Business Magazin 02/2021

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Das Finanzmagazin der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktiengesellschaft

NR. 2 / 2021

www.rlbooe.at/business

SCHWERPUNKT EXPORT

NEUE GLOBALE  SPIELREGELN Nischenweltmeister // USA: Neue Wege nach Trump // Exportfinanzierung


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VORWORT

STEHT DIE GLOBALISIERUNG VOR EINER VERÄNDERUNG?

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ie letzten Jahrzehnte waren von einer Hyperglobalisierung ge­ prägt. Das Ende des Kalten Krieges, die Erfindung des Con­ tainers, die Digitalisierung und die Öffnung Chinas ließen die ökonomische Vernetzung regelrecht explodieren. Laut Daten der World Trade Organization (WTO) stieg zwischen 1960 und 2019 der Wert der globalen Exporte um 1.900 Prozent. Schon vor der Corona­krise war aber von „Slowbalisation“ die Rede: Würde der Handelskrieg zwi­ schen den USA und China den globalen Güteraustausch bremsen? Mit der Pandemie ereilte uns ein Ereignis, mit dem niemand gerechnet hatte. Im vergangenen Frühjahr machten zahlreiche Staaten ihre Grenzen dicht. Corona sorgte auch für Produktionsausfälle in China. Viele Con­ tainerschiffe liefen nicht mehr Richtung Europa und USA aus. Und im Wettrennen um Schutzausrüstung wurde der Ruf nach inländischer Pro­ duktion heikler Güter laut.

© RLB OÖ/Werner Harrer

Spannungsfeld zwischen Klimazielen und Konjunkturpaketen Ein Jahr später erholt sich der Welthandel kräftig. Wir sehen aktuell nicht, dass sich die Globalisierung langfristig eintrüben könnte. Sie könnte sich aber in eine neue Richtung entwickeln, da durch die Pandemie wesent­ liche Einflussfaktoren entstanden sind. So wurden massive Konjunk­ turpakete gestartet, die Automatisierung und Robotisierung bei der ­Pro­duktion nimmt stark an Fahrt auf, aber auch die Klimapolitik rückt – hoffentlich nachhaltig – weiter in den Fokus. Für einen tiefgreifenden Umbruch sprechen auch die Pläne der zwei größten Wirtschaftsmächte USA und China. Die billionenschweren Kon­ junkturpakete von US-Präsident Joe Biden sollen die eigene Infrastruk­ tur stärken und unzählige neue grüne Jobs schaffen. USA-Expertin Hannelore Veit spricht in dieser Ausgabe im Interview über ihre Einschät­ zung zur wirtschaftlichen Zukunft des Landes, zur Beziehung zwischen Europa und den USA und ob die Mehrheit der Amerikaner auch hinter der Greentech-Vision der Regierung steht. Im Gegensatz dazu strebt China die weltweite Technologieführerschaft an und bringt sich mit gigan­tischen Großprojekten im eigenen Land in Stellung. Mit Ultimate und Dallmeier electronic berichten in diesem Heft zwei Unternehmen über ihre Erfahrungen mit dem Reich der Mitte. Nischenweltmeister aus dem Mühlviertel All diese Entwicklungen haben für Oberösterreich und Süddeutschland als exportstarke Regionen besondere Relevanz. Ihre Unternehmen haben eindrucksvoll bewiesen, dass sie mit schwierigen globalen Rahmenbe­ dingungen gut umgehen können. Auf dem globalen Parkett gehören sie in puncto Qualität, Innovationskraft, Know-how und Verlässlichkeit zur absoluten Weltspitze. Zu diesem guten Ruf tragen auch viele Hidden Champions und Nischenweltmeister bei, die mit Innovationen am Welt­

Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank OÖ.

markt punkten. Dazu gehört auch die Firma Loxone. Der Mühlviertler Spe­ zialist für Smarthome-Technologie erlebt seit seiner Gründung einen ra­ santen Aufstieg und verfolgt konsequent die weitere Internationalisierung. Raiffeisenlandesbank OÖ als verlässlicher Exportbegleiter Die Raiffeisenlandesbank OÖ unterstützt Exporteure nicht nur bei der Finanzierung von Exportgeschäften oder hilft bei der Nutzung von Förde­ rungen, sie ist vielmehr ein Rundum-Ansprechpartner für Unternehmen, die ihren Fokus auf Auslandsgeschäfte setzen. Unsere Fachleute für Ex­ portfinanzierungen arbeiten eng mit der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) zusammen. In den letzten Jahren konnten wir hier den Markt­ anteil deutlich ausbauen und auch 2020 trotz Coronapandemie einige Benchmarkprojekte begleiten. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre und einen erfolg­ reichen Sommer! Ihr

Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank OÖ Aktiengesellschaft.

DIE RAIFFEISENLANDESBANK OÖ IST RUNDUMANSPRECHPARTNER FÜR EXPORTUNTERNEHMEN. business 03


INHALT/IMPRESSUM

3 VORWORT

Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender.

6 KETTENREAKTION

Die Pandemie und der Stau am Suezkanal zeigen die Verwundbarkeit internationaler Lieferketten. Braucht die Globalisierung neue Regeln?

10 DIE GRÖSSTEN IM KLEINEN

Loxone, Finalit und Flachglas Wernberg zeigen, wie man in kleinen Nischen große Erfolge feiert – und grenzenlos expandiert.

14 DER AMERIKANISCHE TRAUM

Der neue US-Präsident Joe Biden setzt auf Koope ­ration anstelle von Handelskriegen. Das eröffnet heimischen Unternehmern neue Exportchancen.

18 DIE WIRTSCHAFTSOFFENSIVE DER USA

Die renommierte Journalistin und US-Insiderin Hannelore Veit über Probleme und Hoffnungsfelder der US-amerikanischen Wirtschaft.

20 INTERNATIONALISIERUNGSHILFE

Die Raiffeisenlandesbank OÖ ist für Unternehmen einer der wichtigsten Ansprechpartner in allen Fragen zur Exportfinanzierung.

Die Wintersteiger AG ist in vielen Nischen Weltmarktführer. Mit dem Cubusan hat sie jetzt eine Wunderwaffe gegen Viren und Bakterien erfunden.

26 HIGHTECH-WELTMACHT CHINA

Das Reich der Mitte strebt in immer mehr Branchen nach der globalen Führungsrolle. Aber wie läuft die Zusammenarbeit mit heimischen Unternehmen?

30 SMARTE KANTINE

ventopay digitalisiert Abläufe in Betriebskantinen. Mit dem neuen Partner Invest AG starten die Hagenberger jetzt die Wachstumsoffensive.

32 FÜR SIE GELESEN

Buchempfehlungen für den Businessalltag.

Impressum/Offenlegung Medieninhaber und Herausgeber: Raiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktien­gesellschaft, Europaplatz 1a, 4020 Linz. ­Aktionäre der Raiffeisenlandesbank ­Ober­österreich ­Aktiengesellschaft sind zu rund 98,92 Prozent die RLB Verbund registrierte G ­ enossenschaft und zu rund 1,08 Prozent die RLB Holding registrierte ­Genossenschaft mit ­beschränkter Haftung OÖ. Nähere Details sind im Internet unter www.rlbooe.at/impressum a ­ brufbar. • Vorstand: Dr. Heinrich Schaller, Mag. Michaela Keplinger-Mitterlehner, Dr. Michael Glaser, Mag. Stefan Sandberger, Mag. Reinhard Schwendtbauer • Konzept und Produktion: PG The C ­ orporate ­Publishing Group GmbH (CPG), Lavaterstraße 1, RH 3, 1220 Wien, Tel.: +43/1/405 46 40-762, ­s.wagner@cpg.at • Für den Inhalt ­verantwortlich/Chef­redaktion: Wolfgang Aschenwald (Corporates) und Johannes Grüner (Public Relations) • Bestellung oder ­Abbestellung des M ­ agazins: business@rlbooe.at • Beratung: Mag. Stefan Schatz/CPG • Autoren dieser Ausgabe: Rosi Dorudi, Susanne Mayer, Johannes Grüner, Robert Prazak, Christian Prenger, Stefan Schatz • Layout­konzept: CPG • ­Art­direction: ­Gerald Fröhlich/CPG • L ­ ektorat: Mag. Charlotte Babits • Redaktions­manage­ment: Silvia Wagner/CPG • ­Geschäftsführung CPG: M ­ arkus Wagner, Tel.: +43/1/405 46 40-768, m.wagner@cpg.at; Stefan Schatz, Tel: +43/1/405 46 40-760, s.schatz@cpg.at • Coverbild: Getty Images/ Jongho Shin • Druck: Gutenberg, 4020 Linz • gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des österreichischen Umweltzeichens, Gutenberg-Werbering GmbH, UW-Nr. 844 Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: Herausgeber, Medieninhaber und Verleger: R ­ aiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktien­gesellschaft, ­Europaplatz 1a, 4020 Linz. Grundlegende Richtung und Blattlinie: business ist das Finanzmagazin der Raiffeisenlandesbank OÖ und beleuchtet wichtige Finanz- und W ­ irtschaftsthemen. Das Magazin informiert über interessante ­Chancen und Entwicklungen, nützliche Services und zahlreiche Best-Practice-Beispiele. Es ist politisch unabhängig und b ­ ekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft und zur Integration in Europa. Im Sinne leichterer Lesbarkeit werden geschlechts­spezifische ­Bezeichnungen meist nur in ihrer männ­lichen Form angeführt. Satz- und Druckfehler v­ orbehalten.

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© DigitalGlobe / Getty Images / 2021 Maxar, www.foto-stoebich.com, KTM, Getty Images/iStockphoto, ORF Stars

24 INNOVATION ALS WÜRFEL


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AUS DEM TAKT

Die Coronakrise hat den gewohnten Fluss des weltweiten Warenaustauschs verändert. Die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten hat sich als Schwachstelle der ­Globalisierung herauskristallisiert, auch internationale Geschäftsreisen wurden eingestellt. Werden jetzt die Spielregeln neu geschrieben?

Text: Rosi Dorudi • Foto: DigitalGlobe / Getty Images / 2021 Maxar


GLOBALISIERUNG

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Gezielt lokalisieren Tatsächlich haben die stotternden Abläufe in längst globalisierten Produk­ tionen die Nachfrage nach Containertransporten aber nicht gebremst – sondern vervielfacht und die Frachtraten in die Höhe getrieben. Bleibt eigentlich nur mehr das gute alte Warenlager als Alternative. Feiert es nun ein Comeback? „Gut war das alte Lager nur dann, wenn darin das Rich­ tige gelagert wurde“, sagt Staberhofer. „Es gilt das alte logistische Prin­

JETZT ALLES WIEDER ZU RELOKALISIEREN, IST UNREALISTISCH. PROF. FRANZ STABERHOFER, FH STEYR

Franz Staberhofer leitet das Logistikum an der FH Steyr und plädiert für Supply-Chain-Management.

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Axel Kühner Vorstandsvorsitzender der Greiner AG, ist über den Rohstoffmangel besorgt.

zip: Nicht die Größe der Lager ist entscheidend, sondern auf die richtige Füllung kommt es an. Daran ist zu arbeiten, statt nicht ganz verstandene Konzepte wie Just-in-Time einzusetzen.“ Die Kosten für schlaue Lager­ haltung seien vernachlässigbar: „Der Preis wirkt sich letztlich nur bei nie­ derwertigen Produkten aus, der Same-Day-Delivery-Boom verstärkt den Druck. Das ist ohnehin nicht nachhaltig.“ Hier sollte es nach seiner Mei­ nung politische Vorgaben und Richtlinien geben und gezielt regional pro­ duziert werden. „Nichtsdestotrotz sollten wir einen realistischen Zugang zur Globalität erhalten“, konstatiert Staberhofer. „Jetzt alles wieder zu re­ lokalisieren, ist unrealistisch. Dazu fehlt an vielen Stellen das Know-how. Es geht vielmehr darum, verlässliche globale Verhältnisse herzustellen.“ Gemeinsame europäische Strategie An weiterhin global funktionierende Lieferketten glaubt auch Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender der Greiner AG. Der Kunststoffkonzern mit Sitz in Kremsmünster in Oberösterreich agiert an 34 Standorten in 140 Ländern weltweit. Kühner: „Wir haben lange für die Globalisierung gekämpft und sie hat uns allen, zumindest in Österreich, mehr gesellschaftlichen Wohl­ stand gebracht. Aber auch global ist der Anteil der notleidenden Men­ schen eindeutig zurückgegangen. Das darf man nicht vergessen.“ Grenz­ schließungen innerhalb Europas und willkürliche Ausfuhrstopps etwa für medizinische Produkte innerhalb der EU seien Tiefpunkte im gemeinsa­ men europäischen Projekt. „Wenn wir das nicht lösen, brauchen wir auch nicht über Nearshoring, also die Produktion im benachbarten Ausland, nachzudenken.“ Zwar haben die pandemiebedingten Grenzkontrollen, Exportverbote und Lockdowns auch Greiner vor große Herausforderun­ gen gestellt, dennoch gelang es dem Unternehmen, die globalen Liefer­ ketten rasch in den Griff zu bekommen und wieder lieferfähig zu sein. „Heute machen uns eher die hohen Rohstoffpreise und deren mangelnde

DIE GLOBALISIERUNG HAT ÖSTERREICH MEHR WOHLSTAND GEBRACHT. AXEL KÜHNER, GREINER AG

© stock.adobe.com / Halfpoint, FH Steyr, Greiner AG, Mathias Lixl, Eder

s war der teuerste Verkehrsstau der Welt: Fast eine Woche lang blockierte im März das Containerschiff „Ever Given“ den Suez­ kanal. Die Warteschlange bei den Einfahrten wuchs schnell auf rund 400 Schiffe. Für viele Unternehmen rund um den Erdball begann das große Zittern: Bleiben die Schiffe aus, fehlen dem Handel Waren für den Verkauf und der Industrie Rohstoffe und Komponenten in der Produktion. Was dann passierte, erlebt man seit März 2020 immer wieder: Seit damals legen Lockdowns rund um den Erdball globale Pro­ duktionsketten lahm. Was für Franz Staberhofer, Professor und Leiter des Logistikums an der FH Steyr, kein unabwendbares Schicksal ist: „Solche Vorfälle unterstreichen einmal mehr die zunehmende Wichtigkeit von Supply-Chain-Management (SCM).“ Viele Unternehmen reagierten oft viel zu spät – nämlich erst dann, wenn die Störung in der Lieferkette schon eingetreten ist. Aktives Risikomanagement hingegen erlaube, sich bestmöglich gegen künftige Engpässe zu rüsten und mögliche Blo­ ckaden proaktiv zu verringern oder gar komplett auszuschalten. „Dafür braucht es Supply-Chain-Cockpits. Über Dashboards kann man ge­ samte Lieferketten kontrollieren. Kommt es zu einer Störung oder einem Lieferengpass, kann man schnell reagieren und entsprechende Maßnah­ men ergreifen“, so Staberhofer. Neben der Versorgungssicherheit schaffe man damit gleichzeitig auch Transparenz. Das sei gerade in Zeiten wie diesen wichtig. Staberhofer: „Logistik ist durch die Pandemie deutlicher in das Bewusstsein der Menschen gerückt und stärkt den Materialfluss trotz globaler Einschränkungen.“


GLOBALISIERUNG

Andreas Weißenbacher CEO der BWT, ist überzeugt, dass sich die Welt Richtung Digital Cube entwickelt.

STABILE PARTNERSCHAFTEN SIND ELEMENTAR FÜR DEN ERFOLG. ANDREAS WEISSENBACHER, BEST WATER TECHNOLOGY

Verfügbarkeit Sorgen“, sagt Kühner. Eine schwächere Nachfrage, darun­ ter in der Automobil- und Flugzeugindustrie, setzt das Unternehmen zu­ sätzlich unter Druck. Kühner: „Im Automobilbereich bin ich kurz- bis mit­ telfristig deutlich zuversichtlicher. Hier spüren wir derzeit eine sehr starke Nachfrage. Noch wird sie allerdings sehr einseitig aus China getrieben.“ In vielen Fällen ist persönlicher Kontakt wichtig. Dienstreisen sind daher unumgänglich. „Aber deutlich weniger als früher, da wir gelernt haben, die neuen Mittel der digitalen Kommunikation auch in Bereichen einzu­ setzen, in denen wir bisher geglaubt haben, es ginge nicht“, so Kühner. Bereitschaft zum Wandel Der oberösterreichische Spezialist für Wasseraufbereitung BWT (Best Water Technology) hat seine Geschäftsreisen ebenfalls auf das absolut notwendige Minimum reduziert. BWT-Gründer Andreas Weißenbacher: „Reisen ist bei uns nur in Ausnahmefällen, wie zur Anbahnung neuer inte­ ressanter Geschäftspartnerschaften, für Akquisitionsverhandlungen oder zur Erfüllung von unaufschiebbaren Dienstleistungen, möglich. Nichts­ destotrotz wünschen wir uns eine Normalisierung der Reisetätigkeiten, um wieder stärker in den überregionalen Märkten präsent zu sein und persönliche Kontakte zu unseren internationalen Kunden zu pflegen.“ Es sei schwer vorherzusagen, wie sich die Pandemie längerfristig auf die Globalisierung auswirken werde. „Aktuell geht der Trend zu einem stär­ keren regionalen, föderalistischen Ansatz in der Bewertung von Hand­ lungsoptionen“, so Weißenbacher. „Die Krise lehrt uns, dass die Bereit­ schaft zum Wandel jederzeit neu und unvorhersehbar gefordert ist. Die Vorbereitung der Menschen auf solche Ausnahmesituationen hilft auch den Unternehmen, diesen Wandel zu bewältigen.“ Die Nachfrage könne sich spontan verändern, ebenso wie die Angebotssituation auf den ver­ schiedenen Märkten. Weißenbacher: „Wir sind davon überzeugt, dass

Florian Zeppetzauer Leiter Export Center OÖ, glaubt ans Comeback der Globalisierung.

sich die Erde immer stärker zum ‚Digital Cube‘ entwickeln wird, in dem Datensicherheit und Vertrauen zum Geschäftspartner über den Erfolg entscheiden werden. Wir haben gelernt, dass das Vertrauen auf Systeme allein eben nicht ausreicht, sondern es in Krisen noch stärker auf das Ver­ trauen ineinander für ein höheres Gemeinwohl ankommt. Stabile Partner­ schaften sind hier elementar für den Erfolg.“ Export bleibt Erfolgsfaktor Das kleine Österreich leidet deshalb besonders unter den corona­­be­ dingten Hürden für internationale Kooperationen. Florian Zeppetzauer, Leiter Export Center OÖ: „Das größte Problem sind die Reisebeschrän­ kungen – das betrifft alle Staaten, aber ganz besonders jene außerhalb der Europäischen Union.“ Fordernd sei der Wildwuchs an Regularien, die nicht nur national, sondern auch regional unterschiedlich ausfallen und durch unterschiedliche Impfgeschwindigkeiten noch komplexer werden. „Im Vorjahr stand diese Thematik bei vielen Beratungsgesprächen im Export Center OÖ im Mittelpunkt“, so Zeppetzauer. Schließlich seien Geschäftsreisen und internationale Handelsbeziehungen der Motor der österreichischen Wirtschaft, jeder zweite Arbeitsplatz hängt direkt oder indirekt vom Export ab. „Die globalen Verflechtungen sind so stark wie nie zuvor, die Digitalisierung verstärkt sie weiter. Unser Ziel ist, möglichst schnell zum Vorkrisenniveau zurückzukehren und die internationalen Geschäftsmöglichkeiten bestmöglich zu nutzen“, sagt Zeppetzauer. Der Wunsch nach mehr Regionalität sei verständlich, dennoch müsse man die Wirtschaftsstruktur bedenken. „Wir haben viele Hidden Champions, die in ihren Bereichen Experten sind. Das Potenzial dieser Unternehmen kann nur genutzt werden, wenn ihre Produkte am Weltmarkt verfügbar sind. Der Heimatmarkt ist für diese Unternehmen viel zu klein.“ Die aktu­ elle Situation zeige, dass die arbeitsteilige Wirtschaft ohne internationalen Handel nicht funktionieren kann. „Wir sind eben ein sehr stark exportori­ entiertes Land.“ Wobei sich in der Krise vor allem die oberösterreichische Exportwirtschaft als erstaunlich resilient erwies. Schnell passte man sich veränderten Bedingungen an, viele heimische Unternehmen unterhalten jetzt etwa bewusst größere Lager, um die Lieferabhängigkeit zu min­i­ mieren. Zudem scheinen die Unternehmen einen Modus gefunden zu haben, trotz aller Hemmnisse grenzüberschreitende Geschäfte abzuwi­ ckeln. Demnach ist die heimische Exportwirtschaft auf dem besten Weg, an frühere Exporterfolge anzuschließen – trotz der anhaltenden Pande­ mie. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass das Vorkrisen-Export­ niveau spätestens Ende 2022 erreicht sein wird. Das Ende der Globali­ sierung ist damit bis auf Weiteres abgesagt. ••

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NISCHE IST

TRUMPF

Gebäudeautomation, Hightech-Glas, Steinpflege: Auch abseits populärer Massenmärkte warten mitunter überaus lukrative Geschäftschancen. Manche Nischen sind sogar besonders rentabel, fördern Innovationen und ermöglichen globale Expansion. Drei Unternehmen zeigen vor, wie man damit ganz groß rauskommt. Text: Christian Prenger • Foto: www.foto-stoebich.com



NISCHENKAISER

UNSERE PRODUKTE SIND DIE LÖSUNG, WENN ANDERE FIRMEN NICHT MEHR WEITERWISSEN. MARGIT LEIDINGER, FINALIT

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156.000 Projekte in über 100 Ländern durch rund 13.000 Partner reali­ siert. Bis Jahresende sollen 7.000 neue Partner dazukommen, jedes zehnte neu gebaute Einfamilienhaus in Deutschland ist bereits mit ­Loxone smart gemacht worden. Große Chancen in der kleinen Welt Loxone ist damit der wohl modernste Beweis: Auch im Big-Data-Zeit­ alter warten abseits von Massenmärkten beste Erfolgschancen. Mehr noch: Kleine Sektoren der internationalen Wirtschaft sind nicht nur oft höchst rentabel und in der Regel weniger konkurrenzintensiv, sondern auch die beste Bühne für erfolgreiche Exportstorys. „In der Nische zäh­ len die geschäftliche Relevanz und das Alleinstellungsmerkmal. Zudem sollte das Unternehmen bei wichtigen Themen der Branche immer die Nase vorne haben“, erklärt LoxoneCEO Rüdiger Keinberger die Strategie des 2009 gegrün­ deten Unternehmens. Was so einfach klingt, braucht allerdings genaue Planung. Schon die Recherche des richtigen Ge­ schäftsgebiets erfordert viel Zeit und Sorgfalt. Fra­ gen nach gesellschaftlichen Trends, verfüg­baren Lösungen und allfälliger Konkurrenz helfen beim Aufspüren jener Nischen, die echte Gold­ mi­ nenperspektive besitzen. Ebenso wichtig ist das Vorhandensein oder der Aufbau eines unterneh­ mensinternen Thinktanks in der gewählten Bran­ che. Neben Kompetenz, Einsatz und Investments beschleunigen kreative Ideen allfällige Höhenflüge. Dann gerät auch die Absatz-Oberliga in Sichtweite. Engagierte Unternehmen kennen den Funken, der den Marktturbo zündet. Gefragt ist Inspiration für Differenzierung am Markt statt More-of-the-sameBlockaden. „Innovationen sind der ausschlag­ gebende Faktor. Der Wille zur Suche nach den besseren Lösungen bestimmt maßgeblich über Erfolg oder Scheitern. Dafür ist eine konsequente Beobachtung von Entwicklun­ gen und Trends erforderlich. Die Ergeb­ nisse werden in eigene Produkte und Technologien umgesetzt. Das bestimmt den künftigen Erfolg“, sagt Robert Meier, CEO von Flachglas Wernberg. Kommerzielle Überholspur Die strategische Philosophie des Herstel­ lers von Bauglas und Fahrzeugglas hin­ terlässt auffällige Spuren im täglichen Wettbewerb. Vor allem bei der Vergla­ sung schienengeführter Fahrzeuge bewegt sich das Unternehmen aus Wernberg-Köblitz auf der kom­ merziellen Überholspur. Zu den Leuchtturmprojekten zählt unter anderem die Entwicklung spezi­ eller Notfallfenster für Deutsch­ lands Intercity-Express, die heute in mittlerweile zahl­reichen Ländern die Sicherheit von Zug­ passagieren heben. Der Tätig­ keitsbereich von Flachglas Wern­

© Finalit, Loxone, Flachglas Wernberg

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in bedrohliches Szenario im Wohnumfeld einer betagten Witwe: Die Katze streift nicht wie sonst üblich frühmorgens durch den Garten. Im Schlafzimmer lässt sich auch lange nach der pro­ grammierten Weckzeit keine Bewegung registrieren. Die atypi­ sche Situation löst sofort Alarm aus. Lichter blinken, eine Nachricht lan­ det direkt im Notfallcenter. Über den Caller Service werden Pflegekräfte verständigt. Sie kontrollieren umgehend vor Ort, ob die Bewohnerin ge­ stürzt ist oder auf andere Art Hilfe benötigt. Dann die Entwarnung. Die ältere Dame hat nur länger geschlafen als sonst üblich. Eine Vision, die Senioren das beruhigende Gefühl aufmerksamer Für­ sorge gibt. CuraeVitel Balie setzt sie in die Realität um. Die Organisation möchte in den Niederlanden dafür sorgen, dass man auch im Alter selbstständig wohnen kann. Dafür braucht es neben 4.000 Krankenschwestern Hightech in den ­ ­Häusern. Die passende digitale Inneneinrichtung kommt aus dem oberösterreichischen Mühl­ viertel: Loxone stattete 2.300 Wohnungen der CuraeVitel-Kundschaft mit der notwendigen Technologie aus. Und die hat es in sich. Mit den Tools des Spezialisten für intelligente Gebäudeautomation lässt sich aus der ­ Ferne sogar prüfen, ob alle Medikamente regel­mäßig eingenommen werden. Präsenzmelder, Kontakte an Türen und Fens­ tern, die einfache Konfiguration durch vorge­ fertigte Bausteine, dazu ein grüner Miniserver als zentrale Steuereinheit schaffen nicht nur für betagte Mitbürger smarte Wohnräume – und damit die Basis für mehr Lebensqualität. Mit konkurrenzlosen Konzepten für zu­ kunftsweisende „Smart Buildings“ er­ obert Loxone alle Altersschichten rund um die Welt. Das Unterneh­ men mit der Zentrale in Koller­ schlag zählt über 350 Mitarbeiter an mehr als 20 Standorten welt­ weit und wächst in atemberau­ bendem Tempo. Bis jetzt wurden


NISCHENKAISER

DER WILLE ZUR SUCHE NACH DEN BESSEREN LÖSUNGEN BESTIMMT MASSGEBLICH ÜBER ERFOLG ODER SCHEITERN. ROBERT MEIER, FLACHGLAS WERNBERG

berg reicht weit über das Transportgewerbe hinaus: Die Bayern kooperieren auch mit inter­ nationalen Architekten und Fassadenbauern. Verglasungen für Wärme- oder Sonnenschutz zählen nämlich ebenso zum Repertoire. Flug­ häfen wiederum werden mit schallabsorbie­ renden Gläsern ausgestattet. Längst erstre­ cken sich die Lieferketten der Flachglas-Gruppe in alle Himmelsrichtungen. Was organisatorische Fitness verlangt. Baustellen in London oder Hongkong müssen ebenso reibungs­ los ablaufen wie Projekte in Nord­ amerika. Dazu kommen ständig neue Erfindungen – wie etwa „Flachglasconnect“. Via Laser er­ halten Scheiben ein unsichtba­ res, für Mobilfunk durchlässiges „Moskitonetz“ als Alternative zur oft anfälligen und teuren Repea­ tertechnik. Zugreisende sollen durch diese Anwendung stö­ rungsfreier surfen und telefo­ nieren können. Qualität schafft Absatz Was neben Trendgespür, Inno­ vationsgeist, Teamkompetenz und Serviceorientierung im Er­ folgsrezept der Nischenkaiser noch fehlt, ist Qualitätsbewusst­ sein, wie der erstaunliche Aufstieg der Firma Finalit Komplett-Stein­ pflege zeigt: Die Badener Profis für Reinigung, Sanierung, Imprägnie­ rung und Pflege von Natur- und Kunststein haben damit alle Gren­ zen überschritten. 22 Partner von Italien über Kanada bis Australien oder Singapur vertrauen auf ihre Spezialreiniger und ihre Erfah­ rung, fünf Millionen Euro beträgt der globale Umsatz. Und es wird ungebremst weiter expandiert: Derzeit laufen Verhandlungen mit Kunden in Nor­ wegen, Frankreich sowie Indien.

Seit drei Jahren existiert ein Franchisekonzept zur Festigung der internationalen Zusammenarbeit, auch die Exportquote von 35 Prozent soll steigen. Der hohe Qualitätsanspruch soll die Zuwächse beschleunigen. „Finalit ist die Rettung für Steinböden und Fliesen, wenn andere Firmen nicht mehr weiterwissen. Durch Produkte, die stetig optimiert werden, und ausgeprägtes Know-how lassen sich Flächen ohne jede Erneuerung sanieren. Für den Zweck arbeiten unsere Teams bei Bedarf sogar im Ausland vor Ort“, sagt Ge­ schäftsführerin Margit Leidinger. Die globale Reputation belegen prestigeträchtige Auf­ träge. Zu den VIP-Objekten auf der FinalitVisitenkarte gehören die SakkaraPyra­mide und die Cheops-Pyramide in Ägyp­ten, die Akropolis, der Petersdom oder das Diana Memorial im Londoner Hyde Park. Auf dem Heimatmarkt wie­de­rum wurden unter anderem das Parlament, die neue BahnhofCity Wien West oder die Österreichische Nationalbank gereinigt und gegen Umwelteinflüsse geschützt. In Nischen sind eben immer wieder glänzende Geschäfte möglich. ••

IN DER NISCHE MUSS MAN BEI WICHTIGEN THEMEN DIE NASE VORNE HABEN. RÜDIGER KEINBERGER, LOXONE

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US-COMEBACK BIETET CHANCEN Die Aussichten für die US-Wirtschaft sind rosig – und davon profitieren österreichische Unternehmen. Beispiele wie SAG oder Pierer Mobility zeigen, wie wichtig der US-Markt ist. Text: Robert Prazak • Foto: KTM


EXPORT

SAG: Wie man vom US-Aufschwung profitiert Die Salzburger Aluminium Group (SAG) ist eines jener Unternehmen, die von einem Wiedererstarken der US-Wirtschaft profitieren könnten. Zwar wurden die Zeitpläne für die Expansion in Nordamerika wegen der Reise­ beschränkungen unter Trump und der Coronakrise durcheinandergewir­

DIE ZWEIRADMOBILITÄT NIMMT AUCH IN DEN USA ­IMMER MEHR ZU. STEFAN PIERER, PIERER MOBILITY

Stefan Pierer ist mit den Konzernmarken KTM, Husqvarna und GasGas in den USA erfolgreich.

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Michael Friedl Der Wirtschaftsdelegierte der WKO in New York sieht viele Chancen in den USA.

belt. „Aber nun sind wir startklar“, erläutert CEO Karin Exner-Wöhrer. Nahe Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina und in Kanada wurden Ver­ triebsniederlassungen gegründet. „Die beiden Standorte sind strategisch so gewählt, dass sie in der Nähe der großen Automobilproduktionszen­ tren rund um den Lake Michigan sind.“ Zwar werde ein Großteil der ­Vertriebsaktivitäten vorerst noch von Europa aus gesteuert, doch im ­Laufe des Sommers soll die Präsenz vor Ort physisch ausgebaut werden. Das Unternehmen, das Aluminiumkomponenten für die Fahrzeugindus­ trie liefert, sieht gute Chancen am US-Markt, sowohl bei Lkw als auch bei Pkw. Potenzial sieht Exner-Wöhrer unter anderem bei den sogenann­ ten Rheocasting-Komponenten für den Fahrzeugbau, die Gewichtsvor­ teile gegenüber Stahlteilen bringen. Rheocasting ist ein spezielles Gieß­

KNOW-HOW, QUALITÄT UND UNSERE PRODUKTE GEBEN UNS EINEN KLAREN USP. KARIN EXNER-WÖHRER, SALZBURGER ALUMINIUM GROUP

verfahren, bei dem Aluminium im halbflüssigen Zustand gegossen wird; SAG hat das Verfahren verfeinert. Vielversprechende Möglichkeiten sieht die SAG-Chefin aber auch bei Luftspeichern für Pkw und bei Energie­ speichern für die Nutzfahrzeugindustrie. Die Konkurrenzsituation in den USA sei jedenfalls „amerikanisch vielfältig“, meint Exner-Wöhrer. „Unser in ­Europa entwickeltes Know-how, die hohe Qualität und die speziellen ­Vorteile unserer Produkte geben uns aber einen klaren USP.“ Der wichtigste Einzelmarkt der Welt Starke Leistungen liefert auch Pierer Mobility in Nordamerika: Für die frü­ here KTM Industries mit ihren Marken KTM, Husqvarna und GasGas sind die USA das wichtigste Exportland. Der dortige Markt ist im Vorjahr erst­ mals wieder gewachsen (plus 6,5 Prozent gesamt), wobei Pierer seinen Marktanteil 2020 von 9,4 Prozent auf 11,6 Prozent steigern konnte. Ge­ fragt waren vor allem jene Motorräder, die sich für asphaltierte Straßen und das Gelände gleichermaßen eignen – sogenannte Enduro-Bikes waren begehrt. „Der US-Markt ist für uns seit jeher der wichtigste Einzel­ markt“, sagt CEO Stefan Pierer im Gespräch mit business. Das Unter­ nehmen konnte in den vergangenen zehn Jahren seinen Marktanteil dort verdoppeln und erwartet auch für die Zukunft ein bedeutendes Wachs­ tum. „Wir erweitern permanent unser Produktportfolio und bauen das dazu notwendige Händlernetz stetig aus. Die nunmehr dritte Konzern­ marke ­GasGas wird diese Entwicklung unterstützen“, betont Pierer. Ergeben sich für österreichische Unternehmen also generell neue Chan­ cen durch das angestrebte Comeback der US-Wirtschaft? Schließlich sind die USA nach Deutschland der zweitwichtigste Exportmarkt für ­Österreich; Unternehmen wie voestalpine, Egger Holz oder Blum produ­ zieren vor Ort und schaffen Arbeitsplätze. Das Interesse an den USA ist selbst im Pandemiejahr nicht gesunken, berichtet Michael Friedl. Im ­Gegenteil: Viele österreichische Unternehmen waren als sogenanntes ­„Essential Business“ eingestuft und konnten teils noch erfolgreicher agieren. „Als Nischenplayer sind unsere Waren und Dienstleistungen auch nicht sehr leicht zu ersetzen, aber wir rechnen natürlich mit noch mehr Interesse an der größten Weltwirtschaft vonseiten Österreichs.“

© Philip Platzer, Valeri Angelov, SAG

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eim Kampf gegen die Coronakrise schienen die USA lange Zeit im Vergleich zu Europa auf verlorenem Posten zu sein – doch dank eines ambitionierten, professionell durchgeführten Impfprogramms geht es nun rascher vorwärts als gedacht. Aber nicht nur deshalb gibt es für die US-Wirtschaft rosige Aussichten für die nächsten Monate und Jahre. „Die breit ausgerollte Impfaktion, verbesserte Arbeitsmarkt- und Produktionsdaten, anziehende Exporte, steigende Konsumentenausgaben, Bidens Stimulus-Programm sowie das angekündigte Infrastrukturprogramm stimmen die US-Märkte und die Wirtschaftsforscher für 2021 zuversichtlich“, analysiert Michael Friedl, Wirtschaftsdelegierter der WKO in New York. Der Umschwung scheint mit Joe Biden gekommen zu sein. Der Nach­ folger von Donald Trump drückt nicht nur beim Impfen aufs Tempo, sondern will mit riesigen Unterstützungspaketen die Wirtschaft ankur­ beln – abgesehen davon steht er für einen politischen Systemwechsel, der nicht zuletzt in den Beziehungen zu Europa spürbar sein wird. Enorme Auswirkungen wird schon sein 1,9 Billionen US-Dollar schweres Stimulus-Paket haben, das erste von drei geplanten Maßnahmenbündeln: Dieses richtet sich vorwiegend an Haushalte mit niedrigem Einkommen, wodurch ein starker Effekt für die sich öffnende Wirtschaft erhofft wird, analysiert Friedl. Auch bei seinem Infrastrukturpaket lässt sich der neue Präsident nicht lumpen: Mehr als zwei Billionen US-Dollar werden in die Verbesserung der zum Teil maroden Infrastruktur gesteckt, weiters in den Ausbau des schnellen Internets und in Ausbildungsmaßnahmen. „Das soll Arbeitsplätze schaffen und zugleich der Umsetzung der Klimaziele durch Nutzung von grünen Technologien dienen“, sagt Friedl.


EXPORT

Karin Exner-Wöhrer wählte mit der SAG Standorte in der Nähe der Automobilproduktionszentren in den USA.

Auch SAG-Chefin Karin Exner-Wöhrer sieht für die USA eine „länger­fristig anhaltende sehr positive Konjunkturentwicklung“. In der AutomotiveBranche ist allerdings der Engpass bei Computerchips ebenso wie in Europa ein Problem. Diese Industrie sei nun überhaupt gefordert, meint Stefan Pierer. „Nicht zuletzt wegen des Klimawandels gibt es weltweit durch die Regulatorien immer größere Anforderungen an die Fahrzeug­ industrie.“ Auch Biden wolle mit seinem billionenschweren Plan auf mehr Bewegung in dieser Richtung setzen. „Neben der Einführung strengerer Regularien bei der Fahrzeugproduktion sollen unter anderem Milliarden in die Modernisierung der Infrastruktur im Land investiert werden.“ ••

Ausbauprogramm Die USA bleiben für österreichische Unternehmen ein interessanter und lukrativer Markt, meint Wirtschaftsdelegierter Michael Friedl. „Allerdings bedarf es vieler Ressourcen, guter Vorbereitungen und eines langen Atems, um in der größten Volkswirtschaft der Welt reüssieren zu können.“ In welchen Sparten gibt es derzeit gute Chancen? Da sind zunächst einmal die von der Biden-Regierung geplanten Schwerpunkte in den Bereichen Infrastrukturausbau, Verbesserung des Gesundheitswesens, nachhaltige und grüne Energiequellen sowie Modernisierung der Industrie. Dadurch könnten sich etwa Gelegenheiten für Tunnel­ bauer, Schienenlieferanten, Anbieter von Technologie für Windenergie oder digitale Medizinlösungen sowie Lieferanten von Lösungen für nachhaltige Verpackung und Fabriken der Zukunft ergeben.

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INTERVIEW

„GREEN TECH HAT AUCH IN DEN USA ZUKUNFT“ Die Journalistin und US-Insiderin Hannelore Veit wagt im Interview einen Ausblick auf die Strategien der neuen US-Regierung zu den Themen Klimaschutz, Handelssanktionen und Krisenbewältigung. Interview: Stefan Schatz

business: In Ihrem Buch „USA – Stimmen aus einem gespaltenen Land“ beschreiben Sie eindrucksvoll den Wandel von der weltoffenen Musterdemokratie zur America-First-Nabelschau. Kann Joe Biden das Interesse der US-Bürger am Rest der Welt wieder steigern? Hannelore Veit: AMERICA FIRST wird weiter das Motto bleiben – aber mit einem großen Unterschied: Unter Joe Biden wird es nicht AMERICA ALONE heißen wie in den vier Jahren unter Donald Trump. Diplomatie und Multilateralismus zählen wieder, das ist schon in den ersten Monaten der Biden-Regierung zu spüren, Verbündete werden wieder als solche behandelt und geschätzt. Aber es wird auch unter Präsident Joe Biden in erster Linie um die Amerikaner selbst gehen, die Außenpolitik hat schon im Wahlkampf kaum eine Rolle gespielt. Konkret sind die USA im Moment damit beschäftigt, einen Weg aus der Coronakrise zu finden und die Wirtschaft anzukurbeln. Ich bin sicher, die Amerikaner kommen viel schneller aus dieser weltweiten Krise als wir Europäer. business: Auch wenn die USA öfters mit harten Bandagen gegen europäische Importe ankämpften: So offensiv wie unter Donald Trump wurden Handelskonflikte noch nie ausgetragen. Einst galten europä­ ische Produkte in den USA als „Premium“. Ist das noch so? Oder setzte sich „Buy American“ durch? Veit: Es gibt noch immer eine gewisse Bewunderung für „PremiumProdukte“ aus Europa – ein BMW hat ein anderes Image als Ford, um ein Beispiel zu nennen. Es ist eine Art Hassliebe, die schnell ins Ge­ genteil umschlägt, wenn es gerade dem Zeitgeist (und den sozialen Medien) entspricht. Biden unterliegt sicher nicht dem Trump’schen Denken, dass die USA vom Rest der Welt über den Tisch gezogen werden. Die Debatte um das von Donald Trump ständig zitierte Handelsbilanzdefizit spielt nicht mehr die zentrale Rolle – das ist erfrischend. Aber die raschere Erholung der US-Wirtschaft könnte zu einem noch größeren Handelsbilanzdefizit mit Europa führen – und die Frage von Zöllen könnte wieder aufpoppen. Ich sehe es eher gelassen: Man weiß wieder, man braucht einander. business: Österreich galt für viele US-Bürger abseits der Bal­ lungszentren an den Küsten als exotisch, noch in den Neunzigern gab es verbreitet Klischees, die durch „Sound of Music“ und Kaiserfilme entstanden sind. Hat sich das Bild Österreichs in den USA gewandelt? Wie haben Sie auf Ihren zahlreichen Reisen durch das riesige Land das Image Österreichs wahrgenommen?

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INTERVIEW

Veit: Den Film Sound of Music kennt die ältere Generation – und davon ist tatsächlich deren Österreichbild geprägt. Als ich in den 1980erJahren als Studentin in den USA lebte, war es für meine Studienkol­ legen unglaublich, dass ich Sound of Music noch nie gesehen hatte. Inzwischen ist das Österreichbild realistischer geworden – aber es ist immer noch romantisch, zum Vorteil Österreichs. Von Wien oder Salz­ burg als Reiseziel schwärmen viele Amerikaner. Trotzdem, mir ist es nicht nur einmal passiert, dass ich mit meinem Kamerateam zu einem Interview gekommen bin und am Empfang angekündigt wurde mit den Worten: „The Australian TV team is here.“ business: Die US-Infrastruktur galt schon als schwer sanierungs­ bedürftig, als noch Barack Obama regierte. Haben sich die Probleme mittlerweile verbessert? Gibt es noch stark von Arbeits- und Perspek­ tivenlosigkeit gezeichnete Landstriche und Orte wie das von Doku­ mentarfilmer Michael Moore bekannt gemachte Flint? Veit: Es gibt leider viele Flints in den USA. Mich hat eine Reportage­ reise in das Kohlegebiet am Ohio River beeindruckt: Die Kleinstädte dort sind trostlos, es gibt nicht genug Jobs, junge Menschen haben keine Perspektiven. Da hat sich nicht sehr viel geändert. Donald Trump hat es verstanden, genau diese Gruppe von Alleingelassenen anzusprechen, die glauben, von Washington vergessen worden zu sein. Er hat sich als Präsident des kleinen Mannes präsentiert, der nichts mit der Politmaschine in Washington zu tun hat – obwohl er selbst alles andere als ein Mann aus dem Volk ist. Perspektiven konnte aber auch er keine geben. Die Infrastruktur ist nach wie vor sehr sanierungsbedürftig. Das ist un­ übersehbar, wenn man durch die USA reist: etwa beim Umsteigen auf Flughäfen, die seit den 1980er-Jahren nicht renoviert wurden. Oder wenn man in Washington im Frühjahr Slalom zwischen den Schlaglöchern fah­ ren muss. Biden hat das Problem erkannt, genauso wie Obama und Trump vor ihm. Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs ist das große Infra­ strukturpaket von Joe Biden gerade im Entstehen. Ich kann nur hoffen, dass es auch tatsächlich durchgezogen wird.

© ORF Stars

business: Auch die neue US-Administration macht Druck auf Europa: Gefordert wird ein Ende von Nord-Stream-Pipelines und eine klare Unterstützung der US-Maßnahmen gegen China. Wie ernst meinen die USA die beachtlich scharfen Drohgebärden gegenüber Europa? Veit: Biden ruht sich auf der Vorarbeit aus, die Trump geleistet hat. Sie kommt ihm nicht ungelegen: Die USA sehen China als aufstrebende Weltmacht, der man nicht trauen kann. Trump hat Sanktionen erlas­ sen, Biden hat diese nicht rückgängig gemacht, sondern will zuerst einmal die Entwicklung prüfen. Die USA hätten Europa dabei gerne an Bord. Sie sagen: Wir haben gemeinsame Werte, lasst uns gemeinsam China-Politik machen, dann sind wir stark. Ob das gelingt, wird nicht zuletzt von Europa abhängen: Die EU wird dazu einiges selbst tun müssen und darf nicht nur an die Wirtschaftschancen in China denken. Nord Stream wiederum schürt die ewige Angst der Amerikaner, dass die Europäer von russischer Energie und damit von Russland abhängig sind. In den Kongress-Hearings, die auch der US-Botschafter für Österreich vor seiner Entsendung absolvieren muss, kommt immer wieder die ­Frage: „Was wollen Sie tun, um Österreich von russischer Energie unab­ hängiger zur machen?“ Es wird sich eine Lösung für Nord Stream finden lassen, aber die USA wollen Zugeständnisse der Europäer haben. business: Eine der oft bewunderten Eigenschaften der US-Bevölke­ rung ist es, nach Niederlagen wieder aufzustehen. Selbst das pleite­ gegangene und von Kriminalität erschütterte Detroit feiert mit junger

Kunst ein Comeback, die Häuserpreise steigen wieder. Lebt der Ame­ rican Dream noch, also der Glaube, es immer noch bis ganz nach oben schaffen zu können? Veit: Dieser Kämpfergeist, immer wieder aus einer Krise zu finden, ist genau das, was ich an den Amerikanern mag. Das zeichnet sie aus, dieses Sich-nicht-unterkriegen-Lassen von widrigen Umständen. Und dass sie immer an die Zukunft denken und immer wiederholen: Zum Erfolg gehört, auch einmal Misserfolg zu haben und nicht aufzugeben. Failing is part of success. Man muss etwas riskieren, um etwas zu gewinnen. Da sind die Europäer vorsichtig: Darf ich das, kann ich das? Das sind die Fragen, die sie sich stellen. Die Amerikaner fragen: Warum kann ich das nicht? Das ist eine andere Lebenseinstellung. business: Was sind aus Ihrer Sicht die größten wirtschaftlichen Heraus­ forderungen der Biden-Administration? Veit: Definitiv der Wiederaufbau nach Corona. Das muss Joe Biden hinkriegen, ein riesiges Hilfspaket hat er zu Beginn seiner Amtszeit verabschiedet. Ich war im Frühjahr wieder in den USA: Während ­Europa von einem Lockdown in den anderen rutschte und in Depres­ sionen versank, bekam ich in den USA das Gefühl vermittelt: Wir ­haben Covid schon bald hinter uns. business: Vor allem an der Westküste zeigen sich die USA sehr umweltbewusst. Ist Greentech für die USA eine mehrheitsfähige Zukunftsvision? Veit: Ich glaube schon, Klimaschutz ist ein großes Anliegen der BidenAdministration. In manchen Bundesstaaten schon immer, wie in Kalifornien oder Massachusetts – auch unter und trotz Trump. Es wird schwierig werden, Klimaschutz in allen Bundesstaaten durchzu­ setzen, das Thema ist emotional besetzt. Dabei hat die Kohleindustrie mehr Symbolkraft als tatsächliche Bedeutung: Es gibt in den USA knapp 60.000 Kohlearbeiter, aber weit mehr als 200.000 Amerikaner sind in der Solarindustrie beschäftigt. Greentech hat auch in den USA Zukunft. business: Sollen österreichische Unternehmen die USA noch als Hoffnungsmarkt sehen? Veit: Ja, es lohnt sich. Vorausgesetzt, die österreichischen Unterneh­ men sind bereit, sich mit den US-Gegebenheiten und -Gepflogenheiten auseinanderzusetzen – und bevor sie sich auf das Abenteuer USA ein­ lassen, ihre Hausaufgaben zu machen. Ich wiederhole, was mir viele österreichische Unternehmer mit Niederlassungen in den USA gesagt haben: Wenn man Fuß gefasst hat, läuft das Geschäft sehr gut. Mit ­österreichischem Know-how, gründlicher Ausbildung der Mitarbeiter, Lehrlingsinitiativen und guter Bezahlung ist man konkurrenzfähig. ••

Zur Person: Die USA als zweite Heimat Hannelore Veit zählt zu den renommiertesten Journalistinnen Österreichs. Nach ihrem Studium in den USA arbeitete sie als Korrespondentin für das Wiener Büro von „Voice of America“. Einer breiten Öffentlichkeit wurde Veit als Moderatorin von Magazinen und der ZiB 1 im ORF bekannt. Von 2013 bis 2020 leitete Veit das Korrespondentenbüro des ORF in Washington. Heute ist die mit einem französischen Journalisten ­v erheiratete Mutter zweier Kinder als Journalistin, Buchautorin, ­M edienberaterin und Producerin tätig.

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EXPORTBEGLEITER Die Raiffeisenlandesbank OÖ arbeitet für Exportfinanzierungen ihrer Firmenkunden eng mit der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) zusammen. Sie hat in den ­letzten Jahren ihren Marktanteil deutlich ausbauen können und auch 2020 trotz Coronapandemie einige Benchmarkprojekte begleitet. Text: Johannes Grüner • Foto: Getty Images/iStockphoto


EXPORTFINANZIERUNG

Kunden profitieren von Netzwerk und Know-how Die Raiffeisenlandesbank OÖ unterstützt Exporteure nicht nur bei der Fi­ nanzierung von Exportgeschäften oder hilft bei der Nutzung von Förde­ rungen, sie ist vielmehr ein Rundum-Ansprechpartner für Unternehmen, die ihren Fokus auf Auslandsgeschäfte setzen. „Wir wollen für unsere Kundinnen und Kunden immer das Optimum herausholen, indem wir uns die individuellen Bedürfnisse ganz genau ansehen, einzelne Produkte zu einem Lösungspaket kombinieren und dadurch Konditionen optimieren bzw. das Risiko minimieren“, sagt Georg Bäck, stv. Leiter der Strukturier­ ten Finanzierungen in der Raiffeisenlandesbank OÖ. Wesentlicher Part­ ner dabei ist die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB), die die Export­ wirtschaft mittels günstiger Refinanzierungen und Haftungsübernahmen unterstützt. Als Treuhandbank für die OeKB wickelt die Raiffeisenlandes­ bank Oberösterreich diese Geschäfte ab. Dazu gibt es unterschiedliche Möglichkeiten und Instrumente: die Finanzierung des laufenden Be­ triebsmittelbedarfs über Exportfondskredite für KMU und Kontrollbank­

DIE RLB OÖ HAT 2020 SEHR ­ERFOLGREICH EINIGE ABSOLUTE BENCHMARKFINANZIERUNGEN BEGLEITET. SILVIA MÜHLBÖCK, RAIFFEISENLANDESBANK OÖ

Silvia Mühlböck Expertin für Export­ finanzierung in der Raiffeisenlandesbank OÖ.

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Georg Bäck Stv. Leiter der Strukturierten Finanzierungen in der ­R aiffeisenlandesbank OÖ.

finanzierungsrahmen (KRR) für Großunternehmen. Finanzierungen von Investitionen im Ausland (Beteiligungsfinanzierung) oder im Inland (Auf­ trags- bzw. Exportinvest) sind ebenso möglich wie die Finanzierung des Abnehmers im Ausland – sogenannte Absatzfinanzierung. „Hier profi­ tieren wir – und damit auch unsere Kunden – von der engen Partnerschaft mit der OeKB, die uns auch immer wieder in die Entwicklung neuer Pro­ dukte einbindet. Wir leisten auch Pionierarbeit, zuletzt mit dem Produkt Exportinvest-Leasing“, sagt Silvia Mühlböck, Expertin für Exportfinanzie­ rung in der Raiffeisenlandesbank OÖ. „Cash is King“ als goldene Regel in der Krise „Wichtig ist, die eigene Hausbank in einem möglichst frühen Stadium der Überlegungen einzubeziehen, um alle Szenarien und möglichen ­Lösungswege zu erörtern“, so Bäck. Wenn bereits die Endverhandlungen mit den Unternehmen im Ausland laufen, sei es sehr spät, sich um das perfekte finanzielle Grundgerüst zu kümmern. „Cash is King“ – diese goldene Regel gilt vor allem in Krisenzeiten. So hatte für viele Unterneh­ men im Jahr 2020 Liquidität oberste Priorität. „Auch weil man aus der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 gelernt hat. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die fristenkonforme Finanzierung, das bedeutet, lang­ fristige Investitionen auch langfristig zu finanzieren – auf diese Weise lässt sich ein Liquiditätsengpass verhindern“, so Mühlböck. Raiffeisenlandesbank OÖ legt bei Marktanteilen deutlich zu Die Raiffeisenlandesbank OÖ konnte den österreichweiten Marktanteil an Volumen bei Wechselbürgschaften der OeKB für Exportprodukte seit 2016 deutlich ausbauen. Waren es Ende 2016 mit einem Volumen von 982 Millionen Euro noch 7,4 Prozent, liegt der Marktanteil Ende 2020 mit 2,5 Milliarden Euro bei 11,5 Prozent. Die österreichweiten Investitionen lagen 2020 deutlich unter jenen der Boomjahre vor Corona. Silvia Mühl­ böck: „Die Raiffeisenlandesbank OÖ hat 2020 aber dennoch sehr erfolg­ reich einige absolute Benchmark-Finanzierungen begleitet.“ So wurde etwa mit einem Konsortium unter der Führung der Raiffeisenlandesbank OÖ eine OeKB-Beteiligungsfinanzierung für die Greiner AG in Höhe von 180 Millionen Euro finanziert. Zwei weitere innovative Großprojekte für nachhaltige Investitionen in Höhe von 125 Millionen Euro, darunter eine Exportinvest Green über 54 Millionen Euro, wurden mit dem Unterneh­ men Norske Skog aus Bruck an der Mur – der österreichischen Tochter der norwegischen börsennotierten Norske Skog ASA – umgesetzt. Auch bei diesen innovativen Transaktionen hat die Raiffeisenlandesbank OÖ als Lead Arranger eine Finanzierung unter Einbeziehung österreichischer und internationaler Förderinstitute und Banken strukturiert und somit diese Großinvestitionen ermöglicht. „Die Raiffeisenlandesbank OÖ kann Projekte dieser Größenordnung auch dank ihrer Kapitalstärke umsetzen. Hinzu kommt, dass Kunden hier nicht nur von einem erfahrenen und gut eingespielten Team und der engen Zusammenarbeit zwischen Kunden­ betreuern und Experten profitieren, auch kurze Entscheidungswege und hohe Flexibilität zeichnen unser Unternehmen etwa im Vergleich zu euro­ päischen Großbanken aus“, so Georg Bäck. ••

UNSERE KUNDEN PROFITIEREN VON EINEM EINGESPIELTEN UND ERFAHRENEN TEAM. GEORG BÄCK, RAIFFEISENLANDESBANK OÖ

© Christoph Mühlböck, RLB OÖ, Getty Images / Westend61 / Kniel Synnatzschke

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ie Zukunftsaussichten für exportorientierte Unternehmen in Österreich sind vielversprechend: Die Auftragsbücher der Industrie sind voll und auch viele Nischenprodukte, speziell aus Oberösterreich, stehen am Weltmarkt hoch im Kurs. Wie wichtig das Exportgeschäft für Unternehmen aus Oberösterreich ist, zeigt ein Blick auf die Statistik: Laut Zahlen der oberösterreichischen Wirtschaftskammer ist jeder fünfte österreichische Exportbetrieb in Oberösterreich angesiedelt, ein Viertel der österreichischen Warenex­ porte und jeder dritte Hidden Champion kommen aus Oberösterreich. Mehr als die Hälfte davon ist in den Branchen Maschinenbau, metall­ verarbeitende Industrie und Elektronikindustrie angesiedelt, ihr Export­ anteil liegt im Durchschnitt bei 85 Prozent. Zudem ist jeder zweite Arbeitsplatz im Bundesland direkt oder indirekt vom Export abhängig.


TIPPS FÜR DAS EXPORTGESCHÄFT • Vertrauen: Ein zentraler Erfolgsfaktor für das Exportgeschäft ist, die Kunden und Abnehmer zu kennen. • R isiken kennen: Es sollten jene Risiken bedacht werden, die man im Inland nicht berücksichtigen muss – unter anderem die Bonität der ausländischen Banken oder auch fremde Rechtsordnung. • O ffene Kommunikation und rasche Weitergabe von Informationen sind für die OeKB und die Hausbank wichtig, um auf geänderte ­R ahmenbedingungen rasch reagieren zu können. • S icheres Auslandsgeschäft: Gerade in Krisenzeiten lässt sich schwer einschätzen, wie es dem Partnerunternehmen bzw. Abnehmer im Ausland wirklich geht. Dazu gibt es für Exporteure aber entsprechende Lösungen über Instrumente des Dokumentengeschäfts. • Währungsabsicherung: Im Zuge des Liefervertrags ist es wichtig f­ estzulegen, wann Zahlungen fällig sind, um auf dieser Basis die Fremdwährung abzusichern. • E ingeschränkte Reisetätigkeit: Persönliche Kontakte können auch in Coronazeiten durch Video- und Telefonkonferenzen nicht zur Gänze ersetzt werden. Dadurch kann es für Vertriebsmitarbeiter von Exportunternehmen schwieriger sein, Neukunden zu akquirieren, weil die nötigen Beziehungen nicht wie gewohnt aufgebaut werden können.

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INNOVATION

Der neuartige Luftreiniger „Cubusan“ von Wintersteiger soll Räume in Corona-Sperrzonen verwandeln. Vom kleinen Würfel erhofft sich der Spezialmaschinenhersteller und Nischen-Big-Player auch große internationale Wirkung. Text: Christian Prenger

EIN CUBUSAN SÄUBERT RÄUME BIS ZU 50 QUADRATMETERN UND SOLLTE ÜBERALL DORT EINGESETZT WERDEN, WO MEHRERE PERSONEN IN GESCHLOSSENEN RÄUMEN ­ZUSAMMENKOMMEN. DANIEL STEININGER, WINTERSTEIGER AG

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© Barbara Ziegelböck, Wintersteiger AG

Cubusan: Der innovative Luftreiniger schützt laut Wintersteiger AG besser vor Coronaviren als FFP2-Masken.


INNOVATION

E

rfolge in Nischen basieren auch auf immer neuen Ideen. Es geht um Innovationen mit Mehrwert und nachhaltiger Re­ sonanz“, sagt Daniel Steininger. Als General Manager der ­Division Sports & Hygiene kennt er sich in kleinen, aber glo­ balen Märkten bestens aus. Auch sein Arbeitgeber, die Wintersteiger AG, fühlt sich als Hersteller von Maschinen und Anlagen in schmalen, hoch spezialisierten und durchaus unterschiedlichen Marktsegmenten sichtlich wohl. Das Unternehmen ist im Verleih und Service rund um Ski und Snowboard ebenso Weltmarktführer wie etwa in der Feldver­ suchstechnik. Dazu kommen noch der Ruf als globales Kompetenz­ zentrum für Richttechnik samt Peripherie, enormes Know-how im hochpräzisen Holzdünnschnitt, Geräte zur Anpassung von Sportschu­ hen und vieles mehr.

Das um knapp 2.000 Euro erhältliche Gerät von Wintersteiger soll seine Sache viel besser machen. Statt Chemie werden Naturabläufe zum Vor­ bild. Als Hauptakteure fungieren Hydroxyl-Radikale, die durch Wasser­ dampf in Verbindung mit Sonnenlicht entstehen. So wie nach einem Sommergewitter: Auch danach wirkt die Luft frisch und sauber. Der Generator im Würfel erzeugt kaltes, atmosphärisches Plasma mit unzähligen dieser Moleküle. Diese werden via Lüfter gleich­ mäßig im Raum verteilt und beseitigen bis zu 99,99 Prozent der Viren, Bakterien oder Pilzsporen. Inklusive C ­ ovid-19 und seiner Mutationen. Zusätzlich funktioniert das ebenso leise wie geruchslose Tool im Plug-&Play-Modus ohne Wartung oder Pflege. Gegen solche Talente sehen andere Coronablocker doch etwas blass aus. Tatsächlich, so Steininger, biete Cubusan sogar einen 100-fach ­besseren Schutz als FFP2-Masken.

KLEINER WÜRFEL MIT GROSSER WIRKUNG QR-Code scannen und mehr über Cubusan erfahren.

Jetzt hat Wintersteiger schon wieder etwas erfunden – und zwar ein Gerät, dessen Anwendungsgebiet automatisch massives Interesse ver­ spricht. „Cubusan“, so der Name der Innovation, soll in geschlossenen Räumen vor Viren und Bakterien schützen. Vor allem vor dem derzeit wütenden SARS-CoV-2, in Laienkreisen als Coronavirus berüchtigt. Was für Außenstehende so spektakulär klingt, ist für Steininger ganz logisch. Schließlich zählen auch Geruchsbeseitigung und Keimreduktion zu den Kernkompetenzen der Nischenkaiser aus Ried im Innkreis. Schon seit vielen Jahren beschäftigt man sich bei Wintersteiger mit Themen wie hygi­ enischem Trocknen von Berufsbekleidung oder Skischuhen im Skiverleih. Das geballte Know-how spiegelt sich in neuen Konzepten wie der „Sterex-Plasmatechnologie“ wider. Diese so futuristisch klingende Krea­ tion ist das Herzstück des stylischen Pandemie-Terminators aus Ober­ österreich. Die Entwicklung erfolgte gemeinsam mit der zur Gruppe ge­ hörenden STA GmbH aus Altach und externen Forschungspartnern. Nach nur sechs Monaten war der Cubusan serienreif – mit einer Reinigungs­ kraft, die sich laut Steiniger ganz deutlich von den Konzepten diverser Mit­ bewerber unterscheidet: „Der Cubusan ist kein weiteres System, das erst Luft ansaugt, filtert oder mit UV-C-Licht bestrahlt. Solche Vorgänge dau­ ern Stunden und liefern nicht den wichtigen Echtzeitschutz.“

Die wissenschaftliche Legitimation dafür stammt von einem deutschen Hygieneinstitut zusammen mit heimischen Spezialisten, validiert durch die Universität Innsbruck. Zusätzliches Argument für Praxistests an Orten wie Ordinationen, Schulen, Shops, Restaurants, Pflegeeinrichtungen, Kantinen und Büros. Der Cubusan wirkt nachhaltig: Die damit gesäu­ berte Luft ist ein wichtiger Beitrag für die Gesundheit von Mitarbeitern, Krankenstände können so längerfristig reduziert werden. Internationale DNA Reift da ein neuer Bestseller im Unternehmen mit einer Exportquote von jetzt schon 90 Prozent? Schließlich soll der kleine Würfel große Wirkung zeigen. Italien, die Schweiz, Frankreich, Deutschland, Skandinavien und die USA sind Zielmärkte für den Cubusan. Der Nischen-Big-Player kann dabei auf eine weltweite DNA bauen: 15 Konzerngesellschaften, über 30 Standorte für Service und Distribution sowie 60 Repräsentanzen belie­ fern 130 Länder. „Vertrieb sowie Ansprechpartner vor Ort sind für ein internationales Standing wesentlich“, weiß Steininger. Schon jetzt sorgen die Erfolge in den vielen Nischen bei Wintersteiger für 182 Millionen Euro Umsatz (2019). Der Virusblocker könnte die Erträge weiter steigern. ••

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CHINA WILL HOCH HINAUS China geht aus der Krise gestärkt hervor und will nun zum Hightech-Champion werden. Wie läuft die Zusammenarbeit mit europäischen Firmen? Text: Robert Prazak • Foto: stock.adobe.com / Steven



WELTMACHT CHINA

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DIE UMGANGSFORMEN MÜSSEN LAUFEND NACHJUSTIERT WERDEN. MANFRED TEUFL, ULTIMATE EUROPE

Manfred Teufl Verkaufte sein Unternehmen an den chinesischen ­U ltimate-Konzern.

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Dieter Dallmeier Gründer und Chef der Dallmeier electronic GmbH.

Verfügung steht, zeigt ein Beispiel: In Changzhou werden gerade 70 Pro­ duktionsanlagen mit einer Investitionssumme von 8,9 Milliarden Dollar hochgezogen; dort werden Bestandteile von Elektroautos, medizinische Geräte und IT-Produkte hergestellt. Überall in China ent­stehen solche Hightechcluster; an Kapital und Arbeitskraft dafür mangelt es nicht. Vom Start-up zum Teil eines Weltkonzerns Trotz dieser gigantischen Vorhaben braucht auch China die Zusammen­ arbeit mit westlichen Unternehmen. So wie es etwa bei Ultimate Europe mit Sitz in Amstetten der Fall ist, das zum weltweit tätigen chinesischen Ultimate-Konzern gehört. Das 2003 als Start-up gegründete Amstettener Unternehmen entwickelt, serviciert und vertreibt Türsysteme, Übergänge und Inneneinrichtungen für Schienenverkehrsmittel und Busse; es ist demnach im Personentransport tätig, wo Sicherheit der vorrangige Aspekt ist. Der Europa-Umsatz wird heuer 80 Millionen Euro b ­ etragen; von Österreich aus werden auch Russland, Südamerika und A ­ frika be­ treut. In Europa arbeiten derzeit 270 Mitarbeiter, davon 125 in Amstetten, diese werden nun aber in einer eigenfinanzierten Firmenzentrale zusam­ mengezogen, die im ersten Quartal 2022 fertiggestellt sein soll. Die Zusammenarbeit mit China hat sich laut CEO Manfred Teufl gut ent­ wickelt, allerdings auch mit mehr Konflikten, da das Selbstbewusstsein in China ständig steige. „Die Umgangsformen müssen laufend nachjustiert werden, um zu Erfolgen zu kommen.“ Es treffen seiner Ansicht nach zwei Systeme aufeinander: auf der einen Seite ein „überbürokratisiertes Europa mit hohen umwelttechnischen An­ sprüchen und Entscheidungsschwäche“, auf der anderen Seite ein „zen­ tral geführtes China, das seinen Einfluss weltweit permanent ausbaut im Sinne einer langfristigen Positionierung am Weltmarkt“. In Amstetten wer­

EUROPÄISCHE PRODUKTE PUNKTEN MIT DATENSCHUTZ UND DATENSICHERHEIT. DIETER DALLMEIER, DALLMEIER

© Getty Images/iStockphoto, Ultimate Europe, Dallmeier

hina bildet einen Großmarkt, der erst an der Schwelle einer stürmischen industriellen Entwicklung steht. Der Außenhan­ del ist zwar noch sehr bescheiden, wächst aber ständig. 1960 konnte nur ansatzweise erahnt werden, welche Rolle China einmal für die Weltwirtschaft spielen würde. Aus diesem Jahr stammt die Einschätzung des Wifo, in der auch prognostiziert wurde, der Handel mit westlichen Staaten würde planmäßig ausgebaut werden. 60 Jahre später ist das Reich der Mitte die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und maßgeblicher Taktgeber der globalisierten Wirtschaft. In manchen Sparten läuft ohne Produkte „made in China“ gar nichts mehr: Rund die Hälfte der weltweit verkauften Computer, Tablets und Telefone kommt aus dem asiatischen Riesenland, bei Haushaltselektronik sind es rund 40 Prozent. Und ausgerechnet während der Coronakrise ist die Heimat von aktuell 626 Milliardären als einzige der großen Wirtschafts­ mächte gewachsen und wird im heurigen Jahr sogar noch stärker zu­legen. Die Exporte sind im Gesamtjahr 2020 im Vergleich zu 2019 um 3,6 Prozent gestiegen; das lag vor allem an einem Endspurt in den letzten Monaten des Vorjahres, der sich auch heuer fortsetzte. Die plus 18 Prozent Wirtschaftsleistung von Jänner bis Februar lassen die globale Konkurrenz alt aussehen. Das merken die USA und die EU nicht nur am politischen Selbstbewusst­ sein der chinesischen Regierung, sondern unter anderem auch daran, dass auf Hoffnungsmärkten wie in Afrika und Südamerika, aber auch in Osteuropa chinesische Investoren derzeit schneller und zielgerichteter unterwegs sind. Das macht Lust auf mehr – vor allem im Bereich der Tech­ nologie. Die Ziele sind klar umrissen: China will unabhängig von anderen Ländern selbst zur führenden Hightechnation der Welt werden. Laut dem jüngsten Fünfjahresplan bis 2025 werden dafür Milliarden in den Ausbau der 5G-Infrastruktur (neueste Mobilfunkgeneration), künstliche Intelligenz, Smart Manufacturing, E-Health und weitere Bereiche von Hochtechno­ logie und Digitalisierung gesteckt. Als erster Schritt soll sukzessive die Herstellung der nötigen Komponenten und das nötige Know-how inner­ halb Chinas geschaffen werden. Welche geballte finanzielle Kraft dafür zur


WELTMACHT CHINA

In Changzhou entsteht aktuell ein neuer Hightechcluster, für den 8,9 Milliarden Dollar investiert werden.

den Vorserien produziert, die eigentliche Pro­ duktion passiert dann zur Hälfte in China, zur Hälfte in Europa. „Um in dieser Branche von allen Kunden wahrgenommen zu werden, ­ braucht man einen Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen – und den streben wir mit ­Cluster-­Kooperationen bis 2025 in Europa an.“ Ultimate Qingdao möchte jedenfalls 2022 in C ­ hina an die Börse gehen, um weitere Möglichkeiten für eine ­Internationalisierung zu erschließen. Das Comeback von „Made in Germany“ Erfahrung mit China hat auch das Regensburger Unternehmen Dallmeier: Der Spezialist für Videosicherheitstechnik entwickelt und produziert als einziger Hersteller alle Komponenten – von der Kamera bis zum Manage­ mentsystem – in Deutschland. Zum Einsatz kommen die Produkte etwa auf Flughäfen, in Banken, Casinos und Stadien. Durch die Coronakrise sei es zu „schmerzhaften Umsatzeinbußen gekommen“, sagt Founder und CEO Dieter Dallmeier. „Es hat uns jedoch nicht fundamental getrof­ fen, wir blicken sehr optimistisch auf die zweite Jahreshälfte sowie auf 2022.“ Dallmeier macht traditionell gute Geschäfte mit Spielcasinos in der chinesischen Sonderverwaltungszone Macau – neben klassischer Videotechnik immer mehr mit KI-basierter Geschäftsoptimierung, etwa mit der Automatisierung des Tischspielbetriebs wie bei Black Jack. „China selbst ist für uns kein Markt, der politische Einfluss ist zu stark und er entspricht ethisch und moralisch nicht unserer Firmenphiloso­ phie“, sagt der Firmenchef. China habe es gewiss bereits geschafft, vom reinen Kopieren von Tech­ nik zum Innovator in manchen Bereichen zu avancieren, erläutert Dieter Dallmeier. „Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen vom naturgemäß sehr großen Brainpool bis hin zu bestimmten staatlichen Steuerungsstra­ t­e­gien, die zumindest mittelfristig sehr erfolgreich zu sein scheinen.“ Während etwa Ultimate-Europe-Chef Teufl überzeugt ist, dass „China mittelfristig eine noch bedeutendere Rolle in der Weltwirtschaft einneh­ men wird“, macht Dallmeier eine interessante Tendenz aus: Das durch die Globalisierung beinahe in Vergessenheit geratene Gütesiegel „Made in Germany“ oder „Made in Western Europe“ erfahre eine erstaunliche ­Renaissance. „Und zwar weniger durch die reine Technologie, sondern neben Qualität besonders wegen unserer Sensibilität im Umgang mit

Dallmeier: Die Spezialisten für Videosicherheitstechnik entwickeln und produzieren alle Komponenten in Deutschland.

Daten. In immer mehr Kundenge­ sprächen ist die erste Frage oft gar nicht die nach den eigentlichen Lö­ sungsvorteilen, sondern nach den Themen Datenschutz und Daten­sicherheit. ,Security by Design‘ und ,Privacy by Design‘ sind ein Gebot in der DSGVO.“ Und damit ein Teil der kulturellen DNA Europas. Abgesehen davon habe man mit einer patentierten Techno­logie bewiesen, dass man gerade mit Technik aus einem Hochlohnland sehr geringe Gesamtbetriebskosten realisieren könne. ••

Wachstumskurs Obwohl die Coronapandemie Europa fest im Griff hat, herrscht bei ­U ltimate Europa überhaupt keine Krisenstimmung. CEO Manfred Teufl erklärt: „Wie alle Firmen und Unternehmen sind wir von der anhaltenden Covidkrise betroffen, speziell durch Produktionsausfälle bei Kunden, erhöhte Transportkosten und Mitarbeiter im Homeoffice – das ist im technischen Bereich ineffizient.“ Trotzdem sei man mit der Geschäftsentwicklung zufrieden und konnte durch „permanente Teilpräsenz in der Firma und frühzeitige Digitalisierungsmaßnahmen“ die Umsätze ­h alten bzw. sogar ausbauen. Eine besondere Herausforderung in dieser Branche ist indes die Abnahme technischer Produkte, die üblicherweise durch die Kunden im Produktionswerk erfolgt. „Dies passiert seit einem Jahr nur noch über Video, mittels Kamerasystemen und Screenshot-Dokumentationen“, erzählt Teufl. Der Wachstumskurs soll beibehalten werden. „Da der Personentransport mittels Schienenfahrzeugen ein wichtiger Bestandteil der Mobilität der Städte ist, gehen wir von einem weiteren Wachstum für die nächsten Jahre und Jahrzehnte aus.“

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PAYMENT

KANTINE AUF KNOPFDRUCK Vom bargeldlosen Bezahlen bis zum Ernährungstracking: Die Hagenberger Innovatoren von ventopay erfinden Bezahl- und Bestellsysteme in der Gemeinschaftsverpflegung neu. Jetzt steigt auch die Invest AG ein. Text: Susanne Mayer

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nmitten des Softwareparks Hagenberg in Oberösterreich sitzen zwischen hippem Burgerladen und Studentenheim die erfinde­ rischen Köpfe des Fintech-Unternehmens ventopay. Nomen est omen. Und so weht der frische Wind, den das lateinische Wort vento in Kassensysteme bringt, nun seit fast zehn Jahren durch das Mühlviertel und verteilt innovative Lösungen für Closed-Loop-Bezahl­ systeme in der Gemeinschaftsverpflegung über die gesamte DACHRegion. Ob Uni-Mensa, Betriebsrestaurant oder im SK-Rapid-Stadion: Überall dort, wo es schmecken und schnell gehen soll, können ventopay-­Systeme eingebaut werden – ganz egal, ob Großküche oder Kaffee­ automat. Kein Warten, keine Transaktionskosten. Aber Ge­ schwindigkeit ist nur eine Seite der Medaille. Alles aus einer Hand Johannes Reichenberger, Geschäftsführer von ventopay, bringt den USP seines Unternehmens auf den Punkt: „Wir ermöglichen gesamtheitliche Unternehmenslösungen vom Front-of-House bis zum Controlling. Ge­ paart mit innovativen Apps, die individuelle Essenszustellung genauso ermöglichen wie das Tracken der Ernährungsgewohnheiten.“ Das klingt nach viel Denkarbeit im Softwarepark. Zudem hat die Coronakrise das Geschäft im Nischenmarkt um ein Vielfaches erschwert.

Einfach Guthaben aufladen: ventopay ist auf bargeldlose Bezahlsysteme mit Handy oder Chipkarte etwa für Betriebskantinen spezialisiert.

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Verpflegung im Lockdown Der Aufstieg von ventopay war bis 2020 ein stetiger. Dann kam Freitag, der 13., im März letzten Jahres und alles stand still. Lockdown, alle ab nach Hause und erst mal abwarten. Für CEO Reichenberger konnte es hinter den Kulissen jedoch nicht schnell genug gehen. Denn jetzt musste man erfinderisch werden und neue Produkte entwickeln. Innerhalb kür­ zester Zeit wurden Neuerungen in ventopays Systeme implementiert, um dem Einbruch in den herkömmlichen Betriebsrestaurants Herr zu wer­ den. In produzierenden Betrieben wurden schließlich immer noch die Maschinen bedient. „Wir haben Lösungen gebraucht“, sagt der 33-jäh­ rige Hagenberger. „Eine davon war, den Mitarbeitern die Zustellung ihres Essens direkt an ihre Arbeitsplätze zu ermöglichen.“ Bedeutet: Die An­ gestellten bestellen über die App am Handy, das Betriebsrestaurant stellt


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MITARBEITER KÖNNEN SICH IHR ESSEN DIREKT AN DEN ARBEITSPLATZ LIEFERN LASSEN. JOHANNES REICHENBERGER, VENTOPAY

direkt in die Maschinenhallen zu. In die Arme gespielt haben Reichenber­ ger dabei die Entwicklungen im Bereich Pre-Ordering, die bei ventopay schon seit einigen Jahren vorangetrieben werden. Ursprünglich entwickelt, um die Planbarkeit zu erhöhen und Ressourcen und Abfälle einzusparen, wurden durch die Pandemie plötzlich neue Geschäftsmodelle angesto­ ßen. Vom Bestellen direkt an den Fertigungsmaschinen bis hin zu Home­ cooking-Boxen für Mitarbeiter im Homeoffice und deren Familien. Invest AG steigt ein Das Potenzial hinter Technologiemarktführer ventopay lockt nun auch die Investoren an. Die Invest AG der Raiffeisenbankengruppe Oberösterreich steigt bei ventopay ein und sichert sich so ein knappes Drittel der Anteile am Unternehmen. Das Kapital will Reichenberger in nachhaltiges Wachs­ tum investieren. Das umfasst vor allem den Erhalt regionaler Arbeits­ plätze sowie eine Weiterführung der intensiven Forschungsprojekte auf dem Gebiet der individualisierten Angebotslegung. Denn die Megatrends Customization und Gesundheit sorgen ordentlich für Umwälzung in der Kantinenluft. Kunden wollen maßgeschneiderte Lösungen. Egal ob custom-made Sneakers oder vegane Buddha Bowls. Vom Unternehmensalter her nicht mehr Start-up, von der Mentalität her dann aber doch, sichert vor allem das progressive Team hinter Reichen­ berger den Fortbestand und die Technologieführerschaft des Unterneh­ mens. Und sein Team ist es auch, das dem CEO ein entspanntes Lächeln ins Gesicht malt, wenn er nach seinen größten Erfolgen gefragt wird. „Ich bin extrem dankbar und stolz, dass ich jeden Tag mit so vielen motivier­ ten Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten darf. Unser Kunden­ feedback unterstreicht das. Und gemeinsam übertauchen wir auch schwierige und herausfordernde Zeiten.“ ••

© RLB OÖ/Werner Harrer

Faktenbox • Headquarter: Softwarepark Hagenberg • Mitarbeiter: 40, davon 6 in Deutschland • N iederlassungen: 60 (inkl. Servicepartner) in Österreich, Deutschland und der Schweiz • Gegründet: 1. 1. 2012 • Umsatz: 5 Millionen Euro • Anteil der Invest AG an ventopay: 30 Prozent • Wichtige Kunden: Eurest, Blum, GO Gastro, ISS,ÖMBG, Caseli, SK Rapid • I nvestitionssumme in Forschung und Entwicklung: 1 Million Euro in den letzten 3 Jahren • Jährlich investierte Stunden in F&E: 10.000 • Neue Features und Innovationen pro Jahr: ca. 500

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ZEIT DES ZWEIFELS: DIE USA UND EUROPA 20 JAHRE NACH 9/11

MASTERPLAN: CHINAS WEG ZUR HIGHTECH-WELTHERRSCHAFT

Über die letzten zwei Jahrzehnte hat sich der Zweifel tief in unser aller Bewusstsein gegraben. Es ist Zeit, dem etwas entgegenzustel­ len. Aber was ist eigentlich schiefgelaufen? Warum ist der Zweifel zu einer dominierenden Emotion unserer Zeit geworden? Europa hat mit ungläubigem Kopfschütteln über den Atlantik geblickt, als die USA Donald Trump zum Präsidenten gewählt haben, noch mehr, als ein rechter Mob in den letzten Tagen seiner Präsident­ schaft das Kapitol stürmte. Kann Joe Biden die Erwartungen, die Europa in ihn setzt, erfüllen? Wo steht Europa selbst? Erodierende Demokratien, Pressefreiheit unter Beschuss und Missachtung von Menschenrechten, all das ist dies- und jenseits des Atlantiks zu beobachten. Welche Auswirkungen hat der Zustand des Zweifels auf Kernthemen unserer Gesellschaft? Zwei Jahrzehnte nach 9/11, dem Urinfarkt des 21. Jahrhunderts, betrachten Hannelore Veit und Peter Fritz politische wie gesellschaftliche Entwicklungen und se­ zieren dabei eine zuletzt strapazierte transatlantische Freundschaft im Wandel der Zeit. Ein fundiertes Buch zweier überaus erfahrener Auslandsjourna­listen des ORF. ••

Chinas Konzerne drängen nach Europa, doch wir sind darauf nicht vorbereitet. Keine leere Drohung. Denn Autor Stephan Scheuer weiß, worüber er schreibt: Er war lange Jahre China-Korrespondent für deutsche Medien und widmet sich jetzt der globalen Telekom­ munikations- und IT-Industrie. Mit dem Aufbau des neuen Mobil­ funkstandards 5G in Deutschland und Österreich hat die Debatte um Chinas Dominanz eine neue Dimension erreicht. Wenn künftig noch viel mehr und vor allem sensible Daten über den Mobilfunk übertragen werden, hat Sicherheit oberste Priorität. Die USA und deutsche Sicherheitsbehörden warnen etwa vor dem chinesischen Netzanbieter Huawei, sie werfen dem Konzern vor, zu eng mit chi­ nesischen Behörden zu kooperieren. Huawei könnte als Einfallstor für chinesische Spionage oder Sabotage gegen Europas Infrastruk­ tur wirken, lautet die Kritik. Die Situation ist aufgeheizt. Die USA und China ringen um die Vorherrschaft in der Digitalwirtschaft. Berlin fehlt eine Position. Die erweiterte und aktualisierte Taschenbuch­ ausgabe von „Der Masterplan“ stellt die Frage nach Deutschlands Rolle im digitalen Kalten Krieg, der längst begonnen hat. ••

Autor: Hannelore Veit, Peter Fritz Verlag: Kremayr & Scheriau (ab 01. August) ISBN: 978-3218012942

Autor: Stephan Scheuer Verlag: Herder ISBN: 978-3451073830

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© (Symbolbilder), Kremayr & Scheriau, Herder, Econ Verlag, TAZ

BUCHTIPPS


BUCHTIPPS

QUANTENWIRTSCHAFT: DIE ZEIT NACH DER DIGITALISIERUNG

ATLAS DER GOLBALISIERUNG: WELT IN BEWEGUNG

Anders Indset ist einer der weltweit führenden Wirtschaftsphiloso­ phen und Sparringspartner für internationale CEOs und politische Führungskräfte. Von den Medien als „Rock ’n’ Roll Plato“ bezeich­ net, ist er mit seinem Ansatz zur praktischen Philosophie einer der gefragtesten gegenwärtigen Vordenker. Sein jüngstes Werk „Quan­ tenwirtschaft“ belegte Platz eins im manager magazin und Han­ delsblatt als das meistverkaufte Wirtschaftsbuch in Deutschland. Seine darin vertretene These: Die rasante Entwicklung von künstli­ cher Intelligenz, die ersten Quantencomputer und die Automatisie­ rung von immer weiteren Lebens- und Arbeitsbereichen wird mas­ sive Auswirkungen auf unser Wirtschaftsmodell haben. Algorithmen werden zu Autoritäten und diese werden unvermeidlich im Wettbe­ werb gegeneinander antreten. Aber Technologie allein kann und wird nicht die Antwort auf alle unsere Herausforderungen sein. Noch sind wir Menschen die Treiber und Bindeglieder, die unsere Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Realität steuern können. Dafür entwickelt Indset drei Szenarien für die nächsten zehn bis 20 Jahre, in denen unsere Zukunft unumkehrbar entschieden wird. ••

Das Buch ist nicht weniger als eine fundierte Zusammenstellung der derzeit drängendsten Probleme abseits der aktuellen Corona­ pandemie, die sich unter der Überschrift „Klimakrise und Welter­ nährung“ zusammenfassen lassen. In einzelnen Abschnitten – etwa zur anthropogenen Kohlenstoffemission – werden in lückenlos re­ cherchierten Artikeln Fakten aus aller Welt zusammengetragen und grafisch aufwendig aufbereitet und damit so manches Phänomen abseits der Schlagzeilen veranschaulicht. Wem ist schon bewusst, dass etwa das Internet zu einem der weltweit größten Energiefres­ ser heranwächst – während noch nicht einmal jeder zweite Mensch online ist? Wie gehen wir mit den demografischen Herausforde­ rungen um, welche Folgen hat der real existierende Kapitalismus für Länder und Gesellschaftsschichten? Dazu kommt noch ein genauer Blick auf Flucht und Migration, die Zukunft der Zivilgesell­ schaft und die Bedrohungen der Demokratie. Kurz gesagt: In ­seiner einmaligen Kombination aus engagierter Kartografie und Exper­ tenbeiträgen ist der Atlas ein verlässliches Navigationssystem durch die Welt der Globalisierung. ••

Autor: Anders Indset Verlag: Econ Verlag ISBN: 978-3430210553

Autor: Le Monde diplomatique, S. Mahlke, A. Buitenhuis (Hrsgb.) Verlag: TAZ ISBN: 978-3937683744

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VORSCHAU

In der nächsten Ausgabe von business lesen Sie über den Megatrend Konnektivität, die Verarbeitung großer Datenmengen als Geschäftsmodell, das Internet der Dinge, wie die Netzwerkökonomie Arbeiten und Lernen verändert und wie Unternehmen den neuen 5G-Mobilfunkstandard für sich nutzen können.

Erscheinungstermin: Herbst 2021

© Getty Images/iStockphoto / Jongho Shin, Montage / Icon: cpg / GF

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FONDS

KEPLER FONDS

GLEICHER MARKT, BESSERE LÖSUNG. Mit größter Aufmerksamkeit alles im Blick. Wir betreiben bewusst aktives Fondsmanagement und sind damit den Tick aufgeweckter und schneller beim Erkennen neuer Anlagetrends. Durch klare Kernkompetenzen heben wir uns ab und stehen für eine Geldanlage abseits der bekannten Investmentpfade. www.kepler.at

Diese Marketingmitteilung stellt kein Angebot, keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlung, Einladung zur Angebotsstellung zum Kauf oder Verkauf von Fonds oder unabhängige Finanzanalyse dar. Sie ersetzt nicht die Beratung und Risikoaufklärung durch den Kundenberater. Angaben über die Wertentwicklung beziehen sich auf die Vergangenheit und stellen keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung dar. Aktuelle Prospekte (für OGAW) sowie die Wesentlichen Anlegerinformationen – Kundeninformationsdokument (KID) sind in deutscher Sprache bei der KEPLER-FONDS Kapitalanlagegesellschaft m.b.H., Europaplatz 1a, 4020 Linz, den Vertriebsstellen sowie unter www.kepler.at erhältlich.


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