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Sandmann, bitte kommen

Heiazeit. Wenn das Baby eingeschlafen ist, hat Mama endlich Zeit für sich … so der Plan. Doch der lange Weg bis dorthin ist für viele so anstrengend, dass die Eltern oft mit einschlafen. Warum auch nicht?

Wenn das In-den-Schlaf-Singen nicht mehr hilft, wo man als übernächtigte Mama oder Papa rasch Hilfe bekommt und warum eigentlich alle Babys gut schlafen können. Daniela Butcher ist ganzheitliche Schlafberaterin für Babys und Kinder und hat einen Verein gegründet, der Eltern wieder neue Perspektiven aufzeigt, wenn die Augenringe schon zu dunkel sind. von heidrun henke

Papa steigt um 3 Uhr nachts ins Auto und fährt mit dem kleinen Schreihals durch die leere Stadt, so lange, bis das nervenzehrende Geschrei endlich aufhören möge. Mama wippt den gefederten Kinderwagen im Pyjama und Halbschlaf durch die Wohnung. Papa sitzt auf dem Pezziball und schaukelt sein Kind so lange in den Schlaf, bis er Krämpfe in den Beinen bekommt. Auch ein beliebter Trick: nachts den Föhn einschalten, Baby beruhigen und dabei die anderen Familienmitglieder wecken. Klingt für kinderlose Menschen teils wunderlich, witzig oder beängstigend. Ist aber mit Babys leider normale Realität. Daniela Butcher kennt diesen Alltag als dreifache Mama nur zu gut. „Es ist skurril, was Eltern teilweise auf sich nehmen, damit ihre Babys – und somit auch sie selbst – wieder zu Schlaf finden“, erzählt die Schlafberaterin, die mit ihrem Verein „Kinderschlafberatung“ eine Anlaufstelle für verzweifelte, ratlose Eltern geschaffen hat. Sie ist davon überzeugt: „Geht es den Eltern gut, geht es meist auch den Kindern gut. Denn es muss das ganze System zusammenspielen.“ Sie räumt auf mit gut gemeinten, aber veralteten Ratschlägen von Familienangehörigen oder Freunden und liefert konkrete Informationen und Fakten rund um das Thema Babyschlaf. Dabei werden Fragen beantwortet, die im Kinderalltag immer wieder auftauchen: Was brauchen Kinder und Babys, um sich zu entspannen und gut einzuschlafen? Muss mein Baby das Schlafen lernen? Wieso schläft mein Kind nicht durch? Was kann ich tun, damit mein Baby durchschläft? Soll das Kind besser alleine schlafen oder bei den Eltern? Ab wann soll ein Baby alleine schlafen? Was soll ich tun, wenn mein Baby beim Einschlafen weint? Ist das häufige Stillen nachts normal? Leidet mein Baby unter einer Schlafstörung?

Das Konzept der Schlafberatung ist bindungsorientiert, ganzheitlich und bedürfnisorientiert. Das bedeutet, dass die Gefühle ernst genommen werden und ein Kind niemals alleine gelassen oder weinend

Daniela Butcher

ist Psychologin, Stillberaterin, Doula und Schlafberaterin. Sie hat den Verein Kinderschlaf gegründet – für ganzheitliche Babyschlaf- und Kinderschlafberatung. Meist ist eine einmalige Beratung ausreichend, um der Familie weiterhelfen zu können. Das Gespräch dauert zwischen 40 und 90 Minuten; die Tarife liegen zwischen 50 und 80 Euro pro Stunde.

www.kinderschlafberatung.com www.schlafkindlein.com

gelassen wird. Schlaftrainings lehnen die Schla eraterinnen des Vereins grundsätzlich ab, denn sie sind überzeugt, dass sich diese negativ auf die Kinder auswirken. Eine Schla eratung ist immer sehr individuell und speziell auf die Bedürfnisse und die Situation der Familie abgestimmt.

Kinder schlafen anders

Daniela Butcher ist Psychologin, Stillberaterin, Doula und seit fünf Jahren auch Schlafberaterin. Sie selbst hatte bei ihrem ersten Sohn viele schlafl ose Nächte und fühlte sich komplett überfordert. „Überfordert, vor allem von meinen eigenen Ansprüchen“, wie sie im Nachhinein feststellt. „Doch in Wahrheit hat sein Schlafverhalten einfach nicht meinen Erwartungen entsprochen. Ich dachte, ich lege ihn in ein Gitterbett, und er schläft ein. In dieser Zeit waren meine Nerven ganz dünn, und ich hatte keinerlei Unterstützung.“ Die Wienerin zog nach der Geburt des ersten Kindes in die Heimat ihres Mannes, nach England. Sie hatte dort weder Familie noch soziales Umfeld oder Netzwerk. „Fast stündlich wachte mein Sohn auf, und ich dachte mir immer, irgendwas stimmt nicht, oder ich mache etwas falsch. Ich hätte damals dringend eine Beratung gebraucht und Menschen, die meine Ängste und Sorgen verstehen.“

Den eigenen Weg in den Schlaf fi nden

Aus der Not heraus hat sich Daniela dann selbst des Themas angenommen, recherchierte viel über Babyschlafverhalten, las einschlägige Literatur und erarbeitete sich langsam ihren eigenen Weg, ihre eigene Methodik. „Als Mutter hört man oft nur Kritik von außen und bekommt viel zu viele Ratschläge, die nicht dem eigenen Gefühl entsprechen. Der Intuition zu folgen, ist mitunter eines der wichtigsten Dinge, die man durchs Muttersein lernen muss.“ Oftmals helfen auch schon kleine Infos weiter, um den Umgang mit der Situation zu erleichtern. Dass Babys häufi g in der Nacht aufwachen, manchmal auch jede Stunde bzw. nach jedem Schlafzyklus, ist nichts Ungewöhnliches. Kinder haben auch viel mehr REM-Phasen und schlafen deshalb unruhiger. Biologisch betrachtet kann das häufi ge Aufwachen aber auch vor dem plötzlichen Kindstod schützen. Mit viel Hintergrundwissen und einer anderen Einstellung, vor allem niedrigeren Ansprüchen an Babys Schlafverhalten, ging es beim zweiten Kind schon viel besser. Daniela kehrte mit ihrer Familie wieder nach Österreich zurück und gründete 2016 in der Steiermark den ehrenamtlichen Verein für Kinderschla eratung. Mit ihr zählt der Verein mittlerweile 43 Schla eraterinnen aus Österreich und Deutschland, die man für Hausbesuche (oder auch Zoom-Gespräche) kontaktieren kann. Je nach Ausbildung und Erfahrung der Schla eraterin kostet eine Stunde 50 bis 80 Euro, eine Einheit dauert 40 bis 90 Minuten. Fast immer ist eine einmalige Kinderschla eratung ausreichend, um der Familie weiterhelfen zu können. Dabei werden alle Aspekte erfasst, die Einfl uss auf den Familienschlaf haben: aktuelle Schlafsituation, die Bettsituation, wird das Baby gestillt oder nicht, schläft es alleine, ist das Kind müde genug. „Oft wird auch der Schla edarf eines Babys überschätzt. Wenn ich mein Baby um 7 Uhr ins Bett bringe, kann ich nicht erwarten, dass es bis zum Morgen durchschläft. Auch bei den Kindern gibt es Nachteulen, die am

Willkommen, Gürkchen Club!

gurkerl.at bekommt Zuwachs. Der neue Gürkchen Club bietet exklusive Vorteile, die Mitgliedschaft ist kostenfrei!

Junge Familien und werdende Eltern mussten in den letzten Monaten starke Nerven und Organisationstalent beweisen. Um ihr Leben bei den wöchentlichen Einkäufen für die Familie weiter zu erleichtern, hat sich gurkerl.at ein spezielles Programm für sie einfallen lassen: den neuen Gürkchen Club. Dank eines Payback-Systems erhalten werdende Eltern und junge Familien mit Kindern bis 12 Jahren Credits für den nächsten Einkauf zurück – bei wöchentlichen Einkäufen von 100 Euro werden so pro Monat bereits 20 Euro in Credits gutgeschrieben. Außerdem sparen sie nicht nur Zeit beim Einkaufen, sondern auch bares Geld mit den über 60 Preisreduktionen des Gürkchen Clubs, die nur für Mitglieder zugänglich sind.

liebsten spätabends ins Bett gehen. Man sollte ganz genau auf den Biorhythmus des Kindes achten“, erzählt die Beraterin. Nach dem Aufzeigen der Schlafentwicklung und der Reife des Kindes werden den Eltern Wege vorgestellt, welche die Nächte erleichtern und verbessern können. Ratschläge oder Tipps sind tabu. Stattdessen hat man sich bei dem Verein darauf geeinigt, Informationen als Basis für Entscheidungen zu liefern. „Es gibt außerdem immer mehrere Lösungswege“, berichtet Daniela von ihrer Arbeit. „Wichtig ist, dass der Weg immer authentisch ist. Es hilft nichts, wenn ich etwas weiterempfehle, das so gar nicht zur Familie passt. Die Lösung muss aus den Eltern selbst herauskommen, nur dann wirkt es auch nachhaltig.“

Zuhören hilft

Neben all den sachlichen Infos stehen die Schlafberaterinnen vor allem auch für Verständnis und ein offenes Herz. „Oft ist schon ein großer Schritt getan, wenn die Mama zu uns kommt oder wir zu ihr, und sie sich gehört fühlt mit all ihren Sorgen.“ Allein das „Darüber-reden“ entlastet schon sehr und entspannt die Grundstimmung der Hauptbindungsperson (meist der Mama). „Wenn wir Hausbesuche machen, erleben wir am Anfang oft eine gestresste und unruhige Atmosphäre, das Baby weint, die Mutter fühlt sich schlecht, weil sie es nicht beruhigen kann. Während wir reden und zuhören, entspannt sich die Situation von Minute zu Minute, das Baby schläft ein, und die Mama kann sich endlich entspannen.“ Je relaxter die Bindungsperson, desto entspannter ist im Normalfall auch das Baby. Denn Gefühle übertragen sich in hohem Ausmaß auf das Baby. „Natürlich gibt es auch Schreibabys oder Spezialfälle, wenn organisch etwas nicht stimmt. Das sollte man unbedingt medizinisch abklären. Aber im Grunde können alle Babys gut schlafen. Sie schlafen im Mutterleib schon die meiste Zeit ihres Daseins. Sie kennen und können schlafen. Oft muss man auch am Urvertrauen arbeiten und versuchen, eine Atmosphäre des Vertrauens wieder herzustellen.“

Bedürfnis und Angewohnheit

Was aber spricht gegen Pezziball und nächtliche Ausfahrten mit dem Auto, um Babys zum Schlafen zu bringen? „Das Schaukeln kennen die Babys bereits aus dem Bauch“, erklärt Daniela. „Wir unterscheiden aber zwischen Angewohnheit und Bedürfnis. Angewohnheiten können wir wieder abgewöhnen. Vor allem, wenn diese zu anstrengend und aufwendig für die Eltern sind. Das Entwöhnen dauert zwar etwas, und das Baby wird protestieren – aber was hat die Familie davon, wenn der übermüdete Papa jede Nacht im Kreis um den Block fährt? Hingegen greifen wir niemals in die kindlichen Bedürfnisse wie Nähe, sichere Bindung oder Körperkontakt ein.“

Gefragt nach den ultimativen Tipps zum Einschlafen, ist die Expertin zurückhaltend: „Es wäre unprofessionell, jeder Familie ein Patentrezept zu verschreiben.“ So individuell wie die Bedürfnisse, so individuell sind auch die Ansätze. Eines gilt jedoch immer: Die beste Lösung ist die, bei der die gesamte Familie zum meisten Schlaf kommt. Wie und wo auch immer das ist. Selbst wenn das im großen Matratzenlager am Dachboden ist. Schlafkonstellationen können ruhig kreativ sein. „Vielleicht sollte man sich manchmal bewusst machen, dass es Teil der Elternaufgabe ist, die Gefühle des eigenen Babys auszuhalten, auch negative wie Weinen und Brüllen. Manchmal kommen bei solchen Situationen die eigenen Traumata hoch, und man wird wieder mit seiner eigenen Kindheit konfrontiert. Doch das ist eine andere Geschichte, keine 5-Minuten-Gute-Nacht-Geschichte“, schmunzelt die Schlafexpertin.

LESETIPPS

Daniela Simon-Butcher (Hrsg.) & Karolin Ohrnberger: Mimi muss schlafen; bestellbar über daniela.butcher@ schlafkindlein.com, € 10,50 Ein Buch über nächtliches Abstillen für Kinder ab dem ersten Geburtstag und deren Eltern. Die kindgerechten Illustrationen helfen dem Kind beim Verständnis dieser Veränderung.

Adam Mansbach (Illu: Ricardo Cortés):

Verdammte Scheiße;

schlaf ein!; Dumont, € 10,30 Zeigt mit Augenzwinkern die ungeschönte Wahrheit zum Thema Kinderschlaf. Verzweifelte Eltern können sich ihre Verzweiflung von der Seele lachen, wenn Kuscheltiere und Geschichten nicht mehr helfen.

Daniela Dotzauer: Babyschlaf; Mabuse Verlag, 29,–Fundiertes Grundwissen zur kindlichen Schlafentwicklung. Eltern lernen, wie sie zu ruhigeren Nächten gelangen – mit Fallbeispielen und Dialogen aus der Beratungspraxis der Autorin. Um das Kleine zum Schlafen zu bringen werden Eltern erfinderisch: vom einlullenden Schlaflied über den wippenden Pezziball bis hin zur nächtlichen Autofahrt.

Tipps für müde Eltern

Die Schlafexpertinnen wehren sich gegen Pauschallösungen. Hier trotzdem ein paar Übungen, die weiterhelfen können: • Visualisierungsübung „Erden“: Stell dir vor, du bist ein Baum und verwurzelst dich fest im Boden. • Tiefe Bauchatmung für mehr Ruhe • Unterstützung auch für Mama und

Papa suchen und sich gegenseitige

Auszeiten schaffen • Ansprüche an Babys Schlaf runterschrauben • Akzeptieren und Annehmen der Situation statt dagegen Ankämpfen und

Sich-Wehren

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