"business" - das Finanzmagazin der Raiffeisenlandesbank OÖ

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Das Finanzmagazin der Raiffeisenlandesbank Oberรถsterreich Aktiengesellschaft

NR. 3 / 2019

www.rlbooe.at/business

SCHWERPUNKT VORSPRUNG 06 Wirtschaft am See // 10 Matthias Horx // 28 Hagenberg


Unternehmen Sicherheit. Im Wirtschaftsleben lassen sich manche unliebsamen Ereignisse einfach nicht ausschließen. Daher ist ein Partner an Ihrer Seite besonders wichtig, der diese Gefahrenquellen kennt und mit einem durchdachten System abfedert. Die RVM Versicherungsmakler betrachten Ihre Risikosituation ganzheitlich und entwickeln zukunftsweisende Lösungen. So schützen Sie Ihr Unternehmen rechtzeitig vor dem Fall der (Zu-)Fälle. Kontaktieren Sie uns einfach. Wir informieren Sie gerne, wie Sie auch Ihr Unternehmen wirksam absichern können! Tel.: +43 732 65 96-25651 E-Mail: office@rvm.at

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VORWORT

IDEEN VERNETZEN DIGITALES POTENZIAL NUTZEN UND VORSPRUNG SCHAFFEN

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ie digitale Transformation ist endgültig in nahezu alle Branchen vorgestoßen. Spannende Projekte rund um Megatrends wie künstliche Intelligenz oder robotergesteuerte Prozessauto­ matisierung schaffen die Marktreife und können Betrieben mit digitalen Geschäftsmodellen einen entscheidenden Vorsprung verschaf­ fen. In dieser Transformation steckt enormes Potenzial für die heimische Wirtschaft. Es bedeutet auch, dass sich vor allem exportorientierte Unternehmen ständig weiterentwickeln müssen. Breit aufgestelltes Netzwerk Trends, Entwicklungen und neue Technologien im Blick zu haben, ist das Gebot der Stunde. Für Innovationen braucht es einen verlässlichen ­Finanzpartner ebenso wie ein gut funktionierendes und breit aufge­stelltes Netzwerk aus Institutionen, ­Forschungseinrichtungen, Zulieferern oder auch die Kooperation mit Startups. Innovatives Denken und Handeln geht bei der Raiffeisenlandesbank OÖ (RLB OÖ) weit über das Bankgeschäft hinaus. Wir setzen nachhaltige Im­ pulse für den Wirtschaftsstandort und verbinden, was zusammengehört, in­ dem wir innovative Ideengeber vernetzen. Mit dem Veranstaltungsformat „Wirtschaft am See“, das 2020 bereits zum dritten Mal stattfinden wird, hat die RLB OÖ eine interdisziplinäre Plattform geschaffen, auf der wir mit internationalen Entscheidern und Gamechangern Zukunftstrends diskutieren. Dieser breite Netzwerkge­ danke ist in der DNA von Raiffeisen angelegt. Wir leben ihn heute inter­ national, innovativ und zukunftsorientiert.

Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank OÖ.

häuser und Aufbewahrungsboxen entwickelt. Biohort investiert bewusst in die Region und hat sich im Bezirk Rohrbach ein funktionierendes Öko­ system aufgebaut. Der Exportanteil liegt bei 85 Prozent, über zehn Jahre betrug das jährliche Wachstum mehr als 20 Prozent. Lesen Sie in dieser Ausgabe auch alles über das Zukunftsprojekt der Firma Rosenbauer, den „Concept Fire Truck“. Dieses neue Einsatzfahrzeug in hoch funktionalem Design setzt vor allem in Sachen Ergonomie völlig neue Akzente. Grüne Investments Wer sich Zukunftsfragen stellt, kommt an Klimaschutz und Nachhaltig­ keit nicht vorbei. Nachhaltiges Handeln und Wirtschaften sind nicht nur wichtige Grundsätze unseres Unternehmens, sondern auch tief in un­ serer Geschäftsphilosophie verankert. Auch viele Investoren treffen ihre An­ lageentscheidungen nicht mehr nur nach dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, sondern achten verstärkt auf verantwortungsvolle Unternehmensführung. Der Erfolg der Nachhaltigkeitsfonds der KEPLERFONDS KAG zeigt, dass sich „grünes Investment“ vom Nischenprodukt zum Anlagetrend gewandelt hat.

DER BREITE NETZWERKGEDANKE LIEGT IN DER DNA VON RAIFFEISEN.

© RLB OÖ/Erwin Wimmer

Hidden Champions Diese Ausgabe des business beschäftigt sich nicht nur mit den großen Zukunftsfragen, sondern wirft auch einen Blick auf einige interessante Unternehmen, die sich als Hidden Champions in ihren Nischen zu Markt­ führern entwickelt haben. Ein Beispiel dafür ist die Erfolgsgeschichte des Mühlviertler Unternehmens Biohort, das clevere Lösungen für Garten­

In der aktuellen Ausgabe des Magazins business finden Sie außerdem auch einen Beitrag über den Softwarepark Hagenberg, ein Leuchtturm­ projekt für Oberösterreich, das auch 30 Jahre nach seiner Gründung immer noch ein idealer Nährboden für neue Technologien, Visionen und spannende Start-ups ist. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre! Ihr

Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank OÖ Aktiengesellschaft.

Ihr schnellster Weg zum Erfolg: QR-Code scannen und die aktuelle business-Ausgabe mit vertiefenden Storys, Interviews und Videos online auf unserem Blog weiterlesen: https://business-channel.rlbooe.at/ business 03


INHALT/IMPRESSUM

3 VORWORT

Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender.

6 WIRTSCHAFT AM SEE

Die Raiffeisenlandesbank OÖ versammelt Vordenker und Zukunftsentscheider zum Event am Wolfgangsee.

10 MATTHIAS HORX

Der prominente Zukunftsforscher über neue und alte Megatrends, Gegenbewegungen und wie Unternehmer darauf reagieren sollten.

14 BIG DATA MIT NUTZWERT

Das Leondinger Start-up Salesbeat filtert für Unternehmen aus riesigen Datenmengen relevante Informationen über potenzielle Kunden.

16 HYBRIDE ZUKUNFT

Der Weltmarktführer im Feuerwehrbereich Rosenbauer zeigt, wie das umweltfreundliche Löschfahrzeug der Zukunft funktioniert.

20 LOGISTIKAUTOMAT

Agilox aus Vorchdorf erobert mit einem Logistikroboter, der ganz von selbst weiß, wo der günstigste Weg zum Ziel ist, die Welt.

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22 GREEN INVESTMENTS

Mit Veranlagungen in nachhaltige Unternehmen und Staaten wurde die KEPLER-FONDS KAG zum Trendsetter für ethische Investments.

26 EUROPAMEISTER

Das Mühlviertler Unternehmen Biohort hat mittlerweile die Gärten Europas mit Hütten aus Metall erobert.

28 WO ZUKUNFT ENTSTEHT

In der Mühlviertler Gemeinde Hagenberg treffen Forschung, Lehre und Unternehmertum aufeinander. Ein Erfolgsmodell.

32 FÜR SIE GELESEN

Buchempfehlungen für den Businessalltag.

Impressum/Offenlegung Medieninhaber und Herausgeber: Raiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktien­gesellschaft, Europaplatz 1a, 4020 Linz. ­Aktionäre der Raiffeisenlandesbank ­Ober­österreich ­Aktiengesellschaft sind zu rund 98,92 Prozent die RLB Verbund registrierte G ­ enossenschaft und zu rund 1,08 Prozent die RLB Holding registrierte ­Genossenschaft mit ­beschränkter Haftung OÖ. Nähere Details sind im Internet unter www.rlbooe.at/impressum a ­ brufbar. • Vorstand: Dr. Heinrich Schaller, Mag. Michaela Keplinger-Mitterlehner, Dr. Michael Glaser, Mag. Stefan Sandberger, Mag. Reinhard Schwendtbauer • Konzept und Produktion: PG The C ­ orporate ­Publishing Group GmbH (CPG), Zelinkagasse 6, 1010 Wien, Tel.: +43/1/405 46 40-762, ­s.wagner@cpg.at • Für den Inhalt v­ erantwortlich/Chef­redaktion: Wolfgang Aschenwald (Corporates) und Johannes Grüner (Public Relations) • Bestellung oder Abbestellung des ­Magazins: business@rlbooe.at • Beratung: Mag. Stefan Schatz/CPG • Autoren dieser Ausgabe: Harald Fercher, Luisa ­Graber, Markus ­Mittermüller, Robert Prazak, Christian Prenger, Stefan Schatz • Layout­konzept: CPG • ­Art­direction: ­Gerald Fröhlich/CPG • ­Lektorat: Mag. Charlotte Babits • Redaktions­manage­ment: Silvia Wagner/CPG • ­Geschäftsführung CPG: ­Markus Wagner, Tel.: +43/1/405 46 40-768, m.wagner@cpg.at • Coverbild: iStockphoto / hakkiarslan, stock.adobe.com / phonlamaiphoto • Druck: oha-druck Gmbh, 4050 Traun Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: Herausgeber, Medieninhaber und Verleger: R ­ aiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktien­gesellschaft, ­Europaplatz 1a, 4020 Linz. Grundlegende Richtung und Blattlinie: business ist das Finanzmagazin der Raiffeisenlandesbank OÖ und beleuchtet wichtige Finanz- und W ­ irtschaftsthemen. Das Magazin informiert über interessante ­Chancen und Entwicklungen, nützliche Services und zahlreiche Best-Practice-Beispiele. Es ist politisch unabhängig und b ­ ekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft und zur Integration in Europa. Im Sinne leichterer Lesbarkeit werden geschlechts­spezifische ­Bezeichnungen meist nur in ihrer männ­lichen Form angeführt. Satz- und Druckfehler v­ orbehalten.

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© Getty Images  / iStockphoto / saiko3p


© Rosenbauer, Wako Megumi – stock.adobe.com, vyhnalek.com, FH OÖ

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ALLES BLEIBT ANDERS

Mit „Wirtschaft am See“ hat die Raiffeisenlandesbank OÖ ein Veranstaltungsformat am Wolfgangsee ins Leben gerufen, in dem hochkarätige Experten einen Blick in die nähere Zukunft werfen. Text: Robert Prazak • Foto: Getty Images  / iStockphoto / saiko3p


HINWEIS: „Wirtschaft am See“ wird 2020 von

18. bis 19. Juni wieder in St. Wolfgang stattfinden. wirtschaftamsee.com


WIRTSCHAFTSTREND

Wie können Unternehmen mit Start-ups kooperieren? Die digitale Transformation macht klar: Ohne Innovation gibt es in der Wirtschaft kein Überleben. Das war Tenor jener Gespräche, die bei „Wirt­ schaft am See“ geführt wurden. In diesem Zusammenhang spielen Startups auch für etablierte Unternehmen eine immer größere Rolle. Der In­ vestor und Start-up-Experte Michael Altrichter war bei dem Event dabei. Im Gespräch mit business skizziert er nochmals die Eckpunkte einer ge­ lungenen Zusammenarbeit zwischen Jungunternehmen und etablierten Firmen: „Grundsätzlich sprechen die beiden Unternehmenstypen ja eine ganz andere Sprache – wir reden nicht umsonst von Tankern und Schnell­ booten.“ Daher brauche es eine vorsichtige Hand, damit die beiden gut miteinander umgehen. Altrichter, der auch Aufsichtsratsvor­sitzender der startup300 AG ist, empfiehlt eine gewisse Vorsicht. „Jede Seite muss klar abstecken, was sie möchte.“ Start-ups etwa müssen entscheiden, ob das Ziel eine strategische Partnerschaft oder die Über­nahme durch den Partner ist.

ICH WÜNSCHE MIR EINE VERZEHNFACHUNG DES VENTURE-KAPITALS. START-UP-EXPERTE MICHAEL ALTRICHTER

Michael Altrichter, Investor, Start-upExperte und Aufsichtsratschef der startup300 AG.

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Andreas Gnesda, Eigentümer und Geschäftsführer des Office-­ Consulters teamgnesda.

Generell hat sich in Sachen Start-ups in Österreich in den vergangenen Jahren viel getan, auch wenn die Zeit der großen Hypes vorbei zu sein scheint – jetzt geht es um handfeste Ergebnisse. Ein Manko bleibt hier­ zulande indes der Mangel an privaten Geldgebern. „Ich würde mir eine Verzehnfachung des Venture-Kapitals wünschen“, sagt Altrichter. Was passiert in der Automobilindustrie? Digitalisierungsexperte Karl Pall ist sicher: Autonomes Fahren ist nicht mehr aufzuhalten. Die technologischen Voraussetzungen dafür sind längst gegeben: Big Data, künstliche Intelligenz und optimierte Rechner­ leistungen machen es möglich, dass die Fahrzeuge ihre Umwelt erken­ nen und sich immer weiter verbessern. Derzeit sind es indes eher recht­ liche und regulatorische Fragen, die zu klären sind. Versuche wie jener mit selbstfahrenden Bussen in Wien-Aspern zeigen auch die Sensibilität der Bevölkerung hinsichtlich autonomer Fahrzeuge. Sicherheit ist aber gar nicht das Kernthema. Angesichts des Klimawan­ dels und immer strengerer Vorgaben der Politik wird der Siegeszug des elektrischen Antriebs unaufhaltsam weitergehen, nicht nur für Autos, sondern auch für kleinere Fahrzeuge wie E-Scooter, ist Pall überzeugt. Die Gesamtenergiebilanz eines Fahrzeugs sei zwar wichtig, wird aber gegenüber Faktoren wie Lärm und Emissionen in den Hintergrund ge­ drängt. Skandinavische Städte zeigen schon vor, wie zunächst radikale Vorgaben wie Vorrang für den Radverkehr die Lebensqualität in urbanen Räumen verbessern können. Die Geschwindigkeit, mit der die Änderun­ gen im Automobilverkehr geschehen, wird so manchen Big Player über­ raschen – da sind sich die Experten einig. Wie werden wir in (naher) Zukunft arbeiten? Das hohe Tempo der Veränderungen in der Automobilbranche verdeckt ein wenig, wie sehr auch alle anderen Branchen vom Wandel betroffen sind. Eine der wesentlichen Folgen dieser Neuerungen: Schon in naher Zukunft wird unsere Arbeitswelt eine ganz andere sein – auch das war Thema bei „Wirtschaft am See“, das unter anderem vom Arbeitsexper­ ten Andreas Gnesda diskutiert wurde. Mit seinem Office-ConsultingUnternehmen teamgnesda hat er sich auf die Errichtung von Arbeitsplät­ zen der Zukunft spezialisiert. Tatsächlich erlaubt die Digitalisierung auch im Officebereich schon jetzt revolutionäre Veränderungen. So könnten etwa Sensoren dafür sorgen, dass der Schreibtisch ganz von selbst die optimale Höhe für seine Be­ nutzer ermittelt und automatisch einstellt. Oder dass die Intensität der Benutzung einzelner Räume gemessen wird, etwa um das Licht zu steu­ ern. Sogar die Reinigungskräfte könnten sofort verständigt werden, wenn der letzte Mitarbeiter das Büro verlassen hat. Dort könnten auch Tech­ nologien besser funktionieren, die im Privathaushalt bisher wenig ange­ nommen werden, wie etwa die selbstständige Nachbestellung von Ver­ brauchsmaterial durch Geräte wie Kopierer oder Drucker. Damit die Digitalisierung im Officebereich möglichst reibungslos ablau­ fen kann, muss allerdings der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Mit­ telpunkt stehen und das Büro auch als soziales Gefüge gesehen werden. Eine wichtige Frage dabei: Welche Anforderungen werden an den Einzel­ nen gestellt? Michael Baminger, Geschäftsführer der ENAMO GmbH, sieht dadurch geänderte Ansprüche an die Organisationskultur. Flexible Büros oder der Wunsch nach (zumindest zeitweisem) Arbeiten im Home­ office erfordern neue Lösungen. Eine zentrale Frage wird auch sein, wie die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine klappt. Denn eines steht fest: Mehr und mehr Aufgaben werden auch in der Verwal­ tung von Maschinen übernommen. Damit ändert sich der Arbeitsmarkt; einige Jobs werden verschwinden, neue werden entstehen. Die Trans­ formation ist in allen Bereichen voll im Gange. ••

© Georg Bodenstein, Caro Strasnik, tinefoto.com | Martin Steinthaler

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issen schafft Vorsprung: Um die Wirtschaft für den schnellen Wandel zu rüsten, hat die Raiffeisenlandes­ bank OÖ das Eventformat „Wirtschaft am See“ entwi­ ckelt, um gemeinsam mit Experten die entscheidenden Zukunftsfragen zu diskutieren. Teilnehmer des zweitägigen Kongres­ ses bekommen damit einen exklusiven Einblick in aktuelle Trends und bedeutende Entwicklungen – ein entscheidender Wissensvorsprung im Rennen um die Marktanteile der Zukunft. Für den gediegenen Rah­ men sorgte die „Scalaria“ am Wolfgangsee, für spannende Inhalte und angeregte Diskussionen die Vielzahl an hochkarätigen Gästen, KeynoteSpeakern und Vortragenden. Gleich eine Reihe wichtiger Zukunfts­ themen stand heuer auf der Agenda: europäische Wirtschaftspolitik, Chancen in Afrika und in Fernost, Brexit und technologische Entwick­ lungen wie künstliche Intelligenz und Blockchain. Unter anderem wur­ den folgende Fragestellungen diskutiert:


INTERVIEW

WAS KÖNNEN WIR VON DER DIGITALEN TRANS­ FORMATION ERWARTEN? Sabine Herlitschka, ­Vorstandsvorsitzende der Infineon Technologies Austria AG und Key-Speakerin bei Wirtschaft am See, prognostiziert: „Der digitale Wandel ist noch lange nicht durch, wird an Tempo noch zulegen.“

business: Frau Herlitschka, ist Europa im Vergleich mit anderen Wirt­ schaftsräumen für die Digitalisierung gut aufgestellt? Sabine Herlitschka: Europa muss Stärke zeigen, denn der globale Wettbewerb wird zunehmend zum technologischen Wettkampf. China und die USA agieren mit Protektionismus und enormen Investitionen. Die Vernetzung von Forschung, Innovation und Produktion wird zum geopolitisch hochstrategischen Faktor. Und da muss Europa Kräfte bündeln. Es muss gelingen, Ökosysteme entlang der gesamten Wert­ schöpfungskette zu vernetzen und das Wissen schneller in Lösungen für den Markt umzusetzen. Dazu gehört ein strategischer Fokus der Industrie-, Forschungs- und Technologiepolitik als auch eine entspre­ chende finanzielle Ausstattung. Das gilt insbesondere für Schlüssel­ technologien wie die Mikro- und Nanoelektronik. Sie sind Innovations­ treiber für viele andere Industrien. Im Umweltschutz, in der nachhaltigen Mobilität oder der Energieeffizienz sowie rund um das Agieren in einer vernetzten Welt tun sich enorme Chancen auf. business: Noch stellt sich aber die Frage, welche Technologien, wie etwa die künstliche Intelligenz, die Wirtschaft besonders stark beein­ flussen werden. Herlitschka: Der digitale Wandel ist noch lange nicht durch, wird an Tempo zulegen. Man denke nur an die Sprach- und Gestensteuerung von Geräten, Augmented Reality, autonomes Fahren, Internet der Dinge oder die personalisierte Medizin. Künstliche Intelligenz und Technologien verändern nicht nur Geschäftsmodelle, sondern auch das Zusammenspiel von Unternehmen, Kunden und ganzen Ökosys­ temen. Je nahtloser sich Technologie in den beruflichen und privaten Alltag einfügt, umso wichtiger wird es, den verantwortungs- und ver­ trauensvollen Umgang mit Technologie und Daten in den Fokus zu rücken und dorthin zu lenken, wo sie den Menschen und der Gesell­ schaft nutzen. business: Wie kann sich die österreichische Wirtschaft also jetzt auf den Wandel einstellen? Herlitschka: Die Digitalisierung bietet die Chance für Unternehmen, ihre Märkte zu erweitern und ihre Unternehmens- und Innovations­ kultur entsprechend den neuen Möglichkeiten von Industrie 4.0, KI und der verstärkten digitalen Vernetzung neu zu gestalten. Dafür muss dieser Wandel aktiv gestaltet werden, es gilt, Pilot und nicht nur Bei­ fahrer zu sein. Umso wichtiger ist es, auf die Qualifizierung, Aus- und

Weiterbildung, auf Diversität und Kooperation mit Kunden, Lieferanten oder Forschungspartnern zu setzen. Bei Infineon gehört Innovation zur Strategie, die vom engagierten, mutigen und nach vorne gerich­ teten Mindset unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich gelebt wird. business: Apropos Mindset: Was spricht generell für den Standort Österreich? Herlitschka: Österreich verfügt, trotz Konjunktureintrübung, über eine solide wirtschaftliche Basis. Hinsichtlich Lebensqualität, Stabilität und Sicherheit bietet Österreich ein ausgezeichnetes Umfeld. Pluspunkte sind sicherlich die Qualifikation der Beschäftigten sowie Maßnahmen in der Forschungsförderung und die Forschungsprämie. In einem Hochlohnland punkten wir allerdings nur dann, wenn wir uns als Wis­ sens- und Innovationsstandort offensiv weiterentwickeln, das ist ein wichtiger Faktor für den steten Ausbau der Standortqualität, denn man wird rasch schlechter, wenn andere besser oder schneller gewor­ den sind. Investitionen in Bildung, Wissen, Forschung, Innovation und Infrastruktur bleiben daher höchst zukunftsrelevant. ••

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D FÜRER SINN DIE ZUKUNFT Trendforscher Matthias Horx im Interview: Warum jeder Trend einen Gegentrend auslöst, wieso Digitalisierung nicht immer sinnvoll ist und wie man mit etwas mehr Gelassenheit zu wahrer Resilienz im Unternehmen findet. Plus – woran die Zivilisation in unserer Zeit tatsächlich krankt. Text: Stefan Schatz • Fotos: Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)


INTERVIEW

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ukunft entsteht, wenn wir die Welt aus der Perspektive des Morgen betrachten – und unser Geist die Verbindung zwi­ schen Gegenwart und Zukunft verspürt.“ Es sind Sätze wie dieser, die Matthias Horx zum wohl populärsten Trend- und Zukunftsforscher im deutschsprachigen Raum machten. Heute berät der Gründer des Zukunftsinstituts große Unternehmen, ist gefragter Keynote-Speaker und erfolgreicher Autor. Mit business sprach er über ­Gegentrends, kurzfristige Hypes und den Mut zur Gelassenheit. business: Die Zukunftsforschung arbeitet mit Mega- und Gigatrends wie Globalisierung, Digitalisierung etc. Zeichnen sich schon neue Mega­ trends ab oder müssen wir erst die jüngsten Umwälzungen verdauen? Matthias Horx: Megatrends sind in gewisser Weise ewig. Sie sind Teil­ mengen des Komplexitätstrends, also der Entwicklung zu immer kom­ plexeren, vielgestaltigeren Systemen. Wenn man so will, vollziehen sie die biologische Entwicklung von den Einzellern bis zum menschlichen Bewusstsein nach. Globalisierung und Verstädterung und Individuali­ sierung gehören zusammen, und die Digitalisierung ist quasi das Nerven­ system, das alles miteinander verbindet. Allerdings bringen diese großen Entwicklungen auch Widerstände, Gegentrends. So, wie die TurboGlobalisierung heute den Nationalismus wiederbelebt. Oder die allzu konsequente Individualisierung zu einem tiefen Bedürfnis nach Gemein­ schaft führt. Und nach dem Boom der Großstadt immer eine Sehnsucht nach dem Dorf kommt. Das ist gewissermaßen der Verdauungsprozess der Kulturgeschichte: Aus Megatrend und Gegentrend entsteht eine neue Synthese, ein Hybrid. Das „Glokale“. Oder „solidarischer Individu­ alismus“. Oder „urbane Dörfer“. business: Ein Trend, der im Schatten der Globalisierung und Digitalisie­ rung etwas unterging, ist die Ökologisierung. Der Druck auf Unterneh­ men, ökologischer, fairer und regionaler zu produzieren, steigt. Ist Um­ weltsensibilität ein europäischer Luxus? Horx: Die Ökologie wird zum alles beherrschenden Grundmotiv der menschlichen Zivilisation, einfach deshalb, weil wir jetzt tatsächlich mer­ ken, dass wir gemeinsam auf einer Erde leben, die wir nicht einfach wei­ ter aufheizen können. Und weil Umweltprobleme die wahren globalen Probleme sind. Sie sind ja eben keine Luxusprobleme, waren es nie: Frü­ her, als die Europäer noch ärmer waren, sind viele Menschen an Umwelt­ problemen gestorben; man denke nur an die Bergleute, die keine lange Lebenserwartung hatten. China vollzieht heute den Übergang von einer giftigen Industriegesellschaft in eine Ökomoderne viel, viel schneller als die alten Industrienationen, einfach weil das überlebensnotwendig ist. Sonst würden Millionen Chinesen im Smog sterben. Es wird in unserem Medienzeitalter einfach vieles sichtbarer als früher, als es auch schon un­ glaubliche Umweltsauereien gab, aber niemand davon erfuhr. Das wird auf Dauer dazu führen, dass sich die Menschheit auf Einigungen einlässt. Wir haben ja schon ein Pariser Klimaabkommen, das auch keiner für möglich gehalten hat. Aber die Menschheit ist durchaus in der Lage, große Krisen gemeinsam zu meistern, man denke an die Wale, das Ozonloch oder Aids. Die Technologien für radikale CO2-Reduzierung sind da, aber natürlich sind die alten Fossil-Lobbys sehr mächtig. business: In Ihrem neuen Buch „15 ½ Regeln für die Zukunft“ beschäf­ tigen Sie sich mit der Reaktion auf Veränderungen, die Gegentrends aus­ lösen, wie das „Comeback des Analogen“. Wie sollen Unternehmen darauf reagieren? Die Digitalisierungsprozesse stoppen? Horx: Nein, sondern klug und wirklich intelligent digitalisieren. Es gab ja eine Zeit, in der man alles und jedes radikal digitalisiert hat. Das ist nicht immer gut gegangen. Zum Beispiel in der menschlichen Kommunika­tion.

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CHINA VOLLZIEHT DEN ÜBERGANG IN EINE ÖKOMODERNE VIEL SCHNELLER ALS WIR. Die „sozialen Medien“ haben eher eine Katastrophe des Kommuni­ka­ tiven erzeugt. Hassstürme, politische Manipulation, eine Zerstörung öffentlicher Debatten, aber auch Narzissmus und das, was man die „digi­ tale Einsamkeitsepidemie“ nennen kann: Am Bildschirm sind viele furcht­ bar einsam. Auch die Idee, die Pflege von Kindern und Alten Robotern zu überlassen, halte ich für ziemlich dumm. Menschen bleiben eben auch körperliche, sinnliche Wesen, die Nähe und echte Verbindung brauchen. Wenn ein Unternehmen seine Kunden sozusagen in den virtuellen Raum schieben will und nicht mehr direkt kommunizieren möchte, kommt es zu gewaltigen Entfremdungen. Man stelle sich vor, wir könnten als Kun­ den nur noch mit Sprachrobotern telefonieren, wenn wir Kundenservice wollen. Da würden die meisten Menschen nicht mitmachen, weil sie sich dann abgeschoben vorkämen. Es geht um humane Psychologie, einfach darum, dem Analogen das zu geben, was analog bleiben wird, und das Digitale da zu nutzen, wo es im qualitativen Sinne nützlich ist. Wir nen­ nen das auch „realdigital“ oder eben „erleuchtete Digitalisierung“. business: Viele Wirtschaftsforscher sagen: Wir leben in einer Zeit des Wandels, der viel rascher passiert als frühere industrielle Revolutionen. Wie passt sich ein Unternehmen an dieses Tempo an?


INTERVIEW

Trendforscher Matthias Horx: „Das in alle Richtungen explodierende mediale System führt zu Reizüberflutung. Wir müssen lernen, abzuschalten zu können.“

Der neue Bestseller des Trendforschers „15 1/2 Regeln für die Zukunft“ erscheint im Econ Verlag.

Horx: Ich glaube zunächst einmal dieser Wirtschaftsforscher-Aussage nicht. Ist es nicht eher so, dass es immer wieder Zeiten gab, in denen sich vieles geändert hat? Wenn vieles sich schnell verändert, bleiben trotzdem eine Menge Dinge gleich oder verlaufen schleppend. Men­ schen ändern sich einfach nicht so schnell, und auch die Märkte brau­ chen manchmal sehr lange, bis etwas tatsächlich Neues auftaucht. Wir sprechen auch von der „Asynchronizität“ des Wandels. Und darauf sollte man sich einstellen. Oft ist es viel besser, konsequent graduell ­etwas zu verändern, das ist ja das Geheimnis vieler KMU. Man braucht ja im Unternehmen eine Vertrauenskultur, und die muss wachsen können und gepflegt werden. Dann kommen, wie im persönlichen Leben, allerdings auch manchmal Zeiten, wo alles sehr schnell geht. Darauf kann man sich seelisch vorbereiten, indem man Angst abbaut und „vitale Gelassenheit“ übt. Also skeptisch gegenüber den Hektikern sein, die ständig neue Re­ volutionen verkünden, und die Dinge eher in der Übersicht betrachten. Wir nennen das auch „futuristische Gelassenheit“. business: Der technologische Wandel führt zu Verwerfungen am Arbeits­ markt. Wie löst sich dieses Problem auf? Horx: Diese Prognose gibt es ja schon seit vielen Jahren, aber auch hier kann man sehen, dass nichts so schnell zu radikalen Umbrüchen führt, was fundamentale Sicherheitsbedürfnisse der Menschen berührt. Die Festanstellung ist immer noch das bei Weitem verbreitetste Modell der Arbeit, obwohl wir schon seit 20 Jahren von „New Work“ sprechen. Frauen sind immer noch kaum in die Chefetagen vorgedrungen, obwohl wir uns seit einem gefühlten Jahrhundert mit der endgültigen Feminisie­ rung der Arbeits- und Managementwelt beschäftigen. Ich glaube, es gibt in Zukunft eher mehr Hybridformen der Arbeit. Entweder Abwechslungen zwischen Zeiten der Selbstständigkeit und der Angestelltheit im Lebens­

verlauf. Oder auch mehr Zeitflexibilisierungen nach der jeweiligen Lebenssituation. In Skandinavien pendelt sich heute die Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden ein, weil dort die meisten Frauen arbeiten und die Erziehungsarbeit geteilt wird. Solche Tendenzen gibt es bei uns auch. Als Gig-Arbeiter kann man aber kaum eine Familie gründen, ist man ja stän­ dig davon bedroht, dass die Preise verfallen oder die Aufträge ausbleiben, da braucht man ein Gegengewicht. Was generell steigt, ist der Verant­ wortungsgrad, die Selbstständigkeit innerhalb der klassischen Arbeits­ verhältnisse. Klassische Befehlshierarchien sind heute einfach zu steif, zu langsam, um mit Komplexität fertig zu werden. Man braucht leben­dige Teams, agile Belegschaften. Das geht nur, wenn man sinnhaft kommu­ nizieren kann, wenn die Vision, die emotionale Zielsetzung des Unterneh­ mens, deutlich wird. Unternehmen, die ihren inneren Zukunftssinn sicht­ bar machen können, nach außen zu den Kunden und nach innen zu den Mitarbeitern, florieren. Das ist die eigentliche Resilienz. business: Zum Abschluss noch eine Frage zum Mindful Living: Wie ­sehen Lebensstile im Zeitalter der Achtsamkeit aus? Horx: Das wahre Zivilisationsproblem, in dem wir leben, ist das in alle Richtungen explodierende mediale System, wir nennen das auch die „Hypermedialität“. Rund um die Uhr werden wir mit Reizen, Störungen, Katastrophenmeldungen, die wir nicht mehr verarbeiten können, bom­ bardiert. Deshalb handelt die Mindfulness-Revolution vor allem von einem bewussten Umgang mit Reizen und Medien. Wir müssen sozusa­ gen unser Inneres, unser klares Denken, wieder zurückerobern. Das be­ deutet auch, abschalten zu können, im mehrfachen Sinne. OMline ge­ hen. Dass wir uns zwar mit der Welt verbunden fühlen, aber nicht dauernd von ihr überfahren lassen. Darin liegt eine bestimmte Form der inneren Souveränität, der Gelassenheit. Das kann sich in allem Möglichen aus­ drücken: Yoga, Meditation oder einfach Entrümpelung, Aufräumen à la Marie Kondo. Bewusster Verzicht von Überkonsum. Genussvolle Askese. Nicht immer alles haben und besitzen wollen ist der neue Luxus. ••

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START-UP

VERKÄUFER ­WISSEN ALLES Aktuelle Unternehmensdaten auf Abruf, gefiltert aus Millionen von Daten: Das Leondinger Unternehmen Salesbeat nutzt künstliche Intelligenz für einen Wissensvorsprung im Geschäftsleben. Text: Markus Mittermüller

Scan von Hunderttausenden Websites Wer hier den Überblick bewahren und die relevanten Infos schnell filtern kann, hat einen entscheidenden Wissensvorsprung im Geschäftsleben. Hier setzt das Unternehmen Salesbeat aus Leonding an. Mittels künst­ licher Intelligenz (KI) werden Hunderttausende Websites in Echtzeit gescannt und Millionen an Daten verarbeitet. „Damit liefern wir tages­ aktuelle Firmendaten von Bestandskunden, Interessenten und Ge­ schäftspartnern. So erhalten Mitarbeiter im B2B-Kontakt wertvolle Im­ pulse zur Kommunikation mit Kunden und Interessenten“, erklärt Philipp Schachinger, Geschäftsführer und Gründer von Salesbeat. Eine eigene Erfahrung als früherer Vertriebsmitarbeiter hat ihn auf die Idee seines Unternehmens gebracht. „Ich habe mehrere Monate in den USA und in China verbracht. Die manuelle Recherche über tausende Unternehmen war sehr mühsam und zeitintensiv. Daneben musste ich noch Angebote schreiben und die Kundentermine absolvieren“, erinnert sich Schachinger. Seine Frage war daher: Gibt es kein System, das den Vertrieb bei dieser Arbeit unterstützt? 2015 reifte die Antwort: Er begann, seine Idee zu konzipieren. Ein Jahr später kündigte er seinen Job, der Marktstart folgte im Oktober 2017. Nicht ohne Hürden, denn: „Es ist ein großer Unterschied, ob man Forschung zu künstlicher Intelligenz betreibt oder versucht, diese in Produktion zu bringen“, sagt Schachinger. Entwicklung, Forschung und Vertrieb – alles findet im eigenen Unterneh­ men statt, das mittlerweile acht Mitarbeiter hat. Unterstützung bei der In­ ternationalisierung erhofft man sich von der 2018 gestarteten Partner­ schaft mit dem Softwarekonzern Asseco. „Das Potenzial in Europa ist riesig“, sagt der Gründer. Vorerst gilt die Konzentration jedoch dem

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DACH-Raum, auch in Italien hat Salesbeat schon erste Abnehmer. Der­ zeit setzen vor allem Unternehmen aus der Industrie und dem Maschi­ nenbau auf die Dienste von Salesbeat. Wobei gilt: Je internationaler eine Firma ausgerichtet ist, desto wichtiger sind die zur Verfügung gestellten Daten für das Unternehmen. Neuronale Netze erkennen Zusammenhänge Wie kann ein Unternehmen nun die Daten des KI-Experten nutzen? „Sales­ beat Insights“ liefert eine umfassende Firmendatenbank mit Millionen von Geschäftsinformationen. „Die persönliche Beziehung zum Kunden ist im Geschäftsleben wichtig. Kennt man die aktuellen Unternehmens­ infos, schafft man einen schnellen Gesprächseinstieg oder kann Mee­ tings besser steuern“, weiß Schachinger. Das Tool ist in der Lage, die öffentlich zugänglichen Informationen zu einem Unternehmen – wie etwa PR-Texte oder Beiträge in sozialen Medien – zu sammeln und zu analy­ sieren. Mithilfe neuronaler Netze wird der Inhalt sprachlich interpretiert und hinsichtlich seiner Relevanz kategorisiert. „Zur Analyse der gesam­ melten Texte verbinden wir mehrere Techniken und Methoden des Natu­ ral Language Processing, das eine maschinelle Verarbeitung natürlicher Sprache ermöglicht. Im zweiten Schritt übernehmen die eingesetzten neuronalen Netze die Erkennung von Zusammenhängen und Mustern in den großen Datenmengen“, erklärt der CEO. Daten wie offene Stellen­ ausschreibungen, veränderte Stimmungsanalysen oder das Interaktions­ level in den sozialen Medien haben laut Salesbeat eine große Aussage­ kraft über die aktuelle und zukünftige Entwicklung eines Unternehmens. Gleichzeitig lassen sich mit dem KI-Tool auch Mitbewerber beobachten. Hilfe bei Kundensuche Seit Oktober neu ist der sogenannte „Salesbeat Finder“. Dieses Tool unterstützt Unternehmen dabei, potenzielle Neukunden zu finden. Scha­ chinger: „Wir liefern Neukundenvorschläge im B2B-Bereich mit sämt­ lichen Daten zu den Unternehmen.“ In welche Richtung die künftige Ent­ wicklung gehen wird, möchte der KI-Spezialist noch nicht verraten: „Wir haben viel Know-how über künstliche Intelligenz gesammelt. Es gibt viele Ideen, wie wir dieses Wissen in Zukunft nutzen werden.“ ••

© Salesbeat

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issen ist Macht“, behauptete der englische Philosoph Francis Bacon dereinst. Aber: Die durch das Internet be­ dingte Daten- und Informationsflut scheint mehr Verwir­ rung als tatsächlichen Wissensvorsprung zu bringen. Eine Studie der International Data Corporation (IDC) und dem Festplat­ tenhersteller Seagate aus dem Jahr 2017 sieht die globale Datenflut bis zum Jahr 2025 sogar auf 163 Zettabyte anwachsen. Ausgeschrie­ ben hätte diese Zahl 21 Nullen, sie entspricht einer Milliarde Terabyte.


START-UP

WIR LIEFERN NEUKUNDENVORSCHLÄGE MIT SÄMTLICHEN INFOS ZUM UNTERNEHMEN. PHILIPP SCHACHINGER, GESCHÄFTSFÜHRER SALESBEAT

QR-Code scannen und Demo-Version von Salesbeat anfordern.

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Der Concept Fire Truck von Rosenbauer revolutioniert Feuerwehrfahrzeuge: Der Antrieb ist elektrisch, der Aufbau modular.


ELEKTRISCH  LÖSCHEN Text: Robert Prazak • Foto: Rosenbauer


HYBRIDE LÖSUNGEN

Der oberösterreichische Weltmarktführer Rosenbauer bringt sein Elektrolöschfahrzeug näher an die Serienreife – der Concept Fire Truck ist aber nicht nur wegen seines Antriebs wegweisend. Elektromobilität ist für Österreichs Industrie g­ enerell ein Zukunftsmarkt.

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eise, umweltfreundlich, praktisch zu benutzen, ansprechendes Design, funktionale Eigenschaften – die Anforderungen an Fahrzeuge ändern sich. Und das gilt keineswegs nur für Pkw, auch Spezialfahrzeuge sollten den höheren Ansprüchen der Kunden etwa in Sachen Klimaschutz entsprechen. Der oberösterrei­ chische Feuerwehrspezialist Rosenbauer reagiert darauf: Sein Con­ cept Fire Truck, eine 2016 erstmals vorgestellte Konzeptstudie, rückt jetzt immer näher an die Serienreife heran. Bei diesem Feuerwehrfahr­ zeug handelt es sich nicht einfach um eine Weiterentwicklung beste­ hender Modelle, sondern es geht in eine ganz andere Richtung: Die gesamte Architektur des Trucks, die Elektrifizierung des Antriebs­ strangs und die ergonomische Gestaltung ergeben so etwas wie eine kleine Revolution für einen sehr speziellen Markt, das erkennt man schon beim ersten Betrachten des Fahrzeugs – das so gar nicht wie ein herkömmliches Feuerwehrgerät aussieht. Man fühlt sich eher in ­einen Science-Fiction-Film versetzt. Bestseller der Zukunft Dabei ist es keineswegs Fiktion, was das Rosenbauer-Zukunftsmodell kann. Zwar nicht sichtbar, aber für potenzielle Kunden doch ein gewich­ tiges Argument ist vor allem die Tatsache, dass der Concept Fire Truck rein elektrisch betrieben wird. Nun werden im Falle eines Einsatzes zwar Lärm und Emissionen zunächst weniger wichtig sein als Geschwindig­ keit und Zuverlässigkeit. Doch bei der Auswahl der passenden Fahrzeuge spielt Klimaschutz vor allem für jene Städte, die sich diesem Aspekt ver­ schrieben haben, jedenfalls eine Rolle – das Interesse an der RosenbauerEntwicklung ist dementsprechend groß. Bis 2030 soll der Markt für solche Hybrid-Trucks Schätzungen zufolge bei rund 3.200 Stück liegen; in Europa könnten laut Rosenbauer bis 2025 schon bis zu 800 davon im Einsatz sein. Ebenso wie der PkwMarkt könnte sich also auch diese Sparte rascher wandeln als vielfach prognostiziert.

Die Chancen, dass aus dem Konzept schon bald einsatzbereite Fahr­ zeuge werden, steigen nicht zuletzt durch die Partnerschaft von Rosen­ bauer mit der Berliner Feuerwehr, bei der ein sogenanntes „eLHF“ – das steht für „elektrisches Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeug“ – auf Basis des Concept Fire Trucks gemeinsam entwickelt und zur Serienreife gebracht werden soll. Schon 2021 soll ein solches eLHF in Berlin ein Jahr lang in der Praxis ausprobiert werden. Nicht nur niedrigere Schadstoff- und Lärm­emissionen erwartet sich die deutsche Hauptstadt davon, sondern

„DURCH DEN EINSATZ VON ELEKTROANTRIEBEN HABEN WIR EINE VÖLLIG NEUARTIGE FAHRZEUGSTRUKTUR GESCHAFFEN, DIE HUNDERTPROZENTIG AUF ZUKUNFTSSZENARIEN WIE URBANISIERUNG, KLIMAERWÄRMUNG UND DEMOGRAFISCHEN WANDEL ABGESTIMMT IST UND FUNKTIONAL WIE ERGONOMISCH NEUE MASSSTÄBE SETZT.“ Dieter Siegel, CEO Rosenbauer

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HYBRIDE LÖSUNGEN Bis 2025 könnten in Europa schon 800 Hybrid-Trucks im Einsatz sein.

Bis 2030 soll der Markt für solche Hybrid-Trucks bei 3.200 Stück liegen.

2021 soll Rosenbauers ­e lektrisches Löschfahrzeug in Berlin getestet werden.

© Rosenbauer, Eric Kruegl

Bis 2030 könnte E-Mobilität 34.000 Arbeitsplätze in ­Ö sterreich schaffen.

auch mehr Sicherheit und bessere Kommunikationsmöglichkeiten für die Feuerwehrleute. Berlin könnte damit tatsächlich die erste Stadt sein, in der das Feuerwehrfahrzeug der Zukunft seinen praktischen Einsatz hat. Der Concept Fire Truck sei das innovative Leitprojekt des Unternehmens, das die großen Megatrends wie Klimaerwärmung, demografischen Wan­ del und Urbanisierung sowie die damit verbundenen Herausforderungen für die Feuerwehren antizipiert, fasst es Rosenbauer-CEO Dieter Siegel zusammen. „Durch den Einsatz von Elektroantrieben haben wir eine völlig neuartige Fahrzeugstruktur geschaffen, die hundertprozentig auf diese Zukunftsszenarien abgestimmt ist und funktional wie ergonomisch neue Maßstäbe setzt.“ Neben dem Klimawandel wurde bei der grundsätzlichen Entwicklung des Concept Fire Truck nämlich noch eine Reihe weiterer Trends berück­ sichtigt – zum Beispiel der steigende Verkehr oder die Verdichtung urba­ ner Räume. Auf gut Deutsch: In den Städten wird es eng. Fahrzeuge müssen deshalb wendiger und flexibler sein. Der Concept Fire Truck hat daher unter anderem einen kleineren Wendekreis und soll auch in Sachen Fahrperformance besser sein als bisherige Modelle. Ebenso spielt die zunehmende Vernetzung eine Rolle. Ausschlaggebend ist darüber hinaus die Tatsache, dass bei Lösch- und Rettungseinsätzen immer mehr Ge­ räte zum Einsatz kommen. Dadurch gelangen bestehende Generatoren rasch an ihre Leistungsgrenze. Rosenbauer will mit dem Hybridsystem namens Electric Power System (EPS) die passende Lösung parat haben. Es handelt sich konkret um ein modulares System aus Generator, Um­ richtern und elektrischen Verbrauchern, das für jede Fahrzeugkategorie geeignet sein soll. Was der nächste Bestseller werden könnte. Schon

jetzt zählt Rosenbauer zu den größten Herstellern von Feuerwehrfahrzeu­ gen und -technik weltweit. 2018 schaffte der Konzern ein EBIT von knapp 49 Millionen Euro bei 909 Millionen Umsatz, erwirtschaftet in rund 100 Ländern. Im Vorjahr wurden 1.932 Fahrzeuge weltweit ausgeliefert – neben Feuerwehrfahrzeugen unter anderem auch Hubrettungs- und andere Spezialfahrzeuge. Rosenbauer beschäftigt rund 3.600 Mitarbeiter. Elektromobilität und steigende Ansprüche der Kunden in Sachen Klima­ schutz sind aber nicht nur für Rosenbauer ein gewichtiges Thema – die gesamte österreichische Industrie sieht darin große Chancen. Hersteller wie AVL List, Magna oder das BMW-Motorenwerk in Steyr bauen bereits auf die steigende Bedeutung von elektrischen Antrieben und Elektro­ autos. Grundlage dafür sind Forschung und Entwicklung. In einer Studie wurde schon im Jahr 2016 die Bedeutung für den Wirtschaftsstandort unterstrichen: Demnach könnten durch E-Mobilität bis 2030 rund 34.000 Vollzeitarbeitsplätze und eine Wertschöpfung von mehr als drei Milliarden Euro in Österreich geschaffen werden. Auch Unternehmen wie die auf Batterietechnologien spezialisierte Kreisel Electric können den Trend zum emissionsfreien Fahren nutzen. ••

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LOGISTIK

AUF DEM WEG ZUR WELTSPITZE Agilox stellt Logistikroboter her, die ohne zentralen Leitrechner funktionieren, ihre Routen durch künstliche Intelligenz planen und untereinander kommunizieren. Im Sommer hat das oberösterreichische Unternehmen eine wichtige­­ ­Investitionsspritze von Raiffeisen OÖ erhalten, was den internationalen Kunden hohe Finanzkraft signalisiert. Text:Alexandra Rotter

Die optimale Route finden Gestartet als Logistikberater, ist Agilox heute eine Hightech-Schmiede. Produziert werden sogenannte Intelligent Guided Vehicles (IGV) für die Intralogistik – Logistikroboter, die durch künstliche Intelligenz ohne zen­ tralen Leitrechner in der Lage sind, selbstständig Transporte in Lagerund Produktionshallen durchzuführen. Mitbegründer Dirk Erlacher, einer der beiden Geschäftsführer des Unternehmens, vergleicht das System mit Google Maps, wo die Software die optimale Route errechnet und ans Ziel führt. Tauchen Hindernisse auf, plant das System eine neue Route. Denn: Die Agilox-Roboter kommunizieren miteinander und teilen sich in Echtzeit mit, wo man gerade nicht durchkommt. Durch diese Schwarm­ intelligenz hebt sich Agilox vom Mitbewerb ab. Und es gibt noch eine Dif­ ferenzierung, wie Erlacher erklärt: „Unser IGV ist das einzige Plug-andPlay-­Fahrzeug und in wenigen Stunden implementiert.“ Das funktioniert laut ­Erlacher „ähnlich unkompliziert wie bei einem Rasenmähroboter“. Geliefert werden die IGVs an große Konzerne wie Siemens, DHL, BMW, Lufthansa Technik, LSG Sky Chefs und China Tobacco. Da spiele auch die Finanzkraft eine Rolle, sagt Geschäftsführer Erlacher, weshalb die ­aktuelle Investitions­runde notwendig geworden sei. Schon 2017 gab es eine große Finan­zierung, damals von der Raiffeisen KMU Beteiligungs AG, einem Unternehmen der Raiffeisenlandesbank OÖ, um das Produkt fertig entwickeln zu können. Die jetzige Finanzierung lässt den Unterneh­ menswert laut Medien auf fast 100 Millionen Euro steigen.

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Vor der Wachstumshilfe gehörte Agilox sechs Gesellschaftern – darunter die beiden Geschäftsführer. Jeder besitzt genau gleich viele Unterneh­ mensanteile. Zusammen halten sie rund 60 Prozent der Anteile, der Rest ging an die Investoren. Erlacher: „Die Mehrheit war uns wichtig, damit wir den Kurs bestimmen können.“ Grundsatzentscheidungen darüber wer­ den im Kreis der Eigentümer getroffen, davor wird so lange diskutiert, bis sich alle einig sind. Ziel Weltmarktführer So viel Konsens gibt Mut für ambitionierte Pläne. Im Jänner hat das Un­ ternehmen in Atlanta den ersten Standort in den USA eröffnet. Außerdem entsteht bald ein Neubau für die Produktion in der Nähe von Lambach, der wohl ca. 4.500 Quadratmeter groß und leicht erweiterbar sein wird. Auch der risikoreiche, aber wichtige chinesische Markt wird sondiert, bei Shanghai könnte ein neuer Standort entstehen. Parallel dazu wird an der Produktpalette gearbeitet. Ein Fahrzeug für deutlich höhere Lasten und Hubhöhen bei ähnlicher Agilität wird die ­Automatisierung von noch mehr Logistikprozessen ermöglichen. Auch an einem Transportroboter für Übersee­container für den Hafentransport wird eifrig gearbeitet, um irgendwann die große Vision zu realisieren. Erlacher: „Das große Ziel ist, dass wir weltweit vertreten sind. Mit unserer Technologie können wir den Anspruch stellen, ein Weltmarktführer zu wer­ den.“ Dafür wolle man die gesamte Logistikkette abdecken und alles in­ house abwickeln können. Und: Schon bald sollen die Kunden ihren Agilox nicht nur in einem Onlineshop bestellen können, sondern die schlaue Apparatur auch gleich ohne jede Unterstützung eines Lieferanten selbst in Betrieb nehmen können. ••

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© Agilox

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ung, technikaffin, schnell wachsend – und trotzdem kein Startup: Dafür ist das Hightech-Logistikunternehmen aus Vorch­ dorf zu erfolgreich etabliert. Standorte und Partner gibt es in elf Ländern auf drei Kontinenten, der Umsatz lag mit acht ­Millionen Euro im Vorjahr doppelt so hoch wie 2017. Jetzt kommt der nächste Schub: Im August ist die OÖ Beteiligungsgesellschaft einge­ stiegen, in der sowohl die Raiffeisenlandesbank OÖ als auch die ober­ österreichischen Raiffeisenbanken zentrale Gesellschafter sind. Die Auswirkungen: Bis Dezember soll die Mitarbeiterzahl bei Agilox auf knapp 50 steigen, zehn davon wurden unmittelbar nach dem Invest­ ment ins Team aufgenommen.


DAS GROSSE ZIEL IST, DASS WIR WELTWEIT VERTRETEN SIND. MIT UNSERER TECHNOLOGIE KÖNNEN WIR DEN ANSPRUCH STELLEN, EIN WELTMARKT­ FÜHRER ZU WERDEN. DIRK ERLACHER, GESCHÄFTSFÜHRER AGILOX

Automatisch schlau: Die AgiloxLogistikroboter suchen sich selbst den schnellsten Weg zum Lagerplatz.

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NACHHALTIG ­DYNAMISCH ­ Anfangs wurden Fonds, die Geld in nachhaltige Unternehmen und Staaten anlegen, in der Finanzbranche oft belächelt. Jetzt werden sie eher beneidet: Kaum eine andere Investmentklasse ist seit 2008 schneller gewachsen, wie die Fonds des Nachhaltigkeitspioniers KEPLER-FONDS KAG zeigen. Text: Harald Fercher • Foto: Wako Megumi / stock.adobe.com



VERANLAGUNG

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igentlich hätten wir erwartet, dass das Thema Nachhaltigkeit nach der Finanzkrise erledigt ist“, sagt Uli Krämer. Er ist L ­ eiter Portfoliomanagement bei der KEPLER-FONDS Kapitalanlage­ gesellschaft, der Fondstochter der Raiffeisenlandesbank OÖ. Den KEPLER Ethik Rentenfonds managt er selbst. Die Gründe für seine Skepsis: „Weil die Unternehmen anderes zu tun hatten, um ihr Schiff durch die raue See zu steuern. Und wir damals dachten, dass in v­ ielen Unternehmen die Stimmung aufkommen würde, dass es für das Thema Nachhaltigkeit jetzt an Zeit und Geld fehle.“ Tatsächlich kam alles ganz anders. Nach der Finanzkrise zog das Inte­ resse an nachhaltiger Geldveranlagung eigentlich erst so richtig an. Da­ vor wurde es von manch hartgesottenem Finanzmanager nur belächelt. Jetzt hat das Thema eine Breite, die wohl nur wenige für möglich gehal­ ten hätten. Beispiel gefällig? Zwischen 2004 und 2008 stieg das Volu­ men, das in nachhaltigen Fonds der KEPLER-FONDS KAG veranlagt wurde, um rund 23 Prozent. Dann folgte die Insolvenz der US-Invest­

NACHHALTIGE FONDS ZEIGEN KEINE PERFORMANCE-­ NACHTEILE. mentbank Lehman Brothers, die Finanzkrise brach aus. Trotzdem stieg die Veranlagung in nachhaltige KEPLERFONDS mehr als zehnmal so stark an wie vor dem ­Konjunkturcrash – bis 2013 um rund 266 Prozent. Der­ zeit werden in den nachhaltigen Portfolios der KEPLERFONDS KAG insgesamt 1,67 Milliarden Euro verwal­ tet. Gegenüber 2008 ist das ein Volumenszuwachs von fast 1.670 Prozent. Etwa 600 Millionen davon stammen von Privatanlegern – in Fachkreisen als Publikumsfonds tituliert (siehe Grafik). Der Erfolg der Linzer Investmentbanker hat frei­ lich auch mit Erfahrung zu tun. Uli Krämer: „Wir widmen uns dem Thema Nachhaltigkeit ei­ gentlich schon seit Gründung der KEPLERFONDS KAG. Den ersten Ethik Aktienfonds gibt es seit 2002. In den letzten Jahren ist das Thema Nachhaltigkeit in der Geldver­ anlagung so richtig wachgeküsst worden. Speziell, seit man sich auch auf EU-Ebene mit dem Thema auseinandersetzt und darüber nachdenkt, wie man nachhal­ tiges Investieren eigentlich genau defi­ nieren kann.“ Ein gar nicht so einfa­ ches Thema, wie Experten bestätigen. KEPLER-Experte Krämer schildert das an folgendem Beispiel: „Atomkraft etwa ist in Österreich und Deutsch­ land verpönt, in Frankreich hingegen nicht. Wenn es um das Thema Nach­ haltigkeit geht, gibt es bisher keine einheitlichen Standards.“ Der Grund

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© Erwin Wimmer

ULI KRÄMER, LEITER PORTFOLIOMANAGEMENT KEPLER-FONDS KAG


VERANLAGUNG

KEPLER-FONDS: Volumen nachhaltiger Investments (in Mio. Euro)

1.800

Quelle: KEPLER-FONDS KAG, 09/2019

GESAMT Publikumsfonds

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für diese unterschiedliche Sichtweise: In Frank­reich stammen 72 Prozent des im Land produzierten Stroms aus Atomenergie, in Deutschland hin­ gegen liegt der Anteil bei 13,3 Prozent. Dafür kommen 28,1 Prozent aus der Verfeuerung von Stein- bzw. Braunkohle. Der Anteil an erneuerbaren Energien (Wind-, Solar-, Wasserkraft etc.) in der Stromproduktion ist in Deutschland zwar mittlerweile auf rund 40 Prozent gestiegen, aber ge­ genüber dem österreichischen Strom-Mix liegen unsere Nachbarn deut­ lich zurück. Hierzulande stammen immerhin 72 Prozent der Stromerzeu­ gung aus erneuerbaren Energien, davon 56 Prozent aus der Wasserkraft. „Tu felix Austria“, wie es so schön heißt. Doch zurück zum eigentlichen Thema. Bei KEPLER weiß man um die Sensibilität des Themas nachhal­ tiges Investment schon lange Bescheid und hat sich deshalb unabhän­ gige Experten an Bord geholt. „Wir nutzen die Expertise der Nachhaltig­ keitsagentur ISS-oekom“, sagt Krämer. „Ihre Arbeit lässt sich mit der von Ratingagenturen wie Fitch oder S&P vergleichen. Allerdings mit dem gra­ vierenden Unterschied, dass Finanz-Ratingagenturen von den gerateten Unternehmen, Staaten etc. finanziert werden, Ratingagenturen im Be­ reich der Nachhaltigkeit hingegen von der Nachfrageseite.“ Der Best-in-Class-Ansatz Das nachhaltige Universum von Aktien und Anleihen wird nach streng definierten Kriterien zusammengestellt. Dadurch wird gewährleistet, dass nur in sozial und ökologisch verantwortungsvolle Unternehmen bzw. Länder investiert wird. ISS-oekom analysiert Länder und Unternehmen nach 100 Einzelkriterien. Bei Unternehmen und Staaten wird ein Best-inClass-Ansatz eingesetzt. Dabei wird das Einzelrating von Unternehmen in ein Verhältnis zu Werten von Mitbewerbern aus der gleichen Branche gesetzt. Vorreiter mit einem besonders ausgeprägten ethisch-nachhalti­ gen Verhalten werden dadurch belohnt. „Zusätzlich gibt es noch ver­ schiedene Ausschlusskriterien“, erzählt Uli Krämer. Bei Ländern wäre das etwa ein Atomstromanteil von mehr als zehn Prozent und kein rechtsver­ bindlicher Beschluss für den Ausstieg aus der Atomenergie. Das inves­ tierbare Universum ändert sich quartalsweise, wobei die Unternehmen

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im Fondsvermögen regelmäßig überprüft werden. „Fällt ein Unter­nehmen aus der Liste der investierbaren Titel, so starten wir einen sogenannten Engagement-Prozess. Das Unternehmen wird zu den im Raum schwe­ benden Vorwürfen kontaktiert und kann im Laufe eines Quartals dazu Stellung nehmen. Tut es das nicht oder kann es die Vorwürfe nicht entkräften, wird die Aktie zum nächstmöglichen Zeitpunkt verkauft.“ Ohne Rücksicht auf Verluste? „Ja, denn für uns zählt primär das langfris­ tige Ertragspotenzial.“ KEPLER-FONDS KAG in der Weltspitze Bleibt als Letztes noch die Frage nach der Rendite. In der Vergangenheit hieß es immer wieder, dass nachhaltige Fonds schlechter performen als andere, stimmt das? „Nein“, meint Uli Krämer, „mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Studien und Metastudien, die nachweisen, dass nach­ haltige Fonds strukturell keine Nachteile bringen. Wir selbst vergleichen die Performance unserer nachhaltigen Fonds auch mit Vehikeln aus der klassischen Anlagewelt, den KEPLER Ethik Rentenfonds z. B. mit EuroRenten globaler Ausrichtung. Dabei hat sich heraus­gestellt, dass etwa der KEPLER Ethik Mix laut Morningstar zu den besten zehn Prozent in seiner Anlageklasse zählt. Der KEPLER Ethik Rentenfonds wiederum liegt im obersten Drittel seiner Peer Group.“ Conclusio: Wer beim Geld­ anlegen sein Gewissen nicht hintanstellen will, findet sich mittlerweile in einer immer größer werdenden Gruppe von „grünen“ Anlegern, die nach­ weislich eine kompetitive Rendite im Vergleich zu klassischen Invest­ ments ­erzielen. ••

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Die fünf Nachhaltigkeitsfonds der KEPLER-FONDS KAG • D er KEPLER Ethik Rentenfonds veranlagt überwiegend in Anleihen mit ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitskriterien. Erstausgabe: 5.5.2003 • D er KEPLER Ethik Mix veranlagt nachhaltig und konservativ in verschiedene Anlageklassen. Erstausgabe: 1.10.2014 • N eu: Der KEPLER Ethik Mix Ausgewogen veranlagt nachhaltig und dynamisch in verschiedene Anlageklassen. Erstausgabe: 2.7.2019 • D er KEPLER Ethik Aktienfonds veranlagt überwiegend in Aktien internationaler Unternehmen, die Kriterien der ökologischen sowie sozialen ­N achhaltigkeit beachten. Erstausgabe: 2.7.2002 • D er KEPLER Umwelt Aktienfonds veranlagt überwiegend in Aktien internationaler Unternehmen, die in den Bereichen erneuerbare Energien, ­E nergieeffizienz, nachhaltiger Transport, Wasser bzw. sonstigen Umweltbereichen tätig sind. Erstausgabe: 14.11.2018

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STANDORT

Mit Gerätehäusern und Aufbewahrungsboxen für den Garten ist Biohort zum europäischen Marktführer ­aufgestiegen. Trotz internationaler Orientierung setzt das Unternehmen auf heimische Qualitäten.

WIR SIND HIER IN EINEM DÜNN BESIEDELTEN RAUM MIT SEHR VIELEN PENDLERN. WICHTIG IST, DEN MENSCHEN AUCH DORT ARBEITSPLÄTZE ZU B­IETEN, WO SIE WOHNEN. JOSEF PRIGLINGER, GESCHÄFTSFÜHRER BIOHORT

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© Biohort, Eric Krügl

Text: Markus Mittermüller


STANDORT

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ie Mitarbeiter hier aus dem Mühlviertel haben unternehme­ risches Denken, hohe Leistungsbereitschaft und sind hand­ werklich geschickt.“ Wenn Josef Priglinger, Geschäftsführer von Biohort, über seine 330 Mitarbeiter spricht, gerät er ins Schwärmen. Für ihn sind sie Bestandteil einer bis dato äußerst erfolgrei­ chen Unternehmensgeschichte. Mit prognostizierten 78 Millionen Euro Umsatz in diesem Jahr ist man europäischer Marktführer bei Stauraum­ lösungen aus Metall – also Gerätehäusern für den Garten, Aufbewah­ rungsboxen oder auch Hochbeeten. „Die Mitbewerber mit Gerätehäu­ sern aus Holz haben wir bereits zurückgedrängt“, sagt der 61-Jährige. Wie ist es einem Unternehmen mit Sitz im nur rund 1.300 Einwohner zäh­ lenden Neufelden gelungen, die Europaspitze zu erklimmen? Am Beginn steht die Produktion von Metallgerätehäusern im Werk der Firma Norm­ stahl in Niederwaldkirchen im Jahr 1978. Später wurde der Gartenge­ rätebereich in die Biohort Gartengeräte GmbH ausgelagert, Priglinger übernimmt 1997 von Normstahl 100 Prozent der Biohort-Anteile.

Exportquote von 85 Prozent Die Exportquote des Unternehmens liegt 2018 bei beachtlichen 85 Pro­ zent. Doch nach welchen Gesichtspunkten wählt Biohort eigentlich neue Märkte aus, die für Gartenhäuschen aus Metall vielversprechend sind? Hier entscheidet die Kaufkraft – aber auch die Bedeutung, die das The­ ma Garten in den jeweiligen Ländern hat. „In der Türkei ist der Stellen­ wert zum Beispiel nicht besonders hoch. Und Franzosen geben ihr Geld meist auch lieber für gutes Essen aus, anstatt sich Gartenhäuser zu kau­ fen“, meint der Geschäftsführer. Hohes Potenzial ortet er hingegen noch in Nordeuropa oder auch in Russland. Während der Vertrieb international ausgerichtet ist, bleibt die Produktion in Österreich – und das zu 100 Prozent. Das Blech wird von der voest­ alpine in Linz geliefert. Verarbeitet werden die 8.800 Tonnen Stahlblech pro Jahr neben dem Werk in Neufelden seit dem Vorjahr auch in Her­ zogsdorf, wo ein zweites Werk eröffnet wurde. Es gilt als die modernste Blechverarbeitungsanlage Österreichs.

Nur zwei Jahre später ist Biohort in Österreich bereits bei den meisten Bau- und Heimwerkermärkten gelistet, in Deutschland gibt es schon acht große Listungen. „In den vergangenen zwölf Jahren ist unser Umsatz jährlich um mehr als 20 Prozent gewachsen“, so Priglinger. Die Garten­ gerätehäuser sind Bestseller und wesentlicher Umsatztreiber. Das Er­ folgsgeheimnis liegt laut Priglinger am Werkstoff. „Metall ist wartungsfrei und langlebig. Wir geben 20 Jahre Garantie.“ Das ständig weiter entwi­ ckelte, ansprechende Design sei ein weiterer Puzzlestein für den Erfolg.

Neue Firmenzentrale kommt Und der Ausbau geht rasant weiter. So ist in Niederwaldkirchen eine neue Firmenzentrale geplant, im ersten Bauabschnitt werden 35.000 der 100.000 Quadratmeter verbaut. In die bisherige Firmenzentrale im nur zehn Kilometer entfernten Neufelden wird dann die Ascendor GmbH ein­ ziehen. Auch der Hersteller von Liftsystemen gehört zur Unternehmens­ gruppe von Priglinger. Geleitet wird das Unternehmen von seinem Sohn Maximilian. Insgesamt beschäftigt der Unternehmer damit 400 Mitarbei­ ter in seiner Firmengruppe. Seine regionale Verankerung im Mühlviertel sieht er auch als gesell­ schaftliche Verpflichtung. „Wir sind hier in einem dünn besiedelten, land­ wirtschaftlichen Raum mit sehr vielen Pendlern. Wichtig ist, den Men­ schen auch dort Arbeitsplätze zu bieten, wo sie wohnen“, sagt Priglinger. Dass diese auch die notwendigen Qualifikationen mitbringen, das haben sie in den vergangenen Jahrzehnten der Unternehmensgeschichte be­ reits ausreichend bewiesen. ••

IM GARTEN EUROPAS Besser als die Chinesen Einen besonderen Wettbewerbsvorteil seines Unternehmens sieht der studierte Jurist im Außendienst: „Den haben die Chinesen nicht.“ Dieser sorgt etwa dafür, dass Biohort-Produkte in den wichtigsten Baumärkten gelistet bleiben. „Wir sind auch bei Fachhändlern sehr stark vertreten. Ein gutes Zeichen, weil diese einen besonders hohen Qualitätsanspruch haben.“ Allein acht seiner Mitarbeiter sind im Kundenservice beschäftigt. „Auch bei den stationären Händlern führen wir immer wieder Kundenum­ fragen durch. Die Zufriedenheit ist extrem hoch, wir leben vor allem in Österreich sehr stark von der Mundpropaganda.“ Neben dem Verkauf im stationären Handel war Biohort auch Vorreiter im Onlinevertrieb. Seit 2006 haben die Neufeldener einen Onlineshop, wo die Kunden über einen Konfigurator ihre Produkte selbst zusammenstel­ len können. „Im Marketing sind wir sehr gut aufgestellt – wir kümmern uns auch um Google Adwords, sind auf Facebook und Instagram.“

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WO ZUKUNFT ENTSTEHT Forschung, Ausbildung und Wirtschaft unter einem Dach: 30 Jahre nach der Realisierung ist diese Kreativformel meilenweit ­entfernt von jeglichem Ablaufdatum. Der Softwarepark Hagenberg gilt immer noch als technologisches V­ orzeigezentrum. Text: Christian Prenger • Foto: FH OÖ

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STANDORT

MAN TRIFFT HIER FORSCHER, STUDIERENDE UND FIRMENCHEFS BEIM MITTAGESSEN. SONJA MÜNDL, MANAGERIN SOFTWAREPARK HAGENBERG

Schon die Namensgebung löst Erstaunen aus. Parks werden bis zu dem Zeitpunkt mit Bänken oder Bäumen assoziiert. Selten mit Technologie. Durch die Gründung 1989 ist jene Variante allseits bekannt. In der Mühl­ viertler Gemeinde geht also der Vorhang hoch, das Technologiezentrum gewinnt relativ rasch grenzüberschreitende Strahlkraft. Die hier prakti­ zierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau bildet den Basistreib­ stoff des Steigfluges. Kreatives Biotop Bald folgen andere Universitätsinstitute, das Image des kreativen Bio­ tops für smarte Köpfe und Vordenker nimmt zusehends Gestalt an. Als akademischer Elfenbeinturm war das Projekt ohnehin nie gedacht. Sondern als vernetzter Innovationsschmelztiegel mit Bodenhaftung

Wolfgang Stockner, Absolvent der FH Oberösterreich und Gründer von „bluesource“.

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Berthold Kerschbaumer, Dekan der FH OÖ Fakultät für Informatik, Kommunikation & Medien in Hagenberg.

hinsichtlich Wissenschaft und Wirtschaft. Den Sprung von der blumigen Theorie zur gelebten Praxis vollziehen auch jene IT-Firmen, die ab 1990 auf dem Gelände ankommen. In besagtem Umfeld gründen Roland Sprengseis und Wolfgang Stock­ ner „bluesource“, bekannt geworden durch ihre digitale Kundenkarte „mobile-pocket“. Das Einbinden des Start-ups für App-Entwicklung in die Zentrums-DNA benötigt wenig Zeit. Dann werden Projekte mit Ko­ operationspartnern vor Ort realisiert. Das Ergebnis spricht eine deutliche Sprache: Der Newcomer-Betrieb ist schon früh kontinuierlich ausgelas­ tet, in der Kasse sammelt sich Geld zur Realisierung eigener Produkte. Jene geschäftliche Schubkraft erfüllt bis in die Gegenwart ihren Zweck: „Heute profitieren wir von unserem Firmennetzwerk. Hier lassen sich un­ bürokratisch und flexibel verschiedene Leistungen sowie Know-how ab­ rufen. Durch die Nähe zur Fachhochschule können wir uns bei den Stu­ denten als attraktiver Arbeitgeber positionieren“, erklärt Stockner. Diese Materie kennt der Digitalprofi aus erster Hand. Beide Gründer haben Software Engineering an der 1993 ins Leben gerufenen Fachhochschule Oberösterreich studiert. Kaum jemand ahnt am Campus Hagenberg nach der ersten Sponsion, dass ein Publikumshit entsteht. 6.200 Absol­ venten sind es bis dato. Aktuell studieren rund 1.600 Nachwuchshoff­ nungen in den Bereichen Informatik, Kommunikation und Medien. Lukrative Jobs Allfällige Gedanken an eine steile Laufbahn nach dem Finale sind kein Luftschloss. Schließlich gilt Hagenberg durch seine individuelle Konzep­ tion bei Brötchengebern als Gütesiegel. „Der strukturierte Verlauf garan­ tiert ein zügiges Studium mit viel Praxisnähe. Deshalb ist das Interesse an den Absolventen enorm. Sie können aus einem sehr breiten Angebot an lukrativen Jobs wählen“, vermerkt Fachhochschul-Dekan Berthold Kerschbaumer. Tatsächlich gründeten Hagenberg-Absolventen erfolg­ reiche Start-ups wie Runtastic oder sind in den USA bei führenden Unternehmen wie Microsoft tätig.

WIR WOLLEN DIE INTERNATIONALE WAHRNEHMUNG STEIGERN. MICHAEL AFFENZELLER, WISSENSCHAFTL. LEITER SOFTWAREPARK

Forschung, Ausbildung und Wirtschaft unter einem Dach: Die Kreativfor­ mel zeigt weiter ihre starke Wirkung. „Der Softwarepark ist ein Ort der Bewegung. Alles passiert auf engem Raum. Wer sich ansiedelt, sucht Ex­ perten und wird fündig. Es geht nicht um Konkurrenz, Ergänzung ist das Ziel. Das führt zu erfolgreichen Projekten in entspanntem Umfeld. Man trifft Studierende, Firmenchefs und Forscher beim Mittagessen. Dennoch bleibt der Qualitätsanspruch sehr hoch“, betont Softwarepark-Manage­ rin Sonja Mündl. Was ebenso Blicke über den regionalen Tellerrand betrifft. Mehr globales Rampenlicht, so lautet das Motto. „Wir wollen die internationale Wahr­ nehmung steigern. Forscher aus Hagenberg treten auf wichtigen Kon­ gressen auf und publizieren in anerkannten Medien. Das soll künftig besser in das Bewusstsein gelangen“, fordert Michael Affenzeller, wis­ senschaftlicher Leiter des Softwareparks Hagenberg. Dieses Programm dürfte bald ebenfalls reibungslos laufen. ••

© FH OÖ

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rfolg kann schnell für beengte Verhältnisse sorgen. In der Johannes Kepler Universität Linz wird jedenfalls der Platz zu klein für große Gedanken. Das RISC (Research Institute for Symbolic Computation), bereits in den 1980er-Jahren ein relevanter internationaler Player, kann an diesem Standort jedenfalls nicht mehr expandieren. Dessen Chef Bruno Buchberger benötigt trotzdem dringlich räumliche Erweiterung – ein Tribut an den stetigen Wachstumskurs seines Institutes. Der Professor für Computer-Mathematik begibt sich auf die Suche. 1987 beendet Josef Ratzenböck diesen Marathon: Schloss Hagenberg avan­ ciert nach seiner Renovierung zum neuen Heimatgebiet der Gelehrten. Oberösterreichs Landeshauptmann deponiert auch eine Bitte: Der künf­ tige Nutzer möge sich doch etwas einfallen lassen, was regionale Arbeits­ plätze anbelangt. „Ich habe mir dann in drei Wochen den Softwarepark Hagenberg als Zentrum für Forschung, Lehre und Anwendung einfallen lassen“, sagt Buchberger.


INTERVIEW

„DAS KONZEPT IST IMMER NOCH ZUKUNFTS­ WEISEND.“

Softwarepark-Gründer Bruno Buchberger über digitalen ­Zeitgeist, internationale Talente, Software und Mathematik.

business: Wurden Sie belächelt bei der Softwarepark-Gründung? Bruno Buchberger: Natürlich. Software war für die meisten ein esote­ risches Gebiet. Doch es gab einige Persönlichkeiten wie Landeshaupt­ mann Josef Ratzenböck, die sehr wohl die Wichtigkeit eines solchen Technologieparks erkannt haben. Für mich gab es ohnehin nie Zweifel am Erfolg. business: Hat Hagenberg das erreicht, was einst angestrebt wurde? Buchberger: Das Wachstum war größer als erwartet. Mit 25 Mitarbei­ tern und Studenten bin ich nach Hagenberg gezogen, heute sind dort mehr als 2.500 Personen tätig. business: Was hat das Projekt groß gemacht? Der digitale Zeitgeist? Buchberger: Diesen gibt es heute überall. Nicht überall findet sich hin­ gegen ein Projekt wie jener Softwarepark. Der Punkt ist die Einsicht in kreative sowie intellektuelle Schlüsselfaktoren. Ein Land, wo die Kunst des klaren Denkens, Sprechens und Handelns gepflegt wird – meine Definition von „Mathematik“ –, verfügt gerade im digitalen Zeitalter über beste Erfolgschancen. Es liegt nur an uns.

business: Wohin soll der Weg von Hagenberg künftig führen? Buchberger: Das Konzept Forschung, Ausbildung und Wirtschaft unter einem Dach ist immer noch zukunftsweisend. Es gibt keinen Grund, warum der Softwarepark nicht weiter gewaltig wachsen könnte. business: Was sind die Voraussetzungen für einen derartigen Effekt? Buchberger: Es geht um zwei miteinander verbundene Prinzipien. Infra­ struktur für ein vibrierendes, jugendliches, internationales Leben und die systematische Anwerbung junger ausländischer Talente als Studenten, Mitarbeiter oder Gründer. Gesteigerte Attraktivität bei der Zielgruppe garantiert dann Innovationskraft und Entwicklungspotenzial. ••

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21 LEKTIONEN FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT

2030: WIE VIEL MENSCH VERTRÄGT DIE ZUKUNFT?

Ein Historiker wird zum Superstar: Seit seinen Bestsellern „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ und „Homo Deus“ wird der 43-Jährige beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos umschwärmt, mächtige Politiker wollen ihn persönlich kennenlernen, sein neues­ tes Buch wurde in der New York Times von Microsoft-Gründer Bill Gates besprochen. Knappes Fazit der amerikanischen Unterneh­ merlegende: „Fascination“. Tatsächlich stellt sich Harari in seinem umjubelten jüngsten Werk wahrhaft drängenden Fragen: Warum ist die liberale Demokratie in der Krise? Ist Gott zurück? Soll Europa offen bleiben für Zuwanderer? Kann der Nationalismus eine Ant­ wort geben auf Klimawandel und soziale Ungleichheit? Was sollen wir unseren Kindern beibringen? Und können wir die Welt, die wir erschaffen haben, überhaupt noch verstehen? Harari lädt ein, über Werte, Bedeutung und persönliches Engagement in einer Zeit vol­ ler Lärm und Ungewissheit nachzudenken. Weil in einer Welt, die überschwemmt wird mit bedeutungslosen Informationen, Klarheit auch Macht ist. Das Buch kann helfen, die Dinge ein wenig klarer zu s­ ehen, und damit das globale Spielfeld etwas einebnen. ••

Ein Ausflug mit Europas renommiertesten Zukunftsforschern ins Jahr 2030: Was nach Science-Fiction oder Megatrend-Prophezei­ ung klingt, ist in Wahrheit ein fundierter Blick in den Alltag von über­ morgen. Wie wird unser echtes Leben an einem normalen Tag des Jahres 2030 verlaufen? Wir erleben Menschen und ihre intelligen­ ten digitalen Assistenten. Diese geben nicht nur bessere Antworten auf menschliche Fragen, sondern sind auch der Grund, warum Menschen inzwischen Computern mehr vertrauen als anderen Menschen. Neue Technologien bringen für unsere Kinder neue Jobs, die wir heute noch gar nicht mit Namen kennen. Neue Super­ computer berechnen die meisten Dinge in unserem Leben voraus: Predictive Enterprises, Predictive Cities, Predictive Life. Doch da­ mit nicht genug: Im Jahr 2030 bereitet der neue Digitalminister in der Regierung das Land darauf vor, dass in der nächsten Genera­ tion die Menschen nur noch die zweitintelligenteste Spezies auf der Erde sind. Wir Menschen leben dann vermeintlich besser: Wir wis­ sen mehr. Wir sehen mehr. Wir fühlen mehr. Doch was davon ist noch menschlich? Wie viel Mensch verträgt die Zukunft? ••

Autor: Yuval Noah Harari Verlag: C.H. Beck ISBN: 978-3-406-72778-8

Autor: Sven Gábor Jánszky, Lothar Abicht Verlag: 2b AHEAD Publishing ISBN: 978-3-947-59004-9

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© C.H. Beck, 2b AHEAD Publishing, Future Vision Press, Droemer HC

BUCHTIPPS


BUCHTIPPS

ERDE 5.0: DIE ZUKUNFT PROVOZIEREN

SCHLUSS MIT DEM TÄGLICHEN WELTUNTERGANG

Karl-Heinz Land, Gründer der Strategieberatung neuland, bezeich­ net sich selbst als „digitaler Darwinist“. Als Co-Autor von „Der stille Angriff auf Ihr Geschäftsmodell und Ihre Marke“ hat er schon an einem weltweiten Bestseller mitgewirkt, jetzt legt er mit „Erde 5.0“ nach. Diesmal geht es um die großen Probleme der Menschheit wie Hunger, Armut, Klimawandel und Ungleichheit. Land ist überzeugt: Mit digitalen Technologien lassen sich auch diese Probleme lösen. Mehr noch: Jetzt sei die Chance groß, die exponentielle Leistungs­ zunahme der IT und den unterschätzten Megatrend der Demateri­ alisierung für eine zukunftssichere und gerechtere Welt zu nutzen. Aus dieser Perspektive unterzieht Land die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (UN) einer kritischen Prüfung, zeigt Irrwege auf und mahnt ein radikales Umdenken an. Im zweiten Teil des Buches legt Land dar, wie sich die Gesellschaft und der Kapitalismus für die digitale Zukunft wandeln müssen. Denn der Autor ist überzeugt, dass die Digitalisierung alle Lebensbereiche prägt und jede lang­ fristige Erwartung an Beschäftigung und Wirtschaftswachstum ad absurdum führen wird. ••

Klimaerwärmung, Terror, Flüchtlingskrise, Insektensterben: Der Welt scheint es so schlecht zu gehen wie noch nie zuvor, und in Zu­ kunft wird alles noch schlimmer. Könnte man angesichts der Fülle an Katastrophenmeldungen und dystopischen Prognosen zumin­ dest meinen. Aber übersehen wir vor lauter News nicht die tatsäch­ lichen Nachrichten? In ihrem Sachbuch präsentiert die Neuro­ wissenschaftlerin Maren Urner Ideen, wie wir mit der täglichen Nachrichten- und Informationsflut umgehen können und dabei den Blick für das wirklich Wichtige behalten. Mit ihrer wissenschaft­ lichen Expertise erklärt die Autorin, was in der modernen Medien­ welt schiefläuft und wie unser Steinzeit-Hirn täglich von der digi­ talen Informationslandschaft überfordert wird. Analytisch und spielerisch zeigt sie neue Wege aus der digitalen Abhängigkeit und Überforderung – sodass wir den Herausforderungen unserer Zeit nicht mehr dauergestresst und zynisch, sondern kritisch und kon­ struktiv begegnen. Sie erzählt von einer Berichterstattung, die uns nicht hoffnungslos zurücklässt, aber auch nichts schönreden will – inklusive interaktivem Crashkurs in kritischem Denken. ••

Autor: Karl-Heinz Land Verlag: Future Vision Press ISBN: 978-3-981-72684-8

Autor: Maren Urner Verlag: Droemer HC ISBN: 978-3-426-27776-8

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VORSCHAU

In der nächsten Ausgabe von business lesen Sie, an welchen Technologien für autonomes Fahren in Linz gearbeitet wird, ­welcher Treibstoff das Auto der Zukunft antreiben könnte, wie der Hyperloop den ­öffentlichen Verkehr revolutionieren könnte u. v. m.

Erscheinungstermin: Frühjahr 2020

© xxxxx, iStock / Getty Images, Montage / Icon: cpg / GF

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