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KLIMASCHUTZ BRAUCHT VERNETZUNG
Die Industrialisierung hat den Klimawandel beschleunigt, die Digitalisierung soll ihn bremsen. Um eine Chance zu haben, die Erderwärmung zumindest zu beschränken, müssen Mensch, Umwelt und Technik nachhaltig und effizient in Einklang gebracht werden. Der Schlüssel dazu sind ressourcenschonende Innovationen.
Text: Rosi Dorudi • Foto: stock.adobe.com / Polonio Video
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Ob intelligente Städte, effiziente Energienetze oder die Fabriken der Zukunft – überall bestimmt die Mikroelektronik die Richtung und das Tempo der Innovation. In der Industrie bildet sie die Basis des Internets der Dinge (IoT), indem sich die smarten Geräte zu intelligenten Systemen vernetzen. Dieser anhaltende Fortschritt der Informationstechnik ermöglicht immer leistungsfähigere Systeme zur Kommunikation und Steuerung. „Vor allem mobile, über Funktechnologien vernetzte Systeme werden zukünftig in der Produktion eine immer wichtigere Rolle spielen“, konstatiert HansPeter Bernhard, Leiter des Forschungsschwerpunkts drahtlose Kommunikationstechnologien bei Silicon Austria Labs (SAL). Das Forschungszentrum mit Standorten in Graz, Linz und Villach ist ein anwendungsorientierter Partner für neue Möglichkeiten und Lösungen mithilfe elektronikbasierter Systeme. „Hier schafft die fünfte Generation des Mobilfunks, 5G, eine neue Dimension der Vernetzung von Produktionsprozessen und Dienstleistungen“, so Bernhard. „Sie ist ein wesentlicher Aspekt in der Automatisierungsbranche, wo gigantische Datenraten bei minimalen Latenzzeiten – also Verzögerungszeiten – die Möglichkeit für die kabellose Echtzeitanwendung schaffen.“
Vernetzung schont Ressourcen
Flexibler, mobiler, produktiver. Doch wie kann der neue Standard der Superlative das Klima schützen? „Der wesentliche Punkt dabei ist die Anhebung der Vernetzung auf ein Level, das nicht nur kürzere Wege in der Produktion und weniger Einsatz von wesentlichen Materialien möglich macht, sondern auch die Wiederverwertung und Reparatur der Geräte fördert“, erläutert Bernhard. „Die beiden Aspekte müssen Teil des Entstehungsprozesses sein, nur dann hat die Mikroelektronik und Softwaretechnik das Potenzial von grüner Innovation.“ In vielen Betrieben werden bereits heute alte Maschinen und Anlagen mit moderner Sensorik und Kommunikationstechnik ausgestattet und so für Anwendungen des Internets der Dinge fit gemacht. Das sogenannte Retrofitting spart
WOLFGANG DENK, NETZ OÖ
Wolfgang Denk
Sprecher Netz OÖ: Kontrolle des Energieverbrauchs hilft, Ressourcen zu schonen.
Hans-Peter Bernhard
Leiter Forschungsschwerpunkt drahtlose Kommunikationstechnologie SAL. nicht nur Anschaffungskosten und mindert den CO2-Fußabdruck. Die neu erfassten Maschinendaten bringen außerdem Transparenz in Produktionsabläufe und bilden die Basis für langfristige Prozessverbesserungen, darunter die Reduzierung von Maschinenstillständen, die Optimierung der Material- und Energieeffizienz und das gezielte Ausschalten von Fehlerquellen.
Intelligenter Stromzähler
Daten zu erfassen und nutzbar zu machen, um die Energieeffizienz zu steigern, ist auch Ziel des Strom- und Erdgasnetzbetreibers Netz Oberösterreich. „Über den eigenen Energieverbrauch Bescheid zu wissen, hilft beim schonenden Umgang mit Ressourcen“, sagt Pressesprecher Wolfgang Denk. „Wir unterstützen unsere Kunden dabei mit der digitalen Zählertechnologie, dem Smart Meter.“ Mithilfe des intelligenten Zählersystems AMIS wird der Energieverbrauch elektronisch erfasst. Auf expliziten Wunsch des Kunden kann der Netzbetreiber mit dieser Technologie den Stromverbrauch nun auch detailliert in Viertelstunden-Werten über
NACHHALTIGE VERNETZUNG MUSS INTELLIGENTE RESSOURCENNUTZNG FÖRDERN.
HANS-PETER BERNHARD, SAL
DIe Recyclingmaschinen von NGR können vom Servicetechniker aus der Ferne gewartet werden.
WOLFGANG STEINWENDER, NGR
einen Tag verteilt zur Verfügung stellen. „Diese detaillierte Stromverbrauchsanalyse zeigt die genauen Verbrauchsspitzen auf“, so Denk. „Das macht den Stromverbrauch transparent und kann dabei helfen, potenzielle Energiefresser zu entdecken.“ Neben dem Austausch von veralteten Geräten können vor allem aber intelligente Automatisierungstechniken dabei helfen, das Sparpotenzial zu steigern und den Energieverbrauch zu senken. Angefangen von der Automatisierung der Heizung über die Beleuchtung und die Lüftung von Einzelräumen bis zum Sonnenschutz lässt sich damit der Stromverbrauch intelligent steuern. Die Möglichkeiten des Systems können auch Drittanbieter nutzen und maßgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen offerieren. Darunter fällt auch die Möglichkeit der Einspeisung dezentraler, erneuerbarer Energie wie der Solarenergie. Ökostromerzeugungsanlagen sind in der Regel mit dem öffentlichen Stromnetz verbunden und laufen im Parallelbetrieb. Das ermöglicht dem Kunden, die erzeugte elektrische Energie einerseits selbst direkt zu verbrauchen, andererseits kann er den Überschussstrom auch in das öffentliche Netz einspeisen. Die intelligenten Stromzähler sind im Übrigen auch ein zentraler Baustein für die Umsetzung von Energiegemeinschaften, die einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung der Energiezukunft leisten sollen.
Ressourcenschonend mit Weitblick
Seit 25 Jahren beschäftigt sich der international agierende Maschinenbauer Next Generation Recyclingmaschinen (NGR) mit Kunststoffabfall. Und der wird täglich mehr. „Durch die weltweite Zunahme der Kunststoffrecyclingmengen, aber auch durch die steigende Wahrnehmung des Klimawandels sind unsere Maschinen gefragter denn je“, sagt Geschäftsführer Wolfgang Steinwender. Das sorgt bei NGR für volle Auftragsbücher und starkes Wachstum. Das Unternehmen expandiert. Ganz in der Nähe des Hauptsitzes in Feldkirchen entsteht zurzeit eine neue, energieeffiziente Betriebsstätte mit 8.000 m2 Produktions-, 2.500 m2 Lager- und 1.000 m2 Büroflächen. Die Nutzung erneuerbarer Energien und höchste Energieeffizienz stehen dabei im Vordergrund. „Uns liegt vor allem auch das Thema Begrünung am Herzen, damit sich das neue Gebäude gut in das Landschaftsbild integriert“, erläutert Erich Fürst, geschäftsführender Manager des Unternehmens. „Für die Energieeffizienz nutzen wir sowohl die Grundwasserwärme als auch die Wärmeabgabe unserer Maschinen, um die Büroflächen damit zu heizen. Dadurch benötigen wir keine sekundäre Energiequelle.“ Zudem ist eine bis zu 600 m2 große Fläche für die Anbringung von PV-Anlagen am Dach vorgesehen. Durch diese umfangreichen Maßnahmen können jährlich 288 Tonnen CO2 eingespart werden.
Technologie für Vernetzung und Nachhaltigkeit
„Die Vernetzung auf Maschinenbasis wird auch in der neuen Produktionsstätte Thema sein“, so Fürst. Inbetriebnahmetechniker und Software-Engineers können sich sowohl vom Headquarter als auch vom Homeoffice aus digital im Werk, wo die Maschinen getestet werden, oder direkt beim Kunden einwählen und somit bestmöglichen Support gewährleisten. „Uns war von Anfang an wichtig, dass wir mit dem Bau der neuen Produktionswerkstätte sämtliche modernen Technologien sowohl bei der Vernetzung als auch bei der Nachhaltigkeit anwenden, um hier komplett up to date zu sein“, sagt Steinwender. Dem Unternehmen geht es schließlich darum, nicht nur mit dem Recyceln von Kunststoff CO2 einzusparen. ••