politikorange Öffnungszeit

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ÖFFNUNGSZEIT OKTOBER 2014

UNABHÄNGIGES MAGAZIN ZUM 11. JUGENDMEDIENWORKSHOP IM DEUTSCHEN BUNDESTAG HERAUSGEGEBEN VON DER JUGENDPRESSE DEUTSCHLAND E.V.


Foto, Titelfoto: Samuel Grรถsch

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DIE GROSSE HÜRDE DER EU DIE EUROPÄISCHE UNION WÄCHST IMMER STÄRKER ZUSAMMEN UND ERMÖGLICHT GERADE UNSERER GENERATION UNGEAHNTE GRENZENLOSIGKEIT. DIESE BIETET VIELE VORTEILE, BIRGT JEDOCH AUCH ZAHLREICHE HERAUSFORDERUNGEN. VON CARMEN HERZING

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eneration Grenzenlos – die heutige Jugend genießt so viele Freiheiten wie keine Generation vor ihr. Ihr werden Möglichkeiten eröffnet, von denen ihre Großeltern wahrlich nicht zu träumen gewagt hätten. Sie leben in einer Gemeinschaft, die ihnen Frieden und Sicherheit gibt, aber trotzdem Individualität und Freiheit lässt. Ausschlaggebend dafür war unter anderem der Fall der Berliner Mauer 1989, aber auch das wirtschaftliche und politische Zusammenwachsen vieler europäischer Staaten.

FREIE ENTFALTUNG FÜR MEHR OFFENHEIT Die neue Grenzenlosigkeit bietet vor allem Arbeitnehmern viele Chancen. Sie sind nicht mehr an ihr Heimatland gebunden, können sich in einem anderen Land entfalten – als Auswanderer oder Grenzgänger. Sie wohnen in einem Land, arbeiten in einem anderen. Ein Umzug ist nicht nötig. Zusätzlich werden heutigen Studenten durch Programme wie Erasmus zahlreiche Möglichkeiten geboten, an der Kultur und Sprache anderer Länder teilzuhaben. Es werden Weichen gestellt, um Berührungsängste zu überwinden, andere Kulturen besser verstehen zu lernen, aufgeschlossener und offener zu leben. Über die wirtschaftliche Zusammenarbeit hinaus, dem Grundstein der Europäischen Union, wird so gegenseitiges Verständnis aufgebaut und Frieden gestiftet. Noch nie gab es in der Geschichte Europas eine so lange Zeit ohne Krieg.

NICHT NUR VORTEILE DURCH GRENZENLOSIGKEIT Trotz aller Vorzüge, die die Europäische Union bringt, gibt es genügend Herausforderungen zu meistern. Neben der kulturellen Vielfalt, die geboten wird, besteht die Gefahr, dass die eigene Kultur zurückgedrängt wird. Die englische Sprache drängt immer mehr in andere Sprachbereiche hinein. Dies führt zu Anglizismen wie „Slogan“ für Werbespruch, „Fake“ für Fälschung oder „Warm-up“ für Aufwärmen, welche im deutschen Sprachgebrauch fast schon zum Alltag gehören. Ein weiterer Nachteil der Zusammenarbeit für einzelne Staaten: Durch ihre Abhängigkeit zu anderen Staaten

DIE EUROPÄISCHE UNION HAT BEREITS VIELE HÜRDEN ÜBERWUNDEN.

müssen Länder auch für die Fehler ihrer Partnereinstehen. So mussten die griechischen Schulden letztendlich auch durch die anderen EU-Länder getragen werden. Dabei kann eine gefährliche Situation entstehen: EU-Bürger aus "reicheren" Ländern fühlen sich benachteiligt und verlieren ihren Glauben an die EU und ihre Politiker. Ihrer Unzufriedenheit verleihen sie Ausdruck, indem sie sich in Wahlen explizit gegen einen gemeinsamen Europa-Kurs aussprechen und beispielsweise die Alternative für Deutschland oder den französischen Front National wählen. Diese Vermutung legen zumindest die Ergebnisse der letzten Europawahlen nahe. Mit dem Wegfall der Grenzen innerhalb der EU wurden zudem die Außengrenzen verstärkt, was die aktuelle Flüchtlingsproblematik erkennen lässt. Die europäischen Länder verschließen sich der Zuwanderung von außen und erschweren den Flüchtlingen aus Afrika oder den Kriegsgebieten des Nahen Osten die Einwanderung.

Foto: Juliane Schwabenbauer

Es ist deutlich, dass die EU seit ihrer Gründung einen enormen Fortschritt, nicht nur im Hinblick auf ihre Größe, zu verzeichnen hat. Dies ist zurückzuführen auf die gute Zusammenarbeit, die Solidarität zwischen den Ländern und das Teilen gemeinsamer Werte. Umso wichtiger ist es, sich auch den Herausforderungen der heutigen Zeit zu stellen, um für die Generation Grenzenlos weiterhin ein Zuhause in Frieden und Sicherheit bieten zu können.

Carmen Herzing 18, Ergolding ... findet, in ihr steckt viel Europa, da es ihr viele Türen öffnet, um ihr Leben freier zu gestalten.

IN HALT

»offenlegen«

»offenhalten«

»offenstehen«

Von politischen und etwas anderen Extremen. Seite 12

Auf der Suche nach einer europäischen Identität. ­­ Seite 19

Über die Grenzen der Europäischen Union. ­­ Seite 24

EDI TOR I A L Liebe Leserinnen und Leser, die Zeit der Öffnung ist angebrochen: Mit dem derzeitigen Nachwuchs junger Medienmacher wächst die erste Generation von Jugendlichen heran, die ein Leben ohne die grenzenlose Europäische Union nicht kennt und so viel reist­wie keine Generation vor ihr. In der aktuellen politischen Diskussion zeigt sich aber auch, welche Rolle territoriale Grenzen noch immer spielen – als Beispiel seien nur der Russland-­ UkraineKonflikt oder die Asylpolitik der Europäischen Union genannt. Die Europäische Union hat uns EU-Bürgern Wohlstand, Einheit und die längste Zeit andauernden Friedens gebracht, die wir bisher kennen. Doch wenn es ein Drinnen gibt, gibt es immer auch ein Draußen. Die zweite Seite der Grenzlinie bekommen vor allem Flüchtlinge zu spüren. Beim Jugendmedienworkshop im Deutschen Bundestag 2014 haben sich 30 Teilnehmer eine Woche lang mit dem Thema "Generation Grenzenlos – Welche Chancen eröffnet uns Europa?" auseinandergesetzt. Das Resultat ihrer Fragen, ihrer Diskussionen und ihrer Recherchen ist dieses Magazin, das weit über die Frage nach Chancen hinausgeht und auch die negativen Seiten eines geeinten Europa und seiner neuen Möglichkeiten in den Blick nimmt. Fragen, die gestellt werden, sind unter anderem: Welche Gefahren birgt Grenzen­ losigkeit? Welche Grenzen der Toleranz gibt es heute? Welchen Sinn haben Grenzen – in Politik, in Wirtschaft, in den Medien? Für unser Denken, für unsere Identität, für uns als Menschen? Absolute Grenzenlosigkeit ist eine Utopie, die nie erreicht werden kann. Die Frage, ob sie überhaupt wünschenswert wäre, bleibt offen. Die Quintessenz unserer Auseinandersetzung mit dem Thema Grenzenlosigkeit ist vielmehr: Selbst wenn uns absolute Grenzenlosigkeit umgäbe, so blieben wir doch immer selbst die Grenze. Das ist die größte Grenze, die uns umgibt. Wir konnten euer Interesse ­wecken? Dann heißt es jetzt: Öffnungszeit! Viel Spaß bei der Lektüre und spannende Einblicke in das Themenfeld Europa wünschen euch

Inka Philipp und Pia Bayer (Chefredaktion)

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.

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DAS EU-ABC

WER IST FÜR WAS ZUSTÄNDIG? WEN KÖNNEN WIR WÄHLEN? WAS FUNKTIONIERT WIE? WER TRÄGT VERANTWORTUNG? AUF ALL DIESE FRAGEN GIBT DAS EU-ABC EINE ANTWORT UND LIEFERT WICHTIGE FAKTEN AUF EINEN BLICK. VON LUISE SCHERP

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chtundzwanzig: Mittlerweile besteht die EU aus 28 Mitgliedstaaten. Zur Gründung waren es sechs. Im Laufe der Geschichte schlossen sich durch verschiedene Verträge zahlreiche Staaten aus Nord, Ost, Süd und West an.

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rüssel: Das Europäische Parlament... wandert einmal im Monat zwischen Brüssel und Straßburg. In Brüssel finden kurze Sitzungen und die Ausschussarbeit statt.

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harta der Grundrechte: 1999 wurden alle Grundrechte für EU-Bürger in einer Charta zusammengestellt und festgelegt. Darunter fallen: Die Würde des Menschen, Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte und justizielle Rechte.

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rei-Prozent-Hürde: Für die Europawahlen wurde die Drei-Prozent-Hürde abgeschafft. Somit können jetzt auch sehr kleine Parteien ins Parlament einziehen. Im Deutschen Bundestag dagegen besteht nach wie vor die Fünf-Prozent-Hürde.

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uropäischer Rat: Der Europäische Rat setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs der einzelnen Mitgliedstaaten zusammen. Zu seinen Aufgaben gehört es, Impulse zu geben sowie politische Zielvorstellungen und Prioritäten festzulegen. Erst 2009 wurde der Europäische Rat durch den Vertrag von Lissabon zum EU-Organ.

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reihandelsabkommen: Die EU möchte mit den USA ein Freihandelsabkommen (TTIP, Transatlantic Trade and Investment Partnership) schließen, was bereits für zahlreiche Schlagzeilen und Demonstrationen gesorgt hat. Verantwortlich dafür sind vor allem die geheimen Verhandlungen und die Bedenken um Verbraucherschutz, Investorenschutz und Bürgerrechte.

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erichtshof: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sorgt dafür, dass sich alle Mitglieder an die vereinbarten Rechte der EU halten. Ist dies nicht der Fall, kann das EuGH ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Zusammengesetzt ist der EuGH aus je einem Richter pro Mitgliedsstaat und derzeit neun Generalanwälten. Der Sitz befindet sich in Luxemburg.

H

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ymne: Die Europahymne ist eine Instrumentalfassung der „Ode an die Freude“, die im Jahr 1985 eingeführt wurde. Sie wird zu besonderen Anlässen gespielt und soll die europäischen Werte wie Freiheit, Frieden und Solidarität zum Ausdruck bringen.

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nitiativrecht: Nur die EU-Kommission ist dazu berechtigt Gesetzesvorschläge einzubringen. Somit müssen die eigentlichen Gesetzgeber, Parlament und Ministerrat, erst die Kommission dazu bringen, einen Gesetzesvorschlag einzureichen, bevor ein neues Gesetz entstehen kann.

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ahre: Es gibt unterschiedlich lange Amtszeiten. Im EuGH werden die Richter für jeweils sechs Jahre ernannt. Der Kommissionspräsident wird alle fünf Jahre neu gewählt. Ebenso das Parlament, das direkt von der Bevölkerung gewählt wird. Der Präsident des Parlaments ist jeweils zweieinhalb Jahre im Amt. Und der Präsident des Rats der EU wechselt halbjährig.

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ommission: Die Europäische Kommission gilt als Kontrollinstanz der EU. Zu ihren hauptsächlichen Aufgaben gehören Treffen mit Lobbyisten, um Verbesserungs- oder Änderungsideen für neue Gesetzesvorschläge zu erarbeiten. Denn nur die Kommission ist dazu berechtigt. Zu den Mitgliedern der Kommission gehören ein Präsident, der vom Rat der EU und dem Parlament gewählt wird, und je ein Kommissar pro Mitgliedstaat, denen der Präsident dann Aufgabenbereiche zuteilt.

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issabon: Der Vertrag von Lissabon, der 2009 in Kraft getreten ist, ist eine Erweiterung zu vorherigen Verträgen der EU. In ihm sind alle Regeln, Richtlinien und Vorschriften der EU festgelegt. Man findet hier also z.B. Aufnahmekriterien, Regelungen eines Ausstiegs und zur Beteiligung nationaler Parlamente.

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inisterrat: Der Ministerrat, auch Rat der EU genannt, besteht aus je einem Minister pro Mitgliedstaat. Je nach Fachgebiet treffen die zuständigen Minister aufeinander, sodass es insgesamt zehn verschiedene Ratsformationen gibt (beispielsweise Umwelt oder Wirtschaft und Finanzen). Gemeinsam mit dem Parlament ist der Ministerrat für die Gesetzgebung zuständig.

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izza: Der Vertrag von Nizza trat 2003 in Kraft und war somit der Vorläufer des Vertrags von Lissabon. Mit ihm wurden in vielen Bereichen Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit statt mit Einstimmigkeit zur Regel.

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rgane: Oft bezeichnet man die EU-Institutionen (EZB, EuGH, Europäisches Parlament, Rat der EU, Europäischer Rat) auch als EU-Organe. Denn so wie unser Körper nicht ohne Organe leben kann, kann auch die EU ohne ihre Institutionen nicht funktionieren.

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arlament: Das Europäische Parlament ist neben dem Rat der EU für die Gesetzgebung zuständig. Wie auch im Deutschen Bundestag schließen sich die Abgeordneten zu Fraktionen zusammen.

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ualifizierte Mehrheit: Eine qualifizierte Mehrheit im Ministerrat ist erreicht, wenn neben dem festgelegten prozentualen Anteil an abgegebenen Stimmen bei Abstimmungen noch eine zusätzliche Bestimmung erfüllt wird. So müssen auf besonderen Antrag eines Mitglieds durch die abgegeben Stimmen beispielsweise mehr als 62% der EU-Bevölkerung repräsentiert sein.

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ettungsschirm: Unter dem Eurorettungsschirm versteht man alle Maßnahmen, die zur Stabilisierung des Euros notwendig sind. Ein gutes Beispiel dafür ist die „Griechenland-Hilfe“.

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chengen: Das Schengener Abkommen führte zur Abschaffung von Grenzkontrollen. Dadurch konnte zum einen der europäische Binnenmarkt profitieren, da Zollkontrollen wegfielen, zum anderen bietet der durch das Schengener Abkommen geschaffene freie Personen- und Warenverkehr auch zahlreiche Vorteile für jeden einzelnen Bürger: Da es keine Personenkontrollen mehr gibt, kann man seine Freizügigkeit als EU-Bürger seither besser nutzen.

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rio-Präsidentschaft: Da der Präsident im Rat der EU immer nur für ein halbes Jahr gewählt wird, entsteht eine große Unregelmäßigkeit. Der Präsident kann innerhalb dieser kurzen Zeit nicht viel erreichen. Deshalb gibt es seit 2007 die Trio-Präsidentschaft. Demnach sollen jeweils drei Mitgliedsstaaten, die die nächsten Präsidenten stellen, gemeinsame Leitlinien und Zielvorstellungen vereinbaren.

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nion: Das Wort Union kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Einheit oder Vereinigung. Mit der Europäischen Union wird der Zusammenschluss von derzeit 28 europäischen Staaten bezeichnet.

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ertragsverletzungsverfahren: Ein Vertragsverletzungsverfahren ist die letzte Möglichkeit, die der EuGH bei Regelverstößen anwenden kann. Allerdings kommen solche Verfahren nur äußerst selten zustande. Als Beispiel für eines der wenigen Vertragsverletzungsverfahren gilt der Streit mit dem Automobilunternehmen Mercedes, das sich seit 2007 nicht an eine EU-Vorschrift zur Verwendung von Kältemittelnfür Klimaanlagen hält.

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ährung: Die Einführung des Euros im Jahr 2002 führte zu einer gemeinsamen Währung innerhalb der EU. Es gibt auch Länder wie Großbritannien oder Dänemark, die ihre eigene Währung lieber weiter beibehalten wollen. Neue EU-Mitglieder, die die Kriterien zur Aufnahme in die Eurozone erfüllen, müssen den Euro allerdings mittlerweile einführen.

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entralbank: Die Europäische Zentralbank (EZB) trifft die wichtigsten Entscheidungen der Geldpolitik im EU-Raum. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem die Sicherung der Preisstabilität und die Entscheidungen über Geldumlauf und Zinssätze. Der Sitz der EZB befindet sich in Frankfurt am Main.

Luise Scherp 17, Bad Sooden-Allendorf ... genießt die Vorteile eines geeinten Europas in vollen Zügen. Sie liebt es viel zu reisen, neue Erfahrungen zu machen und sich frei zu entfalten.


M EIN UN G

EIN PARLAMENT AUF ACHSE

REISEN KOSTET GELD UND NERVEN. WENN EIN GANZES PARLAMENT VERREIST, KOSTET DAS VIEL GELD UND VIELE NERVEN. EINE KLEINE FIKTIVE GESCHICHTE VOM PENDELN. EINE GLOSSE VON MARVIN KUTZ

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80 Millionen Euro an Steuergeldern. Dieses Geld könnten wir viel besser in Infrastruktur oder Bildung investieren“, echauffiert sich Volker Weber. „Das ist doch eine Riesen-Schweinerei, finden Sie nicht?“, zetert der Mann mit den schwarzen Lederschuhen und der blauen Krawatte weiter. Herrmann schaut in den Rückspiegel, schnauft tief durch, nickt und denkt: „Und das kurz hinter Brüssel...“ Herrmann ist 43 Jahre alt, wohnt in der Nähe von Aachen – ganz nah an der deutsch-belgischen und auch an der deutsch-französischen Grenze – und war mal Taxifahrer. Heute bietet Herrmann seine Fahrdienste für das Europäische Parlament an. Das Parlament hat zwei Dienstsitze. Einmal im Monat fahren die Abgeordneten zwischen Brüssel und Straßburg hin und her. Herrmann ist für einen Abgeordneten aus seinem Wahlkreis zuständig. Gerade fahren die beiden Männer an Thionville vorbei. „Frankreich, das ist das Stichwort“, denkt Herrmann und tatsächlich – schon geht es weiter. „Regelmäßig verwehren sich die Franzosen vehement dagegen, Straßburg als Parlamentssitz aufzugeben“, raunzt Weber und lockert den Krawattenknoten. „Für die Franzosen ist das Parlament in Straßburg natürlich ein Wirtschaftsfaktor, das verstehe

BRÜSSEL Sitz der Europäischen Kommission

STRASSBURG

Sitz des Europäischen Parlaments

Ausschusssitzungen Am Wochenende

zu Ha use

Straßburg-Woche Plenarsitzungen BRÜSSEL, STRASSBURG UND ZURÜCK - DAS LEBEN EINES MDEP

Grafik: Maximilian Gens

Herrmann atmet tief durch – und nickt. „Warum nicken Sie eigentlich immer nur? Herrmann! Haben Sie dazu denn gar keine Meinung?“, fragt Weber mit vollem Mund. Herrmann grinst. „Doch schon. Ich persönlich finde das gar nicht so schlimm“, murmelt der Fahrer. Der Abgeordnete schüttelt den Kopf. Herrmann biegt ab. „Ich fahre Sie einmal im Monat von Brüssel nach Straßburg und zurück. Zwischendrin fahre ich Ihre Kollegen aus dem Deutschen Bundestag noch ein bisschen zwischen Berlin und Bonn hin und her. Das wird so gut bezahlt... Den Rest des Monats bin ich zu Hause und genieße meine Freizeit.“

ich schon. Aber es kann ja nicht nur um legen. 483 von uns waren dafür und nur die Interessen von einem einzigen Land 141 waren dagegen. Aber wissen Sie gehen...“, wettert der Abgeordnete und – diese Wahl war nur so eindeutig, weil schaut aus dem Fenster. Herrmann nickt in der Fragestellung nicht benannt war, und schaut auf die Uhr. „Und das obwohl welcher Sitzungsort es denn nun werden in Straßburg nur ungefähr fünfzig Tage soll.“ Herrmann nickt. Und schnauft. im Jahr Sitzungen stattfinden. Stellen Sie „Wenn wir wenigstens zwischen sich das einmal vor: An den anderen Ta- Brüssel und Nizza oder Brüssel und Mogen steht das Gebäude dort leer.“ Kopf- naco hin und her pendeln müssten, hätte schütteln beim Abgeordneten, ein zustim- das ja immerhin noch etwas Gutes! Das mendes Nicken von Herrmann. Wetter! Aber so...“ Der Abgeordnete „Das Europäische Parlament hat ja fährt sich durch die graumelierten Haare sogar letztes Jahr darüber abgestimmt, und holt ein Salami-Sandwich aus seiner das Parlament an nur einen Ort zu ver- Ledertasche, das er gierig verschlingt.

Marvin Kutz 20, Rösrath ... studiert in Weimar, pendelt regelmäßig von Thüringen nach NRW und findet das gar nicht schlimm.

FRUCHTFLEISCH Wie viel Europa steckt in dir?

ICH BIN WELTBÜRGER UND DAHER NICHT BESCHRÄNKT AUF EUROPA.

THOMAS KRÜGER, 55 JAHRE PRÄSIDENT DER BPB ZU WENIG, WEIL ICH ZU WENIG SPRACHEN KANN, UND VIEL, WEIL ICH EINE TIERISCHE SEHNSUCHT NACH ALLEN MÖGLICHEN ORTEN HABE UND JEDES EUROPÄISCHE LAND KENNENLERNEN MÖCHTE.

»ÜBERZEUGUNG«

Foto: Bundesregierung Steffen Kugler

WOLFGANG GEHRCKE, 71 JAHRE MDB, FRAKTION DIE LINKE

»SEHNSUCHT«

Foto: Samuel Grösch

Foto: Samuel Grösch

»KOSMOPOLIT«

PROF. DR. JOHANNA WANKA, 63 JAHRE MINISTERIN FÜR BILDUNG & FORSCHUNG ICH BIN ÜBERZEUGTE EUROPÄERIN UND ENGAGIERT DAFÜR, DASS WIR DEN FORSCHUNGS- UND WISSENSCHAFTSRAUM EUROPA WEITER STÄRKEN.

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Z UR PER SON Edelgard Bulmahn (SPD) war von 1998 bis 2005 Bundesministerin für Bildung und Forschung und wirkte so unter anderem an der Bologna-Reform mit. Anschließend war sie Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag und seit 2013 Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages.

Foto: Samuel Grösch

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»BILDUNG IST IMMER NOCH NICHT VÖLLIG GRENZENLOS. « WAS WIRKLICH GUT IST, SOLLTE ALLEN ERMÖGLICHT WERDEN

EDELGARD BULMAHN IST SCHIRMHERRIN DES 11. JUGENDMEDIENWORKSHOP IM DEUTSCHEN BUNDESTAG. MIT ROBERT FISCHBACH SPRACH SIE ÜBER GRENZENLOSIGKEIT UND MOBILITÄT IN DER BILDUNG.

FRAU BULMAHN, SIE HABEN DIE SCHIRMHERRSCHAFT FÜR DEN JUGENDMEDIENWORKSHOP IM DEUTSCHEN BUNDESTAG 2014 ÜBERNOMMEN. WAS WAR DER ANREIZ FÜR SIE, DIESE AUFGABE ZU ÜBERNEHMEN? Die Schirmherrschaft habe ich mit großer Freude übernommen, weil ich davon überzeugt bin, dass es für unsere Demokratie gut ist, wenn wir mehr und auch besser über die Arbeit des Deutschen Bundestages berichten und informieren. Der Jugendmedienworkshop soll angehenden jungen Journalisten die Möglichkeit geben, mehr über die parlamentarische Arbeit und die Berichterstattung über das Parlament zu erfahren und zu erleben. Deshalb lohnt es, sich für dieses Anliegen zu engagieren.

DAS MOTTO DES DIESJÄHRIGEN JUGENDMEDIENWORKSHOPS IM DEUTSCHEN BUNDESTAG IST „GENERATION GRENZENLOS“. WARUM FINDEN SIE DIESES THEMA WICHTIG? Wir haben in den letzten Jahrzehnten eine sehr starke Veränderung erlebt. Die Europäische Union ist inzwischen nicht mehr nur eine politische Organisation, Europa wächst auch in kultureller und sozialer Hinsicht zusammen. Für die Menschen ist es mittlerweile selbstverständlich, innerhalb Europas zwischen den Ländern zu pendeln und zu studieren, einen Teil der Ausbildung in einem anderen Land zu machen und zu reisen. Das war vor dreißig oder vierzig Jahren noch viel ungewöhnlicher, in den osteuropäischen Ländern sogar unmöglich. Deshalb muss man auch thematisieren, wo es noch Barrieren zwischen Ländern und zwischen Gesellschaften gibt, wo wir vielleicht immer noch unterschiedliche Sichtweisen haben, unterschiedliche Perspektiven, und wie wir dieses gemeinsame Europa, das nicht nur ein Wirtschaftsraum sein soll, sondern gelebt werden soll, stärken können.

SIE HABEN VIELE CHANCEN FÜR DIE „GENERATION GRENZENLOS“ GENANNT: SEHEN SIE AUCH RISIKEN IN DIESER FREIZÜGIGKEIT? Ich sehe schon Risiken, weil es zurzeit in vielen Ländern Gruppen gibt, die eine Renationalisierung wollen. Wir haben in Frankreich, Großbritannien und auch in Deutschland sowie vielen anderen Ländern starke nationalistische Gruppen und Parteien, die sich nicht nur auf eine deutlich stärkere Eigenständigkeit der Nationalstaaten beziehen, sondern sondern sich auch aus einem

gemeinsamen Europa verabschieden wollen. In Deutschland zum Beispiel die AfD, die den Austritt aus der europäischen Währungsunion fordert und die im Grunde genommen eine Politik vertritt, die nationalistisch ist. Das macht mir große Sorgen. Deshalb ist es wichtig, engagierte und überzeugte Europäer zu haben, die sich für Europa und die Überwindung von realen, aber auch mentalen Grenzen in den Köpfen einsetzen.

SIE WAREN SELBST VON 1998 BIS 2005 BILDUNGSMINISTERIN. IST IHRER MEINUNG NACH DIE BILDUNG IN EUROPA GRENZENLOS? Ich glaube, dass sie immer noch nicht völlig grenzenlos ist. Die Zahl der Jugendlichen, die inzwischen im Laufe ihres Studiums einen Teil dieses Studiums im Ausland verbringen, ist zwar erheblich gestiegen, genauso wie der Anteil ausländischer Studierender in Deutschland. Hier gibt es also spürbare Fortschritte. In der beruflichen Bildung dagegen läuft es nur langsam an. In diesem Bereich einen Teil der Ausbildung in einem anderen Land zu absolvieren, ist immer noch ungewöhnlich. Da muss noch mehr geschehen, da muss der Austausch weiter unterstützt und gestärkt werden.

ZIEL DES BOLOGNA-PROZESSES WAR ES, DIE MOBILITÄT ZU VERBESSERN. FINDEN SIE, DASS DIESES ZIEL SCHON ERREICHT IST? Ich habe ja bereits gesagt, dass die Mobilität deutlich verbessert worden ist. Inzwischen haben 40 % der Master-Absolventen in Deutschland einen Teil ihres Studiums im Ausland verbracht. Im Übrigen ist es manchmal schwieriger innerhalb Deutschlands von einer Universität zur anderen zu wechseln als zu einer französischen oder einer norwegischen oder schwedischen Universität. Hier müssen sich vor allem die Hochschulen selbst fragen, was sie tun können, weil es keine politischen Rahmenbedingungen sind, die die Mobilität behindern.

2009 WURDE IM BOLOGNA-NACHFOLGEKONGRESS IM BELGISCHEN LEUVEN BESCHLOSSEN, DASS SICH DIE INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT DER HOCHSCHULEN NOCH WEITER ENTWICKELN SOLL. GIBT ES KONKRETE MASSNAHMEN, DIE ERGRIFFEN WERDEN, UM DIESES ZIEL ZU ERREICHEN? Wir haben auf der einen Seite das große europäische Forschungsprogramm, über das die Forschungskooperation zwischen Hochschulen bzw. Wissenschaftlergruppen innerhalb Europas über Ländergrenzen hinweg gefördert wird. Dann gibt es auf der anderen Seite zum Beispiel auch Erasmus, ein Programm, über das der Studierendenaustausch innerhalb von Europa gefördert wird. Viele Hochschulen nehmen an diesem Programm teil, was ich für gut halte. Erasmus fördert im Übrigen nicht nur den Studierendenaustausch, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen.

BIS 2020 SOLLEN, WENN MÖGLICH, 20 PROZENT ALLER GRADUIERTEN EINEN AUSLANDSAUFENTHALT ABSOLVIERT HABEN. GIBT ES HIER GRENZEN, AUF DIE DIE STUDIERENDEN BEI SOLCH EINEM VORHABEN STOSSEN KÖNNTEN? Von den politischen Rahmenbedingungen her gibt es keine Grenzen. Früher war es so, dass die finanziellen Verhältnisse der Familien oft ein Problem darstellten. Wenn die Eltern kein höheres Einkommen hatten, war es schwierig, einen Auslandsaufenthalt der Kinder zu finanzieren. Für wohlhabende Familien war das nie ein Problem, für die anderen jedoch schon. Deshalb habe ich als Bundesministerin damals das BAföG entsprechend verändert. Das ist auch notwendig, weil wir, so finde ich, dafür Sorge tragen müssen, dass eine solche Möglichkeit nicht von der finanziellen Situation der Familien abhängt.

GLAUBEN SIE, DASS DIESER MOBILITÄTSPROZESS AUCH RISIKEN BERGEN KANN? Ich glaube nicht, dass der Mobilitätsprozess Risiken birgt. Er wird nur dann Risiken geben, wenn er einseitig ist. Das lässt sich von den deutschen Hochschulen aber nicht sagen. Wir haben sehr viele junge Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen und auch viele junge Menschen, die in andere Länder gehen. Man könnte aber noch Anreize bieten, dass Jugendliche nicht nur in den USA, Frankreich oder Italien studieren, sondern sich auch einmal für ein osteuropäisches Land entscheiden.

Robert Fischbach 16, Stein-Neukirch ... sieht es als große Verantwortung an, die einzigartige Errungenschaft Europa zu bewahren.

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ARBEITSAUFTRAG: GRUPPENARBEIT?

GRUNDSCHULE IN SPANIEN, ACHTE KLASSE IN POLEN UND EIN DEUTSCHES ABITUR – UND DAS OHNE EINE KLASSE WIEDERHOLEN ZU MÜSSEN? DAS SCHEINT BISHER SCHWER MÖGLICH. MIT EINEM GEMEINSAMEN EUROPÄISCHEN SCHULSYSTEM WÄRE ES VORSTELLBAR. VON SANDRA SCHAFTNER

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n Europa wird Freizügigkeit groß geschrieben. Schengener Abkommen und Euroraum – der mobile Arbeitsmarkt zieht Umzüge ganzer Familien inklusive Kinder jeden Alters nach sich. Mit dem Bologna-Prozess wurde inzwischen die Vergleichbarkeit der Hochschulabschlüsse verbessert. Doch bei den Schulen gibt es immer noch große Unterschiede zwischen den Schulsystemen: So gehen die Schüler in Nordirland bis zur 11. Klasse auf Gesamtschulen, in Litauen jedoch werden sie schon vor der ersten Klasse auf drei unterschiedliche Schultypen aufgeteilt. Die Pflichtschuljahre reichen von acht in Ländern wie Italien, Kroatien und Polen bis 13 in den Niederlanden. Das Einschulungsalter liegt in Nordirland bei vier Jahren, in Schweden, Estland oder Litauen dagegen bei sieben Jahren. Diese Pluralität erschwert den internationalen Schulwechsel genauso wie einjährige Auslandsaufenthalte: Schlechte Noten, Klassenwiederholungen und Unsicherheiten können negative Folgen solcher Austausche sein. „Ich habe die 10. Klasse in Frankreich verbracht und bin danach in Deutschland direkt in die elfte Klasse gegangen. In der Oberstufe habe ich mich selbst sehr unter Druck gesetzt, weil ich keine mittlere Reife und somit keine Absicherung hatte“, berichtet die 19-jährige Maria, Studentin der Internationalen Beziehungen.

BOLOGNA FÜR SCHULEN: SINN ODER IRRSINN? Eine Lösung böte ein einheitliches europäisches Schulsystem. Auch die SPDBundestagsabgeordnete Saskia Esken, die Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung ist, findet dies aufgrund der zunehmenden Mobilität innerhalb Europas sinnvoll. Dies sei notwendig, um die Bildungsstandards einiger europäischer Länder zu verbessern. Ganz anderer Meinung ist dagegen der Oberstudiendirektor des John-Lennon-Gymnasiums in Berlin, Dr. Jochen Pfeifer: Er erachtet eine Vereinheitlichung des europäischen Schulsys­ tems als sinnlos, da die Bedingungen sehr unterschiedlich seien. Seiner Ansicht nach sollten lediglich vergleichbare Abschlussstandards gelten. Ein Argument gegen eine Vereinheitlichung europäischer Schularten besteht für Pfeifer darin, dass er das leistungsdifferenzierte deutsche Schulsystem denen der anderen Länder vorzieht. Seiner Meinung nach hat sich die Aufteilung nach

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Leistung bewährt. Esken hingegen präferiert Gemeinschaftsschulen und würde daher das deutsche mehrgliedrige Schulsystem sehr gerne überwinden. Solche Gesamtschulen bieten allgemein viele Vorteile, findet Esken: Starke Schüler könnten schwächeren Mitschülern Sachverhalte verständlich erklären und profitierten gleichzeitig durch die Vertiefung des Schulstoffs.

EUROPASCHULEN – EIN ERSTER LÖSUNGSANSATZ? Für ein europäisches Schulsystem sieht Esken jedoch derzeit keine Möglichkeiten, weil einzelne Länder sehr großen Wert auf Selbstständigkeit legen. In diesem Punkt stimmt ihr auch Dr. Stefan Kaufmann, CDU-Abgeordneter und Obmann im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung im Deutschen Bundestag, zu. Schule ist seiner Meinung nach eng mit Identität und Herkunft verknüpft. Er weist außerdem auf die verschiedenen Schulsysteme hin, die selbst innerhalb Deutschlands auf Grund der Länderhoheit bestehen. „Wenn dies nicht einmal innerhalb eines Landes zu überwinden ist, gestaltet sich so ein Vorhaben in ganz Europa noch schwieriger", so Kaufmann. Einen ersten Lösungsansatz stellen Europaschulen dar. „Europa in Einheit und Vielfalt“ ist ihre Vision. Allein in Deutschland gibt es 500 dieser Bildungsstätten und noch mehr in ganz Europa – zusammen bilden sie ein großes Netzwerk. Die Idee ist es, europäische Bildungsstandards anzuregen und in Sprache zu investieren. Die Schüler profitieren davon in vielfacher Weise, zum Beispiel durch erweiterten Unterricht in Fremdsprachen, EU-Austausche, Wettbewerbe und Projekte. Außerdem ist es Ziel der Europaschulen, die Orientierungsfähigkeit für Studium, Berufsbildung und Arbeitsleben im europäischen Raum zu steigern. Europäische Gedanken weitertragen – das ist die Devise der Europaschulen.

Sandra Schaftner 18, Landshut ... fühlt sich umso mehr als Europäerin, je weiter sie von Europa weg reist.

WAS KOMMT IN GANZ EUROPA AUF DIE TAFEL?

Foto: Michael Rimkus / jugendfotos.de


GRENZ-(ENLOSE) ERFAHRUNG ERASMUS: DAUERPARTY ODER KULTURAUSTAUSCH? WAS BRINGT DAS AUSTAUSCHSEMESTER STUDENTEN UND WOVON PROFITIEREN DIE LÄNDER? UM DAS VERMEINTLICHE PARTYSEMESTER RANKEN SICH NOCH IMMER VIELE GERÜCHTE. VON LIOBA MÜLLER

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remde Sprache, andere Kultur, unterschiedliche Strukturen. Mit diesen Dingen kämpfen und be schäftigen sich jährlich etwa 250 000 Erasmus-Studenten, Tendenz steigend. Ziel des Programms ist es, Studenten ein internationales Studium zu ermöglichen und so die Mobilität und transnationale Zusammenarbeit zu stärken. Haben die Studenten die kulturellen Schwierigkeiten gemeistert, stehen ihnen die Türen der Unternehmen offener. Durch die großen Herausforderungen in einem fremden Land werden die Studenten flexibler, selbstständiger und mutiger, Neues zu wagen. „Dies sind genau die Soft Skills, die Arbeitgeber schätzen“, weiß Dr. Dietmar Buchmann, Erasmus-Hochschulkoordinator. Auch Kerstin Griese (SPD), Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, ist überzeugt: „Erasmus fördert das Lernen, ermöglicht europäischen Erfolg und erweitert Horizonte sowohl bei den Studenten als auch bei den Partnern im Ausland.“

ERASMUS ALS GARANTIE FÜR BESCHÄFTIGUNG Laut einer Studie der Europäischen Kommission von September 2014 sinkt die Wahrscheinlichkeit, über einen längeren Zeitraum arbeitslos zu sein, mit einem Auslandsaufenthalt im Lebenslauf um die Hälfte. Bessere Chancen haben die Erasmus-Studenten nicht nur auf Beschäf-

Maria Chiara aus Bozen „Am Anfang ging es um Sprachen, Leute und Karrierechancen. Später hat es bedeutet, auch besser zu verstehen, wie ähnlich eigentlich unsere Kulturen sind, wie wir Europäer eigentlich ein großes einziges Volk sind, das auch sehr unterschiedlich ist, aber im Prinzip tendenziell einig in Ursprung und Tradition.“

Elena aus Mailand „Erasmus bedeutet eine tiefe Ausbildung nicht nur in meinem Fachgebiet, sondern auch im Leben, weil ich durch diese Erfahrung gewachsen bin. Ich hab auch entdeckt, dass das Herz von allen Menschen gleich ist, deswegen habe ich echte Freunde gefunden.“

tigung, sondern auch auf eine gute berufliche Laufbahn. Im Januar 2014 wurden unterschiedliche Programme des lebenslangen Lernens zu „Erasmus+“ zusammengefasst. Das Budget ist um vierzig Prozent gestiegen. So erwartet die Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU) eine erhebliche Steigerung der Stipendiaten. „Ich bin sehr froh darüber, dass bereits jetzt ein Drittel der Bachelorstudenten ins Ausland gehen. In den USA verlassen nur zehn Prozent der Studenten ihr Land. Mitgliedsstaaten der EU wie Irland und die Niederlande haben sich vorgenommen, zumindest zwanzig Prozent der Studenten für einen Ausland-

Giulia aus Mailand „Es ist schön zu bemerken, dass ich jetzt zwei Länder als meine Heimat bzw. mein Zuhause betrachten kann.“

Bernadette aus Freiburg „Es war für mich vom Beginn des Studiums klar, dass ich bei der ersten Gelegenheit ins Ausland abdampfen würde. Mit 24 Jahren als Assistenz­ ärztin rumzulaufen, schiene mir doch eine leichte Überforderung.“

saufenthalt zu begeistern.“ Grund für die gute Annahme in Deutschland sieht die Bundesministerin in den neuen Studienstrukturen wie auch im Erasmus-Programm selbst.

Studentin Laila Lukas von der Humboldt Universität Berlin. Auch Dr. Stephan Kaufmann, Obmann der CDU/CSUFraktion im Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung bestätigt: „Über die Fächer mit Staatsexamen müssen wir in Deutschland auf jeden Fall noch mal nachdenken. Bei Fächern wie Jura wird es sehr schwierig.“ Das Programm bietet vielseitige Chancen. Doch nicht nur Sozialkompetenz und Karrierechancen des Einzelnen erhöhen sich durch Austauschprogramme wie Erasmus. Sie vernetzen Europa auch durch freundschaftliche Beziehungen, sogar im ganz Persönlichen: Ein Drittel der Erasmus-Studenten liebt international. Die Europäische Kommission schätzt, dass seit 1987 bereits eine Million Erasmus-Babys geboren wurden. „Etwas Besseres kann uns doch nicht passieren“, kommentiert der SPD-Abgeordnete Dr. Karamba Diaby mit einem Augenzwinkern.

BACHELOR IST NICHT GLEICH BACHELOR Doch trotz Bologna-Prozess stoßen die Studenten auf Schwierigkeiten: Die Vergleichbarkeit der Studiengänge ist nicht immer gegeben. „Man muss für den Bachelor in unterschiedlichen Ländern nicht zwangsweise die gleiche Leistung erbringen“, berichtet die auslandserfahrene

Lioba Müller 18, Mönchengladbach ... nimmt Europa immer mehr in ihr Leben auf. Je fremder die Sprachen und je vielfältiger die Kultur, desto mehr.

FRUCHTFLEISCH Wie viel Europa steckt in dir?

ICH KOMME AUS LITAUEN. JEDER ­EUROPÄER IST ÜBERALL WILLKOMMEN. DAS IST MIR WICHTIG.

»REISEN«

FELIX ZOBERST, 18 JAHRE AUS KARLSRUHE HERKUNFT, FREUNDE, KONSUM UND DIE SPRACHEN, DIE ICH SPRECHE. DOCH AUCH ANDERE TEILE DER WELT HABEN EINFLUSS AUF MEIN LEBEN.

Foto: Inka Philipp

JURGA MOZURAIDYTE, 15 JAHRE AUS BERLIN

»MEIN LEBEN«

Foto: Inka Philipp

Foto: Patrick Grosse

»WILLKOMMENSKULTUR«

MELISSA ECKERLE, 23 JAHRE AUS KARLSRUHE GRENZENLOSES REISEN IST MIR WICHTIG. IN EUROPA GIBT ES SO VIELE SCHÖNE ZIELE, DIE EINFACH ZU ERREICHEN SIND.“

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DEB AT T E

MUTTERSPRACHE

MOTHER TONGUE

LINGWA MATERNA

ÄIDINKIELI

SPR A C HEN

MHÁTHAIRTHEANGA MODERSMÅL MATERNI JEZIK

ΜΗΤΡΙΚΉ ΓΛΏΣΣΑ

МАЙЧИН ЕЗИК

LANGUE MATERNELLE

MODERSMÅL

MATERINJI JEZIK

DZIMTĀ VALODA

MADRELINGUA

JĘZYK OJCZYSTY

MOEDERTAAL

GEPATRA LINGVO LENGUA MATERNA LÍNGUA MATERNA

MATEŘSKÝ JAZYK

EMAKEEL

ANYANYELV LIMBA MATERNĂ

GIMTOJI KALBA

MATERINSKÝ JAZYK

EUROPÄISCHES BABEL

IN DER EUROPÄISCHEN UNION MACHEN 24 AMTSSPRACHEN VERSTÄNDIGUNG NICHT EINFACH. KÖNNTE EINE „EUROPÄISCHE SPRACHE“ DIE LÖSUNG DIESES PROBLEMS SEIN? ODER GEFÄHRDET DIES DIE SPRACHENVIELFALT? VON DANIELA VÖLP & ANNA PIA MÖLLER nur, ein Volk sind sie PRO „Seht und eine Sprache haben sie alle. […] Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, was sie sich auch vornehmen.“ Das steht in der Bibel über die Babylonier, die einen Turm in den Himmel bauen wollen. Es soll uns sagen: Für den Erfolg ist eines unverzichtbar – gelungene Kommunikation. Ist dafür nicht eine gemeinsame Sprache bestens geeignet? Diskutieren EU-Parlamentarier miteinander, so sind sie meist auf die Hilfe von Dolmetschern angewiesen, um sich miteinander zu verständigen. Diese Sprachbarriere lässt keinen direkten Austausch der Beteiligten zu und muss dringend abgebaut werden. Das Übersetzen der zwei Millionen Dokumente in die Nationalsprachen kostet Geld, das eigentlich für andere Zwecke verwendet werden könnte. 2012 beklagte sich der französische Politikjournalist Jean Quatremer zu Recht über Ungerechtigkeiten in den Veröffentlichungszeiten: So werden Informationen zunächst in Englisch und erst einige Stunden später in weiteren Sprachen publiziert. Das ist eine klare Benachteiligung der Amtssprachen anderer Staaten. Eine Lingua Franca kann diese Probleme aus dem Weg räumen. Englisch bietet sich als offizielle „europäische“ Sprache besonders an. Laut Eurostat lernen 94 Prozent der europäischen Bevölkerung in den weiterführenden Schulen Englisch. es ist auch die Sprache, die sich in den letzten Jahren rasant zur Weltsprache entwickelt hat. Außerdem sind es junge Europäer wie zum Beispiel der Vertreter der Jungen

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Europäischen Föderalisten, Florian Podewski, bereits gewohnt, auf Englisch zu kommunizieren. Seiner Meinung nach haben viele kein großes Problem damit, Fremdsprachen zu sprechen. Verfechter der Sprachenvielfalt behaupten oft, dass eine Lingua Franca nationale Sprachen verdränge. Doch was vielen nicht bewusst ist: Durch die Festlegung der europäischen Arbeitssprachen sind sie bereits eingeschränkt und es beeinflusst die Alltagssprache der Menschen trotzdem nicht. Ähnlich argumentiert auch Felix Zesch vom Esperanto-Verband. Die Einführung einer Lingua Franca in der EU hält er nicht nur für notwendig, sondern langfristig für unumgänglich. Er schlägt die Plansprache Esperanto als Lingua Franca vor, da sie leicht erlernbar und ethnisch neutral sei. Der größte Vorteil einer „EU-Sprache“ ist auch die damit verbundene Schaffung eines Zusammengehörigkeitsgefühls, das für die Bildung einer starken europäischen Identität und somit für den Erfolg des Projekts Europa unverzichtbar ist.

Daniela Völp 16, Hainburg ... ist begeistert von der Sprachen- und Kulturvielfalt Europas.

CONTRA

Sprache hat viele Facetten: Sie ist ein Werkzeug zur Kommunikation, aber die Bedeutung von Sprache geht weit über diesen Aspekt hinaus. Sie gehört zu jedem Land und prägt dessen kulturelle Identität. Die 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind durch ihre verschiedenen Lebensarten und damit durch ihre Sprachen geprägt. Das macht Europa zu einem bunten, vielseitigen und lebendigen Ort. „Eine Lingua Franca widerspricht daher völlig dem europäischen Gedanken“, sagt Volker Pfeiffer, Referent für das Europanetzwerk Deutsch am Goethe-Institut. Dort, wo die eigene Muttersprache gesprochen wird, fühlt man sich immer heimisch. Man ist mit ihr aufgewachsen. Sie gibt Sicherheit. Das führt zu einer Sprachgewandtheit und einem besonderen Verständnis. Eine Fremdsprache auf demselben Niveau sprechen zu können, ist beinahe unmöglich, meint der Schriftsteller Etienne Barilier. So unterscheidet er die „Kommunikation“ vom „Austausch verbaler Waren“: Sprache besteht nicht nur aus dem Transfer von Fakten, sondern wird auch von Merkmalen wie Doppeldeutigkeit, Ironie und Andeutungen geprägt. Diese Attribute werden vor allem in der Politik angewandt. Von ihnen kann man jedoch in einer Fremdsprache oft keinen Gebrauch machen. Aus diesem Grund hätte die Einführung der Lingua Franca eine große Auswirkung auf die Kommunikation innerhalb der EU. Die Vielsprachigkeit in Europa als Barriere zu bezeichnen, ist ein Fehler. Fremde Sprachen wecken gerade bei

Lingua Franca Eine festgelegte Sprache, die zur Verständigung zwischen Menschen verschiedener Sprachengemeinschaften dient. Esperanto Eine Plansprache, die 1887 mit dem Ziel konzipiert wurde, von jedem leicht erlernbar zu sein und als neutrale Sprache zur internationalen Verständigung zu dienen. Heute wird es von mindestens 100.000 Menschen aktiv gesprochen. Sprachen in der EU 24 Amtssprachen; 3 Arbeitssprachen (Englisch, Deutsch, Französisch); über 60 Regional- und Minderheitensprachen Aussterbende Sprachen Eine Sprache gilt als vom Aussterben bedroht, wenn sie von weniger als 300.000 Menschen gesprochen wird. Demnach sind 80% aller europäischen Minderheitensprachen bedroht, darunter auch Nordfriesisch.

jungen Menschen die Lust, andere Länder und Kulturen kennenzulernen. Nie zuvor hat ein so intensiver Austausch zwischen Jugendlichen und Studenten verschiedener europäischer Länder stattgefunden wie heute. Das zeigen auch die Zahlen der Erasmusstudie: Über 3 Millionen Studenten haben seit der Einführung des Programms 1987 ein Semester im Ausland verbracht. Um die Sprachenvielfalt zu erhalten, hat sich die EU langfristig das Ziel gesetzt, dass alle Bürger neben ihrer Muttersprache zwei Fremdsprachen erlernen. Plansprachen wie Esperanto werden der Bezeichnung „Sprache“ dabei nicht gerecht. Sie sind konzipiert. Dadurch fehlt ihnen der Bezug zur Geschichte eines Landes und seinen Bewohnern. Sie dienen lediglich als Werkzeug. Das Ziel der europäischen Sprachenpolitik sollte allerdings sein, alle Sprachen gleich zu behandeln und zu erhalten. Ein europäisches Gemeinschaftsgefühl sollte nicht durch eine europäische Einheitssprache, sondern durch das Interesse an fremden Sprachen erreicht werden.

Anna Pia Möller 17, Bad Oeynhausen ... schätzt das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem bunten und vielfältigen Europa.


MACHT MEDIEN! MEDIEN MACHT?

MEDIEN VERBINDEN UND SCHAFFEN GEMEINSCHAFT. MEDIEN VERMITTELN UND KONTROLLIEREN. MEDIEN BEEINFLUSSEN UND HABEN MACHT. DOCH WO SIND DIE GRENZEN DER MEDIEN? VON LEONIE KUNZE

Foto: Christoph Vincent Heine / jugendfotos.de

ÖFFENTLICHE KOMMUNIKATION – NOTWENDIGKEIT MIT NEBENWIRKUNGEN.

D

enkt man an die Gründung der Europäischen Union, denkt man unweigerlich an die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Doch eine weitere essentielle Gründungsidee basiert auf dem Gedanken der Kommunikation. Durch den Krieg traumatisiert und verfeindet, wollten die ersten Mitgliedstaaten durch Kommunikation und Austausch ein gegenseitiges Vertrauen aufbauen, um damit langfristig Frieden zu garantieren. Auch heute ist die Idee einer überstaatlichen, kontinentalen Verständigung aktuell: Seit 2005 gibt es eine supranationale Kommunikationspolitik der EU, eine Reaktion auf die negativen Referenden zum Europäischen Verfassungsvertrag. Der sogenannte „Plan D“ soll Demokratie, Dialog und Diskussion zwischen den europäischen Ländern und auch zwischen der EU-Regierung und der Bevölkerung verstärken. Letztere soll unter anderem in die Gestaltung eines gemeinsamen Europas eingebunden und zu Wünschen, Ideen und Forderungen befragt werden.

WENN DIE MORAL INS SPIEL KOMMT Die Medien, oft auch als die "vierte Gewalt" bezeichnet, gehören zu den Grundlagen einer Demokratie, vermitteln zwischen Staat und Bürgern und stellen eine Kontrollinstanz dar. So kann sich die Bevölkerung eine Meinung bil-

den, was unabdingbar für die politische Beteiligung ist. Die Medien kontrollieren, kritisieren und kommunizieren. Doch mit dem großen Einfluss geht auch entsprechende Macht einher. Gerade jetzt, wo die Medienlandschaft einen radikalen Umbruch erlebt und Printmedien immer mehr von Onlinemedien abgelöst werden, kommt die Frage nach den Grenzen und der Moral der Medien immer häufiger auf. Printmedien schreiben reißerischer, um ihre Leser zu halten. Onlinemedien versuchen in der Informationsflut des Internets Aufmerksamkeit zu bekommen. Wie weit dürfen die Medien dabei gehen?

RÜCKTRITT WEGEN MEDIEN? Die Privatsphäre steht hierbei oft dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber. Wie viel dürfen Medien über das Privatleben eines Politikers oder von Prominenten berichten, ohne die Grenze zu einem unangemessenen Sensationsbericht zu übertreten? Die Wulff-Affäre ist ein gutes Beispiel für das Überschreiten dieser Grenzen. Medienethiker Alexander Filipovič kritisierte damals einerseits Wulffs Medienverständnis, da er die Medien nicht als kritische Öffentlichkeit mit einer wichtigen Aufgabe begreife, sondern als Bühne, auf der man gut und schlecht dastehen könne. Auf der anderen Seite blende der Unterhaltungsjournalismus die politischen Dimensionen aus und

werde seiner politischen Verantwortung allem verantwortungsvoll berichten und nicht gerecht. „Viele der Journalisten verantwortungsvoll mit Daten umgehen. sind ihrer Rolle nicht nachgegangen. Statt In der Praxis wird beides jedoch nicht imeiner sachlichen Berichterstattung gab es mer eingehalten. Juristin und Bundesabeine emotionale", erklärt Filipovič. geordnete Karin Maag (CDU) bemängelt, Journalist Dr. Florian Kain, der für dass eine saubere Trennung zwischen das Politikressort der Bild schreibt, ist je- objektivem journalistischen Sachverhalt doch anderer Meinung. Man könne auch und persönlicher Meinung des Autors imBoulevard-Zeitungen wie der Bild keiner- mer öfter nicht mehr stattfinde, es häufig lei moralische Vorwürfe machen, was ihre keine klare Unterscheidung mehr gebe. Berichterstattung angehe. Die Bild spitze „Ich verlange keine gut geschriebene Bezu, prüfe und recherchiere aber teilweise richterstattung, allerdings eine faire", besser als viele andere Zeitungen. Au- stellt Maag klar. ßerdem ist er überzeugt, jeder habe die Berichterstattung über sich selbst in der Hand. Kain erklärt weiter: „Nur wenn ein Politiker oder Prominenter mit seinem Leben an die Öffentlichkeit geht, wird darüber auch in den Medien berichtet. Ansonsten haben sie nichts zu befürchten."

DIE GEWISSENSFRAGE Trotz der Pressefreiheit sind die Medien durch das Presserecht reguliert. Außerdem gibt es den Pressekodex, der die Journalisten sowohl zur wahren, gründlichen und fairen Recherche und Berichtserstattung aufruft, als auch die Einhaltung der Menschenrechte und Menschenwürde sowie der Achtung von Privatleben und Intimsphäre fordert. Jeder Journalist und Chefredakteur muss seine Berichterstattung letztendlich mit seinem Gewissen vereinbaren können. Medien sollten vor

Leonie Kunze 18, Stuttgart ... verbindet mit Europa ein zweites Leben in Frankreich, die Liebe zu einem Engländer und italienisches Essen.

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EUROPAS EXTREME

RECHTE JUGENDBEWEGUNGEN, LINKE STRÖMUNGEN UND SATIRE-PARTEIEN. EUROPA IST VOLL VON POLITISCHEN EXTREMEN ALLER ART. DOCH WAS STECKT DAHINTER? STELLEN SIE EINE GEFAHR FÜR DIE DEMOKRATIE DAR? VON SABRINA WINTER & JONAS ADLER

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eimat, Freiheit, Tradition – Multikul- Bewegung im virtuellen Raum, aber kein ti Endstation“, brüllen die Jugend- Massenphänomen“, schätzt Ralf Melzer lichen, während sie durch die Straßen von das Phänomen ein. Er leitet das Projekt Wien marschieren. Vor sich tragen sie ein „Gegen Rechtsextremismus“ der Friedrichschwarz-gelbes Banner. „WEHR DICH!“ Ebert-Stiftung. Auch Melzer bestätigt, dass steht darauf. Die Szene spielt sich im Mai die Identitäre Bewegung klar rechtsextreme 2014 ab, als circa 100 Jugendliche in der Inhalte habe. Im Moment sei sie noch relaösterreichischen Hauptstadt für ein „iden- tiv klein, trotzdem sollte man sie im Auge titäres Europa" demonstrieren und sich behalten, warnen Radke und Melzer. „Identitäre Bewegung" nennen. Auch die Website erscheint in Schwarz-Gelb und wirkt professionell. Aber wer genau sind sie?

der Polizei viele Beamte, die Sympathien für die Goldene Morgenröte haben. Da sieht man, was passiert, wenn die Sicherheitsbehörden den Rechtsextremismus nicht im Griff haben.“ Bedenklich ist auch die Lage in Ungarn. Dort wollten 21 Prozent der Wähler die rechtsextreme Jobbik im Europäischen Parlament haben. Freiheitliche Rechte werden stark einge-

Die Gruppe selbst beschreibt sich als europaweite Jugendbewegung, die die Identität der Nationalstaaten wahren will. „Masseneinwanderung, Multi-Kulti und Islamisierung": Das sind die Themen, gegen die sich die Identitären auf ihrer Website aussprechen. Im gleichen Absatz behaupten sie, für Demokratie zu sein, gegen Nationalsozialismus und Fremdenhass. In Wien jedoch laufen sie über Plätze und Straßen und skandieren im Chor: „Heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land.“ Johannes Radke ist Journalist, Experte für Rechtsextremismus und Autor des Buches „Neue Nazis“. Er erklärt: „Das sind einfach junge Rechtsextremisten, die nicht als klassische Nazis auftreten wollen und sich nach außen von Nazis abgrenzen. Im Grunde spülen sie rechtsextreme Inhalte weich und hüllen sie in schöne Worte.“ Entstanden ist die Bewegung in Frankreich aus dem „Bloc Identitaire". Vor zwei Jahren schwappte sie nach Deutschland über. Inzwischen hat sie in vielen europäischen Ländern Fuß gefasst, so zum Beispiel in Tschechien oder der Schweiz. Neben Internetauftritten machen die Identitären durch Aufkleber, Plakate und Flashmobs auf sich aufmerksam. Allein in Deutschland ist die Bewegung in 50 lokalen Untergruppen organisiert. „Es ist bislang eher eine

Foto: Samuel Grösch

WEICHGESPÜLTER RECHTSEXTREMISMUS

JONAS ADLER IM GESPRÄCH MIT EU-PARLAMENTSPRÄSIDENT MARTIN SCHULZ (SPD)

WANDERUNG AN DEN RECHTEN RAND Insgesamt gewinnen die rechtsorientierten Parteien in Europa an Boden. So haben sie bei der letzten Europawahl und auch bei einigen nationalen Wahlen viele Stimmen erhalten. In Frankreich fuhr der Front National 25 Prozent ein, in Österreich war die FPÖ die zweitstärkste Kraft. Die Goldene Morgenröte bekam in Griechenland fast zehn Prozent der Stimmen. Die rechtsextreme Partei ist mit der NPD in Deutschland vergleichbar. Johannes Radke hält die griechische Partei für sehr gefährlich: „In Griechenland gibt es bei

Präsident deutlich mehr Arbeit mit diesen Leuten, denn auch sie müssen die parlamentarischen Regeln respektieren.“

VOM RECHTEN RAND ZURÜCK ZUR MITTE… Die extreme Rechte und die extreme Linke gibt es schon lange. Daneben gibt es seit einiger Zeit die „extreme Mitte“. Doch was soll das eigentlich heißen: extreme Mitte? Der wichtigste Vertreter dieser „neuen Politikrichtung“ hat auch ihren Namen geschaffen: Martin Sonneborn, Bundesvorsitzender der Satire-Partei Die Partei. Seit Mai 2014 ist die extreme Mitte auch in Europa angekommen, als Satiriker Sonneborn zum Europaabgeordneten gewählt wurde. Die Politik dieser Mitte besteht laut ihm darin, extreme Turbopolitik zu betreiben, Forderungen aufzustellen, die niemals erfüllt werden dürften und den monatlichen Etat von 33000 Euro auszugeben – „unter anderem natürlich auch für Mitarbeiter, Kaffee und Faxpapier. Ich spreche immer von Hartz 33“, so Satiriker Sonneborn. Martin Schulz berichtet, er habe diese Art der extremen Politik bis dato noch nicht wahrgenom- men. „Von der Einkommensfrage und von der Amtsausstattung her scheint es ihm aber gut zu gefallen“, witzelt Schulz.

schränkt, demokratische Institutionen … UND AUF DIE ANDERE SEITE geschwächt. Insgesamt macht das extreme rechte „Angesichts des hysterischen Umgangs Spektrum seit der letzten Wahl laut Da- des deutschen Staates mit Linksextremisten, ist diese Seite des Extremismus niela Kietz und Nicolai von Ondarza im kein drängendes Problem", stellt Satiriker Artikel "Die Rechtsaußen-Parteien nach den Europawahlen 2014: Isoliert trotz Sonneborn fest. Dieser Meinung stimmen deutlicher Wahlerfolge" des Online-Dos- auch Melzer und Radke zu. Extrem bleibt siers Rechtsextremismus der bpb rund 11 allerdings extrem. Zwar gibt es GemeinProzent im EU-Parlament aus. Parlaments- samkeiten, ebenso aber auch wesentliche präsident Martin Schulz sagt: „Nach der Unterschiede. Linksextremismus basiert Wahl sind die extremen Parteien gestärkt auf der Theorie der Gleichheit, während zurückgekommen, allerdings nicht in dem das rechte Extrem Ungleichheit propagiert. Gewaltbereitschaft findet man auf Maße wie wir befürchtet haben. Trotzdem fühlen sie sich nun ermutigt, noch radi- beiden Seiten, jedoch ist die Intensität in kaler zu werden als vorher. Ich habe als jüngerer Vergangenheit auf der rechten

MARTIN S ON NE B OR N ( DIE PA RTE I)

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„Kern radikaler rechter Ideologien ist immer Menschenfeindlichkeit. Man schafft Hierarchien, indem man andere abwertet und sich selbst damit aufwertet.“ RALF MELZER (FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG)

Foto: Jonas Adler

„Im Plenum des Europaparlaments sitze ich auf der einen Seite neben ein paar Typen von der FPÖ, auf der anderen sind Kollegen von der AfD, links vor mir Marine Le Pen (Front National) und hinter mir Udo Voigt (NPD). Bei denen besteht absolut keine Gefahr, dass ich mich mit ihnen in den nächsten Jahren anfreunde.“

Foto: Martin Sonneborn

MEINUNGEN ZUM THEMA


EXTREME MAL ANDERS

NICHT NUR IN POLITIK UND GESELLSCHAFT GIBT ES INNERHALB EUROPAS EXTREME. SABRINA WINTER UND JONAS ADLER HABEN EINIGE AUSSERGEWÖHNLICHE FAKTEN Friedhöfe sind Orte der Traurigkeit? Nicht in Sapanta, Rumänien. Die GräZUSAMMENGETRAGEN. ber dort sind bunt bemalt und enthalten witzige Lebensbeschreibungen der Verstorbenen.

Döner Kebab – typisch türkisch, sollte man meinen. Dabei hat allein die deutsche Hauptstadt mehr Dönerbuden als Istanbul, die größte Stadt der Türkei.

Kann man mit etwas Geld verdienen, dessen Existenz nicht bewiesen ist? Kann man, und zwar viel – Nessie bringt Schottland pro Jahr sieben Millionen Euro Touristengelder.

Hauptstadt des Weltreichs ist London zwar nicht mehr, es erstreckt sich aber immer noch über den ganzen Planeten: Die U-Bahn fährt pro Woche rechnerisch zweimal um die Erde.

Der Mittelpunkt der Welt liegt in Brüssel – und zwar der der Schokoladenhandelswelt. Am dortigen Flughafen wird mehr Schokolade verkauft als an irgendeinem anderen Ort der Welt.

„Die größte Gefahr liegt darin, dass die gesellschaftliche Mitte sich nicht genug gegen die Extremen abgrenzt. Meine Furcht gilt nicht so sehr den Extremisten selbst, aber ich habe Angst, dass sich demokratische Parteien dazu verleiten lassen, die Rhetorik der Extremen zu übernehmen, weil sie glauben so Wähler zu gewinnen. Dadurch könnten sie sich auch inhaltlich auf dieses Terrain begeben und das halte ich für sehr gefährlich.“ MARTIN S CH U L Z (S P D)

Eigentlich müsste sich der Vatikan Sorgen um seine Demografie machen, denn die jährliche Geburtenrate war dort noch nie höher als 0.

Die Italiener sind eigen, vor allem in Sachen Kaffee. Weil sie von der Qualität ihres Kaffees so überzeugt sind, hat Starbucks dort nirgends eine Chance.

„Ich benutze die Begriffe Rechts- und Linksextremismus nicht. Sie bedeuten eine Gleichsetzung von rechter Politik und linker Politik. Das ist falsch.“

Foto: Samuel Grösch

Sabrina Winter 20, Görlitz Jonas Adler 16, Holler ... verbindet die Lust am Reisen und dem Kennenlernen der Vielfalt Europas.

Foto: Samuel Grösch

Seite höher als bei linksextremen Gruppen. Dennoch: Der Wille zu Gewalt ist auch auf der linken Seite vorhanden. Besonders, wenn linksautonomen Gruppen als „schwarzer Block" demonstrieren, sind Gewaltausbrüche nicht immer ausgeschlossen. Der „schwarze Block" ist eine Demonstrationstaktik, bei der sich alle in schwarzer Kleidung vermummen, um eine homogene Masse zu bilden. Der parteipolitische Linksextremismus ist in Europa schwächer als der Rechtsextremismus, die etablierten linken Parteien – auch Radikale wie die griechische Syriza – treten nicht so deutlich gegen die demokratische Grundordnung ein wie die Rechten. „Diese extremistische Richtung darf nicht vernachlässigt werden, auch wenn gegen Linksextremismus bereits stärker vorgegangen wird, als gegen Rechtsextremismus", meint Satiriker Martin Sonneborn. Insgesamt sollte man sich, nach Meinung von Experten der Friedrich-EbertStiftung, bewusst machen, dass es zu jeder Zeit extremes Gedankengut gab und gibt und sich damit auseinandersetzen. Denn nur, wenn man wisse, was Extreme antreibt, könne man auch aktiv gegen Extremismus vorgehen – durch persönliches Eintreten in Form von Zivilcourage, wie sie Johannes Radke fordert. Ralf Melzer plädiert für politische Bildungsarbeit. Er stellt heraus: „Wir brauchen in der Gesellschaft eine Kultur der Gleichwertigkeit, der Demokratie und des Respekts.“

W O LFG AN G G EHRCK E (DIE LINKE)

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HOCHZEIT

WEIL ES NICHT REICHT, WENN NUR EUROPA GRENZENLOS IST, GEHT DIE EU AUF BRAUTSCHAU IN DER WELT. DABEI SUCHT SIE STETS NACH NEUEN BÜNDNISSEN UND PARTNERLÄNDERN. WIE KANN MAN SICH DAS VORSTELLEN? VON LEONARD PALM

B

ella gerant alli, tu felix Europa nube!* Wie bis vor 100 Jahren die Habsburger Monarchie, versucht die Europäische Union heute nicht, ihr Einflussgebiet durch Kriege zu vergrößern, sondern durch aussichtsreiche Partnerschaften. Die Erlaubnis, sogenannte Assoziierungs- und Kooperationsabkommen über die nationalen Parlamente hinweg zu schließen, erhielt die EU im Vertrag von Lissabon (2007) und im Vertrag über die Arbeitsweise der EU (2009). Rat, Kommission und Parlament müssen in diesem Instrument der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, des europäischen Fortschritts und Fortschreitens, eng zusammenarbeiten und sich, in der Spezialisierung verbunden, ergänzen und kontrollieren. Die Beziehungen, die gehandelt, verhandelt und geschlossen werden, fallen dabei in verschiedene Raster. Manche Partnerschaften dienen ausschließlich wirtschaftlichen Interessen, wie Freihandelsabkommen, andere der Sicherheit der Länder, wie etwa die NATO. Dritte sollen durch den gemeinsamen Kampf gegen Hunger und Armut eine Weltordnung, die gerechter ist als heute, herbeiführen. Die Politiker aus den 1950er Jahren, umhüllt von schwerem Zigarrennebel, nannten das noch „Entwicklungshilfe“ und suggerierten dabei mit moralischem Imperialismus, dass etwas von oben nach unten geschehe, dass einer gibt und einer nimmt. Jedoch profitieren auch Deutschland und die EU in vielerlei Hinsicht, sei es wirtschaftlich, politisch oder wegen kollektiver ethischer Ansprüche, von Abkommen mit dem sogenannten Globalen Süden. So spricht man seit dem Ende der Hornbrillendynastie nun von „Entwicklungszusammenarbeit“, importiert Rohstoffe und exportiert Sicherheit, agiert selbstreflexiv und nach dem Subsidiaritätsprinzip, schafft Möglichkeiten, dass sich jene Partnerländer selbst eine Basis zur Armutsbekämpfung aufbauen können. Genauer gesagt versucht man heute vor allem, asymmetrische Handelsbeziehungen zu knüpfen. Das heißt zum Beispiel wie im Falle des Cotonou-Abkommens, dass die Staaten südlich der Sahara, einige Länder Südostasiens und Lateinamerikas, erst bei uns zollfrei verkaufen können, bevor wir ihren Markt beliefern und so überfordern. Das Cotonou-Abkommen wurde im Jahr 2000 mit der Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (AKPGruppe) geschlossen und gilt heute als vorbildhaft für die Öffnung reicher Märkte für die Produkte armer Länder. Im Gegensatz dazu macht China – dessen Rolle als globaler Akteur in den vergangenen Jahren enorm gewachsen ist und das sich von einem Empfängerland westlicher Entwicklungshilfe zu einem zunehmend

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selbstbewusst auftretenden Geber in Asien und Lateinamerika, vor allem aber in Afrika gewandelt hat – die Drittstaaten von sich abhängig. Dadurch ist es in doppelter Hinsicht zu einem gefährlichen Konkurrenten im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit für die EU geworden. Dass zum Beispiel afrikanische Länder trotz offensichtlich größerer Abhängigkeiten oft solche „Partnerschaften“ eingehen, liegt daran, dass Abkommen mit der EU oft sehr lange, für manche Nationen zu lange verhandelt werden und administrative Kompetenzen überfordern. Entwicklungszusammenarbeit funktioniert allerdings nicht nur über den Tausch von Geld und Waren. Diese Bündnisse sollen vor allem Wissen vermitteln, um nachhaltige und tragende Säulen gesunder Gesellschaften zu bauen und zu verstärken. Beispielsweise gräbt französisches Bohrgerät in Ostafrika neue Brunnen, deutsche Ingenieure konstruieren in Indien klimaneutrale Heizkraftwerke und europäische Technologiefirmen beraten chinesische Städte bei der nachhaltigen Stadtentwicklung. Eine dritte Form der Entwicklungszusammenarbeit erläutert Dr. Bärbel Kofler, die entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, auf Seite 16 dieser Ausgabe: Sie sieht die Aufgabe nachhaltiger Entwicklungspolitik darin, weltweite Emissionsreformen anzustoßen und eine wegweisende Agenda der Vereinten Nationen zu entwickeln. Entwicklungszusammenarbeit, Freihandelsabkommen oder Klimabündnisse: eine Partnerschaft kann viele Formen annehmen. Das polygame Europa steckt seit Jahrzehnten im besten Heiratsalter und wer die Ohren spitzt, hört vielleicht mal wieder die Hochzeitsglocken läuten. „Kriege führen mögen andere, du, mein glückliches Europa, heirate!“ * Ein Sprichwort, das die Heiratspolitik des Hauses Habsburg anstelle von Gebietserweiterungen durch Kriege beschreibt und in Teilen auf die Außenpolitik der EU übertragen werden kann. Denn auch die meisten europäischen Länder wurden von der EU praktisch einvermählt, inklusive Mitgift und Ehevertrag. ** Zur genaueren Unterscheidung der Begriffe „Entwicklungspolitik“, „Entwicklungshilfe“ und „Entwicklungszusammenarbeit“ siehe Infokasten auf Seite 16 dieser Ausgabe.

Leonard Palm 19, Regensburg ... weiß erst nach der Inventur, wie viel Europa in ihm steckt.

ZWISCHEN GEBUR TOD

NEUE VERBINDUNGEN WERDEN GE FÖRDERATIONEN ZU GRABE GETRAGEN – EINE DES LEBENSZYKLUS DER EUROPÄISCHEN BÜND VON LEONARD PALM.


RT UND

ESCHLOSSEN, ALTE KREATIVE DARSTELLUNG DNISSE

Gestaltung: Maximilian Gens

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VON SCHAFEN IM WOLFSLAGER

„OHNE SICHERHEIT KEINE ENTWICKLUNG UND OHNE ENTWICKLUNG KEINE SICHERHEIT" – IN DER DEUTSCHEN ENTWICKLUNSPOLITIK SPIELEN VERMEHRT SICHERHEITSPOLITISCHE ÜBERLEGUNGEN EINE ROLLE. DAS BRINGT SIE IN KONFLIKT MIT DEN KERNAUFGABEN DER EU-ENTWICKLUNGSPOLITIK VON PIA BAYER ie EU und ihre Mitgliedstaaten leisten rund 60 Prozent der globalen finanziellen Entwicklungshilfe. Im Fokus stehen Länder mit geringem Einkommen und auf niedrigem wirtschaftlichem und sozialem Level, wie beispielsweise Afghanistan, Äthopien oder Uganda. Denn, so wird es in den Artikeln 208 bis 211 des „Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union" beschrieben, das vorrangige Ziel der EU-Entwicklungspolitik ist die „Bekämpfung und auf längere Sicht Beseitigung der Armut".

ZUNEHMENDE POLITISIERUNG DER ENTWICKLUNGSPOLITIK Dass die EU auch weiterhin umfangreiche Mittel für die Entwicklungshilfe bereit stellen und auf diesem Feld engagiert bleiben will, unterstrich sie vor allem im Jahr 2000 mit dem Abkommen von Cotonou, das die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Gruppe der Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP-Staaten) – jenen Staaten, die mehrheitlich eine koloniale Vergangenheit mit Europa haben – bis 2020 regelt. Es gilt heute als das Herzstück der EU-Entwicklungspolitik. Aber es leitete erstmals auch eine explizite Politisierung der EU-Entwicklungspolitik ein, denn die Hilfe wird verstärkt von der Einhaltung politischer und ökonomischer Auflagen abhängig gemacht. Neben der Förderung

G LO SS A R Entwicklungspolitik Unter Entwicklungspolitik (EP) versteht man alle politischen Maßnahmen von Ländern des Nordens, die darauf abzielen zur Überwindung von Armut in Zusammenarbeit mit den Ländern des Südens beizutragen. Häufig werden die Begriffe Entwicklungshilfe (EH) und Entwicklungszusammenarbeit (EZ) mit dem Begriff Entwicklungspolitik vermischt oder gar synonym gebraucht, diese rücken jedoch jeweils eigene Aspekte in den Fokus. Entwicklungshilfe EH betont vor allem ein Verhältnis zwischen „Geben" und „Nehmen" und suggeriert damit implizit, dass es eine Überlegenheit der „helfenden" Geberländer und -organisationen gegenüber den unterstützten Staaten gibt. Bis in die 1980er Jahre hinein wurde die gesamte entwicklungspolitische Praxis häufig EH genannt, heute wird dieser Begriff kaum noch gebraucht. Entwicklungszusammenarbeit Stattdessen ist heute der bereits seit den 1950er Jahren verwendete Begriff der EZ üblicher, da das partnerschaftliche Wirken von Gebern und Empfängern betont, also von einer „Partnerschaft auf Augenhöhe” ausgeht.

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VERWECHSLUNSGEFAHR FÜR ENTWICKLUNGSHELFER

der Menschenrechte, der demokratischen Grundsätze auf der Grundlage des Rechtsstaatsprinzips sowie einer transparenten und verantwortungsvollen Staatsführung gehören dazu auch Kriterien wie die Höhe der Militärausgaben, Drogenhandel, organisiertes Verbrechen oder ethnische und religiöse Diskriminierung. Die Demokratieförderung rückte verstärkt in den Fokus der Entwicklungszusammenarbeit. Die deutsche Entwicklungspolitik gerät seit der Einbindung in das ressort-übergreifende Konzept der „vernetzten Sicherheit" dagegen zunehmend in den Konflikt mit diesen Kernaufgaben. Denn mit der Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik änderte sich auch der Charakter der Entwicklungshilfe. Der Begriff „vernetzte Sicherheit" wurde erstmals 2006 in einem regierungsoffiziellen Dokument verwandt. 2012 beschäftigte sich der Unterausschuss „Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit" in einer öffentlichen Sitzung des Deutschen Bundestags mit dem Thema. „Vernetzte Sicherheit" beschreibt dabei den sicherheitspolitischen Ansatz, verschiedene Instrumente, insbesondere militärische, polizeiliche, diplomatische, entwicklungspolitische und humanitäre, so aufeinander abzustimmen, dass in Regionen, in denen bewaffnete Konflikte ausgetragen werden, ein nachhaltiges Handeln deutscher und internationaler Akteure erreicht wird.

Die Einsatzgebiete für deutsche Entwicklungshelfer haben sich seither geändert. So gerieten beispielsweise Zentralafrika oder auch der Hindukusch in den Fokus des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ); Mali, in dem das BMZ bereits aktiv war, erhielt zusätzliche Mittel: 250 Bundeswehr-Soldaten sind im Rahmen einer EU-Ausbildungsmission gerade dort stationiert. Hatte das BMZ in den Krisengebieten anfangs noch viel Wert auf eine (auch) räumliche Trennung vom Bundeswehr-Feldlager gelegt, geschieht dies mittlerweile oft nicht mehr. Die Folge: Die Entwicklungsexperten werden immer stärker als ein Teil der Armee wahrgenommen, was der Arbeit Akzeptanz-Probleme beschert und das Risiko für Leib und Leben erhöht. Darüber hinaus haben die Entwicklungshelfer mit den zivilen Angeboten von Bundeswehr und anderen Armeen zu kämpfen. So reparierten deutsche Soldaten im Auslandseinsatz Schuldächer oder bohrten Brunnen – allerdings nicht in den ärmsten Regionen, sondern an den strategisch wichtigsten Punkten. Das ist keine Entwicklungshilfe, sondern Bestandteil der militärischen Operationsführung. Die Verwechslungsgefahr für die Bevölkerung vor Ort ist dennoch groß.

ENTWICKLUNGSPOLITIKERIN UND BUNDESTAGSABGEORDNETE DR. BÄRBEL KOFLER, IM GESPRÄCH WAS SIND DIE GRÖSSTEN HERAUSFORDERUNGEN DERZEITIGER ENTWICKLUNGSPOLITIK? Entwicklungspolitik muss breit aufgestellt sein. Die Menschheit kann die existentiellen Probleme nur gemeinsam lösen – daher wird gerade eine neue internationale Agenda auf UN-Ebene verhandelt, die für die Zeit nach dem Jahr 2015 weltweit gültige Nachhaltigkeitsziele formuliert. Wichtigstes Ziel ist es, die weltweite Armut zu besiegen. Zugleich gilt es aber auch, die globalen Strukturen so zu gestalten, dass eine nachhaltige Entwicklung als eine Strategie für Frieden und eine gerechtere Welt möglich ist. Dazu gehört auch ein kohärentes Konzept für Entwicklungs- und Klimapolitik.

WELCHE VERANTWORTUNG TRÄGT DIE EU IM SINNE EINER NACHHALTIGEN ENTWICKLUNGSPOLITIK? Auf meiner Reise nach Bangladesch habe ich weite Landstriche gesehen, die durch den Klimawandel und den steigenden Meeresspiegel versalzen waren und zu unfruchtbarem Ackerland geworden sind. Das bedeutet für die Bevölkerung vor Ort den

Foto: Dr. Bärbel Kofler

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DR. BÄRBEL KOFLER, ENTWICKLUNGS­POLITISCHE SPRECHERIN DER SPD-BUNDESTAGSFRAKTION

Verlust ihrer Existenzgrundlage. Bangladesch ist aber für den durch die Industrialisierung verursachten Klimawandel nicht verantwortlich. Entwicklungspolitik muss auch bei Anpassungsmaßnahmen an Klimafolgeschäden helfen, dazu gehören finanzielle Mittel, aber auch technische Unterstützung durch besonderes Wissen um klimaresistenten Ackerbau und Umschulung der Bauern vor Ort. Die Vertreter Bangladeschs und anderer Länder mit ähnlichen Problemen brauchen Unterstützung, damit ihre Anliegen bei UN-Konferenzen adäquat vertreten sind. Auch die EU könnte hier die Rolle eines Multiplikators dieser Anliegen einnehmen.

HISTORISCHE ENTWICKLUNG

1957

Die damals sechs Grün­ dungs­ staaten der EWG vereinbaren in den Römischen Verträgen auf Drängen Frankreichs Beziehungen zu seinen Kolonien und Überseegebieten.

1973

Nach dem Beitritt Großbritanniens dehnt die EG die engen Beziehungen auf die im Commonwealth zusammengeschlossenen ehemaligen britischen Kolonien aus.

1975

Mit den Lomé-Abkommen stellt die EG die bisherige Zusammenarbeit mit den Staaten der Dritten Welt auf eine neue vertragliche Grundlage und geht auf die immer stärker werdenden Forderungen der Anfang der siebziger Jahre immer selbstbewusster auftretenden Dritte-Welt-Staaten nach einer neuen, „gerechteren“ Weltwirtschaftsordnung ein. Eckpunkte der vier Lomé-Abkommen sind die Kooperation im Geiste einer Partnerschaft, die auf den drei Prinzipien gemeinsames Interesse an Entwicklung, Konsultation und Dialog basiert; das bedeutete: die Gewährung von Zoll- und Abgabenfreiheit für Produkte aus den AKP-Ländern im Sinne eines einseitigen Präferenzsystems zu Gunsten der AKP-Staaten; die Einrichtung von Fonds zur Stabilisierung der Exporterlöse bei sinkenden Weltmarktpreisen oder Ernteausfällen sowie industrielle und landwirtschaftliche Zusammenarbeit.

1975

bis 2000: Bis 1990 unterzeichneten die EG und die AKP-Staaten insgesamt vier Abkommen (Lomé I bis IV), die Anzahl der der teilnehmenden Staaten erhöhte sich auf Seiten der AKP-Staaten im Laufe von 25 Jahren von 46 (1975) auf 77 (2000).

2000

Obwohl zahlreiche Einzelbestimmungen der LoméKooperation im Laufe der Jahre verändert wurden, blieb die Bilanz der Abkommen unbefriedigend. So sah sich das Modell Lomé spätestens seit Beginn der neunziger Jahre wachsender Kritik ausgesetzt, die vor allem auf technische Mängel und bürokratische Verfahren zielte. Zum anderen verstieß das einseitige Präferenzsystem der Lomé-Verträge gegen die Prinzipien der am 1. Januar 1993 in Marrakesch gegründeten Welthandelsorganisation (WTO). All dies führte im Jahr 2000 zur Schaffung eines neuen Vertragswerkes zwischen den 77 AKPStaaten und 15 EU-Mitgliedern: dem sogenannten Cotonou-Abkommen.

2003

Vertrag von Nizza: Einführung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)

2005

Der Rat, das Parlament und die Kommission verabschieden die Gemeinsame Erklärung „Der Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik“, die die Unterzeichner daran bindet, ihre Entwicklungspolitiken künftig aufeinander abzustimmen und an der Erklärung auszurichten. Sie stellt einen wesentlichen Schritt zur Harmonisierung der Entwicklungspolitiken der Gemeinschaft und der Mitgliedsländer dar.

2010

Der Europäische Rat nimmt die schwedischdeutsche Initiative (Gent-Prozess) zur vertieften militärischen Zusammenarbeit an.


UNSICHTBARE GRENZEN

FREIHEIT UND SICHERHEIT BIETEN EUROPAS BÜRGERN DIE CHANCE, IHRE PERSÖNLICHKEIT BESONDERS IM DIGITALEN RAUM ZU ENTFALTEN. DOCH WIE FREI SIND WIR IN ZEITEN DER STÄNDIGEN ÜBERWACHUNG ÜBERHAUPT NOCH? VON LISA PRAMANN

D

as Bekanntwerden der Ausspähaktionen durch die NSA hat die Aufmerksamkeit der Bürger für die Gefährdung ihrer persönlichen Freiheit durch Überwachung seitens der Geheimdienste geschärft. Whistleblower Edward Snowden füttert Europa und den Rest der Welt seit Juni 2013 mit geheimen Informationen über die Aktivitäten der Geheimdienste. Besonders die Vereinig­ ten Staaten und Großbritannien gerieten ins Visier. Es folgte eine Debatte von ungeahntem Ausmaß. Wie weit dürfen Geheimdienste gehen? Was bedeutet diese Überwachung für uns und für unsere Freiheit? Ist öffentliche Sicherheit in Europa wichtiger geworden als die persönliche Freiheit? „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit […] Die Freiheit der Person ist unverletzlich […]“ Im zweiten Artikel des Grundgesetzes sind Privatsphäre und persönliche Freiheit rechtlich verankert. Zwar gilt dieses Grundrecht nicht in jedem europäischen Land, doch sollten andere Staaten in Deutschland eine lückenlose Überwachung durch ihre Geheimdienste durchführen, verstießen sie gegen das hier geltende Recht.

GEHEN GEHEIMDIENSTE ÜBER IHRE BEFUGNISSE HINAUS? Der deutsche Soziologe Wolfgang Sofsky sieht hinter der potenziellen lückenlosen Überwachung auch noch eine andere Absicht. Er spricht in seiner Streitschrift „Verteidigung des Privaten“ mögliche Absichten der Staaten durch das Sammeln von Daten an. Der Staat verfolge nicht nur sicherheitspolitische Ziele, sondern wolle einen virtuellen Klon der Bürger erstellen, um so seine Absichten und Handlungen vorauszusehen. Bei der NSA gebe es kaum noch Zweifel daran, dass sie nicht nur sicherheitspolitische Ziele verfolge. Ob auch europäische Geheimdienste andere Absichten haben, sei bislang unbekannt, so Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU) aus dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Im optimalen Fall sollten diese für Sicherheit sorgen und Verbrechen wie Terroranschläge durch Beobachtung bestimmter Personengruppen und Entwicklungen im Vorhinein verhindern. „Den Geheimdiensten müssen Grenzen gesetzt werden", sagt auch Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen)

stellvertretendes Mitglied des Bundestagsausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Sie meint, dass die europäischen Staaten gleiche Richtlinien brauchen. "Die Regierung sollte in digitale Abwehrfähigkeit investieren. Richtlinien werden spionierende Länder nicht aufhalten", ist jedoch Ostermann sicher. Unsere Freiheit wird durch Überwachung nur indirekt beeinflusst. Wir können immer noch nahezu überall hinreisen, in Länder der wirklichen und der virtuellen Welt. Doch wir sind niemals allein. Die Geheimdienste können Bewegungsprofile im Internet und dank GPS im Smartphone aufzeichnen.

DIE KONSEQUENZ VON GRENZÜBERSCHREITUNGEN Die unsichtbaren Grenzen, die die Geheimdienste zeichnen, werden erst dann sichtbar, wenn sie bereits überschritten wurden. Dabei muss es sich nicht immer um Gesetzesverstöße handeln. Kritik an Regierung, System oder gar den Geheimdiensten können Einreisebeschränkungen

nach sich ziehen, wie es dem deutschen Schriftsteller Ilija Trojanow Ende 2013 passierte, als er nach scharfer Kritik an der NSA nicht in die USA einreisen durfte. Europa muss in puncto Datenschutz noch einiges tun. Denn die unsichtbaren Grenzen, die von Geheimdiensten gezogen werden, dürfen die Freiheit der Bürger nicht gefährden, da sind sich die Abgeordneten im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union einig. So ist es Europas Aufgabe in den nächsten Jahren die Balance zwischen privater Freiheit und öffentlicher Sicherheit zu finden.

Lisa Pramann 18, Holzminden ... ist in Deutschland geboren, Europa ist ihre Heimat. Ihre Zukunft ist grenzenlos.

EINFACH SPAREN MÜSSEN?

SEIT ZWEI JAHREN GIBT ES DEN EUROPÄISCHEN STABILITÄTSMECHANISMUS (ESM) NUN SCHON. NOCH IMMER WIRD ER DISKUTIERT. HAT DER FOND DEN EURO GERETTET ODER DESSEN KRISE VERZÖGERT? DARLINE JONASSON SCHAUT ZURÜCK UND ZEIGT, WAS POLITIK UND PRESSE VOM ESM HALTEN.

A

ls im Jahr 2009 Länder wie Griechenland, Spanien und Zypern ihre massiven Staatsverschuldungen öffentlich machten, hatten Euro-Anhänger schwer zu schlucken. Die Lage war ernst: Die Staaten galten als zahlungsunfähig, die Finanzmärkte gaben keine Kredite mehr aus, es drohten Pleiten. Zusammen mit dem Internationalen Währungsfond (IWF) beschlossen die finanziell stabileren EULänder, zunächst nur Griechenland vor der befürchteten Krise zu bewahren. Das Land hatte als erstes seine Verschuldung bekannt gemacht. Im September 2012 wurde der Europäische Stabilitätsmechanismus zur dauerhaften Absicherung aller Mitglieder der Eurozone eingeführt. Er löste damit den vorherigen Euro-Rettungsschirm ab. Das Grundprinzip des ESM ist schnell erklärt: Ein Kapital von 700 Milliarden Euro – 80 Milliarden davon zahlen die Mitgliedsstaaten selbst – sollte die verschuldeten Länder vor dem Ruin bewahren. Mit dem Geld sollten sie ihren Haushalt stabilisieren. Gleichzeitig verpflichteten sich die Nehmerländer dazu, ihre Schulden nach und nach abzubauen. Warum aber beteiligten sich einzelnen EU-Staaten an dieser „Nothilfe“? Um die Finanzstabilität der gesamten Eurozone zu sichern. Wackelt die Wirtschaft eines Landes,

geraten bei einer engen Zusammenarbeit wie in der Union auch andere Länder in die Bredouille. Im schlimmsten Fall führt das zum Zusammenbruch der Wirtschaft und damit der EU. Ein Horrorszenario, das es zu verhindern galt. Der ESM sollte die Wirtschaft ankurbeln und die Staatsausgaben lindern. So entstand schon bald das Bild eines Schirms, der die Krise abwehrt.

IST DER ESM NOTWENDIG? Kaum ein Poltiker zweifelt daran, dass die Hilfe gebraucht wird. In welcher Form die daherkommen soll, ist indes nicht so klar. Für den Rechtsanwalt und CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Matthias Heider steht vor allem Deutschland in der Pflicht, den Schuldenstaaten zu helfen. Als volkswirtschaftlich am weitesten entwickeltes EU-Mitglied spiele das Land eine Schlüsselrolle. Gleichzeitig bedürfe es innovativer Ideen und einer disziplinierten Haushaltspolitik der Nehmerländer. Denn der Euro – darin sind sich die Abgeordneten einig – muss bleiben. Dr. Katarina Barley (SPD-Bundestagsabgeordnete) betont daher: „Man weiß nicht zu schätzen, was man hat, wenn man es hat.“ Die Experten sind sich einig, dass die Einführung des Euros der richtige Schritt war. Die einheitliche Währung

schafft für EU-Bürger viele Vorteile. Innerhalb der Eurozone muss kein Geld getauscht werden, was die Mobilität zwischen den Ländern vereinfacht. Christian Reiermann vom Spiegel nennt den Euro deshalb ein „Sinnbild für Grenzenlosigkeit". Reiermann glaubt, dass die von Land zu Land unterschiedliche Politik für die zum Teil prekäre Finanzsituation verantwortlich ist. Laut Heider hat die EU mit der Einführung des Euros eine Stufe übersprungen: Zunächst hätte sich die EU auf eine gemeinsame Politik konzentrieren sollen. Danach hätte die Einheitswährung folgen können.

ALLE SITZEN IM SELBEN BOOT Für Reiermann funktioniert die Eurozone wie ein Ruderboot, in dem alle Mitgliedsstaaten sitzen und rudern müssen, um vorwärts zu kommen. Manche der Ruderer sind jedoch nicht stark genug, um mitzuhalten. In diesem Boot übernimmt der ESM die Rolle eines Apothekers, der die Schwächeren mit Medikamenten versorgt. Um die Hilfsmittel zu erhalten, müssen die Bewerber jedoch zunächst ein zweiwöchiges Fitnessprogramm absolvieren, um so ihr Durchhaltevermögen unter Beweis zu stellen.

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Ulrich Fritsche, Professor an der Universität Hamburg, hat eine zwiespältige Einstellung zum ESM: „Ich glaube, dass der Stabilitätspakt die Krise in den Jahren 2010/2011 verhindert hat. Trotzdem bin ich nicht der Meinung, dass der ESM eine dauerhafte Lösung darstellt." Ihm zufolge geht die europäische Regierung das Problem falsch an. Strenge Sparpolitik lehnt Fritsche ab. Neben finanzieller Unterstützung brauche man einen flexiblen Arbeitsmarkt, sagt er. Außerdem brauche es eine Lösung für die gesellschaftlichen Probleme insbesondere der südlichen Länder Europas. Dr. Matthias Heider stimmt dieser Aussage zu und ergänzt: „Der ESM dient nur als Nothilfeinstrument.“ Schulden und ESM bleiben der EU vorerst erhalten. Wie es mit der Eurozone weitergeht – darüber können auch Politiker derzeit nur mutmaßen.

Darline Jonasson 20, Kirchhundem ... enthält ungefähr ein Kilogramm Europa.

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PRESSEFREIHEIT

TÄGLICH BEKOMMEN WIR VON VERSCHIEDENEN MEDIEN DIE NEUSTEN INFORMATIONEN ZU THEMEN WIE SPORT, WIRTSCHAFT ODER POLITIK. DOCH GIBT ES REGELN UND EINSCHRÄNKUNGEN IN DER TÄGLICHEN ARBEIT EUROPÄISCHER JOURNALISTEN? VON ROMAN SCHÖNEMANN

ZUMINDEST DAS DEUTSCHE GRUNDGESETZ GARANTIERT DIE PRESSE-, MEINUNGS- UND INFORMATIONSFREIHEIT. DOCH WAS IST MIT DEM REST EUROPAS?

P

olitik und Journalismus sind, bei aller Unabhängigkeit, doch voneinander abhängig“, so Jörg Blank von der Nachrichtenagentur dpa. Ohne Medien wäre eine Kommunikation mit dem Volk für die Politik unmöglich. Doch auch die Kontrolle der Politik durch die Medien ist ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie: Nicht umsonst werden die Medien als vierte Gewalt bezeichnet. Das Grundverständnis von Pressefreiheit, das wir in Europa haben, ist ein großer Erfolg für Europa. Die Umsetzung der Pressefreiheit muss in einigen Mitgliedsländern jedoch kritisch bewertet werden. Die Situation der einzelnen Länder muss nach nationalen und internationalen Richtlinien analysiert werden. „Beispielsweise ist in Ungarn nach der Änderung der Verfassung eine Einschränkung der Medien möglich, was nicht das Ziel ist, das wir in der europäischen Gemeinschaft verfolgen“, so Jan Korte (stellvertretender Bundestagsfraktionsvorsitzender DIE LINKE.) Nach dieser Verfassungsänderung ist es in Ungarn zum Beispiel möglich, eine Zensur einzuführen oder bestimmte Medien zeitweise in ihrer Berichterstattung einzuschränken. In diesem Zusammenhang ist auch der Vorschlag von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Junker, den ehemaligen ungarischen Ju-

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stizminister Tibor Navracsics als Kommissar für Bildung, Jugend, Kultur und Bürgergesellschaft einzusetzen, kritisch zu betrachten. Diese Kommission verhandelt unter anderem auch die Politik zu den Themen Medien und Pressefreiheit und steht damit in Konflikt zu europäischen Interessen. Durch die Parlamentarier des Europäischen Parlamentes wurde Navracsics im Rahmen einer Befragung vorerst abgelehnt.

AUCH MEINUNGSBILDUNG ALS AUFGABE Doch Medien haben nicht nur Berichterstattung und Kontrolle zur Aufgabe: „Medien dienen auch der Meinungsbildung und das ist auch gut so“, erklärt Bundestagsabgeordneter Kees de Vries (CDU). Gerade hier kommt die Wichtigkeit der Pressefreiheit zum Tragen: Einer beschränkten Berichterstattung kann keine objektive Meinungsbildung folgen. „Wenn es keinen freien Journalismus mehr gibt, haben wir verloren“, meint de Vries weiter. Denn nur so könne in der Bevölkerung ein politisches Verständnis entstehen und die Demokratie weiter bestehen. Doch die Pressefreiheit, die Journalisten in der Europäischen Union genießen, birgt auch eine große Verantwortung,

meint Matthias Bartl von der Mitteldeutschen Zeitung: „Man darf Pressefreiheit nicht als Presseanarchie missverstehen. Freiheit braucht Regeln, die Pressefreiheit ebenso – juristische wie moralische Regeln.“ Wozu beispielsweise auch der Pressekodex gehört: Die Grundsätze, die 1973 vom Deutschen Presserat veröffentlicht wurden, enthalten Richtlinien, an denen sich Journalisten in ihrer Arbeiten messen lassen sollen. Dazu gehören beispielsweise das Recht des Schutzes der Privatsphäre und die Umsetzung der freien Berichterstattung. Nach diesem Papier ist es beispielsweise nicht mit den Grundsätzen des Journalismus zu vereinbaren, den Ruf eines Menschen durch Berichterstattung zu ruinieren.

Foto: Tobias Mittmann / jugendfotos.de

Journalisten richten müssten, sondern würde lediglich Empfehlungen aussprechen. Pressefreiheit ist eine Grundbedingung für die Demokratie. Damit ist sie ganz weit oben anzusiedeln im Kanon der demokratischen Rechte in der Europäische Union. Für die Zukunft sollte daher das Ziel sein, diese zu schützen und weiter auszubauen.

DEUTSCHER PRESSERAT ALS VORBILD Doch dieser Kodex bezieht sich momentan nur auf Journalisten aus Deutschland. Kritiker regen an, eine ähnliche Fassung für alle Journalisten in Europa zu entwickeln. Einige gehen sogar weiter und fordern die Einrichtung einer Institution zur Regulierung der Berichterstattung: eine Art europäischer Presserat nach deutschem Vorbild. Dieser könnte jedoch keine Beschlüsse fassen, nach denen sich

Roman Schönemann 16, Köthen ... kauft Äpfel aus Spanien, Kartoffeln aus Deutschland und andere Konsumgüter aus der EU.


OPFER IM MITTELPUNKT Fotos: Samuel Grösch

EUROPAWEIT MACHEN RASSISTISCHE ÜBERGRIFFE IMMER WIEDER SCHLAGZEILEN. VEREINT UNS EUROPÄER ETWA DIE ABLEHNUNG VON FREMDEN? EIN BESUCH BEI HELFERN IN EINEM BERLINER KIEZ. VON CAGDAS YÜKSEL & FELIX SCHRÖDER

BIPLAB BASU, 63 JAHRE

SOPHIE SCHLÜTER, 22 JAHRE

MARIA PORTUGAL, 44 JAHRE

BERLIN-PANKOW: EIN 12-JÄHRIGER JUNGE, DER IN BEGLEITUNG VON ZWEI FREUNDEN IST, WIRD IM STIFTSWEG AUS EINER GRUPPE HERAUS RASSISTISCH BELEIDIGT. ER WIRD GESCHLAGEN, GETRETEN UND DABEI VERLETZT.

BERLIN-LICHTENBERG: EIN MANN WIRD IN EINEM SUPERMARKT IN DER WEITLINGSTRASSE VON EINEM UNBEKANNTEN MANN RASSISTISCH BELEIDIGT, GESTOSSEN UND INS GESICHT GESCHLAGEN. DAS PERSONAL GREIFT NICHT EIN UND DER ANGESTELLTE DER SECURITY-FIRMA UNTERSTÜTZT DEN TÄTER.

BERLIN-WEDDING: DREI FAHRRADFAHRER WERDEN AN EINER AMPEL IN DER FENNSTRASSE AUS EINEM AUTO HERAUS RASSISTISCH BELEIDIGT. NACHDEM DIE AMPEL GRÜN ZEIGT, ÜBERHOLT DAS AUTO DIE DREI MÄNNER UND DER FAHRER UND DER BEIFAHRER SPRINGEN AUS DEM AUTO. EIN 21-JÄHRIGER WIRD VON DEM FAHRER GESCHUBST, INS GESICHT GESCHLAGEN UND DABEI VERLETZT.

O

ranienstraße, Berlin-Kreuzberg. Mit Graffiti beschmierte Betonwände, plakatierte Türen und die typischen Kreuzberger Szene-Läden. Mittendrin arbeiten Biplab Basu, Maria Portugal und Praktikantin Sophie Schlüter im Büro der Berliner Rassismus-Beratungsstelle Reach Out. Seit 2001 finanziert die Senatsverwaltung Berlin die Einrichtung im Zuge des Landesprogramms gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Zurzeit betreuen und beraten sechs Mitarbeiter Menschen, die Opfer von körperlicher und psychischer Gewalt wurden. An einem großen Holztisch mit Blick auf eine Landkarte von Berlin, dekoriert mit vielen kleinen pinken Fähnchen, nehmen die Mitarbeiter Platz. Die Fähnchen stehen für rassistische Übergriffe, ganz aktuell sei die Karte jedoch nicht. Der Wind habe viele Fähnchen schon abgerissen und durch den großen Raum gepustet. Dennoch könnten sie fast täglich wieder neu gesteckt werden. Mit insgesamt 185 Angriffen und 288 Opfern im Jahr 2013 stieg die Zahl der Übergriffe allein in Berlin um 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Rassismus bleibt das häufigste Tatmotiv.

OPFER IN ALLEN SCHICHTEN Dabei reicht das Spektrum der Opfer von Arbeitslosen bis hin zu Akademikern. „Die Täter unterscheiden nicht“, schließt Biplab Basu aus den hausinternen, jährlichen Statistiken. Die Betroffenen werden aufgrund ihrer Ethnizität, Religion sowie Sprache Opfer von rassistischer Gewalt. „Oft sind es Machtverhältnisse oder historische Gründe, die Täter zu rassistischen Taten animieren“, sagt Maria Portugal. Besonders in Alltagssituationen begegnen sich Täter und Opfer. Ob bei der Wohnungssuche, im Arbeitsleben, in der Schule oder im Gerichtssaal: Rassismus ist allgegenwärtig. Das bestätigt auch der Flüchtling Ibrahim Kanalan (33), der besonders häufig mit Formen des Alltagsrassismus konfrontiert wurde. Ob auf dem Fußballplatz oder etwa der Busfahrer, der ihm sprichwörtlich die Tür vor der Nase verschloss – und das mehrmals. „Wie neutral ist unsere Sprache eigentlich?“, fragt Kanalan nachdenklich. „Rassistische Äußerungen geschehen auch unbewusst.“ Auch Biplab Basu betont, wie schwierig es oft sei, klare rassistische Motive nachzuweisen. Er verweist besonders

auf die Wichtigkeit der Arbeit von Reach Out jenseits der Ermittlungen der Polizei. „Bewältigung ist das Wichtigste für uns. Und das unterscheidet uns von der Polizei“, erklärt er.

STUDIEN BELEGEN RASSIS­ TISCHE TENDENZEN Welche Vorurteile die Deutsche Bevölkerung gegen Migranten hegt, zeigt die Studie "Die Abwertung der Anderen" der Friedrich-Ebert-Stiftung: Aussagen wie „Sinti und Roma neigen zur Kriminalität“ treffen bei 38 Prozent aller befragten Deutschen auf Zustimmung. Über 31,5 Prozent der Befragten befürworten darüber hinaus die Aussage, dass sie sich durch die vielen Muslime wie ein Fremder im eigenen Land fühlen. Aussagen wie diese stoßen europaweit auf große Zustimmung. Die Studie schließt daraus auf eine allgemeine, europaweite Überfremdungsideologie. Das beobachten auch die Mitarbeiter von Reach Out, die sich von den Zahlen jedoch nicht beeindrucken lassen wollen. „Seit 51 Jahren arbeite ich aktiv an einer besseren Gesellschaft. Ich will einfach an der Seite der Menschen stehen, die gesellschaftlich ganz unten

auf der Leiter stehen", beschreibt Biplab Basu. „Es ist ein krasses Problem der Gesellschaft", ergänzt Praktikantin Schlüter entschlossen, „von staatlicher Seite wird nicht genügend unternommen." Auf die Frage, ob eine grenzenlose Zukunft, frei von Rassismus möglich sein wird, betont Portugal nachdenklich: „Ich möchte daran glauben, dass die Arbeit, die wir hier tun, irgendwann nicht mehr nötig ist. Wann es soweit ist, weiß ich nicht. Aber ich möchte weiter daran glauben."

Cagdas Yüksel 20, Mönchengladbach Felix Schröder 20, Halle (Saale) ... ist das Ausmaß Europas nicht immer bewusst.

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MEI NUNG

NUR AKTEN, NUR ZAHLEN

LAMPEDUSA UND DAS MASSENGRAB MITTELMEER, MISSHANDELTE ASYLBEWERBER UND ÜBERFÜLLTE HEIME: IN EUROPA KOMMEN NEGATIVE SCHLAGZEILEN HÄUFIG IN VERBINDUNG MIT FLÜCHTLINGEN AUF. WIE STEHT ES DERZEIT UM DIE ASYLPOLITIK DER EU? EIN BESTANDSBERICHT VON JANA BORCHERS & RAPHAEL BERGMANN

DRINNEN ODER DRAUSSEN? – EINE FRAGE DER PERSPEKTIVE EIN KOMMENTAR VON JANA BORCHERS & RAPHAEL BERGMANN

I

IBRAHIM KANALAN ENGAGIERT SICH HEUTE SELBST FÜR FLÜCHTLINGE

G

renzen lösen sich nicht auf. Grenzen verlagern sich nur“, sagt Ibrahim Kanalan. Er lächelt, aber die braunen Augen hinter den Brillengläsern blicken traurig. Der 33-jährige Kurde weiß, wovon er spricht. Vor 20 Jahren kam er als Flüchtling nach Deutschland. Auf dem Papier ist Europa ein Raum ohne Grenzen. Juristisch gesehen darf sich jeder EU-Bürger dort frei und ungehindert bewegen. Seit dem Vertrag von Amsterdam wird die EU als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts bezeichnet und für viele Menschen, die in ihrem eigenen Land von Krieg oder politischer Verfolgung bedroht sind, ist sie das Sinnbild für Frieden und ein sicheres Leben. Aber was passiert, wenn jemand diesen Raum zu betreten versucht? Wie gehen die Europäer um mit solchen, die um Schutz bitten, weil sie dort, wo sie herkommen, um ihr Leben fürchten müssen?

DEN FLÜCHTLINGEN EINE STIMME GEBEN Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, besuchte der Musiker und Schriftsteller Heinz Ratz vor drei Jahren 80 Flüchtlingsheime in ganz Deutschland. „In Folge dessen, was ich gesehen habe und was mich so schockiert hat, habe ich mir gedacht, dass die Flüchtlinge selber eine Stimme kriegen sollten“, erzählt der 46-Jährige. Er suchte nach Musikern, die in den Heimen leben und gab mit ihnen und seiner Band „Strom&Wasser“ zwei Jahre

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lang bundesweit Konzerte. „Auch wenn die angesprochenen Problematiken sehr ernst sind, kann man harte Botschaften durch Musik viel erträglicher ver­ packen“, so Ratz. Für die Flüchtlinge war das Projekt auch eine Möglichkeit, dem Heimalltag für eine gewisse Zeit zu entkommen: Flüchtlinge leben in Sammellagern, auch, wenn sie billiger bei Verwandten untergebracht werden könnten. Die Wohnheime liegen oft am Stadtrand, meist teilen sich mehrere Personen unterschiedlicher Herkunft und Sprache ein Zimmer. Sechseinhalb Quadratmeter stehen einem Flüchtling in Deutschland durchschnittlich zur Verfügung, wie aus einem Bericht des Greenpeace Magazins von 2012 hervorgeht. Die Wahrung der Intimsphäre ist problematisch. Kanalan, der vor 20 Jahren aus der Türkei nach Deutschland floh, musste 13 Jahre warten, bis er seinen Aufenthaltstitel erhielt. „In der Zeit hat sich mein Bild von einem freien Deutschland gewandelt“, so der 33-Jährige, der aufgrund seiner Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe in der Türkei verfolgt wurde. „Bei den Ausländerbehörden waren wir nur Akten, nur Zahlen. Die Gründe für die Flucht interessieren niemanden“, so Kanalan.

DIE ISOLATION DURCHBRECHEN Die Probleme sieht Musiker Heinz Ratz allerdings nicht nur bei den Behörden, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung: „Es ist keine Bereitschaft da, sich

Foto: Samuel Grösch

auf diese Menschen einzulassen. Das ist viel von Angst und Frust bestimmt. Das ist natürlich sehr schwierig zu ändern.“ Schwierig ist die Situation für die europäischen Länder definitiv. Nicht nur aus Gründen der Fremdenfeindlichkeit, sondern auch aus praktischen: 2013 wurden in Europa 434.000 Asylanträge gestellt. Natürlich ist es schwierig, für so viele Menschen eine Unterkunft zu finden, ihnen Essen und medizinische Versorgung zu bieten. 434.000 Menschen zuzuhören, ist, ohne Frage, eine noch viel größere Herausforderung. Andererseits ist genau das der Punkt, an dem laut Heinz Ratz jeder ansetzen kann. „Indem man einfach mal in ein Flüchtlingslager reinläuft und mit den Menschen in Kontakt kommt, kann man die Isolation der Flüchtlinge durchbrechen“, erklärt der Musiker. Ibrahim Kanalan bezeichnet heute sowohl Berlin als auch die Türkei als sein Zuhause. Mit Deutschland als Staat hingegen könne er sich auch nach 20 Jahren nicht identifizieren. „Ob das anders wäre, hätte man mich hier anders aufgenommen? Vielleicht.“

Jana Borchers 17, Mainz Raphael Bergmann 20, Erfurt ... haben Erfahrungen aus 19 Ländern, die leider vielen Menschen verschlossen sind.

brahim Kanalans „Vielleicht“ ist nicht das einzige Vielleicht, mit dem wir derzeit konfrontiert sind und auch in Zukunft sein werden: Zweifel, Ungewissheit, Fragen, zu denen es viele unterschiedliche oder gar keine Antworten gibt, werden im Zusammenhang mit dem Erbitten und Gewähren von Schutz immer wieder auftauchen. Eine Sache jedoch ist sicher – unabhängig davon, wer man ist oder wo man steht: Solange es Krieg auf dieser Welt gibt, Ungerechtigkeit oder Menschen, die verfolgt werden und Europa ein Raum des Friedens ist, werden Menschen auf der Suche nach Freiheit hier Schutz suchen. Das ist eine Tatsache, die nicht zu leugnen ist. Wie wir mit den Menschen umgehen, die uns um Schutz bitten, ist aber eine Frage, der sich nicht nur die Politik, sondern auch wir als Gesellschaft immer wieder stellen müssen. Es gibt Grenzen, die wir persönlich nicht beeinflussen können, wie beispielsweise geografische. Eine Handvoll Grenzen, die jeder von uns selbst setzt, ja sogar setzen muss, bleibt. Denn nur indem wir uns von etwas abgrenzen, können wir unsere eigene Individualität wahren. Wo wir die Grenzen ziehen, von was wir uns abgrenzen und von wem, ist letztendlich uns selbst überlassen. Entscheidend ist das Bewusstsein, dass wir durch jede Grenze nicht nur festlegen, wie wir andere sehen, sondern vor allem, wer wir selbst sein wollen.

STATI STI K Weltweit befinden sich momentan 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Die fünf größten Aufnahmeländer dieser Flüchtlinge sind: Pakistan, Iran, Libanon, Jordanien und die Türkei. In Deutschland wurden 2013 insgesamt 127  023 Asylanträge gestellt. 24,8% wurden als Flüchtlinge anerkannt und durften in Deutschland bleiben. 2014 waren es in den ersten zehn Monaten bereits 181 453 Bewerber, von denen 29,2 Prozent angenommen wurden. Im europäischen Vergleich erhält Deutschland damit ein Drittel aller Asylanträge, gefolgt von Frankreich (2013: 60 100 Anträge) und Schweden (2013: 54 260 Anträge).


EUROPÄISCHE IDENTITÄT GESUCHT

GRENZENLOSE FREIHEIT NACH GRENZENLOSER ABGRENZUNG? NACH DER WENDE SPRANG DER EUROPÄISCHE FUNKE AUF DIE DEUTSCHEN ÜBER. HEUTE IST DAS VERHÄLTNIS JUNGER MENSCHEN ZUR EU VON UNWISSENHEIT GEPRÄGT. WAS IST AUF DEM WEG VERLOREN GEGANGEN? VON JANA WOYDT Foto: Paul Ramisch

E

in Leben ohne die Europäische Union, mit Grenzen und Zöllen, Wechselstuben und eingeschränkter Reisefreiheit. Für die erste Generation Jugendlicher, die mit der EU aufgewachsen ist, ist dies kaum mehr denkbar. Die Freiheiten sind allgegenwärtig, der europäische Gedanke, wie sich die EU ihn vorstellt, ist vielen Jugendlichen allerdings kaum bewusst. So meint beispielsweise Anna, 22 Jahre alt: „In meinem Alltag begegnet mir der europäische Gedanke nicht direkt. Nur in Fällen des Reisens oder falls die Medien mal etwas berichten, kommt Europa in meinem Alltag vor. Allerdings verbindet uns Europäer doch eine gewisse ähnliche Mentalität, die besonders dann zum Ausdruck kommt, wenn man außerhalb von Europa unterwegs ist.“ Daniel, 18 Jahre alt, sieht auch noch das Erasmus-Programm als europäische Präsenz in seinem Alltag. Florian Podewski von den Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) findet auch, dass der europäische Gedanke vor allem in unserer Generation stärker verankert werden muss. Dafür müsse man für Aufklärung an Schulen und bei Straßenfesten sorgen, meint der Verbandsfunktionär, der zusammen mit anderen im Rahmen der JEF Workshops für die Verbreitung des europäischen Gedankens unter Jugendlichen veranstaltet. Der europäische Gedanke ist das Bewusstsein sich als Europäer zu begreifen und sich für ein Zusammenleben der Menschen und Völker in Europa im Sinne einer Gemeinschaft auszusprechen. Er gipfelt im Zusammenschluss zweier Staaten und sicherte Europa die längste Zeit des Friedens, die der Kontinent bisher erlebt hat.

DER GEBURTSTAG DER EU Am 9. Mai 1950 stellte der französische Außenminister Robert Schuman Deutschland seinen Plan zu einer Kohle- und Stahlpro-

duktions-Gemeinschaft vor. Damit­legten aus Einschränkung der persönlichen und diese beiden Länder den Grundstein für der Meinungsfreiheit. Besonders für die eine europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Menschen, die die DDR-Diktatur und den Seither wird am 9. Mai der „Europatag“ Mauerfall miterlebt haben, muss die Öffgefeiert und an die Gründung der Gemein- nung der Grenzen durch die Europäische schaft erinnert. Daraufhin folgten etliche Union ein unfassbares Ereignis gewesen Verträge und Beiträge weiterer Staaten, die sein. Plötzlich konnte sich diese Generatiin Kleinarbeit erarbeitet und mit allen Mit- on wahrhaftig als „Generation grenzenlos" gliedsstaaten abgestimmt werden mussten. bezeichnen. Zu den wichtigsten Verträgen gehören der Pariser Vertrag (1951) und die Römischen VISIONEN FÜR EUROPA Verträge (1958). Mit ihnen wurde die Wirtschaftsgemeinschaft um die Bereiche Immer häufiger geben Menschen ihre Zollunion und Atomgemeinschaft erwei- Stimmen Parteien, die Europa ablehnen. tert. 1962 entstand die GAP (Gemeinsame Aufgrund dieser Umstände entwickeln Agrarpolitik), bei der sich die Wirtschafts- Politiker Modelle, die an die Stelle der EU union mit der Förderung der Landwirt- treten könnten, sollte diese scheitern. Die schaft beschäftigte. naheliegende Methode wäre demnach die Ihren heutigen Namen erhielt die Politik wieder auf die Nationalebene zuEuropäische Union (EU) 1992: Mit dem rückzuführen. Vertrag von Maastricht wurde die EuropäDoch es gibt auch andere Ideen, wie ische Gemeinschaft, wie sich der Staaten- man auf internationaler Ebene weiter zuVerbund bis dahin nannte, zur EU, in der sammenarbeiten könnte. Ein bekanntes die Mitglieder eine Unionsbürgerschaft, Modell aus den 80er Jahren, welches in eine Währungsunion, eine Gemeinsame Teilbereichen der EU schon heute umgeAußen- und Sicherheitspolitik (GASP) setzt wird, ist das Konzept „Europa der sowie die Zusammenarbeit in den Be- zwei Geschwindigkeiten". Dabei gibt es eireichen Justiz und Inneres vereinbarten. nen Kern von Staaten, der z.B. wirtschaft1993 kamen der freie Personen-, Waren-, lich am stärksten ist und den Rest, der sich Dienstleistungs- und Kapitalverkehr hinzu. ebenfalls zusammenschließt. So können Vollständig frei bewegen konnten sich die die stärkeren Länder ungehindert durch Reisenden aber erst zwei Jahre später, als die Schwächeren eventuell zu größerem 1995 das Schengener Abkommen in Kraft Fortschritt gelangen, während die Schwätrat. Die bisher letzte große Veränderung cheren ihre Geschwindigkeit an ihre indierlebte die EU 2009 mit der Erarbeitung viduellen Bedürfnisse anpassen können, des Vertrags von Lissabon, bei dem die ohne die anderen zu „blockieren“. EU-Institutionen reformiert wurden. Denkbar sind hier wiederum drei Für Deutschland hatte die Entste- Varianten. Zum einen „Kerneuropa“, das hung der EU einen besonderen Wert, da es sich wie eben beschrieben aufgrund von ein großer Schritt vom Nationalismus zur „Föderation innerhalb der Konföderation“ europäischen Zusammenarbeit war. Nach- entwickelt. Zum zweiten die „abgestufte dem die Alliierten den Krieg gewonnen Integration“, bei der zu den multinatiohatten und Deutschland in Ost und West nalen Verträgen weitere Nicht-EU-Staaten aufgeteilt wurde, war das Leben der Men- hinzugezogen werden. Und schließlich schen keineswegs grenzenlos. Es bestand das Konzept „Europa à la carte“, bei dem aus Kontrolle, aus Fremdbestimmung und jeder Staat sich nur denjenigen Verträgen

anschließt, an denen er interessiert ist. Auch wenn das Modell zum Teil bereits beim „Schengener Abkommen“ und in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion umgesetzt wird, findet es nicht nur Anhänger. So hält zum Beispiel Margot Tuzina von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland dieses Konzept für „Ausgrenzung“. Ein weiteres Gegenmodell ist die Vision der „Vereinigten Staaten von Europa“. Doch auch hier gibt es kritische Stimmen. Das Modell Europa einem richtigen Staat gleichzustellen, vertreten die wenigsten, da es rechtlich schwierig zu verwirklichen ist. An dem Gedanken eines engeren Zusammenschlusses der Staaten und der weiteren Verlagerung von Kompetenzen auf europäische Ebene finden allerdings viele Gefallen. Die SPD-Abgeordnete Dr. Katarina Barley, die auch dem Ausschuss für Europäische Angelegenheiten im Deutschen Bundestag angehört, meint: „Die Hoffnung besteht darin, dass der EU zu noch mehr Macht verholfen wird und gewaltsame Konflikte so abnehmen werden." Die äußeren Grenzen hat Europa geöffnet, völlig grenzenlos ist es dennoch nicht.

Jana Woydt 17, Darmstadt ... hat nach dem Workshop das Verlangen, in der Bevölkerung das Bewusstsein für Europa zu stärken.

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KRÜMEL ODER KUCHEN?

WIE VIEL EUROPA STECKT IM BUNDESTAG? DIE EU IST EINE HAUPTZUTAT DER PARLAMENTSTORTE. DER EINFLUSS DES BUNDESTAGS IM BRÜSSELER KUCHEN JEDOCH IST HÖCHSTENS ALS FLÜCHTIGE NOTE ZU ERAHNEN. VON JULA MATZNER & ALBERT WENZEL

EINEN KLEINEN HAPPEN EUROPA HABEN WIR BEREITS VOR DEM BUNDESTAG ENTDECKT, HINTER DEN TÜREN VERBIRGT SICH MEHR DAVON, ALS MAN DENKT.

D

ie Europäische Union sichert uns die längste Zeit an fortwährendem Wohlstand und Frieden, die Europa bisher erlebt hat. Sich aktuell ausweitende Krisen wie in der Ukraine werfen allerdings die Frage auf: Ist Euro­pa stark genug oder brauchen wir eine noch stärkere Zusammenarbeit? Dazu müssten die Nationalstaaten Souveränität abgeben. Doch das fällt den Parlamenten der einzelnen Länder sehr schwer. Kaum jemand gibt gern Macht ab.

WICHTIGSTE ZUTATEN SIND TRANSPARENZ UND KOMMUNIKATION­ Nationalstaaten wie Deutschland wollen naturgemäß so viel Macht wie möglich behalten, selbstbestimmt regieren und ihr eigener Souverän sein, wissen aber oftmals auch, dass es sinnvoll wäre, mehr Politikbereiche auf eine gemeinsame, das heißt im deutschen Fall euro-

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päische Ebene zu verlagern. Solange es jedoch keine komplette Verlagerung auf EU-Ebene gibt, sind vor allem zwei Dinge für eine gelingende Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Deutschen Bundestag notwendig: Transparenz und Kommunikation. Ein hässlicher, alter, mehrstöckiger Plattenbau am Ufer der Spree, der Reichstag in Laufweite. Hier sitzt die Unterabteilung PE der Deutschen Bundestagsverwaltung, Unterabteilung Europa. 64 Mitarbeiter stehen hier unter der Leitung von Dr. Sven Vollrath bereit, um das Parlament dabei zu unterstützen, seine Rechte und Aufgaben im Bereich der europäischen Rechtsetzung wahrzunehmen. Rund 25.000 Dokumente aus Brüssel werden jährlich bearbeitet. „Europa ist viel“, bringt es Vollrath auf den Punkt. Seit dem Vertrag von Lissabon ist die Europäische Kommission zu deutlich mehr Unterrichtung der nationalen Parlamente verpflichtet. Nicht jeder Abgeordnete kann alle

diese Dokumente lesen. Deshalb werden sie von der Abteilung selektiert und zusammengefasst. Wenn es in Brüssel mal schnell gehen muss, heißt das auch hier Nacht- und Wochenendschichten – wie zum Beispiel als es um die Rettungsprogramme für Griechenland ging.

HERAUSFORDERUNGEN IN DER ZUSAMMENARBEIT Neben der räumlichen Distanz stellt die Sprache ein zusätzliches Hindernis für ein reibungsloses Ineinandergreifen von nationalen Parlamentsabläufen und EUVerordnungen dar. Die offiziellen Arbeitssprachen in Brüssel sind Englisch, Französisch und Deutsch, zusätzlich müssen alle Gesetzestexte in die 23 Amtssprachen übersetzt werden. „Aber vor allem bei umfangreichen Hintergrundtexten ist dies längst nicht immer der Fall oder dauert zu lange“, erklärt Dr. Vollrath. Auch Bundestagspräsident Lammert beschwerte sich

Foto: Samuel Grösch

in der Vergangenheit vehement bei der Europäischen Kommission über nicht ins Deutsche übersetzte EU-Texte. Die Sprachproblematik beschreibt das Spannungsfeld zwischen nationalstaatlicher Souveränität und supranationalen Anforderungen gut. Bei der Sprache wollen Nationalstaaten meist alles in ihrer lokalen Sprache lesen, aber für die EU ist es unpraktisch und aufwendig in allen Sprachen gleichzeitig arbeiten zu müssen. Um die Abgeordneten und Verwaltungs­ angestellten darauf vorzubereiten, bietet der Deutsche Bundestag Sprachkurse an. Wie wichtig Europa für den Deutschen Bundestag ist, zeigt sich an einem zweiten Ort im Parlamentsviertel besonders deutlich: ein riesiger, runder Saal mit Blick auf das Marie-Elisabeth-LüdersHaus und die Spree. Eine DeutschlandFlagge und eine Europa-Flagge rahmen die Aussicht ein. Es ist der einzige Ausschusssaal, der Flaggen beherbergt. Dolmetscherkabinen drängen sich am Rand.


ENERGIEPUZZLE

SCHMELZENDE EISBERGE, VERHEERENDE STÜRME, ANSTEIGENDER MEERESSPIEGEL: DER KLIMAWANDEL BEDROHT EUROPA. DOCH STATT MIT EINER STIMME ZU SPRECHEN, KOCHEN DIE LÄNDER IHRE EIGENE ENERGIE-SUPPE. BRAUCHT ES EINE GEMEINSAME LÖSUNG? VON PAUL MEULENEERS Hier tagen die Abgeordneten, die sich am häufigsten mit Europa beschäftigen, denn hier sitzt der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union. „Der Saal ist auch sehr begehrt und nicht immer für den Europa-Ausschuss verfügbar“, gibt Ausschuss-Obmann Alexander Ulrich an. Das Stichwort lautet „Repräsentation“: Hier wird viel Aufsehen um einen Ausschuss gemacht, der zwar als einer von vieren im Grundgesetz verankert ist, aber nicht wirklich viel verantwortet. Der Ausschuss sei „nicht jeden Tag in der Tagesschau“, gibt Ulrich zu. Die meisten Themen, die von der Europäischen Kommission kommen, werden in den jeweiligen Fachausschüssen behandelt. So beschäftigte sich zum Beispiel der Haushaltsausschuss federführend mit den Maßnahmen zur Euro-Krise, nicht der Europa-Ausschuss. Auf die Frage, warum es den Ausschuss dann noch gibt, antworten die Abgeordneten ausweichend: Sie seien stets beratend tätig und bei Themen, die die EU direkt betreffen, der federführende Ausschuss. Dazu kommt, dass alles, was der Bundestag macht, immer „über Bande gespielt“ werde, erläutert Bundestagsabgeordnete Dr. Katharina Barley (SPD). Der Bundestag kann Stellungnahmen beschließen, die die Bundesregierung bei ihren Verhandlungen in Europa berücksichtigen muss. Die Bundesregierung bestimmt im Ministerrat die Europa-Politik mit. So kann der Bundestag nur über zwei Stationen mitwirken. Und selbst diese Möglichkeit nutzt er jährlich nur bei ungefähr 10 Prozent der Richtlinien.

oder Richtlinie in die Zuständigkeit der Europäischen Union gehört. Ein Viertel der Mitglieder des Bundestages muss dies beantragen. Wenn mehrere nationale Parlamente sich dieser Rüge anschließen, muss die Europäische Kommission den Vorschlag überprüfen. Der Bundestag kann in der Europapolitik also hauptsächlich kontrollieren. Gerade mit der großen Koalition sei dies nicht einfacher geworden, kritisiert Bundestagsabgeordnete Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen). Die große Mehrheit erschwere eine effektive Kontrolle der Bundesregierung, erläutert sie weiter. Auch das erforderliche Viertel der Abgeordneten für eine Subsidiaritätsrüge erreicht die Opposition nicht im Alleingang.

AUF DER SUCHE NACH DEM RICHTIGEN REZEPT Insgesamt hakt es noch an einem Patentrezept, wenn es um die ideale Form der Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Bundestag und der EU geht. Ob der Bundestag die richtige Mischung der Zutaten gefunden hat, bleibt die Frage. Dr. Vollrath von der Unterabteilung PE weiß, dass das europäische Zusammenspiel eine dauerhafte Herausforderung für alle Mitgliedsstaaten bleiben wird und bringt es auf den Punkt: „Wir sind noch nicht bei Kilometer 38 des Marathons angekommen. Europa verändert sich ständig.“

SPANNUNGSFELD ZWISCHEN LEGISLATIVE UND EXEKUTIVE Auf diese Weise entsteht ein Spannungsfeld zwischen Legislative und Exekutive: Die Bundesregierung als Exekutive erhält über die Europäische Union legislative Kompetenzen. Die Bundesregierung kann den Bundestag dann theoretisch sogar über europäische Richtlinien zu Gesetzgebungen zwingen. Dazu muss sie aber noch einige andere Länder und das Europäische Parlament überzeugen. Auf nationaler Ebene gibt es in Deutschland ein ähnliches Prinzip: Die einzelnen Bundesländerregierungen sitzen im Bundesrat und stimmen über die deutsche Gesetzgebung ab. Das einzige Instrument des Deutschen Bundestages, direkt in die EuropaPolitik einzugreifen, ist die sogenannte Subsidiaritätsrüge oder -klage. Damit kann der Bundestag anzweifeln, dass eine bestimmte europäische Verordnung

Jula Matzner 17, Kassel Albert Wenzel 17, Hamburg ... sind sich einig, dass in ihnen mehr Europa steckt als im Bundestag.

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undestagsabgeordnete Dr. Franziska D u r z Brantner (Bündnis 90/Die Grünen), ( C S U ) . stellvertretendes Mitglied des Europa- Der SPDAusschusses im Deutschen Bundestag, ist B u n d e s sich sicher: „Der Klimawandel ist nicht zu tagsabgeordnete stoppen, wenn alles so weiterläuft wie bis- H a n s - J o a c h i m her.“ Tatsächlich hat sich die Europäische Schabedoth pflichtet ihm Union die Klima- und Energiepolitik auf die bei, dass Deutschland nicht Fahnen geschrieben. Bis 2020 sollen min- autark und keine Insel sei. Wie schnell sich destens 20 Prozent der Kohlenstoffdioxid- eine gemeinsame Zusammenarbeit realisieEmissionen reduziert und der Anteil erneuren lasse, bleibe indes offen. Laut erbarer Energien und die Energieeffizienz Dr. Schabedoth gebe es zwar um 20 Prozent einen Trend, „aber ob gesteigert werwir das heute oder den. morgen sehen, weiß Einfach ich nicht.“ „Der Klimawandel zu erreichen Die Eurosind diese Ziele päische Union ist nicht zu stoppen, nicht. Ein Prounterstützt in ihwenn alles so weiterblem stellen ren Publikationen läuft wie bisher.“ die vielfältigen und Berechnungen Strategien und die Überlegungen der der EnerPolitiker. Nicht nur giemix der politisch, sondern Dr. Franziska Brantner (MdB), Mitgliedsauch ökonomisch sei Bündnis 90/Die Grünen l ä n d e r die Zusammenarbeit dar. Nationötig, da sie „kostennale Interessen dämpfend wirken wiegen bisher und die Versorgungsstärker als die sicherheit gewährleieuropäischen. Nach der sten“ könne, heißt es im Energiefahrplan Katastrophe im japanischen 2050 der Europäischen Kommission. Fuku­shima will Deutschland bis 2022 aus Bereits 2007 erklärte Bundeskanzlerin der Atomenergie aussteigen und vermehrt Dr. Angela Merkel, dass die Energiewende auf erneuerbare Energie aus Wind, Wasser die größte Herausforderung des 21. Jahrund Sonne bauen. In anderen Ländern, wie hunderts sei. Weniger Aufgaben sind es Frankreich, gewinnt die Atomkraft seither nicht gewordagegen wieder mehr Fans. Polen den. wiederum baut ver­ stärkt auf fossile Brennstoffe. Besonders die deutsche „Die EnergieEnergiewende wird im Ausland als Luxusprojekt betrachtet, wende ist ein weil sie so stark auf NachhalThema, das tigkeit fokussiert ist und nicht sich nur noch vordergründig Versorgungssicherheit europäisch begewährleisten muss, wie das handeln lässt.“ Handelsblatt feststellte. Eine einheitliche europäische Energiepolitik Hansjörg Durz (MdB), als Lösung forderte CSU der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, im April dieses Jahres. Zumindest eine verstärkte Zusammenarbeit in diesem Gebiet befürworten auch einige Mitglieder des AusPaul Meuleneers schusses für Wirtschaft und En20, Münster ergie im Deutschen Bundestag. ... hat einen flä„Die Energiewende ist mischen Nachnamen ein Thema, das sich und viel Energie für nur noch europäisch Wandel. behandeln lässt“, erklärt MdB Hansjörg

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SETZT EUROPA DER UNION GRENZEN?

DIE EU IST EIN POLITISCHES KONSTRUKT, EUROPA EIN KONTINENT. SO WEIT SCHEINT DIE LAGE KLAR. AM BEISPIEL TÜRKEI ZEIGT SICH JEDOCH, DASS DIE GRENZEN NICHT SO EINDEUTIG SIND WIE GEDACHT. VON ADRIAN ARAB & PATRICK GROSSE

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in Beitritt der Türkei zur EU ist umstritten. Das liegt unter anderem daran, dass die Union bereits jetzt sehr groß ist und an den Rand Europas stößt. Derzeit gehören 28 Länder zur EU – geografisch nimmt sie eine große Fläche ein und grenzt bis ans Uralgebirge. Das wirft Fragen auf: Wie groß soll die EU werden? Müssen Europas Grenzen auch die Grenzen der Europäischen Union markieren?

EU-KANDIDATEN MÜSSEN KOPENHAGENER KRITERIEN ERFÜLLEN Bereits jetzt gehört mit Zypern ein asiatischer Staat zur Union. Auch die Türkei, mit der die Union seit 2005 über einen Beitritt verhandelt, liegt zum Großteil in Kleinasien. Dass das Land bislang nicht zur EU gehört, hat neben geografischen auch politische und kulturelle Gründe. Ob ein Land rechtlich der Union beitreten darf, bestimmen die Kopenhagener Kriterien. 1993 legte der Europäische Rat mit ihnen fest, was beitrittswillige Länder vorweisen müssen. Neben einem stabilen politischen Apparat muss der EU-Anwärter demokratisch, rechtsstaatlich und

wettbewerbsfähig sein, Menschenrechte gefährdert, dass die neuen Grenzen eiund Minderheiten schützen. Zudem muss ner um die Türkei erweiterten EU an sich der Staat dazu bereit erklären, das in den Krisenherden Syrien und Irak lägen. der EU geltende Recht zu übernehmen. Das weiß auch der Europa-Ausschuss Die Türkei tut sich mit diesen Vor- des Deutschen Bundestags. Die Lage ist gaben schwer. Noch immer herrschen schwer abzuschätzen, betont Bundesim Land weder Meinungsfreiheit noch tagsabgeordneter Maik Beermann (CDU). Gleichberechtigung. Deutlich wird das „Ich kann nicht sagen, ob eine Aufnahme etwa durch den Konflikt mit den Kurden. der Türkei den Weltfrieden beeinflussen Zudem liegt das Land nur zu drei Prozent würde.“ in Europa. Für Befürworter eines EU-Beitritts der Türkei stellt letzteres kein Hin- EU BESTEHT AUF HOHE STANdernis da. So sagt etwa Sebastian Sönk- DARDS sen, Vertreter der Türkisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer: „Es gibt Für Sönksen indes könnte eine Expankeinen Grund, die EU auf den europä- sion über die Grenzen Europas hinaus ischen Kontinent zu beschränken.“ Auch den Dialog zwischen Ländern förreligiöse und kulturelle Differenzen müs- dern. Durch eine EU-Erweiterung nach sen laut Sönksen kein Problem darstel- Vorderasien bestehe die Möglichkeit, Brülen: „Obgleich die große Mehrheit dem cken zwischen verschiedenen Kulturen Islam anhängt, hat die Republik Türkei zu schlagen. starke kulturelle, wirtschaftliche und geDarunter dürfen aber nach Ausschichtliche Wurzeln und Verbindungen sage der Parlamentarierer die Werte der zu Europa.“ Union nicht leiden. In der Türkei herrMit einer Aufnahme der Türkei schen Zustände, „die mit dem Leitbild könnte die Union zudem zeigen, dass sie der EU nicht übereinstimmen“, so Beerauch gegenüber muslimisch geprägten mann. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ländern offen ist. Gegen einen Beitritt Dr. Dorothee Schlegel betont, dass die führen Kritiker etwa die Sicherheit Eu- demokratischen Standards der Euroropas an – diese wäre eventuell dadurch päischen Union hochgehalten werden

müssen. Eine Erweiterung sei nur auf hohem Niveau denkbar. Das bestehe in der Türkei zurzeit noch nicht. Doch das gegenseitige Interesse an einem Beitritt sei ohnehin zurückgegangen. „Die türkische Gesellschaft ist durch die eher ablehnende Haltung zentraler Akteure der EU frustriert“, berichtet Sönksen. Das gelte auch für die Regierung. Auch die EU und die Staats- und Regierungschefs stünden der Aufnahme zum Großteil skeptisch gegenüber. Verhandlungen gebe es aber weiterhin. „Die EU fördert das friedliche Zusammenleben der Völker in Europa“, fasst Sönksen zusammen. Ob die Türkei als neues Mitglied an diesem Prozess teilnehmen wird, entscheidet sich frühestens nächstes Jahr. Entscheiden werden dann wohl nicht nur die geografischen, sondern auch die Grenzen auf Papier. Adrian Arab 17, Bonn Patrick Große 20, Mayen ... sind 1/742 500 000stel der Menschen, die den Europäischen Traum Tag für Tag leben.

ICH VERSTEH' IMMER NUR „KOMMISSION“ IN BRÜSSEL HAT DIE EUROPÄISCHE

KOMMISSION IHREN HAUPTSITZ. VOM ALLTAG VIELER EU-BÜRGER IST SIE WEIT WEG. AUFBAU UND AUFGABENFELD DER KOMMISSION SIND DESHALB GERADE JUGENDLICHEN OFT EIN RÄTSEL. VON SHONAI HALFBRODT

D

ie Europäische Kommission nimmt innerhalb der Union eine wichtige Rolle ein. Als vollziehende Gewalt funktioniert sie ähnlich wie eine staatliche Regierung: Die Kommission – oder vielmehr die Kommissare – schlagen unter anderem Gesetze vor und sorgen dafür, dass die EU-Mitglieder diese einhalten. Aus diesem Grund wird die Kommission auch „Hüterin der Verträge“ genannt. Die sogenannten Kommissare haben mit der Polizei nichts zu tun. Vielmehr sind sie ähnlich wie Landesminister für ein Ressort zuständig, also verantwortlich für bestimmte Angelegenheiten der EU, wie Bildung, Umwelt oder Handel. Jeder der 28 EU-Mitgliedstaaten stellt einen Kommissar, den das Europäische Parlament bestätigt. Der deutsche Kommissar Günther Oettinger vertritt beispielsweise das Ressort Digitale Wirtschaft und Gesellschaft. In der EU-Kommission sind alle Mitglieder gleichberechtigt. Damit die Institution trotzdem wie ein Organ arbeitet,

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gibt es einen Präsidenten, der Ziele für alle vorgibt. Seit dem 15. Juli 2014 ist Jean-Claude Juncker Präsident der Europäischen Kommission.

VIEL BEACHTET, OFT MISSTRAUT Auf Grund der Europawahl bekam die Kommission dieses Jahr viel Aufmerksamkeit von den Medien. Unter EUBürgern hat sie aber keinen guten Ruf: In Deutschland vertrauen ihr laut dem Online-Portal Statista gerade einmal 35 Prozent. „Behörden wie die der Europäischen Kommission sind immer ein Stück weit bürgerfern – egal ob auf nationaler oder internationaler Ebene, weil sie sich mit Politik und abstrakten Themen beschäftigen“, erklärt Florian Podewski, Vorstandsmitglied der Jungen Europäischen Bewegung (JEB). „Zudem ist die EU-Kommission ein Sonderfall, da sich

ihr Sitz in Brüssel befindet und sie somit ein wenig abgeschottet von den meisten Menschen ist.“ Auch die Öffentlichkeitsarbeit der Europäischen Kommission sei wegen der sprachlichen und kulturellen Vielfalt schwierig. „Dennoch gibt es Versuche der EU-Kommission, diese Bürgerferne zu überwinden, zum Beispiel mit Europe-Direct-Zentren, die die Bürger über die EU informieren sollen“, so Podews­ki. Reicht das aus? Mithlieder des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung glauben, dass beispielsweise die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) genug Aufklärungsarbeit in puncto EU liefert. Allerdings nähmen Schulen solche Angebote nicht zu Genüge an. Um externe Bildungsangebote in den Unterricht aufzunehmen, bräuchten Lehrer zudem mehr Unterstützung. Werner Kathe, Lehrer an der Oberschule in Rehden, ist der Meinung, dass der Politikunterricht in Schulen immer

mehr an Bedeutung verliert. „Das Fach Politik wird mehr und mehr durch Wirtschaft ersetzt. Dadurch nimmt das Interesse junger Leute an politischen Themen ab.“ Zwar gebe es für Jugendliche genug außerschulische Bildungsangebote, doch müssten diese auch genutzt werden, betont Kathe. Juncker hat angekündigt, die EU nicht bloß zu verwalten, sondern zu regieren. Schafft er es so, der jungen Generation das Vertrauen in die Kommission zurückzugeben?

Shonai Halfbrodt 19, Wetschen ... interessiert sich sehr für Europa, dennoch stecken in ihr mehr Deutschland und Indien.


ALLE FÜR EINE, EINE FÜR ALLE

28 ARMEEN GIBT ES IN EUROPA UND ALLE HABEN IHRE PROBLEME. SCHON LÄNGER GIBT ES ÜBERLEGUNGEN, DIE EINZELNEN STREITKRÄFTE ZU EINER GEMEINSAMEN EUROPÄISCHEN ARMEE ZU BÜNDELN. ANSÄTZE DAFÜR SIND BEREITS HEUTE VORHANDEN. VON ELLA KICK & SEBASTIAN SCHEFFEL

E

s ist den europäischen Medien keine Meldung wert: Portugals Armee will zehn neue Hubschrauber vom Typ NH90 anschaffen. Doch Portugal hat kein Geld, die Finanzkrise hat ihre Spuren hinterlassen. Einfach ist der Ausstieg aus dem kostspieligen Projekt nicht. Im Falle eines Vertragsbruchs könnten circa 100 Millionen Euro Strafzahlungen anfallen. Trotz der Einsparungen in Höhe von 200 Millionen Euro belasten die Strafzahlungen den Staatshaushalt und die Armee. Auch das wirtschaftlich starke Deutschland hat mit verzögerten Anschaffungszeiten und explodierenden Kosten zu kämpfen. Derzeit gelten die Armeen in ganz Europa als zu teuer und ineffizient. Im Jahr 2012 dienten in allen Armeen Europas rund 1,45 Millionen Soldaten. Zum Vergleich: Die USA hatten lediglich 1,39 Millionen Soldaten, waren aber an mehr Einsätzen beteiligt. Der Unterschied erklärt sich dadurch, dass in Europa jede einzelne Armee vollständig ausgerüstet sein muss. „Es ist schlicht ineffektiv und veraltet, im nationalen KleinKlein jede Fähigkeit ein bisschen beherrschen zu wollen“, meint MdB Thomas Hitschler (SPD) in der Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestags vom 08. Oktober 2014 zur Lage der Deutschen Bundeswehr. Sein Fazit: „Die Entwicklung wird zwangsläufig in Richtung einer europäischen Armee gehen müssen.“

EINE IDEE – VIELE ANSÄTZE Die Idee einer vereinten Streitkraft gibt es schon seit über fünfzig Jahren. Und deren Umsetzung wird – darüber sind sich die meisten Experten und Politiker einig – immer notwendiger. Bereits heute gibt es Ansätze einer zwischenstaatlichen Zusammenarbeit wie etwa die DeutschFranzösische Brigade. Am Zustandekommen einer Europäischen Armee scheiden sich jedoch die Geister. Ein Vorschlag lautet, alle Streitkräfte zusammenzulegen. Bedenklich wäre allerdings die Größe der daraus entstehenden Armee. Möglich wäre auch, dass jedes Land Soldaten in einen gemeinsamen Pool entsendet. So würde ein duales System entstehen – auf der einen Seite mit nationalen Armeen und auf der anderen mit einer europäischen Streitkraft. Mit der Entsendung von Soldaten würden die einzelnen Länder aber auch Hoheitsrechte, wie die Bestimmung über den Verteidigungsetat sowie die Befehlsgewalt und Souveränität über ihre Streitkräfte abgeben. Politiker geben sich handlungsbereit: „Ich persönlich könnte mir vorstellen, die Entscheidung über

Foto: Samuel Grösch

SEHEN SO SOLDATEN UNTER EU-FLAGGE AUS?

Einsätze an das Europäische Parlament diese Richtung gibt es schon heute: Die abzugeben. Aber auch eine Verbindung Gemeinsame Sicherheits- und Verteidibeider Parlamente wäre denkbar“, meint gungspolitik der EU betreibt beispielsetwa Dr. h. c. Gernot Erler, Außenpolitik- weise eine militärische Zusammenarbeit experte der SPD-Bundestagsfraktion. „In namens „Pooling and Sharing“. Zum anderen Ländern ist das kaum möglich. „Pooling“ gehört die gemeinsame EntwickSo gibt es in Frankreich keine Parlaments­ lung einer Waffentechnologie. Bisher gibt entscheide zu militärischen Einsätzen. es 20 verschiedene Programme zur EntEine Übertragung an die EU wäre daher wicklung von Panzern, dementsprechend der übernächste Schritt, der momentan hoch sind die Kosten. Die Spezialisierung eher unrealistisch ist.“ einzelner Länder auf bestimmte FähigAbgesehen von organisatorischen keiten heißt „Sharing“. Staaten tauschen Problemen bei der Umsetzung fehlt es hierbei ihre Fähigkeiten aus, wodurch Abderzeit auch an Kompromissbereitschaft. hängigkeiten entstehen können. Zwar arbeiten die Länder außenpolitisch An dieser Stelle kommen wieder die eng zusammen. Bis ein gemeinsamer portugiesischen Hubschrauber ins Spiel. Nenner gefunden ist, vergehen trotzdem Der Kaufauftrag könnte nach Vorschlag oft Jahre. von Florian Hahn von EU-Staaten, die Die Vorteile einer europäischen sich auf diesem Feld spezialisieren, überArmee wären gesteigerte Effizienz und nommen werden. Die gesamteuropäische geringere Kosten für EU-Mitgliedstaaten, Armee bleibt vorerst eine Vision. Hahns meint Bundestagsabgeordneter Florian Konzept liegt aber schon im Kanzleramt Hahn, der Sprecher für Verteidigung und vor. Angelegenheiten der EU der CDU/CSUBundestagsfraktion ist.

HISTORISCHE ENTWICKLUNG

EIN SCHRITT NACH DEM ANDEREN

2009

Doch bis aus der Idee Realität wird, dauert es nach Meinung der meisten Politiker noch lange. Ohnehin würden sich nicht alle EU-Staaten sofort an einer Umsetzung beteiligen; eine mehrteilige Erweiterung, vergleichbar mit der der Eurozone, wäre wahrscheinlicher. Erste Schritte in

Ella Kick 19, Garching Sebastian Scheffel 17, Vogtsburg ... werden von Tag zu Tag mehr Europäer.

1950

Der französische Premierminister René Pleven stellt die Idee einer Europäischen Armee unter dem Kommando eines europäischen Verteidigungsministers oder einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) vor

1954

Die französische Nationalversammlung lehnt die Ratifizierung des EVG-Vertrags ab

1991

Vertrag von Maastricht: Errichtung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)

1999

Formulierung eines Planziels (Headline Goal) zum Aufbau einer europäischen Eingreiftruppe

2003

Vertrag von Nizza: Einführung der Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Vertrag von Lissabon: ESVP wird zur GSVP (Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik)

2010

Europäischer Rat nimmt schwedisch-deutsche Initiative (Gent-Prozess) zur vertieften militärischen Zusammenarbeit an (Pooling & Sharing)

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GRENZE MENSCH

GRENZEN BILDEN UNSERE IDENTITÄT UND PRÄGEN UNSER ZUSAMMENLEBEN. GERADE UNSERE GENERATION GILT ALS GRENZENLOS. DOCH AN WELCHEM PUNKT ÜBERSCHREITEN WIR EINE GRENZE UND STOSSEN ANDERE MENSCHEN VOR DEN KOPF? DIE THEMATIK UND DER BEGRIFF DER GRENZE. VON KAJA KRÖGER & KONSTANTIN HAGGENMÜLLER

S

chranke, Limit, Extrem. Unsere Welt besteht aus Grenzen. Räumliche Grenzen, die Nationen voneinander trennen, unüberschreitbare Grenzen für sozial schlechter gestellte Menschen, Grenzen der Toleranz, Grenzen als Identität. Aber was ist überhaupt eine Grenze? Eine Grenze, wie wir sie kennen, markiert schon seit langer Zeit den Anfang und das Ende eines territorialen Machtgebietes und dient zur Machtsicherung. Doch Grenzen kann man auch auf eine höhere Ebene übertragen. Man kann unterscheiden zwischen natürlichen und vom Menschen konstruierte Grenzen, zwischen Schranken, die nur im Kopf existieren und Grenzen, die rechtlich oder kulturell manifestiert sind. Eine natürliche Grenze beschreibt ein im Laufe der Erdgeschichte entstandenes Hindernis für den Menschen, wie ein Fluss oder eine Gebirgskette. Man kann diese Art von Grenzen in der Regel nicht aufheben – im Gegensatz zu einer menschlich erschaffenen Grenze, deren Verlauf durch politische oder gesellschaftliche Handlungen verändert wird. Die Frage nach Grenzenlosigkeit beinhaltet automatisch die Frage, wer wir sind. Was macht uns aus? Was lehnen wir ab? Was befürworten wir? Was wünschen wir uns? Was macht uns glücklich?

Foto: Kati Märten / jugendfotos.de

SCHRANKEN SIND AUCH GRENZEN

WIE BILDET SICH EINE IDENTITÄT? Damit sich der Mensch einer Gruppe zugehörig fühlen kann, muss er sich von einer anderen abgrenzen. Wovon, oder besser gesagt, von wem wir uns abgrenzen, hängt davon ab, in welcher sozialen Stellung wir uns befinden. Sind wir Teil einer „eher privilegierten“ Gesellschaftsschicht, sind wir in unserem Zusammenleben mit Anderen meist kaum oder gar nicht eingeschränkt. „Weniger privilegierte“ Menschengruppen haben es hingegen meist schwerer und spüren die Grenzen in der Gesellschaft, am Arbeitsmarkt und vor allem im Bereich der Chancengleichheit stärker. Das Abgrenzen voneinander fördert die Bildung einer eigenen Meinung. Und diese beantwortet sie, wer wir überhaupt sind. Je nachdem auf welcher Seite der Grenze wir stehen, eröffnen sich uns andere Möglichkeiten und blicken wir aus einer anderen Pers­ pektive auf die jeweils andere Seite.

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Toleranz ist bei der Verständigung ein unverzichtbares Gut. Deshalb hat auch die Europäische Union in der Charta der Grundrechte Punkte vereinbart und unterschrieben, die jegliche Diskriminierung verbieten. Wir haben die freie Entscheidung, wie wir mit Menschen umgehen, die nicht Teil unserer kulturellen, sprachlichen oder politischen Gemeinschaft sind. Es ist unsere Entscheidung, wie wir diese wahrnehmen und mit ihnen umgehen. Wir entscheiden auch, ob wir unser Gegenüber nur tolerieren oder ob wir ihn akzeptieren und respektieren, wie er ist.

GRENZÜBERTRETUNGEN HEUTE Grenzübertretungen können auch nützlich sein: Vor allem unsere Generation profitiert von der grenzenlosen Mobilität und Freiheit innerhalb der Europäischen Union. Dank Programmen wie Erasmus und Jugendbegegnungen steht unserer

Generation die Möglichkeit eines interkulturellen Dialoges und des Abbaus von Vorurteilen offen. Eine Grenze hat aber immer zwei Seiten: Es macht die einen zu einer Gemeinschaft und grenzt die anderen nach außen ab. So profitieren von diesen Rechten lediglich die Bürger der EU-Mitgliedsstaaten. Dagegen sind in vielen Gebieten der Erde dem Ausleben der eigenen Identität Grenzen gesetzt. Weltweit werden Menschen in ihren Grundrechten wie der Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt. Gerade in aktueller Zeit begehren junge Menschen aufgrund globaler Vernetzung und eines wachsenden Austauschs in vielen Ländern auf, wie beispielsweise in der Ukraine, um ihre Rechte einzufordern und sich gegen herrschende Systeme aufzulehnen. Die meisten von Menschenhand geschaffenen Grenzen, egal ob räumlich, sozial, politisch, kulturell oder strukturell, können abgebaut beziehungsweise bis zu einem bestimmten Grad durchlässig gemacht werden: Dazu ist ein Dialog zwi-

schen den Parteien diesseits und jenseits der Grenze erforderlich. Es liegt gerade in der Verantwortung unserer Generation, diesen Dialog zu führen und das Fundament für eine zukünftige Generation Grenzenlos zu legen. „Vollendet ist nichts, was kein Ende hat. Das Ende aber ist eine Grenze.“ Aristoteles

Kaja Kröger 17, Pinneberg Konstantin Haggenmüller 18, Windorf-Hidring ... haben genug Europa in sich, um grenzenlos glücklich zu werden.


F RISC H , F R U CH T I G, S E L BS TGE P R E S S T – M IT M ACHEN @PO LIT IK O RAN G E.DE

I MPR ESSUM Diese Ausgabe von politikorange entstand beim Jugendmedienworkshop im Deutschen Bundestag 2014, der vom 05. bis 12. Oktober in Berlin stattfand. Herausgeber und Redaktion: politikorange c/o Jugendpresse Deutschland e.V., Alt-Moabit 89, 10559 Berlin www.politikorange.de

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rintmagazine, Blog und Videos: politikorange erreicht sein Publikum über viele Kanäle und steht neuen Wegen offen gegenüber. Junge, kreative Köpfe berichten in wechselnden Redaktionsteams aus einer frischen Perspektive. Ob aktuelle Themen aus Politik und Gesellschaft oder die kritische Begleitung von Veranstaltungen – politikorange ist mittendrin.

POLITIKORANGE – DAS MULTIMEDIUM politikorange wurde 2002 als Veranstaltungszeitung ins Leben gerufen. Rund 130 Ausgaben wurden seither produziert. Seit Anfang an gehören Kongresse, Festivals, Parteitage und Events zum Programm. 2004 kamen Themenhefte hinzu, die aktuelle Fragen aus einer jugendlichen Sichtweise betrachten. 2009 nahm politikorange Video und Blog ins Portfolio auf und präsentiert spannende Beiträge unter den Labels politikorange TV und blog.politikorange.de.

WO KANN ICH POLITIKORANGE LESEN? Gedruckte Ausgaben werden direkt auf Veranstaltungen und über die Landesverbände der Jugendpresse Deutschland e.V. verteilt. Im Online-Archiv auf politikorange.de können digitalisierte Magazine durchgeblättert und Videos aufgerufen werden. Printausgaben können kostenlos nachbestellt werden – natürlich nur, solange der Vorrat reicht. Für das Stöbern auf dem Blog genügt der Aufruf von blog.politikorange.de.

WARUM EIGENTLICH POLITIKORANGE? Welchen Blick haben Jugendliche auf Politik und gesellschaftliche Veränderungen? politikorange bietet jungen Menschen zwischen 16 und 26 Jahren eine Plattform für Meinungsaustausch und den Ausbau eigener Fähigkeiten. Engagement und Begeisterung sind die Grundpfeiler für journalistisch an-

spruchsvolle Ergebnisse aus jugendlicher Perspektive. Frei nach dem Motto: frisch, fruchtig, selbstgepresst.

WER MACHT POLITIKORANGE? Junge JournalistInnen – sie recherchieren, berichten und kommentieren. Wer neugierig und engagiert in Richtung Journalismus gehen will, ist bei politikorange an der richtigen Adresse. Genauso willkommen sind begeisterte FotografInnen, VideoredakteurInnen und kreative Köpfe fürs Layout. politikorange funktioniert als Lehrredaktion: Die Teilnahme ist kostenlos und wird für jede Ausgabe neu ausgeschrieben – der Einstieg ist damit ganz einfach. Den Rahmen für Organisation und Vertrieb stellt die Jugendpresse Deutschland. Du willst dabei sein? Infos zum Mitmachen gibt es unter politikorange.de­, in unserem Newsletter und via Facebook und Twitter. mitmachen@politikorange.de

Der Jugendmedienworkshop im Deutschen Bundestag ist ein Projekt der Jugendpresse Deutschland in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Deutschen Bundestag. Chefredaktion (V.i.S.d.P.): Pia Bayer (pia.bayer@briefhansa.de), Inka Philipp (inka_philipp@yahoo.de) Redaktionsleitung: Christina Mikalo, Susann Eberlein Redaktion: Jonas Adler, Adrian Arab, Raphael Bergmann, Jana Borchers, Robert Fischbach, Patrick Grosse, Konstantin Haggenmüller, Shonai Halfbrodt, Carmen Herzing, Darline Jonasson, Ella Kick, Leonie Kunze, Marvin Kutz, Kaja Kröger, Jula Matzner, Paul Mauleneers, Anna Pia Möller, Lioba Müller, Leonard Palm, Lisa Pramann, Sandra Schaftner, Sebastian Scheffel, Luise Scherp, Roman Schönemann, Felix Schröder, Daniela Völp, Albert Wenzel, Sabrina Winter, Jana Woydt, Cagdas Yüksel Bildredaktion: Samuel Grösch (info@samuelnoahphotography.de) Layout: Maximilian Gens (max@maximiliangens.de), Paul Ramisch (paul.ramisch@gmail.com) Projektleitung: Viktoria Hahn (v.hahn@jugendpresse.de) Tino Höfert (t.hoefert@jugendpresse.de) Betreuung: Bianca Schmalz, Bernd Fiedler, Jonas Kunze Druck: BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH Auflage: 15.000 Ein besonderer Dank gilt den Partnern: dem Deutschen Bundestag, insbesondere Andrea Arolt, der Bundeszentrale für politische Bildung, insbesondere Michaela Conen sowie Sophia von Carnap-Bornheim, und dem Team der Jugendpresse Deutschland. Zuletzt danken wir den zahlreichen engagierten Abgeordneten.

Foto: Maximilian Gens

DER JUGENDMEDIENWORKSHOP IM DEUTSCHEN BUNDESTAG

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nser Foto zeigt das Team und die Teilnehmer des Jugendmedienworkshops im Deutschen Bundestag 2014. Beim Jugendmedienworkshop im Deutschen Bundestag setzen sich jedes Jahr

30 junge Journalisten kritisch mit dem aktuellen politisch-parlamentarischen und gesellschaftlichen Geschehen auseinander. Vorab und während des Workshops werden journalistische Grundlagen vermittelt und die kritische Auseinandersetzung mit den Medien geschult. 2014 trafen die jungen Medienmacher

während der Workshopwoche auf Parlamentarier des Deutschen Bundestages, erfahrene Hauptstadtkorrespondenten und Experten zum Workshopthema Generation Grenzenlos. Diese Treffen bildeten die Recherche-Grundlage für die Ausgestaltung dieses Themenmagazins.

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Jens Lumm / photocase.de

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Neu im Oktober 2014: Ausgabe #6 Kostenloses Abo unter www.bpb.de/magazin, magazin@bpb.de


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