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ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur

Deutschland März 2020 / 8 Euro

Zu Hause auf 19 Quadratmetern

Wenig Platz? Diese Wohnungen in Tokio, Melbourne und Paris wachsen über sich hinaus!

Studio

Mini-Küchen maximal!

100

kleine Räume








11 Editorial 14 Impressum 17 Private View 18 Agenda 23 AD stellt vor

25

Stil 26

45 Talent Steven Bukowski 46 Porträt Aesop 50 Porträt Laura Gonzalez

54

Studio Wenn jeder Zentimeter zählt: Wie man eine kleine Küche einrichtet und dabei Stauraum und Schönheit unter einen Hut bringt.

Inspiration & Neuheiten

62 Praxis Bad

Ob Kaktusvase von Daum oder Élitis' paradiesische Dschungeltapete – mit den Style-News des Frühjahrs kommen auch kleine Räume ganz groß raus.

65

32 Thema Alfred Hitchcock 36 Interview Fernando Laposse

40

Inspiration Die neuen Outdoor-Möbel locken in ferne Breitengrade, vom Hochgebirge über die Arktis bis zur Steppe.

Architektur 66

Projekt 32 Prototypen auf nur einem Baugrund: Die Elite der zeitgenössischen mexikanischen Architektur führt mit der Siedlung von Apan vor, wie vielgestaltig sozialer Wohnungsbau sein könnte.

72

Garten 80 000 Tulpen blühen, wo einst Robert „the Devil“ hauste. Der Chefgärtner von Arundel Castle zeigt uns sein Reich. 76 Projekt Baufritz

79

Panorama 80

Kunst Ferien in Portugal 88

Mit zu Binärcodes geronnenen Fakten und viel Kraftwerk-Krawumm komponiert Ryoji Ikeda die ganz große Kunst-Oper. 84 Ausstellungen 86 Bücher

88

Reise Adieu, Paris! Wie ein Künstler und ein Galerist in Portugal zu Hoteliers wurden. 92 Reise Grand Hotel 93 Reise Neuheiten


Inhalt März ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur

Zu Hause auf 19 Quadratmetern Wenig Platz? Diese Wohnungen in Tokio, Melbourne und Paris wachsen über sich hinaus!

96

Studio

Mini-Küchen maximal!

Klein & oho 100 kleine Räume Auf dem Cover: Mit Marmor, Sixties-Möbeln und ein wenig Ironie wurde ein Mailänder Erdgeschoss-Schlauch zur Wohnschatulle.

142

Manhattan Transfer Der Fotograf Björn Wallander tauschte Brooklyns Dachterrassen-Grandezza gegen ein winziges Apartment in Manha an ein. Und hat trotzdem viel Platz für Souvenirs. 148 Summaries 150 AD bei IMM 152 Apropos 154 Genie & Spleen

95

G Glimmender Löw wenzahn 38

Leben Cover: Lea Anouchinsky / Living Inside; Fotos: Felix Forest / Living Inside; Jeremy Josselin; Francisco Nogueira; Porträt: Birgitta Wolfgang Bjørnvad / The Sisters Agency; Grundriss: Isa Lim

96

Bitte mit Pink!

118

Béton brut trifft auf Seide – und Sydney auf Fernost: Als Yasmine Ghoniem ein Penthouse auf Etage 19 gestaltete, ersann sie einen pfiffigen Grundriss. Und füllte ihn mit sa en Farben und sinnlichen Texturen.

Reif für die Insel Mi en im Herzen der Île Saint-Louis: Wie Interiordesigner David Jimenez sein Atelierstudio mit Pariser Charme und neuer Großzügigkeit aufgeladen hat. Bienvenue im Kokon!

126 104

Raumwunder

Alles inklusive

Es gibt vielleicht kein richtiges Leben im falschen. Ein großes im kleinen aber hat durchaus seine Vorzüge, zeigt Architekt Jack Chen in Melbourne.

Endlich viel Platz! Die Pariser Designerin Olivia Clergue atmete auf, als ihr Appartement im Quartier Latin nur noch Wohnung war.

134 110

Schmucke Schachtel

Fenster zum Himmel

Erst wichen Wände und Türen, dann schufen die Architektinnen des Studios A / C mit Marmor, starken Farben und Vintages eine mondäne Mailänder Wohnschatulle mit Fenstern zum Hof.

In eine schmale Baulücke in Tokio passte Architekt Takeshi Hosaka alles ein, was ein Paar zum intensiven Leben und Arbeiten braucht.

Olivia Clergue

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TEFAF MAASTRICHT 7. – 15. MÄRZ 2020 HEMMERLE.COM


AD Editorial

„Weiße Wände, wenig Möbel für kleine Räume? Werfen Sie diese alten Weisheiten über Bord.“

W

Foto: Xavier Béjot; Porträt: René Fietzek

ie die meisten von uns habe ich als kleiner Junge Ende der Siebzi­ gerjahre so gut wie keine Folge von „Tom und Jerry“ verpasst. Sie wissen schon, das Schikanefeuerwerk zwischen Tom, dem nicht allzu schwer zu überlistenden Kater, und Jerry, der ungleich aus­ gebuffteren Maus, die logischerweise immer eine Pfotenlänge vo­ raus war. Natürlich haben Sie noch das schwungvolle Klavier­ geklimper der Eingangsmelodie im Kopf, „vielen Dank für die Blumen“, Udo Jürgens, „vielen Dank, wie lieb von dir“. Es gab in diesem Vorspann jedoch immer eine Szene, auf die ich jede Woche gewartet habe und die ich mir bis heute immer wieder gern bei Youtube anschaue: den Moment, in dem Tom, der sich ja immer – vergeblich – vor dem Mauseloch postiert hatte, um Jerry herauszulocken, das Lüftungsgitter abnimmt und seinen Kopf hinein in die Höhle steckt. Was dort zum Vorschein kam, zog mich ungeheuer an, gemütlich, funktional, das optimale Versteck, das wir doch alle suchen. Jerrys Bude war im Grunde meine erste Begegnung mit Fragen der Wohnungseinrichtung. Eine ungemein clever eingerichtete Einraumwohnung im Shabby Chic mit char­

manten Lösungen: ein gemütliches Bett aus einer aufgerollten Sardinendose mit himmelblauem Kissen, einem Sessel aus einer alten Porzellantasse, getaucht in das Schummerlicht einer grünen Leselampe. Eigentlich doch mehr als genug. Nun wäre es wohl fehl am Platz, angesichts der kleinen Räume, die wir diesen Monat versammelt haben, von Mauselöchern zu sprechen. Gleichwohl gibt es gegenwärtig vor allem in den großen Metropolen von Paris über Tokio bis New York, in denen immer mehr Menschen leben möchten, kaum ein größeres Thema als den fehlenden Platz. Raffinierte Lösungen sind da gefragt, die jeden Zentimeter funktional nutzen und zugleich ein Maximum an Ele­ ganz und Schönheit erzeugen. Eine Herausforderung, die etwa der amerikanische Interiordesigner David Jimenez auf 40 Qua­ dratmetern in Paris keineswegs mit der naheliegenden Variante von cleanen Wänden und zwei ikonischen Möbelobjekten beant­ wortet hat, wie man oben und ab S. 118 sehen kann. Ganz im Ge­ genteil liegt der Reiz unserer Auswahl vor allem darin, wie man alte Weisheiten im Einrichten kleiner Räume gekonnt hinter sich lassen und mit mutigen Farben und Materialien seine eigene Ge­ schichte auch auf 19 Quadratmetern erzählen kann. Jerry gelang das schließlich auf gerade mal ein paar Quadratzentimetern.

O liver Jahn

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W

er Malediven-Feeling vom Feinsten sucht,

ist im frisch renovierten COMO Cocoa Island genau richtig. Die kleine Trauminsel

besticht mit familiärer Atmosphäre, ausschließlich Wasservillen in neuem Design sowie zwei privaten Hausriffen. Im Mittelpunkt stehen fantastische Spa-Anwendungen und die renommierte „COMO Shambhala Küche“. Ein Paradies für Erholungssuchende und Romantiker. Preisbeispiel 7 Nächte ab 2.575 € pro Person/DZ inkl. Halbpension und Transfer mit dem hoteleigenen Schnellboot ab/bis Flughafen Male

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ARCHITECTURAL DIGEST. STIL, DESIGN, KUNST & ARCHITEKTUR erscheint in der Condé Nast Germany GmbH Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München Telefon 089 38104-0 mail@condenast.de, www.condenast.de ad@admagazin.de, www.admagazin.de Chefredakteur Oliver Jahn

Publisher André Pollmann

Redaktion Stv. Chefredakteur & Style Director Dr. Simone Herrmann Art Director Inka Baron Textchef & Kunst Barbara Gärtner Managing Editor Eike Schrimm Interior/Küche/Bad Karin Jaeger Textredaktion Andreas Kühnlein, Dr. Uta Seeburg Stil Sally Fuls (Ltg.), Mona Bergers, Nina Luisa Vesic, Friederike Weißbach Bildredaktion Thomas Skroch (Ltg.), Isa Lim, Samantha Taruvinga Art Department Viviana Tapia (Stv. Art Director), Selina Lang, Anastasia Novikova (Trainee) Assistenz der Chefredaktion Johanna Hänsch Mitarbeiter dieser Ausgabe Andrea Brandis, Reinhard Krause, Sophia Lierl, Iain Reynolds Autoren dieser Ausgabe Larissa Beham, Gesine Borcherdt, Ulrich Clewing, Serge Gleizes, Roland Hagenberg, Florian Siebeck Fotografen dieser Ausgabe Lea Anouchinsky, Xavier Béjot, Benjamin Brinckmann, Felix Forest, Koji Fuji, Tess Kelly, Jaime Navarro, Jörg Puchmüller, Björn Wallander, Rachel Warne, Birgitta Wolfgang Bjørnvad Illustratoren dieser Ausgabe Isa Lim, Anastasia Novikova, Emiliano Ponzi Stylist dieser Ausgabe Nina Luisa Vesic

Anzeigen/Vermarktung Sales Christina Linder, Head of Sales christina.linder@condenast.de, Tel. -430 Brand Advertising Andrea Latten, Brand Director Vogue & AD andrea.latten@condenast.de, Tel. -276 (verantwortlich für Anzeigen) Marketing Angela Reipschläger, Head of Marketing angela.reipschlaeger@condenast.de, Tel. -793 Ingrid Hedley, Marketing Director ingrid.hedley@condenast.de, Tel. -142 Kathrin Ölscher, Marketing Director kathrin.oelscher@condenast.de, Tel. -746 Creative Studio Carsten Schilkowski, Head of Creative Studio carsten.schilkowski@condenast.de, Tel. -365 Advertising Operations Katharina Schumm, Head of Revenue Management, Ad & Marketing Service katharina.schumm@condenast.de, Tel. -135

Büro Mailand Anna Riva, Paola Dörpinghaus Tel. +39 02 29000718, p.dorpinghaus@condenast.it Büro New York Christina Schuhbeck Tel. +1 212 2866856, christina_schuhbeck@condenast.com Schlussredaktion/Dokumentation Lektornet Syndication syndication@condenast.de Redaktion admagazin.de Andreas Kühnlein (Ltg.), Valerie Präkelt (Feature & Social Media Ltg.), Clara Westhoff (Trainee) Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt Oliver Jahn Vertrieb Abonnement-Betreuung Deutschland und Österreich: AD ARCHITECTURAL DIGEST Leserservice Postfach 290, 77649 Offenburg Tel. 0781 6394509 E-Mail: abo@ad-magazin.de, www.ad-magazin.de/abo Jahresabonnement: 68 €; Studenten (gegen Nachweis): 34 € Schweiz: AD ARCHITECTURAL DIGEST Leserservice Postfach, 6002 Luzern, Tel. +41 41 3292244 E-Mail: ad@leserservice.ch, Jahresabonnement: 115 sfr Andere Länder: Adresse siehe Deutschland, Preise auf Anfrage AD ARCHITECTURAL DIGEST (German) (USPS no 24066) is published monthly by Condé Nast Germany. Known Office of Publication: Data Media (A division of Cover-All Computer Services Corp.), 660 Howard Street, Buffalo, NY 14206. Periodicals postage is paid at Buffalo, NY 14205. Postmaster: Send address changes to AD ARCHITECTURAL DIGEST, Data Media, P.O. Box 155, Buffalo, NY 14205-0155. E-Mail: service@roltek.com, toll free: 1-877-776-5835 Bestellung von Einzelheften Preise, Verfügbarkeit und Bestellung unter abo.ad-magazin.de/einzelhefte Für weitere Fragen: Tel. 01806 012906

Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 24 vom 1. 1. 2020. Alle Rechte vorbehalten. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwil­ ligung des Verlags strafar. Für unverlangt eingesandtes Text­ und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. ISSN­Nr. 1433­1764

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Vertrieb Alima Longatti, Head of Direct Marketing & CRM alima.longatti@condenast.de, Tel. -301 Einzelverkauf MZV GmbH & Co. KG, Karsten Reißner (Bereichsleitung) Herstellung Leitung Lars Reinecke, Director Production Digitale Vorstufe/Druck Mohn Media, Mohndruck GmbH Carl-Bertelsmann-Straße 161 m, 33311 Gütersloh Unternehmenskommunikation/PR Dr. Judith Pöverlein, PR-Manager presse@condenast.de, Tel. -842 Finanzen Roland Riedesser, Finanzdirektor Geschäftsführerin und Herausgeberin Jessica Peppel-Schulz


SOFA GREGOR— VINCENT VAN DUYSEN

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10119 BERLIN PLANEN + WOHNEN 22525 HAMBURG CRAMER MÖBEL+DESIGN GMBH 30159 HANNOVER PRO OFFICE 40489 DÜSSELDORF MALZKORN INTERIORS& RAUMAUSSTATTUNG 40667 MEERBUSCH PATRICK TREUTLEIN 52062 A ACHEN MATHES 60594 FRANKFURT AM MAIN EW INTERIOR DESIGN 61350 BAD HOMBURG MÖBEL BRAUM 63456 HANAU MEISER HOME OF LIVING 79689 MAULBURG EINRICHTEN SCHWEIGERT KG 80331 MÜNCHEN BÖHMLER EINRICHTUNGSHAUS GMBH 80636 MÜNCHEN EGETEMEIER 84130 DINGOLFING STEINBERGER WOHKULTUR 89250 SENDEN-ILLER INTERNI BY INHOFER 91054 ERLANGEN DÖRFLER WOHNKULTUR


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Fotos: Douglas Friedman

Alles fließt hier zusammen: Kevin Systrom, Co-Gründer von Instagram, und seine Frau Nicole hatten am Lake Tahoe ihr erstes Date. „Da war es nur passend, dass ich hier um ihre Hand anhielt.“

Kevin Systrom Der Lake Tahoe raunt von den Mythen amerikanischer Ureinwohner und der rauen Romantik des Wilden Westens. Instagram-Mitgründer Kevin Systrom träumte für sein neu erbautes Haus am See von einer Atmosphäre, die sich nach der Lebensgeschichte von Generationen anfühlt. So entstand ein Ort voller Möbel, die schon immer da gewesen sein könnten – wenn auch mit einem gewissen Augenzwinkern, wie o. bei Milo Baughmans Spieltisch. US

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AD Agenda

Wer, wie, was? Redak tion Johanna Hänsch, Karin Jaeger und Reinhard Krause

Neu eröffnet Jil Sander, Paris Nach Umbau wieder da: Flagship an der Avenue Montaigne. jilsander.com

Kustermann, München Neu: Bar und Lounge der Kaufhaus-Ikone am Viktualienmarkt. kus termann.de

Engel Optik, Herisau Brillenkauf als Design-Vergnügen im Appenzellerland, Schweiz. engel- optik.ch

Fritz Hansen online Dänemarks Design-Riese startet E-Commerce in Deutschland. fritzhansen.com

Achille Salvagni Atelier, London

Parole: Himmelblau Geht es nach dem Modehaus Lanvin, werden die 20er unfassbar positiv. Aus Stofffluten und pastellfarbenem Wellblech schufen Dimore Studio in Shanghai einen Showroom wie die ideale Ankleide – mit lauter griffbereiten Lieblingsstücken.

Neue Galerie des Architekten in der Grafton Street, Mayfair. achille salvagni.com

Drei Fragen an Anne Berk Sie haben für das Museum Morsbroich die Ausstellung „Liebes Ding – Object Love“ kuratiert. Was zeigen Sie dort? Zeitgenössische Kunst, die unsere intime Beziehung zu den Dingen offenbart.

Dead simple … ist es dank Bosque, die zum eigenen Profil passende Zimmerpflanze zu finden und zu pflegen. Bislang erst in Berlin: Das Kreuzberger Startup legt Wert auf kurze Wege und wenig Stress für seine slow plants. b osqueplant s.com

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Und was war es, das Sie bei der Recherche für die Schau am meisten überrascht hat? Dass Dinge eine so wichtige Rolle in unserem Leben spielen – wir entwerfen sie, doch dann lassen wir unser Verhalten von ihnen bestimmen. Das Auto assoziieren wir mit Freiheit, aber beim Fahren folgen wir brav der Straße. Was macht denn einen maßvolleren Umgang mit Gegenständen so schwer? Wir leben in einer kapitalistischen Gesellschaft und sind ständig versucht, noch mehr zu kaufen. Shop till you drop! Der Europäer besitzt circa 10 000 Dinge. Es ist schwierig, dies zu ändern, weil wir unsere Identität mit unserem materiellen Besitz verbinden.

Die Niederländerin Anne Berk (g. o.) ist Kunstkritikerin und Kuratorin. Ihre Schau „Liebes Ding – Object Love“ (o. Yvonne Dröge Wendels „Das Ding (Black Ball)“, 2000) läuft noch bis 26.4. museum-morsbroich.de

Fotos: Paola Pansini; Bosque; Ronald van Wieren (2); Kunstwerke: © Anton Cotteleer; © Melanie Bonajo; © Dröge Wendel

lanvin.com, dimore s tudio.eu


ROMEO SOFA


AD Agenda

… im März

Brutal erhebend Manche moderne Kirche wird heute eher abgerissen als ihr Dach saniert. Nicht so die Wallfahrtskirche in Neviges. Mit einer Ausstellung über den Beton-Dom (1963 bis 68) begeht das DAM in Frank rt/Main Go fried Böhms 100. Geburtstag. Bis 26.4.

Legendär

Nicht verpassen! ARCOmadrid

de sign -museum.de

Internationale Messe für Kunst der Gegenwart. 26.2.–1.3. ifema.e s

The Armory Show, New York An den Piers 90 und 94: bedeutende US-Kunstmesse. 5.–8.3. armor yshow.com

Collectible, Brüssel Out of Værløse Wehmut kam auf, als der Vintage-Händler aus dem linken Torhaus an Kopenhagens Bredgade auszog. Jetzt sind die Neuen da – und alles ist wieder gut: Brdr. Krüger fertigen seit 1886 feine Handwerksmöbel – die sie nun erstmals außerhalb von Værløse in einem Showroom präsentieren. Das Interior schuf das junge Duo Bunn Studio. Velkommen! brdr-kruger.com

20

Designmesse mit Schwerpunkt limitierte Auflagen. 5.–8.3. collec tible.de sign

Tefaf Maastricht Acht Themenbereiche, 280 Aussteller, 7000 Jahre Kunst. 7.–15.3. te faf.com

Forward Festival, München Das Zukunftsforum der Munich Creative Business Week. 12.–13.3. for ward-fe s tival.com

Fotos: © Nat Finkelstein Estate / All rights reserved; Inge und Arved von der Ropp / Irene und Sigurd Greven Stiftung; Michael Rygaard; Jürgen Hans / © Vitra Museum

dam - online.de

Das Vitra Design Museum zeigt „Home Stories: 100 Years, 20 Visionary Interiors“, o. etwa Andy Warhols Factory. Auch dabei: der „Coquetier Armchair“ (re.) von ARP, den bereits – Achtung! – Monsieur und Madame Arpel in Tatis „Mon Oncle“ besaßen. Bis 23.8.


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AD stellt vor

Gesine Borcherdt ist bestens vernetzt. Nach fünf Jahren bei „BLAU“, wo sie als leitende Redakteurin tätig war, kuratiert sie nun die Ausstellung „Dream Baby Dream“ (bis 20.12.) im Kerpener Haus Mödrath. Für uns blickte Borcherdt in Mailand hinter eine eher fade Fassade, um festzustellen, „dass Fliesen weich wie Teppiche wirken können“, und brachte eine Pariser Designerin zum Plaudern: „Laura Gonzalez' Möbel tragen eine ganz eigene, warme Kompaktheit in sich.“ S. 134 und 50

MÜNCHNER

STOFF FRÜHLING 12.–15. MÄRZ 2020

Isa Lim

Fotos: Frédéric Schwilden; Ralph Stieglitz; Illustration: Isa Lim

saß genau dort, li. auf ihrem Sofa, als sie sieben Grundrisse für diese Ausgabe illustrierte. Als studierte Innenarchitektin war unsere Fotoredakteurin genau die Richtige, um kleine Räume grandios zu skizzieren. Isa und ihrem Mann genügen übrigens 57 Quadratmeter zum Glücklichsein. Denn: „Weitläufigkeit bietet der Blick auf Bogenhausen.“ Ab S. 96

Ulrich Clewing wurde vor 35 Jahren Berliner. Als der Münchner in den 80ern nach Moabit zog, fand er genau, was er vermisste: „Die Stadt war hässlich, dreckig und grau. Und dafür liebte ich sie.“ Auch heute noch, denn wegziehen würde der Autor auf keinen Fall. Und doch konnte er Björn Wallander verstehen, der sein Brooklyner Loft gegen einen Schuhkarton in Manhattan eintauschte: „Lieber klein und echt wohnen als groß und nur gespielt authentisch.“ S. 142

Neue Kollektionen • 35 Aussteller mit über 90 Marken • Shuttle Service • Guided Tours • Textile Trendshow • Interior Congress • Lange Nacht der Showrooms • Gala-Abend mit Verleihung des Münchner Stoff Frühling Interior Awards

Alle Informationen und Anmeldung: www.stoff-fruehling.de


Green Eine Kollektion von authentischen National Trust Farben mit Originalfarbtönen aus den eigenen vier Wänden von Winston Churchill, George Bernard Shaw und Beatrix Potter. Jetzt erhältlich.

Little Greene Showroom – München Tel: 089 - 55 06 57 57 muenchen@thelittlegreene.com Unser Showroomteam kommt zu Ihnen nach Hause und erstellt ein persönliches Farbkonzept in Abstimmung auf Ihre Einrichtung STOCKISTEN: Ahrensburg – Heinrich Burth Beierfeld – DerRaumDesigner Bielefeld – Wulff Berlin – Gebrüder Tonsor Berlin – Oberflächenwelt Berlin – BlueLiving Berlin – Masion DFH Braunschweig – Berenfeld Interieur Braunschweig – Raumtraum Dormagen – Schoo Dresden – Tapeten und Uhren Duisburg – Raumwerk Niederrhein Düsseldorf – Sundermann & Palm Flensburg – Prasch Farben Frankfurt – Interior Colour Hagen – Klein GmbH Hamburg – Paint & Brush Hamburg – CB Farbenkontor Kiel – Wändezeit Koblenz – Farben Schmitt Raumdesign Köln – Livingwalls Cologne Köln – Michels Raumideen Konstanz – Gradmann Leipzig – Hubert – Schenken.Wohnen.Leben Maikammer – Malerbetrieb Braun München – Farbenfachhandel Hubka München – Parkettbörse Quierschied – Maler Daniel Ravensburg – Farben Sigel Rüdershausen – Meine Wand Trier – Mille Deco Westerland – Farben Schmidt Gebenstorf (CH) – Heierling Maler AG Hausen am Albis (CH) – Bluff Interior & Colour Design Münsingen (CH) – Farbwerk Herren AG Wien (AT) – Marvin Graf

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Stil

Inspiration, Neuheiten, Thema, Interview, Talent, Porträt, Studio und Praxis

Klein, aber froho!

Foto: Benjamin Brinckmann/Studio Condé Nast

Große Ideen für kleine Räume: Sesselchen „Botolo“ von Arflex (über Stephanie Thatenhorst, 2009 Euro), daneben Carpyens Leuchten-Tisch-Kombi „Carla“ (über Freiraum, 798 Euro), darauf Brille „Netta“ (325 Euro) von Oliver Peoples und Glas von Rotter (über Stephan Keller, 190 Euro). Jan Kaths Sitzkissen (vorn, über Böhmler, 2340 Euro) trägt zwei Tabletts von Giobagnara (über Lumisol, ab 365 Euro). Im Hintergrund Dedars „Tiger Silk“.

Redak tion Simone Herrmann und Sally Fuls

Produk tion Nina Luisa Vesic

Fotos B enjamin Brinckmann

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Erfrischender Empfang: Garderobenständer „Tilda“ mit integriertem Pouf von Schönbuch (ab 1569 Euro), darauf Tsat­ sas’ Lammnappatasche „Lato“ (530 Euro). Daran Kleiderbügel „Tangent“ aus Metall von Friends & Founders (ab 32 Euro) und Loewes Mohair­ schal „Stitches“ (490 Eu­ ro). Daneben Spiegel „Cesta“ aus Stahlrohr mit Kunststoffgeflecht von Ames (über Stephanie Thatenhorst, 739 Euro) und Chanels Pumps aus Kalbslackleder (930 Eu­ ro). Stoff „Pop­Up“ von Boussac bei Pierre Frey.

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Foto: Benjamin Brinckmann/Studio Condé Nast; Produktion: Nina Luisa Vesic

Stil Inspiration



Stil Inspiration

Foto: Benjamin Brinckmann/Studio Condé Nast; Produktion: Nina Luisa Vesic

Platz für Bestseller! Bücher­ regal „Turner“ aus Canalet­ to­Nussbaum mit drehbarem Lederaufsatz von Poltrona Frau (5850 Euro). Darauf Jean Rogers Ananas­Skulp­ turen aus Keramik, rechts lugt eine Bronzegiraffe her­ vor (alle über Stephan Keller, je 190, 1150 und 850 Euro). Vorn leuchtet „Setago“ von & Tradition (über Stephanie Thatenhorst, 94 Euro), u. links eine Vintage­Keramik­ vase. Hinter dem lackier­ ten Buchenstuhl „Leggerissi­ ma“ von Podestà (über Lu­ misol, 780 Euro) hängt der Jacquard „Pazl“ von Dedar.

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Stil Neuheiten

Blau-Macher Einfach mal zu Hause bleiben! Platz für entspannte Stunden daheim bietet die Sofalandschaft „Air“ von Sitzfeldts Chef­ gestalter Steffen Kehrle allemal. Aber auch ausgelassenem Toben hält die variantenreiche Serie mit massiven Eichen­ rahmen aus nachhaltiger Forstwirtschaft stand. Bezogen ist die Polsterecke (u,. in zwei Leder­ und sechs Stoffkollektionen mit 76 Farben) mit dem Halbleinen „Fino“, 4409 Euro. FW sitz feldt .com

Mix and match! Alles kann, nichts muss: Ob in kleinen Nischen, als Sideboard oder Bücherwand, das Regalsystem „Fram“ von Mathias Hahn für Another Country passt sich an. In drei Höhen und Farben können die Module aus Eiche oder Esche verbunden und mit Seiten- und Rückwänden versehen werden – oder ganz allein stehen, ab 895 Pfund.

Edles Metall

Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Ordnungs-Upgrade: Durch Manipulation des 3D-Scans klassischer Kleiderhänger schuf OAO Works eine organische Version des Bügels. In Messing gegossen, wird jeder „89“ zum Individuum, 4er-Set 90 Euro.

Goldene Löffel? Auch wer sein Messer auf dem Messingbänkchen „Bench“ der Schmuckdesignerin Valentina Romen für Adorno ablegt, kann sich wie ein kleiner Sonnenkönig fühlen, 268 Euro.

Schreibtisch-Savanne: Pulpos BronzeHerde aus Giraffe, Reh, Nashorn und Schwan erobert die Tablescapes. Die Originalformen aus Papier und Tape sind im Abguss noch erkennbar, Set 820 Euro.

oaoworks.com

adorno.de sign

pulp opro duc t s.com

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Fotos: Norman Konrad/Cosmopola; Another Country; © Pulpo; Valentina Romen; Fahim Kassam

anothercountr y.com


Vispring stellt herrlich gemütliche Betten her... und das seit 1901. Nur die besten natürlichen Materialien – außen wie innen. Haltbarkeit und Komfort stehen an erster Stelle, um Ihnen den besten Schlaf zu ermöglichen. www.vispring.com


Stil Neuheiten Thema

Psycho-delisch Vor 40 Jahren starb der Master of Suspense. Keine Angst! In diesen Designs lebt Hitchcocks Geist weiter.

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Redak tion Nina Luisa Vesic

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1 Bedrohlicher

Vogel? Teppich „Feathers Freeform“ aus Wolle und Seide ist handzahm, 4921 Euro cc -tapis.com 2 Messerscharf: Wandleuchten „Fold“ aus Messing von Hannes Peer nilufar.com 3 Sorgt für Spannung beim Duschen: Vorhang „Art Deco 2“, 52 Euro socie t y6 .de 4 Vom Metalltisch „Vulcano“ tropft blutrotes Glas anthea hamilton.com 5 Handgravierter Ring „River of Birds“, 2880 Pfund c as trosmith.com 6 Marni-esk versteckt! Lederparavent aus der „Roman Molds“-Kollektion f e n di.c o m 7 Fragile Persönlichkeit: „Collapsed Bowl“, schwarzes Porzellan, 3200 Euro oliviawalker.co.uk

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Fotos: Universal Studios / Moviepix / Getty Images; CC-Tapis; Daniele lodice für die Galerie Nilufar, Mailand; Society6; Courtesy of Loewe; Castro Smith; Fendi; Sylvain Deleu

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Stil Neuheiten

Dschungelgrüße Fauvismus für die Wand: Frei nach Henri Rousseau ranken sich naiv-exotische Wedel, Blä er und Palmen über Élitis’ Vinyltapete „Waiting for Eve“. Das Paradies im Panoramaformat erstreckt sich über 3 × 3 Meter (840 Euro). Auch in Wunschgröße. elitis.fr

Bling it on! Nach 45 Jahren Armani gibt Giorgio sein JuwelenDebüt: Wie in der Mode setzt er bei „Borgonuovo“ auf klare Form – und kombiniert zum Cuff aus geschwärztem Gold ein Diamant-Logo, 19 000 Euro. armani.com

Fotos: Élitis; Armani; Mauro Tittoto

Pur in die Vollen Das purpurne Regal der „Labirinti“Kollektion überzeugt leer genauso wie bestückt. Exklusiv für The Gallery Brussels entwarf das Designerduo Studio Zanellato / Bortotto die sechsteilige Möbelserie, um kleinen Schätzen einen Platz zu geben. Die besondere Oberflächenbehandlung der metallenen Setzkästen – gefertigt von De Castelli in Italien – macht die Unikate selbst zu Sammlerobjekten. Preis auf Anfrage. FW thegaller ybruxelle s.com

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Stil Neuheiten Schnick, Schnack, Schnuck Und Stein gewinnt! Zumindest bei den schilfgrünen Salatschalen von Stonemade. Sie bestehen einzig aus dem Naturmaterial, sind von Hand beschliffen und weder versiegelt noch imprägniert, 30 Euro. s tonemade.com

Alles nach Maß Einen Kleiderschrank begehbar machen? Das kann Raumplus dank maßgefertigter Gleittüren, Raumteiler und Schrank­ system im Handumdrehen (wie auf der Skizze oben). Füllen müssen Sie den Stau­ und Schau­Raum danach aber selbst.

Kings of Haka Londons Savile Row ist der Olymp der Herrenkonfektion. Im Townhouse mit der Nummer 14 – wo einst Sir Hardy Amies, der Schneider der Queen, waltete – eröffnet nun das Headquarter von Hackett Bespoke Tailoring. Neben den vergnügten Zebras auf Scalamandrés Tapete eilt dort auch Chefdesigner Jeremy Hackett (o.) durch die Gänge. MB hacke t t .com

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Zeichnung: © Raumplus; Fotos: Lipp Zahnschirm; Hackett (2)

raumplus.de


Tosca armchair & Tao table, design by Monica Armani

Living the good life outside. Love it, live it, share it. www.tribu.com


Stil Interview

Design in jeder Faser Zwischen London und Südamerika arbeitet der mexikanische Designer Fernando Laposse an einer besseren Welt. Seine Entwürfe sind die Essenz problembasierter Materialstudien. Komplex, nachhaltig und – so schön!

Tex t Friederike Weißbach

„Pink Beasts“ (oben): Hängematten und Faultiere aus natürlich gefärbtem Sisal schwingen in der vom Miami Design District beauftragten Laposse-Installation. Der 31-Jährige (rechts) konzentriert sich in seinen Projekten auf Material aus seiner mexikanischen Heimat: Luffa, Agave, Mais.


Fotos: Pepe Molina; Fernando Laposse (4)

P inke Faultiere im Miami Design District! Wie kam es dazu, was steckt dahinter? Ich bekam dort den Auftrag, eine Installation zum Thema Farbe einzurichten. Perfektes Timing, denn ich arbeite seit einigen Monaten mit einem Farbstoff aus Schildläusen. Ich hatte etwas Plakatives aus pinkem Sisal im Kopf, musste meinen Entwurf aber aus Platzmangel in die Luft verlegen. So kam es zu den Hängematten, die ich mit Angela Damman entwickelte, und den Faultieren, den Maskottchen Südamerikas für Nachhaltigkeit. Die Installation sollte nicht nur fotogen sein – man lernt auch etwas über natürliche Materialien und Farben. Wie gehen Sie sonst ein Projekt an? Sobald ich mich für ein Thema interessiere, lese ich möglichst viel darüber und versuche, ein Material zu finden, das in Verbindung mit dem Grundproblem steht. In meinem Mais-Projekt ging es mir zum Beispiel um die Rechte einheimischer Stämme, Biodiversität und den Verlust von indigenem Saatgut. Bei der Arbeit mit Sisal beschäftigt mich, dass diese starke Agavenfaser immer weniger genutzt wird, obwohl sie eine echte Alternative zu Plastik ist. Ich dokumentiere viel mit Filmen und Fotos, spreche mit den Bauern und Arbeitern. Sobald ich ein Material gefunden habe, fange ich an zu experimentieren und zu testen. In dieser Zeit werde ich Teil der Dorfgemeinschaft und selbst zum Handwerker. Erst danach beginnt der Designprozess. Welche Rolle spielt dabei die Funktion, was inspiriert die Form Ihrer Designs? Meine Entwürfe sollen Funktion haben, werden aber eindeutig durch die Materialeigenschaften geformt. Und auch das Gefühl, das mir ein Material vermittelt, beeinflusst die Ästhetik. Sisal hat für mich zum Beispiel etwas Animalisches. Ich denke, die Form der Designs verstärkt diese Qualität. Ich beschäftige mich auch viel mit naiver Kunst und der handwerklichen Tradition von Naturvölkern. Aber ich zitiere diese Ausdrucksformen niemals direkt. In Ihren Stücken steckt sehr viel Handarbeit. Können sie auch in höherer Auflage produziert werden? Ich arbeite daran! Bei Naturmaterialien wie unseren Maisblättern beschränkt der Ernteertrag den Bestand. Aber immer mehr Bauern pflanzen die seltenen Maissorten, wir haben Stromversorgung, eine hydraulische

Wandmosaik: Für „Totomoxtle“ (rechts) experimentiert Laposse mit indigenen Maissorten und verarbeitet die Blätter zu Marketerien. Paravent, Daybed oder (wie u.) Kakao-Set: Auch Luffa lässt sich vielfältig einsetzen. Pretty in pink: Bänke und Tisch (ganz unten) aus rosa eingefärbten Sisalresten, in limitierter Edition.

Presse und immer mehr geschulte Handwerker. So können wir „Totomoxtle“ demnächst als Furnier pro Meter anbieten. Wie beeinflusst die Ausbildung am Central St. Martins Ihre Projekte in Mexiko? Es heißt, niemand sei Prophet im eigenen Land. Ich musste gehen, um meine Heimat mit frischem Blick zu sehen. So habe ich gelernt, das Handwerk zu schätzen, das in Mexiko ganz selbstverständlich ist. Gleichzeitig entwickelte ich so eine Sensibilität für europäisches Design. Sie bewahrt mich vor ästhetischen Mexiko-Klischees.

Was wird Ihr nächstes großes Thema? Avocados! Die Welt ist süchtig danach, und die meisten Früchte kommen aus Yucatán, wo meine Großmutter lebt. Aber die große Nachfrage hat dafür gesorgt, dass die Mafia dieses Geschäftsfeld für sich entdeckt hat. Der exzessive Wasserverbrauch, die illegale Rodung von Wäldern, um Platz zu schaffen, und – weil alle nur die bekannten HassAvocados wollen – der Verlust der Sortenvielfalt sind problematisch. Damit und vor allem mit dem, was sich aus Avocados machen lässt, will ich mich beschäftigen.

Fer na ndo L ap o s s e

„Mit Design kann ich komplexe Ideen und Konzepte in einfacher Sprache ausdrücken.“ 37


Stil Neuheiten

Afrika, lockende Welt Es sind die Farben Tansanias, die Helmut Scheufele zur „Legends of Carpets“-Edition für Walter Knoll inspirierten. Wie gemalt wirken die neuen Teppiche, rechts „Yungiyungi“ aus Wolle, Seide und Brennnessel. Ein Kunststück, das die Atmosphäre am Great Ri Valley (o.) einfängt. 1890 Euro / m2, über Böhmler.

Applike „Pissenlit“ von Mydriaz aus vergoldetem Messing und farbigem Glas Preis auf Anfrage mydriaz-paris.com

Pleased to touch you! Mit sensorischen Gegensätzen spielen, das beginnt bei Destroyers / Builders schon im Namen. Wie gekonnt das Spiel mit Zerstörung und Neuanfang ist, zeigt auch die jüngste Kreation des belgischen Designstudios. Linde Freya Tangelder bearbeitet die „Archetype“-Bank aus maschinell gepresstem Spanholz mit feinen händischen Schnitzkerben – und glättendem Lack. Limitierte Edition, via Nilufar Gallery. MB de s troyer sbuilder s.com

Fotos: Shujaa_777 / Shutterstock; Walter Knoll; Jeremy Josselin; Matteo Bartoli; Porträt: Studio Destroyers / Builders

walterknoll.de, b o ehmler.de



Ruf der Freiheit Die neuen Outdoor-Möbel locken in entlegene Breitengrade. Auf zu einer Abenteuerreisee vom Hochgebirge über die Arktis bis zur Stepp

s: Fer

; Weishäupl; Gandia Blasco; Ink; Sunbrella

Redak tion Mona B erger s und Nina Luisa Vesic Illus tration Anas tasia Novikova

Unter der Höhensonne Textiliens Von oben li. im Uhrzeigersinn: Fermobs Alu-Beistelltisch „Bebop“ (279 Euro) ist der Gipfel! Weishäupls „Klassiker“-Schirm aus Esche, Acryl und Beton (ab 655 Euro) schützt vor Strahlen auf der „DNA Teak“-Liege mit Alugestell von Gandia Blasco, 2570 Euro. Tribùs Teakstuhl „Elio“ mit Flechtschale trägt den Namen des griechischen Sonnengottes, 1995 Euro. Alle Landschaften aus Outdoor-Stoffen von Sunbrella.

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Fotos: Vondom; Manutti; Roda; Blomus; Royal Botania; Sunbrella

Auf der Spitze des Eisbergs Angespült wurde Vondoms „Ibiza“-Liege mit Lamellen aus recyceltem Plastik, Preis auf Anfrage. Gute Aussicht bietet die Récamière aus Manuttis „Flex“-Kollektion, ab 2700 Euro. Und … Action! Rodas Regiestuhl „Orson“ mit Teakgestell, ab 1035 Euro. Steht gut, hängt gut: die vielseitige Alulampe „Ani“ (99 Euro) von Kaschkasch für Blomus. Ankerpunkt ist Royal Botanias Betontisch „Conix“, 4599 Euro.

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Fotos: Isimar; Gloster; Unopiù; Ettore Panichi; Dedon; Sunbrella

Stil Inspiration

Bereit zum Steppentanz Hot on wheels: Der Sonne entgegen strahlt Isimars „Barceloneta Sunlounger“, Preis auf Anfrage. Das Geflecht von Glosters „Fern Lounge Chair“ fächert die Sonnenstrahlen, 2950 Euro. Keine Fata Morgana: Unopiùs „Solar“-Dusche, mit Okoume-Podest und Solarzelle 2140 Euro. Surreal sticht Emus Stahlskulptur „Ficus“ hervor, 2333 Euro. Schirmherr aus Alu und Seil: „Rilly Cocoon Chair“ von Dedon, 2300 Euro.

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VIA PROJEKT N° 18

Die Bühne des Lebens – VIA Platten für gutes Bauen. ZEMENTMOSAIKPLATTEN | TERRAZZOPLATTEN | TROTTOIRPLATTEN | KREIDEFARBE

viaplatten.de


Stil Neuheiten

House on Cards Garantiert ein Full House hat, wer mit Arams Karten spielt: 13 Londoner Wahrzeichen verwandeln jedes schlechte Blatt zum guten. Ein Pokerface bewahren hier höchstens Banausen – aber mit denen will man ja eh nicht spielen. 10 Pfund. aram.co.uk

Ein grüner Daum(en) Dieser Kaktus, er besticht, sticht, stiiicht! Und zwar mit einem vollen Bouquet aus neblig grünen Kristallarmen, die Emilio Robba für Daum als 40 Zentimeter hohe Vase arrangierte. „Jardin de Cactus“, auch in Grau erhältlich, 4900 Euro.

Chrom ade! Black is back: Während die meisten Klassiker im letzten Jahrzehnt in allen Regenbogenfarben relauncht wurden, entschied Knoll sich zum Revival in Schwarz. Marcel Breuers „Wassily Chair“ schimmert in der „Bauhaus-Edition“ nun mit dunklem Metallfinish. Limitiert auf 500 Stück, 2880 Euro. SF knoll-int.com

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Fotos: Aram; Daum; Courtesy of Knoll

daum.fr


Fotos: Jonathan Pivovar, Styling: Jocelyn Cabral (2); Daniel Cochran; Porträt: Samuel Sachs Morgan

Stil Neuheiten

Talent

Linientreu! Steven Bukowskis „Piano Chair“ (o., mit den Bowls „Sphere“ und „Cone“) imitiert eine Klaviertastatur. Runde Sachen: ganz o. die „Pluma Lamp“ auf einem „Flora Coffee Stool“, re. der „Bubble Side Table“.

Steven Bukowski Redak tion Mona B erger s

T raumhaft sind die Designs von Steven Bukowski gleich zweifach. „Der ‚Bubble Side Table‘ (o.) erschien mir tatsächlich im Schlaf. Tagsüber verfolgte mich der Instagram-Post eines antiken japanischen Stuhls, den wilde Zickzacklinien umgaben. Im Traum öffneten sich plötzlich versteckte Schubladen, die eins waren mit der spitzen Oberfläche. Kurz darauf fiel mir im Atelier eine gewellte Gussform in die Hände, die ich eigentlich nur aus Interesse gekauft hatte. Es klickte sofort!“ Bei seinen rhythmischen, Memphis und Op-Art zitierenden Designs spielt der 31-Jährige immer mit der Beziehung zum Raum. Dabei folgt jedoch nicht jedes Objekt – wie der blaue Wellenwerfer – einer „Horror Vacui“-Ästhetik: „Die Form vom ‚Piano Chair‘ (o. li.) betont erst der negative Raum, die integrierte Leere.“ Rund lief es bei dem in Williamsburg ansässigen Industriedesigner von Beginn an: Kurz nach der Gründung seines Studios 2016 landete er den Auftrag, die Sitzmöbel der „Flora Bar“ im Met Breuer zu entwerfen. Das Projekt vereint seine Leidenschaft für Kulinarik, Baukunst und Produktdesign. Warum er sich auf Letzteres konzentriert? „Es ist schließlich die Kombination – Architektur für den menschlichen Körper.“ s tevenbukowski.com

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Zement, Samt und Naturfarben – den Münchner Aesop-Shop (li.) gestalteten 1zu33. In Paris (o.) kleidete Rodney Eggleston alles in Esche aus Melbourne, dem Stammsitz von Aesop. Egal ob in Amsterdam (u. links, Design: Valentin Loellmann) oder in Mailands Corso Magenta (unten) von Dimore Studio – den neuen Duft „Hwyl“ von Barnabé Fillion (105 Euro) gibt’s überall.

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Stil Porträt

Alles anders, oder? Hinter dem stilprägenden Kosmetikunternehmen Aesop steht Gründer Dennis Paphitis. Und hinter ihm: Suzanne Santos. Die Frau, die Nonkonformismus mit Substanz mixt. Avantgardistisch und very old-school. Tex t Simone Herrmann

Fotos: Aesop

E

Allein schon, die Kosmetikmarke nach dem griechischen Fabeldichter Aesop zu nennen, der ein Ausbund an Hässlichkeit war! Suzanne Santos lächelt. „Gerade deshalb. Ich bin in den 70er-Jahin Hauch von Kräutern, wie eine Arznei aus der Kindheit, sacht ren groß geworden“, erzählt sie, „das Gefällige, Austauschbare hat und tröstlich. Vielleicht liegt der Erfolg von Aesop daran, dass mich nie interessiert. Alles anders machen, von Grund auf, das jedes Produkt, egal ob Handcreme, Feuchtigkeitsserum, Shampoo war immer unser Prinzip. Keine Chemie, keine Tierversuche, dafür oder Duft, so zeitgeistig seine minimalistische Verpackung auch neuste wissenschaftliche Erkenntnisse und: Pflanzenpower!“ sein mag, doch seltsam vertraut wirkt. Ja, vielleicht liegt es am Nachhaltigkeit in einer Zeit, den 80er-, 90er-Jahren, als es Rosmarin-Mandarinigen. Oder an dieser Frau: Suzanne Santos. keine Grenzen für den Fortschritt zu geben schien und auch keiEine zierliche, ungeschminkte Person mit kurz geschnittenem ne Skrupel, Ressourcen zu verschwenden. „Mittlerweile folgt uns Haar, das wie ein graues Samtkäppchen ihren Kopf umschmei- der Zeitgeist auf dem Fuß“, sagt sie, „aber wir gehen weiter. Nonchelt. Santos ist die rechte Hand von konformität ist das große Thema der Aesop-Gründer Dennis Paphitis, von Zukunft – und unseres, denn nichts ist so individuell wie Hautpflege. Deshalb Anfang an (also seit 1987) dabei, die spielen unsere Läden auch diese besonStildirektorin und Produktverantwortliche des Hauses, eine Legende. dere Rolle“, erklärt sie, „wir kultivieSie beugt sich vor – und ein Hauch ren dort etwas sehr Altmodisches: dem von Thymian, von Holz, von Wald und Menschen zu Diensten sein.“ Auch bei Weihrauch berührt einen. Ein Duft der Wahl der Shop-Gestalter war und wie ihr Händedruck, leicht, aber einist Aesop der Zeit voraus: Dimore Studio in Mailand, Valentin Loellmann in drücklich. Angenehm. Gerade ist sie in München gelandet, besucht das GeAmsterdam, Rodney Eggleston in Paschäft im Luitpoldblock, den Counter ris … „In München mag ich, wie Zement bei Ludwig Beck, aber vor allem das und Samt zusammentreffen, das hat Münchner Aesop-Team. Die Austraetwas Komfortables und Naturverbunlierin kennt alle mit Namen, nimmt denes, wie die Stadt selbst.“ sich Zeit für jeden einzelnen. Kein bloUnd doch, bei aller Individualität: ßes How are you doing – und tschüs. Sie Gehören Aesop-Kunden nicht auch zu einer Gruppe? Zu jenen umweltbewegweiß Bescheid, interessiert sich für Erfahrungen mit Kunden und Produkten urban bohemians, die man mittlerten, aber vor allem für die Kollegen weile in allen Ländern und Städten an„Mein Lieblingsduft? Nicht zu lieblich“, verrät selbst. „Ich empfinde es als Privileg, Suzanne Santos, „das Aroma von ‚Fabulous Face trifft, überall gleich, egal ob in Tokio, Oil‘ mit Ylang-Ylang und: ‚Hwyl‘.“ mit so vielen Menschen aus unterSydney oder München? „Natürlich“, sagt Santos, „weil wir nach 33 Jahren einen schiedlichsten Ländern in Kontakt zu sein.“ Und das ganz ohne soziale Netzwerke. „Diese Gleichschal- Nerv treffen. Trotzdem sind es ganz unterschiedliche Menschen, tungsmaschinerie“, ruft sie. „Daumen hoch, Daumen runter – was übrigens unterscheiden sie sich nicht so sehr nach Kulturkreisen, soll das? Tausend Facebookfreundschaften – lächerlich.“ Nein, sie nur untereinander.“ Worin sich alle einig sind, ist dies: „Alles sollselbst hat sich dem bis heute nicht ausgesetzt. Internet, klar, Mails te so einfach wie möglich gemacht sein, aber auch kein bisschen und digitale Unternehmenskommunikation, „aber das Kostbarste, einfacher.“ Ein Einstein-Zitat und zugleich die Aesop-Maxime bei was wir haben, ist doch Individualität, das Einzigartige in jedem jedem Produkt, egal ob Creme, Öl oder Parfum. Apropos, „Hwyl“, Menschen“, sagt sie. „Darin investiere ich alles, als Privatperson der neuste Duft von Barnabé Fillion, duftet nach … Waldspaziergenauso wie in unserem Unternehmen.“ Das Geschäft mit dem gang! „Aber in einem japanischen Kiefernwald“, Suzanne Santos Mainstream sei für Aesop nie infrage gekommen, erklärt sie, „ei- lächelt, und ihr Duft, dieser angenehme Hauch von Thymian, Holz gentlich haben wir immer genau das Gegenteil davon gemacht“. und Weihrauch, berührt einen, seltsam vertraut.

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Stil Neuheiten

Mehr Licht

… für Nachteulen

„Mito Raggio“ Occhio Karbon, Stahl und Aluminium 4380 Euro occhio.de

… für Pantomimen

Ein richtiges Brett ist „Oskar on the Shelf“! Die von einem Sockel getragene Leuchte mit Schwanenhals unterstützt Bücher- wie Digital-Junkies. Mit Kippschalter und USB-Port.

Swipe left, swipe right! Bei der Stehleuchte „Mito Raggio“ reichen einfache Gesten (oder Berührungen), um Lichtfarbe oder -richtung zu ändern. 60 cm Durchmesser, 6 Finishes.

„Salt & Pepper“ Tobias Grau Aluminium 398 Euro tobiasgrau.com

„Aquarelles Chandelier“ Ochre Pferdehaar und Porzellan 1459 Euro ochre.net

… für Vagabunden Eine Prise Licht, bitte! Die kabellose Tischleuchte „Salt & Pepper“ hat ein kluges Köpfchen. In ihm versteckt sich der Touchdimmer. Wasserresistent, via USB aufladbar, 2 Farben.

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… für Nostalgiker Wie gemalt! Beim „Aquarelles Chandelier“ arbeitet Ochre erstmalig mit Porzellan und lässt Licht durch klimpernde Fransen tropfen. Mit rundem oder ovalem Schirm in 3 Farben.

Fotos: © Ingo Maurer, München; Mierswa & Kluska; Ditte Isager; Simon Menges

„Oskar on the Shelf“ Ingo Maurer Metall und Aluminium 517 Euro ingo-maurer.com


WENN AUS WOHNGEFÜHL WOHLGEFÜHL WIRD. Sie legen besonderen Wert auf Ihre Umgebung? Mit unseren neuen Saunen schaffen wir für Sie Räume zum Entspannen, in denen Sie sich vom ersten Moment an wohlfühlen: bequeme Kissen, behagliches Licht, angenehme Accessoires. Die Sauna wird zum Interieur-Statement. Finden Sie noch heute einen Showroom in Ihrer Nähe oder bestellen Sie ganz einfach unseren neuen Katalog – entweder telefonisch unter 00800 66 64 55 54 oder online auf www.klafs.com


Blüten, Muster, grüne Kacheln: Im „La Gare“, einem umgebauten Bahnhof, bringt Laura Gonzalez den Maghreb unter die rot la­ ckierten Eisensäulen von Paris. Und natürlich dürfen auch tro­ pische Gewächse nicht fehlen. En vrai und auf der Panorama­ tapete „Isola bella“ von Zuber.


Stil Porträt

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Fotos: Jérôme Galland; Stéphane Briolant (2); Porträt: Ambroise Tézenas

ie ein guter Geist weht ihr Vibe durch die Räume. Man spürt sie förmlich, sieht ihre langen dunklen Haare und diese blumigen Flatterkleider, auch wenn sie nicht da ist. Die sehen an ihr unglaublich elegant aus, als sei es eine Selbstverständlichkeit, dass Côte d’Azur und Pariser Chic eine Einheit bilden. Doch Laura Gonzalez verkörpert genau das: das freie Leben an der Küste Südfrankreichs, wo Licht und Farben stärker leuchten als irgendwo sonst – und die Noblesse der Hauptstadt, die ihren historischen Charme nonchalanter in Szene setzt als jede andere Metropole. „Am Meer aufzuwachsen hatte einen großen Einfluss auf meine Persönlichkeit und darauf, wie ich heute arbeite“, sagt Gonzalez. Ihre Mutter stammt aus Spanien, ihr Vater hat italienisch-spanisch-österreichische Wurzeln. Beide waren Unternehmer – sie in der Mode, er betrieb mehrere Hotels und Restaurants und sprudelte vor Ideen. Auch Laura malte und zeichnete als Kind auf jedes Blatt, das sie kriegen konnte. Ihre Eltern nahmen sie mit auf Flohmärkte, zu Auktionen und in Museen. „Und wir sind viel gereist. Die spanische Kultur hat mich sehr geprägt, ich war immer in den Ferien dort.“ Aber auch die Wochenenden in dem idyllischen Bergdorf Saint-Paul-deVence und in der Fondation Maeght blieben haften, wo Laura schon früh mit Werken von Henri Matisse, Alexander Calder und Diego Giacometti in Berührung kam. „Kultureller Anspruch ist in meiner Arbeit ebenso wichtig wie Poesie, Fantasie und Frische“, sagt sie. „Was gibt es Schöneres, als während eines Dinners auf Zeitreise zu gehen?“ Tatsächlich sind die Restaurants, Bars und Boutiquen, die die

Architektin seit einigen Jahren entweder neu einrichtet oder von Grund auf selbst gestaltet, von einem so spielerischen Eklektizismus, dass man das Treiben vor der Tür vollkommen vergisst – als befände man sich plötzlich in den Ferien oder in einem Traum und nicht mitten im hektischen Alltag der Großstadt. Wie befreiend das sein kann, spürt man etwa in der Brasserie „La Lorraine“ im Faubourg-du-Roule. Dort bedecken Fischmosaike den Boden, der Gast zieht sich in rot-weiß gemusterte Sitznischen zurück, unter Wandmalereien, auf denen sich Korallen, Sterne und Seeigel tummeln – offenbar hat sich hier jemand strikt geweigert, aus seinen Kindheitsträumen

Leichthändige Eleganz: Laura Gonzalez (li.) gibt den Räumen von Bars, Clubs oder Restaurants eine fast private, beschwingt-feminine Note. Dabei lässt sie Grün mit Rosa tändeln: „Pondichery“-Stuhl (oben, 474 Euro) und Canapé „Salvadore“ unten, bezogen mit Mohairvelours von Pierre Frey.

Tex t G esine B orcherdt

Die Architektin mit der Glücksformel Laura Gonzalez beschert Paris Highlights der Gastronomie, sie entwirft Möbel und Cartier-Boutiquen auf der ganzen Welt. Bald stehen auch Privatwohnungen auf ihrer Stil-Agenda. 51


Stil Porträt auszusteigen. Oder das altehrwürdige Restaurant „Lapérouse“ am Quai des Grands Augustins: Hier ist alles in Rot und Gold, Samt und Seide getaucht, was etwas Königliches und zugleich Frivoles hat. Sitzkissen, Barhocker und Wände sind bedruckt mit floralen Mustern. Der Blick schweift über Chinoiserien, in denen man zwischen alten Wandspiegeln, Kristallgläsern und Kassettendecken versinkt, als wäre man mit Marcel Proust auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Das „La Gare“ im

historischen Bahnhof von Passy-la-Muette mals bekam sie den Auftrag, das legendäre wiederum ist eine helle Oase voller Palmen, „Bus Palladium“ in Pigalle aufzumöbeln – Kakteen und Kacheln, die ihre Besucher in einen Rocktempel mit Bar und Restaurant, ein modernes Marrakesch befördert. in dem schon Salvador Dalí, David Bowie „Meine Philosophie lautet, nie zweimal und Mick Jagger ihre Pariser Nächte verdasselbe zu tun“, sagt Laura Gonzalez. „Das bracht hatten. Mit psychedelisch gemusterweiße Blatt gibt mir den Adrenalinschub, ten Tapeten und Teppichen samt Vintageimmer wieder neu zu denken.“ Dennoch ist Möbeln glänzt das „Bus“ seither in einem der Mix aus Mustern und Materialien, Far- polierten Allover-Flair der Sechzigerjahre, ben und Formen, Epochen und Ländern und zwar ohne jede Nostalgie. Stattdessen eine Handschrift, die sie schon als Archi- entstand eine Hommage an einen Ort, destekturstudentin in Paris auszeichnete. Da- sen Historie fühlbar, aber nicht erstickend ist: ein Mix, der Laura Gonzalez auf einen Schlag bekannt machte. Heute leitet sie ihre eigene Firma mit L au r a G on z a lez rund 25 Mitarbeitern. Ihr Mann managt das Ganze und betreut ihre Möbelkollektion aus rundlichen Sesseln, Couchtischen und Keramikleuchten (angefertigt vom Atelier Jean Roger), die wie ihre Räume fantasievolle Heiterkeit ausstrahlen. So recht passen will der harte Firmenname „Agence Spannung ja, Unruhe Pravda Arkitect“ dazu nicht. Doch was mitnichten! Der Dreiklang aus Schwarz, Weiß klingt wie der Titel eines konstruktivistiund Sandtönen verbinschen Manifests, ist in Wahrheit eine Andet die Muster auf Vorspielung auf die „Pravda“-Bar in New York, hang, Sofa und Pouf diedie es der Chefin einst angetan hat. ses Zimmers im Hotel Längst belässt es Gonzalez nicht nur bei „Relais Christine“, SaintGermain-des-Prés. der Gastronomie. Mehr als ein Dutzend Cartier-Shops hat sie gestaltet, die nächsten Ableger in New York, Moskau und Shanghai sind gerade in Arbeit. Auch hier greifen Fresken voller Pflanzen, Tiere und Abstraktionen mit Möbeln aus Marmor, Messing und Velours ineinander. Sie verwandeln die Verkaufsräume in Ruhezonen, in denen der Geist umherwandern darf wie im Märchen. „Dort gilt eine ganz andere Art von Gastfreundschaft als in einem Restaurant. Ich kombiniere meinen Stil mit der DNA von Cartier, aber auch mit den Einflüssen des Landes und sogar der Straße, in der das Geschäft liegt.“ Naheliegend, dass nun auch Hotels und Wohnungen zu ihrem Repertoire zählen – allen voran ihre eigene, die sie derzeit gestaltet. „Viel Licht und natürliche Texturen“, so viel verrät sie bereits. Denn zu Hause, das ist für sie immer noch der wichtigste Ort. „Zeit mit den beiden Kindern und den Hunden, Kochen, Spielen und Vorlesen – das muss sein!“, sagt sie und lacht. „So komme ich wieder runter.“ Aber auch ihre Firma sei Familie. „Es ist mir wichtig, dass alle sich wohlfühlen und glücklich sind.“ Und wie sollte man das nicht sein, in der Welt der Laura Gonzalez?

Fotos: Didier Delmas; Stéphane Briolant (4); Romain Laprade (4)

„Was gibt es Schöneres, als bei einem Dinner auf Zeitreise zu gehen?“


Die unbeschwerte Welt der Laura Gonzalez: re. Sofa „Casa“ mit Kissen von Turnell&Gigon (Preis auf Anfrage) und Leuchte „Bosphore“, 2290 Euro. Unten Beistelltische „Napoli“ und „Fiumicino“, ab 4331 Euro, „Bosphore“ als Appliken, 1350 bzw. 840 Euro, und Tischleuchte „Acropora“, ab 240 Euro.

Feinstofflich: Der Armlehner „Madras“ oben, 2700 Euro, trägt „Aglae Goyave“ von Braquenié; die beiden „Ipanema“-Sessel u. re. (je 4200 Euro) sind mit Dedar-Stoff bezogen. Das Muster für den Baumwollsamt auf dem Pouf „Babylone“ (u. M., 2135 Euro) entwarf Laura Gonzalez für Pierre Frey. Die gesamte Kollektion finden Sie auf laur ag onzalez .fr

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Ab in die Kombüse! Jeder Zentimeter zählt: Wie man eine kleine Küche einrichtet und dabei Stauraum und Schönheit unter einen Hut bringt.

Egal wie winzig ein Apartment auch ist – Marianne Evennou findet eine Lösung: Hier hat sie auf 25 Quadratmetern den Schlafbereich auf einer Galerie untergebracht, die Küche schmiegt sich darunter. Marmorplatten geben Würde, ein Steckbrett schafft spielerisch Stauraum.

Tex t Karin Jaeger


Stil Studio

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Fotos: Marie Pierre Morel; © Nicolas Mathéus/Basset Images; Stilleben Architects

ie ideale Küche ist großzügig und luftig, sie bietet Arbeitsfläche und Stauraum ohne Ende und geht nahtlos in den Wohnbereich über. So weit der Status quo deutscher Kü­ chenträume. Doch nicht jede Wohnung ist dazu geeignet, ihn wahr werden zu lassen. Nachkriegsbau, verwinkelter Schnitt, knap­ pe Quadratmeter – wer nicht Landhaus oder Loft sein Eigen nennt, muss die Küche noch immer oft auf engem, meist schlauch­ förmigem Raum unterbringen. Kein Grund zum Verzweifeln! Fast für jeden Grundriss lassen sich überzeugende Lösungen finden. „Quand la cuisine est réussie, la taille s’oublie“, sagt die französische Interiordesignerin Marianne Evennou, die sich insbesonde­ re mit Mini­Apartments einen Namen ge­ macht hat – ob eine Küche gelungen ist, hängt nicht von ihrer Größe ab. Der Weg dorthin kann bei Mini­Küchen allerdings recht mühsam sein, das räumt auch die Ex­ pertin ein, denn „man muss kleine Räu­ me mit Bedacht und Würde behandeln“. Sprich: Die Planung erfordert sowohl tech­ nische Tüftelei als auch Respekt für den Raum und seine Besonderheiten. Punkt eins liegt auf der Hand. Um alle nötigen Gerätschaften und Utensilien auf wenigen Quadratmetern unterzubringen, kommt man um etwas Stauraum­Tetris nicht herum. Zunächst sollte man dafür die eigenen Bedürfnisse klären. Wer nutzt die Küche, wann, wie ausgiebig? Müssen auch eine Waschmaschine, ein Essplatz oder Vorräte untergebracht werden? Und was ist wirklich unverzichtbar? „Je kleiner die Kü­ Geschlossener Stauraum lässt sich auflockern durch englische Züge oder offene Fächer – links als charmanter Farbakzent von Stilleben Architects. Oben bleibt die Wand demonstrativ frei von Schränken und Fächern. Ihr Tiefschwarz und das lässig platzierte Porträt lassen den Raum großzügig wirken.

che, desto wichtiger die Priorisierung“, sagt Markus Schüller, Geschäftsführer der Kü­ chenmarke Next125. „Ist mir zum Beispiel viel Stauraum wichtig oder hätte ich lieber einen Dampfgarer?“ Die Limitierungen, die ein kleiner Raum (bereits von neun Qua­ dratmetern abwärts gilt eine Küche unter Planern als klein) mit sich bringt, kann da­ bei willkommener Anlass sein, Ballast ab­ zuwerfen: Auf manches Gadget kann man getrost verzichten, und die Tellerstapel ganz hinten im Schrank stauben sowieso seit Jahren vor sich hin … Sobald es dann an die Aufteilung des Raums und die Planung von Einbauten geht – L, U oder „Kombüse“, also U­Form –, sind neben dem Grundriss natürlich die

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Stil Studio

Gegenprogramm

Stückwerk Sie wollen (noch) nicht in eine MiniKüche nach Maß investieren? Oder die Wohnung ist nur auf Zeit gemietet? Auch aus mobilen Modulen lässt sich eine ziemlich schicke Kochwerkstatt zusammensetzen!

Beata Heuman verwandelte in London eine dunkle Kammer in ein Schmuckkästchen: Sie öffnete die Wand zum Wohnbereich, fügte Maßeinbauten ein und kleidete die Wände in Marmor und Grastapete (von Phillip Jeffries). Das Halbrund mit Ablagen bricht die strenge Linearität auf.

Die schlichten Stahl-Module von Nabers „Concept Kitchen“ werden in Ostwestfalen konzipiert und vom französischen Traditionshaus Tolix gefertigt. Je ab 5343 Euro.

Variantenreich sind die EdelstahlElemente von Alpes Inox mit Arbeitsplatte wahlweise in Holz oder Corian. Preise auf Anfrage. alp e sinox.com

Robuste Möbel im Industrial-Stil fertigt Noodles, Noodles & Noodles. Smeg steuert auf Wunsch passende Geräte im Retro-Look bei. 1590 Euro. authentic -kitchen.de

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Lage der Fenster, der Leitungen und An- sein; eventuell lässt sich ja sogar eine Wand schlüsse zu berücksichtigen. Vorteil einer entfernen und durch einen Tresen ersetMini-Küche: Man braucht nicht auf kurze zen? Selbst für die „Frankfurter Küche“, aus Wege zu achten, im Gegenteil, eher muss heutiger Sicht gern als Hausfrauenknast für Abstand gesorgt werden. Spüle und gescholten, hatte die Architektin MargaHerd etwa sollten aus Sicherheitsgrün- rete Schütte-Lihotzky ursprünglich eine den nicht direkt aneinandergrenzen und Schiebetür zum Wohnraum vorgesehen. Schranktüren und Schubladen einander Womit wir schon bei Evennous zweinicht in die Quere kommen – also even- tem Punkt wären – der „Würde“ des Raums. tuell Schiebetüren, nach oben öffnende Wer sich in seiner Mini-Küche wohlfühlen will, sollte sie nicht nur als Werkstatt oder Oberschränke oder offene Fächer wählen. Ein Punkt, der im Planungspuzzle oft begehbaren Einbauschrank betrachten. im Wortsinne zu kurz kommt, ist die freie „Der Raum muss atmen!“, sagt Evennou. Fläche. Anders als Stauraum lässt sie sich „Sonst wird es zur Qual, dort arbeiten zu im Zweifelsfall nicht zur Not auslagern. Al- müssen.“ Dazu gehört zweierlei: eine geso „unbedingt genug Arbeitsfläche einpla- wisse optische Ordnung, die jedoch nicht nen!“, rät Markus Schüller – das kommt monoton und statisch oder gar erdrückend letztlich auch einer großzügigeren Raum- geraten sollte – „homogen und zugleich läswirkung zugute. Schließlich sollte sich sig“, so formuliert es Markus Schüller. Die Koch oder Köchin auf keinen Fall isoliert Gliederung des Stauraums kann entscheioder eingesperrt fühlen. Ein kleiner Sitz- dend dazu beitragen, den Raum zu beruhiplatz oder ein Durchbruch zum Ess- oder gen und zugleich zu lockern. Basis sollte Wohnzimmer kann hier ebenfalls hilfreich deshalb ein klares Raster sein, das durch

Fotos: Naber; Alpes Inox; Noodles, Noodles & Noodles; Simon Brown; Stephan Julliard; Devol; Jason Ingram; Studio Alexander Fehre

n - by- nab er.com


Stauraum oder Showroom? Im Pariser MiniApartment li. gliedert Marianne Evennou spielerisch die hohe Wand. Die Farben führt sie im restlichen Raum fort, die Küche ist so separiert und integriert zugleich. Re. zeigt Devol, wie ein Essplätzchen mitsamt Hockern in eine schmale Küche passt.

Rechts streng, links lässig: So lockert Alexander Fehre die Londoner Schlauchküche li. auf. Stufe, Signalfarbe und Tapete markieren den integrierten Essplatz im Diner-Stil und stoppen den optischen Sog. Unten: Architekt Ben Pentreath trocknet sein Geschirr platzsparend über der Spüle.

clevere Details ergänzt oder aufgebrochen wird. Brav durch- beziehungsweise umlaufende Oberschränke etwa mögen zwar viel Volumen bieten, sie können einen kleinen Raum aber auch erdrücken. „Gut durchdachte Küchen wirken leicht, und trotzdem findet jedes Objekt seinen Platz“, sagt Marianne Evennou. Sie sucht deshalb stets nach spielerischen Staulösungen, etwa versetzt angeordneten Kuben oder variablen Steckborden. Auch Markus Schüller rät zur abwechslungsreichen Planung: Eine Front könne man durchaus mit deckenhohen Schränken füllen – „das schafft nicht nur reichlich Stauraum, sondern vergrößert auch optisch“ –, wenn man sich auf der Gegenseite dafür auf eine Unterschrankzeile beschränkt, allenfalls aufgelockert durch in der Tiefe gestaffelte Formate, filigrane Metallregale oder Vitrinen-Elemente. Auch englische Auszüge lockern Fronten auf. Auf Griffe zu verzichten kann angenehm clean und ruhig wirken, ist aber in engen Küchen nicht immer eine gute Idee – wer sich mal leger an eine automatisch öffnende Schublade gelehnt hat, weiß, warum. Muss alles auf einer Seite untergebracht werden, empfiehlt sich eine „Passepartout“-

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Stil Studio Lösung: zwei Hochschränke, verbunden durch einen Oberschrank. Die entstehen­ de Nische über der Arbeitsplatte schafft Tiefe – ein Eindruck, den ein Spiegel oder eine Auskleidung mit dunklen Fliesen noch verstärkt. Wichtig: Je genauer solche hochindividuellen Planungen eingepasst werden können, desto mehr wirken sie aus einem Guss und beruhigen so den Raum. Im Hinblick auf Oberflächen und Mate­ rialien gilt weitgehend, was auch sonst auf kleine Räume zutrifft: Helle und hochglän­ zende Farben weiten tendenziell gefühlt, dunkle und matte Töne haben eher einen Kokon­Effekt. Beides hat seinen Reiz, im Sinne der erwähnten Ordnung sollte man sich allerdings so oder so an ein eher sim­ ples Schema halten und nicht allzu viele Farben und Materialien auf wenig Raum quetschen. Lassen Sie Ihre Mini­Küche da­ bei gestalterisch in einen „Austausch“ mit dem Rest der Wohnung treten, geben Sie ihr aber dennoch eine gewisse Eigenstän­ digkeit, etwa durch einen eigenen Boden­ belag. Und vergessen Sie nicht, ihr ein paar

Fotos: Carola Ripamonti; Sean Fennessy, Produktion: Lucy Feagins/The Design Files; Next125; Leicht; Brian W. Ferry

Marcante Testa setzen ein Highlight mit spiegelnden Fronten (li.). Die rote Metallstruktur verknüpft die Küche mit dem Rest der Wohnung. U. links greifen Arbeitsfläche und Stauraum ineinander. Für die halb offene Küche daneben, die Vadim Maltsev mit Elementen von Leicht plante, wählte der Interiordesigner eine „Passepartout“-Gliederung. Ein Vitrinenschrank und elegante Messingleuchten geben der Nische noch mehr Aplomb.

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Stil Studio

Wenige Oberflächen, abwechslungsreich gegliedert: Die „NX 510“ von Next125 verbindet Spannung und Harmonie. Links: Über dem Spritzschutz aus pflegeleichten Metro-Fliesen fängt eine Fornasetti-Tapete den Blick.

Blickfänge zu gönnen! Edle Bronzebeschläge, ein Spritzschutz aus Carrara-Marmor, Oversize-Leuchten im Industrie-Look oder ein „nutzloses“ Wandbord mit schönen Keramikgefäßen – mit wenigen, gut gewählten Details lässt sich zeigen, dass der Raum als Interieur ernst genommen und die Kreativität nicht nur in knifflige Staulösungen investiert wurde.

Die erste Markisen-Oberschicht, die andere erstmal kupfern müssen.

Innovative Exklusivbeschichtungen – Selection MX Perfekte Markisenoptik mit Metallicfarben, Metall- und Effektlacken. Ideal zur individuellen Architektur oder Terrassen- und Gartengestaltung. Nur möglich aufgrund der einzigartigen, mehrteiligen markilux Sichtblenden. Selection MX – das Novum in der Markisenbranche. markilux.com


Stil Studio

Multitalente

Ordnungshüter

Kleinformate

Konventioneller Backofen, Dampfgarer und Mikrowelle in einem ist der „Combi-Steam MSLQ“ von V-Zug (g. o., 7080 Euro). Die Kanne von Zone Denmark filtert den Kaffee und hält ihn gleich heiß, 74,90 Euro. Und die schmale Spüle „Blanco Etagon 6“, neu in BetonOptik, wird mit eingesetzten Schienen zur Abstell-, mit aufliegendem Schneidbrett zur Arbeitsfläche. Preis auf Anfrage.

Nonchalant-elegant lassen sich Hanne Willmanns „Plain Boards“ aus Buche für Vij5 (g. oben, ab 55 Euro) an die Wand hängen. In eine flache Schublade duckt sich der schlanke Toaster von Ritterwerk, Preis auf Anfrage. Nimmt man den Griff ab, kann die Kupferkasserolle von KnIndustrie platzsparend verstaut werden (197 Euro, ähnlich funktioniert Berndes’ Serie „Vario Click Induction“).

Das schmale Kochfeld mit Downdraft „Bora Classic 2.0“ (g. o.) spart Platz und macht die Abzugshaube überflüssig; ab 5355 Euro. Leistet auch im Miniformat Schwerarbeit: Die Küchenmaschine von KitchenAid im aktuellen „Liebesapfelrot“ fasst 3,3 Liter, 499 Euro. Der Standmixer aus Grundigs „Massimo Bottura Kollektion“ (179 Euro) ist kompakt und bringt den To-go-Becher gleich mit.

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Fotos: V-Zug; Zone Denmark; Blanco; Vij5; Ritterwerk; KnIndustrie; Bora; KitchenAid (2); Grundig

Clever für kleine Küchen


Oben: László Moholy-Nagy, Kleine Komposition, 1923; Bild: Stiftung Bauhaus Dessau (l 462 G) | Rechts: Bauhausgebäude Dessau; Bild: Stiftung Bauhaus Dessau; Architekt: Walter Gropius 1925/26, Südansicht

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Wiege der Moderne Kein anderes Bundesland ist so eng mit der Geschichte des Bauhauses und der Moderne verknüpft wie Sachsen-Anhalt. Zeit für eine architektonische Spurensuche.

D

ie Geschichte des Bauhauses lässt sich nicht ohne Sachsen-Anhalt erzählen. Dort – um genau zu sein, in Dessau-Roßlau – erlebte die mittlerweile legendäre Schule für Gestaltung ihre Blütezeit, bevor sie 1933 unter dem Druck der Nationalsozialisten schließen musste und die ins Exil flüchtenden Schüler ihre Lehren in die Welt hinaustrugen. Eine Verbindung, der die Stadt mit der Eröffnung des neuen Bauhaus Museums Dessau im vergangenen September ein modernes Denkmal setzte. Der gläserne Korpus inmitten des Stadtparks beherbergt wertvolle Exponate aus der weltweit zweitgrößten Bauhaus-Sammlung. Doch

die Spuren der Schule und der Moderne sind auch weit über die Grenzen von Dessau-Roßlau zu erkennen und prägen bis heute das architektonische Erbe Sachsen-Anhalts. Das zeigen die 39 Bauwerke aus den 1920er-Jahren. Besonders viele spannende Bauten und bedeutende Werke lassen sich heute noch in Magdeburg und Halle (Saale) finden. Sie zeugen als prägende Orte der Moderne vom frühen Innovationsgeist des Landes. Aber auch weniger bekannte Orte, wie Elbingerode oder Lutherstadt Wittenberg, erstrahlen noch immer im alten Glanz der Moderne – und sind mehr als eine Reise wert. bauhaus-entdecken.de


Bad des Monats Redak tion Karin Jaeger

Das macht e s b e sonder s:

Streng geometrisch, reduziert in Form und Farbe und genau dadurch ein großer Wurf: Schwarze Linien gliedern den kleinen, hohen Raum, das Bogenfenster teilt ihn klar in zwei Bereiche. Das Bad als Bühne – und geschützte Koje.

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D e signer: Crosby Studios O r t: Moskau (in Planung) Aus s tat tung:

· Standbecken „Stand“ und Spiegelregal „Felt“ von Ex.t · Armaturen von Cocoon · Toilette von Villeroy & Boch · Lüster „Discus“ von Matter Materialien:

· Wandverkleidung hinter der Wanne aus Corian · Boden aus Carrara-Marmor


Stil Praxis

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#picobello

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Fotos: © Crosby Studios; Perigot; Simon Beckmann; Menu; Silvia Rivoltella; Dante Goods and Bads; Muuto; Schönbuch (5); Normann Copenhagen; Kartell; Humdakin

K ein Haushalt dür e ohne sie auskommen. Doch wenn Putzeimer (u. von Humdakin), Bürsten und Reinigungsmi el aller Art nicht im Einsatz sind, müssen sie irgendwo verstaut werden – paradoxerweise verbreitet nichts ein Gefühl von Unordnung wie herumstehende Putzutensilien. Anwesen von Format haben eine Kammer oder wenigstens ein utili cupboard, doch wohin damit im Einzimmerapartment? Ein kühler, dunkler Ort ist gefragt. Der Klassiker: eine Box unter der Spüle. Und wenn der Platz dort nicht ausreicht? Nehmen Sie es zum Anlass für eine Inventur. Entsorgen Sie überflüssige Spezialreiniger (oder besser: brauchen Sie sie auf) und konzentrieren sich auf unentbehrliche Alleskönner: Schmierseife (oder anderer Universalreiniger) und Essigessenz – viel mehr braucht man im Grunde nicht, um so ziemlich allen haushaltsüblichen Schmutz und Kalk zu lösen. Zugegeben, der eine klingt, der andere riecht nicht gerade ansprechend, und hübsch verpackt kommen sie auch eher selten daher (o. eine Ausnahme von Perigot), dafür sind sie halbwegs verträglich für die Umwelt. Und mit den Worten der Putz-Philosophin Nicole C. Kara llis: „Am Ende ist das Wichtigste nicht das Putzmi el, sondern der wache Geist und die tätige Hand.“ Sprich die regelmäßige, aufmerksame Anwendung. Und hier ist man dann auf kleinem Raum mal ausnahmsweise klar im Vorteil: Man hat beim Aufräumen und Putzen schnell Erfolgserlebnisse. KJ

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6 Garderoben & Wandhaken

Superpünktlich

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Die Garderobe „Bud“ aus geölter Buche schwebt an einem Stahlseil, 299 Euro f ab ianvo n f e rr ari.c o m 2 Zu eigenen Konstellationen lassen sich die „A eroom Coat Hangers“ fügen menuspace.com 3 „Scultura 044“ vernetzt schick schimmernde Metallscheiben, Preis auf Anfrage dimoremilano.com 4 Akkordeon-Effekt: Garderobe „Memoir“ mit Goldfinish, um 756 Euro dante.lu 5 Der Klassiker „Dots“ in der Metallversion „Umber“, 5er-Set um 70 Euro muuto.com 6 + 7 Unter Bla gold oder -silber bleibt die Holzmaserung von „Cone“ sichtbar (je 27 Euro), „Dots Stone“ kommt in vier Marmor- und drei Metallvarianten (je 67 Euro); beide scho enbuch. com 8 „Dropit“ aus Buche, ab 29 Euro pro Paar normann - cop enhagen.com 9 Zum Anbeißen: „Jellies“ aus texturiertem Kunststoff, ab 56 Euro pro Paar kar tell.com 1

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Ein Turm für jeden Von Weitem erinnert Bumpers Oast House an ein Bündel von Bleistiftstummeln. Wären wir in der Grafschaft Kent zu Hause, wüssten wir: Diese Bauform geht zurück auf Gebäude, in denen traditionell Hopfen gedarrt wird. Für eine stadtflüchtige Familie baute das Architekturbüro Acme fünf solcher Zylinder mit Dachkegel in Formation – wobei die vier äußeren je einen zweigeschossigen Wohnbereich bergen. Das mittlere Rondell bildet die Verteilerstation des Niedrigenergie-Ensembles mit schmucker Schindelhaut. RK acme.ac

Redak tion Andreas Kühnlein

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Die Siedler von Apan

Frida Escobedo (2) Die mexikanische Architektin setzte ein Tonnengewölbe auf Backsteinmauern (links), eine Betonschiene ermöglicht ein flexibel einsetzund verschiebbares Obergeschoss (unten) – oder einen lichten Raum bis unters Dach. Gelüftet wird durch Holztore auf allen vier Seiten.

Mit 32 Prototypen führt die Elite der zeitgenössischen mexikanischen Architektur vor, wie vielgestaltig sozialer Wohnungsbau sein könnte. Tex t Andreas Kühnlein Fotos Jaime Navarro

P raktisch, haltbar und gut: Wenn man Ar­ chitekten um ihre Vision für einen lebens­ werteren sozialen Wohnungsbau bittet, dann endet das oft mit der ganz großen Geste. Erschwinglicher Wohnraum für die vielen ist keine Fleißaufgabe, sondern spä­ testens seit der Moderne durchaus königli­ che Disziplin, und manchmal werden da­ raus Unesco­würdige Schmuckstücke wie Stuttgarts Weissenhofsiedlung oder Le Corbusiers Wohnmaschine. Und damit ver­

bunden ist der Anspruch, eine komplette Neudefinition in Form und Funktion nicht nur der Gebäude selbst zu liefern, sondern nach Möglichkeit auch gleich der Gesell­ schaft im Ganzen. Das Instituto del Fondo Nacional de la Vivienda para los Trabaja­ dores, kurz Infonavit, sucht mit dem Labo­ ratorio de Vivienda nach einer etwas be­ scheideneren Antwort. Dabei ging es auch hier, in der zentralmexikanischen Stadt Apan, um eine formale Neudefinition des Wohnens, und die beteiligten Namen le­ sen sich fast so illuster wie jene der Klas­ sischen Moderne: Frida Escobedo, Derek

Dellekamp, Tatiana Bilbao, Fernanda Ca­ nales, Michel Rojkind – die Liste ist ein Who's who der zeitgenössischen mittel­ amerikanischen Architektur. Ihr Auftrag: jeweils ein Einfamilienhaus; flexibel zu nutzen, einfach zu erweitern, günstig zu bauen. Funktional und schön, aber ohne die Eitelkeit jener ganz großen Geste, die die Modernen ihrer Zeit stets ein gutes Stück voraus, aber auch arg radikal und ein wenig vermessen erscheinen ließ. Dabei brachte es einer von ihnen, Walter Gropius, bereits 1925 auf den Punkt: „Ein Ding ist bestimmt durch sein Wesen“,


Architektur Projekt

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Legende Von insgesamt 84 ein­ gereichten Entwürfen wurden 32 als Proto­ typen auf dem Infonavit­ Testgelände im mexika­ nischen Apan realisiert:

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De Villar Chacón Frida Escobedo Dellekamp + Schleich Rozana Montiel Ambrosi Etchegaray Zooburbia Zago Mauricio Rocha, Gabriela Carrillo TAX Griffin Enright Tatiana Bilbao Francisco Pardo TEN Pita & Bloom BGP Zeller & Moye Accidental Estudio Nuño MacGregor De Buen Saya+ Cano Vera Fernanda Canales RNThomsen Productora Agraz Michel Rojkind Tactic­A Gaeta Springall ADG 4:00 A.M. CRO Studio JC Arquitectura DCPP

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Architektur Projekt schrieb er da. „Um es so zu gestalten, dass es richtig funktioniert – ein Gefäß, ein Stuhl, ein Haus –, muss sein Wesen zuerst erforscht werden; denn es soll seinem Zweck vollendet dienen, das heißt, seine Funktion praktisch erfüllen, haltbar, billig und ‚schön‘ sein.“ In Mexiko entstanden aus demselben Gedanken 32 Prototypen mit offenem Raumprogramm und aus schlichten Materialien: Wellblech, Ziegel­ stein, Beton, viel Holz. Gemein bei aller Vielgestalt ist den Entwürfen ihr Spiel mit geometrischen Grundformen, vom ein­ drucksvollen Tonnengewölbe Frida Escobe­ dos bis zum Satteldach, unter dem Jorge Ambrosi und Gabriela Etchegaray einen einzigen, durchgehenden Raum verstauten. Vor allem in einem sind sich die Architek­

Ambrosi Etchegaray (5) Vier Wände, ein Dach; mehr braucht das Haus u. von Jorge Ambrosi und Gabriela Etchega­ ray nicht. Das Innere re. lässt sich bei Bedarf durch Wanpaneele unterteilen – oder auch nicht. Alle Möbel (u. rechts) entwarf Desi­ gner Héctor Esrawe, auch für den Rest der Prototypen­Siedlung.

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ten dabei aber einig: dem konsequenten Rekurs auf die vernakuläre Bautradition ihres Landes, auf formal und funktional dem jeweiligen Klima geschickt angepasste und über Jahrhunderte entwickelte Typolo­ gien, die so etwas wie die anonyme Volks­ architektur Mexikos bilden. Nicht das nie Dagewesene, eher das Bewährte neu ge­ dacht: modulare Gerüste, verschiebbare Paneele, passive Klimatisierung, angepasst an schmale Budgets und die verfügbaren Ressourcen. Die meisten der 32 Häuser sind sogar so konstruiert, dass sie die künf­ tigen Bewohner mehr oder weniger selbst zusammensetzen könnten. Zusammen kommt die vielgestaltige kleine Schar auf einer Art Testgelände des Infonavit, dessen Planung das New Yorker

Büro MOS übernahm. Schon die Auswahl aus insgesamt 84 eingeladenen Büros hat­ ten Michael Meredith und Hilary Sample geleitet, für die Realisierung entwickelten die beiden Architekten einen Masterplan, der sich weniger an klassischen urbanen Strukturen – Häuserfluchten, Straßen­ schluchten, dazwischen Plätze und Parks – orientierte als vielmehr an der poetischen Grundidee eines Gartens. Statt in regelmä­ ßiger Reihung entlang Straßenzügen grup­ pieren sich die 32 Prototypen von Apan in lockerem Verbund auf knapp 20 000 be­ pflanzten und von Wegen durchzogenen Quadratmetern. Fünf Sektionen repräsen­ tieren entsprechende Klimazonen des Lan­ des, der Rest ist maximale Durchlässigkeit. Es gibt kein Vorne, kein Hinten, keine kla­ ren Grundstücksgrenzen, stattdessen die Vision einer lebendigen Gemeinschaft, de­ ren Mitglieder frei zwischen privatem und öffentlichem Raum hin­ und herwechseln können. So machten die MOS­Architekten das Soziale selbst zur Kernidee sozialen Wohnens. Neben den in den Prototypen realisierten Einzellösungen liegt hier also noch ein Ansatz, wie sich die Lebensquali­ tät der Bewohner auch ohne große finan­ zielle Sprünge verbessern ließe. Und auch darin unterscheidet sich das Laboratorio de Vivienda von seinen modernen Ahnen, weil es sich weniger als Gesamtentwurf auf der grünen Wiese versteht (auch wenn


Francisco Pardo (12) … entwarf das Beton­ haus ganz u., das auf seinem dunkel abge­ setzten Unterbau zu schweben scheint. Das Obergeschoss mit Panoramafenstern li. erlaubt verschiedene Nutzungen, darunter liegen Küche, Bad und Esszimmer. Héctor Esrawes Stahlrohr­ möbel unten sind vom Bauhaus inspiriert.

M ich ael Mere d it h

„Soziales Wohnen braucht vor allem soziale Räume, keine festen Raster. Wie in einem Garten.“


Architektur Projekt

Dellekamp + Schleich (3) Der Holzbau oben von Derek Dellekamp und Jachen Schleich besteht aus drei Modulen und lässt sich frei an seine Bewohner anpassen. For­ mal orientiert sich das Haus an der vernakulären Bautradition der Gegend, zur Klimatisierung lässt es sich auf ganzer Länge öffnen (oben rechts).

es fürs Erste genau da gelandet ist), sondern als ein mögliches Set-up unter vielen, das sich ebenso gut auch an bestehende Bauten anschließen könnte. Und sich vielleicht sogar in urbanere Konstellationen übertragen ließe: „Warum“, meint Michael Meredith, „sollte Stadt immer in mechanischen Rastern angelegt und allein durch Straßen strukturiert sein?“

Gewohnt wird in den 32 Wohneinheiten noch nicht, die Siedlung von Apan ist als Bildungszentrum gedacht, in dem Architekten, Entwickler und Studenten das neue Wohnkonzept im Originalmaßstab erfahren können. Und zwar inklusive Möblierung: Eigens für das Wohnlabor entwickelte der mexikanische Designer Héctor Esrawe gleich zwei Möbelserien, mit denen die Prototypen eingerichtet wurden. Die übliche Ausstattung für derartige LowCost-Projekte nehme zu wenig Rücksicht auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer, sagt er, „das ist immer komplett aus dem Zusammenhang gerissen“. Dass gutes Design dabei auch ohne große Budgets funktionieren kann, wollte schon das Bauhaus beweisen, Esrawe ließ sich von dessen Entwürfen zu einer Kollektion aus Schichtholz und Stahlrohr inspirieren, eine weitere schließt mit bulligen Holzrahmen und Flechtwerk an den brasilianischen Modernismus an. Wie die Häuser sind sie tatsächlich praktisch, haltbar, billig – und schön. Gropius wäre begeistert. Limitierte Budgets, einfache geometrische Formen – sozialer Wohnungsbau kann den­ noch überaus vielgestaltig ausfallen. Für den Masterplan in Apan links zeichnet das New Yorker Büro MOS verantwortlich.

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Tulpen-Boom!

Tex t Simone Herrmann Fotos Rachel Warne

Wo einst Robert „the Devil“ hauste, blühen nun 80 000 Tulpen – in tropischen Beeten, im Wald, auf Wiesen, im Labyrinth. Martin Duncan, Chefgärtner von Arundel Castle, zeigt uns sein Reich.


Architektur Garten

P lötzlich sind sie da. Sie flankieren die große Steintreppe, füllen die Buchscarrés, flammen gelb und orange unter Farnwedeln und Palmen, blühen im Wald und in Töpfen, wiegen sich Kelch an Kelch auf den Hügeln, in Beeten und Feldern, spiegeln sich pink in den Bassins, mäandern in einem Wiesenlabyrinth … Tulpen! „80 000 Tulpen haben wir in diesem Jahr gepflanzt“, erzählt Martin Duncan, Chefgärtner von Arundel Castle. „30 000 mehr als im letzten Jahr.“ Arundel Castle, wo ab dem 12. April das schönste (und nun wohl auch größte) Tulpenfestival der Insel stattfindet, ist der Sitz der Herzöge von Norfolk. Wie eine Vision aus dem Mittelalter thront das Schloss über der Ortschaft Arundel in West Sussex, mächtige Mauern mit Zinnen und Zugbrücken, Wehrtürme und Wappensäle erzählen von der 950-jährigen Geschichte dieses Schlosses, das von Roger de Montgomerie, dem ersten Earl of Arundel, um 1068 erbaut und von seinem Sohn Robert „the Devil“ vollendet wurde. Über Mary FitzAlan gelangte das Schloss 1555 in den Besitz von Thomas Howard, dem 4. Herzog von Norfolk, der als Verschwörer um Maria Stuart hingerichtet wurde. Im viktorianischen Gothic Style renoviert, ist es bis heute im Privatbesitz der Herzöge von Norfolk geblieben. Auch die gotische FitzAlan-Kapelle, Grablege der Familie, ist Teil des Ensembles und, wie Martin Duncan sagt, „ein wunderbarer Hintergrund für unsere Tulpen!“. In der Tat. Die Hufeisenform des Schlosses öffnet sich wie eine Theaterkulisse aus Stein auf die Parkanlage mit Korkeichen und Ginkgobäumen, die, in einzelne Themengärten unterteilt, 40 Hektar umfasst. Ein riesiges Gartenreich. Gleich bei der Kapelle spiegeln sich im Collector Earl's Garden rosafarbene Tulpen im Wasser der Bassins. Duncan hat sie in eine Batterie großer Terrakottatöpfe gepflanzt, „immer dieselbe Sorte“, lacht er,

„Pink Impression“ heißt die Tulpe, die sich im Bassin des Collector Earl’s Garden spiegelt (li. S.). „Es sieht so aus, als reizten sie die Steinewerfer am Muschelhäuschen, oder?“, erklärt Chefgärtner Martin Duncan, der in seinen tropischen Beeten die Tulpen „Olympic Flame“ und die gelbe „Monte Carlo“ unter Palmen leuchten lässt.

„‚Pink Impression‘ ist hier einfach unschlagbar“. Jedenfalls bieten sie den wilden Männern, bizarren Atlantenfiguren, die an den Muschelhäuschen aus Granit Steine in die Luft stemmen, ein begehrlich leuchtendes Ziel. Ja, es sieht so aus, als reizte sie das Tulpenpink geradezu zum Steinewerfen – und wie bei jeder guten Actionkomödie landen schließlich alle im Wasser, meint Martin Duncan trocken. Vom Fluss Arun gespeist, schäumt das Wasser aus Löwenköpfen in die Bassins. Rundherum sprießen vergoldete Pflanzen aus steinernen Amphoren – „die einzigen Töpfe, in die wir keine Tulpen pflanzen können“, sagt Duncan. Dafür hat er den Wassergarten mit tropischen Beeten gerahmt. Unter Palmen, Farnen und Ananaspflanzen leuchten dort goldgelbe und orange geflammte Tulpen. Auch für die „Stumpery“, einen Waldgarten, der auf den Überresten alter Eichen und Eiben und den Haselnusssträuchern der Gegend entstanden ist, hat Duncan passende Bewohner ausgesucht. „Dort haben wir kleine Wildtulpen gepflanzt, etwa ‚Tulipa sylvestris‘ oder ‚Persian Pearl‘, die zusammen mit der signalroten ‚Linifolia‘ und ‚Little Beauty‘ in dieser Szenerie wie kleines geheimnisvolles Elfenvolk wirken.“ Die Stämme sind mit den Wurzeln nach oben eingegraben, von Sträuchern, Farnen und Schlingpflanzen überwuchert, und hinter den Zweigen der Haselnusssträucher taucht die gotische Szenerie des Schlosses und der Kapelle mit ihren Fialen und Krabbentürmchen auf … „Es gibt Momente“, sagt Martin Duncan, „da fühle ich mich hier wie im Märchen.“ Mehrfach preisgekrönt ist sein Reich – der organische Küchengarten, die prächtigen englischen Staudenbeete, die in ihren Eibenmauern wie in grünen Salons sitzen, der formale Buchsgarten, der ganz in Weiß gehaltene FitzAlan Chapel Garden, das historische Weinberghaus und das viktorianische Gewächshaus, eine Art Glaspalast, in dem tropische Pflanzen, Orchideen und Palmen wachsen, der „American Grounds“ genannte Landschaftspark … Seit den Tagen Queen Victorias hat jede Generation der FitzAlan-Howards dafür gesorgt, den Park in seiner weitläufigen Noblesse zu erhalten. Und überall Tulpen! Sie führen verwitterte Steintreppen hinauf, umringen Pavillons, blühen zwischen den Rosen und im Labyrinth, das Duncan erst vor Kurzem auf einer Wiese anlegen ließ. Die Arundel'sche Tulpenbegeisterung, erklärt der Gärtner, gehe bis in die Zeit der holländischen Tulpenmanie im 17. Jahrhundert zurück, „leider ha-

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Architektur Garten

Mar tin D unc an

„Flirty? Da fällt mir unter allen Blumen zuerst die Tulpe ein!“

ben wir keine Aufzeichnungen darüber, wann die erste Zwiebel in den Schlossgarten kam“, aber ein Frühling ohne Tulpen sei auf Arundel Castle genauso undenkbar wie ein Familienfest ohne sie. „Zur Hochzeit des ältesten Sohnes, Lord Henry, hatten wir 2017 im Küchengarten Tulpen in Form einer Hochzeitstorte gepflanzt und letztes Jahr die Taufe seiner kleinen Tochter Flora mit einer Tulpen-Geburtstagskreation gefeiert“, erzählt Duncan. Die Faszination über die braune, unansehnliche Zwiebel, aus der so etwas Schönes wie dieser seidene Blütenkelch wächst, in flammendes Rot, Purpur oder strahlendes Gelb gehüllt, papageienfedrig, gezackt, geflammt, gerüscht, ist in all seinen Gartendesigns zu spüren. Ein Meer aus Rot- und Lilanuancen lässt er im Wildblumenfeld wogen, jeder Kelch ein Pinselstrich, es sieht aus wie ein impressionistisches Bild. Diesen Farbwogen gibt Duncan mit den dunkelvioletten „Negrita“-Tulpen Tiefe und Dynamik, während er in die klassischen englischen Staudenbeete Sorten in Weiß oder zartem Rosa hineintupft. „Wir versammeln hier alle Arten, die lilienblütigen genauso wie die gefüllten, dramatische ‚Black Parrot‘ und ‚Rococo‘-Papageientulpen, aber auch gerüschte wie ‚Honeymoon‘ und ‚Curly Sue‘, früh blühende wie ‚Purple Prince‘, ‚Heritage‘ und ‚Yokohama‘ und späte, die bis in den Juni hinein blühen, etwa die fast schwarze ‚Queen of Night‘ und ‚Rhapsody of Smiles‘, dazu Darwin-Hybriden wie die roten und gelben ‚Apeldoorn‘-Tulpen. Letztere fluten im Landschaftspark zusammen mit weißen Narzissen über Hänge und Wiesen. Dabei“, erzählt er, „haben wir in den vergangenen Jahren eine ganz besondere Pflanztechnik entwickelt, denn irgendwann mündet der Wunsch, sie so natürlich wie möglich auf dem Terrain zu verteilen, dann doch in Schematismus und unbeholfener Geometrie, weswegen wir die Zwiebeln zur Pflanzzeit im November in die Luft werfen und sie dann stecken, wo sie eben landen, als hätte der Wind sie dorthin geweht.“ Am 12. April beginnt das große Blühen, sagt Duncan, „pünktlich zur Eröffnung unseres Tulpenfestivals!“ – und im Mai endet die Pracht. „Nur ‚Kingsblood‘ blüht noch bis weit in den Mai hinein“, erklärt Duncan. „Schwierig, unter all den Schönheiten eine Favoritin auszuwählen … Oder, doch: die päonienblütige ‚Angelique‘, sie ist zu Rosen einfach umwerfend. An incredible flirt“, schwärmt er. Denn die Art, wie Tulpen in den Beeten mit Rosen, Camassia oder Allium harmonieren, wie sie sich in hellblaue oder weiße Vergissmeinnichtwolken hüllen, die sei einfach unvergleichlich. Er könne sich gut vorstellen, dass die Holländer wegen dieser Blume den Kopf verloren haben, damals zur Zeit des Tulpen-Booms. „Wäre ich Züchter gewesen, hätte ich vielleicht auch Haus und Hof verkauft für ein paar Zwiebeln. Aber Tulpen können Launen haben, es bleibt immer ein Risiko.“ So sei das eben mit der Liebe, lacht er. „Ach, wenn doch nur schon April wäre!“

Cutting edge: In den Buchsgeometrien des formalen Gartens blüht Duncans „eleganter Mix“: „Claudia“ in weiß gesäumtem Violett, „Ballerina“ und „White Triumphator“ (links). „Fancy Frills“ (oben) bezaubert als Solistin im Topf.


In den klassischen Staudenbeeten zwischen Eibenwällen oben setzen die Sorten „Negrita“, „Curly Sue“ und „Purple Dream“ violette und rosa Farbakzente. Unten: An der Steintreppe im Landschaftsgarten komplimentiert „Purple Prince“ die Spaziergänger hinauf – oder hinunter.

Im Wildblumen-Garten (o.) werden im November 15 000 Tulpen gesteckt. Die violett-rote Pracht der Sorten „Passionale“, „Mistress“, „Paul Scherer“ und „Bastogne“ füllt ein ganzes Feld. Wenn die letzten im Juni verblüht sind, werden Wiesenblumen gesät. arundelc as tle.org

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Architektur Projekt

Bio-Bauhaus Hampshire verpflichtet: Der Komponist Andrew Lloyd Webber hatte viele Ideen, aber kein Haus, das ihnen entsprach. Bis er durch Zufall auf einen Hersteller aus dem Ostallgäu stieß. Tex t Ulrich Clewing

S anft geschwungene Hügel, grüne Wiesen und ab und an ein kleiner Fluss, der sich seinen schiefkrummen Weg durch die film­ reife Kulisse bahnt: Die Landschaft von Hampshire macht es dem Besucher leicht, sie zu mögen. Und was man mag, das pflegt man. „Wir waren einmal in London bei Freunden eingeladen“, erinnert sich Made­ leine Lloyd Webber, „und die erzählten uns von dem schadstofffreien Landhaus, das sie in der Gegend gebaut hatten. Der Abend war sehr inspirierend, wir sprachen über die Zukunft und stellten uns vor, wie es wäre, wenn ganze Siedlungen aus Bio­Häu­ sern bestünden.“

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An diesem Abend sollte es nicht bei Träu­ mereien bleiben. Madeleine und ihr Mann, der für seine Verdienste von der Queen geadelte Musicalkomponist Andrew Lloyd Webber („Cats“, „Das Phantom der Oper“), hatten damals bereits ein Grundstück in Hampshire erworben. Also empfahlen ih­ nen ihre Gastgeber einen Produzenten im fernen Deutschland, der – Zufall oder nicht – seinen Sitz in einer Region hat, die Hampshire nicht unähnlich ist: die Firma Baufritz aus Erkheim im Ostallgäu. Früher nannte man es Fertighaus, und es hatte keinen besonders guten Ruf. Doch dies könnte sich langsam ändern. Baufritz jedenfalls gehört zu der Handvoll von Her­ stellern, die Architektur aus vorgefertigten Elementen in den letzten Jahren auf ein


Fertighaus? Ja und nein. Ist es frei von Schadstoffen? Ganz sicher! Da Andrew Lloyd Webber (linke Seite unten) ein großer Fan von Le Corbusier ist, wurde das Landhaus von Baufritz komplett individuell geplant. Dazu gehört auch die unregelmäßige Fassade aus Naturstein.

Fotos: Joakim Borén; Porträt: Gregg Delman/Courtesy of Andrew Lloyd Webber

und das war hier der Fall, können die Häu- plarisch formuliert hatten. So weist das ser auch individuell durchgeplant werden. Haus der Lloyd Webbers neben der Fassade „Andrew ist seit Langem ein Bewunderer aus Holz und Haustein großflächige quer der Baukunst von Le Corbusier“, sagt gestellte Fenster auf – wer einmal erlebt Madeleine Lloyd Webber, „das war unse- hat, wie sie der umliegenden Landschaft zu re Leitlinie bei dem Entwurf.“ Zwar gab es Präsenz im Haus verhelfen, will nichts aneinige gestalterische Grundsätze zu beach- deres mehr. Angelehnt an die Villa von Le ten, mit denen die Behörden in Hamp- Corbusier und Pierre Jeanneret ist auch der shire die landschaftliche Integrität bewah- offene Grundriss, bei dem die einzelnen ren wollen. Ein Satteldach zum Beispiel Bereiche, vor allem von Küche, Esszimmer war auch für einen Prominenten wie Lord und den beiden Livings, ineinander überLloyd Webber Pflicht. gehen. Nicht zuletzt dank der technischen Doch die Vorgaben ließen den Planern Ausstattung mit Fußbodenheizung und nagenug Raum, um jene Bauprinzipien anzu- türlich gesteuerter Belüftung sorgt dieses wenden, die Le Corbusier und sein Cousin Bio-Haus mit seinen zehn Zimmern und Pierre Jeanneret in ihrer berühmt gewor- fünf Bädern rundum für Zufriedenheit. denen Villa Savoye in Poissy nordwestlich „Wir“, bestätigt Madeleine Lloyd Webber, von Paris für die Klassische Moderne exem- „leben alle sehr gerne hier.“

völlig neues Level gehoben haben. In Erkheim verwenden sie ausschließlich hochwertige Materialien wie Massivholz und Naturstein, auch bei Farben und Dämmstoffen hält man strenge Vorschriften ein, um das halbe Dutzend Bio-Siegel zu rechtfertigen, das der Prinzipalin Dagmar Fritz-Kramer und ihren Teams aus den Abteilungen Architektur, Design und Montage verliehen wurde. PU-Schaum etwa ist ein No-Go, dafür bietet man baubiologische Grundstücksanalysen an. Auf Wunsch, Vorproduziert, aber nicht von der Stange: Der offene Grundriss im Erdgeschoss o. re. geht ebenso auf Le Corbusier zurück wie der nahtlose Übergang von Innen- und Außenraum rechts.


Foto: Manuel Nieberle / Condé Nast Germany; Bildschirmfoto: Douglas Friedman

Inspiration auf allen Kanälen: ad-magazin.de

Das Beste aus der Welt des Stils ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur


Panorama

Foto: Courtesy of Alison Jacques Gallery, London

Kunst, Bücher und Reise

Vanitas 2020 Der Brite Graham Little lässt drei junge Frauen ausschwärmen, um Pilze und Beeren zu sammeln. Der Hunger treibt sie nicht, eher die Idee eines nostalgischen Vergnügens. Rechte Freude will sich in der herbstlich absterbenden Natur von „Untitled (Wood)“, 2019, allerdings nicht einstellen. Mit „Mushrooms: The Art, Design and Future of Fungi“ präsentiert Londons Somerset House Pilzkunst von Cy Twombly bis John Cage. Ob den drei Grazien dämmert, dass das Myzel den Menschen überdauern wird? Bis 26.4. RK somer se thouse.org.uk

Redak tion Barbara G är tner, Andreas Kühnlein und Uta Seeburg

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„Data-verse“ – schon im Titel von Ryoji Ikedas Trilogie stecken Poesie und Fakten. Zwei Teile davon, „Data-verse 1“ und „Data-verse 2“ (o., von 2019), sind erstmals zusammen im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen. Am dritten Teil arbeitet er noch.

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Die Welt zwischen null und eins

Foto: © Ryoji Ikeda Studio

Panorama Kunst


Tex t Barbara G är tner

Der Binärcode ist die universelle Sprache unserer Zeit. Daraus komponiert der japanische Künstler Ryoji Ikeda mit Zahlen, Zeichen und viel Kraftwerk-Krawumm große Opern.


Panorama Kunst

Ryoji Ikeda zeigt seine Sinfonien in nachtschwarzen Hallen und Kojen wie o. bei der Biennale in Venedig „Data-verse 1“ (2019). Andreas Beitin, Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg, erinnert das an Richard Wagners Konzept vom Gesamtkunstwerk. „Er war der Erste, der den Opernraum abdunkelte.“ Anders als Ikedas frühere Arbeiten ist die neue Trilogie figurativer. Er zeigt Hirnscans und Visualisierungen, die an den Urknall erinnern. Immer jedoch, wie Ikeda sagt, „auf der Basis reiner Fakten“. Er selbst bleibt aber lieber unsichtbar. Sein „Porträtfoto“ (re. S.) ist ein Testbild.

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Fotos: Julien Gremaud, Courtesy of the Artist and Audemars Piguet (6); Porträt: © Ryoji Ikeda Studio

C aspar David Friedrich. Darauf muss man erst mal kommen. Gleich wird Andreas Beitin seine erste selbst kuratierte Ausstellung als Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg eröffnen, eingeladen hat er den japanischen Elementarteilchen-Komponisten Ryoji Ikeda, der Diagrammblitze und Soundwellen wie ein Gewitter über seine Betrachter hinwegdonnern lässt, ein brachiales Ballett aus Zahlen, Zeichen, viel Krawumm und kaltem Licht. Doch Andreas Beitin sitzt vor der Pressekonferenz in seinem Büro, trinkt Kaffee und spricht bedacht über Caspar David Friedrichs „Mönch am Meer“, diesen kleinen Menschen am dunklen Wellenkamm, kaum auszumachen, beinahe erdrückt von Wolkenbergen. Die schiere Größe der Natur, bei Ikeda ist sie Pixel-abstrakt. Als hätte er ein Röntgengerät auf das Universum gerichtet, alles auf bloße Parameter kondensiert. Was bleibt, sind Binärcodes. Die Unendlichkeit, sie liegt zwischen null und eins, und Ikeda projiziert sie auf Riesenleinwände, 10 mal 16 Meter, drum herum: Nachtschwarz. Auch so fühlt sich der Mensch sehr klein. Es geht um Wissenschaft, klar, Mengenlehre, Physik, Neutralität, die harten Fakten, eine Bewegung von kleinsten Teilchen zu Galaxien, Urknall, Kontinente, Sonnensysteme. Die Daten bekommt er vom Genfer CERN, wo er sechs Monate lang Künstlerstipendiat war, von der NASA, dem Humangenomprojekt, alles Open Source, 80 Gigabyte reiner Text. Und doch ist es ein gottgleicher Blick auf das Sein, aus der Ferne, von oben, von unten, durchs Elektronenmikroskop und vom Satelliten. Manchmal würde man den Bilderstrom gern anhalten. Näher treten. Nachfragen. Was bedeuten denn bitte schön Daten, wenn man sie nicht interpretiert? Ist eine kohärente Ästhetik schon eine Aussage, eine Ideologie, eine Meta-Erzählung? Und Big Data nun das erhabene Landschaftsgemälde unserer Zeit? Ikeda sagt dazu am liebsten: nichts. Interviews gibt er kaum, zur Pressekonferenz musste ihn der Museumsdirektor freundlich drängen, immerhin ist dies eine Premiere. Zum ersten Mal werden die beiden jeweils zwölf Minuten langen Stücke „Data-verse 1“ und „Data-verse 2“ (möglich gemacht von der Uhrenfirma Audemars Piguet) zusammen gezeigt. Trotzdem: keine Fotos, keine Filme. „Wenn Sie Bilder benötigen“, sagt die Pressefrau, „dann können Sie seine Hände und Füße fotografieren.“ Als Porträtfoto bekommt man später per Mail ein Testbild. „Ich will, dass die Kunst für sich steht“, sagt Ikeda dann in einem heiter-gehetzten Monolog. „Es gibt keine Antworten. Schreiben Sie einfach, was Sie wollen, nicht, was ich sage!“ Er versinkt in einem graphitgrauen Hoodie (samt Daumenloch), den Beanie (auch grau) tief in die Stirn gezogen, die Augen: undurchdringlich hinter einer ovalschwarzen Raver-Sonnenbrille, wie man

sie in den Neunzigern trug. God is a DJ. Ryoji Ikeda ist anders als die smarten Künstler, die heute die Kunsthochschulen ausspucken, seine Akademie waren die Clubs in Tokio und Kyoto. „I am really from the streets“, sagt er, und vielleicht sei das Fehlen einer formalen Ausbildung seine größte Freiheit beim Kunstschaffen. In den Clubs begann er als DJ und Elektro-Komponist in den 1990ern, Klänge zu analysieren, zu reduzieren, in den 2000ern ergänzte er karge Visuals. Inzwischen ist er Mitte 50, und seine zuletzt immer figurativer werdenden Werke (man sieht nun sogar Hirnscans und Stadtpläne) laufen in Loops im Centre Pompidou oder auf der Biennale in Venedig. Die Methoden aber, mit denen er damals Töne zu Sinuswellen und Weißem Rauschen abstrahierte, sie sind heute noch die gleichen: Collage und Sampling. Und auch heute noch fahren einem die Sounds in den Körper. Am Abend jedoch bei seinem 30-minütigen Liveset in Wolfsburg lässt das Kunstpublikum das Dub-Peitschen eher stoisch über sich hinwegknallen. Ein Schild warnt an der Museumstür vor den Gesundheitsrisiken durch „Stroboskop- und Soundeffekte sowie schnell aneinandergereihte Farbrotationen“. Die große Ironie an Ryoji Ikeda ist, dass er den unsichtbaren Datenkolonnen unserer digitalen Welt ein betörendes Antlitz schenkt, und doch braucht seine Kunst den Oldschool-Moment des Hingehens. Erst im Museum oder im Konzert treffen den Betrachter Sound-Bild-Blitze mit Wucht. Auch weil Ikeda, der Perfektionist, professionelle Filmaufnahmen nicht gestattet, er hätte ja die Tonqualität des Abspielgeräts nicht unter Kontrolle. Genau diese Kunstform also, die das virtuelle Heute in all seiner Überforderung, seiner Zahlenmanie, seinem Überwachungs-Horror abbildet, diese bedrohlichen neuen Clouds von Caspar David Friedrich, genau dieses Werk existiert nur im absoluten Jetzt. Bis 29.3. im Kunstmuseum Wolfsburg. kunstmuseum-wolfsburg.de


Die Zahl ist niederschmetternd: An jedem Tag werden inzwischen drei Milliarden Bilder auf den sozialen Netzwerken hochgeladen. Wie verändert das unsere Weltwahrnehmung? Dieser Frage gehen nun die Kuratoren des Pariser Jeu de Paume mit ihrer Gruppenausstellung „The Supermarket of Images“ nach und zeigen dabei auch (u.) den anderen, weltverändernden Supermarkt: „Amazon“ (Andreas Gursky, 2016). Bestimmt auch schon da und dort geteilt und geliked. B is 7.6 ., jeudepaume.org

Ephemere Werke

Dufte Kunst

Antony Gormley stellt sonst gerne Menschenfiguren auf Hochhäuser und Berge, zur Feier seiner Royal AcademySchau hat der Bildhauer eine Du -Edition angemischt. 100er-Auflage, 150 P nd

Schon der große Kunsterneuerer Marcel Duchamp füllte die Pariser Lu in Flaschen. Auch Anicka Yi ist Konzeptkünstlerin und arbeitet viel mit Du . Von „Biography“ gibt es 1000 Stück, je 250 Dollar.

shop.royalacademy.org.uk

biography fragrance.com

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Redak tion Barbara G är tner

Das New Yorker New Museum Wie riecht die Venus von Milo? Nach Mandarine, Jasmin und kann man nicht nur besuchen, sondern auch riechen und kaufen: Ambra. Findet die Manufaktur L'Officine Universelle Buly, die Je 157 Dollar kosten die exklumit acht Dü en (150 Euro, dasiven Dü e, „Aspects of 1“ und zu Seifen, Kerzen) Louvre-Iko„Aspects of 2“, beide Flakons nen olfaktorisch interpretiert. tragen die SANAA-Architektur. newmuseum.org

buly 1 8 0 3 .com

Fotos: © Andreas Gursky, Courtesy of the artist and Sprüth Magers; Buly 1803; Folie à Plusieurs; Courtesy Biography Fragrance; RA

Sämtliche Geiseln der Gegenwart


Fotos: Courtesy the artist; John Wronn/The Museum of Modern Art, New York. Bequest of Richard S. Zeisler and gift of Abby Aldrich Rockefeller (both by exchange) and gift of Kathy Fuld, Agnes Gund, Patricia Cisneros, Doris Fisher, Mimi Haas, Marie-Josée and Henry R. Kravis, and Emily Spiegel. © 2019 Judd Foundation; Luc Schrobiltgen

Panorama Kunst

Stille, bitte! Ein Reiz der Fotografie liegt darin, den Trubel stumm zu schalten, so wie Akinbode Akinbiyi, der sich durch Megastädte wie Lagos oder Kairo treiben lässt und mit seinen Schwarz-Weiß-Bildern wie links „Bar Beach, Victoria Island, Lagos“ (2006) die AlltagsRaserei für einen kurzen, schönen Moment anhält. Ach! B is 1 7. 5 ., G ropius B au, B erlin, b erliner fe s t spiele.de

Mister Minimalismus Wenn Maler das Malen aufgeben, entsteht oft große Kunst. Donald Judd etwa hat die Art, wie wir heute über Skulptur (rechts „Untitled“, 1991) denken, auf den Kopf gestellt. 30 Jahre war in den USA keine Retrospektive mehr zu sehen. Nun feiert ihn endlich das New Yorker MoMA. 1 . 3 .–11 .7., moma.org

Man sieht sich immer zweimal Die Bilder von Léon Spilliaert wirken so modern, dass man „The Shipwrecked“ (li., 1926) im ersten Augenblick für eine Arbeit von Peter Doig halten kann. Dabei liegen zwischen diesem Gemälde des Belgiers (1881–1946), das nun in einer großen Schau in der Londoner Royal Academy hängt, und den Kanubildern des britischen Kunstmarktdarlings Doig fast ein Dreivierteljahrhundert. 2 3 . 2 .–2 5 . 5 ., royalac ademy.org.uk

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4 Leseprobe

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Redak tion Oliver Jahn und Uta Seeburg

1 Bildblock Schöne Bände über japanische Holzschnitte gibt es viele, das tut aber dem Vergnügen, die­ sen Monolithen durchzublät­ tern, keinen Abbruch. Aus vier Jahrhunderten leuchten 200 Blätter von herausragender Pracht – Werke der Superstars Hokusai und Hiroshige, aber auch von weniger Bekannten wie Kikugawa Eizan (o.).

2 Richtergala Gerhard Richters Gesamtwerk ist so umfangreich, dass seine Werkverzeichnisse inzwischen Regale füllen. Nun hat Armin Zweite, lange Direktor des Münchner Lenbachhauses, ei­ ne opulent bebilderte und zu­ gängliche Monografie geschrie­ ben. Sechs Jahrzehnte Richters epochaler Richtungswechsel in einem famosen Band.

3 Grand Tour Klip und Corb, das sind der Kunsthändler August Klip­ stein und sein Jugendfreund, später bekannt als Le Corbu­ sier. 1911 gingen die beiden auf Reisen, Le Corbusiers Ta­ gebuch wurde als „Journey to the East“ weltberühmt. Hier lernen wir das Gegenstück kennen: Klipsteins Notizen zur selben Reise.

4 Reine Gefühlssache Caravaggio und Bernini: Der Maler und der Bildhauer sind die schillernden Figuren des Barock, die Roms Kunst­ welt (und die eine oder andere Schenke) in helle Aufregung versetzten. Starke Gefühle sind es auch, die jetzt die sanft­ mütigen Madonnen der Renais­ sance ablösen. Der Band geht diesem Effekt der Affekte nach.

Japanese Woodblock Prints. Taschen, 622 S., 150 Euro.

Gerhard Richter: Leben und Werk. Schirmer/Mosel, 480 S., 128 Euro.

Klip and Corb on the Road. Scheidegger & Spiess, 368 S., 48 Euro.

Caravaggio Bernini. Prestel, 328 S., 45 Euro.

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Cover- und Innenabbildungen: Taschen (2); Schirmer/Mosel Verlag; © The Klipstein Family; Scheidegger & Spiess; Prestel Verlag; © Sovrintendenza Capitolina ai Beni Culturali, Musei Capitolini – Pinacoteca Capitolina, Roma/Andrea Jemolo

Panorama Bücher


shop.vogue.de


Das rare, schöne Gute Aufhören, wenn’s am schönsten ist? Können die wenigsten. Ein Designer und ein Sammler haben es getan, ganz ungeplant: Sie ließen ihr Leben in Paris zurück und fingen ein neues in Portugal an. Und eröffneten ein Hotel, das Dornacher Design und skandinavischen Jugendstil ins Jetzt zurückholt. Tex t Florian Sieb e ck

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Panorama Reise Wo einst Nonnen ihre Felder bestellten, fanden Vitor Borges (u. re. auf einem Stuhl von Heinrich Eckinger) und Franck Laigneau ihre neue Heimat. Die monastische Strenge der Außenbereiche unterbrachen sie hier und da durch japanoid anmutende geometrische Formen (unten li.).

Fotos: Francisco Nogueira; Porträt: Isadora Faustino

V itor Borges und Franck Laigneau hatten, was man in Paris „la bonne vie“ nennen würde: Borges war bei Hermès für die besonders taktilen Dinge verantwortlich, für alle Entwürfe aus Seide und Kaschmir; Laigneau führte eine Designgalerie. Sie wohnten in einem stattlichen kleinen Haus im 7. Arrondissement, gleich hinter dem Musée d’Orsay, und waren, wenn man so will, angekommen im Leben. „Ich habe immer gedacht: In Paris werde ich alt“, sagt Vitor Borges. Und dann kam dieser Tag im Jahr 2013. Borges und Laigneau besaßen ein Haus in der Normandie, aber sie wollten in wärmere Gefilde; sie fuhren also nach Portugal, wo Vitor Borges aufgewachsen war. In Estremoz, anderthalb Stunden von Lissabon entfernt, entdeckten sie einige zerfallene Gebäude. Sie gehörten einst Nonnen des Malteserordens, die hier einen

Garten pflegten, und später einer Kooperative, die Olivenöl produzierte. Das Grundstück umfasst 13 000 Olivenbäume, die ältesten 800 Jahre alt. Sie kamen kurz vor Anbruch der Dunkelheit an, als die Sonne die Hügel mit ihren Kork-, Feigen- und Olivenbäumen in ein rotes Licht tauchte. „Und da“, sagt Borges, „verliebten wir uns in diese wunderschöne Aussicht, die unberührte Natur.“ Es gab nur ein kleines Problem: Das Anwesen war zu groß. Viel zu groß, um es nur als Ferienhaus zu nutzen; viel zu kaputt, um es en passant wieder herzurichten. Eine Lebensaufgabe. „Es fiel uns alles andere als leicht, Paris zu verlassen“, sagt Borges, aber beide waren fast 50, in ihren Augen die letzte Chance für einen radikalen Neuanfang, wenn auch gänzlich ungeplant. Sie waren immer gern Gastgeber, warum also nicht ein Hotel eröffnen? So schufen sie das „Dá Licença“, ein modernes Refugium mit klaren Linien, das den traditionellen Charakter des Landgutes respektiert. Das Haupthaus beherbergt nun drei Gästezimmer, die nahe gelegenen Nebengebäude fünf geräumige Suiten. Die monastische Strenge der ganz in Weiß gehaltenen Außenbereiche wird immer wieder durch geometrische Öffnungen unterbrochen und in den Innenräumen durch ein Interieur aufgefangen, das nur auf den ersten Blick asketisch wirkt. Dunkle gebürstete Granitböden und cremeweiß gekalkte Wände bilden mit Einbauten wie Badewannen aus von Hand gehauenem Marmor die Kulisse für eine eklektische Möbel- und Kunstsammlung, die größtenteils aus der ehemaligen Galerie Franck Laigneaus stammt. Er hatte sich in seinen Anfangsjahren auf skandinavischen Jugendstil spezialisiert, damals, als alle anderen für Jean-


Die Terrassen (o. li.) rahmt eine diaphane Pergola aus hauch­ dünnem rosa Marmor („Wir lieben James Turrell“). In den Zim­ mern stehen Dorna­ cher Möbel, o. re. ein Daybed von Heinrich Eckinger unter einem Bild von Ejnar Nielsen, links Rudolf Dörflers Leuchte für Artolux.

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Hinter dem Esszimmer (u., Tisch: Felix Kaiser) lockt der T­förmige Infinity Pool (rechte S.). „Mit seinem Smaragd­ Schimmer erinnert er an einen verlassenen Marmorbruch, in dem sich Wasser gesam­ melt hat“, schwärmt Vitor Borges. Der Blick fällt auf die hotel­ eigenen Olivenhaine.


Panorama Reise Michel Frank gerade astronomische Summen hinlegten. „Es war eine spannende Zeit: Die Grenzen zwischen Kunst und Hand­ werk lösten sich auf, Maler und Bildhauer machten plötzlich Mö­ bel.“ Später entdeckt er bei einem Abstecher von der Art Basel das Goetheanum und mit ihm Dornacher Design – einen organi­ schen, volkstümlichen Stil, der auf den anthroposophischen Leh­ ren Rudolf Steiners beruht. „Wir hatten ja alles da“, sagt Borges. „Und dann fingen wir an zu komponieren: einen Dialog zwischen Kunst und Natur, drinnen und draußen.“ Alles, so scheint es, fügt sich hier. Da steht ein ge­ webter Paravent mit plappernden Papageientauchern von Thorolf Holmboe (ca. 1900) neben einem Bild zweier Bäuerinnen, das der Franzose David Dellepiane 1927 für das Hotel „Le Provençal“ malte, dazwischen „Bonecos de Estremoz“, Keramikfiguren aus der Region. Ein Jahr dauerte der Prozess, alles richtig zu arran­ gieren, die Räume im Wechsel der Zeiten und des Lichts zu beglei­ ten. „Diese Art von Sammlung findet man heute in Museen“, sagt Laigneau, „aber wir wollten die Stücke wieder in ihren ursprüng­ lichen Kontext bringen: das Zuhause.“ Trotz der großen Vielfalt an unterschiedlichsten Elementen wirken die Räume wie aus einem Guss. Aus rosa schimmern­ dem Marmor, der in der Gegend überall aus der Erde ragt, ließ das Paar Leuchten, Bäder und Geschirr anfertigen, von Vitor Borges selbst entworfen. „Engelshaut“, sagt Borges, „so nennen sie den Stein hier.“ Die Entwürfe, mal rau, mal poliert, aber immer taktil, sind bis ins Detail durchdacht: Die Marmorgriffe einer Garderobe etwa sind ohne Schrauben mit dem Holz verbunden. „Darin steckt der Geist von Hermès“, sagt Borges, „diese versteckten diskreten

Details – etwas, das man spürt, aber nicht sieht.“ Damit steht das Hotel ganz in Einklang mit der anthroposophischen Philoso­ phie Rudolf Steiners, der sagte: „Wer den Zusammenhang der geis­ tigen Tatsachen erkennen und zu beurteilen vermag, der weiß ganz gut, dass Sitten, Gewohnheiten, Seelenneigungen, gewisse Beziehungen des Guten und des Bösen eines Zeitalters davon ab­ hängen, wie die Dinge beschaffen sind, an denen wir vom Morgen bis zum Abend vorbeigehen.“ So entstand ein Ort, der die Neugier beflügelt, ohne zum Kuriositätenkabinett zu verkommen. Die auf den ersten Blick vielleicht grobschlächtigen Stücke Steiners hat Laigneau teils Kindergärten, Schulen und anderen Einrichtungen abgekauft, manchmal anderen Sammlern. „Dornacher Design wird wegen seiner kristallinen Form oft dem tschechischen Kubismus zugeschlagen, aber Steiners Möbel sind viel schützender, organischer; sie fördern die eigenständige sinnliche Erfahrung.“ Vitor Borges ist fasziniert davon, wie die Holzmöbel im Licht der untergehenden Sonne fast golden schim­ mern; wie sie im Zusammenspiel mit dem Marmor kalt und warm zugleich wirken und ihm das Gefühl vermitteln, hier ein Zuhau­ se zu haben. „Die Möbel aus Dornach sind ja zum Leben gedacht gewesen, nicht zum Verkaufen“, sagt Laigneau. Und es wirkt, als habe sich auch im Leben der beiden alles so entwickelt, um auf ebenjenen Punkt hinauszulaufen. „Ich wollte immer Koch werden, aber meine Mutter sagte, ich solle lieber was Anständiges lernen“, sagt Borges. Und stellt ein Thunfisch­Tataki auf den Tisch, das an geschmacklicher Raffinesse kaum zu übertreffen ist. DZ ab 300 Euro, inkl. Frühstück. dalicenca.pt

V itor B orge s

Fotos: Francisco Nogueira

„Wir hatten alles da. Und dann fingen wir an zu komponieren: einen Dialog zwischen Kunst und Natur, drinnen und draußen.“


Panorama Reise

Theatralik mit Twist Wie Dimore Studio die Mailänder Hotel-Legende „Milan“ auffrischen. Tex t Uta Seeburg

DZ ab 940 Euro. grandhoteletdemilan.it

Zeitgemäß und doch beständig: Das Mailänder Duo Dimore Studio wählte Materialien wie Samt, Chintz und Jacquard, um die Bar (li.) und die Lobby (re.) des ehrwürdigen „Grand Hotel et de Milan“ neu einzukleiden. Architektur und Kunst aus dem 19. Jahrhundert blieben unangetastet, die Farbpalette von Rost, Rosa und Grün beamt sie in die Gegenwart.

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Fotos: xxxxxxxxxx

aria Callas logierte hier, wenn sie in der benachbarten Mailänder Scala auftrat, genauso Enrico Caruso. Ernest Hemingway, Helmut Newton und Marcello Mastroianni waren gern gesehene Gäste, und Verdi schlief hier nicht nur regelmäßig, er verstarb sogar im „Grand Hotel et de Milan“ oder kurz: „Milan“. Eine nahezu schwindelig machende Aura also, die derjenige bewahren musste, der Bar und Halle des Grand Hotels neu gestalten sollte. Wer eignete sich für diesen Auftrag besser als Emiliano Salci und Britt Moran von Dimore Studio, die es immer wieder schaffen, jedem Raum einen theatralischen, aber sehr gegenwärtigen Auftritt zu schenken. Das Duo erzählt die Geschichte des Grand Hotels weiter. Mit leuchtenden Farben, schweren Stoffen und Mustern zwischen Liberty und Lotusblüten. Ein Rahmen, der auch der großen Callas entsprochen hätte.

Fotos: Courtesy of Grand Hotel et de Milan; Silvia Rivoltella (3)

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Von leichter Hand Im Skiort Méribel hat Stardesigner Pierre Yovanovitch ein Kuckucksnest verzaubert: Beim „Le Coucou“ interpretiert er Alpenchic mit einem spielerisch erhabenen Twist. Yovanovitch kuratierte die Kunst, gestaltete 55 Zimmer samt zwei privaten Chalets, Restaurants und Bar (unten). Selbst die Möbel stammen von ihm, DZ ab 710 Euro. le coucoumerib el.com

Ein Bett im Kornfeld Als Möbeldesigner Jake Phipps und seine Frau Melanie aus London ins beschauliche Yorkshire zogen, träumten sie schon von einem kleinen B & B. Dann die zündende Idee: Die beiden kauften zwei mobile Schäferhütten, modernisierten und möblierten, fanden sogar Platz für ein großes Bett und eine Badewanne. Jetzt stehen die komfortablen Kabinen auf einem Feld unter einer alten Eiche (o.). Oder zwischen Obstbäumen im Garten der Phipps. Und jeden Morgen liefern die beiden nun ihren Gästen einen liebevoll gepackten Frühstückskorb, Hütte ab 735 Pfund die Woche. thehutbandb.co.uk

Hotels

Fotos: Jérôme Galland; Topher McGrillis (2); The Ingalls (3)

Dreimal „Proper“ von Kelly Wearstler

Craftsmanship in Texas: Jüngst eröffnete das Hotel „Austin Proper“ mit 244 Zimmern im ebenfalls neuen Wolkenkratzer von Handel Architects. Interiordesignerin Kelly Wearstler füllte den Neubau mit lokalem Handwerk und feinen Vintages, DZ ab 365 Dollar.

Hacienda in Twenties-Architektur: Im „Downtown L. A. Proper“ schwelgt Wearstler in einer frischen Variante des spanischen Kolonialstils. Die 148 Zimmer (DZ ab 350 Dollar) verteilen sich über die Stockwerke eines Backsteinbaus von 1926, der sich immer wieder neu erfand.

Pudrige Palette: Ein fußläufiger Strand, von dem Luft und Licht ins „Santa Monica Proper“ wehen, inspiriert auch die leichten Farben des kalifornischen Hotels. Wearstlers Sinn für Akzente bläst ein paar kuriose Objekte dazu, DZ ab 365 Dollar. prop erhotel.com

Redak tion Uta Seeburg

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Die März-ausgabe jetzt iM hanDel!


Leben

in Sydney, Paris, Tokio, Melbourne, Mailand und New York

Auf den Kern konzentriert

Foto: Koji Fuji

Unter den steilen Giebel ihres einzigartigen Tokioter Betonhauses haben der Architekt Takeshi Hosaka und seine Frau Megumi eine „Tolomeo“-Applike und einen Heiligen platziert. Licht und Segen für eine Wohnbox, die mit 19 Quadratmeter Grundfläche auskommen muss, nach oben aber viel Luft zum Atmen lässt. RK

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Ein skulpturaler Hochtisch ersetzt eine massive Kücheninsel – die nämlich hätte die Fenstertür zum Balkon (li.) blockiert. Die Einbauschränke in Japanschwarz fertigte der Schreiner Jonathan West aus Amerikanischer Spitzeiche, die Rückwand in Rostund Ockertönen ist aus syrischem Marmor von Mediterranean Marble. Hocker von Grazia and Co, die Deckenleuchten wurden bei Sphera gekauft.


Sydney 77 m2

Bitte mit Pink! Fotos: Felix Forest/Living Inside; Produktion: Alicia Sciberras/Living Inside

Tex t L arissa B eham Grundriss Isa Lim Produk tion Alicia S cib erras Fotos Felix Fores t

Béton brut trifft auf Seide und Sydney auf Fernost: Als Yasmine Ghoniem ein Penthouse auf Etage 19 gestaltete, ersann sie einen pfiffigen Grundriss – und füllte ihn mit satten Farben und sinnlichen Texturen.

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Cognactöne und Erdfarben: Die Holzverkleidung der Schrankwand im Wohnzim­ mer verbirgt einen Screen zum Filmeschauen – und ein Klappbett für Gäste. Das Sofa „Lune“ entwarf Jaime Hayon, den Coffeetable davor Adam Goodrum. In der Ecke steht ein „Mara­ lunga“­Sessel von Cassina.

E

in T-Shirt von Tame Impala, dazu ein Paar Flipflops und eine Brille mit Fassung in Kaugummirosa.“ Yasmine Ghoniem erinnert sich genau, was ihr Auftraggeber bei ihrer ersten Begegnung getragen hat. „Zumal Tame Impala auch meine Lieblingsband ist.“ Dass jedoch das Outfit ihres Gegenübers Einfluss auf die Neugestaltung seines 77 Quadratmeter großen Penthouses nehmen würde, ahnte die Interiordesignerin damals noch nicht. Denn: Betritt man heute, nach zwölf Monaten Umbauzeit, das Bad des Masterbedrooms, schwebt dort

Vor dem Umbau glich das Apartment mit der Nummer 1906 eher einer reizlosen Betonschachtel als einem mondänen Penthouse. Yasmine Ghoniem verwandelte das Objekt in ein raffiniert geplantes Refugium für einen weit gereisten Gentleman: mit einem Wohn­/ Gästezimmer, zwei Bädern und sogar einer winzigen Waschküche.

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Der Raumteiler aus rotem Zedernholz ist eine Maßanfertigung. Die Jalousietüren teilen die helle Lounge in Ess- und Wohnzimmer auf, wobei sich Letzteres in eine zweite behagliche Schlafkoje verwandeln kann, sobald die Lamellen geschlossen sind. Lässt man sie jedoch offen, sieben sie sanft das Licht im Raum: „Es hat dann etwas Warmes, sehr Japanisches. Und irgendwie auch etwas Voyeuristisches – alles Dinge, die ich mag“, bemerkt Yasmine Ghoniem.


Die höhenverstellbare Leuchte ließ Ghoniem mit einem Vintage-Stoff beziehen, den Esstisch plante sie als moderne „Lazy Susan“-Variation mit drehbarem Tablett on top. Genauso praktisch: der große Spiegel (rechte Seite) im Bad; er bietet genug Platz für Zahnbürsten und allerlei Utensilien. Terrazzoplatten von Terrazzo Australian Marble.


Ya sm i ne Ghon iem

„Der Besitzer wünschte sich ein vielschichtiges Interior mit einem differenzierten Farbkanon: Tiefseeblau, Senfgelb – und Rosa.“ 101


„Nichts kann Sydneys legendäre Brücke toppen!“ Im Wohnzimmer (oben) blickt der Hausherr durch eine raumhohe Schiebetür auf den Hafen. Den Vorhangstoff lieferte Kvadrat, den Teppich „Danskina Dune“ Hub Furniture und die Stehleuchte Viabizzuno. Im Schlafzimmer (links) sind die Fronten des maßgefertigten Schranks aus Messing gewoben und luftdurchlässig – ein diffiziler, aber eleganter Kniff für mehr Transparenz.

vor steingrauen Terrazzoplatten ein Waschbassin in, genau, Kaugummirosa. Und das bildet den heiteren Mittelpunkt einer schummrig-gesättigten Farbpalette. „Mein Auftraggeber wünschte sich ein vielschichtiges Interior mit einem differenzierteren Farbkanon, der die Sicht über den Hafen von Sydney rahmen sollte.“ Doch vor allem sollte hier eine Basis entstehen für den Neuanfang eines frisch Geschiedenen, „eine Evolution seines ‚Ich‘“, wie Yasmine Ghoniem sagt. „Nach so einer Zäsur – bloß kein Hort der Erinnerungen!“ Also begann die Designerin (die ihr Studio gerade nach ihrem vollen Namen Yasmine Saleh Ghoniem in YSG umbenannte), das Apartment passgenau zu reorganisieren: Küche und Badezimmer wechselten die Position, die Zugänge zu Terrasse und Balkon wurden verlegt, die Flächen vergrößert; jeder Winkel im Inneren mit Bedacht geplant. Viele der von Ghoniem designten Stücke sind Doppelbegabungen: Ein raumhohes Holz-

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modul trennt Küche und Schlafzimmer, auf der einen Seite ist Platz für einen Kühl-, auf der anderen für einen Kleiderschrank. Und in der Lounge verbirgt sich hinter einem Screen für Heimkinoabende, wunderbar altmodisch, ein ausklappbares Gästebett. Doch so raffiniert die Technik, so reizvoll die Atmosphäre, in die Ghoniem sie dann bettete: satte Farben wie das Tiefseeblau im Essbereich, die Zimt- oder Kupfertöne der Teppiche, Senf- und Steinfarben fast überall. Und immer wieder ein gedämpftes, sanft abgelöschtes Candy Pink auf dem Bett oder den lichtdurchlässigen Jalousien vor dem Küchenbalkon dieser 19. Etage. Hier oben verschmilzt „Mad Men“ mit Fernost, Béton brut mit dem Kunstsinn eines Vielreisenden. „Das Ergebnis ist anders als alles, was ich je gesehen habe“, verrät der Hausherr. Ganz besonders, wenn abends dann der Hafen zu funkeln beginnt, wenn das Penthouse ganz und gar Penthouse sein darf.


Kurven statt Ecken: Ghoniem rundet Räume gerne ab, „weil sie da­ durch weniger kastig wirken“. Umso weicher, wenn die Wände dann mit cremefarbener Seide von Instyle bespannt werden. Das Bett „Aran“ entwarf Adam Goodrum, Kissen und Decken da­ rauf sind von Society Limonta und Cultiver.


Alles inklusive

Paris

Endlich viel Platz! Designerin Olivia Clergue atmete auf, als ihr Appartement im Quartier Latin nur noch Wohnung war. Tex t Reinhard Krause

Grundriss Isa Lim

Produk tion Julia Mincarelli

Fotos Birgit ta Wolfgang Bjørnvad

Fotos: Birgitta Wolfgang Bjørnvad/The Sisters Agency; Produktion: Julia Mincarelli/The Sisters Agency

37 m2


Regel Nummer eins für kleine Wohnungen: Maß halten und Prioritäten setzen! Der Umfang von Olivia Clergues Bibliothek wird von den Eichenregalen vorgegeben, die ein Tischler für sie baute. Auf der li. S. sitzt sie unter einer Tusch- und einer Bleistiftzeichnung ihres Patenonkels Pablo Picasso.

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Um das Appartement großzügiger wirken zu lassen, schuf Olivia Clergue aus dem einstigen Wohnzimmer mit Flur und Küche einen offenen Raum. Das Bad blieb in seinen ohnehin knappen Dimensionen erhalten.

A

uf der Kommode im Schlafzimmer von Olivia Clergue steht, unscheinbar in einem weißen Rahmen, ein altes Schwarz-Weiß-Foto. Es zeigt die Hausherrin als Kleinkind mit akkurat gescheiteltem Haar und sehr munter blickenden dunklen Knopfäuglein auf dem Schoß eines alten Herrn, den man unschwer als Pablo Picasso identifiziert. Der Jahrhundertkünstler war nämlich ein Freund der Familie und hat sich den Ehrenplatz im 37 Quadratmeter kleinen Appartement auf dem rive gauche redlich verdient. Wer auf so engem Raum lebt, umgibt sich schließlich nur mit Dingen von besonderem Wert, emotionalem Wert vor allem. Dabei hat Olivia Clergue gar keine Erinnerungen an Picasso, wie sie sofort betont, wohl aber an seine Witwe. „Sie beide waren meine Taufpaten. Als ich klein war, sind wir oft zu Jacqueline nach Mougins rausgefahren.“ Nicht zuletzt Picassos Fürsprache ist es zu verdanken, dass Olivias Vater, der Fotograf Lucien Clergue, als Künstler anerkannt wurde. Auch eine seiner Foto-Inszenierungen steht auf der Kommode, sie zeigt die Hände seiner Frau und der beiden Töchter – 15 Finger, die wie Zweige in die Höhe zu wachsen scheinen. Ein Bild der Harmonie – und zugleich eines mit Symbolwert, denn offenbar haben auch in dieser Wohnung gute Geister ihre ordnenden Hände im Spiel. Als Olivia Clergue vor zwölf Jahren nach einer Eigentumswohnung im 5. Arrondissement suchte, stieß sie auf eine Kleinanzeige. Der alte Herr, der sie aufgegeben hatte,

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Eines der wenigen Sammelthemen sind FauxBamboo-Möbel wie der Tisch auf der re. Seite, den Coffeetable o. entwarf Marco Marino. Handtaschen von Olivia Clergue gibt es im Marais – und bei Britta Peters in München.




stellte sich als der Maler Bernard Munch heraus – und als Bewunderer ihres Vaters. So kam es, dass er lieber an Olivia Clergue verkaufte als an eine Japanerin, die deutlich mehr für seine Wohnung geboten hatte. Munch, geboren 1921, hatte schon mit seinen Eltern hier gewohnt und das Mini-Appartement zugleich als Atelier genutzt. „Als seine Eltern starben, baute er sich deren Zimmer, eigentlich das Schlafzimmer, zum Studio um, denn das Licht dort eignet sich gut zum Malen. Geschlafen hat er in einem Alkoven im Wohnzimmer. In den ersten Jahren habe ich es genauso gehalten und das hintere Zimmer als Werkstatt benutzt.“ Was bedeutet, dass dort eine Ledernähmaschine Einzug hielt, flankiert von allerlei Stellagen für Häute und Werkzeuge. Olivia Clergue ist nämlich Handtaschen-Designerin. Mit 18 kam sie von Arles nach Paris, um an der École des Beaux-Arts Bildhauerei zu studieren; ihren Abschluss jedoch machte sie in Modedesign mit dem Schwerpunkt Dessous. Von Skulpturen zur Unterwäsche, von der bildenden Kunst zum Handwerk – was zunächst klingt wie ein etwas schlingernd startender Lebenslauf, erwies sich als Dualismus, der sich durch Clergues Leben zieht wie eine Doppelhelix. „Mit 24 gründete ich mein eigenes Dessous-Label und war damit schnell so erfolgreich, dass ich mit der Produktion nicht hinterherkam“, sagt sie. „Ich habe nämlich alles selbst gemacht. Um meine eigene Firma zu gründen, fühlte ich mich einfach zu jung.“ Also wechselte sie noch einmal die Richtung und arbeitete einige Jahre für Kunstgalerien, bis sie mit 40 – „eigentlich nur aus einer Laune heraus“ – begann, Handtaschen zu entwerfen. Nun schließlich passte alles zusammen. Seit sie ihre eleganten Taschen unter eigenem Namen in einem Showroom im Marais verkauft (übrigens gleich ums Eck vom Picasso-Museum, in der Rue du Parc Royal 6), hat sie die Produktion in die Hinterräume der Boutique verlegt. „Nach Jahrzehnten der Zweckentfremdung“, sagt sie und klingt dabei wie befreit, „ist das Schlafzimmer endlich wieder nichts als ein Schlafzimmer.“ Um die wenigen Quadratmeter der Wohnung möglichst effektiv nutzen zu können, entfernte Olivia Clergue alle unnötigen

Seitdem die separate Küche in den Wohnraum integriert wurde, erstrahlt das größere der beiden Zimmer (linke Seite) im Licht dreier Fenster. Die Küchenzeile ist ein Architektenentwurf. Oben ein weiteres Kleinmöbel in Bambus-Optik – bis vor zwei Jahren diente das Schlafzimmer als Werkstatt.

Wände; der Alkoven des Malers verschwand ebenso wie der enge Flur und die Küchenwand. Nur die fehlenden Dielenbretter verraten noch den früheren Schnitt der Wohnung. Im Vergleich zu den berühmt-berüchtigten chambres de bonne bietet das Appartement im dritten Stock eines 1893 als Postgebäude errichteten Hauses natürlich verschwenderisch viel Platz – aber das ist eine Sichtweise, die vermutlich nur Pariser teilen können. Einige ihrer Besitztümer lagert Olivia Clergue in ihrem Elternhaus in Arles, trotzdem ist die Frage, wofür in der Pariser Wohnung Platz ist und wofür eben nicht, eine ständige Begleiterin. Welche Tipps hat sie für Novizen in der Kunst der Selbstbeschränkung? „Als Erstes habe ich meinen Freunden klargemacht, dass sie mir keinen Schnickschnack mehr schenken dürfen, dafür habe ich keinen Platz. Auch die meisten Bücher gebe ich nach dem Lesen weiter, weil ich unmöglich alle behalten kann. Neulich habe ich mich von allen Taschenbüchern getrennt und nur eine kleine Sammlung lateinamerikanischer und japanischer Literatur behalten. Und ein paar Kunstbände, vor allem über Marcel Duchamp, der hier in der Nähe gelebt hat.“ In puncto Kleidung, sagt sie, habe sie schon immer Wert darauf gelegt, lieber wenig, dafür aber gute Qualität zu kaufen. „Und unter dem Bett stehen immer irgendwelche Schachteln mit Sachen, die ich gerade seltener trage.“ Die größte und wichtigste Neuanschaffung war die Küchenzeile im nunmehr offenen Wohnraum. „Die hat ein Architekt für mich entworfen. In den Schränken bewahre ich tatsächlich nur Küchenutensilien auf. Die grünen Keramikteller sind provenzalisch, ich habe aber auch Geschirr aus Mexiko und Marokko.“ Die Möblierung wiederum wird von zwei Leitmotiven bestimmt. Da ist zum einen eine Sammlung antiker Tischchen und Spiegel und die bereits erwähnte Kommode, sämtlich in Faux-Bamboo-Optik gefertigt. „Den Spiegel im Wohnzimmer hat schon meine Mutter gekauft. Später habe ich das Bambus-Thema weiter verfolgt, als ich hörte, dass Juliette Adam diese Möbel sammelte, eine Schriftstellerin, die im 19. Jahrhundert einen literarischen Salon in Paris führte. Der Spiegel erinnert mich an eine Szene mit Catherine Deneuve in ,Eselshaut‘.“ Die Romantik dieser Antiquitäten wird subtil von schlichten Kastenmöbeln aus Eichenholz konterkariert – zwei Wandregalen und zwei Holzsockeln mit raffiniert verdeckten Schubladen, die ein Tischler für sie gebaut hat. Aber auch eine solchermaßen zwangsoptimierte Wohnung kommt nicht aus ohne den Luxus einer besonderen Extravaganz. Im Falle von Olivia Clergue ist dies das Piano im Wohnzimmer. „Klar ist das ein Statement, bei so wenig Platz nicht auf das Klavier verzichten zu wollen“, sagt sie. „Und im Grunde spiele ich viel zu selten darauf. Aber was zählt: Musik schafft Raum im Kopf!“

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Fenster zum In eine schmale Baulücke in Tokio passte Architekt Takeshi Hosaka alles ein, was ein Paar zum intensiven Leben und Arbeiten braucht.

Tokio 19 m2


Himmel

Lückenfüller: Das nächste Haus ist gerade so weit entfernt, dass die Bauten bei Erdbeben, ohne anzuecken, schwingen können. Als Arbeitsplatz dient Megumi und Takeshi Hosaka ein Nähmaschinentisch. Linke Seite: Durchs Oberlicht in sieben Meter Höhe lugt der Himmel, aber kein Nachbar.

Tex t Roland Hagenberg

Grundriss Isa Lim

Fotos Koji Fuji

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Tokioter Küche: Bewegungsspielraum und Einrichtung sind ganz auf die Körpermaße von Takeshi und Megumi Hosaka abgestimmt – beim Kochen ist hier alles stets in Reichweite, inklusive der MieleWaschmaschine. Unter der Arbeitsplatte aus Edelstahl verbergen sich ausziehbare Regale.

Re. S.: Zwei Zimmer, Küche, Bad, das Ganze auf 19 Quadratmetern. Dafür, dass sich das Love2 House für die beiden Bewohner dennoch nicht beengt anfühlt, sorgt die dritte Dimension: Auf ganzer Länge öffnet sich der Bau nach oben ins Dach – ungenutztes Volumen, aber fürs Raumgefühl unerlässlich.


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Übergangszone: Im genkan, dem Eingangsbereich (li.), hängt Kunst von Freunden der Hausherren. Den schmalen Pfad vor der Veranda-Schiebetür ließ Hosaka für Passanten verbreitern – und opferte dafür sogar einen Teil seines eigenen Grundstücks.

Schlafen unter Sichtbeton (re. S.): Von der Küche trennt den Raum nur eine halbhohe Wand, vom Blick in die Sterne ein rundes Bullauge im Giebel, das den gesamten Wohnbereich mit Tageslicht flutet. Den nötigen Stauraum integrierte der Architekt direkt in die Betonstruktur des schmalen Baus.

Take shi Hosaka

„Kontemplation und Gemeinschaft standen schon in den Häusern der Römer im Mittelpunkt. Darin liegt der Kern der Architektur.“ 114



Auch für die tradi­ tionelle Badewanne im Freien fand Archi­ tekt Takeshi Hosaka auf seinem schmalen Grundstück Platz. Eine ausziehbare Pla­ ne schützt das rotenburo (oben) vor frem­ den Blicken aus den Nachbarhäusern, eine schmale Tür verbin­ det die Terrasse mit dem Badezimmer.

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Essen, arbeiten, ko­ chen und schlafen: Im Love2 House findet alles in einem Raum statt (o. re.). Betonbarrieren tren­ nen die Lebensbe­ reiche und schaffen Struktur. Rechts: Keine Nische ohne Funktion – selbst in die WC­Ecke inte­ grierte Hosaka noch ein Bücherregal.


H osaka-San, im Love2 House, das Sie selbst entworfen haben, leben Sie zusammen mit Ihrer Frau Megumi auf gerade mal 19 Quadratmetern. Kommen Sie sich da nicht in die Quere? Nicht die Spur! Love2 ist allerdings auch nur unser Zweitwohnsitz, die Erweiterung unseres Love House in Yokohama sozusagen. Weil ich von dort jeden Tag zwei Stunden zur Waseda-Universität brauchte, wo ich unterrichte, haben wir uns schließlich entschieden, unter der Woche in Tokio zu leben und zu arbeiten. Wo finden Sie hier denn überhaupt Platz zum Arbeiten? Zum Beispiel hier, an diesem alten Nähmaschinentisch. Da sitze ich oft noch lange nach Mitternacht, wenn Megumi im Schatten hinter der schulterhohen Betonwand längst eingeschlafen ist. Dann koche ich mir einen Kaffee und lasse Träume in den Wachzustand fließen. Um sieben fährt sie in unser Büro, und ich schlafe noch zwei Stunden. Mehr als fünf brauche ich nicht. Megumi ist nicht nur privat, sondern auch beruflich Ihre Partnerin, sie leitet Ihr Büro. Wie kam es dazu? Schicksal! In einer Buchhandlung blätterte sie einmal Magazine durch und stieß dabei unversehens auf ein Haus von mir. Natürlich kannte sie den Architekten nicht, aber ihr gefiel offenbar das Design. Dann schlug sie ein Buch auf, und wieder war da eines meiner Häuser. „Das hat was zu bedeuten“, dachte sie und spionierte mich in der Architekturabteilung aus. Am Ende baute ich das neue Haus ihrer Eltern – und wir heirateten! Ihre Karriere begann als Pilot. Beim Betreten von Love2 denkt man sofort an ein Flugzeugcockpit: eng, aber mit Blick in den freien Himmel. Sogar die Fenster sind oval. Sie haben recht, wenn ich hier im Bett liege, über mir nur Himmel, Mond und Sterne, dann ist das beinahe wie im Cockpit. Von der Luftwaffe musste ich Abschied nehmen, als sich plötzlich meine Sehkraft verschlechterte. Also erfüllte ich mir meinen zweiten Traum und wurde Architekt. Schon als Achtjähriger habe ich nicht recht verstanden, warum Leute so komisch bauen. Fenster, Materialien, Proportionen – mir gefiel nichts davon. Daheim stellte ich Möbel um, tat Bücher, Vasen und Bilder dahin, wo sie für mich hingehörten. Damals allerdings noch mit wenig Erfolg; wenn ich von der Schule zurückkam, war meist wieder alles beim Alten. Ein bisschen Überzeugungsarbeit brauchte es auch beim Love2 House – was war die größte Herausforderung? Eindeutig die Banken. Bei zehn beantragten wir Kredite, alle sagten ab. „In so einem Haus will doch keiner wohnen“, hieß es da, „und kaufen würde das erst recht keiner.“ Doch bei der elften hatten wir Glück. Der Abteilungsleiter dachte, wenn es Verrückte gibt, die das planen, gibt es wohl auch Verrückte, die in so was investieren. Dann kam die nächste Hürde: Zum Grundstück führt nur ein schmaler Pfad. Also mussten die Arbeiter den Flüssigbeton 60 Meter weit schleppen, teilweise über Treppen. Als wir 2019 einziehen konnten, waren fast zehn Jahre vergangen; mein Bauleiter hatte eines unserer Großprojekte dazwischenschieben müssen. Wie in diesem Haus das Licht durch den Giebel fällt, erinnert mich an Jørn Utzons Bagsværd-Kirche bei Kopenhagen. Sie sind ein erklärter Bewunderer des dänischen Architekten … Mit dem Opernhaus in Sydney hat Utzon nicht nur ein Symbol für eine Region geschaffen, sondern auch einen Mythos. Das ist mehr

als Architektur. Sollte mir so was in Zukunft ebenfalls gelingen, dann habe ich den Pilotenberuf gerne dafür aufgegeben. Aber Utzon ist natürlich nicht mein einziges Vorbild, vieles habe ich etwa von Shigeru Ban gelernt, bei dem ich auch studieren durfte. Wie wichtig ist Ihnen die spirituelle Seite des Bauens, die Utzon so betont hat und die auch das Werk von Architekten wie Tadao Ando oder Peter Zumthor durchzieht? 2014 haben Sie selbst eine Kirche gebaut, die Shonan Christ Church … Dafür hat mich meine Frau sensibilisiert. Sie ist christlich aufgewachsen, und letztlich war sie es, die mich davon überzeugt hat, in meiner Gedankenwelt einen spirituellen Ort zu schaffen, wo ich Rückhalt finde, besonders in so bewegten Zeiten wie heute. Ich halte es mit Epikur: „Unerreichbares ist irrelevant, Unvermeidbares muss man akzeptieren“, das sagte er schon vor 2300 Jahren. Unsere Aufgabe ist das Dazwischen. Wenn ich also eine Kirche baue – und ein bisschen gilt das auch schon für ein Wohnhaus –, soll man sich dort als Teil eines kosmischen Ganzen fühlen und innere Ruhe finden, ganz egal welcher Religion man angehört. Finden Sie diese kontemplative Erfahrung trotz aller Platzoptimierung auch im Love2 House wieder? Unbedingt, für mich ist das die wichtigste Voraussetzung für Kreativität. Da kann Architektur helfen. Denken Sie an europäische Sakralbauten: wuchtige Gewölbe zum Himmel hin, karge Wände, massive Lichtbündel von oben. Und das haben wir auch im Love2 House. Das macht dich bescheiden angesichts des Universums, der Natur. Du beginnst, in dich hineinzuhorchen, entdeckst bisher Ungedachtes, wirst Mitmenschen gegenüber aufgeschlossener. Aber stört es Sie da nicht, wenn bei offener Schiebetür direkt vor Ihrem Tisch die Leute vorbeigehen? Nein, genau darum geht es mir ja: In einem limitierten Raum mit dem Draußen verbunden sein, auch wenn ich dort nur Topfpflanzen, Regentropfen und Wolken sehe oder die Zikaden höre. Wie hat sich die Vorstellung von Architektur seit Ihrer eigenen Studienzeit verändert – heute sind Sie ja selbst Lehrer? Unsere Gesellschaft ist natürlich nicht stehen geblieben. Wir haben ein, zwei Tage die Woche frei, damals keinen einzigen. Der Unterricht war von oben nach unten ausgerichtet, Widerrede undenkbar. Lehrer forderten uns gnadenlos heraus, setzten uns unter Druck, jagten uns vorwärts. „Wenn du mit nichts Besserem aufwarten kannst, brauchst du hier nicht mehr erscheinen“, so was hörte man damals nicht nur einmal. Eiskalt schleuderten sie dir ihr Urteil ins Gesicht. Heute geht das nicht mehr. Studenten zahlen viel Geld für ihre Ausbildung und würden sich beschweren. Aber damit überzuckern wir auch jede Diskussion und loten die Grenzen der Architektur nicht mehr voll aus. Zumindest was den Maßstab angeht, haben Sie diese Grenzen mit dem Love2 House jedenfalls erreicht, oder? Na ja, Le Corbusiers Cabanon an der Côte d’Azur hatte sogar nur 13 Quadratmeter. Die Frage ist, wie klein ein Raum werden kann, in dem trotzdem noch die wichtigsten Lebensaspekte unterkommen – die physischen wie die spirituellen. Kochen, schlafen, kreativ und miteinander glücklich sein, den Kosmos im Fenster. So viel braucht es dafür nicht. Meine Frau sagt immer: „Vergiss nie, wie luxuriös wir eigentlich wohnen. In der Edo-Periode vor 300 Jahren gab sich die durchschnittliche japanische Familie noch mit fünf Tatami-Matten zufrieden.“ Im Vergleich dazu leben wir hier doch immer noch wie die Fürsten!

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Paris

Reif für die Insel

40 m2

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Tex t S erge G leizes Grundriss Isa Lim Fotos Xavier B éjot

Mitten im Herzen der Île Saint-Louis: Wie der amerikanische Interiordesigner David Jimenez sein Atelierstudio mit Pariser Charme und neuer Großzügigkeit aufgeladen hat. Bienvenue im Kokon!


Vom antiken Chesterfield-Sofa hat man die Grafiken an der Wand zur Treppe im Blick. Das Bücherregal in Farrow&Balls „Hague Blue“ entwarf der Gestalter selbst. Re. eine Rarität: ein neoklassizistischer Tisch von Baker Furniture.


D av id Ji menez

„Schon als ich diesen Ort zum ersten Mal sah, faszinierte mich seine Poesie. Danach brauchte es nur noch ein wenig Liebe und Fürsorge!“

Klein? Laut! Nach dem maßgefertigten Leo-Teppich von Safavieh (o.) wartet ein Vintage-Zebra aus San Francisco auf den Hausherrn (re.). Royal: Der Louis XVFauteuil mit silbrigem Leder (re. Seite) thront inmitten antiker Bücher, Büsten, Urnen und Joan Mirós furioser Gouache.

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Dav id Ji menez

„Vom Liliput-Charakter habe ich mich nicht einschränken lassen.“


Vorhang auf! Das Schlafzimmer (linke Seite) verwandelte der Designer mit Stoff von Ralph Lauren Home in eine lauschige Kabine. Strenge Fülle: Die gesammelten Vintages oben – der smaragdgrüne Porzellanhocker stammt aus Japan, der Paravent aus den 50ern fand über Kansas zurück nach Frankreich – folgen bei David Jimenez einer strikt extravaganten Ordnung.

Die Kassettendecke (oben) ließ der Interiordesigner nachträglich einziehen: „Das hat mehr Charakter.“ Im Bad ersetzt der Spiegel aus den 30ern einen Medizinschrank, darin verdoppelt sich Cecil Beatons Fotografie „Benjamin Britten“. Und im Zwischengeschoss (s. u.) schwebt das Bett in luftiger Höhe.

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D

ie hohen Fenster zur Straße tauchen die Objekte und Gemälde in seidiges Licht. Kultur, Reisen und Ästhetik, das scheinen die Vor­ lieben des Besitzers dieses Pariser Appartements zu sein. Vor al­ lem aber zeigt es eines: seine Großzügigkeit. Denn nichts deutet darauf hin, dass dieses Appartement nur 40 Quadratmeter misst – minutiös aufgeteilt in einen Eingangsbereich, ein Wohnzimmer, eine Küche, ein Badezimmer und ein Schlafzimmer im Zwischen­ geschoss. „Als ich diesen Ort zum ersten Mal betrat, war ich sofort fasziniert von seiner Poesie“, erzählt David Jimenez, „von der un­ gewöhnlichen Deckenhöhe – fast viereinhalb Meter! –, von der Eleganz der Fenster und der Stuckatu­ ren, dem feinen Versailler Tafelparkett aus Eichenholz, dem Marmorkamin und vor allem“, Jimenez schließt das alles in eine schwungvolle, raumgrei­ fende Geste ein, „von der einnehmen­ den Helligkeit!“ Obwohl die Räume in gutem Zustand gewesen seien, erzählt er, „mussten sie dringend aufgefrischt werden. Es brauchte nur ein wenig Liebe und Fürsorge! Ich habe also die Wände streichen und neue Beleuch­ tungskörper installieren lassen. Mit den gestreiften Vorhängen wollte ich die theatralische Anmutung und Hö­ he des Hauptraums in Szene setzen. Um dem Appartement noch mehr Cha­ rakter zu verleihen, habe ich eine Kas­ settendecke einziehen lassen, dann ein Bücherregal entworfen, in ‚Hague Blue‘ von Farrow & Ball streichen und zu guter Letzt noch Vorhänge am Bett anbringen lassen. Ich finde, das schafft mehr Intimität.“ Ein coup de foudre war Paris für Da­ vid Jimenez sofort: „Schon als ich das erste Mal als Teenager in Europa war, habe ich mich in diese Stadt verliebt“, erzählt er. „Es war ein Schockzustand! Die Architektur, die Lebensart haben mich sofort verführt, und noch heute bin ich von der Schönheit, dem kulturellen Reichtum beeindruckt. Hier zu leben ist ein Glück.“ Vor vier Jahren folgte er einem Stellenan­ gebot als Marketing­ und Beratungsleiter bei Draeger in Paris – und verließ New York endgültig. Letztes Jahr gab er auch diese berufliche Verpflichtung auf, um sein eigenes Studio als Interior­ designer zu eröffnen. Dafür ist das Appartement ein idealer Aus­ gangspunkt, eine Ruheoase zwischen Terminen und Reisen. „Wa­ rum ich mich hier niedergelassen habe? Paris inspiriert mich jeden Tag neu. Die Wohnung ist für mich wie ein Forschungsatelier, ein Design­Labor, in dem ich nachdenken und an neuen Projekten ar­ beiten kann; und zugleich ein Rückzugsort, an dem ich mich ent­ spanne, Familie und Freunde empfange. Alles ist bis ins letzte Detail auf meinen Lebensstil, meine Vorstellung von Komfort, Charme und Ordnung zugeschnitten.“

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Bei der Planung kleiner Flächen rät der Gestalter, auf drei Dinge zu achten: die Wahl der Farben, des Lichts und der Einrichtung. Dabei seien vermeintliche Weisheiten oft überholt. So wählte Ji­ menez eine Palette neutraler und warmer Farben aus, Grau, Camel und Schwarz, um die Räume dezent zu betonen. Ein anderes De­ tail, das dem Designer besonders am Herzen lag, ist die gedämpf­ te Beleuchtung, die bei Einbruch der Dunkelheit für Atmosphäre sorgt. Alle Lampen sind mit Glühbirnen von niedriger Leistung bestückt, auch die Lüster und Appliken mit schwarzen Schirmen sind gedimmt. Und schließlich noch die Ausstattung: „Kleine Zim­ mer mit wenigen Gegenständen einzurichten, um dem Raum mehr Tiefe verleihen zu wollen, ist ein Fehler“, erklärt Jimenez. Er setzt vielmehr auf Opulenz, doch nicht auf anarchische Wei­ se. In der Fülle der angesammelten Dinge herrschen eine strenge Ordnung und vor allem die Liebe zu jedem Objekt. Zu seinen Schätzen zählen ein bereits stark patiniertes Chesterfield­Sofa, das aus einer Gale­ rie auf der Île Saint­Louis stammt, ein Empire­Sekretär und ein marmorner Beistelltisch von Maison Jansen aus dem Jahr 1960 mit alten Folianten da­ rauf. Und dann natürlich die Kunst­ werke! Marmorskulpturen, Bronzen, objets d'art … Gemälde und Kohle­ zeichnungen zieren den Treppenauf­ gang zum Mezzanin und die langen Wände, wobei einige Werke von einer kleinen antiken Messinglampe be­ leuchtet werden. Die alten Spiegel ge­ ben zudem Tiefe und reflektieren das Licht. In der Küche ließ Jimenez die Regale in zurückhaltendem Anthra­ zitgrau streichen und Arbeitsplatten aus Edelstahl einbauen. Dafür ist der Leopardenteppich, der die Bodenflie­ sen bedeckt, umso exzentrischer gera­ ten. Ein ramponierter Medizinschrank im Badezimmer musste einem antiken Spiegel mit Waschbecken weichen. „Von dem Liliput­Charakter habe ich mich nicht einschränken las­ sen. Eigentlich im Gegenteil: Es war bereichernd, ja, wirklich spannend für mich, das Beste daraus zu machen.“ In Bestlage befand sich das Atelierstudio bereits: Das „Hôtel du Jeu de Paume“, in dem es liegt, wurde 1634 erbaut und gehört zur historischen Umgebung der Île Saint­Louis, eines „Dorfs“ im Her­ zen von Paris, nobel und sehr diskret, umschlungen von der Seine und auf halber Strecke zwischen dem Marais und dem Boulevard Saint­Germain. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Erst im Jahr 1947 wurde das Gebäude in mehrere Appartements aufge­ teilt, die einen Innenhof rahmen. „Ich liebe Orte, die den Charme vergangener Zeiten verströmen, gleichzeitig aber auch modern und komfortabel sind“, sagt David Jimenez. „Und ich mag es, mich mit Kunstwerken und Dingen zu umgeben, die ihre eigene Ge­ schichte erzählen, die mit einem Ort oder einer Begegnung ver­ knüpft sind. Eigentlich waren alle meine bisherigen Wohnungen kleine Reisen in sich.“ Aber diese ist die größte.


Mehr Tiefe? Geben die großen Spiegel. Dazu: Ver­ sailler Tafelparkett aus Ei­ che und ein Marmorkamin. Das sonnengelbe Ölge­ mälde ist von William Gear, davor ein Torso von 1960. Die Kochnische in Farrow& Balls „Down Pipe“ (linke S.) wurde maßgefertigt – ideal für die schmucken Kupfertöpfe von Ruffoni.


Raum Wunder Tex t Florian Siebeck Grundriss Isa Lim Fotos Tess Kelly

Es gibt vielleicht kein richtiges Leben im falschen. Ein großes im kleinen aber hat durchaus seine Vorzüge, zeigt Architekt Jack Chen.

In kleinen Wohnungen ist konsequentes Verstauen Trumpf. Jack Chen hat es perfektioniert. In seinem Apartment lässt er seine Habe verschwinden. Im Schlafzimmer etwa in Einbauten aus Holz, im Wohnzimmer (re. S.) hinter Schränken mit Spiegelglas. Leuchte: „Projecteur 165“ von Le Corbusier.

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Melbourne 35 m2


Jack Chen

„Die Küche ist weit mehr als eine Küche. Sie ist das Herzstück der Wohnung.“

Der Esstisch wird nur für besondere Anlässe hervorgeschoben (rechts); die Klapphocker (nach Roger Tallon) verstecken sich ebenfalls zusammengefaltet in einem Schrank. Das Glas zwischen Küche und Bad (rechte Seite) lässt Licht herein, per Knopfdruck kann es vereist werden.

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Multitasking: Die Schiebetür, die Wohnraum und Schlafzimmer trennt (re. Seite), kann als Whiteboard genutzt werden, der Schreibtisch klappt aus der Wand, und der „Hybrid Chair“ von Studio Lorier lässt sich vom Bürostuhl zum Lounge Chair umwandeln. Das Fahrrad im Wohnzimmer unten dient hingegen nur als Zierde.

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Jack Ch en

„Jeder Raum erfüllt zu jeder Zeit eine gewisse Funktion. Und nachts ziehen sich die Möbel dann alle zurück.“ 131


Jack Chen

„Ich habe die ganze Wohnung sukzessive in meinem Hinterkopf geplant, ich kannte ja die Fallstricke schon.“

Drei Farben Harmonie: Die Wohnung von Jack Chen (links) übt sich in Zurückhaltung – mit weißen Wänden (re. S.), Einbauten aus Holz (u. ein maßgefertigter Schrank mit Platz für Wein, Mäntel, Schuhe und Schirme) und schwarzem Stein (u. li. „Dekton Kelya“ von Cosentino in der Küche).

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E

inen Menschen in Melbourne zu finden, der nicht zumindest einen Teil seines Lebens in einem „Sixpack“ verbracht hat, ist beinahe unmöglich. Die in den Nachkriegsjahren hochgezogenen Blockbauten prägen das Bild australischer Städte bis heute (meist nicht zum Guten) und sind für junge Menschen oft ein erster Schritt in die Freiheit. Eine Zwischenstation. Nichts auf Dauer jedenfalls: günstig zwar und solide, aber für lebenslang viel zu beengt. Auch für den Architekten Jack Chen war die bescheidene Wohnung in ebenjenem Sixpack zunächst ein einfacher Weg, um anzukommen, als er vor fünf Jahren von Sydney nach Melbourne zog. 35 Quadratmeter, der Grundriss unmöglich, die Küche ein Witz, aber immerhin ein Dach über dem Kopf. Als ein Jahr darauf eine Wohnung im selben Haus zum Verkauf stand, zögerte Chen trotzdem keine Sekunde. „Ich wusste ja, was mich erwartet.“ Die Banker waren perplex, als er um eine Hypothek bat: Wer kauft sich schon eine Immobilie unter 50 Quadratmetern? Jack Chen aber hatte die neue Wohnung, die gleich geschnitten war wie die alte, in seinem Hinterkopf längst geplant. Mit großer architektonischer Sorgfalt sollte hier eine Blaupause für das Leben auf kleiner Fläche entstehen. Zunächst, indem er Räume festlegte, die ihm wichtig sind: Eingangsbereich, Küche, Bad. „Die zentrale Frage: Wie passt ein großes Zuhause in eine kleine Fläche?“ Entlang zweier Sichtachsen fügte er ein raumhohes Schrank- und Wandsystem aus Holz in die Wohnung ein. Die strengen räumlichen Grenzen boten ausreichend Raum für experimentelle Lösungen. „Das Geheimnis beim Entwurf von Wohnungen mit kleiner Grundfläche? Zu wissen, wo es sich lohnt, großzügig zu sein.“ Zum Beispiel bei der Küche. Ein Showpiece, das einen Großteil von Chens Budget verschlang. Vorher verkümmerte hier eine mickrige Spüle, nun zieht sich eine vier Meter lange Küchenzeile durch die Wohnung. „Manchem mag das überdimensioniert vorkommen, für mich ist es genau richtig.“ Denn darum gehe es ja bei kleinen Räumen: „Sich bewusst zu machen, was einem im Leben wichtig ist.“ Jack Chen ist gern Gastgeber. Der Esstisch, der sich in einem schmalen Hohlraum zwischen den Küchenregalen und der Wand verbirgt, gleitet über einen Schiebemechanismus nach außen, bis er direkt vor der Küche zu schweben scheint. Alle Einbauten und Schranksysteme sind Prototypen, die Chen dank der Hilfe eines auf Luxushotels spezialisierten Möbelschreiners umsetzen konnte. So falten, biegen und gleiten Teile der Wohnung im Handumdrehen durch den Raum. Eine Büroecke lässt sich mühelos herausziehen; in der Wand befinden sich Fernseher und Geräte. Der Garderoben- und Schuhständer im Flur dient gleichermaßen als Weinregal, eine Schiebetür zwischen Wohn- und Schlafzimmer als Whiteboard. Die transluzente Polycarbonatplatte, aus der es besteht, lässt Tageslicht hindurch. Nicht nur mit dem Licht, auch mit den Materialien war es so eine Sache. Die Wohnungseinrichtung sollte ein taktiles Wunderwerk sein, durfte aber nicht zu viel kosten. „Es ist viel Rechenarbeit“, sagt der Architekt. Zwei Drittel des Budgets stecken in einem Drittel der Fläche, in Oberflächen aus Eiche und schwarzem Kunststein, der an Marmor erinnert. Die restlichen zwei Drit-

tel der Wohnung blieben weiß. Der kontinuierliche Einsatz dieser sich nicht in den Vordergrund drängenden Materialien verbindet die Räume nahtlos miteinander und gliedert sie zugleich: die karamellfarbene Holzfurnierschalung und der schwarze Stein in den Nutzbereichen, die Wohnbereiche in Weiß. Der aus Vinyl gewebte silberblaue Bodenbelag zieht sich durch alle Räume und ist als Referenz an traditionelle Tatami-Böden zu verstehen, verspiegelte Leisten und Schrankfronten vergrößern den Raum. Im Schlafzimmer bildet der Holzeinbau die Querseite, eine versteckte Tür führt zum Badezimmer, nur ein winziger Türzug aus Leder deutet darauf hin. Dahinter offenbart sich eine Mooswand – die auch von der Küche zu sehen ist, immerhin trennt sie nur eine Glaswand vom Bad. „Das Grün liegt in direkter Sichtachse, wenn man hineinkommt“, sagt Chen. „Dadurch wirkt der Raum organischer und entspannter.“ Dafür riss er eigens die Wand zwischen Küche und Bad nieder. Es blieb der einzige radikale bauliche Eingriff, für Chen aber unabdingbar, denn nur das Badezimmer hat ein Fenster nach Norden, also zur Sonnenseite, warum sollte man auf dieses Licht verzichten? An der Fenstertür brachte der Architekt eine schaltbare Folie an, die das Glas auf Knopfdruck vereisen lässt, falls mal Besuch da ist. „Sicher eine unkonventionelle Maßnahme, aber ich bin ohnehin meistens allein hier.“ Derart überschaubarer Raum verlangt eben nach raffinierten Lösungen. „Wir haben das Letzte aus jedem Zentimeter herausgekitzelt“, sagt Jack Chen. Licht, Leere, Funktionalismus – nach diesem modernistischen Ethos entwarf er durch geschicktes Layering eine Wohnfunktionsmaschine, die zu jeder Tages- und Nachtzeit anders aussieht. „Alles ist in Reichweite, und das Beste: Die Reinigung der ganzen Wohnung dauert weniger als eine Stunde.“

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Mailand

Tex t G esine B orcherdt

Grundriss Isa Lim

Produk tion Chiara Dal Canto

Fotos Lea Anouchinsk y

Schmucke Schachtel Erst wichen Wände und Türen, dann schufen die Architektinnen des Studios A/C mit Marmor, starken Farben und Vintages eine mondäne Wohnschatulle mit Fenstern zum Hof. 134

Fotos: Lea Anouchinsky/Living Inside; Produktion: Chiara Dal Canto/Living Inside

75 m2


Ausblick: Hinter dem Vorhang „Horizon“ (Dedar) liegt Luca Santoros Garten, der das kleine Refugium inmitten der Stadt vollkommen macht. Anstelle von Wänden markieren ausgesuchte Stücke wie Osvaldo Borsanis Sessel „P40“ den Wohnbereich. Das runde Kunstwerk schuf Jonathan Vivacqua.


Gesprächige Runde: Viel Platz für Freunde auch auf kleinem Raum – das war Luca Santoro beim Umbau das Wichtigste. Etliche Wände wurden eingerissen, so können jetzt Augusto Savinis „Pamplona Chairs“ am Tisch von Osvaldo Borsani und Eugenio Gerli Platz nehmen – allesamt alte Bekannte aus den Sixties.

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Wie ein Lichtschwert leuchtet Selettis Neonröhre aus der Schlafzimmerecke; die Bettbreite nimmt eine Arbeit von Nicola Denino auf. Im Wohnbereich (o.) feiert der Hausherr sein Faible für die Sixties. Coffeetable: Gianfranco Frattini, Flos-Leuchte von Achille Castiglioni. Der Sessel links ist vermutlich ein Entwurf von Ico Parisi. Die meiste Aufmerksamkeit fordert allerdings Marco Bastas petrolfarbenes Vasenobjekt.



Li. S.: Schon das Treppenhaus (o. li.) schlägt einen eleganten, farbstarken Art déco-Ton an, den Luca Santoro (unten rechts) im Interior seiner Wohnung aufgreift. Oben rechts zeigt die herzförmige Vase „Love in Bloom“ von Seletti Ironie, u. li. die Badtapete (Hermès) Reiter im Galopp.

Altes neu arrangiert: Unter diesem Motto bewahrten die Architektinnen von A/C die originalen Fliesen im Schlafzimmer und fügten knallblaue Wandfarbe hinzu. Die Vintage-Möbel des Hausherrn (Sideboard von Ico Parisi und Gino Sarfatti) bekommen so ein historisches Fundament – und Gegenwartsfrische.

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Luc a Sa ntoro

„Früher wollte ich in einem weißen Loft leben. Dabei ist das hier genau das Richtige für mich.“ Luftige Weite hat das Apartment im Parterre mit dem Umbau ge­ wonnen. Aus Wohnzim­ mer, Küche und Ab­ stellkammer wurde ein großer lichter Salon mit schwarz akzentuierter maßgeschneiderter Kü­ chenzeile aus Fenix. Glamourös erhellt wird sie von Azucenas Fif­ ties­Wandleuchte „Bido­ ne“. Graue Vase: Venini.


enn man an einem graukalten Wintertag nach Mailand kommt, im nordöstlichen Stadtteil Lambrate aus der Metro steigt und direkt in eine Baustelle hineinmarschiert, dann wünscht man sich spontan an einen behaglicheren Ort. Und kann sich gut vorstellen, wie abgekämpft hier früher die Arbeiter von ihrer Schicht bei Lambretta nach Hause fuhren. Der berühmte Motorroller verdankt dem Viertel seinen Namen. Auch heute noch ist ein gewisser Industriecharme spürbar. Belebt wird die Gegend nun vor allem von den Studenten des Politecnico und einer wachsenden Anzahl ambitionierter Designläden, was der Gegend den Ruf als „das Brooklyn Italiens“ eingebracht hat. An einem Tag wie heute ist von diesem kreativen Vibe jedoch nicht viel zu spüren. Auch der vierstöckige Block in der kleinen Via Desiderio wirkt von außen eher schroff. Doch beim Eintreten ist plötzlich alles ganz anders. Wände und Boden bedeckt bunt geflammter Marmor, wodurch sie eine Noblesse ausstrahlen, die einen auch hinter Mailands modernen Fassaden immer wieder überrascht. Die bunten Glasfenster und Gusseisenverzierungen in zartgliedrigem Art déco verwandeln die Tür zum Hinterhof in ein Wandbild. Vorher geht es jedoch nach links, in einen Korridor, an dessen Ende eine kassettierte Holztür schimmert wie Jade. Dahinter wohnt Luca Santoro in seiner kleinen Parterrewohnung mit Garten, oder vielmehr in einer Schatulle: ausstaffiert wie ein Kästchen für Wertvolles, zu dem jemand eine ganz persönliche Bindung hegt. Und so fühlt man sich hier willkommen, als wäre der Hausherr ein guter Bekannter. Der Flur ist in tiefes Petrol getaucht und führt in einen Mini-Salon mit Küchenzeile. Zwei Sitzgruppen – ein Ess- und ein Couchtisch – sind so gekonnt mit Leuchten inszeniert, dass sofort eine gemütliche Stimmung entsteht. Vor der Terrassentür liegt die Dunkelheit wie ein schwarzer Vorhang. Kein Ton dringt von draußen herein; wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, das hier sei nicht Mailand, sondern ein etwas klein geratenes Eden. „Ich liebe die Dunkelheit. Schon meine Mutter hat sich gewundert, warum ich am liebsten im Kerzenschein sitze“, sagt Luca Santoro mit seinem süditalienischen Akzent. Er ist in Apulien aufgewachsen, in einem Dorf in der Nähe von Bari, wo sich das Leben auf der Straße abspielt. „Einen Garten hatte ich schon immer. Aber ansonsten hat Mailand mit meiner Heimat nichts gemein.“ Wobei er sich nach 17 Jahren eigentlich schon als Einheimischer fühlt. Santoro kam zum Studium, spezialisierte sich in Public Relations und Werbung. Heute leitet er den Store am Stammsitz von Ermenegildo Zegna in der vornehmen Via Monte Napoleone. Mit Alessia Pessano und Chiara Novello, den Architektinnen von A/C, die jetzt neben ihm auf Sesseln sitzen und genauso gute Laune versprühen wie der Hausherr, ist er seit Studienzeiten befreundet. Sie waren es, die vor einigen Jahren Santoros erste, 50 Quadratmeter kleine Wohnung umgestalteten, in der er dann ein ganzes Dreivierteljahr lebte. Als er im

Frühjahr 2018 dieses Apartment kaufte – mit immerhin 25 Quadratmetern mehr –, wussten die beiden bereits, wie er so tickt. „Es ist nicht einfach, mit Freunden zu arbeiten“, sagt Alessia Pessano. „Ein Haus ist etwas sehr Intimes, und das Vertrauen, das man freundschaftlich zueinander hat, wird durch die Vermischung mit der beruflichen Ebene sehr fragil. Aber weil wir schon einmal zusammengearbeitet hatten, wussten wir, was ihm wichtig ist.“ Nämlich: trotz kleinem Raum viel Platz für Freunde zu haben. Die Architektinnen öffneten also die heruntergewohnten, engen Zimmer am Ende des Korridors (Wohnzimmer, Küche, Abstellkammer), um einen einzigen großzügigen Bereich zu schaffen. Der alte Terrazzoboden wurde durch eleganten schwarzen Marmor ersetzt, Türen gibt es nicht mehr. Santoro selbst brachte die Vintage-Möbel mit, was dem Ganzen ein typisches 60er-Jahre-Flair verleiht. Obwohl die Wohnung im Erdgeschoss liegt, entsteht tagsüber ein Eindruck von Weite und Helligkeit. „Manchmal scheint die Sonne so stark herein, dass der Raum wie ein Spiegel oder eine Wasseroberfläche wirkt“, erzählt Santoro. Ob es daran liegt, dass sich Alessia Pessano und Chiara Novello gleich am ersten Tag ihres Studiums kennenlernten oder ob es pure Seelenverwandtschaft ist: Der Umgang mit den Apartments, an denen sie arbeiten, bedeutet für die Gestalterinnen vor allem den Umgang mit den Menschen, die darin leben. Kein Design aus einem Guss, wie man es oft findet. „Restrukturierung von Bestehendem“, so drücken die beiden es aus, und es klingt nach weitestmöglicher Zurückhaltung. Dennoch geht es hier nicht um Restauration allein – auch wenn die natürlich dazugehört. So wie im Schlafzimmer: Der cleane Touch des offenen Salons weicht hier einer historischen Anmutung. Die wunderschön ornamentierten Bodenfliesen, die Bett und Sessel tragen wie ein Teppich, sind geblieben. Der darin umrankte Blauton spiegelt sich in der Farbe der Wände, was das Ensemble noch harmonischer wirken lässt. Wo früher nur ein Bad war, liegen nun dank einer eingezogenen Wand zwei nebeneinander – und eine runde Öffnung unterhalb der Decke lässt Tageslicht weit herein. Es ist diese Verbindung aus Neuerfindung und Wiederbelebung, die hier eine ganz eigene, irgendwie eklektizistische Atmosphäre aufkommen lässt. „Als wir loslegten, war alles noch wie damals in den 20er-Jahren“, so Chiara Novello. „Selbst die Fliesen und Armaturen in Küche und Bad. Die Wohnung stand lange leer.“ Ein Zustand, den man sich heute, da Mailands Immobilienpreise durch die Decke gehen, kaum vorstellen kann. Zumal offenbar niemand das Potenzial erkannte, das in diesem Schlauch mit Fenstern zum Hof schlummerte. Nun haben die drei Freunde die Wohnung wachgeküsst. „Früher hatte ich immer die Vorstellung, einmal in einem großen Loft mit weißen Wänden zu leben“, sagt Santoro und lacht. Gerade sitzt er auf seinem Lieblingsplatz, dem Sessel mit Blick in den Garten, sanft erhellt von all den Leuchten drum herum. „Das hier ist genau das Richtige für mich. Diese Wohnung ist mein Zuhause, meine Heimat. Genau so will ich leben.“ Zumindest bis zu den nächsten 25 Quadratmetern mehr.

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New York 35 m2

Downsizing mit Komfort: Der Fotograf Björn Wallander in seinem Apartment im Beekman Tower, wo es auch Pool, Spa und Sauna gibt. Schrank: Crate & Barrel, der Bettüberwurf ist aus Mexiko, die grüne Decke kommt von Kaviar Factory auf den Lofoten. Re. Seite: An die Ferne denken lässt ihn sein schnittiges Bootsmodell – Wallander ist begeisterter Segler, auch wenn er dafür nur noch wenig Zeit hat.


Tex t Ulrich Clewing Grundriss Isa Lim Fotos Björn Wallander

Manhattan Transfer

Die Welt auf 35 Quadratmetern. Der Fotograf Björn Wallander tauschte Brooklyns Dachterrassen-Grandezza gegen ein winziges Apartment in Manhattan. Und hat trotzdem viel Platz für Souvenirs.

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Den offenen Grundriss des Apartments fand Wallander schon vor, die Einrichtung besorgte er selbst – seit Jahren nimmt er von jedem Fotoshooting Inspirationen mit. Linke Seite: Der Blick auf die Stadtlandschaft Lower Manhattans macht die kleine Wohnung groß. Im Hintergrund Herzog & de Meurons Wohnturm 56 Leonard Street. Die Leuchte „Triennale“ links entwarf Angelo Lelli 1953 für seine Firma Arredoluce, die runde Leuchte rechts ist von France & Søn. Der Teppich stammt aus Marokko, der Ledersessel rechts ist ein Vintage aus den Forties.

Die Zeitschriften im offenen Regal von Crate & Barrel o. re. sind Arbeitsmaterial, die Bücher Wallanders Leidenschaft: „Wenn ich nach einem langen Tag eines davon in die Hand nehme, bin ich schon nach den ersten Seiten in einer anderen Welt“, sagt der international gefragte Fotograf, der selbst an etlichen Publikationen mitgewirkt hat. Die graue Wandfarbe mit dem Stich Braun (re.) ist von Behr, die Barhocker fand Wallander ebenfalls bei Crate&Barrel. Das Foto ist eine eigene Arbeit, die Maske an der Wand erwarb er bei einem Afrikana-Händler in SoHo.

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B jörn Wallander war Anfang 20, als er nach New York zog. Eine Wohnung fand er in Bushwick in Brooklyn, und die Gegend war damals so rau, wie es Menschen in dem Alter mögen. Doch mit der Zeit wurde das Viertel schicker und teurer – und damit für Wallander auch ein bisschen langweilig. „Irgendwann dachte ich, wenn das so ist, dann kann ich mir auch in Manhattan was su­ chen“, erinnert sich der international gefragte Fotograf. Die Grö­ ße der Wohnung spielte dabei keine so entscheidende Rolle: Wal­ lander ist eh die Hälfte des Jahres unterwegs. Wichtiger war ihm, dass er bei der Rückkehr von seinen Reisen keine Überraschun­

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gen mehr erlebte. „In Bushwick hatte ich eine tolle Dachterrasse, aber leider gab es dort auch eine undichte Stelle. Das konnte recht unangenehme Folgen haben, wenn es während meiner Abwesen­ heit geregnet hatte.“ Fündig wurde er am anderen Ende des archi­ tektonischen Spektrums, in Frank Gehrys Beekman Tower, einem der höchsten Wohnwolkenkratzer der Stadt. Das bedeutete zwar ein Downsizing von 200 auf 35 Quadratmeter. „Aber dafür kann ich in das Spa, die Sauna und ins Fitnessstudio. Und der Doorman ist auch ausgesucht freundlich.“ Die Einrichtung des Apartments übernahm – natürlich er selbst. Wallander, der von Magazinen wie „Vogue“, dem „Wall Street Journal Magazine“ und AD rund um die Welt geschickt wird, beherzigte als Erstes eine der goldenen Re­ geln des Interiordesigns: Kleine Räume freuen sich über dunkle


Björn Wallander

„Am liebsten reise ich nach Mexiko oder Indien, dort finde ich immer etwas für meine Wohnung.“

Wände. Er wählte einen exquisiten Grauton, der nach einem hektischen Tag nicht nur die Pulsfrequenz senkt, sondern ihm auch bei seiner Arbeit hilft. „Wenn ich am Computer sitze und Bilder bearbeite, habe ich keine störenden Lichtreflexe auf dem Schirm.“ Der Rest ist eine Mischung aus Midcentury-Pieces, zeitgenössischem Design und den zahlreichen Spontankäufen, zu denen ihn seine Reisen animieren. „Am liebsten bin ich in Ländern, die ganz anders sind als meine Heimat Südschweden, wie Mexiko oder Indien. Da fällt mir immer etwas auf, das gut in meine Wohnung passt.“ Und worauf musste er verzichten, als er sich so drastisch verkleinerte? „Auf nichts“, sagt der 42-Jährige und lacht. „Die Dinge, für die ich hier keinen Platz habe, sind eingelagert.“ Falls es ihm in Lower Manhattan einmal zu eintönig werden sollte.

Schmuckstücke: eine alte Mittelformatkamera der Marke Rolleiflex, Ringe, Armbänder und eine Vintage-Rolex auf Wallanders Schreibtisch (linke Seite links). An seinem Computer (daneben) bearbeitet der Hausherr nicht nur seine Fotos, er dient ihm auch als TV-Gerät. Die SchwarzWeiß-Aufnahme ist ein eigenes Werk, die Materialassemblage links stammt von dem 1978 geborenen argentinischen Künstler Lobo Velar.

Die Wohnung in L-Form eignet sich gut, um sie trotz ihrer geringen Größe in Zonen aufzuteilen. Björn Wallander kauft gern Arbeiten von Künstlern seiner Generation. Die Zeichnung in Mischtechnik auf Papier (oben) schuf der Spanier Rorro Berjano. Den Umzug nach Manhattan hat der Fotograf nicht bereut: „Hier bin ich mittendrin, Tribeca ist um die Ecke, und nach Chinatown sind es auch nur fünf Minuten zu Fuß.“


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polycarbonate. The kitchen, meanwhile, borrows daylight from the sunnier, mosswalled bathroom, thanks to a glass partition that frosts at the push of a button when privacy is required.

For his new 19th-floor home, the client wanted layered interiors and a varied palette that would frame the Sydney Harbor views, says decorator Yasmine Ghoniem Milan (p. 134) of this penthouse revamp. Starting from a Three friends rejuvenate a garden concrete shell, she thus set about tailoring apartment with color and sixties chic. the 77 sq m space to his needs, remodeling Mixing business and friendship can be a tricky thing, admits Alessia Pessano. But the layout and adding carefully planned, often dual-function fixtures. The ceilinghaving known him since university and high unit between kitchen and bedroom, worked with him before, she and Chiara for instance, houses a fridge on one side Novello, her partner at studio A/C, underand a wardrobe on the other; a fitted cupstood Luca Santoro's needs from the start. board's front serves as a screen for movie Paris (p. 118) Top of the wishlist for his new 75 sq m watching and conceals a fold-down bed; David Jimenez turns a compact studio apartment was space in which to enterand the slatted, cedarwood partition di- apartment into a highly cultured cocoon. tain. The architects thus opened up a trio viding dining area and living room dou- Filled with enchanting light and lavish of narrow rooms to create a spacious livbles as a blind when guests stay over in appointments, it’s hard to believe this Île ing area, laying black marble flooring and the latter. All this Ghoniem embedded in Saint-Louis apartment measures a mere installing sleek black kitchen units against atmospheric decors that blend exposed 40 sq m. Situated in a 17th-century build- one wall. In the bedroom, the duo opted concrete with colors spanning ocean blue ing, it features antique treasures such as a for a more historic feel, retaining the old well-aged Chesterfield, an Empire bureau, patterned floor tiles and echoing their acand faded candy pink. and a marble Maison Jansen coffee table – cents via bold blue walls. To these elegant plus a plethora of books, sculptures, paint- backdrops, Santoro, who runs ErmeneParis (p. 104) Olivia Clergue expands her living space – ings, drawings, and objets d’art. The no- gildo Zegna’s Via Monte Napoleone store, by moving her work elsewhere. tion that small spaces should be furnished added a distinctly sixties vibe, arranging Like her artist predecessor, Olivia Clergue with only a few pieces is, says American vintage pieces such as an Osvaldo Borsani initially used her apartment's bedroom as owner David Jimenez, a fallacy. Instead, and Eugenio Gerli table with colorful Auan atelier. After taking on a showroom in the interior designer went for a maximal- gusto Savini chairs. the Marais, however, the handbag design- ist approach, using large mirrors to add er was able to transfer production there – depth and fitting the tall windows with New York (p. 142) and finally make full use of her 5th arron- striped drapes that accentuate the room's A Swedish photographer shrinks his dissement home. Now the bedroom is just height. For a more intimate feel after sun- home – but not his world. for sleeping, and the hallway, living room, down, the mezzanine gained a curtained In moving from Bushwick in Brooklyn to and kitchen have been merged to create a bed and there is muted, low-wattage light- Lower Manhattan, Björn Wallander also lighter, open-plan space. Here, architect- ing throughout. went from 200 sq m to just 35. Floor area, designed kitchen cabinets, wall-hung oak though, wasn’t a key factor for the soughtbookshelves, and matching drawer units Melbourne (p. 126) after photographer, who works for magazines such as “Vogue" and AD and is away offer bespoke storage, with faux bamboo Jack Chen proves you can fit big ideas half the year. Besides, the new apartment, antique furniture adding a romantic touch. into the smallest of footprints. There's also an upright piano, an extrava- Full of intelligent solutions, architect Jack in Frank Gehry's Beekman Tower, offered gance perhaps given the 37 sq m floor area, Chen’s postwar apartment is a blueprint ample compensations, such as its in-house but then music, Clergue says, frees up for compact living. Stowage is, of course, spa, sauna, and gym and views of the New key. A four-meter fitted kitchen thus dom- York skyline. When it came to the decors, space in the mind. inates one end, with the dining table fold- Wallander heeded the old interior design ing out from a sliding screen behind the adage that small spaces love dark walls, Tokyo (p. 110) shelves. Developed in conjunction with a choosing a sumptuously soothing shade Takeshi Hosaka squeezes all life’s essentials into a Lilliputian house. cabinetmaker specializing in high-end ho- of gray, against which he arranged a mix Fed up with commuting from Yokohama tels, the bespoke built-ins also include a of contemporary pieces, mid-century deto work at Waseda University, architect pull-out workstation and a combination signs, and souvenirs from foreign travels. Takeshi Hosaka decided to build himself a shoe, hat, and wine rack. Oak clads a third He is, says the Swede, most drawn to counweekday Tokyo base. At first, though, he of Chen’s 35 sq m home, demarcating the tries that are nothing like his own, Mexico struggled to get a loan, most banks believ- kitchen from the white-walled living area, and India for instance, invariably returning no one would want to live in (let alone which is, in turn, separated from the bed- ing from such trips with something new buy) a 19 sq m infill home. 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