu mir. Daher möchte ich mich sehr herzlich bei Frau Haese und ebenso auch bei der Berufsausbildungsleiterin Frau Fleischmann dafür bedanken, dass beide mich in den vergangenen zwei Jahren gut aufgebaut haben. Allein, also ohne die Unterstützung der beiden Damen, hätte ich das wahrscheinlich nicht geschafft. Für meine Zukunft wünsche ich mir, dass Frau Haese für mich weiterhin die erste Ansprech- und auch Vertrauensperson bleibt. Denn wenn es mir gesundheitlich sehr schlecht geht,

geld. Ab Juli 2011, also wenn sie diesen Artikel lesen, bekomme ich dann (m)einen Werkstattlohn von der DIAKom und nicht mehr das Ausbildungsgeld von der Agentur für Arbeit. Daher kann ich sagen, dass mein finanzielles Auskommen sich insgesamt (im Vergleich zur früheren Zeiten als ich noch den TagesSatz verkauft habe) nicht wesentlich verbessert, aber ebenso wenig verschlechtert hat. Mit den Einkünften, die ich erziele, kann man ganz gut leben. Vielleicht reicht es sogar, um eine kleine Familie zu gründen. Liebe Leserinnen und Leser des Tagessatzes, wie ich Ihnen bereits berichte-

Ich wünsche Ihnen allen gute Gesundheit und alles Gute für die Zukunft!

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a ff e n W ir v e r s c h n z v o ll e I h n e n g la A u ft r it te

TagesSatz

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Khoa Ly

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„Wir lebten in einem Leichenschauhaus“

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AUS ERSTER H A N D Stoica Trandafir, 43, ist seit drei Monaten Verkäufer des TagesSatzes und träumt davon, seine Familie in Rumänien wiederzusehen. Seine Frau hat Krebs und er versucht mit allen Mitteln ihr zu helfen. Ein Gesprächsprotokoll von Khoa Ly.

* STOICA „DANI“ TRANDAFIR

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ch liebe es meiner Tochter beim Malen zuzuschauen. Sie ist sehr talentiert. Sie kann mit Farben wundervoll umgehen, mischt sie mit Leidenschaft zusammen und malt das, was sie im Herzen trägt. Sie ist fünfzehn Jahre alt. Immer noch wühlt mich der Abschied von ihr auf. Meine Frau hat Krebs. Ich musste beide zurücklassen. Meine Cousine hatte mir hundert Euro geschickt und ich sollte mir ein Busticket nach Göttingen kaufen. Sie wohnt dort. Sie kennt die Stadt und sie weiß, dass ich hier eine Perspektive für unsere Familie finden kann. Ich komme aus Sibiu in Rumänien. Meine Heimat, wunderschöne Berge, historische Gebäude, eine Universitätsstadt wie Göttingen. Meine Heimat eben. Aber eine Heimat ohne Seele. Wie schön wäre es, in Sibiu einen Beruf zu finden. Einen anständigen Job, von dem ich meine Familie ernähren könnte. Vielleicht etwas mit Metall oder als Hilfsarbeiter auf dem Bau? Aber beim Einstellungsgespräch schauen sie nur auf deine Haut. Wenn du dunkel bist, kriegst du keine Arbeit. Es zählt nicht, was du willst, was du verändern möchtest oder wie fleißig du bist. Nein, es zählt deine Hautfarbe. Meine ist gemischt. Rumänen sehen das, Rumänen werten dich danach und du bist keiner von ihnen. Arbeit gibt es dann nicht mehr oder du verdienst weniger mit deiner dunklen Haut. Ich hatte in Rumänien zuvor in einem Supermarkt als Reinigungskraft gearbeitet. Der Job war hart und lang. Ich habe täglich zehn Stunden gearbeitet, sonntags hatte ich frei. Ich habe etwa 300 Euro im Monat verdient. Davon konnte ich gerade meine dreiköpfige

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Familie ernähren. Die Miete war aber nicht mehr bezahlbar. Die Stadt gab uns die Möglichkeit, an eine günstige Wohnung zu kommen. Ich bin mit meiner Familie dorthin gezogen. Früher war es ein Leichenschauhaus, bis die Stadt beschlossen hat, dass Leichen woanders einen schöneren Platz haben könnten. Die Stadt vermietete uns den Keller des Leichenschauhauses. Die Decke schimmelte, der Kalk bröselte von der Decke. Es war nass und feucht, es roch giftig. Wir hatten uns daran gewöhnt, schliefen auf zwei Matratzen, dazu gab es noch einen Tisch und einen Schrank. Gekocht haben wir draußen und sind auf ein Plumpsklo gegangen. Aber auch diese Zeiten haben sich für uns zum Schlechten gewandelt. Ich bin vor drei Monaten nach Deutschland gereist. Vor einem Monat haben sie meine Frau und meine Tochter in Sibiu aus dem Kellerraum rausgeschmissen. Die Miete konnten wir nicht mehr bezahlen. Sie haben zusammen Speerholz auf den Straßen gesammelt, haben daraus eine Hütte gebaut und wohnen dort nun notdürftig. Was soll ich machen? Mir bleiben in Deutschland nicht viele Wahlmöglichkeiten. Keine Arbeit, die ich legal machen darf. Ich darf als Rumäne hier wohnen, aber mein Pass erlaubt es mir noch nicht zu arbeiten. Nur die Zeitung kann ich verkaufen. Jedes Mal, wenn ich mit meinen Engeln in Rumänien telefoniere, tut es weh. Wenn ich höre, wie es ihnen geht und ich hier in Deutschland nichts machen kann, dann tut es weh. Es tut weh, wenn man kein Geld nach Hause schicken kann. Meine Frau braucht Geld für ihre Medikamente. Sie stirbt, wenn ich nichts tue. Aber ich kann einfach nichts tun. Ich bin machtlos. Ich fühle mich leer.

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Jörg „Yogi“ Müller

A U S E R S T E R HAND

Hungrig in Göttingen In Göttingen gibt es viele hungrige Menschen. Im Folgenden finden Sie Tipps und Fakten mit dem Schwerpunkt Göttinger Tafel e.V zur sozialen Lebensmittelversorgung in der Stadt.

* SABINE SCHWEER

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ie Sie als Leser wissen, leben in Deutschland über elf Millionen Menschen in Einkommensarmut oder sind unmittelbar von ihr bedroht. Der Abstand zwischen Arm und Reich wächst in Deutschland schneller als im Rest Europas. Vor allem für Ältere steigt das Risiko. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auf. Es gibt deshalb in Deutschland mehr als 870 Tafeln, bei denen über 50.000 Menschen sich regelmäßig als Ehrenamtliche für ein solidarisches Miteinander einsetzen. Auch in Göttingen gibt es eine Tafel, zu der später mehr. Niemand muss hungern in unserer Stadt, da es einige soziale Stützpunkte in Göttingen gibt. Anreisende können direkt im Bahnhof in der Bahnhofsmission eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken bekommen. Sie ist sieben Tage die Woche geöffnet, Tee und ein kleiner Snack sind kostenlos und so manch Göttinger nutzt diese Anlaufstelle auch als sozialen Anlaufpunkt. Die Bahnhofsmission bekommt ihr Essen vom Vortag unter anderem aus den Geschäften im Bahnhof. Sie ist mit der Straßensozialarbeit (Straso) im Rosdorfer Weg und mit dem Drogenberatungszentrum (Drobz) in der Mauerstraße verknüpft.

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Teilweise wird das Essen dorthin weitergeleitet. In der Straso wird von Montag bis Freitag täglich ein gutes Mittagessen gekocht für wenig Geld. Das Essen ist nur ein Teil des Programmangebotes, denn man bekommt dort Hilfe in fast allen Lebenslagen. Im Drobz kann man auch essen von Montag bis Freitags und natürlich bekommt man auch dort Hilfe bei Problemen. Erwähnenswert ist auch die Kirche St. Michael, welche sieben Tage die Woche zum Mittagstisch einlädt. In der Woche gibt es dort täglich wechselnde Suppen oder Eintopf für 25 Cent. Sie wird abwechselnd von neun Großküchen Göttingens gekocht und von der Tafel dort angeliefert. Auch am Wochenende ist der Mittagstisch geöffnet. Dann kochen Ehrenamtliche ein Menü, welches den Gast auch nicht viel kostet. Es gibt auch noch andere Einrichtungen, die ich nicht alle aufzählen werde. Nur die Heilsarmee in der City möchte ich noch erwähnen. Ein Koch versorgt derzeit elf Bewohner der Heilsarmee. Wer in Not an ihre Tür klopft, dem wird für einen kleinen Obulus aufgetan und geholfen. Das Essen ist aber auf Dauer eigentlich nur für Hausbewohner, und dort sind noch Plätze frei.

Liebe Leser, Sie sehen, dass man in Göttingen nicht hungern muss, sondern an unterschiedlichen Orten täglich Mittagessen bekommen kann für umsonst, für einen kleinen Obulus oder mit Preisen zwischen 25 Cent bis maximal 1,50 Euro. Man kann natürlich auch selber kochen und alles Nötige dazu bekommt man bei der Göttinger Tafel e.V. Als Hilfesuchender kann man dort für 7,50 Euro zweimal die Woche für ein halbes Jahr Lebensmittel bekommen. Kinder unter 18 Jahren bezahlen 3,50 Euro für die sechs Monate. Es gibt auch Familienkarten für Familien ab drei Kinder. Diese Karte kostet dann 25 Euro pro Halbjahr. Den Tafelabholausweis bekommt man durch Nachweis der Bedürftigkeit, zum Beispiel die Sozialcard, in Verbindung mit beispielsweise dem Personalausweis. Das Büro mit Hauptausgabestelle befindet sich in der Innenstadt, Jakobikirchhof 1. Von dort aus wird auch das Essen für die vier Außenstellen, welche sich auf dem Holtenser Berg, Geismar, Grone und Bovenden befinden, weitergeleitet. Die Göttinger Tafel wurde 1994 gegründet und hat 117 Mitglieder, Mitarbeiter und Förderer. Es kommen zirTagesSatz

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AUS ERSTER H A N D ka 1400 Bedürftige, davon zirka 360 Kinder, zweimal wöchentlich zur Tafel. Pro Jahr wechseln zirka 200 Tonnen Lebensmittel in Göttingen den Besitzer. 95 Lebensmittelbetriebe spenden regelmäßig und drei Tafelautos holen diese Spenden täglich ab und verteilen sie auf die jeweiligen Ausgabestellen. Pro Jahr sind dazu in Göttingen 20.000 Stunden ehrenamtliche Tätigkeit nötig, um die Logistik der Lebensmittel zu gewährleisten. Hierzu kommen 7.000 Stunden bezahlte Tätigkeit, worin Leitung und Minijob eingeschlossen sind. Sie möchten mithelfen? Sie können…

dass jährlich aus Privathaushalten Essbares im Wert von etwa 20 Milliarden Euro weggeworfen wird. Die Tafeln leisten damit auch einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit im Umgang mit Lebensmitteln. Die Nachhaltigkeit unseres Handelns und Wirtschaftens ist auch eine wichtige Voraussetzung, um die Belastung der Umwelt zu verringern, denn Lebensmittel sind in der Herstellung sehr ressourcenintensiv. Man darf nicht nur zum Beispiel den Apfel sehen, sondern auch die Ressourcen, die in seine Herstellung investiert wurden – vom Düngemittel über das Wasser, den Transport bis zur menschlichen Arbeitskraft. Das ist alles vergeblich gewesen, wenn man den Apfel wegwirft. Und wenn Lebensmittelabfälle auf Mülldeponien landen, entsteht noch ein zusätzliches Problem: Denn wenn Mikroorganismen organische Substanzen unter luftdichten Bedingungen abbauen, entsteht in großen Mengen Methan, ein sehr klimaschädliches Gas. Notwendig sind auf jeden Fall langfristig angelegt Konzepte und eine nachhaltige Bewusstseinsbildung. Essen an die Tafeln spenden ist in jedem Fall ein Gewinn, ökologisch und gesellschaftlich als auch wirtschaftlich. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle, die das Problem schon verstanden haben.

Drei Wege zu helfen

…Lebensmittel spenden auch mit kurzem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD), …Geld spenden für Verbrauchskosten, Anschaffungen und Personal, … Zeit spenden, indem Sie ehrenamtlich tätig werden. Auch ich arbeite dort ehrenamtlich mit, es macht Spaß und etwas Gutes tun tut einem selbst auch gut. Hier die Telefonnummer, falls auch Sie mithelfen möchten: 0551/ 51030 Laut Verbraucherschutzministerium landen in Deutschland pro Jahr zirka 20 Mio. Tonnen Lebensmittel im Müll! Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) geht davon aus,

Liebe Leser, alle diese Projekte, Einrichtungen und Vereine benötigen Spenden, um in dieser heutigen Zeit zu überleben, damit sie weiter für andere da sein können. Wenn alle ein bisschen helfen, muss keiner hungern. Vielen Dank!

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Jörg „Yogi“ Müller

Nächstes Mal

SEPTEMBER-Ausgabe 2011 Wir verwenden es täglich, direkt oder indirekt, bewusst oder unbewusst. Es gehört zum Grundbedürfnis, auch wenn die Verteilung pro Kopf von Land zu Land unterschiedlich ist: Wasser. Ein Thema, das auf den ersten Blick wenig kontrovers erscheint, sich aber bei genauerer Betrachtung als eines der brennendsten der Gegenwart und Zukunft entpuppt. Lesen Sie im September, wie unser tägliches Leben vom Wasserverbrauch durchdrungen ist, und dies auch in Bereichen, die damit nicht immer direkt in Verbindung gebracht werden.

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Impressum

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TagesSatz, das Straßenmagazin Herausgeber: TagesSatz e.V. 1. Vorsitzender: Hans Peter Pung Adresse der Redaktion Kassel: Westring 69, 34127 Kassel Telefon: 0561 / 861 58 43 Fax: 0561 / 861 58 61 E-Mail: kassel@tagessatz.de Mo, Di, Do: 10-12 Uhr Mi & Fr: 17-19 Uhr Adresse der Redaktion Göttingen: Obere Karspüle 18, 37073 Gö. Telefon: 0551 / 531 14 62 E-Mail: goettingen@tagessatz.de Mo, Di, Do, Fr: 10-13 Uhr Mi: 14-16 Uhr Homepage: www.tagessatz.de Bankverbindung: Kasseler Sparkasse Kto.: 11 833 79 Blz.: 520 503 53 Sparkasse Göttingen Kto.: 505 815 11 Blz.: 260 500 01 Redaktionsleitung: Katharina Kretschmer, Christopher Piltz (GÖ), Harald Wörner (KS) Pressesprecher: Christopher Piltz Vertriebsleitung: Kassel: Christian Piontek Tel.: 0561 / 861 58 18 Göttingen: Oliver Barth Tel.: 0551 / 531 14 62 Anzeigenleitung: Oliver Barth, Tel.: 0176 / 25 31 38 68 E-Mail: calliopa01@googlemail.com Ronald Naumann, Tel.: 05605 / 911 88 E-Mail: rr.naumann@web.de (KS) Redaktion Kassel: Heinz Bechlars, Regina Führer, Thomas Mettke, Helmut Pammler, Armin Schulze, Thomas Schwab, Harald Wörner Kultur KS: Fritz Krogmann Redaktion Göttingen: Oliver Barth, Detlef „Rocky“ Bernhard, Olaf Burhenne, Robert Halagan, Khoa Ly, Sabine Schweer, Holger Teichmann Fotografie: Detlef „Rocky“ Bernhard, Jörg „Yogi“ Müller, Jörg Sanders Umschlag: Holger Teichmann Innenplakat: Werner Koßmann Layout: Dirk Mederer, PLAZEBO – Werbung für Gesundheit, Kultur und Soziales www.plazebo.net Tel.: 0551 / 489 90 74 E-Mail: info@plazebo.net Druck: COLOR-Druck GmbH ViSdP: Christopher Piltz, Katharina Kretschmer TagesSatz erscheint zwölfmal im Jahr im Straßenverkauf in Kassel und Göttingen. Auflage dieser Ausgabe: 2.750

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Version zu veröffentlichen. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.

Verkaufspreis: 2,00 EUR, davon geht 1,00 EUR direkt an den Verkäufer.

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Oliver Barth

A U S E R S T E R HAND

Vor einigen Wochen erzählte mir Olli, verantwortlich für den Vertrieb bei uns, davon, einen Sozialen Marktplatz ins Leben zu rufen. Hierzu hatte er bereits unter www.sozialer-marktplatz. de eine Domain registriert. Er erzählte mir von seinem Konzept und von seiner Idee. Er hat mich daher gebeten, dass ich Fotos für ihn machen soll.

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ch wollte natürlich erst wissen, wofür er die braucht. Daraufhin hat er mir von seiner Gestaltung für die Webseite erzählt. Anhand meiner Fotos wollte er eigenständig Silhouetten erstellen und damit einen möglichst großen Querschnitt der Gesellschaft abbilden. Ich konnte mir am Anfang noch kein genaues Bild machen, aber fotografierte gerne für ihn drauf los. Er war völlig begeistert von meinen Fotos. Er sagte mir, dass er zusätzlich noch weitere Motive benötigt und so trafen wir uns einen Mittag beim Gänseliesel. Er erklärte mir, worauf ich bei den Fotos achten muss, damit er daraus Silhouetten für den Webauftritt erstellen kann. Über meine Kollegen vom Tagessatz, Freunde sowie fremde Menschen auf der Straße ist jetzt so ziemlich alles vertreten (ein Skater, eine Rollstuhlfahrerin, ein Mann mit Dudelsack, Kinder, mein Freund vom Straßenreinigungsdienst, ein Vater mit seinem Kind auf den Schultern, eine Frau mit Kinderwagen, eine Businessfrau, Andreas mit dem Tagessatz in der Hand etcetera).

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Olli erzählte mir kürzlich, dass er bereits mit Christian, vom Friseurgeschäft „Laufsteg“ eine Vereinbarung treffen konnte. Nachdem Christian jedem TagesSatz-Verkäufer und Mitarbeiter im Rahmen des Projekt Tellerrand einen kostenlosen Haarschnitt spendierte (der Tagessatz berichtete darüber im Juni 2011), haben Olli und Christian nach Rücksprache mit uns Tagessatz-Verkäufern vereinbart, dass wir uns bei Christian und seinem netten Personal jeden Monat aufs Neue einen neuen kostenlosen Haarschnitt abholen können. Im Gegenzug verteilen wir nach Absprache Flyer, bekommen jeder ein T-Shirt mit dem Friseurlogo und dem Logo vom

* DETLEF „ROCKY“ BERNHARD

Sozialen Marktplatz und helfen einander. Alle sind bislang davon begeistert – Wir sind dabei. Ich bringe jetzt zusätzlich jeden Anfang des Monats den neuen Tagessatz bei Christian und seinem Team persönlich vorbei, da mir dort alle sehr sympathisch sind. Olli hat gerade so viel um die Ohren, so dass ich hoffe, dass nicht nur ich, sondern auch noch viele andere ihm helfen werden, seine Idee und sein Konzept umzusetzen und auszubauen. Ich habe gesehen, wie viel Zeit allein der Entwurf des Logos, von der Idee bis zur Fertigstellung , in Anspruch genommen hat, bis Olli damit zufrieden gewesen ist.

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TagesSatz

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WOHIN, WENN Allgemeine Hilfen

EssenSAUSGABEN

Göttingen

Göttingen

Caritasverband Göttingen Allgemeine Lebens- und Sozialberatungsstelle Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/999590

Die Göttinger Tafel Jakobikirchhof 1 37073 Göttingen Tel. 0551–51030

Opferhilfebüro Göttingen für Opfer von Straftaten Maschmühlenweg 11(Landger.) 37073 Göttingen 0551/5213883 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten Ansprechpartner: Herr Bayer 0551/6338876 Sozialdienst für Migranten, RABaZ-Beratungs- & Vermittlungsstelle für ausländische Jugendliche Karspüle 16 37073 Göttingen 0551/57739 BONUS Freiwilligenzentrum Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/9995917 Neue Arbeit Brockensammlung Levinstr.1 37079 Göttingen 0551/5067320 Pro Familia Rote Str.19 37073 Göttingen 0551/58627 Selbsthilfe Körperbehinderte Prinzenstr. 19 37073 Göttingen 0551/54733-0 Selbsthilfegruppe für Mobbing-geschädigte – Rainer Beutler 05602/1860 BürgerInnenberatung Stadt Göttingen Hiroshimaplatz 2 37083 Göttingen Kassel Kasseler Hilfe Opfer- und Zeugenhilfe e.V. Wilhelmshöher Allee 101 34121 Kassel 0561/282070 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten Ansprechpartner: Hr. Holler 0561/6029458 Pro Familia Kassel Frankfurter Straße 133 a 34121 Kassel 0561/27413 Außenstelle Witzenhausen (Rathaus/EG/Raum 10) Am Mart 1/ Witzenhausen Arbeitslosenhilfe Göttingen Arbeiterwohlfahrt Hospitalstr. 10 37073 Göttingen 0551/50091-0 Mensch & Arbeit - Beratungsstelle für Arbeitnehmer und Arbeitslose Kurze Str. 13a 37073 Göttingen 0551/43373 Ländliche Erwachsenenbildung (LEB) Weender Str. 87, 1. Stock 37073 Göttingen 0551/8207917 Mo, Di, Do & Fr 14.30 - 18.00 Uhr Kassel Beratungsstelle für Arbeitslose des DGB Kreis Kassel Spohrstraße 6-8 34117 Kassel 0561/7209536

TagesSatz

* 08/11

Mittagstisch St. Michael Turmstr. 5 37073 Göttingen 0551/5479540 Straßensozialarbeit Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980 Kassel Kasseler Tafel Holländische Straße 141 34127 Kassel 0561/23003 Suppentopf der Heilsarmee jeden Montag von 14-15 Uhr Martinsplatz Gesegnete Mahlzeit Diakonisches Werk Kassel Hermannstraße 6 34117 Kassel weitere Ausgabestellen: Neue Brüderkirche, Johanneskirche, Auferstehungskirche

Kassel Fahrende Ärzte Dr. Giesler/Dr. Moog Mo 14-15.30 Uhr auf dem Martinsplatz Do 20-24 Uhr in der Gießbergstraße

Deutsches Rotes Kreuz Zollstock 17 37081 Göttingen 0551/5096322 Ausgabe: Mo & Do 8.30-11 Uhr jeden 3. Mi im Monat 16-18 Uhr Kassel

Kabera e.V. Beratung bei Essstörungen Kurt - Schumacher Straße 2 34117 Kassel 0561/780505

Diakonisches Werk Kassel Sprungbrett & Sprungbrett spezial Steinweg 5 34117 Kassel 0561/572090

Gesundheitsamt Region Kassel Wilhelmshöher Allee 19-21 34117 Kassel 0561/10031920

Deutsches Rotes Kreuz Königstor 24 34117 Kassel 0561/7290441

Haftentlassene

Lebenskrisen

Göttingen

Telefonseelsorge für Jugendliche 0800/1110333

Anlaufstelle – Kontakt in Krisen e.V. Rosmarinweg 24 37081 Göttingen 0551/632977 Kassel Beratungsstelle für Haftentlassene Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061 oder 0561/70738-00

Göttingen Telefonseelsorge 0800/1110111 & 0800/1110222 Kassel Telefonseelsorge 0800/1110111 PSKB Stadt & Landkreis Kassel 0561/1003-0 & 0561/787-5361

Hilfe & Selbsthilfe bei AIDS

Notschlafstellen

Frauen in Not

Göttingen

Göttingen

Göttingen

Göttinger AIDS-Hilfe Obere Karspüle 14 37073 Göttingen 0551/43735 werktags: 10-13 Uhr Beratung: 0551/19411

Heilsarmee Untere Maschstr. 13b 37073 Göttingen 0551/42484

AIDS-Beratungsstelle Theaterplatz 4 37073 Göttingen 0551/4004831

Soziale Hilfe e.V. / Panama (für alleinstehende Wohnungslose) Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738-00

KORE e.V. - Sozialberat. f. Frauen Papendieck 24-26 (Hinterhof, EG) 37073 Göttingen 0551/57453 Frauen-Notruf e.V. Postfach 18 25 37008 Göttingen 0551/44684 Frauenhaus e.V. Göttingen Postfach1911 37009 Göttingen 0551/5211800 Kassel Übergangseinrichtung für wohnungslose Frauen Am Donarbrunnen 32 34132 Kassel 0561/43113 Karla 3 Aufenthalt und Beratung für wohnungslose Frauen Karlsplatz 3 34117 Kassel 0561/15532 Autonomes Frauenhaus 0561/898889 Frauen in Not 0561/9892929 Notruf für vergewaltigte Frauen Frauen gegen Vergewaltigung e.V. 0561/772244 Frauen informieren Frauen e.V. Beratung bei häuslicher Gewalt Westring 67 34127 Kassel 0561/ 89 31 36 Gesundheit Göttingen

Kassel Aids-Hilfe Kassel Motzstraße 1 34117 Kassel 0561/97975910

Café Nautilus (für Drogenabhängige) Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115

Stadt Kassel – Gesundheitsamt AIDS-Beratungsstelle Obere Königsstraße 3 34117 Kassel 0561/787–5380

Rechtsberatung & Hilfe

Kinder & Jugendliche in Not Göttingen Deutscher Kinderschutzbund Nikolaistraße 11 37073 Göttingen 0551/7709844

Kassel Schuldnerberatung Gottschalkstraße 51 34127 Kassel 0561/893099 Verbraucherzentrale Hessen e.V. Bahnhofsplatz 1 34117 Kassel 0561/772934 Göttingen

Omnibus - Beratungsstelle für Jugendliche & junge Erwachsene Goßlarstr. 23 37073 Göttingen 0551/392690

AWO Schulden- & Insolvenzberatung, Kreisverband Göttingen e.V. Hospitalstraße 10 37073 Göttingen 0551/50091-0

Kassel

Verbraucherzentrale Niedersachen Papendiek 24 37073 Göttingen 0551/57094

Deutscher Kinderschutzbund Siemensstraße 1 34127 Kassel 0561/899852 Verein zur Förderung der Erziehungshilfen in Nordhessen e.V. Wilhelmshöher Allee 32a 0561/78449-0

Gesundheitsamt Sozialpsychiatrischer Dienst Am Reinsgraben 1 37085 Göttingen 0551/4004802

Stadt Kassel Sozialer Dienst des Jugendamtes Friedrich-Ebert-Straße 1 34117 Kassel 0561/787–5301

Frauengesundheitszentrum Göttingen e.V. Groner Straße 32/33 37073 Göttingen 0551/484530

Kleiderkammern

Gesundheitszentrum Albanikirchhof 4-5 37073 Göttingen 0551/486766

Kassel

Göttingen Ev.-ref. Gemeinde – Kleiderkammer Untere Karspüle 11 37073 Göttingen Kleiderladen Ausgabe: Do 9-12 Uhr 0551/5473717

Suchtberatung: Alkohol Kassel Anonyme Alkoholiker 0561/5108806 Blaues Kreuz Kassel Landgraf-Karl-Straße 22 34131 Kassel 0561/93545-0 Suchtberatung Diakonisches Werk Goethestraße 96 34119 Kassel 0561/938950 Suchtberatung: Drogen Göttingen DROBZ (Drogenberatungszentrum) Mauerstr.2 37073 Göttingen 0551/45033

Beratungsstelle für Suchtkranke – Diakonieverband Schillerstr 21 37083 Göttingen 0551/72051 Kassel Drogenhilfe Nordhessen e.V. Schillerstraße 2 34117 Kassel 0561/103641 Kontaktladen „Nautilus“ Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115 SAM – Substitutionsfachambulanz Wilhelmshöher Allee 124 34119 Kassel 0561/711813 SAM 2 – Substitutionsfachambulanz Schillerstraße 2 34117 Kassel 0561/103878 WohnungslosenHilfe Göttingen Ambulante Hilfe für alleinstehende Wohnungslose Wiesenstr. 7 37073 Göttingen 0551/42300 Diakonische Heime in Kästorf e.V. – Außenstelle Göttingen Wienstraße 4f 37079 Göttingen 0551/5053302 Straßensozialarbeit (Kleiderkammer) Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980 Bahnhofsmission Bahnhof, Gleis 4-5 37073 Göttingen 0551/56190 Hann. Münden Ambulante Hilfe für alleinstehende Wohnungslose Lange Str. 35 34346 Hann. Münden 05541/71034 / Fax: 05541/903210 Kassel Die Heilsarmee / Sozial Center Ks Eisenacher Straße 18 34123 Kassel 0561/570359-0 Beratungsstelle für Nichtsesshafte Sozialamt der Stadt Kassel Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061 Beratungsstelle für alleinstehende Wohnungslose – Soziale Hilfe e.V. Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738–00 Betreutes Wohnen Diakonisches Werk Kassel Hermannstr. 6 34117 Kassel 0561/7128829 Wohnungsprobleme Kassel Zentrale Fachstelle Wohnen Wohnungsamt (Rathaus) Obere Königsstraße 8 34112 Kassel 0561/787-6252 oder -6255 Deutscher Mieterbund Mieterverein Kassel u. U. e.V. Königsplatz 59 34117 Kassel 0561/103861 Wenn Ihre Einrichtung hier nicht enthalten, oder wir eine Korrektur durchführen sollen, schicken Sie bitte eine E-Mail mit den Daten an goettingen@ tagessatz.de!

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© Basta, 07/2011

Urlaub wie im Paradies Entspannend wie ein langer Urlaubstag – Wellness und Gesundheit im neu gestalteten Saunapark des Badeparadieses. Genießen Sie Erholung pur in der romantischen Saunalandschaft: Dampfsaunen, Sanarium, Salionarium, Doppel-Maa-Saunen, AufgussArena, Kaltwasserbecken, Außenschwimmbecken mit Thermalsole, Naturbadeteich, Ruhepavillon, Außenterrasse, Ruheräume, Kaminecke, Fitnessbar, Massage & Shiatsu. Und vieles mehr ...

Windausweg 60, 37073 Göttingen, Tel.: 50 70 90, info@goesf.de Öffnungszeiten: Mo. – Fr.: 10 – 22.30 Uhr Sa., So. und an Feiertagen: 9 – 22.30 Uhr 28

Bewegend. Erholsam. Erfrischend.

TagesSatz

Göttinger Sport und Freizeit GmbH & Co. KG

* 08/11


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