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VON KONKURSEN, KÄFERN UND KLIMANEUTRALITÄT Die Geschichte der AMAG Automobil- und Motoren AG
VON KONKURSEN, KÄFERN UND KLIMANEUTRALITÄT
Die Geschichte der AMAG Automobil- und Motoren AG
Die AMAG ist der grösste Schweizer Automobilimporteur und hat einen Marktanteil von 31.2Prozent. Das Familienunternehmen zählt zu den wichtigsten Treibern der Mobilitätswende. Innovationen und Unternehmertum gehören zur Philosophie der AMAG. Und was einst mit einem Konkurs und einer Handvoll Käfer begann, ist heute ein erfolgreiches und zukunftsorientiertes Unternehmen, das sich ganz und gar der nachhaltigen und individuellen Mobilität verschrieben hat. So wie schon Gründer Walter Haefner an den Erfolg des Automobils glaubte, so ist auch die AMAG überzeugt, dass das Auto noch eine grosse Zukunft vor sich hat.
Die ersten 25 VW Käfer importierte die AMAG 1948 in die Schweiz.
Es ist Mittwoch, der 3.Januar 1945, Walter Haefner steht vor dem Konkursamt in Zürich-Riesbach. Gleich wird er den Grundstein für eine hollywoodreife Erfolgsgeschichte legen. Der damals 34-Jährige hat eine grosse Vision, er will hochwertige Automobile in die Schweiz importieren. Nach seinem Wirtschaftsstudium arbeitete er für Shell und den Schweizer Vertrieb von General Motors. Während des Zweiten Weltkriegs gründete er eine Firma, die bei der «alten» AMAG Automobil- und Motoren AG Holzvergaser in deren Automobile einbaute, da Treibstoffe in den Kriegsjahren knapp waren. Dass nach Kriegsende kein Autobauer noch nach Holzvergasern fragen wird, war Walter Haefner klar und so kam ihm der Konkurs der «alten» AMAG gerade recht. Er übernahm die damals völlig ramponierte AMAG Automobil- und Motoren AG und gründete die «Neue AMAG Automobil- und Motoren AG» mit Sitz am Utoquai 47 in Zürich.
Nach der Übernahme unterzeichnete er bereits im August 1945 einen Importvertrag mit der Standard Motor Company Ltd. Standard war eine der ältesten britischen Automarken. 1903 gegründet, erreichte die Jahresproduktion vor dem Zweiten Weltkrieg über 500’000Fahrzeuge. Während des Krieges bauten sie für die Armee, konnten aber schnell auf eine zivile Produktion umstellen: Bereits wenige Monate nach Kriegsende konnten neue, verbesserte Vorkriegsmodelle die Werkshallen verlassen. Anfang 1946 kamen die ersten Standardmodelle «Eight» und «Fourteen» in die Schweiz und verkauften sich «wie geschnitten Brot». Bereits ein Jahr später konnte der 1000.Standard an einen Kunden ausgeliefert werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die AMAG schon ein Netz mit über 20 unabhängigen Garagenpartnern, die sich um die Belange der Marke kümmerten, und war der zweitgrösste Autoimporteur der Schweiz. Im selben Jahr begann die AMAG auch mit dem Import der Marke Triumph, die ebenfalls zur StandardGruppe und den US-Autos der Chrysler-Gruppe gehörte. Doch Walter Haefner hatte noch einen anderen Käfer im Auge.
DAS GROSSE KRABBELN
Am 29. April 1948 unterschrieb die AMAG den Importvertrag für den «Volkswagen» und schon wenige Tage später rollten die ersten 25 VW Käfer in Lörrach über die Schweizer Grenze. Bis Ende des Jahres kamen noch einmal 1 355 Käfer dazu – mehr als von jeder anderen Marke innerhalb eines vollen Jahres. Dabei war die Übergabe des Volksautos jeweils ein Abenteuer für sich. Während die Käfer teilweise von Volkswagen-Mitarbeitern eigenhändig bis an die Grenze gefahren wurden, warteten auf der anderen Seite bereits sehnsüchtig die Schweizer Händler. Nach der Verzollung zahlten die Händler ihr Auto bar, Kostenpunkt knapp 2 500 Franken, um es anschliessend nach Hause zu fahren und dort den Kunden abzuliefern. Ein Aufwand, der sich gelohnt hat: Bis heute importierte die AMAG mehr als zweieinhalb Millionen VW-Fahrzeuge in die Schweiz – davon in 35 Jahren bis Ende März 1983 genau 320’637 Käfer.
Mit dem Import der Volks-Käfers hatte Walter Haefner bereits einen guten Riecher und 1951 folgte schon der nächste Coup. Am Autosalon in Genf 1951 unterzeichnete die AMAG mit Porsche einen Generalvertretungsvertrag und verkaufte noch im selben Jahr die ersten 78 Exemplare des legendären Porsche 356. 1967 kam Audi dazu, 1984 Seat und 1992 auch noch Skoda. Und weil es schon Ende der Vierzigerjahre kaum noch Platz am Zürcher Seebecken gab, kaufte die AMAG in Schinznach eine alte Zementfabrik samt Bahnanschluss. Am neuen Hauptsitz im Kanton Aargau wurden die Neuwagen angeliefert, die AMAG baute dort auch eine eigene Endmontage auf, die gut zwei Jahr-
Die 1956 eröffnete AMAG Überland in Zürich-Schwamendingen war das AMAG-Flaggschiff seiner Zeit. Sogar ein Mövenpick-Restaurant gehörte zum Komplex.
Die ersten Käfer kamen mit einem Begleit-Käfer in die Schweiz.
zehnte durchhielt – Haefner hatte sich steuerliche Vorteile errechnet, wenn er einen letzten Fertigungsschritt in die Schweiz holte. Doch auch Schinznach kam bald an seine Grenzen und so wurde das Ersatzteillager 1957 nach Buchs und die Neuwagenlogistik 1965 nach Lupfig ausgelagert. Mit dem neu eröffneten Teilelogistik-Zentrum in Buchs revolutionierte die AMAG die Logistikprozesse. Schnelle und professionelle Servicearbeiten standen dabei im Fokus. Auch das neu in Betrieb genommene Fahrzeuglogistik-Zentrum in Lupfig war ein Geniestreich. Beide Einrichtungen – das Teile- sowie das Fahrzeuglogistik-Zentrum – sind heute mehr denn je tragende Komponenten und wichtige Knotenpunkte im AMAG-Alltag.
Die AMAG agierte stets vorrausschauend, nicht nur bei der Logistik und dem Ersatzteilegeschäft, sondern auch beim Aufbau eines Absatznetzwerks. 1952 eröffnete sie einen ersten Filialbetrieb in Bern. 1956 folgte in Zürich an der Ueberlandstrasse eine weitere neue Grossgarage. Manch einer fragte sich, was eine Grossgarage inmitten von Kartoffelfeldern holen wollte. Doch auch da bewies die AMAG ein gutes Gespür. Der Standort zwischen der Stadt Zürich und dem Flughafen war eine Goldgrube und bis 2011 war die AMAG Ueberland das Flaggschiff des Unternehmens. Mittlerweile gibt es schweizweit 82 AMAG-Filialen. Das neue Flaggschiff des grössten Schweizer Autoimporteurs steht heute in Dübendorf. Die AMAG Autowelt in Dübendorf ist bis heute in der Schweiz und ganz Europa ein einzigartiges Konzept und vereint den Verkauf und die ganzen Aftersales-Dienstleistungen aller Automarken der AMAG-Gruppe für ein grosses Einzugsgebiet unter einem Dach. Rund 100 Millionen Franken investierte die AMAG in das Gebäude, das mit seinen Dimensionen und seinen auch räumlich ineinandergreifenden Prozessen einem Kreuzfahrtschiff ähnelt.
BESCHEIDENHEIT UND ZURÜCKHALTUNG
Walter Haefner selbst zog sich bereits nach wenigen Jahren aus dem Tagesgeschäft zurück und führte bis ins hohe Alter von 95 Jahren die übergeordnete Careal Holding AG weiter. Im Sommer 2005 übergab Walter Haefner die Geschäftsleitung der Familienholding seinem Sohn Martin Haefner. So zurückhaltend, wie Walter Haefner sein Leben lang auftrat, so zurückhaltend ist die Holding auch bei der Bekanntgabe von Geschäftszahlen. Aus dem Jahr 2006 ist bekannt, dass das Unternehmen 7 278 Mitarbeitende beschäftigte und einen Umsatz von 4.723 Milliarden Franken erwirtschaftete. Die Careal Holding AG hält zudem eine 26.98-prozentige Beteiligung am USamerikanischen Softwarekonzern CA, Inc., womit die Familie Haefner dessen grösster Aktionär ist.
Das Flaggschiff der AMAG: die AMAG Autowelt in Dübendorf.
Der aktuelle Hauptsitz der AMAG in Cham.
Am 19. Juni 2012 verstarb Walter Haefner im Alter von 101 Jahren. Als er am 13. September 1910 das Licht der Welt erblickte, waren in der Schweiz 2 276 Personenwagen registriert, zum Zeitpunkt seines Todes waren es 5.6 Millionen. Trotz Erfolg und Reichtum blieb Walter Haefner bescheiden und scheute die Öffentlichkeit. Er lebte bis zu seinem Tod im selben Haus in Küsnacht am Zürichsee, fuhr einen VW Käfer, später einen Golf und zuletzt einen Skoda Fabia.
JEDER DRITTE NEUWAGEN 2021 WAR EINE AMAG-MARKE
Heute ist die AMAG der grösste Automobilimporteur und Anbieter von Mobilitätslösungen in der Schweiz. Im letzten Jahr stammte jedes dritte neu zugelassene Personenfahrzeug aus dem Pool der AMAG-Automarken. Insgesamt verkaufte die AMAG im vergangenen Jahr 74’340Neuwagen, ein Plus von 4.3Prozent. Hinzu kommen noch knapp 4600Transporter und 2800Camper von VW Nutzfahrzeuge. Im Jahresvergleich konnte das Unternehmen seinen Umsatz 2021 um rund 300 Millionen auf 4.3 Milliarden Franken steigern.
In den kommenden Jahren investiert die AMAG-Gruppe massiv in Nachhaltigkeit und Digitalisierung und erweitert das Produkt- und Dienstleistungsangebot rund um die Elektromobilität. Seit diesem Jahr können Elektroauto-Interessierte, die bei der Europcar langfristig einen Stromer mieten, sogenannte Verbrennertage erfahren. Pro Mietmonat erhält der Kunde das Recht, während dreier Tage einen Verbrenner zu fahren, die beispielsweise
kumuliert für die Sommerferien genutzt werden können. Mitten in der Transformation befindet sich auch das AMAG-eigene Auto-Abo Clyde.
Clyde ist als Abo-Angebot 2019 lanciert worden und hat sich seither erfreulich entwickelt. Allein im Jahr 2021 hat das Fahrzeugvolumen um 150 Prozent zugenommen. Nun tritt Clyde in eine neue Phase: 2022 beginnt die Transformation zum rein elektrischen Mobilitätsökosystem. Neben den bekannten Vorteilen des Clyde-Angebots wie verschiedenen Laufzeiten, verschiedenen Kilometer-Paketen und Inklusivleistungen wie Versicherung, Steuern, Service, Reifen oder der Lieferung des Fahrzeugs innerhalb von zehn Tagen – inklusive Heimlieferung – wird das Markenportfolio um weitere Marken erweitert. Zudem enthält das E-Auto-Abo nun auch eine Ladeflatrate. Mit der Ladekarte kann in der Schweiz und in ganz Europa unbegrenzt und ohne Zusatzkosten geladen werden.
REDUZIEREN, ELIMINIEREN UND KOMPENSIEREN
Mit dem Mobilitätswandel hat sich die AMAG auch einer klaren Klimastrategie verschrieben. Reduzieren, eliminieren und, wenn nötig, kompensieren heisst die Devise. So will die AMAG bis 2025 als Unternehmen klimaneutral werden. Zudem hat die AMAG die Ambition, bis 2040 einen klimaneutralen Fussabdruck gemäss Net Zero zu erreichen. Ein eigener Klimafonds unterstützt Initiativen und Start-ups, die zur Dekarbonisierung beitragen. Die AMAG bekennt sich zum 1.5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens und zu den Science Based Targets.