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Plädoyer für mehr Berührung
Unsere Gesellschaft leidet an Berührungsarmut. Das war bereits vor der Pandemie so und hat sich seither verschlimmert. Alexandra Gelny, Sprecherin des Österreichischen Dachverbands für Shiatsu (ÖDS), weiß, wie wichtig Berührung für alle Altersgruppen ist.
von inez ardelt
Tipi: Welche Rolle spielt Berührung für Hirnentwicklung und mentale Gesundheit?
Alexandra Gelny: Wenn wir über die Wichtigkeit von Berührung für die Hirnentwicklung und mentale Gesundheit von Kindern sprechen, dann ist zu bedenken, dass es nie um Berührung im isolierten Sinne geht. Sie ist eingebettet in Zuwendung, Aufmerksamkeit, Beziehung und soziale Interaktion. Zwar hat Frederick Harlow in seinen Experimenten mit Rhesusaffenbabys in den späten 50ern die Wichtigkeit von Körperkontakt mit einer pelzigen Muttertier-Attrappe zeigen können. Allerdings zeigte sich in Folgestudien auch die essenzielle Wichtigkeit von sozialen Kontakten für die gesunde emotionale Entwicklung von Kindern.
Mittlerweile wird nicht mehr angezweifelt, dass ein Neugeborenes fürsorgliche Berührung für sein Überleben und seine Entwicklung braucht. Kinder, die mit einem Mangel an Berührungen (wie Umarmungen und Gehaltenwerden) aufwachsen, zeigen eine Vielzahl von Beeinträchtigungen: gestörtes Wachstum, Beeinträchtigungen in motorischer und kognitiver Entwicklung, eine erhöhte Häufigkeit von Erkrankungen wie Diabetes, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese Erkenntnisse stammen zu einem großen Teil aus den erschreckenden Beobachtungen der weitgehend isolierten Kinder in rumänischen Waisenhäusern der 70er und 80er, denen sowohl Bezugspersonen als auch Berührungen fehlten.
Wie wichtig liebevolle Berührung für die psychische Gesundheit ist, zeigen relativ neue Erkenntnisse aus der Epigenetik: So konnte z.B. der US-amerikanische Neurologe Michael J. Meaney nachweisen, dass das Ausmaß der liebevollen Zuwendung, die Neugeborene durch ihre Eltern erhalten, beim Säugling zu dauerhaften Veränderungen einer Gensequenz führt, die dabei hilft, Angst und Stress auszugleichen – die also für Beruhigung zuständig ist. Sie ist beim Neugeborenen noch „blockiert“ und wird durch die liebevolle Zuwendung „entblockiert“. Das hat zur Folge, dass der Organismus des Kindes dauerhaft gegen überschießende Angst- und Stressreaktionen geschützt ist.
Bei depressiven Erwachsenen (bei denen es in der frühen Kindheit einen Mangel an fürsorglicher Zuwendung gab) zeigt sich, dass diese Blockade nicht vollständig aufgelöst wurde.
Interview
Shiatsu verhilft durch Berührung zu mehr Wohlbefinden und Gesundheit. Dabei stärkt die japanische Form der Körperarbeit sowohl psychisch als auch physisch.
Depression, Angst-, Essstörungen etc. vorbeugen?
In Bezug auf Erkrankungen wie Depression, Angst oder Essstörungen kommt der achtsamen Berührung eine wesentliche Bedeutung zu: Sie bewirkt, dass Menschen sich in der Welt verankern, In-Beziehung-Treten können und ihre (Körper-)Grenzen wahrnehmen und schützen. Gerade für die Entwicklung der Körperwahrnehmung von Kindern und Jugendli-
TIPPS VON DER DIPLOMIERTEN SHIATSU-PRAKTIKERIN ALEXANDRA GELNY:
• Nehmen Sie sich bewusst Zeit für Berührung – für das Geben ebenso wie für das Nehmen. Auch das bewusste Annehmen von
Berührung, wenn sie z.B. von Kindern geschenkt wird, ist wichtig. • Langsamkeit entdecken. Ein langsames, etwas konkreteres Streichen kann oft beruhigender sein als ein schnelles „Streicheln“. • Gemeinsam zum Shiatsu gehen und sich als Familie Inputs für zu
Hause holen • Sich wohlfühlen und der Respekt der Bedürfnisse des anderen haben immer Vorrang.
chen ist es daher wesentlich, regelmäßig aufmerksame Berührung zu erfahren. So erleben sie sich als wahr und real. Hinzu kommt: Berührung holt uns immer ins Hier und Jetzt. Das ist vor allem im Zusammenhang mit Angst wichtig. Berührung hilft uns, uns sicher zu fühlen. Shiatsu ist hier eine e ektive Möglichkeit.
Wie kann diese besondere Form der Berührung, eine Methode der Körperarbeit aus Japan, unsere eigene Berührungsqualität verbessern?
Die Wichtigkeit von Berührung für Gesundheit und Wohlbefi nden wird im Shiatsu aufgegri en und mit wirkungsvollen Behandlungstechniken verknüpft. So kann diese Form der Körperarbeit physisch und psychisch unterstützen und stärken. Eine Shiatsu-Behandlung begleitet aus einer angespannten Situation in die Entspannung, fördert die Erholungsfähigkeit und steigert das Wohlbefi nden. Der Fokus liegt dabei nicht auf einem Krankheitsbild, das es zu „reparieren“ gilt, sondern auf dem gesamten Menschen mit all seinen Bedürfnissen. Shiatsu-Praktiker sind daher Experten für achtsame Berührung in einer sicheren Umgebung. Dass Shiatsu auf die Ausschüttung von Oxytocin wirkt, konnte bereits wissenschaftlich in einer Pilotstudie von Claudia Leyh-Dexheimer gezeigt werden.
Was macht die Oxytocin-Ausschüttung genau?
Wenn wir von einem Menschen auf eine Art und Weise berührt werden, die uns guttut, schütten wir das Hormon Oxytocin aus, das auch als „Kuschelhormon“ bekannt ist. Oxytocin ist mächtig – es senkt die Atemfrequenz und den Blutdruck und bewirkt Entspannung im Körper. Oxytocin ist der mächtigste Gegenspieler der Stresshormone im Körper. Diese Reaktion auf Berührung lernt unser Organismus übrigens nicht erst nach der Geburt, sondern schon im Mutterleib: Der Tastsinn ist der erste Sinn, der sich entwickelt, und schon ab Woche 17 schicken die Hautzellen des Fötus Impulse an das Gehirn, die eine Freisetzung von Hormonen, eben auch Oxytocin, bewirken. Generell gilt: Haben sich die erwähnten Krankheitsbilder erst einmal manifestiert, ist medizinische und psychologische Unterstützung notwendig. Jedoch kann Shiatsu hier eine wichtige Ergänzung in der Therapie sein.
Wie kann Berührung in unseren Familien wieder gefördert werden?
Ein erster Schritt ist, die Wichtigkeit von aufmerksamer Berührung zu thematisieren und ins Bewusstsein der Menschen zu rücken. Wenn es irgendeinen positiven E ekt der aktuellen Corona-Krise gegeben hat, dann vielleicht den, dass wir durch die Kontaktbeschränkungen am eigenen Leib erlebt haben, wie unersetzlich Berührung für uns ist und welche negativen Auswirkungen Berührungsarmut auf uns hat. Natürlich hat jede Familie ihre individuelle, gelernte „Berührungskultur“. Im Umgang mit Kindern ist es wichtig, das Thema spielerisch und authentisch anzugehen und Bedürfnisse und Grenzen zu respektieren.
Kann man durch bestimmte Berührungen aktiv den Stress-Level senken?
Voraussetzung dafür ist, dass Berührung als beruhigend wahrgenommen wird, Vertrauen und die Sicherheit, dass die eigenen Bedürfnisse respektiert werden. Berührung, die aktiv den Stresslevel senkt, ist Berührung, die die Ausschüttung von Oxytocin fördert. Hier eignet sich zum Beispiel langsames „Ausstreichen“ von der Körpermitte zu den Händen und Füßen. Ein Tempo von etwa 3 cm pro Sekunde hat eine besonders beruhigende Wirkung, bei Kindern darf es etwas schneller sein. Auch Berührungen am Rücken, an den Schultern und den Oberarmen können helfen, den Stresslevel zu senken. Manchmal ist es aber wichtiger, dass zuerst die Füße berührt werden, um den Menschen wieder zu „erden“. Nachhaltig den Durst zu löschen liegt in deiner Natur: mit Emil, der gesunden Glas-Trinkflasche! Jetzt in vielen Designs und in fünf Größen für kleine und große Osterhasen.
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Shiatsu-Anleitungen für zu Hause
• Sich morgens gegenseitig an
Armen und Beinen innen und außen abklopfen – das fördert die
Durchblutung und macht munter. • Sich gegenseitig Füße und Hände massieren. Jeden Zeh, jeden Finger einzeln. • Den Bauch sanft massieren oder eine Hand auf den Bauch und die andere am unteren Rücken ablegen und so die Körpermitte halten und stärken. • Den Brustraum (Herzbereich) und den Bauch mit den Händen verbinden.
Welchen Effekt haben ShiatsuBehandlungen auf Kinder und die ganze Familie?
Shiatsu bietet Kindern die Möglichkeit, sich auf angenehme Weise zu spüren. Durch Shiatsu werden die Bedürfnisse ganz direkt wahrgenommen, ohne sie mit Worten erklären zu müssen. Schon ein paar Shiatsu-Sitzungen fördern das Wohlbefinden und bringen Ruhe ins Kinderleben. Auch Eltern und Lehrer bestätigen immer wieder, dass schon nach wenigen ShiatsuEinheiten positive Veränderungen am Kind wahrnehmbar sind.
Bei Jugendlichen kommt noch ein Aspekt dazu: Sie erleben nicht nur Anforderungen durch die Schule (und derzeit den Stress der Pandemie), sondern auch tiefe körperliche, seelische und soziale Umbrüche. Mögliche Auswirkungen sind Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Nervosität und allgemeines Unwohlsein. Doch auch schwerwiegende Problematiken und seelische Erkrankungen wie etwa Essstörungen nehmen seit Jahren zu. Shiatsu kann hier gut unterstützen. Die Behandlungen helfen Jugendlichen, ihren eigenen Körper und ihre Empfindungen besser kennenzulernen und bringen blockierte Lebensenergie wieder in Schwung. Die Jugendlichen können Stress besser abbauen und lernen, ihre Grenzen zu berücksichtigen. Regelmäßige ShiatsuBehandlungen können zu einer gesunden Entwicklung der Jugendlichen beitragen und stärken den gesamten Organismus.
Was die „ganze Familie“ betrifft: Wenn Eltern die „Auszeit“ einer Shiatsu-Behandlung genießen, lassen sie diese Erfahrung auch gerne ihren Kindern zuteilwerden. Lässt eine Mutter zuerst sich selbst und anschließend ihr Kind behandeln, erleben beide die Entspannung des anderen. Und sie erhalten gleichzeitig Ideen für zu Hause. Häufig geben Shiatsu-Praktiker Eltern und Kindern einfache Übungen und Techniken mit. Meiner Erfahrung nach haben Kinder große Freude daran, ihre Eltern im Entspannen zu unterstützen. Auf diese Weise bringt Shiatsu eine „neue Qualität“ von Berührung und Fürsorge in die Familien.
SHIATSU ZU HAUSE
Shiatsu eignet sich besonders gut für die Anwendung zu Hause und in der Familie, da es nicht invasiv ist und keine speziellen Utensilien benötigt werden. Die Basis ist ein respektvoller Umgang miteinander und Achtsamkeit in der Berührung. Im Shiatsu (shi bedeutet Finger, atsu heißt Druck) geht es nie um das Prinzip, „Es muss wehtun, um zu wirken“, sondern um das Wohlfühlen.
In den 60ern hat Shiatsu in Japan einen regelrechten Boom in privaten Haushalten erlebt. Einer der ShiatsuPioniere jener Zeit, Tokujiro Namikoshi, zeigte im Fernsehen regelmäßig Anleitungen für die Anwendung von Shiatsu zu Hause und hat dadurch die Popularität noch vergrößert.
Warum macht es Sinn, Kindern ShiatsuGriffe beizubringen und ihre taktile Selbstwirksamkeit zu stärken?
Shiatsu basiert auf einem respektvollen und achtsamen Umgang mit sich selbst und anderen. Das eigene Spüren hat immer Vorrang vor einer technisch „richtigen“ Ausführung von Shiatsu-Griffen. Kinder lernen dabei über die Reaktion und Rückmeldung, wie wertvoll ihre Berührung für andere ist. Das fördert ihr Einfühlungsvermögen, ihr Selbstbewusstsein und ihre soziale Entwicklung.
GIVE BEES A CHANCE
Bei Hektar Nektar und dem PROJEKT 2028 kann jeder mithelfen, unsere Bienen zu retten.
© Christian Anderl (1), hektarnektar.com (4) *Geschenkbox
In den letzten 30 Jahren ist die Insektenpopulation um 75 Prozent zurückgegangen – mit dramatischen Folgen für die Ökosysteme unserer Erde. Insekten sind die Bestäuber unserer Pfl anzen, und die Honig- und Wildbienen sind dabei besonders wichtig. Die Honigbiene als gezüchtetes „Haustier“ sorgt für die Bestäubung von einem Drittel aller Nutzpfl anzen und gilt nach Rind und Schwein als wichtigstes Nutztier.
Wieso sterben Insekten?
Die Gründe für den Rückgang der Populationen sind vielfältig. Durch Monokulturen mit kurzen Blühzeiten sinkt das Nahrungsangebot, und die Pestizide vergiften nicht nur Insekten, sondern auch die Pfl anzen und in weiterer Folge den Menschen. Zusätzlich verdrängt die Flächenversiegelung Insekten aus ihrem Habitat, und der Klimawandel bringt die Winterruhe und das Immunsystem durcheinander. Zahlreiche Insekten kommen auch mit den höheren Temperaturen nicht zurecht. Die Biene hat noch zwei zusätzliche Probleme: die Varroa-Milbe als Parasit und die Faulbrut. Ohne Imker und Imkerinnen, die sich um die Pfl ege und Aufzucht kümmern, wäre der Honigbienen-Bestand noch mehr gefährdet. Viele Wildbienen allerdings sind schutzlos und massiv bedroht.
Fleißige Helfer
Das Wiener Start-up Hektar Nektar wurde von den Brüdern Martin und Mark Poreda gegründet, um einen aktiven Beitrag zum Artenschutz und zur Unterstützung der Imkerei zu leisten. So entwickelten sie den weltweit ersten digitalen Marktplatz für Bienenhandel und konnten dadurch für die Branche eine deutliche Erleichterung und Professionalisierung scha en. Denn so wichtig die Bienen auch sind, die Imkerei war bis jetzt für viele nur ein Hobby und führte ein Nischendasein. Nur ein Prozent der Imker und Imkerinnen betreibt die Imkerei gewerbsmäßig – das könnte sich nun zum Vorteil der Bienen ändern.
Mach mit!
Beim Hektar Nektar-PROJEKT 2028 kann jeder mithelfen! Die größte digitale BienenschutzInitiative in Österreich und Deutschland bringt Wirtschaft, Privatpersonen und Imker zusammen, um gemeinsam für ein Ziel zu arbeiten: die Steigerung der Bienenpopulation um zehn Prozent innerhalb von zehn Jahren. Unternehmen siedeln dabei
Bienenvölker auf ihrem Betriebsgelände an, und ein professioneller Imker aus der Hektar Nektar-
Community kümmert sich um die fl eißigen Freunde. Als Bienenpate kann sich dann jeder engagieren, der ebenfalls für Maja, Sumsi &
Co. schwärmt. Mit dem Beitrag werden Imker mit Bienenvölkern ausgestattet und WildbienenSchutzprojekte unterstützt.
Erfolgreich gestartet
Seit der Gründung 2017 konnte Hektar
Nektar bereits mehr als 200 Partner-unternehmen gewinnen. Die Imker-Community zählt mittlerweile über 7.000 Mitglieder in Österreich und Deutschland, bald 13.000 Bienenpaten unterstützen das PROJEKT 2028. Dadurch konnte die Anzahl der Bienen um mehr als 30 Millionen Tiere gesteigert werden – weiter so!
weltweit ersten digitalen Marktplatz für Bienenhandel und konnten dadurch für die Branche eine deutliche Erleichterung und Professionalisierung scha en. Denn so wichtig die Bienen auch sind, die Imkerei war bis jetzt für viele nur ein Hobby und Prozent der Imker und Imkerinnen betreibt die Imkerei gewerbsmäßig – das könnte sich nun zum Vorteil Deutschland bringt Wirtschaft, Pri-
Community kümmert sich um die fl eißigen Freunde. Als Bienenpate ausgestattet und Wildbienen-
Schutzprojekte unterstützt.
Erfolgreich gestartet
Seit der Gründung 2017 konnte Hektar Nektar bereits mehr als 200 Partner-unternehmen gewinnen. Die Imker-Community zählt mittlerweile über 7.000 Mitglieder in Österreich und Deutschland,
Ostergeschenk
Da braucht man zu Ostern nicht lange suchen – eine Bienenpatenschaft zu schenken, wäre doch ein sinnvolles Präsent! Bis Ostermontag erhält man bei der Übernahme einer Bienenpatenschaft ab € 60,– sogar eine Geschenkbox* mit Honig, Honigwein, Bienenwachsseife und Honiglö el dazu.