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Konrad Steger: Schmolzpaton, Koschtnzwicka und ‘s Sondna Kino
KONRAD STEGER BRINGT NOCH MEHR GESCHICHTEN AUS DEM AHRNTAL Schmolzpaton, Koschtnzwicka und ‘s Sondna Kino
Der Erfolg seines ersten Buches „Als noch Kartoffelfeuer brannten. Eine Kindheit im Ahrntal“ und der ermutigende Zuspruch einer amüsierten Leserschaft waren äußerst motivierend: Konrad Steger setzte sich noch einmal hin, sammelte weiter und schrieb neue Geschichten und bringt einen Nachfolgetitel, der seit Kurzem im Handel erhältlich ist. Der PZ stand der Autor Rede und Antwort.
PZ: Herr Steger, Sie erlauben eine Frage zuerst zu Ihrer Person und erst dann zum jüngsten Werk aus Ihrer Feder. Für alle, die Sie noch nicht kennen: Wer steht hinter dem Buch „Als wir noch
Kinder waren. Geschichten aus dem
Ahrntal“?
Konrad Steger: Ein Geschichtensammler und Geschichtenerzähler aus dem Ahrntal – Konrad Steger, Jahrgang 1959, vom Neuhaus, einem Bauernhof am Bühel in St. Jakob. Wir waren daheim fünf Kinder, heute verstreut hier und dort im Pustertal, eine Schwester lebt bei Innsbruck. Das heißt daheim ist nur noch der Älteste, der den Hof übernommen hat. Ich habe Geschichte und Germanistik studiert, und bin seit 1987 Mittelschullehrer für Literarische Fächer.
Seit wann schreiben Sie?
Ich sammle Geschichten eigentlich schon, seit ich denken kann. Zuerst waren es vor allem Sagen und bemerkenswerte Geschichten aus meinem Heimatdorf und dem Ahrntal, dann auch Kindheitsgeschichten und allerlei Episoden über Ereignisse und Menschen, die einst allbekannt, mittlerweile aber weitgehend vergessen sind. 2016 erschien dann mein erstes Buch mit Kindheitserinnerungen aus dem Ahrntal. Schon früher habe ich kleinere Sagensammlungen veröffentlicht und Beiträge für den „Ahrntaler“, einen Kalender, den die öffentliche Bibliothek Ahrntal in den 1990er Jahren herausgegeben hat. Außerdem veröffentliche ich ziemlich regelmäßig historische Beiträge in der Ahrntaler Gemeindezeitung „Do Teldra“.
Sie schreiben Prosatexte über geschichtliche Themen …
Ich möchte sichtbar machen, was sich im
Laufe der Zeit, die eigentlich eine relativ kurze ist, alles verändert hat. Ich sehe mich als Erzähler, erhebe nicht den Anspruch hoher literarischer Qualität im Sinne von schwer verdaulichen Texten, bei denen man jeden Satz dreimal lesen muss, um ihn zu verstehen. Ich will unterhalten, in einem heiteren, gelassenen Grundton, humorvoll und unkompliziert. Als Historiker geht es mir aber auch darum, Veränderungen aufzuzeigen und sie hie und da kritisch zu hinterfragen.
Im Vorwort zu Ihrem Buch schreiben
Sie, dass es vor allem die Leser waren, die nach weiteren Lebenserinnerungen verlangt haben.
Immer wieder wurde ich gefragt, ob es nicht noch mehr zu erzählen gäbe und nicht selten wurden mir auch Erinnerungen und Anekdoten zugetragen, vor allem von meinen Geschwistern. So habe ich dann weitergesammelt, ziemlich chaotisch und durcheinander, so wie lebendiges, spontanes Erzählen und Erinnern eben ist: Gespräche und Geschichten über vergangene Zeiten und Zustände, Ereignisse und Charaktere, Dialoge und auch widersprüchliche Sichtweisen. Als sich dann die Veröffentlichung eines Nachfolgetitels abzeichnete, galt es einen Rahmen für dieses bunte Durcheinander zu finden.
Diese Herausforderung haben Sie phantasievoll gelöst.
Zusammen mit meinem Lektor entwickelte ich die Idee, die Geschichten in dreizehn Geschwistertreffen einzubetten, Treffen in der Gegenwart, bei denen Erinnerungen an die gemeinsame Kindheit wach werden und ein Gedanke den nächsten ergibt. Mitunter wird auch kontrovers diskutiert.
Familientreffen, die es so auch wirklich gegeben hat?
Zum Teil ja: Es gibt in unserer Familie regelmäßige Treffen – zu Geburtstagen, zu Weihnachten, zu gemeinsamen Wanderungen. Zum Teil handelt es sich aber auch um einen fiktiven Rahmen, in den die kürzeren oder längeren Episoden eingebettet sind. Auch wir Geschwister sind nicht mit unseren eigentlichen, sondern mit frei erfundenen Namen benannt, um die Privatsphäre doch etwas zu schützen.
Drängt sich die Frage nach einigen konkreten Beispielen auf, die sich im beschriebenen Rahmen zeigen.
Spontan fallen mir die Streiche von Peterle ein. Peterle kam als kleiner Junge, als Pflegekind, auf unseren Hofe – „ausgebettelt“ von den Eltern, wie man früher gesagt hat. Peterle wuchs einige Jahre mit uns auf und galt als besonders „tirmisch“, als ein Lausbub, zappelig und immer zu Streichen aufgelegt. Mir fallen allerlei Gestalten ein, die früher regelmäßig zu uns auf den Hof gekommen sind: die „Schmolzpaton“ etwa – Ordensmänner mit einem Träger, die auf den Höfen im Tal regelmäßig Butterspenden gesammelt und dafür „Patopulvo“ (geweihte Heublumen) für das Vieh und „Patoringilan“ oder „Patopfennige“ für die Kinder zurückgelassen haben; die „Tatlkroma“, Wanderhändler, zumeist aus dem Fersental, die zuerst noch mit Tatlkraxn, später dann mit Kleintransportern unterwegs waren. Ich erzähle vom ehemals legendären Kino in Sand, von der „Freien Welle Pustertal“, dem ersten privaten Radiosender, oder vom „Koschtnzwicka“, der in jedem Postauto die Fahrkarten verkauft und mittels Lochzange entwertet hat. Zur Sprache kommen darüber hinaus Entwicklungen der Gegenwart, die durch-
Jedes Kapitel, jedes Geschwistertreffen, wird mit einem historischen Bild hinterlegt.
aus auch kontrovers diskutiert werden, so etwa die ökologische Landwirtschaft, das Geschäfte-Sterben oder die aktuelle Plastik-Flut.
Eine offizielle Buchpräsentation ist auch geplant?
Leider nein, zumindest nicht in absehbarer Zeit. Das ist momentan sehr, sehr schwierig, wenn nicht unmöglich. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich zu einer Buchvorstellung einladen und von diesen Treffen dann ein Infektionsherd ausgehen würde. Hoffentlich kommt irgendwann aber doch die Zeit wieder, im Sommer vielleicht …
Im Handel ist das Buch aber schon?
Über 208 Seiten verteilen sich die bunt gemischten Kindheitserinnerungen, die im Rahmen von 13 Geschwistertreffen erzählt und diskutiert werden.
Ja, seit Mitte Oktober – im Buchhandel, im Ahrntal zudem in diversen Zeitungsgeschäften. Darüber hinaus ist es im Internet auch als E-Book erhältlich. // Interview: ta
Fünf Geschwister erzählen sich gegenseitig Geschichten aus ihrer Kindheit und Jugend: vom fahrenden Volk, das damals auf ihren Hof kam, von Streichen, Pech und Pannen, vom ersten Telefon, dem grauen, unansehnlichen mit Wählscheibe, und dem ersten Auto, einem weinroten Simca, von einem Baggerloch, das dem Dorf zur ersten Müllhalde und den Kindern zum faszinierenden Spielplatz wurde, aber auch vom Kreuz mit der Gülle und vom plastifizierten Planeten.
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