EIS
No 1 | Deutschland 3,00 €
2014
Welten n 1 Nachrichten aus Arkti o
s und Antarktis
HEISSE FOTOTIPPS
FÜR EISKA LTE ZONEN
UNTERWEGS MIT EINER ALTEN DAME
Auf der MS Stockholm in die Arktis
INSELHOPPING IN DER KÄLTE
Ein Bilderreigen zwischen Island und Spitzbergen
Annonce von Shackleton für die Antarktis-Expedition 1914
© Jonas Sundquist
© istock, Man Wanted: johnhyattillustration
„Männer für gefährliche Reise gesucht. Geringer Lohn, bittere Kälte, lange Monate kompletter Dunkelheit, ständige Gefahr, sichere Rückkehr ungewiss. Ehre und Anerkennung im Erfolgsfall.“
Fietz GmbH Polar-Kreuzfahrten | Tel: +49 (0)5032 80 100 50 | polar-kreuzfahrten.de
Editorial
Eine Ode an den Frost
E Cover: Andrew Halsall, iStock; Fotos: Kerstin Langenberger & Olaf Krüger (2); KT Miller, privat
is. Schnee. Kälte. Frieren. Für viele Menschen ist allein der Gedanke an tiefe Temperaturen abschreckend. Eis genießen sie allenfalls im Gin and Tonic ... Doch, wer einmal die Landschaften gesehen hat, in denen der Frost regiert, der läuft Gefahr, sich in die Kälte zu verlieben. Eis-Welten, so heißt unser neues Magazin, ist für all diejenigen, die sich von Polarlichtern verzaubern lassen, sich an Eisbären, Walrossen oder Buckelwalen nicht sattsehen können, die stundenlang in den feinen Mustern von Gletschern und Eisbergen schwelgen. Denen sich das einmalige Licht und das Spiel von Wolken und Sonne tief ins Gedächtnis gebrannt hat. Kurz gesagt: für alle, die einen Faible für die Polarregionen haben. In dieser ersten Ausgabe zeigen wir Ihnen, was wir für möglich halten: Mit unseren Ausflügen ins Eis wollen wir Ihr Herz erwärmen. Wir informieren Sie über Neuigkeiten aus Arktis und Antarktis. Lassen Sie teilhaben an dem, was unsere Forscher, Journalisten und Fotografen im hohen Norden und tiefen Süden erleben. Denn, so fern uns die Polarregionen auch sein mögen, sie sind Schauplatz für Politkrimis, Klimadramen und Forschungsexpeditionen, die uns alle angehen.
Peter Laufmann hat Frieren und Kalt eigentlich abgelehnt. AusPrinzip. Doch eine einzige Reise in die Arktis hat gereicht, ihn mit dem Polarvirus zu infizieren.
Außerdem nehmen wir Sie mit auf eine Tour an Bord der MS Stockholm, eine der besten und originellsten Methoden, die Arktis zu entdecken. Und schließlich haben die Fotografen Kerstin Langenberger und Olaf Krüger für Sie die Schönheit und Vielfalt am Rande der Welt eingefangen und den Inseln des Nordens ein fotografisches Denkmal gesetzt. Genug geredet: Wir laden Sie ein, uns in ein eiskaltes Paradies zu begleiten.
Herzlich, Ihr
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S I E d e h s cru Brandheiße News
Prinz Harry ist Soldat und kämpft auch für das Ansehen von Kriegsversehrten.
A N TA R K T I S R OYA L
Ein Pol für den Prinzen Blaues Blut hat sich immer schon gern auf Expedition begeben. In der Regel, um neue Länder zu besetzen. Prinz Harry, Nummer vier in der britischen Thronfolge, ist für einen guten Zweck in die Stiefel gestiegen. Letzten Dezember erreichte er mit seinem Team den Südpol. Das Besondere daran: Bis auf den Prinzen selbst waren alle anderen Teilnehmer Kriegsversehrte. Die englische Organisation „Walking With The Wounded“ will mit dieser und ähnlichen Aktionen auf das Schicksal der in Kriegen verwundeten SoldacE ten hinweisen.
L O N GY E A R BY E N
D I E RUS S E N KO M M E N
»Jeder Kindergarten hat ein Gewehr im Schrank«
Liebesgrüße aus Moskau
Wie viele Kinder leben in Longyearbyen? Schwierige Unser Korrespondent Christian Frage, da es immer einen Bruttel berichtet aus Longyearbyen. großen Wechsel gibt, das heißt viele Familien bleiben nur kurze Zeit hier oben. Dieses Jahr gab es zum Beispiel viele Babys, aber in den Kindergärten waren Plätze frei. 186 Kindergartenplätze halten die insgesamt drei Kindergärten vor. Was machen die Kinder, wenn es richtig kalt ist? Sie sind gut eingepackt und immer draußen. Es sei denn, der Wind ist zu stark. Dann ist die Gefahr für Erfrierungen zu groß. Werden die Kinder dort oben häufiger krank? Nein, genau so häufig wie auf dem Festland. Wenn ein Kind etwas hat, macht das die Runde. Wie ist es mit der Dunkelheit? Kein Problem, die Kinder werden allerdings früher müde. So ab vier. Gab es schon Eisbären zwischen den Spielgeräten? Nein, Eisbären werden in Longyearbyen in der Regel frühzeitig entdeckt. Die Zäune um die Kindergärten sollen Schneeverwehungen verhindern, dass die Kinder nicht darüber krabbeln und ausbüxen. Denn Autos sind eine größere Gefahr als Eisbären. Dennoch hat jeder Kindergarten ein Gewehr im Schrank und cE jede Erzieherin absolviert ein Schießtraining.
Russland will seinen Anspruch auf ein möglichst großes Stück vom arktischen Kuchen deutlich machen. Mittel zum Zweck sind dabei wie üblich Soldaten. Wie Präsident Putin verlauten ließ, sollen Schiffe und Truppen in die Arktis verlegt werden. Sogar Stützpunkte der Sowjetzeit werden wohl wieder bemannt. cE
AUS ST E L LU N G I N BA S E L
Noch ein Held Ernest Shackelton, Robert Falcon Scott, Roald Amundsen ... diese Männer kennt jeder. Doch es gibt auch andere, die in der goldenen Zeit der Antarktisforschung Anfang des 20. Jahrhunderts Meriten gesammelt haben – oder gescheitert sind. Einer dieser Mutigen war Xavier Mertz, der 1912 als erster Schweizer die Antarktis betrat. Doch es nahm kein gutes Ende mit ihm. Er starb während einer Erkundungstour und wurde nie gefunden. Das Naturhistorische Museum Basel widmet dem Forscher eine SonderausstelcE lung. Bis zum 30. März 2014. www.nmb.bs.ch.
3x GEWI
E I S K A LT
NNSPIEL
Ein Bad für Kaltblütler
RKÜHLTE
E FÜR UNT C O Z KER
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Was weht denn da? Fotos: Walking With The Wounded; Xavier Mertz/NMB; Andrei Tsalko/fotolia; Matthias Krüttgen/fotolia; toshket/fotolia; lynea/fotolia; anderssehen/fotolia; privat (2)
crushedEIS
= •--• Flaggensignale waren in alter Zeit das wichtigste Kommunikationsmittel auf See. Noch heute weiß ein anständiger Kapitän, die Zeichen zu lesen. Was verbirgt sich hinter diese Flagge? Einfach die Antwort an redaktion@eis-welten.de oder an die Redaktion Eis-Welten, Mittelstraße 2, 31535 Neustadt. Unter den richtigen Antworten verlosen wir drei Exemplare „Frozen Planet“ von Alastair Fothergill. Ein Prachtband, ein erstaunliches Porträt der Polarregionen. Er zeigt die faszinierenden Landschaften und unglaublichen Lebensgemeinschaft, die in Arktis und Antarktis ums Überleben kämpfen. Frederking&Thaler, 312 Seiten, 45 EUR. Einsendeschluss ist der 29. März 2014. Der Rechtsweg ist selbstverständlich ausgeschlossen.
SÜDGEORGIEN
Rattenfänger gesucht Abgeschieden im Südatlantik - rund 2000 km östlich von Feuerland - liegt ein unvergleichliches Naturparadies. Im Sommer sind die Strände Südgeorgiens bevölkert von Pinguinen, See-Elefanten, Seebären und Seevögeln. In den Hängen brüten zahlreiche Albatros-Arten. Und dann sind da auch noch die Ratten. Ende des 18. Jahrhunderts kamen Wanderratten an Bord von Walfängerschiffen auf die Insel. Die Walfänger verschwanden wieder, doch offenbar gefiel es den schlauen Nagern und seitdem verbreiten sie sich fleißig und ungehindert. Ihr Hunger bedroht die auf dem Boden brütende Vogelwelt, denn Eier
Schon Goethe wusste um das prickelnde Vergnügen, im Winter ins Wasser zu gehen. Der Dichter hatte dazu das Eis der Ilm aufgehackt. Jetzt haben Eisbader und Winterschwimmer wieder Hochsaison. Aber nicht für alle ist es bloßer Spaß, bei Frost ins Wasser zu gehen; für strengläubige Russen ist das Bad im Eisloch am 19. Januar Pflicht. An diesem Tag feiern sie die cE Taufe Jesu. Angeblich reinigt die Kälte das Gewissen.
Eissplitter von Formen + Strukturen aus der kalten Welt
Eine Kolumne von Ilona Jerger Plattenbauten
Und der Haifisch, der hat Zähne... doch der großes
Bartenwal,
Sieb.
Gebaut
der hat ein
aus
hornigen
Platten, die wie die Orgelpfeifen vom Gaumen herab hängen, innen die längsten,
außen die kürzesten. Hunderte auf jeder Kieferseite. Die Ränder mit Fransen besetzt, manche weich und haarig wie eine Bürste. Wenn ein Bartenwal seinen Rachen aufsperrt, offenbart sich eine kolossale
symmetrische Lamellenstruktur. Als Mensch ist man überwältigt von diesem Plattenbau. Und dankbar, dass man nicht auf den biblischen Namen Jona hört. Als Krilltierchen saugt es einen mit dem Wasserstrom hinein, man bleibt im Filter aus Barten hängen – und wird verspeist. Als Wal drohte einem, wegen dieser Innenarchitektur
gejagt und ermordet zu werden. Lange Jahrhunderte, in denen der Walfisch hieß, gab es den Beruf des Fischbeinreißers, der die
Wal noch
kostbaren Hornplatten spaltete. Je hübscher Struktur und Farbe der Barten waren, desto teurer wurde das Horn verkauft, mit dem die Schneider des Rokoko
Reifröcken ihre Form gaben und Mieder versteiften. Die hocheffektive Filteranlage im Maul des Meeressäugers ist ein grandioses Meisterstück
der Natur, gefertigt vor 15 Millionen Jahren. Und frei nach Bert Brecht ist die Moral von der Evolutionsgeschicht’:
Erst kommt das Fressen!
Beim Walfisch und beim Mensch.
und Küken sind ihnen nahezu schutzlos ausgeliefert.
Der South Georgia Heritage Trust (www.sght.org) hat unter anderem das Ziel, diesen einmaligen Lebensraum in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Nach einer erfolgreich abgeschlossenen Testphase startete die weltweit größte Rattenvernichtungsaktion im Frühjahr 2013 mit der Ausrottung der Nager im gesamten nordwestlichen Teil der Insel. Für 2015 ist nun geplant, auch den Südosten von den Nagern cE zu befreien. Spenden sind jederzeit willkommen.
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Blaue Stunde bei Skagsanden, ein Strand bei Flakstad auf den Lofoten.
Inselhopping
U nterhaltung 체ber
Inselhopping in der K채lte Kerstin Langenberger und Olaf Kr체ger haben sich auf ein Inselspringen der besonderen Art eingelassen. Ihr Fokus liegt auf den Inseln des Nordens, die charmante Fleckchen Erde sind. Zugegeben: auf eine manchmal etwas herbe Art.
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Inselhopping
Einsame Ecke: Wasserfall bei Gásadalur, das liegt auf Vágar, einer der Färöer-Inseln.
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Inselhopping
Lichtzeichen – Aurora borealis und der Mond über der Eislagune Jökulsárlón in Island.
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Inselhopping
Herzerw채rmend ist der Sonnenuntergang am Wasserfall Seljalandsfoss auf Island.
Eisbad der Eisbären im Eismeer nördlich von Spitzbergen.
enken sich „Prima Aus sichten“ , d r, wohl die Papageitauche Reynisdrangar n el d na ls Fe ie d er üb die bei Vik in Südisland hinweggucken können.
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Inselhopping
Eine Unterhaltung über Inselho
pping mit Kerstin & Olaf Wir sprachen mit den Fotografen über ihre Leidenschaft für den Norden und den besten Weg auf eine Insel zu kommen.
Eis-Welten: Nach Eurem ausgeprägten Inselhüpfen – welche ist Eure Lieblingsinsel?
Kerstin Langenberger: Ohne Frage Island. Natürlich hat jede Insel ihre Besonderheit. Aber mein Herz schlägt für Island; dort fühle ich mich zuhause. Olaf Krüger: Für mich sind es die Färöer-Inseln. Es hat mich überrascht, wie vielfältig sie sind, wie spektakulär. Wie schön man dort wandern kann.
Eis-Welten: Island und die Färöer sind ja ein wenig auseinander. Wie ist es zu dem gemeinsamen Projekt gekommen?
Kerstin: Zufall. Ich hatte auf einer Hütte auf Island gearbeitet. Da kam Olaf vorbei. Wir sprachen miteinander und ein Jahr später war er wieder da, um zu fotografieren. Daraus wurde eine Freundschaft und … Olaf: … sechs, sieben Jahre ist das bestimmt her … Kerstin: … da kam die Idee, den Inseln des Nordens ein Denkmal zu setzen. Olaf: Ein Langzeitprojekt. So haben wir sehr viel Zeit auf den Inseln verbracht … Kerstin: … also auf Island, Spitzbergen, Grönland, den Lofoten und Färöern … EisWelten: Kerstin, was ist denn das Aufregendste für dich gewesen?
Kerstin: Das war eindeutig der Ausbruch des Eyjafjallajökull auf Island. Ich hatte immer den Wunsch, einmal so ein Ereignis mitzuerleben. Allerdings hatte ich an friedliche Lavaflüsse gedacht
und nicht ein wochenlanges Inferno. Ich stand unter einer zehn Kilometer hohen Aschenwolke, aus der die Blitze zuckten.
Eis-Welten: Hattest du Angst?
Kerstin: Die ersten zwei Wochen hatte ich eine Heidenangst. Das war so ein Monster! Am Ende hatte sich die Angst aber in faszinierten Respekt gewandelt.
Eis-Welten: Und Olaf, wie bist du mit den Naturgewalten dort oben zurecht gekommen?
Olaf: Auf den Lofoten und auch auf Island waren wir im Winter unterwegs. Das hat seinen ganz eigenen Reiz. Das Licht Anfang März ist ein Traum für jeden Fotografen, unbeschreibliche Sonnenaufund Untergänge und einmalige Formen. Sehr besonders! Allein die Kälte einmal zu fühlen ... das gehört dazu wie ewige Dunkelheit. Eis-Welten: Nach Inseln des Nordens. Könntet ihr euch vorstellen, demnächst „Inseln des Südens“ zu machen? Die zehn schönsten Karibik-Eilande etwa?
(lachen beide) Olaf: Kommt darauf an, wie man Süden definiert...
Kerstin: Südlich-südlich wäre ich dabei. Antarktis ist wunderbar. Olaf: Mich könntest du auch mit Wärme locken. Karibik, warum nicht? ... Kerstin schüttelt den Kopf.
Eis-Welten: Was ist denn euer nächstes Projekt?
Olaf: Wir freuen uns jetzt erst einmal auf unsere Tour. Es immer wieder neu und aufregend, den Menschen unsere Arbeit zu zeigen und unsere Begeisterung für diesen Teil der Welt rüberzubringen.
Eis-Welten: Wenn euch jemand nachreisen möchte, was ist die ideale Art und Weise, die Inseln des Nordens zu entdecken?
Olaf: Wer die Zeit hat, sollte mal mit dem Schiff fahren. Ich habe zum Beispiel die Passage von Dänemark zu den FaröerInseln sehr genossen. So spürt man, was für Entfernungen da zu überwinden sind. Man spürt, wie isoliert so eine Insel liegt. Kerstin: Viele Inseln erreicht ja man fast nur mit dem Flugzeug. Leider. Aber da ist natürlich das Grundproblem, dass die Menschen nicht mehr reisen, sie wollen nur noch ankommen und dann da sein. Eis-Welten: Was erwartet die Zuschauer bei eurem Vortrag?
Kerstin: Einerseits zeigen wir die spannenden und schönen Geschichten aus unserer Beziehung zu diesen Inseln. Andererseits wollen wir den Blick darauf lenken, wie wichtig Natur- und Klimaschutz gerade für diese Inseln sind. Denn sie liegen am Rande der Arktis und verändern sich sehr stark durch den Klimawandel. Wir haben also nicht nur die rosa Brille auf, sondern sprechen auch darüber, was das für Papageitaucher oder Eisbären bedeutet. Selbst in dieser kurzen Zeit, in der wir dort oben gearbeitet haben, waren die Veränderungen spürbar. Peter Laufmann
Termine: Kerstin Langenberger und Olaf Krüger präsentieren ihre Liebeserklärung an die Inseln des Nordens in zahlreichen Städten zwischen Wien und Paderborn, zwischen Bonn und Goslar. Ob sie auch in Ihrer Nähe sind, erfahren Sie unter www.inselndesnordens.de
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Fototipps von Profis
HeiSSe s fototipp
lte a k s i e r fü Zonen
E Eine Reise in die Polarregionen ist ein ganz besonderes Erlebnis. Wie bei jeder Reise stellt sich natürlich auch die Frage, was man mitnehmen soll und vor allem auch die, was man wieder mit zurück nimmt. Erinnerungen möchten ja auch festgehalten werden. Wie heißt es immer so schön? Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.
Isabel Hohdiamont
Isabel arbeitet seit Jahren bei unserem Partner ACFoto und kann Stunden mit Naturfotos verbringen. „Ich freue mich mit, wenn Kunden mir begeistert von einer gelungenen Aufnahme berichten.“
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ine Kamera muss mit. Und selbst in Zeiten, in denen Smartphones mit Zoom erhältlich sind, führt an einem vernünftigen Modell kein Weg vorbei. Was sich hinter „vernünftig“ verbirgt, ist natürlich Ansichtssache. Wer jedoch nach einer zweiwöchigen Reise mit Fotos nach Hause kommen möchte, die ihm eine bleibende Erinnerung garantieren, der sollte sich vorher Gedanken machen, was er womit fotografieren möchte.
Halten wir also fest, dass eine Kamera in jedes Reisegepäck gehört. Eine digitale Spiegelreflex ist immer noch die erste Wahl. Es gibt viele gute Gehäuse und Systeme, und zwar für so ziemlich jedes Budget. Ergänzen Sie die Kamera mit einem bis zwei guten Objektiven, das reicht für den Anfang völlig. Es macht großen Spaß, sich an die perfekte Kombination heranzutasten, mit der man am besten arbeiten kann. Wenn man erst einmal nur ausprobieren möchte, gibt es gute Möglichkeiten, zum Beispiel bieten wir ein großes Sortiment an Mietkameras und Objektiven, so dass Sie sich für besondere Gelegenheiten wie eine Polarreise etwas Passendes ausleihen können. Bei Objektiven sollten Sie auf jeden Fall an mindestens ein Teleobjektiv denken. Ihr Schiff wird Sie zwar so dicht wie möglich an die Objekte bringen und Sie werden auch Landgänge und Zodiacfahrten machen, aber die Erfahrung zeigt,
dass Sie für Tierfotografie eine gewisse Brennweite benötigen. Allein, um die Tiere formatfüllend abzubilden oder um die räumliche Perspektive in einer großen Pinguinkolonie kreativ zu beeinflussen. Sinnvoll ist zum Beispiel ein Tele-Zoom mit 70 - 200 mm Brennweite, eine Festbrennweite mit wenigstens 300 mm ist auch sehr schön. Für die gängigen Motive ist ein Standardzoom wie zum Beispiel 24 - 70 eine gute Lösung. Und obwohl die Temperaturen selten unter dem Gefrierpunkt liegen werden, sollten Sie bedenken, dass die Leistung der Akkus schon bei Temperaturen unterhalb von 10°C deutlich nachlässt: Also, nur mit geladenen Akkus das Schiff verlassen und am besten mindestens einen geladenen Zusatzakku einstecken. Speicherkarten! Nehmen Sie genug Speicherkarten mit. Leicht unterschätzt man die Masse an reizvollen Motiven bei einer Polarkreuzfahrt. Und niemand löscht gerne abends in der Kabine dutzendweise Bilder in der Kamera, ohne sie wenigstens einmal auf einem großen Monitor gesehen zu haben. Eine vernünftige Fototasche sollte es auch sein. Mir wird sich nie erschließen, warum Kunden Ausrüstungen im Wert eines Kleinwagens besitzen, und mir beim Kauf einer Tasche dann erklären, dieses oder jenes Modell sei jetzt aber zu teuer. Immerhin habe die letzte Tasche auch nur 50 Euro gekostet. Dummerweise sei sie nur so schnell kaputt gegangen. Aha! Investieren Sie einmal in eine halt-
bare Tasche die sich gut tragen lässt, sie werden es bestimmt nicht bereuen. Preisunterschiede haben meist ihre Berechtigung, vor allem, wenn es um Details wie Polsterung, Verarbeitung und Wetterschutz geht. Wer billig kauft, kauft leider oft doppelt! Das gilt genauso für Stative. Gerade günstige Modelle haben ihre Tücken, so dass man überlegen kann, ob das Packmaß des Statives mit den Maßen der Mülltonne kompatibel ist. Bei weiterem Zubehör wird es dann interessant. Filter zum Beispiel. Schutzfilter sind sinnvoll, schon allein, weil sie einfacher zu reinigen sind als die Frontlinse des Objektivs; da gibt es ganz hervorragende UV oder Clear Filter von B&W. Ganz spannend sind Pol- und Graufilter. Das sind die beiden einzigen Filter, die man nicht per Bildbearbeitung am Rechner simulieren kann. Ein Polfilter etwa filtert Reflexionen von Wasseroberflächen oder anderen nichtmetallischen Oberflächen. Wer schon mal versucht hat, Tiere im Wasser zu fotografieren, wird die Problematik kennen. Dabei ist er durch Verdrehen regulierbar, man hat die Intensität des Effektes selbst in der Hand. Natürlich muss man diese Dinge nicht alle haben. Sie sind aber sehr hilfreich, wenn es darum geht, eine Reise zu dokumentieren und später, an verregneten Abenden, noch einmal in Erinnerungen zu schwelgen. Auch die Zuhörer Ihres Diaabends werden dankbar sein, wenn sie das Motiv auf dem Bild tatsächlich sehen und nicht erahnen müssen. Wir wünschen Ihnen eine unvergessliche Reise, Ihr Team von AC-Foto!
Das Foto im Blick:
Im Zodiac geht es manchmal rau und feucht zu, besser die Kamera ist sicher verpackt ...
Eine Reise mit Foto-Workshops des Fotoexperten von AC-Foto.com und in Begleitung des Naturfotografen Norbert Rosing
Marcus Klimek
Norbert Rosing
Nur bei dieser Tour mit an Bord: Marcus Klimek, Trainer der Canon Academy, als WorkshopLeiter und der renommierte Naturfotograf Norbert Rosing, dessen Bilder u. a. im National Geographic Magazin, GEO sowie in zahlreichen Bildbänden erschienen sind.
Das erste Bild in unsrer Geschichte über die Inseln des Nordens ist mit einem Polfilter geschossen ...
Seit der Gründung
von AC-Foto 1999 arbeiten wir jeden Tag daran zu beweisen, dass Service und Internetverperfekt ergänzen können. Mit einem Fokus auf
11 Tage | 23.08. - 02.09.2014
ambitionierte Amateure und Profis unterstützen wir jeden bei Auswahl und Zusammenstellung einer für ihn perfekt abgestimmten Ausrüstung. Selbst wenn Sie im Ausland schnell eine neue Kamera benötigen – wir bringen sie auf den Weg. Besuchen Sie uns unter www.ac-foto.com oder rufen Sie uns an: (0241) 30007
© Vera Simonsson
Fotos: Oscar Westman; privat
sand einander nicht ausschließen, sondern sich
mit der kleinen MS Quest zu den schönsten Motiven Spitzbergens Beratung unter: +49 (0)5032 - 80 100 50
polar-kreuzfahrten.de
Der Austfonna-Gletscher: eine 170 Kilometer lange und 30 Meter hohe Wand aus Eis.
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Die Stockholm
Auf der Stockholm r e k c e d t n E r ü f p p i t m in die Arktis Ge h e i Wer die Arktis erleben will, kann das am besten an Bord von einem kleinen Schiff aus. Das bringt ihn genau dorthin, wo sich Eisbären tummeln und wo Gletscher kalben. Die MS Stockholm ist eines dieser Expeditionsschiffe. Ein Schmuckstück. Eine Liebeserklärung an eine alte Dame.
Fotos: Adam Rheborg; KT Miller
D
ie See ist kabbelig, das dunkelblaue Meer mit kleinen Kronen weißer Gischt geschmückt. Die Mitternachtssonne hat ein Loch in die Wolken gestoßen und schickt ihre Strahlen auf Meer und Land. Ein Eissturmvogel tanzt über die Wellen, begleitet das Schiff, wie um ihm den Weg zu weisen. Hier draußen, im Bug der Stockholm, fühle ich mich lebendig. Der Wind bläst mir ins Gesicht, reißt an Jacke und Mütze, meine Hand schmerzt schon, weil ich mich an die kalte Reling klammere. Wir sind jetzt den zweiten Tag unterwegs und fahren immer weiter gen Norden. Rechts von uns, Pardon, an Steuerbord gleitet Spitzbergen vorbei. Wir sind in der Arktis. „Spitzbergen? Arktis? Freiwillig in die Kälte?“ Wer so redet, ist nicht vom arktischen Virus infiziert. Noch nicht. Mich hat es schon vor einiger Zeit gepackt, und jedes Mal freue ich mich wieder, wenn ich in Longyearbyen, dem Hauptort des Archipels, aus dem Flugzeug steige. Die Reise wird mich immer weiter in die Arktis führen, ganz grob gesagt um Spitzbergen herum. Und zwar nicht irgendwie, in einem der riesigen Kreuzfahrer, die hier umher kreuzen. Nein, ich fahre auf der MS Stockholm. Ein altes Schiff, rüstig sagt man wohl. In ihrem Bauch schlägt immer noch derselbe Dieselmotor, der ihr 1953 bei Kiellegung eingepflanzt wurde. Schaue ich vom
Bug aus zurück, sehe ich die alte Dame in ihrer ganzen Pracht, mit ihrem Holz, ihren kleinen Dellen, dem Krähennest, dem Zodiac. Und ganz allein auf der Brücke steht ihr Kapitän Per Engvall und steuert sie. Seine Stockholm. Mit dabei ist eine kleine Schar von angehenden Arktisfans, für ganze zwölf Passagiere ist Platz an Bord, in kleinen, einfachen, aber gemütlichen Kabinen, richtig schön inklusive Seemannsliteratur und kreisrundem Bullauge. Nach den ersten Stunden an Bord, ersten Landgängen und Besuchen in Ny ålesund und auf der BlomstrandhalvØya sind alle heiß auf Eis. Aufs erste Packeis. Und auf das erste „große, weiße Tier“ – unser Expeditionsleiter ist etwas abergläubisch und spricht das Wort „Eisbär“ nicht aus, bis wir den ersten sehen. Doch dann wird es erst einmal ungemütlich. Der Wind frischt auf, ein Sturm kommt aus Nordwest. Zwei Möglichkeiten gibt es: in einer Bucht auf besseres Wetter warten oder alles auf eine Karte setzen und versuchen durchzuhuschen. Der Kapitän weiß, was seine Stockholm ohne Probleme leistet. Er fährt weiter. Es pustet immer stärker, und die Stockholm rollt in der Dünung. Soweit kränkt sie, dass der Tiefenmesser nicht mehr richtig anzeigt. Regenbö um Regenbö peitscht gegen die Brücke. Immer wieder geht eine Welle über die Aufbauten. Nein, das
Der Eisbär (Ursus maritimus), auch Polarbär. Er bewohnt die nördlichen Polarregionen und gilt als das gewaltigste an Land lebende Raubtier der Erde.
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Reduktion aufs Wesentliche: Das Leben an Bord im Rhythmus des arktischen Sommers.
Ein Herz und eine Seele: Kapit채n und Eigner Per Engvall auf der Br체cke seines Schiffes. Die beiden sind ein bew채hrtes Paar.
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Die Stockholm
Praktische Reisetipps Anreise: Longyearbyen/Spitzbergen wird von verschiedenen Flughäfen in Norwegen angesteuert.
Nordlandvögel rktis Eine Reise in die sommerliche A ist auch immer eine Reise zu tummeln faszinierenden Vogelarten; da sich z.B. 60.000 Brutpaare jellet. Dickschnabellummen am Alkef
Derzeit gibt es keine Direktflüge von
Deutschland
heit:
Gesund-
Die Reise erfordert kei-
ne besondere Fitness. Allerdings darf man auf Spitzbergen weder Kinder kriegen noch sterben. Das ist verboten. Wirklich. Vergessen sollte man zudem nicht einen guten Sonnenschutz, eine Sonnenbrille
und
gegebenen-
falls Mittel gegen Seekrankheit.
Reisezeit: Die Stockholm fährt
Fotos: KT Miller (2); Christian Bruttel (2), Peter Laufmann
in den Sommermonaten durch das
ist kein Wetter, um auf Deck gemütlich einen Tee zu trinken. Später in der Nacht, es ist taghell, erkennt man am Horizont eine weiße Linie. „Da ist das Eis“, erklärt der erste Offizier Martin und fügt beruhigend hinzu, „das mindert die Dünung.“ Und tatsächlich; die See wird spürbar erträglicher. Wir passieren die „Sieben Inseln“ und lassen PhippsØya rechts liegen. Ein paar Seemeilen weiter taucht RossØya auf, ein nebelverhangener Haufen Fels, aber immerhin der nördlichste Punkt Europas. Dann nichts mehr. Vor uns nur mehr der Pol und das nächste feste Land ist Alaska. Immer mehr Eisschollen tauchen vor uns auf. Das Meer ist mittlerweile fast spiegelglatt und hat die Farbe von Tinte, tiefes Dunkelblau. Ein magisches Blau, ebenso anziehend wie das Türkis, das zu sehen ist, wenn Fragmente des Packeises unter Wasser liegen. Stunden verbringe ich während der Fahrt einfach im Bug, um diese unglaubliche Palette an Farbnuancen einzusaugen. Um viertel vor neun ein erster, ein toter Eisbär; Reste eines Jungtieres, dessen Körper bereits in Auflösung ist. Traurig, aber immerhin diente er anderen noch als Nahrung. Zwanzig Minuten später ein Kopf am Horizont. Oder nicht? Hinter einer Scholle. Ein gelb-weißer Kopf, kaum da, schon wieder fort. Gucken, bis die Augen
schmerzen. Und tatsächlich: ein Eisbär. Und er trottet auf uns zu! Wir haben seine Neugier geweckt. Vielleicht riechen wir nur verführerisch. 500 Meter, 300, 100. Immer noch näher. Ein junges Männchen, gut im Futter, wunderschön, mit einem unvernarbten Gesicht, langem Fell und lang behaarten Füßen. Immer wieder nimmt er unsere Witterung auf, schnuppert, leckt sich die Schnauze mit seiner schwarzen Zunge. Schließlich ist er zehn Meter entfernt, fünf, zwei. Er schaut die Bordwand hinauf, man hört ihn atmen. Ein wahnsinniges Erlebnis ist es für uns alle. Aus dem „weißen Tier“, auf das alle gehofft haben, ist ein Eisbär geworden. Die Stockholm macht sich wieder auf den Weg, erst weiter gen Norden, weiter ins Packeis. Wir lassen den 81. Breitengrad hinter uns und fahren so lange, bis das Eis zu dick wird. Unsere Expedition ist noch bemerkenswerter, wenn man
Archipel. Ausrüstung: Neben Fernglas und Fotoapparat sollte man sich für verschiedene Wet-
terlagen wappnen; es kann warm genug für ein T-Shirt sein. Es kann aber selbst im Sommer schneien. Das Zwiebelprinzip hat sich da bewährt. Zudem eine wasserdichte Jacke und Hose. Am besten ist es, bei den Landgängen hohe Gummistiefel zu tragen. An Bord ist legere Kleidung ausreichend. Ach ja, eine Badehose sollte man einpacken.
Mehr Info: Die Fietz GmbH
Polar-Kreuzfahrten organisiert die Touren mit der MS Stockholm. Sie hilft bei allen Fragen rund um eine Reise in die Arktis weiter: www.polar-kreuzfahrten.de
Glo cke nsp iel im Eis
sich vorstellt, dass diese Gewässer noch vor hundert Jahren kaum befahren wurden. Das Land um den Nordpol war einigen Abenteurern vorbehalten – und eben den Eisbären. Die Stockholm nimmt Kurs auf Nordaustland und den Austfonna-Glet-
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Wasserf채lle st체rzen den Austfonna hinunter. Erst im Winter erstarren sie wieder.
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Die Stockholm
Fotos: KT Miller (2)
Die Bartrobbe en (Erignathus barbatus) hat ihr hnauzbarts Namen wegen ihres markanten Sc gel und kommt auf der Nordhalbku im Atlantik und Pazifik vor. auf Die weltweite Population wird 500.000 Individuen geschätzt.
scher. Heute Nacht hat das abgebrochene Eis des Gletschers ans Schiff geklopft. Ständig. Und große, in langen Zügen dahinrollende Wellen heben das Schiff auf und nieder. Die Aussicht ist gewaltig. Eine Wand aus Eis zieht sich von einem Ende des Horizonts zum anderen. Bis zu 40 Meter hoch und 170 Kilometer lang. Einförmig ist sie trotzdem nicht; immer wieder neue Details zeigen sich. Mal sind es Spalten, Klüfte, mal farbige Streifen und Vorsprünge. An einigen Stellen sind offenbar große Teile ins Meer gestürzt, und Eisberge in allen Größen treiben durch den Ozean. Manche in der Größe von Einfamilienhäusern und andere so klein, dass sie gerade einmal einen Gin and Tonic kühlen könnten. Wenn man durch diese Eisfelder hindurch fährt, lohnt sich, die Augen zu schließen und sich den Geräuschen hinzugeben. Eine Sinfonie: Das „Klonk“ kommt immer wieder, sobald ein Stück gegen das Schiff prallt. Dann ein Stakkato von „Klink, Klink, Klink“, wenn die kleinen Bröckchen auf den Stahl treffen. Und schließlich die Bandbreite aus Zischen und Prasseln, wenn die vielen eingeschlossenen Luftbläschen im Eis wieder aufschmelzen. Eis ist musikalisch, es singt ein Lied vom Frost. Mittags fahren wir in die Bucht von Claravagen. Hört sich einfach an, ist aber tricky, denn die Passage ist nur 20 bis 30
Meter breit. Keine Chance für ein größeres Schiff und nur eine kleine für eines unserer Ausmaße. Um einzufahren, wartet unser Kapitän das schmale Zeitfenster ab, als sich Ebbe und Flut gerade die Waage halten.
Im Ba uch des Wa ls
Nach einer Landung und einem Marsch über die Tundra erreichen wir am Ende eines Tales einen fünf Meter breiten Schlund. In seinem Innern sieht es aus wie im Bauch eines Wals. Dunkel ist es im Gletscher, doch als alle Lichter gelöscht sind und sich die Augen an die Finsternis gewöhnt haben, dringt ein fahler blauer Schimmer durch die Decke. Wieder lichtet die Stockholm den Anker, es geht heim. Kurz bevor sie in Longyearbyen anlegt, besuchen wir noch den Smeerenburg-Gletscher. Die Sonne taucht ihn mit seinen Bändern aus Staub, mit seinen eisigen Zinnen in gleißendes Licht. Es knackt, kracht, und ein hausgroßer Brocken fällt ins Wasser und schickt eine Zwei-Meter-Welle, die wir auf dem Schiff spüren. Minuten später noch ein Brocken und noch einer. Und dann, um das Bild perfekt zu machen: 20 Belugawale schwimmen vor dem kalbenden Gletscher auf und ab. Es ist ein Ballett. Peter Laufmann Zum Abschluss.
Buchtipp:
Diese Geschichte aus der Ark-
tis und noch 99 andere, außergewöhnliche Reisegeschichten und Tipps bietet „Entdecke die Welt“. Denn auf der Erde gibt es viel zu sehen und zu bestaunen. Bruckmann Verlag; 288 Seiten; 25,99 EUR
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Klimakolumne
DA S E I S S C H M I L Z T
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twas mehr als 2 °C. Ein Temperaturunterschied, der doch eigentlich kaum zu spüren ist. Vielleicht für den Kenner beim Rotwein, der ein klein wenig zu kräftig schmeckt. Oder im Schlafzimmer, wenn sich die Bettdecke ein kleines bisschen zu warm anfühlt. Aber ansonsten? Was bedeutet schon eine Erwärmung um etwas mehr als 2 °C? Vielleicht bedeutet sie: Wasser. So viel mehr Wasser. Keine Eisschollen mehr, die sich als gefrorenes Licht glitzernd bis zum Horizont erstrecken. Kein sanftes Knarzen mehr gegen die Schiffswände, kein Schrei mehr: „Da, ein Eisbär!“, kein Spazierenkönnen mitten auf dem Ozean. Vielleicht bedeuten etwas mehr als 2 °C Erwärmung einen Arktischen Ozean der so völlig anders ist. Nasser. Welliger. Und so viel leerer. Einen solchen Arktischen Ozean hat es auf dieser Erde seit langer, langer Zeit nicht mehr gegeben. Und doch deutet vieles darauf hin, dass wir auf genau diesen Zustand zusteuern. Die Schicht aus gefrorenem Meerwasser, die seit Jahrtausenden den Arktischen Ozean das ganze Jahr über bedeckt, ist nur wenige Meter dünn. Damit kann sich dieses Meereis zum Beispiel in einem kalten Winter oder während einer Eiszeit sehr rasch weit nach SüDr. Dirk Notz ist Leiter der den ausdehnen - aber auch in einem Forschungsgruppe Meereis heißen Sommer oder während einer am Max-Planck-Institut für allgemeinen Klimaerwärmung rasch Meteorologie in Hamburg. nach Norden hin zurückziehen. Und genau dies beobachten wir in den letzten Jahrzehnten: Eine Eisdecke am Nordpol, die langsam aber sicher immer weiter zusammenschrumpft, dünner wird, verletzlicher. Und die dennoch nach wie vor von einer Schönheit ist, der sich kaum ein Betrachter entziehen kann.
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Als kleiner Junge war ich fasziniert von dieser Landschaft, von den Abenteuern, die Menschen seit Jahrhunderten dort oben erleben, von den unwirklichen Bildern aus einer unwirtlichen Welt. Wie lange wird eine solche Faszination noch möglich sein? Wie lange noch wird es dauern, bis diese Landschaft dort oben nur noch auf Fotos, Filmrollen, Speicherkarten und in den Köpfen derjenigen existiert, die sie gesehen haben? Die ehrliche Antwort auf diese Frage ist: Wir wissen es nicht. Oder genauer: Wir können es nicht wissen. Und das, obwohl die grundlegenden Zusammenhänge völlig klar sind. So ist zum Beispiel unstrittig, dass sich die Arktis im Rahmen einer globalen Klimaerwärmung deutlich schneller und stärker erwärmt als der Rest des Planeten. Da ist es dann wenig überraschend, dass das Eis dort oben immer weiter zurückgeht. In den letzten Jahrzehnten ist die Ausdehnung des Meereises im Sommer um etwa die Hälfte zurückgegangen, und auch die Eisdicke hat sich etwa halbiert. Zusammengenommen bedeutet dies, dass wir heute im Sommer nur noch etwa ein Viertel der Menge an Meereis im Arktischen Ozean haben, die in den 1970er Jahren dort herumschwamm. Und aufbauend auf diesen Fakten ist es nur logisch, dass bei einer weiteren Erwärmung das Abschmelzen des Eises weitergehen wird. Nicht immer gleichmäßig, aber langfristig gibt‘s in einem wärmeren Klima weniger Eis. Nur wissen wir nicht, wie stark die Erwärmung in Zukunft ausfallen wird. Denn dies ist primär eine politische Frage. Rein physikalisch könnte die Erwärmung unterhalb von 2 °C bleiben, wenn der globale Ausstoß an Kohlendioxid rasch reduziert wird. Und damit würde wohl auch das Meereis im Sommer erhalten bleiben. Die Erwärmung könnte aber auch ein Vielfaches dieses Wertes betragen, wenn der globale Ausstoß dieser Gase weitestgehend ungebremst weitergeht. Dann wäre der Arktische Ozean im Sommer schon bald eisfrei. Eis oder Wasser. Wir werden es sehen. Dirk Notz
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n e t n a k i r b a -f S I E die Impressum Ausgabe No 01 | 2014
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Ines Bruckschen, Christian Bruttel, Die gekennzeichneten Artikel stellen die Stephani Drücker, Isabel Hodiamont, Meinung desvon Autors, unbedingt twas mehr als 2 °C. Ein Temperaturunterschied, der Als kleiner Junge war ich fasziniert diesernicht Landschaft, von Ilona Jerger, Mariola Mamerow, die der Redaktion dar. Für unverlangt doch eigentlich kaum zu spüren ist. Vielleicht für den Abenteuern, die Menschen seit Jahrhunderten dort oben Dirk Notz eingesandte Manuskripte Gewähr. den Kenner beim Rotwein, der ein klein wenig zu kräferleben, von den unwirklichen Bildern aus einerkeine unwirtlichen Anzeigen: Frank Fietz Alle solche in Eis-Welten erscheinenden Texte tig schmeckt. Oder im Schlafzimmer, wenn sich die Bettdecke Welt. Wie lange wird eine Faszination noch möglich Redaktionsanschrift: undesFotos sindbisnatürlich urheberrechtein kleines bisschen zu warm anfühlt. Aber ansonsten? Was sein? Wie lange noch wird dauern, diese Landschaft dort Fietz GmbH geschützt. Alle Rechte, auch Überbedeutet schon eine Erwärmung um etwas mehr als 2 °C? oben nur noch auf Fotos,lich Filmrollen, Speicherkarten und in den Mittelstraße 2 setzungen, vorbehalten. Vielleicht bedeutet sie: Wasser. So viel mehr Wasser. Keine EisKöpfen derjenigen existiert, die sie gesehen haben? ReproduktiDie ehrliche 31535 Neustadt welcher Art, Oder sind nur nach schollen mehr, die sich als gefrorenes Licht glitzernd bis zum Antwort auf diese Frage onen, ist: Wiregal wissen es nicht. genauer: www.eis-welten.de und mit Genehmigung des Horizont erstrecken. Kein sanftes Knarzen mehr gegen die Wir können es nicht wissen. Undschriftlicher das, obwohl die grundlegenredaktion@eis-welten.de Herausgebers Schiffswände, kein Schrei mehr: „Da, ein Eisbär!“, kein Spazieden Zusammenhänge völlig klar sind. erlaubt. Druck: renkönnen mitten auf dem So ist zum Beispiel unstrittig, dass sich die Arktis im InDe Print OÜ, Mustamäe tee 4, 10621 ISSN:Klimaerwärmung 2198-3917 Ozean. Vielleicht bedeuten Rahmen einer globalen deutlich schnelTallinn, Estland. etwas mehr als 2 °C Erwärler und stärker erwärmt als der Rest des Planeten. Da mung einen Arktischen ist es dann wenig überraschend, dass das Eis dort oben Ozean der so völlig anders immer weiter zurückgeht. In den letzten Jahrzehnten ist ist. Nasser. Welliger. Und so die Ausdehnung des Meereises im Sommer um etwa die viel leerer. Hälfte zurückgegangen, und auch die Eisdicke hat sich etwa Einen solchen Arktischen halbiert. Zusammengenommen bedeutet dies, dass wir Ozean hat es auf dieser Erde heute im Sommer nur noch etwa ein Viertel der Menge an seit langer, langer Zeit nicht Meereis im Arktischen Ozean haben, die in den 1970er Jahmehr gegeben. Und doch ren dort herumschwamm. deutet vieles darauf hin, Und aufbauend auf diesen Fakten ist es nur dass wir auf genau diesen logisch, dass bei einer weiteren Erwärmung Zustand zusteuern. Die Schicht aus gefrodas Abschmelzen des Eises weitergehen wird. renem Meerwasser, die seit JahrtausenNicht immer gleichmäßig, aber langfristig den den Arktischen Ozean das ganze Jahr gibt‘s in einem wärmeren Klima weniger Eis. über bedeckt, ist nur wenige Meter dünn. Nur wissen wir nicht, wie stark die ErwärDamit kann sich dieses Meereis zum Beimung in Zukunft ausfallen wird. Denn dies spiel in einem kalten Winter oder während ist primär eine politische Frage. Rein physieiner Eiszeit sehr rasch weit nach Sükalisch könnte die Erwärmung unterhalb von Dr. Dirk Notz ist Leiter der den ausdehnen - aber auch in einem 2 °C bleiben, wenn der globale Ausstoß an reis Forschungsgruppe Mee heißen Sommer oder während einer Kohlendioxid rasch reduziert wird. für tut Insti am Max-Planck. burg Ham in e allgemeinen Klimaerwärmung rasch Und damit würde wohl auch das logi Meteoro nach Norden hin zurückziehen. Und Meereis im Sommer erhalten bleigenau dies beobachten wir in den ben. Die Erwärmung könnte aber letzten Jahrzehnten: Eine Eisdecke auch ein Vielfaches dieses Wertes am Nordpol, die langsam aber sicher betragen, wenn der globale Ausstoß immer weiter zusammenschrumpft, dieser Gase weitestgehend ungedünner wird, verletzlicher. Und bremst weitergeht. Dann wäre der die dennoch nach wie vor von eiArktische Ozean im Sommer schon ner Schönheit ist, der sich kaum ein bald eisfrei. Eis oder Wasser. Wir Betrachter entziehen kann. werden es sehen.
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