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Frauenpracht braucht: Männer in Tracht

FRAUENPRACHT BRAUCHT Männer in Tracht

Seite einigen Jahren versucht der SBB-Bezirk Pustertal seinen männlichen Mitgliedern das Tragen der Tracht schmackhaft zu machen. Das Nonplusultra wäre, falls die Bauern dem Beispiel der Bäuerinnen folgen und zu gewissen Anlässen geschlossen in der Tracht auftreten würden. Doch wann’s so weit sein wird, steht in den Sternen geschrieben, denn zu groß ist diesbezüglich derzeit der Abstand zu den weiblichen Standesgenossinnen.

„Die Tracht kleidet gut und feierlich; man fühlt sich darin wohl“, so der St. Lorenzner Jungbauer Joachim Knapp auf dem Jörglmoarhof im Moos (St. Lorenzen), wohin die Bezirksleitung des Südtiroler Bauernbundes die Medien am 14. Januar 2022 zur Präsentation der Tracht geladen hatte. Hierfür bot die 200 Jahre alte, getäfelte Bauernstube im 500 Jahre alten Hof eine hervorragende Bühne. Doch nicht allein deswegen wurde der Jörglmoar, der von der Familie Oberhöller bewirtschaftet wird, als Laufsteg auserkoren. Sepp, der Senior, und seine Geschwister Moidl, Hilde und Nanne sind nämlich ob ihrer musikalischen Darbietungen in Kirchen, Konzertsälen, im Fernsehen und vielen anderen Orten und Stätten zum Inbegriff der Volksmusik geworden. Die Veranstaltung war auch eine Anerkennung hierfür.

Das stattliche, von uralter Tradition geprägte Anwesen und des Ambientes musischer Geist verliehen der Veranstaltung, obschon sonst von kleinem Format, eine festlich-feierliche Note, wozu letztendlich auch die Nigilan und ein bekömmlicher Schluck vorzüglichen Weines beigetragen haben mögen. Über Sepp Oberhöller (81) hat übrigens

Agnes Egger Andergassen (links): Die Joppe im Lodenstoff gibt es in diversen Macharten. Es gibt also einfachere und aufwändigere. Doch Eleganz und Funktionalität sind stets hoch. wpz

Meinhard Feichter eine Biographie verfasst. Das Buch trägt den Titel „Wenn des Singen net war“. Es ist logischerweise im AthesiaVerlag erschienen, nachdem der Autor über viele Jahre hinweg von dessen Zweigstelle in Bruneck Geschäftsführer war.

EINE WICHTIGE INITIATIVE

Zurück zur Tracht. In der Hauptsache war es der SBB-Bezirksobmann Anton Tschurtschenthaler, welcher vor geraumer Zeit die Trachteninitiative gestartet hatte. Vorbildlich ließen sich er und sein Bezirksleiter Walter Hintner kurzerhand eine funkelnagelneue nähen und traten darin dann erstmals im November 2018 auf der Bäuerinnenversammlung auf. Dafür erfuhren sie seitens ihrer Zeit- und Standesgenossinnen große Anerkennung und glühende Bewunderung. Seither nutzten die beiden im Verbund mit den Jungbauern Wilhelm Haller zuerst und Joachim Knapp darauf jede Gelegenheit, um die Männer zur Anschaffung eines solchen Gewandes zu bewegen. Das Beispiel Sarntal, wo die Tracht zum Leben wie die Butter zum Brot gehört, peitschte sie unentwegt an. Inwieweit das unermüdliche Bemühen bislang von Erfolg gekrönt war, darüber kann man nur spekulieren, denn die planmäßigen Jahresversammlungen und Infotage, wo eine Überprüfung möglich gewesen wäre, fielen in den letzten beiden Jahren wegen der Pandemie aus. Im Dezember 2021

gab’s zwar eine, weil man unbedingt die Erbhofurkunden an die entsprechenden Familien verleihen wollte, doch eine Bezirksversammlung nach altbewährtem Muster vor dichtbesetzten Stuhlreihen war es nicht. Die spärliche Saalpräsenz ließ daher auch keine brauchbaren Rückschlüsse hinsichtlich des Erfolgs der Trachteninitiative zu. Wie auch immer, dem harmonisch geschlossenem Trachtenbild der Frauenwelt dürften die Männer zurzeit noch ein gutes stückweit hinterherlaufen. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass so ein maßgeschneidertes Gewand nicht ganz billig ist. Dafür, so beteuerte Tschurtschenthaler, sei es unverwüstlich und stünde einem ein Leben lang zu Diensten. Es sei nicht allein der anfängliche Aufwand, sondern auch die auf längere Sicht sich einstellende Ersparnis mit ins Kalkül zu ziehen.

Der Brustteil vom „Leibl“ wird aus Loden oder Wollbrokat genäht, der Rückenteil wird hingegen aus passenden Baumwollstoffen kunstvoll gefertigt. wpz

ARBEITSGEMEINSCHAFT LEBENDIGE TRACHT

Agnes Egger-Andergassen, Vorsitzende der „Arbeitsgemeinschaft Lebendige Tracht“, begleitete und beriet den SBB-Bezirk in seinem Bestreben. Sie war es auch, welche die „Puschtra Trocht“ (schwarzer Hut, braune Joppe, Wollbrokatleibl, Leinenhemd, schwarze Lodenhose, Federkielgürtel, HHosenträger und schwarze Schnürschuhe)

Regionalassessor Manfred Vallazza (rote Joppe) unterstützt die Initiative des SBB-Bezirksrats. wpz beim Jörglmoar den Medien erklärte und hierzu die von ihr verfasste Broschüre „Mir Puschtra in Trocht“ verteilte. „Die Trocht“, so sagte sie, „ist immer passend und kann so gut wie zu allen Anlässen von allen, nicht allein von den Bauersleut, angezogen werden: zur Taufe, zur Hochzeit, zur Beerdigung, auf Bällen, Familienfesten und Versammlungen.“

Gerade weil eine Tracht keinen Modetrends unterworfen sei, könne sie Jahrzehnte lang getragen werden; sie sei außerdem von hohem Tragekomfort. Laut Agnes Egger-Andergassen war sie schon immer das Gewand der Bäuerinnen und Bauern. Um sie unter den Männern wiederum salonfähiger zu machen, plant der Bauernbund weitere Vorstellungen im Pustertal und im Gadertal abzuhalten, zu denen dann auch die Trachtenschneider und Federkielsticker eingeladen werden sollen, denn es sei des Bezirksrats Absicht, hierdurch Schneidern und Federkielstickern ein zusätzliches Arbeitsfeld zu eröffnen und somit einen konkreten Beitrag zu deren Existenzsicherung zu leisten. // wp

Ende Oktober 2018 fuhr das Sturmtief Vaia über Südtirol hinweg. Der Wind ignorierte das Autobahnlimit von 130 km/h. Unter seiner Wucht wurden die Bäume ganze Waldflächen geknickt oder gar entwurzelt. Die Forstbehörde bezifferte das südtirolweit angefallene Schadholz damals mit 1,5 Mio. VFM (Vorratsfestmeter). Im Raum Bruneck/Waldheim wurde ein Waldabschnitt beträchtlichen Ausmaßes vom Sturm buchstäblich niedergemäht. Der kolossale Windwurf wurde mittlerweile aufgearbeitet,

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abgeräumt und weggefahren. Der Boden wurde mit jungen Bäumen diverser Sorten neu bepflanzt. Und am Wanderweg vom Waldheim zur Kaiserwarte hinan steht seit vergangenem Jahr nun ein Wegkreuz (Bild a), das am senkrechten Balken Sepp Kerschbaumers Foto und die Inschrift trägt: „Im treuen Gedenken, all jenen gewidmet, die im Glauben an die Freiheit unserer Heimat ihr Leben opferten, eingekerkert, gefoltert oder aus der Heimat vertrieben wurden. Herr lass nicht zu, dass ihre Opfer umsonst waren!“ Gezeichnet mit Sepp Trebo (Bild c) Die Stätte, ausgestattet mit zwei Ruhebänken und einem gleich daneben gesetzten, mit dem Wappen der Autonomen Provinz Bozen markierten Bäumlein, bietet eine schöne Aussicht auf St. Lorenzen und dessen Wirtschaftszone sowie auf die geplante Zughaltestel-

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le Bruneck-West (Bild b). Sie ladet auch deswegen zum besinnlichen Verharren ein, weil die Gerüchteküche die Talstation einer künftigen Seilbahn nach Reischach mit Anbindung an die Sportzone und den Kronplatz dort positioniert wissen will. Zur Erinnerung: Sepp Kerschbaumer war Begründer und Führungsgestalt des BAS, welcher in den Sechzigerjahren für diverse Anschläge auf staatliche Einrichtungen verantwortlich gemacht wurde. Wenige Jahre nach seiner deswegen erfolgten Inhaftierung erlag er erst vierzigjährig einem Herzinfarkt im Gefängnis von Verona. Josef Fontana (Historiker) und Hans Mayr (Journalist) haben über Kerschbaumer unter Verwendung neuer Dokumente und Erkenntnisse ein Buch geschrieben: „Sepp Kerschbaumer, eine Biographie“. Es zählt etwas mehr als 300 Seiten und ist im Juli 2021 bei Edition Raetia erschienen. // wp

Seit Jahr und Tag hielt die Jagdgesellschaft im Frühjahr ihre Hegeschauen auf Bezirksebene ab. Die Jagdbezirke sind hierfür nämlich zuständig, wobei sie in der Regel von den Revieren finanziell und organisatorisch unterstützt werden. Die letzten beiden Trophäenschauen fielen der Corona-Pandemie zum Opfer. In Anbetracht der zurzeit hohen Infektionszahlen, dürften diese sonst nicht allein von der Jägerschaft, sondern insbesondere auch von Schülern zu Lehrzwecken gerne besuchten Frühjahrs-Veranstaltungen höchstwahrscheinlich auch heuer wiederum flachfallen, so die Infektionskurve nicht noch radikal abflacht und die coronabedingten Restriktionen entsprechend gelockert werden. Richard Prugger (im Bild), ein passionierter Jäger und unfehlbarer Gast auf allen Hegeschauen im Pustertal und darüber hinaus, bedauert diesen Zustand genauso wie all die übrigen Jägerinnen und Jäger auch. Prugger ist übrigens der Begründer des Holzhofes Olang mit Zweitbetrieb in Arnbach (Osttirol). Die Firma begeht heuer ihr Siebzigjähriges. Gleichsam als Geburtstagsgeschenk bekommt der Holzhof die neue Straßenkreuzung ins Antholzer Tal vor die Tür geplant. Die Firma will den Antholzern in ihrem sportlichen Vorwärtsstreben nicht im Wege stehen, weshalb in der Sache eine einvernehmliche Lösung zwischen ihr, der Gemeinde und der Provinz auch deshalb erwartet werden kann, weil der Holzhof bzw. dessen Inhaber-Familie schon in ferner Vergangenheit unter den Förderern des Biathlons zu finden waren und es heute noch sind. // wp

TRUGNATTER

Am 14. September 2020 wurde der Grundstein gelegt und das Eröffnungsdatum, so wurde damals gesagt, stünde mit 2022 auch schon fest. Nun angesichts des gegebenen Baufortschritts (siehe Bild) hat es nicht den Anschein, dass es dazu kommen wird. Es mag sein, dass die Baumeisterarbeiten bis zum Herbst abgeschlossen sind und das Objekt hierauf den Installateuren, Einrichtern und EDV-Technikern zur Verfügung steht, doch an eine Eröffnung noch in diesem Jahr glaubt mittlerweile niemand mehr. Auch die Investitionssumme, die Vorkalkulation beziffert sie mit 31 Millionen, dürfte aufgrund der ‚Preispandemie‘ noch in Sauerstoffnot geraten. Im Bausektor tätige Leute bauen auf eine dicke Draufgabe. Ein paar Milliönchen dürften es wohl werden. Eine kalte Dusche? In Bruneck hält man sowas aus. Man sah’s am Beispiel des Eisstadions, bei dem sich die Kostenspirale einer Trugnatter gleich von 15 auf 24 Millionen hochschlängelte. Aber was soll’s! „Die gesamte Stadt werde von der neuen Struktur profitieren“, sagte Brunecks Bürgermeister damals, nachdem er den metallenen Hohlzylinder mit Urkunde in des Grundsteins Bohrloch zementiert hatte. Als Bauingenieur weiß er freilich, dass sich nicht jedes Loch so einfach und problemlos schließen lässt, weiß er auch, dass der Biss einer Trugnatter im Verwaltungskörper zu Lähmungen führen kann. // wp

SCHRÄGES IN SCHRÄGSCHRIFT

In den letzten Wochen erhielten die Präsidenten der beiden Autonomen Provinzen Bozen und Trient, Arno Kompatscher (SVP) bzw. Maurizio Fugatti (Lega) jeweils einen mit einer intakten Pistolenkugel garnierten Drohbrief. Eine Botschaft derselben Art flatterte der Redaktion des Alto Adige, ein Blatt des Medienkonzerns Athesia, ins Haus. Die Herkunft wurde No-Vax-Kreisen zugeschrieben. Die Bedrohten ließen sich davon keineswegs einschüchtern und kündigten an, deswegen keinen Millimeter von ihrer Politik bzw. Berichterstattung abzurücken. Die Politiker und Journalisten wurden ob der unheilvollen Botschaft von Solidaritätsbekunden geradezu überhäuft. Besonders bemerkenswert war jene der sh-asus, die im Portal ‚Südtiroler Frühling‘ mit „Nein zu antidemokratischer Gewalt“ überschrieben war. Im Umkehrschluss könnte man davon ein „Ja zu demokratischer Gewalt“ ableiten. Nur, wo liegt der Unterschied zwischen antidemokratischer und demokratischer Gewalt? Falls jemand die Faust auf die Nase gestempelt bekommt und dabei einen Nasenbruch erleidet, stellt sich prompt die Frage, war’s ein demokratisch oder antidemokratisch geführter Schlag? Nun, der Nase wird’s egal sein. // wp

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