Naumann_Eltern heute

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4HILO -ARIA .AUMANN $R PHIL $IPL 0OL IST

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WWW PSYCHOSOZIAL VERLAG DE

4HILO -ARIA .AUMANN: Eltern heute – Bedürfnisse und Konflikte

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4HILO -ARIA .AUMANN

Eltern heute –

Bedürfnisse und Konflikte

Psychoanalytisch-pädagogische Elternarbeit in der Kita

ISBN 978-3-8379-2142-7

0SYCHOSOZIAL 6ERLAG 168 Seiten, Rückenstärke: 24 mm


Therapie & Beratung


4HILO -ARIA .AUMANN

%LTERN HEUTE ¯ "ED~RFNISSE UND +ONFLIKTE 0SYCHOANALYTISCH PiDAGOGISCHE %LTERNARBEIT IN DER +ITA

Psychosozial-Verlag


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Originalausgabe © 2011 Psychosozial-Verlag Walltorstr. 10, D-35390 Gießen Fon: 06 41 - 96 99 78 - 18; Fax: 06 41 - 96 99 78 - 19 E-Mail: info@psychosozial-verlag.de www.psychosozial-verlag.de Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Umschlagabbildung: Paul Klee: »Citronen-Ernte«, 1937 Umschlaggestaltung & Layout: Hanspeter Ludwig, Gießen www.imaginary-art.net Satz: Andrea Deines, Berlin Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar www.majuskel.de Printed in Germany ISBN 978-3-8379-2142-7


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%INLEITUNG

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Meiner wunderbaren Patchworkfamilie gewidmet Karin, Leon Maria, Dani, Matthias, Lola, Susi, Paul, Leon, Fritzi und Frieder (†)



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%INLEITUNG

Im Fokus der Elternarbeit steht das gemeinsame Interesse von Pädagogen und Eltern an einer gelingenden Entwicklung und Bildung der Kinder. Besonders bedeutsam ist dabei die Beziehung zwischen Eltern und Kind. Als Einstieg in unser Thema habe ich deshalb ein literarisches Fallbeispiel ausgewählt, das auf leichte und feinfĂźhlige Weise von einer glĂźckenden Beziehung zwischen Mutter und Kind erzählt – eine Beziehung, die dem Kind eine stabile und kreative Entwicklung erĂśffnet. Es ist die zauberhafte Geschichte Wo die wilden Kerle wohnen von Maurice Sendak: ÂťAn dem Tag als Max seinen Wolfspelz trug und nur Unfug im Kopf hatte schalt seine Mutter ihn: ›Wilder Kerl!‚ ›Ich fress dich auf‚ sagte Max und da musste er ohne Essen ins Bett. Genau in der Nacht wuchs ein Wald in seinem Zimmer – der wuchs und wuchs bis die Decke voll Laub hing und die Wände so weit wie die ganze Welt waren. Und plĂśtzlich war da ein Meer mit einem Schiff nur fĂźr Max und er segelte davon, Tag und Nacht und wochenlang und fast ein ganzes Jahr bis zu dem Ort wo die wilden Kerle wohnen. Und als er dort ankam, wo die wilden Kerle wohnen brĂźllten sie ihr fĂźrchterliches BrĂźllen und fletschten ihre fĂźrchterlichen Zähne und rollten ihre fĂźrchterlichen Augen und zeigten ihre fĂźrchterlichen Krallen bis Max sagte: ›Seid still!‚ und sie zähmte mit seinem Zaubertrick: er starrte in alle ihre gelben Augen ohne ein einziges Mal zu zwinkern. 9


I. Einleitung

Da bekamen sie Angst und nannten ihn den wildesten Kerl von allen und machten ihn zum König der ganzen wilden Kerle. ›Und jetzt‹ rief Max, machen wir Krach!‹ ›Schluss jetzt!‹ rief Max und schickte die wilden Kerle ohne Essen ins Bett. Und Max, der König aller wilden Kerle, war einsam und wollte dort sein, wo ich jemand am allerliebsten hatte. Da roch es auf einmal um ihn herum nach gutem Essen und das kam von weither quer durch die Welt. Da wollte er nicht mehr König sein, wo die wilden Kerle wohnen. Aber die wilden Kerle schrieen: ›Geh bitte nicht fort – wir fressen dich auf – wir haben dich so gern!‹ Und Max sagte: ›Nein!‹ Die wilden Kerle brüllten ihr fürchterliches Brüllen und fletschten ihre fürchterlichen Zähne und rollten ihre fürchterlichen Augen und zeigten ihre fürchterlichen Krallen. Aber Max stieg in sein Schiff und winkte zum Abschied. Und er segelte zurück fast ein ganzes Jahr und viele Wochen lang und noch einen Tag bis in sein Zimmer, wo es Nacht war und das Essen auf ihn wartete und es war noch warm« (Sendak 1967). Seinen ganzen Zauber entfaltet das Buch natürlich erst zusammen mit all den wunderbaren Bildern und besonders beim Vorlesen. Dennoch möchte ich einige Aspekte hervorheben, die die Bedeutung der Geschichte für das Thema Elternschaft und Elternarbeit zeigen. Die Beziehung zwischen Max und seiner Mutter bildet den Rahmen für die Reise zu den wilden Kerlen. Schon zu Beginn wird deutlich, dass Max viel Raum zum Spielen und Gestalten gewährt wird: Jemand hat ihm seinen Wolfspelz genäht, er darf die Wohnung für seine Abenteuer umgestalten und es hängen von Max gemalte Bilder an der Wand. Selbst als er heftigen Unfug treibt und droht, den Hund zu verletzen, weist seine Mutter ihn mit einem liebevollen »Wilder Kerl« zurecht. Er will sie daraufhin auffressen. Weil sich die Mutter aber verständlicherweise nicht fressen lassen möchte, muss Max ohne Essen ins Bett. All diese aufregenden Erfahrungen bearbeitet Max dann auf seiner Reise zu den Wilden Kerlen. Er kommt in Kontakt mit seinen Größenfantasien, mit 10


I. Einleitung

der Einsamkeit als König, mit der Liebe von und zu seiner Mutter sowie mit seiner Sehnsucht nach Geborgenheit. Als er schließlich nach Hause in die Wirklichkeit zurückkehrt, stellt er trotz leiser Befürchtungen erleichtert fest, dass seine Mutter ihn in eben dieser Realität nicht ohne Essen ins Bett schickt. Max hat einerseits eine empathische, schützende und versorgende Mutter, andererseits steht ihm ein Spielraum zur Verfügung, der ihm das Erleben, Erproben und Integrieren intensiver Gefühle erlaubt. Diesen Spielraum kann er aber nur deshalb nutzen, weil er weiß oder zumindest begründet spürt, dass er in der Realität genügend gut gehalten wird. Kinder brauchen Eltern, die im Alltag verlässlich und feinfühlig anwesend sind und überdies einen Spielraum für Fantasie, Gefühle und Entdeckungsreisen eröffnen. Dies aber ist häufig leichter gesagt als getan. Schon die Veränderung der gesellschaftlichen Kontexte, in denen Familien leben, steht dem entgegen. Die Ökonomisierung des Alltags, wachsende Flexibilisierungszwänge und Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt sowie, im Hinblick auf die Kinder, der zunehmende Förderwahn und Leistungsdruck erschweren Verlässlichkeit und Empathie in der Erziehung. Darüber hinaus ist die Beziehung der Eltern zu ihren Kindern affektiv hoch besetzt, denn in ihr werden auch die eigenen Kindheitserfahrungen der Eltern aktualisiert. Sie begegnen nicht nur dem realen Kind, sondern auch dem Kind, das sie selbst waren oder gerne gewesen wären und somit den glücklichen und schmerzhaften Erinnerungen an die eigenen Eltern. Nicht zuletzt sind die Eltern mit Bedürfnissen und Konflikten im Arbeitsleben, in der Freizeit und in Liebesbeziehungen befasst, die nicht unmittelbar mit den Kindern zu tun haben. All dies müssen Eltern gerade heute so austarieren, dass ein möglichst glücklicher Alltag mit den Kindern gelingen kann. Elternschaft und Erziehung sind also ein potenziell ebenso schönes wie konfliktreiches Beziehungsgeschehen, beeinflusst durch biografische Vorerfahrungen und aktuelle Lebensumstände. Wenn dieses alltägliche Beziehungsgeschehen der Wahrnehmung entgleitet, verlieren die Eltern nicht nur den Kontakt zu ihren eigenen Gefühlen und Bedürfnissen, sondern auch zu denen ihrer Kinder. Stattdessen treten dann Ratgeber, Trainings- und Förderprogramme auf den Plan oder schlimmer noch 11


I. Einleitung

Vernachlässigung und Gewalt. Vor diesem Hintergrund kann die Kita, neben der förderlichen Begleitung der Kinder, die Eltern bei der Gestaltung ihres Alltags und der Beziehung zu ihren Kindern unterstützen. Elternarbeit in der Kita wird heute zumeist als Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften verstanden, in deren Zentrum das gemeinsame Interesse an gelingenden Bildungs- und Entwicklungsprozessen der Kinder steht. Dies ergibt sich schon aus den §§22 und 22a des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Hier wird darauf hingewiesen, dass die Kita sich an den Bedürfnissen der Familien orientieren, mit den Erziehungsberechtigten zusammenarbeiten und diese an wesentlichen Entscheidungen, die die Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder betreffen, beteiligen soll (SGB VIII 2005). Dabei aber dürfen die Unterschiede zwischen Familie und Kita, zwischen Eltern und Pädagogen nicht eingeebnet werden. Selbstverständlich sind die Eltern »Experten ihrer Kinder«, doch zumeist sind sie pädagogische Laien und obendrein häufig in einen emotional aufgeladenen und anstrengenden Erziehungs-, Familien- und Arbeitsalltag verstrickt. Sie können daher von der sozialpädagogischen Professionalität der Bezugspersonen profitieren, etwa durch Informationen über Soziale Dienste, Aufklärung über kindliche Entwicklungsprozesse oder verstehende Erziehungsberatung. Allerdings zeigen sich in der Praxis allzu häufig Probleme, Konflikte und Missverständnisse und so erleben viele Pädagogen die Arbeit mit den Eltern als weitaus schwieriger als die mit den Kindern. Dies hat bereits strukturelle Gründe. So spielt die Elternarbeit in der Ausbildung von Erziehern und Sozialpädagogen kaum eine Rolle (vgl. Bernitzke/Schlegel 2004, S. 7). Ebenso schwer wiegt die zunehmende Ökonomisierung der Kita und damit auch der Elternarbeit. Wenn Eltern Zeitmodule buchen, wenn Erwerbslose nur verkürzte Betreuungszeiten in Anspruch nehmen können und wenn insgesamt Elternarbeit bloß als nachzufragende Dienstleistung verkannt wird, leidet die Konstanz der Kooperation, die Beziehungsqualität und letztlich die Bedeutung pädagogischer Verantwortung (vgl. Geißlinger 2007, S. 10f.). In der Praxis wiederum fehlen oft alleine die zeitlichen Ressourcen. Zudem betrachten manche Eltern das pädagogische Personal tatsächlich als bloße Dienstleister, die man 12


I. Einleitung

bestenfalls bei der Suche nach Techniken, die das Kind »fit« machen und bei Schwierigkeiten wieder zum Funktionieren bringen sollen, befragt, während andere sich jeglichem Austausch über ihr Kind zu verweigern scheinen (vgl. Ahlheim 2009, S. 32). Umgekehrt wirken manche Pädagogen, als wollten sie sich als die besseren Eltern gerieren, indem sie die tatsächlichen Eltern moralisierend zurückweisen, sie beschämen oder ihnen die Defizite ihrer Kinder vorhalten (vgl. ebd.) – sie infantilisieren die Eltern und wundern sich dann über deren trotzigen Ärger oder Rückzug (vgl. Figdor 2006a, S. 141ff.). Dann aber bleiben die Chancen der Elternarbeit ungenutzt, die in der Kita wie in sonst keinem Bereich Sozialer Arbeit bestehen, nämlich eine Vielzahl von Eltern niedrigschwellig, früh, intensiv und über viele Jahre erreichen und begleiten zu können. Vor diesem Hintergrund richtet sich das Erkenntnisinteresse dieses Buches auf folgende Fragen: Welche Beziehungserfahrungen mit Eltern und pädagogischen Bezugspersonen brauchen Kinder für gelingende Entwicklungs- und Bildungsprozesse? Welche Bedürfnisse und Konflikte beschäftigen Eltern heute, sowohl im Hinblick auf ihren Alltag als auch auf ihre biografischen Vorerfahrungen? Und was kann die Psychoanalytische Pädagogik in der Kita dazu beitragen, dass die Eltern in Kontakt mit etwaigen verschütteten Gefühlen kommen, Spielräume im Alltag wiederentdecken und insgesamt die Entwicklung und Bildung der Kinder genügend gut begleiten können? In diesem Sinne habe ich das Buch in drei Schwerpunkte unterteilt. Zunächst möchte ich in einem ersten Schritt versuchen, die Bedingungen gelingender kindlicher Entwicklung und Bildung herauszuarbeiten. Mithilfe der Bindungstheorie, der Theorie der Affektregulierung sowie deren Integration in eine psychoanalytische Entwicklungspsychologie soll deutlich werden, dass kindliche Entwicklung durch die Verinnerlichung von Beziehungserfahrungen voranschreitet. Anschließend wird erörtert, welche pädagogischen Konsequenzen aus dieser Vorstellung kindlicher Entwicklung folgen. Hier wird es um Selbstbildung und Verständigung (Spiel, Ästhetik etc.), die Gestaltung des pädagogischen Settings (Raumgestaltung, Partizipation etc.) und die pädagogische Haltung dem Kind und der Gruppe gegenüber (verantwortete Schuld, szenisches Verstehen etc.) gehen. Dieser Schwerpunkt ist deshalb so 13


I. Einleitung

wichtig für die Elternarbeit, weil gelingende Entwicklung und Bildung das gemeinsame Ziel von Eltern und Pädagogen ist. Zugleich wird damit die Bedeutung von Eltern und Pädagogen für die kindliche Entwicklung ersichtlich. Und nicht zuletzt geraten die Eltern, wie bereits erwähnt, durch die entwicklungsspezifischen Themen der Kinder in Kontakt mit unterschiedlichen, mehr oder minder verschütteten Erinnerungen, Hoffnungen und Belastungen. Im zweiten Schwerpunkt stehen dann die Bedürfnisse und Konflikte in der Elternschaft im Blickpunkt. Hier möchte ich mich zunächst genauer jenen psychosozialen Themen zuwenden, die mit dem Prozess des Elternwerdens in der Beziehung zum Kind unweigerlich einhergehen. Weil sich aber Elternschaft nicht in der unmittelbaren Beziehung zum Kind erschöpft, sondern immer in gesellschaftlichen Kontexten stattfindet, werden anschließend mit Familie, Geschlecht und Interkulturalität Querschnittthemen heutiger Elternschaft samt ihrer psychosozialen Fallstricke untersucht. Des Weiteren müssen besondere Belastungen (Leistungsdruck, Trennung, Unterversorgung, Behinderung, Misshandlung etc.) ebenso wie unterschiedliche Familienformen (»vollständige«, Eineltern-, Patchwork- und Regenbogenfamilien) berücksichtigt werden. Das Wissen um diese Themen, Bedürfnisse und Konflikte der Elternschaft sind für die Elternarbeit außerordentlich hilfreich, ja unabdingbar, weil es die Potenziale zur Verständigung mit den Eltern erweitert. Die fachlichen Kenntnisse können den Eltern nicht übergestülpt werden, aber sie verfeinern die pädagogische Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit in der Praxis. Sie tragen zu einer verstehenden Haltung bei und eröffnen damit die Chance, in den Dialog mit den Eltern Vorschläge zur Gestaltung des Alltags und der Beziehung zu den Kindern einzubringen, die die konkreten Bedürfnisse und Konflikte in der Familie berücksichtigen. Im dritten Schwerpunkt geht es auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse schließlich um praktische Konsequenzen für die Elternarbeit in der Kita. Dabei möchte ich mich etwa mit dem sensiblen Prozess der Eingewöhnung (auch der Eltern), mit der Partizipation und Vernetzung von Eltern, der Elternbildung, der Erziehungsberatung sowie mit der Kooperation zwischen Kita, Eltern und externen Fachkräften (etwa des 14


I. Einleitung

sozialen Hilfesystems oder des Gesundheitssystems) befassen. Nicht zuletzt gilt es aber auch danach zu fragen, was die pädagogischen Fachkräfte benĂśtigen, um eine solch anspruchsvolle, verstehende und dialogische Elternarbeit leisten zu kĂśnnen.1 Ich hoffe, die einleitenden Worte haben deutlich gemacht, dass dieses Buch kein weiterer Ratgeber sein soll. Vielmehr will es zu einer pädagogischen Haltung beitragen, die mit unbewussten Affekten, mit GefĂźhlen und BedĂźrfnissen bei allen am pädagogischen Prozess Beteiligten rechnet, die Verstehen als fachlich fundierte Folge und Bedingung pädagogischen Handelns begreift und den herrschenden Ă–konomisierungstendenzen kritisch entgegensteht, damit eine Elternarbeit gedeihen kann, die den Eltern einen Ăœbergangsraum fĂźr ihre BedĂźrfnisse und Konflikte zur VerfĂźgung stellt.

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2. Selbstbildung und Verständigung

3INNLICHKEIT UND 3PIEL Die Begleitung von Selbstbildung erfordert die Berücksichtigung der Eigenlogik kindlicher Entwicklungsprozesse, denn besonders die kindliche Persönlichkeit ist noch im Werden begriffen. »Frühkindliche Bildung scheint in den ersten Lebensjahren vornehmlich ›ästhetische Bildung‹ zu sein, also Bildung des Handelns und Denkens mithilfe der Sinne, des Körpers, der Emotionen und der daraus entstehenden repräsentativen Welt« (Schäfer 2006, S. 65). Diese Bildung der Sinnlichkeit ist deshalb so wichtig für die kindliche Entwicklung, weil die Kinder nur solche Erfahrungen mit Bedeutung besetzen können, die sie fernsinnlich, körpersinnlich und emotional wahrnehmen. Die sinnliche Wahrnehmung ist damit Vorläufer und Begleiter der Fantasieentwicklung und des sprachlichen Denkens (vgl. Schäfer 2005b, S. 138f.). Wenn die sinnlichen Eindrücke vielfältig und nicht allzu beängstigend sind, kann sich auch eine reichhaltige und kreative Fantasietätigkeit bilden. Sodann kann ein sprachliches Denken wachsen, das sowohl die inneren Zustände und Bedürfnisse als auch die äußere Wirklichkeit zu benennen vermag. Mit diesem Fundus von sinnlicher Wahrnehmung, Fantasie und Sprache ausgestattet, treten die Kinder in immer weitere Interaktionen mit der sozialen und dinglichen Welt, konstruieren Sinn und betreiben forschendes Lernen. Das zentrale Medium der frühkindlichen Selbstbildung ist das Spiel. Schon beim Säugling sind Vorläufer des Spielens zu beobachten, etwa durch Imitation und szenischen Eltern-Kind-Dialog. Doch erst mit der Symbolisierungsfähigkeit gegen Ende des ersten Lebensjahres entwickelt sich die eigentliche Spielfähigkeit: im Explorationsspiel erkundet das Kind tastend, krabbeln, laufend die Welt; im Konstruktionsspiel werden immer neue Welten erschaffen; im Als-obSpiel erproben die Kinder den Raum zwischen Fantasie und Wirklichkeit; später folgen dann anspruchsvolle Rollen- und Regelspiele (vgl. Riemann/ Wüstenberg 2004, S. 44ff.). Im Spiel wird also geforscht, ausprobiert und Wirklichkeit vergegenwärtigt. Im Spiel machen die Kinder die Erfahrung von Absprachen, Reziprozität und Verständigung und im Spiel sind auch Selbstheilungskräfte in Form der Verarbeitung emotionaler Themen angelegt (vgl. Schäfer 2005b, S. 104). Das Spiel ist »die Externalisierung 39


II. Beziehung und Bildung in der kindlichen Entwicklung

eines Gefühlszustandes und dessen Verankerung in einer Spielfigur, mit der das Kind sich identifiziert. Dieser Vorgang wirkt schon als solcher ein Stück weit beruhigend« (Dornes 2000, S. 204). Darüber hinaus erhält das Kind von seinen Spielgefährten Antworten auf die Spielfigur, die dann als bedeutsame Interaktionserfahrung verinnerlicht werden können (vgl. ebd.). Es entsteht ein »Übergangsraum« (Winnicott), in dem das Kind seine Themen, Wünsche und Ängste in Szene setzen und mit der Wirklichkeit abgleichen kann, ohne die Überwältigung durch innere destruktive Impulse oder äußere Sanktionen fürchten zu müssen. »Weil die Kinder die Gesetze der Wirklichkeit noch nicht kennen, weil für sie aber auch wichtig ist, ihre eigenen Wünsche und Hoffnungen in die Wirklichkeit hineinzutragen, um ein Leben zu leben, das als sinnvoll und erfüllt erlebt werden kann, brauchen sie einen Spielraum, in dem sie ausprobieren können, wie viel Wunschwelt die Wirklichkeit verträgt und wie viel Wirklichkeit notwendig ist, damit die Wünsche nicht nur Fantasie bleiben. Kinder brauchen Spiel, um Utopie und Wirklichkeit miteinander zu versöhnen« (Schäfer 2005b, S. 108).

$IE +INDERGRUPPE ALS eBERGANGSRAUM Besonders die Kindergruppe bietet einen Übergangsraum, in dem die Kinder ihre persönlichen Dramen, ihre familialen Konstellationen, ihre Fragen nach geschlechtlichen und kulturellen Differenzen und ihren Forschungsdrang spielerisch inszenieren können, um damit Lust, Erkenntnis und erweiterte Handlungsfähigkeit zu gewinnen (vgl. Brandes 2009, S. 8). Aus der Gruppenanalyse wissen wir, dass Gruppen spezifische Dynamiken und Entwicklungspotenziale aufweisen. Schon durch die Vielfalt der Mitglieder werden neue, erweiternde Erfahrungen herausgefordert. Es finden multiple Übertragungen, Projektionen und Identifikationen statt und jede Äußerung löst eine Resonanz in der Gruppe aus, die dann zu gemeinsamen Gruppenthemen heranwächst. Die Gruppe dient als Spiegel, in dem sich die Mitglieder wiedererkennen und -entdecken können. Im misslingenden Fall erleben die Mitglieder das in der Gruppe aufscheinende Eigene als ebenso fremd wie bedrohlich und müssen es dann an den Anderen bekämpfen. Im Hinblick auf 40


2. Selbstbildung und Verständigung

die Potenziale der Gruppe, und diese stehen hier im Fokus, dient die Spiegelfunktion dazu, im Spiegel der Anderen das Eigene zu erleben und zu integrieren. Die Gruppe ist damit ein Container, der die Affekte der Mitglieder aufnimmt und sie ihnen in bekömmlicher Form zurückgibt (vgl. Potthoff 2008, S. 97ff.; Hearst/Behr 2009, S. 212ff.). Diese Resonanz- und Spiegelungsprozesse tragen nicht zuletzt dazu bei, die eindimensionale Sicht des Äquivalenz- und des Als-ob-Modus hin zur Mentalisierung zu überwinden, weil die Gruppe Ernsthaftigkeit verlangt und zugleich Spielräume für erweiterte Empfindungs- und Handlungsfähigkeiten eröffnet (vgl. Potthoff 2008, S. 104). Holger Brandes hat dazu ein alltägliches und eindrucksvolles Beispiel aus der Praxis aufgezeichnet und interpretiert. Es geht um eine Mädchengruppe, die kreativ in ein gemeinsames Spiel findet. »Die Szene beginnt damit, dass vier Mädchen im Alter von etwa fünf Jahren sich mit ihren Stofftieren in einen Nebenraum zurückziehen. Meine Kollegin mit der Kamera darf mit in den Raum, sie soll aber die Tür hinter sich schließen. Alle vier Mädchen platzieren ihre Stofftiere auf dem Tisch, Lena hat eine Tasche dabei mit verschiedenen Utensilien, die sie auspackt. Lena: ›Dann machen wir eine Wohnung …‹ Sina hält ein Stofftier hoch und sagt: ›Nöö … Ich brauch keine, ich wohne in meinem Zelt …‹ Anna: ›Aber wir können doch eine Wohnung für die einrichten …‹ Lena: ›Aber da muss jetzt jemand meine Tücher rausholen …‹ Anna: ›Die gehören jetzt den zwei … das sind meine.‹ Lena: ›Meine Tücher gehören meinen …‹ Sie breitet Tücher aus und holt Puppenmöbel aus ihrer Tasche. Dann gibt sie den anderen Anweisungen: Lena: ›Wenn der mitspielen soll, dann musst du die zwei spielen, denn wenn deiner verliebt sein will, muss du die spielen …‹ Sina verleiht ihrem Plüschtier ihre Stimme: ›Iiih, iih … jep, jep …‹ Lachen. Sina und Caro haben gleiche Stofftiere und der Unterschied wird untersucht, wobei eines als schmutziger identifiziert wird ›… und ein bisschen grün‹. 41


II. Beziehung und Bildung in der kindlichen Entwicklung

Lena packt weiter ihre Tasche aus: ›Ich richte meine Wohnung ein … Das ist die Wohnung für die drei …‹ Anna: ›Kannst du die nicht noch’n bißchen größer machen?‹ Lena: ›Okay, dann spiele ich …‹ Anna: ›Das, das … das ist der Bingo, weißt du? … Do, do, do …‹ Caro: ›Das ist besser …‹ Sina drückt zwei Stofftiere gegeneinander und macht deutliche Kussgeräusche: ›Der Mann ist immer größer als die Frau … Ja genau, guck mal, wenn der so knutschen würde, würde der ja seine Brust knutschen …‹ Lachen. Anna: ›Jii, jii …‹ Caro: ›Wieso spielt die Löwin nicht mit?‹ Lena: ›Das ist einfach so’ne Statue …, ja?‹ Caro: ›Und wieso spielt Lenopi nicht mit?‹ Lena: ›Weil die nicht mitspielt.‹ Anna: ›Jii, jii, ich knutsche deinen Hals … jii, jii … ja, ja, und du bist …‹ Sina: ›Weist Du, was ich immer zuhause spiele? Na ja, ich spiele die immer zuhause … dann auf Galoppi spiele ich sie, dann sitzen die so auf Galoppi und knutschen dabei‹ Caro: ›Aber ich denke, deine Stofftiere sind immer lebendig?‹ Sina: ›Manchmal, wenn ich … das ist doch gar nicht wahr … eigentlich … meine Mammi schneidet das immer auf und macht ’ne Batterie rein in die Kuscheltiere.‹ Caro mit ihrem Stoffhasen: ›Und dann gehen die so: Ding, Ding, Ding …‹ Sina: ›Die sprechen so, wie Roboter … nicht wie Roboter, aber so, genau wie … ich … jetzt … spreche.‹ Anna: ›So – jetzt spielen wir endlich …‹ Sina: ›Das ist Galoppis Platz hier und wo schlafen die, … da schlafen die jetzt …‹ Lena: ›Hier darf niemand mehr schlafen, außer meinen Kuscheltieren …‹ Anna: ›Meine schlafen jetzt hier …‹ Sina: ›Da schläft Galoppi.‹ Anna: ›Da darf niemand mehr schlafen außer meinen …‹ 42


2. Selbstbildung und Verständigung

Caro: ›Und meine schlafen hier …‹ Lena: ›Nein, und das ist das Pferd von den zweien … siehst du, das ist das Pferd von den zweien …‹ Anna: ›Los, spielen wir endlich los?‹ Sina: ›Hallo Galoppi …‹« (Brandes 2009, S. 16f.). Diese Sequenz macht zunächst deutlich, dass das kindliche Spiel einen eigenen Zauber und eine innere Dynamik besitzt, die sich dem erwachsenen Beobachter nicht sofort erschließt. Dieser kann sich den entwicklungs- und bildungsförderlichen Bedeutungen des Spiels nur respektvoll und empathisch nähern. Vor diesem Hintergrund weist Brandes zu Recht darauf hin, dass die Kinder zwischen verschiedenen Kommunikationsebenen oszillieren und damit innere und äußere Realitäten abzugleichen versuchen. So finden sich metakommunikative Äußerungen zur Spielsituation: »So – spielen wir jetzt endlich?«; »Wenn der mitspielen soll, dann musst du die zwei spielen, denn wenn deiner verliebt sein will, musst du die spielen …«. Auch der Wechsel von Fantasie und Realitätsbezügen kommt zum Ausdruck: »Weißt du, was ich immer zuhause spiele?«; »Aber ich denke, deine Stofftiere sind immer lebendig?« »Manchmal, wenn ich … das ist doch gar nicht wahr … eigentlich … meine Mammi schneidet das immer auf und macht ’ne Batterie rein in die Kuscheltiere.« Neue Spielelemente und Spielfiguren werden gestaltet: »Ich richte meine Wohnung ein … Das ist die Wohnung für die drei …«; »Das ist einfach so ’ne Statue …, ja?«; »Die sprechen so wie Roboter … nicht wie Roboter, aber so genau wie … ich … jetzt … spreche« (ebd., S. 18f.). Und natürlich kommt nach und nach auch das eigentliche szenische Spiel in Gang. Dieses kreist um ein zentrales Thema, nämlich »Beziehungen und Verliebtheit«. Das immer wiederkehrende »Jii, jii …« kann dabei als markierter Affektausdruck des von Anna fantasierten Zustands erwachsener Verliebtheit verstanden werden (ebd., S. 19). Die Mädchen nutzen den Übergangsraum ihres Spiels, indem sie die »ihnen noch weitgehend mysteriösen mentalen Zustände des Erwachsenenlebens aufgreifen und mit ihren eigenen, selbstreflexiv wahrgenommenen Affekten zu vereinbaren suchen« (ebd.). Das szenische Spiel in der Kindergruppe erweist sich so als wichtige Quelle der Mentalisierungsfähigkeit. 43


II. Beziehung und Bildung in der kindlichen Entwicklung

6ERSTiNDIGUNG IN PiDAGOGISCHEN "EZIEHUNGEN Um die Selbstbildungspotenziale zu entfalten, brauchen Kinder keine Instruktionen und keinen Unterricht, sondern einen Spielraum mit einer anregungsreichen Umwelt, mit einer stabilen Kindergruppe und mit erwachsenen Bezugspersonen, die konstant verfügbar sind und ihnen mit der Bereitschaft zur Verständigung begegnen (vgl. Schäfer 2006, S. 65; Trescher 2001, S. 185). Wir können Verständigung als pädagogisch fundiertes Spiegeln und Markieren der Affekte der Kinder verstehen, als eine symbolisierende Antwort auf die kindlichen Themen, Bedürfnisse und Fragen. In der pädagogischen Beziehungsarbeit sollte der Aufbau guter innerer Objekte und Ich-stärkender Identifizierungen unterstützt werden. Sie sollte zur Milderung narzisstischer Kränkungen infolge der Wiederannäherungskrise, zu einigermaßen angstfreien Vorstellungen geschlechtlicher und kultureller Differenz sowie zur Bildung eines freundlichen Über-Ichs beitragen. Und in diesem Sinne sollte sie den Kindern Erfahrungen der Triangulierung ermöglichen, in denen das »Dritte« in Gestalt anderer Kinder oder der Bezugspersonen erlebt und verinnerlicht werden kann (vgl. Figdor 2006b, S. 104; Leuzinger-Bohleber et al. 2006, S. 243). Sind auf diese Weise die Entwicklungsbedürfnisse der Kinder genügend gut befriedigt, können sie die Verunsicherungen und Herausforderungen des Selbstbildungsprozesses, den Kontakt mit Neuem und Fremdem, bewältigen (vgl. Krebs 2009, S. 210). Wenn dieser Verständigungsprozess scheitert, erscheint die Welt als bedrohlicher Ort, vor dem sich das Kind schützen muss. Jeder Kontakt mit Neuem, mit den Herausforderungen des Lernens wird als Wiederkehr unbewältigter Kränkung, Missachtung und Ohnmacht erlebt (Gerspach 2004a, S. 75). Gelingt aber der Verständigungsprozess, kann das Kind die Verunsicherung des Lernens aushalten, die Themen, Menschen und Dinge seiner Welt libidinös und narzisstisch besetzen und immer weiter neugierig erforschen. Auch die moderne Hirnforschung bestätigt inzwischen diese Erkenntnisse. Ob im Hinblick auf die neuronale Verschaltungen im Gehirn, die Ausschüttung von Botenstoffen oder gar die Aktivität von Genen – es sind soziale Erfahrungen und deren psychische Erlebniseindrücke, die das Gehirn gleichsam in biologische Signale ver44


3. Die Kita als fĂśrderlicher Rahmen

wandelt (vgl. Bauer 2009, S. 196). Daraus folgt fßr den Zusammenhang von Selbstbildung und Verständigung: Was die Motivationssysteme des menschlichen Gehirns aktiviert, ist die Beachtung, das Interesse, die Zuwendung und die Sympathie anderer Menschen, was sie inaktiviert, ist soziale Ausgrenzung und Isolation (ebd., S. 197).

$IE +ITA ALS FyRDERLICHER 2AHMEN

%INGEWyHNUNG Damit die Kita als Entwicklungs- und Bildungsraum genutzt werden kann, mĂźssen die Kinder zunächst die Trennung von ihren primären Bezugspersonen bewältigen. Dies ist vor allem fĂźr Kinder schwierig, die neu in eine Kindergruppe kommen, doch bleibt die allmorgendliche Trennung fĂźr alle Kinder eine Situation, die potenziell mit Angst, Wut oder Trauer verknĂźpft ist. Dabei ist es wichtig, auf die unterschiedlichen PersĂśnlichkeiten der Kinder einzugehen. Bindungstheoretisch betrachtet, zeigen manche ihre Trauer, lassen sich aber gut trĂśsten, andere werden von der Ambivalenz zwischen Angst und Wut Ăźberwältigt und wieder andere scheinen von der Trennung unbeeindruckt, stehen innerlich aber unter starkem Stress. Des Weiteren muss auch ihre aktuelle Lebenssituation beachtet werden, weil diese dazu beiträgt, dass sich die Kinder mal leichter und mal schwerer trennen kĂśnnen. Es braucht demnach an jedem Tag und fĂźr jedes Kind eine verlässliche, empathische, herzliche und ritualisierte BegrĂźĂ&#x;ung (vgl. Naumann 2010, S. 145). DarĂźber hinaus erweisen sich die folgenden Ideen fĂźr den Umgang mit Trennung als hilfreich. So kann fĂźr Kinder, die neu in die Kindergruppe kommen, das Bedrohlich-Fremde der Situation durch einen mit der Gruppe vorbereiteten, interessierten und freundlichen Empfang sowie durch einen freiwilligen Mentor abgemildert werden (vgl. Figdor 2006b, S. 111). Die morgendliche Verlustangst kann ebenfalls aufgefangen werden, indem das Kind gemeinsam mit der elterlichen Bezugsperson konkrete Bilder zu ihrem getrennten Tagesablauf und ihrem Wiedersehen entwerfen (vgl. ebd., 45


II. Beziehung und Bildung in der kindlichen Entwicklung

S. 111f.). Daran anknßpfend kann die Konstanz der guten Objekte durch die symbolische Repräsentation der primären Bezugspersonen in der Kita gestßtzt werden. Diese symbolische Präsenz verleiht dem Kind Sicherheit und erleichtert triangulierende Erfahrungen mit Dritten, mit anderen Kindern und mitpädagogischen Bezugspersonen hin zu neuen Formen des Selbsterlebens und des Welterforschens (vgl. ebd., S. 112f.).4

2AUMGESTALTUNG Die Reggio-Pädagogik spricht aus gutem Grund vom ÂťRaum als drittem ErzieherÂŤ, weil jede räumliche Gestaltung bestimmte Erfahrungen erĂśffnet, die die Kinder dann verinnerlichen (vgl. Knauf 2000, S. 195ff.). Deshalb sollten fĂźr jede Gruppe verschiedene Räume mit vielfältigen Materialien offen stehen, in denen die Kinder ihre BedĂźrfnisse und Themen in Szene setzen kĂśnnen und die zugleich neue Erfahrungen ermĂśglichen. Dazu bedarf es zunächst Räumen und Materialien, in denen die Kinder ihre Fragen geschlechtlicher, sozialer und kultureller Identität gemeinsam mit den anderen Kindern als Erfahrung der Vielfalt bearbeiten kĂśnnen (vgl. Figdor 2006b, S. 117). DarĂźber hinaus braucht es Räume und Materialien, die den sinnlichen Reichtum kindlicher Wahrnehmung spĂźrbar machen. Mit ihren Fernsinnen erleben die Kinder die Unterschiede zwischen laut und leise, Farben und Klängen, fern und nah, oben und unten, hell und dunkel, wohlriechend oder eher stinkend. Ebenso erleben sie mit ihren KĂśrperwahrnehmungen sich selbst in der Welt, wenn sie etwa ein Podest zunächst mit mulmigem GefĂźhl erklimmen, das sich beim Herunterspringen in ein eigenartig groĂ&#x;artiges Ziehen und schlieĂ&#x;lich in Stolz verwandelt, wenn sie beim Versteckspielen ihren Herzschlag spĂźren, oder wenn sie Materialien ertasten und spĂźren, wie sie diese Materialien wirksam gestalten kĂśnnen. Nicht zuletzt erleben die Kinder ihre fernsinnlichen und kĂśrperlichen Erfahrungen im Zusammenspiel mit emotionaler Wahrnehmung, also der Bedeutung der im Raum er

46

"ESONDERS DAS §"ERLINER %INGEWyHNUNGSMODELLŒ BIETET HIER EINEN GUTEN BINDUNGS THEORETISCH FUNDIERTEN 2AHMEN )N +APITEL )6 ZUR §%INGEWyHNUNGŒ DER %LTERN

WERDE ICH AUSF~HRLICHER DARAUF ZUR~CKKOMMEN


3. Die Kita als förderlicher Rahmen

lebten Beziehungen zu sich selbst, zu anderen Menschen und zu den Dingen (vgl. Naumann 2010, S. 146f.). Kurzum, die Kinder benötigen Räume für wilde Abenteuer ebenso wie für besinnlichen Rückzug (vgl. Franz/Vollmert 2005, S. 11ff.). Wenn die Gruppenräume eine zentrale Basis sind, können Schritt für Schritt jene Räume erobert werden, die in konzentrischen Kreisen um die Gruppe herum liegen. Dazu zählen die Räume anderer Gruppen, die Kita als Ganzes, das Außengelände, bis hin zur sozialräumlichen Umgebung und der Entdeckung natürlicher und kultureller Umwelten (Naumann 2010, S. 147). Begünstigt wird dieses gleichermaßen wichtige wie lebendige Geschehen, wenn das gesamte Setting affektfreundlich gestaltet ist und alle Gefühle, nicht nur die üblicherweise geschätzten prosozialen, zum Ausdruck kommen dürfen, denn nur dann können sich auch Stolz, Abhängigkeit, Wut, Angst oder Traurigkeit weiter ausdifferenzieren. Dazu dienen, neben dem Spielraum, eine gute Ausstattung mit Schminke, Verkleidungsutensilien und weiteren kreativen Materialien, die zu freiem Ausdruck und szenischem Spiel einladen (vgl. Figdor 2006b, S. 114f.), aber auch von den pädagogischen Bezugspersonen begrenzte und moderierte Situationen, in denen die Selbstverständlichkeit, angstfrei Gefühle zu entdecken, mitzuteilen und darüber zu kommunizieren, erfahrbar wird. Hier bieten sich zum Beispiel Sitz- oder Liegekreise an, in denen die Kinder von ihren Erlebnissen und Gefühlen erzählen, aber auch eine sinnverstehende Psychomotorik. Entscheidend ist, dass die behandelten Gefühle aus dem gemeinsamen Gruppenprozess heraus entstehen, dass keine Themen aufgezwungen werden und dass sich alle, inklusive der Bezugspersonen, an diesem Austausch beteiligen können (Naumann 2010, S. 148).

0ARTIZIPATION Die Voraussetzung dafür, dass die Kinder Spielräume nutzen können, ist ihre alltägliche Partizipation an den Belangen der Kita. Dies betrifft zunächst ganz schlicht die selbstverständliche Nutzung von Räumen und Materialien. Diese sollten für alle Kinder so weit als möglich frei zugänglich sein, damit sie im Sinne des Ausdrucks und der Bearbeitung ihrer 47


II. Beziehung und Bildung in der kindlichen Entwicklung

Themen überhaupt verwendet werden können. Ebenso sollten die Räume nicht nur frei zugänglich sein, sondern die Möglichkeit der Umgestaltung bieten, sodass eine Höhle, eine Burg oder eine Bewegungsbaustelle entstehen kann. Hier kann der bewährte Morgenkreis dazu dienen, die Wünsche für die Tagesgestaltung mitzuteilen und abzustimmen. Doch nicht nur im Hinblick auf das tägliche Spiel gilt es, die Kinder mit einzubeziehen, sondern auch bei Fragen der Gestaltung des gemeinsamen Raums und der gemeinsamen Regeln. Dabei können die Kinder in Kinderkonferenzen die selbstverständliche Erfahrung der Mitsprache machen, die für die Entwicklung von unschätzbarem Wert ist (Naumann 2010, S. 148f.). Im Hinblick auf die Regeln heißt es etwa bei Leuzinger-Bohleber: »Das sukzessive Entwickeln eines sozialen Regelsystems, das dem Kind nicht autoritär aufgesetzt, sondern in einem emotional tragenden, sicheren Beziehungsgefüge mit dem Kind ›ausgehandelt‹ und dem Entwicklungsalter entsprechend gemeinsam ›gelernt‹ und ›reflektiert‹ wird, ist die Voraussetzung für Internalisierungsprozesse, die nicht durch eine Unterwerfung, sondern durch eine Stabilisierung von Selbst und Autonomie gekennzeichnet sind« (Leuzinger-Bohleber et al. 2006, S. 243).

In einer wunderbaren Formulierung der Freinet-Pädagogik wird es auf den Punkt gebracht: »Den Kindern das Wort geben« (vgl. Klein 2002, S. 27ff.). Einerseits kommen die Kinder von ihren Bedürfnissen aus zum Sprechen, sie bringen ihre Wünsche, Interessen und Ideen in die Gruppe ein, stimmen sie miteinander ab und erleben ihre Selbstwirksamkeit, indem ihr Wort sich in der Alltagspraxis, in den Tätigkeiten, Räumen und Regeln materialisiert. Andererseits erhalten sie aber auch Antwort, nicht nur von anderen Kindern, sondern natürlich auch von den Bezugspersonen, die den Kindern mit ihrer Empathie ebenso wie mit ihren eigenen Vorschlägen zur Gestaltung des Alltags, des Raums und der Regeln begegnen (Naumann 2010, 149f.). Im Rahmen der Kita ergibt sich daraus der sinnvollste Weg zur Sprachförderung. Diese kann nicht gelingen, wenn die Kinder durch Trainingsprogramme mit Worten und Sprachnormen konfrontiert werden, die sie mit ihrem inneren Erleben kaum zu verknüpfen vermögen. Wenn hingegen die Kita als Spiel- und Sprachraum verstanden wird, wenn 48


4. Zur Bedeutung pädagogischer Bezugspersonen

die Kinder das Wort erhalten, von ihren Bedßrfnissen und Interessen aus mitsprechen und darauf empathische und erweiternde Antworten bekommen, ist der Autonomie, der Empathiefähigkeit und der Sprachentwicklung deutlich mehr gedient (vgl. Gerspach 2006, S. 139).

:UR "EDEUTUNG PiDAGOGISCHER "EZUGSPERSONEN

(OLDING UND #ONTAINING ÂťDer Versuch zur wechselseitigen Verständigung bildet die Basis jeder Pädagogik der frĂźhen KindheitÂŤ (Schäfer et al. 2005, S. 203). Psychoanalytisch gesprochen umfasst die Verständigung auch das Holding (Winnicott) durch die Bezugspersonen, die den Kindern die Sicherheit und Geborgenheit spenden, von der aus sie die (Nach-)Entwicklung ihrer inneren Regulationssysteme und die Exploration der Welt wagen kĂśnnen (vgl. Leuzinger-Bohleber et al. 2006, S. 243). DarĂźber hinaus brauchen die Bezugspersonen die Fähigkeit des Containing (Bion), damit sie auch die unbewältigten Affekte der Kinder, wie etwa Ăźberbordende Angst oder Wut, in sich aufnehmen und den Kindern in ÂťverdauterÂŤ, symbolisierter Form zurĂźckgeben kĂśnnen (vgl. Steinhardt 2006, S. 10). Dies gilt freilich auch fĂźr das Gruppengeschehen. So bietet es sich bei wiederkehrender heftiger Wut in der Gruppe an, zunächst dem bloĂ&#x;en Pochen auf Einhalten der Regeln zu widerstehen, und stattdessen den Kindern den Raum fĂźr Gespräche oder fĂźr kreative Projekte zu geben, in dem die verschiedenen Erfahrungen und Fantasien zum Thema Wut zum Ausdruck kommen und in einen Verständigungsprozess eingebracht werden kĂśnnen (Naumann 2010, S. 151). Zur Erläuterung dieses Zusammenhangs mĂśchte ich von folgendem Praxisbeispiel berichten. Im AuĂ&#x;engelände einer Kita spannt eine Pädagogin mit einer Gruppe von zehn Kindern zwischen Bäumen kreuz und quer Seile, sodass ein enges Geflecht entsteht. Die Gruppe einigt sich darauf, dass dies ein Spinnennetz ist. Die nun entwickelte Spielidee sieht vor, dass die Kinder im Spinnennetz wohnen und die Pädagogin ein wildes Tier ist, das die kleinen Spinnen an49


II. Beziehung und Bildung in der kindlichen Entwicklung

greift. Zwei Kinder beunruhigt die Vorstellung, im Netz attackiert zu werden, sie wollen lieber im Windschatten der Pädagogin bleiben. Jetzt kann das Spiel beginnen: Das wilde Tier kreist um das Netz, versucht immer wieder eine Spinne zu schnappen, wird aber von den tapferen Spinnen in die Flucht geschlagen. Die Pädagogin ist dabei darauf bedacht, den Als-ob-Charakter des wilden Spiels zu schützen, indem sie ihre Bewegungen, Geräusche und Worte spielerisch moduliert, manchmal auch ihren beiden Gefährten beruhigende oder aufmunternde Blicke zuwirft. In einem finalen Angriffsversuch verstrickt sich das wilde Tier dann im Netz und wird von der Spinnengruppe überwältigt. Diese feiert ihren Sieg, auch die beiden kleineren wilden Tiere verwandeln sich in Spinnen, und gemeinsam wird das größere wilde Tier gepflegt. Schließlich erhalten alle ihren Platz im gemeinsamen Netz. Ein wenig später folgt ein Gespräch über das Spiel. Hier wird von den Gefühlen während des Spiels berichtet. Manche Kinder erzählen von Konflikten aus ihrem Alltag, und auch die Pädagogin gibt eine Rückmeldung zu ihrem Erleben, etwa zu ihrer Bewunderung der Stärke der Spinnen oder zu ihrer Begeisterung, dass alle, trotz ihrer Unterschiedlichkeit, ihren Platz im Netz finden konnten. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Holding und Containing der Gruppenaffekte und ihre symbolisierende Verarbeitung nicht nur ein positives Lebensgefühl ermöglicht, sondern obendrein Empathie, reflektierendes Denken und letztlich die Mentalisierungsfähigkeit der Kinder fördert (vgl. Hayne 2004, S. 102).

6ERANTWORTETE 3CHULD Eine an Bedürfnissen und Gefühlen orientierte Praxis eröffnet einen lebendigen Alltag und entlastet diesen zugleich von übermäßigen Eingriffen und Sanktionen, weil die Kinder wissen, dass sie prinzipiell mit all ihren Themen, Konflikten und Fragen Beachtung finden. Gleichwohl kann nicht verleugnet werden, dass die Kinder jeden Tag mit einer Menge Einschränkungen, Frustrationen und Verboten konfrontiert sind. Es muss zunächst betont werden, dass die oben geforderte Haltefunk50


4. Zur Bedeutung pädagogischer Bezugspersonen

tion der Pädagogen nicht mit der pädagogischen Illusion verwechselt werden darf, ein Pädagoge müsse in der Lage sein, die Kinder vor jedweder Frustration zu bewahren. Denn einerseits stellen Frustrationen auch eine Herausforderung dar, deren Bewältigung die Selbstbildung befördert. Andererseits ist die besagte Illusion meist entweder von der Größenfantasie gespeist, alle Bedürfnisse der Kinder erfüllen zu können, oder von der unbewussten Angst vor der Wut der Kinder im Falle ihrer Frustration. Dies führt schnell zur Willfährigkeit den spontanen Wünschen der Kinder gegenüber, bis hin zur drohenden Selbstaufopferung, oder, im Sinne einer Reaktionsbildung, zur Umdeutung kindlicher Bedürfnisse als Ausdruck purer Renitenz (vgl. Figdor 2006a, S. 121). Demgegenüber bietet die Haltung der verantworteten Schuld einen kreativen Ausweg. Denn selbstverständlich werden wir den Kindern gegenüber »schuldig«, wenn wir ihnen notwendige Versagungen und Frustrationen zumuten. Doch können wir diese Schuld verantworten, weil wir in bestimmten Situationen die Bedürfnisse der Kinder schlicht nicht befriedigen können oder weil wir die Kinder vor Gefahren schützen müssen. Entscheidend ist, mit den Kindern identifiziert zu bleiben, mit ihrem Bedürfnis ebenso wie mit ihrer Wut, wenn dieses nicht befriedigt werden kann, und vor allem mit ihren langfristigen Entwicklungsbedürfnissen nach Bindung und Autonomie, die durch situative Frustrationen nicht tangiert sein müssen. Auf diese Weise bleibt der empathische Kontakt zu den Kindern erhalten, Wiedergutmachungsimpulse werden spürbar und nicht zuletzt wird auch der Blick auf übermäßig schwierige, verbotsträchtige Arbeitsbedingungen geschärft (vgl. ebd., S. 122).

%NTWICKLUNGSB~NDNIS /PTIMALSTRUKTURIERUNG UND SZENISCHES 6ERSTEHEN Psychoanalytische Pädagogik zielt zunächst auf die Herstellung eines Entwicklungsbündnisses zwischen Pädagoge und Kind. Ausgehend von den Themen, Bedürfnissen und Konflikten, von den Beschädigungen und Ressourcen des Kindes gilt es eine Entwicklung zu fördern, die dem Kind Teilhabe, Bildung und Gesundheit ermöglicht (vgl. Trescher 2001, 51


II. Beziehung und Bildung in der kindlichen Entwicklung

S. 184). Dabei muss der Pädagoge einerseits abstinent sein. Er darf selbstverständlich keine eigenen ungelösten Konflikte, etwa unerfüllte Anlehnungswünsche oder uneinholbare Größenfantasien, in der pädagogischen Beziehung ausagieren. Andererseits muss er sich verwickeln lassen, als emotional konstant präsente Bezugsperson zur Verfügung stehen, damit das Kind seine Bedürfnisse und Konflikte unterbringen und eine förderliche Antwort des Pädagogen erwarten kann (ebd., S. 182f.). Aloys Leber akzentuiert die Prozesse im Entwicklungsbündnis als »fördernden Dialog« des Haltens und Zumutens. Das Kind setzt in der pädagogischen Beziehung unweigerlich seine geglückten und belastenden Vorerfahrungen, seine Wünsche, Hoffnungen und Konflikte in Szene (vgl. Büttner 1998, S. 139). Dabei hält der Pädagoge auch die heftigen Affekte des Kindes, etwa überbordende Aggression, spiegelt und markiert sie auf eine Weise, die dem Kind die symbolisierte Integration seiner Affekte ermöglicht. Neben diesem Holding und Containing gilt es aber auch, dem Kind Herausforderungen in der Realität zuzumuten, die es mit seinen vorhandenen Ressourcen zur Erweiterung seiner Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit auch bewältigen kann – dies kann in manchen Fällen etwa Wiedergutmachung nach einer destruktiven Episode bedeuten oder in anderen die behutsame Zumutung von Trennung zur Entwicklung wachsender Autonomie. Es kommt also darauf an, nicht nur das Kind dort abzuholen, wo es steht, wie es häufig gut gemeint formuliert wird, sondern vor allem, sich als Pädagoge dort zu platzieren, wo das Kind noch nicht ist (Perner 2010, S. 218). Auf diese Weise repräsentiert der Pädagoge im Entwicklungsbündnis eine gleichsam mentalisierende Haltung, die das Kind ernst nimmt und zugleich Übergangsräume bereitstellt. Er fungiert als Hilfs-Ich, das das Kind Schritt für Schritt im Dienste eigener Entwicklung verinnerlichen kann (vgl. Naumann 2010, S. 129). Allerdings resultieren die Themen und etwaigen Konflikte in der pädagogischen Praxis nicht allein aus den Geschichten, die die Kinder mitbringen, sondern auch aus den institutionellen Verhältnissen etwa einer Kita. Im Sinne der Optimalstrukturierung muss demnach das pädagogische Setting daraufhin überprüft werden, ob es Entwicklungsbündnisse eher begünstigt oder gar behindert. Dies beginnt schon beim bildungspolitischen Rahmen. Die Ökonomisierung der Kita oder die Verkürzung von Bildung als Pro52


4. Zur Bedeutung pädagogischer Bezugspersonen

dukt, das durch immer neue Förder- und Trainingsmaßnahmen herzustellen ist, stehen einer prozessorientierten Beziehungsarbeit und somit Entwicklungsbündnissen sicherlich entgegen – hier ist gesellschaftskritisches und bildungspolitisches Engagement gefordert. Darüber hinaus müssen die institutionellen Strukturen der konkreten Kita beleuchtet werden. Einerseits muss der organisatorische Rahmen in Form von Finanzplanung, Personalschlüssel, Qualifizierung und Weiterbildung, Konzeptentwicklung, Supervision sowie pädagogischen Gestaltungsspielräumen gewährleisten, dass die Pädagogen stabil und empathisch arbeiten können. Andererseits müssen die Räume, Materialien und Tagesabläufe so gestaltet sein, dass institutionell begründete Konflikte, wie beängstigende Bringsituationen oder Streit wegen beengter Räume, minimiert werden können. Ein solches verlässliches, partizipatives und affektfreundliches Setting dient letztlich auch als Hilfs-Ich für die Kinder, weil sie ihre darin erlebten Interaktionserfahrungen verinnerlichen und zu erweiterten Wahrnehmungs- und Handlungsweisen verarbeiten (vgl. Trescher 2001, S. 187ff.). Das szenische Verstehen schließlich ist eine unabdingbare Ressource zur Verwirklichung von Entwicklungsbündnissen und Optimalstrukturierung. Es richtet sich nicht auf isolierte Verhaltensweisen oder scheinbar objektive Zusammenhänge, sondern auf den Sinn von Szenen, die sich zwischen dem Kind und seinen Interaktionspartnern in einem bestimmten institutionellen Rahmen ereignen (vgl. Lorenzer 1973, S. 141ff.). Im Hinblick auf das Entwicklungsbündnis zielt das szenische Verstehen auf die Beziehungsmuster, die das Kind infolge seiner lebensgeschichtlichen Vorerfahrungen inszeniert, als »Wiederholung einer erlebten oder Erdichtung einer ersehnten Szene« (ebd., S. 143). Es kommt zur Übertragung der guten wie schmerzhaften Erfahrungen auf den Pädagogen, der seinerseits in einer Affektansteckung mit einer Gegenübertragung reagiert. Die positiven Anteile der Übertragung machen in der Gegenübertragung Gefühle der Freude und der Zuversicht spürbar, die das Kind in sich selbst trägt oder mit seinen primären Bezugspersonen erlebt hat. Diese positive Übertragung ist eine gute Basis, gewissermaßen ein Vorschuss für die pädagogische Beziehung. Schwieriger ist der Umgang mit konfliktreichen, negativen Anteilen der Übertragung, die häufig irritierende Gegenübertragungen auslösen. Wenn diese aber verstanden werden, rücken entweder jene Selbstanteile 53


II. Beziehung und Bildung in der kindlichen Entwicklung

des Kindes in die Wahrnehmung, die es nicht ertragen und symbolisieren kann (konkordante Identifizierung), oder die Objektanteile, die Art und Weise, wie das Kind seine primäre Bezugsperson erlebt hat (komplementäre Identifizierung) (vgl. Gerspach 2006, S. 127). Diese heftigen Affekte bilden somit ein Beziehungsangebot und eine Erkenntnisquelle, die durch szenisches Verstehen erschlossen werden kann. Wenn etwa ein Ăźberbordend aggressiv auftretendes Kind bodenlose Ohnmacht in uns auslĂśst, kĂśnnen wir dem spontanen Impuls, diese durch einen persĂśnlichen Gegenangriff zu kompensieren, widerstehen, und sie stattdessen als die tiefe Verzweiflung des Kindes begreifen, die es unter keinen Umständen mehr spĂźren will und mit seinen Attacken zu bewältigen sucht (vgl. Trescher 2001, S. 173ff.). Auf diese Art und Weise kann der fatale Teufelskreis von Kränkung, Ohnmacht und immer neuer Aggression durchbrochen werden. Dabei ist nicht das AusmaĂ&#x; der Aggression an sich problematisch, sondern ihre Richtungslosigkeit (Perner 2010, S. 230). Im EntwicklungsbĂźndnis kĂśnnen wir das Kind schlieĂ&#x;lich dabei begleiten, unbewältigte Affekte zu integrieren, eine nachholende Entwicklung zu durchlaufen und seine Kraft zur ErfĂźllung seiner WĂźnsche einzusetzen (vgl. ebd.). Im Hinblick auf die Optimalstrukturierung rĂźckt das szenische Verstehen, wie bereits erwähnt, die Frage in den Blick, ob Konflikte in der Kindergruppe eher aus dem pädagogischen Setting als aus biografischen Themen eines Kindes resultieren. Hier mĂźssen Szenen daraufhin untersucht werden, ob etwa die Pädagogen an der Grenze ihrer Belastbarkeit immer fahriger und ungeduldiger arbeiten, ob ein offenes Konzept ruhigere Kinder zum Verschwinden bringt oder ob die fehlende Repräsentationen vielfältiger Männlichkeiten zu klischeehaften Geschlechtsidentitäten fĂźhrt.5 Mit einem weiteren Beispiel aus der Praxis mĂśchte ich die Potenziale szenischen Verstehens veranschaulichen.

54

$AS SZENISCHE 6ERSTEHEN IST EIN SEHR VORAUSSETZUNGSVOLLES 6ERFAHREN $ABEI IST MIN DESTENS ZWEIERLEI UNVERZICHTBAR %RSTENS BENyTIGEN 0iDAGOGEN :EITEN UND 2iUME ZUR 3ELBSTREFLEXION DAMIT SIE IHRE EIGENEN +ONFLIKTE NICHT IN DER PiDAGOGISCHEN "EZIEHUNG AUSAGIEREN UND IHRE EIGENE eBERTRAGUNGSBEREITSCHAFT SOWEIT KENNEN

DASS SIE VON 'EGEN~BERTRAGUNGSREAKTIONEN UNTERSCHIEDEN WERDEN KyNNEN :WEI TENS BRAUCHEN SIE EINEN HALTENDEN 2AHMEN INSBESONDERE IN &ORM VON REGELMi†IGER 3UPERVISION DAMIT DIE MITUNTER HEFTIGEN !FFEKTE DIE AUS DER 0RAXIS STAMMEN UNTER GEBRACHT UND MITHILFE EINES $RITTEN VERSTANDEN WERDEN KyNNEN


4. Zur Bedeutung pädagogischer Bezugspersonen

Der zweijährige Ben wird in einer Kita eingewöhnt. Er hat ein freundliches Wesen und ist immer adrett gekleidet. Er ist das einzige Kind eines jungen, gut ausgebildeten Paares. Allerdings fallen seine etwas plump und schlaff anmutenden Bewegungen auf. Auch kann er sich in Konflikten, wenn es etwa um begehrtes Spielzeug geht, kaum wehren. Er beginnt sehr schnell zu weinen und gibt dann ein geradezu jämmerliches Bild ab: rotzverschmiertes Gesicht und sonst fast bewegungslos. Immer häufiger steht er abseits der Gruppe, einzelne Kinder machen sich zunehmend über ihn lustig oder spielen ihm verletzende Streiche. Die Pädagogen nehmen diese verblüffend rasante Entwicklung durchaus wahr und reagieren darauf, indem sie sich um Ben kümmern, ihn beschützen, auf den Schoß nehmen, ihm immer und immer wieder die Nase abputzen. Allein, es will sich an Bens Zustand nichts ändern. Dies ist der Zeitpunkt, an dem sich die Pädagogen entscheiden, den Fall in ihre Supervision einzubringen. Dort ergeben sich im szenischen Verstehen zunächst folgende Prozesse: Als die Pädagogen ihren Gefühlen nachspüren, entdecken sie eine doppelte Scham. Sie schämen sich, weil all ihre Bemühungen um Ben bislang scheiterten, und schlimmer noch, weil sie ihn für seine bewegungslose, rotzverschmierte Jämmerlichkeit verachten. Ihre Bemühungen, so wird deutlich, bewegten sich auf einer rein pflegerischen, routinemäßigen Ebene, während das Affektive gänzlich unbemerkt die Szene beherrschte. Dieses Affektive kann jetzt besser verstanden werden. Ben hat die Pädagogen durch seine Übertragung offenbar zu einem ähnlichen Verhalten bewegt, wie er es von seinen Eltern kennt. An dieser Stelle fallen den Pädagogen auch wieder Szenen von Bring- und Abholsituationen, von Elternabenden und Elterngesprächen ein. Die Eltern wirken durchaus liebevoll, aber ängstlich, überfürsorglich und scheinen kaum in der Lage zu sein, ihrem Kind Trennung und Autonomie zuzugestehen. Es kommt die begründete Vermutung auf, dass Ben, als er ganz klein war, ein freundliches und zufriedenes Baby war, dass er aber die Größenfantasien der Übungsphase kaum auskosten und die Autonomiekämpfe der Wiederannäherungsphase gar nicht erst führen durfte. Gleichwohl dürften die Eltern ihr Kind gerade im Vergleich zu robusteren Gleichaltrigen in der Kita als immer weniger selbstständig erleben und sich dafür schämen. Diese Scham aber ist mit dem eigenen Erziehungshandeln verknüpft und darf nicht bewusst wer55


II. Beziehung und Bildung in der kindlichen Entwicklung

den. Sie wird durch das schicke, dem Alter eher unangemessene Styling Bens sowie durch die vertrauten Fürsorgerituale kompensiert. Auf diese Rituale kann sich Ben zwar verlassen, wenn er wieder einmal weder ein noch aus weiß, doch sie sind zunehmend von elterlicher Aggression unterlegt. Vor diesem Hintergrund wird den Pädagogen klarer, dass sie scheitern mussten, denn ebenso wie die Eltern haben sie ihre Scham durch routinemäßige Zuwendung kompensiert und Ben damit in seiner Position arretiert. Nach diesem Verstehensprozess geraten nun weitere Gefühle in die Wahrnehmung. Zunächst wird wirklich mitfühlende Zuneigung zu Ben spürbar. Darüber hinaus kommen progressive Fantasien auf, Ben regelrecht mitzureißen, ihn in seiner Autonomieentwicklung zu unterstützen. Nicht zuletzt sehen die Pädagogen nicht nur die »Schuld« der Eltern, sondern auch ihre Liebe und ihre Not. Vor diesem Hintergrund kann das Entwicklungsbündnis mit Ben stabiler geschmiedet werden. Die Pädagogen nehmen eine mentalisierende Haltung ein, die die Anlehnungsbedürfnisse und die zukünftige Autonomieentwicklung Bens einschließen. Dieser kann die Zuwendungen der Pädagogen als wirklich zugewandt annehmen und antwortet immer öfter mit einem vertrauensvollen Lächeln. Zudem vermag er auf dieser Basis und infolge der Herausforderungen, die ihm zugemutet werden, zunehmend für seine Bedürfnisse einzustehen, auch mal ein »Nein« einzusetzen und mit anderen Kindern ins Spiel zu finden. Mit den Eltern wird ebenfalls gearbeitet. Sie spüren, dass die Pädagogen auch mit ihrer Liebe und ihrer Sorge identifiziert sind, und so können sie nach und nach von ihrer Scham und Enttäuschung sprechen. Erst als diese Scham durch die aufklärende, verstehende Rede der Pädagogen ein wenig gemildert ist, gerät ihr Kind als geliebte und doch eigenständige Persönlichkeit wieder in den Blick, die selbstverständlich die elterliche Fürsorge und Liebe braucht, zugleich aber die Fähigkeit und das Recht auf eine eigene Autonomieentwicklung hat. Allerdings ist der Fall mit dem bestenfalls gelingenden Entwicklungsbündnis noch nicht erschöpfend bearbeitet. Denn wenn die Pädagogen es dabei bewenden lassen, wird Ben als Problemkind etikettiert, während die Rahmenbedingungen und die Gruppendynamik dem Verstehen entzogen werden. Deshalb möchte ich abschließend weitere Überlegungen im Sinne 56


4. Zur Bedeutung pädagogischer Bezugspersonen

der Optimalstrukturierung skizzieren. Es handelt sich bei Bens Kita um eine selbstverwaltete Einrichtung, die der antiautoritären Erziehung verbunden ist. Ihre Gründung war von sozialen Auseinandersetzungen und politischen Widerständen begleitet. Die Anfangsjahre standen im Zeichen intensiven persönlichen Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der existenziellen Bedrohung infolge knapper finanzieller Mittel. Inzwischen ist die Existenz zwar gesichert, ein anspruchsvolles Konzept wurde entwickelt und es findet regelmäßige Supervision statt – und doch hat die konflikt- und entbehrungsreiche Geschichte in der institutionellen Kultur Spuren hinterlassen. Selbstbestimmung wird hoch geschätzt und auch Geborgenheit wird natürlich gewährt, vor allem wenn sie kraftvoll eingefordert wird. Unbewusst verpönt dürften hingegen Zeichen richtungs- und hilfloser Abhängigkeit sein, wie sie Ben repräsentiert, weil sie das vormals überlebensnotwendige psychosoziale Arrangement bedrohen. Es kommt so zu einer institutionalisierten Abwehr von Wünschen zwanglosen Gehaltenwerdens, die letztlich auch in die Kindergruppen hineinwirkt. Denn selbstverständlich sind auch die Kinder und Kindergruppen Teil der Institution mit ihrem offiziellen und unbewussten Regelwerk. In der Kita werden Mädchen wie Jungen darin unterstützt, ihre Themen und Bedürfnisse selbstbewusst einzubringen und zu verteidigen. Wenn dann ein Junge wie Ben auftaucht, der nicht nur zu den Kleinsten gehört, sondern geradezu haltlos daherkommt, werden auch bei den Kindern Resonanzen erzeugt, Wünsche nach Kleinsein getriggert und gleichzeitig abgewehrt. Es kommt zu einem malignen Spiegeln, denn die Kinder erkennen sich in Ben wieder, ohne sich zu finden. Vielmehr müssen sie die in Ben erkannten Selbstanteile in Form von verletzenden Streichen bekämpfen. Hier ist es die große Chance szenischen Verstehens und zugleich die Verantwortung der Pädagogen, das »Abwehrbündnis« zwischen Institution, Pädagogen und Kindern zu durchbrechen und die bislang unbewussten Affekte in die Alltagspraxis lebendig zu integrieren. Eine letzte Bemerkung zum szenischen Verstehen sei gestattet. Die in Teamsitzungen oder in der Supervision gewonnenen Erkenntnisse erheben niemals den Anspruch objektiver Wahrheit. Ihre Schlüssigkeit 57


II. Beziehung und Bildung in der kindlichen Entwicklung

erweist sich ausschließlich, wenn sie in der pädagogischen Praxis zu einer gelingenderen Entwicklung beitragen. In Abbildung 1 habe ich versucht, wesentliche Begriffe und die zentrale Bedeutung szenischen Verstehens in der Psychoanalytischen Pädagogik zu veranschaulichen. Gruppe Multiple Übertragungen Resonanz Spiegel-Reaktionen Projektive Identifizierung

Kind Reproduktion erlebter und Erdichtung ersehnter Szenen

Pädagoge

Kita

Übernahme von Gefühlen des Kindes und Reaktionen des erlebten/ersehnten Partners Verstrickung im Netzwerk der Gruppe

Gesellschaftliche Funktion und Setting Offizielles und unbewusstes Regelwerk

Reproduktion institutioneller Normen Szenisches Verstehen – Kind, Gruppe, Setting Entwicklungsbündnis mit Kind/Gruppe Fördern von Interaktion und Kommunikation Sicherung von Übergangsräumen Hilfs-Ich-Funktion/Mentalisierung Holding/Containing Symbolische Konfliktverarbeitung Herausforderungen in der Realität

Handeln

Optimalstrukturierung Veränderung des Settings

!BBILDUNG 3ZENISCHES 6ERSTEHEN IN DER 0SYCHOANALYTISCHEN 0iDAGOGIK Wir haben nun die Themen kindlicher Entwicklung und Bildung samt der Rolle elterlicher und pädagogischer Bezugspersonen rekapituliert. In Kapitel IV werden wir uns der praktischen Gestaltung der Elternarbeit zuwenden. Zuvor allerdings müssen die Themen, Bedürfnisse und Konflikte heutiger Elternschaft beleuchtet werden.

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%NTWICKLUNG DER +INDER 6OR DIESEM (IN TERGRUND GEHT ES EINGANGS UM DIE "E DEUTUNG DER %LTERN UND PiDAGOGISCHEN "EZUGSPERSONEN F~R DIE KINDLICHE %NT WICKLUNG )M ZWEITEN 4EIL WERDEN WICH TIGE 4HEMEN HEUTIGER %LTERNSCHAFT

PSYCHOSOZIALE "ELASTUNGEN SOWIE VER SCHIEDENE &AMILIENFORMEN UNTERSUCHT 3CHLIE LICH WERDEN PRAKTISCHE +ONSE QUENZEN F~R DIE %LTERNARBEIT ERyRTERT :AHLREICHE 0RAXISBEISPIELE VERANSCHAU LICHEN DIE !RGUMENTATION

4HILO -ARIA .AUMANN $R PHIL $IPL 0OL IST

0ROFESSOR F~R 0iDAGOGIK AM &ACHBEREICH 'E SELLSCHAFTSWISSENSCHAFTEN UND 3OZIALE !RBEIT DER (OCHSCHULE $ARMSTADT 'RUPPENANALY TIKER SOWIE -ITGLIED IM &RANKFURTER !RBEITS KREIS F~R 0SYCHOANALYTISCHE 0iDAGOGIK &!00 %R VERF~GT ~BER LANGJiHRIGE 0RAXISERFAHRUNG IN DER +INDER UND *UGENDARBEIT ,ETZTE 6ERyFFENTLICHUNG IM 0SYCHOSOZIAL 6ERLAG "EZIEHUNG UND "ILDUNG IN DER KINDLICHEN %NTWICKLUNG 0SY CHOANALYTISCHE 0iDAGOGIK ALS KRITISCHE %LEMENTARPiDAGOGIK

WWW PSYCHOSOZIAL VERLAG DE

4HILO -ARIA .AUMANN: Eltern heute – Bedürfnisse und Konflikte

%LTERNSCHAFT IST EIN INTENSIVES "EZIEHUNGS GESCHEHEN DAS GERADE HEUTZUTAGE MIT VIELFiLTIGEN "ED~RFNISSEN UND +ONFLIKTEN VERKN~PFT IST $IE %LTERN BEGEGNEN NICHT NUR DEM REALEN +IND SONDERN AUCH DEM +IND DAS SIE SELBST WAREN ODER GERNE GE WESEN WiREN :UGLEICH M~SSEN SIE &AMILIE

,IEBE UND !RBEIT MITEINANDER VEREINBAREN %LTERNARBEIT IN DER +ITA KANN DEN %LTERN EINEN eBERGANGSRAUM F~R DIESE BIOGRA FISCHEN UND ALLTiGLICHEN 4HEMEN ERyFFNEN )M &OKUS STEHT DABEI DIE GELINGENDE

4HILO -ARIA .AUMANN

Eltern heute –

Bedürfnisse und Konflikte

Psychoanalytisch-pädagogische Elternarbeit in der Kita

ISBN 978-3-8379-2142-7

0SYCHOSOZIAL 6ERLAG 168 Seiten, Rückenstärke: 24 mm


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