LICHTTAGE wINTERTHUR 2010
INHALT
Einleitung, Prof. Myriam Gautschi 3 Aus der Sicht des Lichtgestalters Mario Rechsteiner 6 Fuochi Artificiali 8 Aus der Sicht der Kuratorin Dorothee Messmer 12
Projekt Konzeptsuche 18 Passage geniessen 24 verkleiden 28 spiegeln 40 tafeln 46 verzaubern 52 klingen 60 verf端hren 64 scheinen 70 Vernissage 72 Impression 80 Finissage 88 Pressetext 92 Auszug Medienspiegel 95 Danksagung 98 Mitwirkende & Sponsoren 99
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EINLEITUNG
„Hast du Lust an den Lichttagen in Winterthur mitzumachen?“, fragte mich vor ziemlich genau eineinhalb Jahren Mario Rechsteiner, mit dem ich bereits zahlreiche Lichtprojekte an unserem Fachbereich realisiert habe. Im Sommersemester 2010 begann eine kleine Gruppe von sechs Architekturstudenten, international gemischt, aus Deutschland, Rumänien, Spanien und Sri Lanka, im Wahlfach Raum und Licht, sich mit dem Thema der 3. internationalen Lichttage Winterthur „Fuochi Artificiali“ auseinander zu setzen. Ein „Feuerwerk“ aus Licht, zahlreiche Assoziationen und Kindheitserinnerungen stiegen in jedem von uns auf, doch das übergeordnete Thema „Barock“, war vorerst fremd und nicht greifbar. Vorgefertigte Bilder mussten hinterfragt werden. Eine grundlegende Auseinandersetzung mit dem Thema Barock eröffnete uns dabei eine dynamische Welt und widerspiegelte den Geist. Form und Raum mit Licht aufzubrechen war das Ziel. Aber wir wollten nicht nur mit Prunk und Dekoration das Auge blenden. Wir wollten vielmehr versuchen diese mystische Sichtweise und Sehweise wiederzubeleben und sinnliche Realität werden zu lassen. Dabei sollten jedoch die Mittel ins 21.Jahrhundert übersetzt werden. Kein wert- und prunkvolles Material, sondern Alltägliches sollte die Wirkung umsetzen und uns damit erlauben, gleichzeitig die Werte des Barocks zu hinterfragen. An den wöchentlichen gemeinsamen Treffen wurden lange und intensive Diskussionen geführt. Das Osterfest gerade vorbei, ein übrig gebliebener Osterhase auf dem Tisch – ein nicht fassbarer Moment, in dem sich das Licht in seiner goldenen Folie brach, „schokoladensüss“, die Idee plötzlich fast kör-
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perhaft greifbar, und im Bauch dieses unbeschreibliche Gefühl - ja, so soll es werden, dieses Licht sollte zur atmosphärischen Stimmung werden! Dieses „Bauchgefühl“ wurde in den nächsten Schritten rational zur Idee formuliert und konsequent weiter gedacht. Ein Mock-up, ein Ausschnitt 1:1 vor Ort in Winterthur bestätigte, ja begeisterte - das Licht verzauberte – das Thema gefunden: „goldrausch“. Fast „berauscht“ gleichzeitig der Wunsch, sich nicht nur auf die Passage „Im Gängli“ zu beschränken, sondern diesen kleinen Durchgangsraum zu vernetzen und in das Erschliessungsgeflecht des Strassenraumes von Winterthur einzubinden. Dabei „gold“ als das „Eine“ und gleichzeitig das „Einende“, die Passage als Anfangs- wie auch als Endpunkt des fast verborgenen Schleichweges den Gärten entlang. Wir formulierten eine Dramaturgie dieses Weges. Zusammen mit dem Vorgefundenen wollten wir den Ort durch unseren Eingriff neu interpretieren, neue Sichtweisen erlauben, ihn neu erlebbar werden lassen, d.h. das Thema Barock als Gesamtkonzept in den Ort einschreiben. Ein türkischer Imbissladen zur linken und ein türkischer Gemüsehändler zur rechten Seite der Passage liessen sich für die Idee begeistern, ebenso das kleine Musikstudio im hinteren Bereich. Sie alle machten mit und ermöglichten, dass „goldrausch“ über alle Sinne erlebt werden konnte : „geniessen –verkleiden – spiegeln - tafeln –verwandeln – klingen- verführen - scheinen“, die Themen der verschiedenen Eingriffe. Entstanden ist eine Abfolge von aufeinander abgestimmten, funkelnden Bildern, in der Licht zur Auflösung der festen Materie und zum Aufbrechen des Raumes eingesetzt wird. Die theatralische Wirkung des barocken Lichts erzeugt in unserem Projekt „goldrausch“ eine atmosphärische Dichte, verwandelt gleichzeitig die Poesie des Ortes und seiner Alltäglichkeit und soll ganz einfach, für einen kurzen Moment bezaubern. Sponsoren konnten für die Idee gewonnen werden, und zahlreiche Studenten meldeten sich im darauf folgenden Wintersemester für die Realisierung. Die Idee wurde materialisiert, Konstruktionen und Unterkonstruktionen überlegt, mit Kunstlicht experimentiert. In unendlich vielen Stunden wurden die ein-
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zelnen Abschnitte der Raumfolge 1:1 umgesetzt. Die Bevölkerung nahm Anteil, fragte, staunte. Es wurde geklebt, gestrichen, geschraubt, installiert und montiert, ja sogar mit Klettergeschirr auf den Baum geklettert, um mit einer fast „patentreifen“ eigenen Konstruktion Flaschen in den Baum zu hängen. Und dann dieses kleine Mädchen, das von seiner Grossmutter begleitet, vom Kindergarten nach Hause geht, den Kopf weit nach hinten gebeugt, die Augen nach oben auf die golden schimmernden Flaschen im Baum gerichtet: „ I cha nümme ufhöre nach obe z’luege, i ha no nie öppis so schön’s gseh“ Dieses Büchlein soll die Geschichte dieses Projektes dokumentieren, die Hintergründe beschreiben, vielleicht auch später noch erinnern an diese intensive und „berauschende“ Auseinandersetzung und gleichzeitig allen danken, die das Projekt mitgetragen haben.
Prof. Myriam Gautschi
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AUS DER SICHT DES LICHTPLANERS Mario Rechsteiner, Lichtdesigner PLDA
Den urbanen Raum zu gestalten ist für den Lichtplaner immer wieder eine grosse Herausforderung, da in den meisten Fällen gewohnte, alltägliche Bilder von Passanten und Nutzer verändert werden. Eine Vielzahl Menschen begehen täglich Plätze, Strassen und Gassen - jeder hat seine eigenen Ansprüche an den Raum. Diese sind meist sehr eng mit dem subjektiven Empfinden verbunden, über welches dann die Qualität des Raums und dessen Beleuchtung beurteilt wird. Bei der Analyse von bestehenden, öffentlichen Beleuchtungen stellt man leider nur allzu oft fest, dass sich die Planung der Beleuchtung ausschliesslich auf zwei Qualitätsmerkmale beschränkt: zum einen das Erschaffen eines „hellen“, möglichst gleichmässigen Strassenraums und zum anderen auf die Formensprache des Leuchten-Mobiliars. Mit dem Projekt „goldrausch“ hatten wir die Chance das Licht als Bestandteil einer Raumgestaltung zu betrachten und es zeitgleich mitzuentwickeln. Innerhalb von zwei Semestern konnte auf eine hervorragende Art und Weise die Theorie mit einer praktischen Umsetzung kombiniert werden. Schon früh stellten die Studenten den kausalen Zusammenhang zwischen der Haptik der Materialien und dem Licht fest. Im Innenraum sorgten Kerzen und geschickt angeordnete Spiegel häufig für eine illusionistische Raumgestaltung. Das Wechselspiel von Licht und Schatten diente schon da zu einer Gliederung des Raumes. Das Feuerwerk „Le feu d‘Artifice „ diente zur höfischen Repräsentation. Im Barock erlangte das Feuerwerk zunehmend den Status einer Unterhaltung und wurde den Schaulustigen präsentiert. Mit der Fragestellung, wie
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denn eine zeitgemässe Interpretation von Licht aussehen könnte, führte zum Entschluss, das Kunstlicht sehr präzise und dosiert einzusetzen. Bei der Wahl der Lichtfarbe wurde darauf geachtet, dass diese die Materialität unterstreicht und sich harmonisch in das ganze Konzept einfügt. Gearbeitet wurde schlussendlich mit verschiedenstem Leuchten-Mobiliar. So kamen LED – Leuchten, Scheinwerfer, Bühnenstrahler und Beamer zum Einsatz. Wobei die Lichtfarbe immer sehr warm und einen starken Bezug zu Gold haben musste. Das Ergebnis ist ein Aussenraum, der durch seine sehr konsequente Haltung zum Thema Gold die Passanten in seinen Bann zieht und eine wunderbare Ausstrahlung hat. Ich bin Myriam Gautschi und den Studenten überaus dankbar für die vielen anregenden Diskussionen über den Barock, den Raum und das Licht. Auch möchte ich es an dieser Stelle nicht versäumen, allen Sponsoren und Helfern von ganzem Herzen zu danken. Ohne ihre grosszügige Unterstützung wäre eine Umsetzung dieses Projektes nicht möglich gewesen. Abschliessend möchte ich dem Verein „Internationale Lichttage Winterthur“ im Namen der HTWG danken, dass die Studenten die Möglichkeit hatten, ihre Fähigkeiten auch in der Praxis zu zeigen.
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FUOCHI ARTIFICIALI
FUOCHI ARTIFICIALI Im Barock spielte das Licht eine zentrale Rolle, denn es herrschte noch die Überzeugung, der Mensch könne vom ‹Abglanz› göttlichen Lichts profitieren. Die Künste hatten es durch ihre Gabe aber in der Hand, diese Stimmung zu erzeugen. Kaum ein Thema in der Kunst ist deshalb in dieser Zeit so reich ausgestattet wie das des Lichts. Die Stadt wird in dieser Zeit zu einer Bühne für Lichtinszenierungen, einem «Teatro Mundi», einem barocken Welttheater gleich. Das Licht steht für die verschiedenen Lebensbereiche, trennt den Tag von der Nacht, macht öffentlich und hält privat, verdunkelt die Geheimnisse und fokussiert das Bedeutende. Die Lichttage 2010 inszenieren ein barockes Feuerwerk, das Winterthur, ganz im Sinne der Lebenslust und Selbstinszenierung dieser Epoche, in ein neues Licht taucht, aber auch zum Nachdenken anregen soll. Der Titel «Fuochi Artificiali» verbindet vier zentrale Begriffe, die gleichsam für das Fuochi Festival stehen: das Licht selbst, die Festlichkeit, das barocke Lebensgefühl, die Kunst und ihre Akteure, die hinter diesen Aktionen stehen. Die Internationalen Lichttage 2010 erklären Winterthur – mit einem im Barock legitimen Anspruch – im November 2010 zum Zentrum der Lichtwelt. DIE LICHTTAGE 2010 Mit den Internationalen Lichttagen 2010 geht das Lichtfestival bereits zum dritten Mal über die Bühne. Im November 2010 erstrahlt die sechstgrösste Schweizer Stadt wiederum drei Wochen in neuem Licht. Lichtkunstwerke und Illuminationen von international und national renommierten Kunstschaffenden, Architekten und Designern sowie
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Gestaltungsschulen werden zu sehen sein. In rund 20 Passagen und Durchgängen der Winterthurer Altstadt beleuchten sie Unbekanntes und Gewohntes, lassen einen dieses versteckte «Adernetzwerk der Altstadt» neu erleben und bringen das faszinierende Medium Licht während drei Wochen unmittelbar in den öffentlichen Raum. Das schweizweit einzige, regelmässig stattfindende Lichtfestival soll aber auch zum Nachdenken über unseren Umgang mit Energieressourcen anregen. Auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft möchte das Festival den nachhaltigen und energieeffizienten Umgang mit Licht auf fundierte aber auch überraschende Weise thematisieren. Im Zentrum stehen dabei Fachveranstaltungen für Vertreter der Lichtbranche, Architekten und interessierte Laien aber auch Cross-Over-Events, Performances und Mitmachaktionen für die ganze Bevölkerung. Die Internationalen Lichttage können bereits auf zwei erfolgreiche Ausgaben zurückblicken, die sowohl medial als auch beim Fachpublikum und der breiten Bevölkerung auf ausserordentlich grosses Interesse gestossen sind. Winterthur sucht damit den Anschluss an die beiden grossen europäischen Lichtfestivals von Lyon und Turin, die jährlich mehrere hunderttausend Besucher anlocken.
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AUS DER SICHT DER KURATORIN Dorothee Messmer, Kuratorin Lichttage Winterthur
«Was ist die Welt und ihr berühmtes Glänzen? Was ist die Welt und ihre ganze Pracht? Ein schnöder Schein in kurzgefassten Grenzen, Ein schneller Blitz bei schwarz gewölkter Nacht.» Christian Hofmann von Hofmannswaldaus 1647 verfasstes Gedicht, das sich der Vergänglichkeit des Irdischen widmet, beschreibt das Lebensgefühl des Barocks als Teatrum Mundi und könnte durchaus auch als Resumée für die Internationalen Lichttage 2010 gelten, wären diese nicht, anders wie im Gedicht, mit so vielen positiven Erfahrungen verbunden. Denn das dreiwöchige Festival darf – berücksichtigt man die zahlreichen Rückmeldungen von Besuchern und das Echo in den Medien – als grosser Erfolg bewertet werden. Und auch wenn die ‚Grenzen’, wie im Gedicht beschrieben, mit drei Wochen Dauer ‚kurzgefasst waren’, so wirkt das Festival nachhaltig – nicht nur in den Arbeiten, die als permanente Kunstwerke von den vergangenen Lichttagen künden, sondern auch in den positiven Erinnerungen in den Köpfen derjenigen, die sie besucht haben. Der keinesfalls ‚schnöde’ Schein spiegelte sich in den interessierten Gesichtern der Menschen wieder, die mit Plänen ausgerüstet allein oder in Gruppen gut gelaunt der Kälte trotzend durch die Gassen Winterthurs wandelten und die 15 Kunstinstallationen suchten, die in den Durchgängen zu finden waren. „Und des Lichtes Schwärze...bricht der Geschichte Härte“ C. Vogt & T. Sanderegger - 12 -
Nachdem man von Chris Hunzikers Lichtnadel „Red Line in a Cityscape“ auf dem Kirchplatz empfangen worden war, begab man sich auf eine Entdeckungsreise kreuz und quer durch die Altstadt des frühwinterlichen Winterthurs, entdeckte im verwunschenen Innenhof etwa den riesigen Kronleuchter von Christian Vogt & Thomas Sonderegger, der mit Trompe-l’Oeuil-Effekten spielte, oder stiess im Eingang der Stadthauspassage auf den Uhu von Ursula Palla, der durch seine Bewegungen zugleich auch das Licht in der Passage zittern liess. In der Obergasse fand man die täuschend echt wirkende Installation „Kind“ von Glaser / Kunz vor, das trotz seiner ‚Verlorenheit’ das Publikum zum Schmunzeln brachte. Und gegenüber lockte das durch Studierende der HTWG Konstanz wunderbar verwandelte „ Gängli“ mit einem barock vergoldeten Interieur und mancherlei Überraschungen. Im Durchgang unter dem Altersheim fragte Alex Hanimann nach dem Ort, wo alles seinen Anfang nahm, und hinter dem Kino Kiwi thematisierte Johannes Gees mit seiner festlichen Wandinstallation unsere (vorweihnachtlichen) Begierden. Schliesslich traf man im Innenhof der Kantonalbank auf „die Beobachter“ von Ernst Thoma, die wie Besucher einer anderen Welt auf uns herunter schauten und uns davon überzeugten, dass die Welt selbst ein Theater ist und wir deren Komparsen. Die Installation spiegelte exakt die kuratorische Idee wieder, die hinter dem Festival stand. Winterthur sollte nämlich, ganz im Sinne eines barocken Weltgefühls, für drei Wochen zu einer Bühne werden für ein „teatrum mundi“, ein Welttheater, in dem die Befindlichkeiten und Gegensätze im Zentrum standen, die eine Stadt definieren und ihren eigentlichen, ihren poetischen Charakter ausmachen. Der Titel „Fuochi Artificiali“ verband die vier Begriffe, die gleichsam für das Festival standen: das Licht selbst, die Festlichkeit, das barocke Lebensgefühl sowie die Kunst und ihre Akteure. Ganz im Sin-
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ne der Lebenslust und Selbstinszenierung des Barocks sollte Winterthur zu einem Ort der sinnesfrohen und lustvollen Feste werden. Ja, wir erklärten Winterthur – mit einem im Barock legitimen Anspruch – im November 2010 zum Mittelpunkt der Welt. Im Zentrum des Festivals standen die Durchgänge und Passagen. Der Stadtplan des mittelalterlichen Marktstädtchens präsentiert sich wie ein Herz, das von seinen Strassen und Durchgängen wie von Adern durchzogen und von den Menschen, die hindurchgehen, mit Energie versorgt wird. Durch diese Bewegungen eignen sich die Bewohner die Stadt an, sie wird erlebbar. Durchgänge stellen aber auch Verbindungen und Zusammenhänge her zwischen öffentlichen und privaten Bereichen und verweisen in ihrer Unterschiedlichkeit auf Themenfelder, welche für eine Stadt zentral sind: Offenheit und Heimlichkeit, Gemeinsamkeit und Einsamkeit, Intimität und Voyeurismus usw. Aufgrund dieser Überlegungen platzierten wir die Ausstellung in eben diese Durchgänge und machten sie zur Bühne für Interventionen, die sich in ihnen abspielten. Erst wurden die KünstlerInnen zu einer Begehung eingeladen und gebeten, für einen bestimmten Platz ein Kunstwerk zu entwickeln. So entstanden Werke, die auf den spezifischen Charakter des jeweiligen Durchgangs reagierten, was zu ungewohnten Kunsterfahrungen führte – denn hier handelte es sich nicht nur um Kunst an öffentlich zugänglichen alltäglichen Orten, sondern auch um Kunst, die buchstäblich durchschritten werden musste. Die Bewegung, der Gang durch die Installationen und an den Installationen vorbei wurde zum Hauptmerkmal des Festivals. Einige Künstler nutzten diese Besonderheit, indem sie mit der Einbindung des Publikums spielten. Miriam Prantl forderte mit „Led – Relief – Hilio, 2010“ beim Steueramt durch langsame, „Surrounded“ Li Hui - 14 -
kaum merkliche Veränderungen ihrer LED-Installation das Beobachtungsvermögen des Publikums heraus, und Olaf Nicolai erweckte mit „How are we today?“ die Passage durch seine eigene Beatmung förmlich zum Leben. Ron Temperlis „im Wald“ war mit fluoriszierender Farbe gemalt und, ausgelöst durch eine Lichtquelle, die von einem Bewegungsmelder gesteuert wurde, für die Betrachtenden nur kurze Zeit sichtbar. Li Huis Installation „surrounded“ provozierte mit seinem Laserlichtkäfig die Besucher, ihre Befangenheit abzulegen sich über seine (Licht-) Schranken hinwegzusetzen. Und Philippe Rahm schliesslich provozierte mit „Topsy-turvy“ bei Passanten einen Sinneswandel, in dem er durch seine Lichtquellen die Melatonin-Produktion veränderte, die für unsere Zeitwahrnehmung wichtig ist. Ein Beispiel für eine gezielte Zusammenarbeit ist das Projekt „Im göttlichen Licht“ von San Keller. Er bat PfarrerInnen und Theologen, zu den Kunstwerken eigene Texte zu verfassen. So entstand eine kleine Publikation, die einen eigenwilligen und durchaus auch kritischen Blick auf das Zusammenwirken der beiden Systeme wirft. Und dann war da noch die zweimalige Aktion „End of Life“ von Hemauer I Keller, welche die Bevölkerung zum Tausch der alten Glühbirnen gegen Energiesparlampen einluden und erstere bei dieser Gelegenheit in Würde sterben liessen. Die Studierenden der ZHAW brachten den Aspekt der Interaktion mit dem Publikum auf den Punkt. Sie suchten sich den zwiespältigsten Durchgang Winterthurs, einen für Autos befahrbaren „Unort“ aus und gestalteten ihn für die Dauer des Festivals zu einem Festsaal, der für Veranstaltungen genutzt wurde. Wer hindurch wollte (ob Fussgänger oder Autofahrer), wurde unweigerlich zum Partygänger.
„Die Beobachter“ Ernst Thoma - 15 -
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KONZEPT Unserer Arbeit ging eine intensive Analyse des Barock, seiner Lebensweisen und seines Lebensgefühls voraus. Aus dieser Analyse entwickelten sich Themen, die wir durch unsere Lichtinstallation neu zu interpretieren versuchten. Der Barock ist geprägt durch illusionistische Raumwirkungen. Starke Kontraste, die Betonung von Licht und Schatten, das Spiel mit Realität und Abbild sind raumbildende Themen des Barocks. Was ist „Sein“ und was ist „Schein“? In unserer Installation lassen sich diese Themen in einer Neuinterpretation wieder entdecken. Die Passage ist geprägt durch einen schmalen und geschlossenen Durchgangsraum. Dieser Wegraum endet im Freien, allerdings ist die Passage hier noch nicht zu Ende, dieser Punkt wird vielmehr zum Drehpunkt der weiteren Installation. Die Passage führt vorbei an Gärten und einem Musikstudio und löst sich an einem großen Baum in verschiedene Gassen auf. Die beschriebene Raumabfolge wird durch unterschiedliche Eingriffe in eine illusionistische Scheinwelt verwandelt. Gold zieht sich dabei wie ein „goldener Faden“ durch die gesamte neu geschaffene Inszenierung. Warum Gold? Gold steht im Barock als Ausdruck eines opulenten Lebensstils. Das Projekt Goldrausch verkleidet, täuscht und interpretiert Räume neu. Gold erzeugt dabei einen sinnlich faszinierenden Raum und hinterfragt gleichzeitig Wertvorstellungen.
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Schein - Sein Verkleiden Spiegeln - widerspiegeln Gold
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01_GENIESSEN
Üppigkeit kann sinnbildlich für barocken Genuss stehen. Die Mengen der aufgetischten Speisen waren ausschweifend. Das Essen nahm bei den häufig stattfindenden Festen eine zentrale Rolle ein. Barocke Lebenslust bedeutete Sinnesgenuss pur.
„...Er schritt zu seinem letzten Schaugericht. Hoch reckte sich die Skupltur, glänzend weiß, ein Bauwerk, das aus reinem Zucker gemacht zu sein schien. Es zeigte das letzte der Weltzeitalter, das Zeitalter der Fische. Meerestiere jeglicher Art, wie sie in den vielen Jahren seines Lebens durch Nikolaus‘ Hände gewandert waren, um als schmackhafte Speisen auf den Tafeln der Reichen und Mächtigen zu enden, zierten das Backwerk. Muscheln bildeten das Bett, Seesterne, Krabben und Langusten krochen daraus hervor. Aus den stilisierten Wellen, die sich aufbäumten, reckten edelsteingeschmückte Fische ihre Köpfe. Die Krönung des Ganzen aber bildete der Leviathan, das Ungehauer der Meere, das sein perlmutt besetztes geschupptes Haupt zum Himmel reckte...“ Aus: Trimalchios Fest
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Auftakt unserer Passage bilden ein Gemüse- und ein Dönerladen. Unser Wunsch war, das Vorhandene mit in unser Projekt zu integrieren. Während den gesamten Lichttagen in Winterthur wurde der Döner in Goldfolie eingehüllt verkauft, um die Gegensätzlichkeit zwischen opulentem Festmahl und Fast Food zu hinterfragen. Im Gemüseladen wurden verschiedene Früchte zum Glänzen gebracht. In diversen Obstkisten wurden jeweils einige Früchte in Goldpapier eingepackt. Durch diese Irritation wurden die Passanten zum Stehenbleiben verleitet. Bei der Vernissage und Finissage wurden orientalische Spezialitäten uns Köstlichkeiten aus den Passagenläden aufgetischt.
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02_VERKLEIDEN
Im Barock war es üblich zu überschminken und zu verkleiden. Um Raum herrschaftlich zu inszenieren, wurde er mit goldenen Elementen prunkvoll ausgestatte. Da die Überzeugung herrschte, der Mensch könne vom ‹Abglanz› göttlichen Lichts profitieren, spielte das Licht eine zentrale Rolle.
Du siehst, wohin du siehst, nur eitelkeit auf erden. Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein; Wo ietzundt städte stehn, wird eine Wiese seyn, Auf der ein schäfers kind wird spielen mit den herden;
Was itzundt prächtig blüth, sol bald zutreten werden; Was itzt so pocht und trotzt, ist morgen asch und bein; Nichts ist, das ewig sey, kein ertz, kein marmorstein. Jetzt lacht das glück uns an, bald donnern die beschwerden. Der hohen thaten ruhm muß wie ein traum vergehn. Soll denn das spiel der zeit, der leichte mensch bestehn? Ach, was ist alles diß, was wir vor köstlich achten, Als schlechte nichtigkeit, als schatten, staub und Wind, Als eine wiesen blum, die man nicht wieder find‘t! Noch wil, was ewig ist, kein einig mensch betrachten. Andreas Gryphius >Es ist alles Eitel<
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Die blaue Passage zwischen Obertor und dem Hinterhof wird mit goldener Schokoladenfolie verkleidet, um eine barocke Atmosphäre zu schaffen. Dazu wurden die Schokoladenfolien großflächig auf OSB-Platten aufgezogen, die vor-Ort auf die vormontierte Unterkonstruktion befestigt werden konnten. Alle baulichen Elemente und Details wurden mit Goldfolie verhüllt. Die warmweißen LED Lichtelemente der Firma XAL ließen das Gold erstrahlen. Das Thema des Scheins und Seins wird dadurch aufgegriffen und abstrahiert wiedergegeben. 06. April 2010: Studenten setzen sich inhaltlich mit dem Thema Barock auseinander. Die Assoziationen werden auf Postkarten festgehalten. vgl. Seite 18ff 13. April 2010: Ein Rest-Osterhase liegt auf dem gemeinsamen Besprechungstisch! 11. Mai 2010: Erste Klebeversuche von „Schokipapier“ auf Karton. 05. Juni 2010: Mit ersten Fotomontagen des Projekts werden Sponsoren gesucht. Nach dem Aufmessen der Passage kann eine Konstruktion überlegt werden.
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01. Juni 2010: Mock-Up in der blauen Passage. 15. Juni 2010: Klebeversuche der Firma Jowat mit verschiedensten Klebstoffen, um die optimalste Verbindung zwischen Goldfolie und Holzplatten zu testen.
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02. Oktober 2010 : Aufziehen der Goldfolie bei der Firma BlumerLehmann AG Holzbau in Gossau. Wir danken an dieser Stelle der Firma ganz herzlich f체r das Zuschneiden, Herrichten der OSB-Platten und Zur-Verf체gung-Stellung ihrer R채umlichkeiten.
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5100h Arbeit 102h kleben&aufziehen 157m² Schokoladenfolie 12l Kleber 101m² OSB-Platten 86,2 lfm Unterkonstruktion 21l Goldfarbe 75l Apfelsaft 150St Metallhaken 5200W Goldlicht
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02. August 2010: Probeanstriche mit verschiedenen Lacken der Firma Sto AG, um die beste Optik und Haftung zu testen.
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23. Oktober - 02. November 2010 Montage der Unterkonstruktion, Verkleidung mit den Goldplatten und Umsetzung aller anderen Eingriffe.
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Rezept Schokoladenkuchen 200 g Schokolade, 100 g Butter, 140 G Zucker, 3 Eier, 60 g Mehl Gib die Schokolade in Stücke in einen Topf. Lass sie mit 2 el Wasser im Wasserbad schmelzen. Lass die Schokolade etwas abkühlen, wenn sie lauwarm ist, rühre Butter und Zucker dazu. Trenne die Eier Schlag das Eiweiss sehr steif. Rühre Eigelb und Mehl in die Schokoladenmasse. Am Schluss hebe den Eischnee vorsichtig unter. Kleide eine Form mit Backpapier aus und fülle den Teig ein. Bei 180° ca 40 bis 50 Minuten backen. Schneide den Kuchen in viereckige Stücke, wenn er etwas abgekühlt ist. Tipp: Sehr gut schmeckt es auch, wenn du eine Hand voll Walnusstückchen in den Teig mischst.
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03_SPIEGELN
Der Barock spannt den Themenbereich auf zwischen Schein und Sein. Die Architektur in der Mitte des 18. Jahrhunderts beschäftigt sich mit dem Vortäuschen von Illusionen und Spiegelungen, mit dem Spiel zwischen einer Traumwelt und der Realität. Spiegel lösten die Grenzen des Raumes optisch auf und schufen dadurch eine illusionistische Scheinwelt. Der Spiegel am Ende der goldenen Passage sorgt für eine optische Raumverlängerung und verstärkt den Eindruck von Pracht und Größe. Es entsteht ein Spiel mit den Elementen Raum und Perspektive, Wirklichkeit und Illusion.
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Der Spiegel befindet sich am Ende der goldenen Passage. Diese Platzierung wurde bewusst gewählt. Durch den Spiegel wird der Raum optisch in das Unendliche verlängert. Der Schein, der das wirkliche Sein überspielt. Es wurde kein Glasspiegel eingesetzt sondern eine Spiegelfolie verwendet, um mit der Unschärfe zu arbeiten und dadurch den Betrachter noch mehr in die Illusion zu ziehen. O Spiegel, wie lebendig scheint Mein liebes Bild aus dir! Mein Rath, mein Zeitvertreib, mein Freund, Mein Alles bist du mir. Du unterhältst mich stundenlang Mit freundlichem Gesicht; In jedem Umgang fühlt man Zwang, Nur in dem deinen nicht. Kein Freund auf Erden stimmt so sehr Nach meinen Launen sich, Kein Freund auf Erden liebt mich mehr, Als du, mein zweitest Ich! -
Johann Aloys Blumauer - Das Mädchen an ihren Spiegel
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,tiezredej rerheL niem tsib uD ;ttas renied hci ‘drew eiN tiekgidrüwsnebeiL eniem ‘llA .htaR menied hci ‘knadreV nnak ,tsib ud sla ,regithcirfuA ;nies nedrE fua dnuerF nieK ,na nehckcelF sedej rim tsgiez uD .nielk os hcon se räw dnU ,nihremmi run uht ,rebeiL O ,nahteg rehsib ud eiW ,nib retlä hci nnew ,edrew dnU .naiborG niek aj riM
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Spiegelsaal Schloss Versaille
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04_TAFELN
Barock steht für Übermaß und Üppigkeit, barocke Lebenslust bedeutet Genuss pur. Essen und Trinken waren nicht mehr nur Grundbedürfnis, sondern Ausdruck des sozialen Standes. Bei Festen gab es Schaugerichte, die oft nur zur Zierde da waren: gebratene Vögel, denen Federn angesteckt wurden oder feuerspeiende Wildschweinköpfe. Aus Brunnen flossen neben Edelsteinen und Goldstücken wahre Ströme aus Wein. Die Mengen, die verschlungen wurden, bei Festessen,sind heute unvorstellbar. Typisch war, dass immer alle Gerichte zur gleichen Zeit auf den Tisch kamen. Je nach Anlass wurden sie nach strengem Zeremoniell gegessen, wobei der Zeremonienmeister über die Tischsitten wachte. So war es zum Beispiel unüblich ein Trinkgefäß vor sich auf dem Tisch abzustellen. Das gewünschte Getränk wurde auf ein Zeichen serviert, man nahm einen Schluck oder hielt es so lange in der Hand, bis es leer getrunken war und reichte es danach wieder einem Diener.
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GESCHICHTE Waren Mittelalter und der Renaissance bisweilen Besteck und Gedeck fremd - entstanden nun im Barock jene Dinge, die wir bis heute noch verwenden. Da es nicht mehr üblich war, sein Messer an die Tafel mitzubringen, wurden Bestecke, bevorzugt aus Silber, hergestellt. Während es im Mittelalter und in der Renaissance ein wahres Sammelsurium an Löffeln und Schüsseln auf den Tisch gab, wurde es nun Mode die Festtafel herrschaftlich zu schmücken. Der Tisch wurde nun auch mit Kerzenhaltern, Blumengestecken und Tischaufbauten geschmückt. Neue Tischgeräte wie Zuckerstreuer, Zuckerstangen, Tortenmesser, Fischbesteck, Suppenkellen, etc. werden erfunden. Die Gabel hatte bis ans Ende des 17. Jahrhunderts meist nur zwei dünne Zinken, im Einzelfall drei Zinken - es war nicht leicht, Erbsen oder Geschnetzeltes damit unbeschadet vom Teller zum Mund zu führen und sorgte daher auch für manche Belustigung... Im Barock wurde das Tranchieren zur Kunstform erhoben. Tranchiermeister wurden ausgebildet und Lehrer dieser Kunst reisten mit Kupfertafeln als Lehrmaterial durch ganz Europa.
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PORZELLAN Zur größten Neuerung an der barocken Tafel zählte das Porzellan. War das Tischgeschirr zuvor aus Silber oder Fayence, so kamen nun Porzellangedecke auf den Tisch. Zuerst nur als Tee- und Kaffeeservice, nach und nach als kompletter Satz für das Tafelgeschirr. Obwohl in Meissen das Geheimnis der Porzellanherstellung gehütet wurde, konnte ein Werkmeister nach Wien abgeworben werden und dort wurde eine neue Manufaktur errichten. Weitere entstanden danach in Italien. Das Porzellan eroberte die Tafeln und schließlich auch die Welt der Gebrauchsgegenstände. Salztiegel und Senfbehälter, Wandleuchter, Konfektschalen, Vasen, Flakons und Uhrgehäuse wurden aus Porzellan produziert - selbst das Nachtgeschäft verrichtete die hohe Gesellschaft in Töpfe aus Porzellan - die „Pots de chambre“. WEIN Weinqualitäten wurden nach den besten, den mittleren und den schlechten Gewächsen unterschieden, wobei die Weingüte ausschließlich über die Herkunft und die Bedeutung des Weinbaus in der jeweiligen Region bestimmt wurde. Zentren der europäischen Weinkultur waren die Klöster, in welchen bereits ab dem 15. Jahrhundert Rebsorten kultiviert wurden. Einige Sorten brachten Qualitäten wie Reife und Aroma, die Anderen die Quantität. Geerntet wurden alle Sorten zusammen, und im Folgenden wurden sie auch miteinander zu Wein verarbeitet. Üblicherweise wurde Weißwein im deutschsprachigen Raum angebaut und getrunken, Rotwein wurde eher zu medizinischen Zwecken und nur in geringen Mengen konsumiert.
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Die Umleitung des Weges aus der goldenen Passage bildet einen kleinen Raum, in dem eine Steinplatte vorgefunden wurde. Mit Hilfe eines Beamers wurde sie mit den Schattenprojektionen eines gedeckten Tisches bespielt. Ab und zu läuft eine kleine „Schattenmaus“ über den Tisch, irritiert und hinterfragt barocke Themen wie Überfluss und Üppigkeit.
So ist die Maus: Denkt sich viele Sachen aus. Mag auch Essen und es fressen. Doch die Maus muss achtsam sein, Sonst schnappt sie die Katz’ Und frisst sie fein. So ist die Maus: Sie wohnt in einem klitzekleinen Haus. Sie frisst viel Käse und viel Speck, Wenn die Katz’ kommt, Rennt sie weg.
Schau ´ne Maus! Wo? Oh, jetzt ist sie wieder weg... - 50 -
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05_VERZAUBERN Im Unterschied zum ruhigen Ebenmaß der Hochrenaissance, strebte der Barock vor allem nach dynamischer Wirkung. Das theatralisch eingesetzte Licht wurde zum Auflösen der festen Materie und zum Aufbrechen des Raumes eingesetzt. Gleichzeitig entstand eine atmosphärische Dichte.
Jetzt ist es Herbst, Die Welt ward weit, Die Berge öffnen ihre Arme Und reichen dir Unendlichkeit. Kein Wunsch, kein Wuchs ist mehr im Laub, Die Bäume sehen in den Staub, Sie lauschen auf den Schritt der Zeit.
Jetzt ist es Herbst, Das Herz ward weit. Das Herz, das viel gewandert ist, Das sich verjüngt mit Lust und List, Das Herz muss gleich den Bäumen lauschen Und Blicke mit dem Staube tauschen. Es hat geküsst, ahnt seine Frist, Das Laub fällt hin, das Herz vergisst. „Jetzt ist es Herbst“ Max Dauthendey (1867 – 1918)
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BROKATSTOFF Während des Dreissigjährigen Krieges brach fast die gesamte Textilherstellung zusammen. Die Manufaktur in Deutschland kam nahezu zum Stillstand. Dennoch konnten Frankreich und Italien weiterhin wertvolle Stoffe herstellen. Diese Stoffe waren besonders am Hofe Ludwig XIII. beliebt, vor allem die gold- und silberdurchwirkten Seidenbrokate aus Italien. Klöppel- und Reliefspitzen wurden in verschwenderischem Ausmaß getragen. Bevorzugte Materialien für die Kleidung des Adels waren Taft, Seidensamt, Wollsamt und Batist. Auch matte Farben wie Blaßgelb, Blaßgrün, helles Blau und Rosa waren beliebt. Desweiteren behauptete sich das strenge Schwarz nach wie vor. Der Brokatstoff ist reich gemusterter Stoff aus Viskosefilamentgarn oder Seide. Mit einer Atlasbindung wurden ihm Gold- oder Silberfäden eingewoben, wodurch er sehr schwer und fest wurde. Seidenbrokat hingegen besteht aus reine Seide. Der Brokatstoff findet für Möbelbezüge Verwendung. Der Seidenbrokat hingegen wird für Prunkgewänder und -schuhe eingesetzt. Ursprünglich wurde der Brokatstoff gerne von kirchlichen Würdenträgern und Adligen getragen.
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An die barocke Kostümierung erinnert das projezierte Muster, welches sich wie ein goldenes Lichtkleid über die Passanten legt. Das Wechselspiel aus Licht und Schatten, welches wir aus der Natur kennen, wurde im Barock bewusst eingesetzt.
„In allen möglichen Farben präsentieren sich auch die Bäume in ihrem herbstlichen Kleid. Von rot – rotbraunen bis zu gelb – goldenen Farbtönen, dazwischen da und dort noch ein schwaches Grün, als wollten sich einige gegen die nun aufziehende neue Jahreszeit wehren. Ab und zu schwebt eines dieser farbigen Blätter wie von Geisterhand geführt dem Boden zu und überdeckt so langsam Land und Wiesen. Dies verleiht dem Erdreich einen bunten, farbigen Teppich, der lustig raschelt, wenn man darüber schreitet.“
Bei der Installation wurden acht Goborstrahler, aus dem Theater am Stadtgarten Winterthur, mit einer Gesamtleistung von 4600 Watt eingesetzt. Für die Farbe wurden zwei verschiedene Farbfilter in Kombination verwendet. Dadurch wirkt das Licht golden und fügt sich in die Gesamtinstallation ein.
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Kleines Gedicht zum Beamerkastenaufbau: Wahre Geschichte Helfer in Not Auf wackliger Leiter Klettert er immer weiter, Am Fuße den Kollegen Um ihm Stand zu geben, Doch plötzlich! Tönt aus dem Mobiltelefon Ein dramatischer Klingelton. „Mission impossible“ im Nacken Hört man schon die Leiter knacken. Ein lautes Flehen: Bloß nicht rangehen! Gelassene Ruhe beim zweiten Mann Und die Spannung ist vondann‘. Sarah Lenk und Karina Jung
„Ich war beeindruckt von der Lichtstimmung. Noch nie habe ich ein goldenes Licht im Aussenraum erlebt. Der Weg durch den goldenen Lichtblätterregen war ein Erlebnis. Chapeau!“ Volker von Kadorff, Lichtdesigner Berlin
„Ein Spiel aus Licht und Schatten Verstecktes sichtbar machen. Auf der Suche nach einem Schatz Verborgenes erwacht.“ Ruth Haller
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06_KLINGEN
Musik begleitet uns durch die gesamte Geschichte, doch erst in der Barockzeit entwickelte sich der konzertierende Stil vollends, ein Wetteifern der verschiedenen Stimmen entsteht: das Concerto Grosso. Dies bezeichnet das gemeinsame Konzertieren eines Solisten (Concertino) und eines Orchesters (Tutti). Die plötzlich entdeckte Tonvielfalt wird durch zahlreiche und meist virtuose Melodieläufe des Concertino ausgekostet. Die bereits im Mittelalter entstandene und in der Renaissance zu ihrer Vollendung geführte Polyphonie, also das Zusammenklingen selbstständig geführter Melodielinien, findet im Barock breite Verwendung. Oft wurde diese polyphone Struktur imitatorisch komponiert, beispielsweise in Fugen. Zu den Melodiestimmen tritt der Generalbass auch Basso Continuo, eine improvisierte durchgehende Begleitung, die meist vom Cembalo oder einer Orgel durchgeführt wird. Das Cembalo wird erstmals in der Renaissance eingesetzt, erreicht aber erst im Barock seine Blütezeit. Es zeichnet sich vorallem durch seinen obertonreichen Klang aus. In der Barockmusik tritt es im Normalfall, wie bereits oben erwähnt als Basso Continuo oder als ein weiteres Begleitinstrument auf. Die Musik gehört zur Festlichkeit, sie gewinnt an Bedeutung und etabliert sich als Tafelkonzert oder als Gesellschaftslied. Heutzutage wird die Barockmusik meist mit dem Cembalo in Verbindung gebracht.
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Der Zufall wollte es, dass zu dieser Zeit im Musikstudio von Christian Rösli ein Cembalo stand. Es wurde ganz bewusst Teil der Installation. Die Neugier sollte nicht nur durch visuelle, sondern auch durch auditive Reize geweckt werden. Um dies zu schaffen wurde jeder Besucher miteinbezogen. Die Idee war, die Passanten nicht mit allseits bekannter barocker Musik zu beschallen, sondern aus der Situation heraus etwas Einmaliges zu schaffen. In der Passage wurden Mikrofone installiert, die die Geräusche der Fußgänger aufnahmen und in eine sich ständig wandelnde vom Computer generierte Klangfolge mit einbanden. Dem Stück liegt ein Algorithmus zugrunde, der die Geräuschkulisse, die durch die Besucher entsteht, verarbeitet und integriert. Es entstand eine Klangkulisse, die den Besucher durch die Passage begleitete. Durch die Verfremdung des typisch barocken Cembalo und die Abwendung vom damals vorherrschenden Concerto entsteht eine wechselreiche und überraschende Klangkomposition. Die Musik hat nicht wie im Barock üblich eine Bühne, auf der sie zelebriert wird. Sie hat keinen definitiven Ursprung, sie ist in der Luft, und ihre Herkunft nicht zu fassen. Ein Spalt im Vorhang ermöglicht den Blick in das Musikstudio und auf das Cembalo. Der kurze Blick befriedigt die erste Neugierde und lässt doch die Frage offen, woher die Musik tatsächlich kommt.
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07_VERFÜHREN
Der Barock ist geprägt von bewegten Linien, Formenreichtum, Verzierungen und Sinnesfreuden. Auch die Gartenkunst findet in dieser Zeit ihren kunstvoll architektonisch und geometrisch gestalteten Höhepunkt. Der Garten ist nicht mehr nur Nutzgarten, sondern dient vor allem den sinnlichen Freuden. Es entstehen Lustgärten mit kleinen Lustschlösschen, Heckenräume und abgeschirmten Waldpartien, um in deren Schatten zu verweilen oder sich zum vertraulichen Beisammensein zurück zu ziehen. Der Apfel steht seit dem Sündenfall im Paradies symbolisch für Versuchung und Verführung. Seine Symbolkraft ist seit der Geschichte von Adam und Eva, den Hesperiden, die in ihrem wunderschönen Garten einen Wunderbaum mit goldenen Äpfeln pflegten, über das Mittelalter als Reichsapfel, bis hin zu dem Märchen ungebrochen.
Bei einem Wirte, wundermild; Da war ich jüngst zu Gaste; Ein goldner Apfel war sein Schild An einem langen Aste. Es war der gute Apfelbaum, Bei dem ich eingekehret; Mit süßer Kost und frischem Schaum Hat er mich wohl genähret. Es kamen in sein grünes Haus Viel leichtbeschwingte Gäste; Sie sprangen frei und hielten Schmaus Und sangen auf das beste. Ich fand ein Bett zu süßer Ruh Auf weichen, grünen Matten; Der Wirt, er deckte selbst mich zu Mit seinem kühlen Schatten. Nun fragt‘ ich nach der Schuldigkeit, da schüttelt‘ er den Wipfel. Ludwig Uhland - Einkehr
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150 Flaschen mit goldgelbem Apfelsaft werden an den fast 15m hohen Baum am Ende der Gartengrundstücke gehängt. Eigene Konstruktionen werden entwickelt, um die Flaschen an die vorgefertigten Haken zu befestigen. Dominik hängt weit oben im Geäst an seinem Klettergurt und verteilt diese. Geduld und Geschick ist verlangt, um mit langen Stangen jede einzelne Flasche, möglichst gleichmäßig verteilt, in den Baum zu hängen. Ein Ring mit Halogenstrahlern wird um den Baumstamm befestigt. Die Strahler beleuchten die Flaschen bei Dunkelheit und bringen sie zum „Glühen“. Tags reflektiert das Sonnenlicht sich in ihnen und irritiert im November mit „Goldäpfeln“. Die Apfelsaftflaschen spielen mit dem Symbol des Apfels und der Verführung und hinterfragen gleichzeitig unsere Sehgewohnheiten.
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Rezept Goldsaft 2 kg Äpfel, süßliche, 40 g Zucker, Äpfel grob würfeln, in einen großen Kochtopf geben und mit einen Stampfer zerdrücken. 1 L Wasser dazu geben, aufkochen und bei mittlerer Hitze 10 min. köcheln lassen. Durch ein großes, feines Haarsieb schütten, den Saft in einem Topf auffangen. Saft und Zucker verrühren, aufkochen lassen und abschäumen. Mit der Einmachhilfe verrühren und heiß in ausgekochte Flaschen füllen. Gut verschließen. Ergibt ca. 4 Flaschen á ½ l, ungeöffnet 1 Jahr haltbaR
150 Flaschen Apfelsaft Der Firma Möhl AG
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„Eine kleines Mädchens, das beim Aufbau durch die Passage kam: „Ich cha nümme meh aufhöre ufe z’ luege.“ das Mädchen schaute in den Baum, in dem wir die Apfelsaftflaschen aufhängten und erfreute sich an den im Licht glänzenden Flaschen. Solche Reaktionen erfreuen einen natürlich besonders, wenn die Menschen, die die Passage in ihrem Alltag passieren, dabei ein Glücksgefühl verspüren. Dies zeigt, der Aufwand für die Installationen hat sich gelohnt, und die Umsetzung ist gelungen. Ich war hauptsächlich daran beteiligt die Flaschen durch mein Kletterkönnen im Baum zu platzieren. Darüber hinaus war ein Aufhängesystem zu entwickeln, womit man die Flaschen vom Boden aus im Baum platzieren konnte, um an die nicht erreichbaren Stelle zu kommen.“ Dominik Österlein
„Mir hat die Verwandlung gefallen, die die Passage während der Aufbauarbeiten durchlief, mit zu gestalten und aktiv daran teilgenommen zu haben. Das Ergebnis hat uns begeistert. Auch wenn es doch mehr Zeit in Anspruch genommen hat, würde ich sofort wieder bei so einem Projekt mithelfen.“ Franziska Mothes
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08_SCHEINEN Ob der Schein von Kerzen bei prächtigen Gelagen oder die Fackeln, die nachts bei einem Fest das Anwesen beleuchteten, das Licht spielte im Barock eine zentrale Rolle. Bei großen Festen schmückte es die opulenten Tafeln, verzauberte Gartenräume und setzte aus der Ferne Zeichen.
Die am Ende der Passage vorhandenen Straßenleuchten werden mit einfachen Mitteln in das Projekt eingebunden. Durch einen Farbfilter erscheinen sie golden und setzen durch ihren warmen Schein ein Zeichen. Sie bilden Auftakt und „Schlusslicht“ der Installation Goldrausch.
In deine Flamme schau‘ ich, Kerzenlicht, Die wie ein Schwert die Finsternis durchbohrt. Hab‘ Dank, du schonest auch den Schatten nicht, Der meinen schlafgemiednen Sinn umflort. Ich nähre mich an deiner ruhigen Kraft, Du Bild der Seele, die das Dunkel trennt Und ihres Leibes erdenschweren Schaft Gleich einer Fackel in den Raum verbrennt.
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Christian Morgenstern - Das Licht
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VERNISSAGE
Der Barock war geprägt von dem Streben nach Schein. Das gesellschaftliche Leben war von hoher Bedeutung. Besonders der Besuch von Theatern und Opern, sowie die Veranstaltung von Aufzügen, Festen und Maskeraden wurden oft besucht. Die Bankette bei Hof prunkten mit kunstreichen Schaugerichten. Verbunden mit einer gesteigerten Bedeutung des gesellschaftlichen Lebens war die Vernissage auch hier ein besonderer Bestandteil. Besonders in den Anfängen der Vernissage traf sich dort eine sehr elitäre Gesellschaft. Woher stammt der Begriff „Vernissage“? Der Ursprung dieser Zeremonie liegt im Handwerk. Um Gemälde möglichst widerstandsfähig zu machen, wurden sie mit einem Schutzanstrich versehen. Das sogenannte Firnis. Dieser Arbeitsschritt war der letzte zur Vollendung des Werks. Dieses „Firnissen“ wurde mit der Zeit von einer kleinen Feier im Kreis von Freunden und Auftraggebern gefeiert. Nach und nach verschwand dieser Unterschied zwischen Firnis und Ausstellungseröffnung. Es entstand ein gemeinsames Ereignis, die Vernissage. Künstler, Förderer, Sammler und Galeristen feiern gemeinsam die Fertigstellung der Arbeit. Heute hat sich die Definition und das elitäre Image einer Vernissage gewandelt. Besucher betrachten heute ungezwungen mit kleinen Häppchen und einem Glas Sekt die Arbeit des Künstlers und genießen die gesellschaftliche Zusammenkunft mit anderen Kulturinteressierten.
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Die Idee der großen öffentlichen Festtafel entstand in Anlehnung an die barocken Feste. Die Festtafel bildete im öffentlichen Raum den Auftakt und die Einladungsgeste zu unserer Passage. An einer 12m langen weißen Tafel wurden Glühwein und Apfelsaft ausgeschenkt. Die Biertische wurden mit weißen Tischdecken festlich verkleidet. Gedeckt wurde mit goldenen Platten und vergoldeten Weinflaschen als Kerzenständer. Die langstieligen weißen Kerzen verliehen dem Ensemble einen eleganten Glanz. Den Abschluss bildete ein hoher goldener Kerzenleuchter. Wir trafen uns an der Hochschule in Konstanz. Mussten noch 60l Glühwein abholen, verladen und im Hauptverkehr nach Winterthur fahren. Nach einer schier endlos scheinenden Autofahrt kamen wir in der Innenstadt von Winterthur an. Das Ausladen begann. Überall waren schon Studenten von uns am Werk die letzten Details zu richten. So wurde auch noch ein 2m x 1m großes Folienplakat an einer Tür angebracht, das die Namen der Beteiligten und Sponsoren nannte. Kabel und Anschlüsse wurden gesucht und verlegt, ebenso wie Adapter (Winterthur ist ja bekanntlich in der Schweiz und ja, die haben andere Stecker!) Die Tafel wurde aufgebaut und verkleidet. Der Glühweinkocher vergoldet und gefüllt. Nach einem 10 minütigen Kampf mit dem Stecker, der Kabeltrommel und der dort befindlichen Sicherung wärmte er auch eifrig unseren Glühwein, das „rote Gold“, auf. Becher und Platten wurden arrangiert und ca. 30 vergoldete Weinflaschen mit langstieligen Kerzen versehen, wobei jede angeschnitten und eingepasst werden musste. Nach und
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nach vervollständigte sich das Bild und die ersten Passanten wurden aufmerksam. Nachdem die Lichttage offiziell auf dem Kirchplatz eröffnet worden waren, begannen auch wir unsere Kerzen zu entzünden. Auch das war nicht einfach, da so eine Fußgängerzone doch recht zugig ist, was beim Anzünden der langstieligen Kerzen sich nicht gerade als Vorteil erwies. Die Platten wurden mit orientalischen Köstlichkeiten gefüllt. Dies spannte den Bogen zwischen Klassik und Orient und machte die Passanten neugierig Über diese machten sich aber erst einmal die zahlreichen Studenten her, die sichtlich ausgehungert von der Arbeit, sich selbst feiernd, hinter der Tafel saßen und aßen. Aber nach und nach trauten sich auch einige Passanten an die Tafel. Da die Lichttage im November stattfanden, profitierten wir durch einen regen Verkauf von Glühwein von der vorweihnachtlichen Stimmung. Der nette Obstverkäufer unterstützte uns in unseren Verkaufsbestrebungen, indem er dem ganzen zeitweise den Eindruck eines orientalischen Basars verlieh und unsere Waren anpries und zu „horrenden“ Preisen verkaufte. Die Nacht war kalt, die Preise stiegen und die Strasse füllte sich nach und nach mit Menschen.
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„Es war ein goldiges Erlebnis, großartige Impressionen, Tolle bleibende Eindrücke!“ Cora Völlnagel
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„Die Verwandlung war unglaublich... Tolles Projekt hat sehr viel Spaß Gemacht.“ Johannes Eppler
„Barock mal ganz anders. Material, Farbigkeit und Musik; alles lässt den Barock spüren, ist aber doch eine ganz eigene Interpretation.“ Jannis Renner
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„Während der Aufbauarbeiten der Goldpassage kam es regelmäßig zu Begegnungen mit Anwohnern und Menschen deren täglicher weg durch die Passage führt. Mir hat am besten gefallen, wie die anfängliche Skepsis sich kontinuierlich in Begeisterung verwandelte. Die Menschen zeigten sich berührt und spiegelten unsere Faszination für das Projekt wieder. Der Prozess an sich war mindestens so wichtig wie das Ergebnis. Es hat uns allen sehr viel spaß gemacht, an der Ausstellung mitzuwirken.“ franziska Ebeler
„Versteckt zwischen Döner und Gemüse eröffnete sich an einem kalten Novembertag dem staunendem Auge die goldene Passage unserer Kommilitonen. Bezaubert vom Glitzer des allumgebenden Goldes, dem Leuchten der Goldsäfte in den schimmernden Wipfeln des Baumes und der Kerzen auf der großen, opulent bestückten Festtafel, erinnere ich mich an eine gelungene und erfolgreiche Vernissage mit unzähligen begeisterten Besuchern.“ Linda groschopp
„Der Wandel vom hässlichen Entlein zum goldenen Schwan. Dieser Prozess war es, der mich fasziniert hat. „Alles im Universum entwickelt sich und für die Weisen bedeutet Gold die höchste Fortentwicklung. „Der Alchemist by P. Coehlo“ Alyssa Rau
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FINISSAGE
Auch bei der Finissage stand die Idee des barocken Festes im Mittelpunkt. Die Idee war, mit den am Aufbau beteiligten Studenten den Abschluss zu feiern. Wir wollten nicht, dass unsere Passage ohne abschließende Feier wieder zurückgebaut wird. Der Durchgang sollte zum Raum werden, eine lange Tafel mit Kerzenschein. Mit weißen Tellern. Wein und Apfelsaft. Wieder trafen wir uns um 18.00 an der Hochschule in Konstanz. Um 17.30 bekamen wir den Anruf, dass aufgrund einer Fehlbuchung leider keine Tische und Bänke für uns vorhanden wären. Kurzum beschlossen wir, dass jeder Teilnehmer des Abends seine eigene Sitzgelegenheit mitbringen sollte. Aus den Arbeitsräumen borgten wir uns vier Holzböcke. Aus der Passage entfernten wir zwei Goldplatten von der Wand, die zu unseren Tischtafeln wurden. Wir tafelten also nicht nur umgeben von Gold, sondern aßen sogar auf Gold. Als Essen wollten wir wieder den orientalischen Charakter unterstreichen. Das Gourmet-Menü bestand aus vier Gängen. Begonnen wurde mit gefüllten Weinblättern und anderen kleinen Amuse-gueules. Gefolgt von tollen orientalischen Sandwiches und Kisir von Nilüfer Umul. Danach gab es „Golddöner“. Ein Malerflies-Vorhang schützte uns nicht nur vor winterlicher Witterung, sondern verstärkte auch
das festliche Raumgefühl. „Licht zeichnet Raum, ist dabei klar in seiner Aussage und hat dennoch die geheimnisvolle Leichtigkeit des Autarken. Licht bedeutet erleben, erfahren! „ Per Ruppenthal - 88 -
FINISSAGE DO 25.11.2010
2000 UHR
WIR LADEN EUCH HERZLICH EIN MIT UNS DIE FINISSAGE DER LICHTTAGE WINTERTHUR ZU FEIERN.. WAS WIR BIETEN: SCHIMMERNDE TAFEL GLANZVOLLES ESSEN RAUSCHENDE ATMOSPHÄREN WAS IHR BRAUCHT: ZUSAGE AN UNS !!! PER MAIL 2 FLASCHEN WEIN 1 GEDECK/GAST GESELLIGKEIT
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„Goldrausch... Ein wandeln zwischen sich Sehnen und dem Moment das Ersehnte zu erreichen - Es ist ein Traum zwischen Wirklichem und unwirklichem und auch Unwirkliches ist plötzlich möglich...“ Sebastian Beck
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PRESSETEXT
Auch in diesem November wird wieder die Altstadt von Winterthur durch die 3. internationalen Lichttage zur Bühne für leuchtende Inszenierungen. Unter dem barocken Thema Fuochi Artificiali geben 15 Passagen spielerische Denkanstöße zum nachhaltigen und effizienten Umgang mit Energieressourcen. Wir als Gestaltungshochschule haben in diesem Rahmen das barocke Lebensgefühl analysiert, neu interpretiert und anschließend im Projekt 05 inszeniert. Wir beschäftigten uns mit den barocken Stilmitteln der illusionistischen Raumwirkung, mit Licht und Schatten sowie dem Spannungsfeld von Realität und Abbild. Das Sein und der Schein. So entstand die Idee des „Goldrausches“. Gold als Ausdruck opulenten Lebensstils, des Verkleidens und Täuschens, aber auch Irritation der eigenen Wertvorstellungen. Goldenes Schokoladenpapier verwandelt die Passage „Im Gangli“ zwischen der Obertorgasse und der Badgasse in eine illusionistische Scheinwelt. Auftakt des barocken Feuerwerks bildet die Vernissage am 5. November um 19:00 Uhr. Hier wird ein genussvolles Essen zelebriert. Orient und Barock werden an einer langen Tafel bei Kerzenschein vereinigt. Das „Gängli“ selbst erstrahlt im Goldgewand. Der folgende Spiegel ist ein Spiel mit den Elementen Raum und Perspektive. Er verstärkt die Pracht, Größe und Opulenz des Vorangegangenen und des Folgenden. Die Festtafel als Drehpunkt des Gesamtkonzepts greift nicht nur den Genuss wieder auf, sondern ist auch ein Spiel von Licht und Schatten. Die Besucher werden durch ein Lichtkleid mit Goldregen gekleidet und dadurch selbst Teil der Installation. Die Neuin-
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terpretation klassischer Klänge begleitet sie vom Hier ins Dort. Die Lichtinszenierung „Verführen“ spielt mit dem barocken Motiv der Veränderung der Natur durch den Menschen. Ausklang des Goldrausches bilden die goldenen Lichtakzente der Straßenleuchten, die als Blickfang den Passanten neugierig machen sollen. Die Installation Goldrausch der HTWG Konstanz ist nicht nur ein Hinterfragen und Interpretieren von Fuochi Artificiali, sondern will die Facetten des Themas aufzeigen. Wir möchten an Kindheitswünsche erinnern, mit Ironie spielen, mit Poesie leuchten und gleichzeitig mit Logik überzeugen. ar
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Projekt 05_Durchgang Obertor-Badgasse
Wir laden Sie herzlich ein zur Eröffnung Freitag, 5.11.2010 19.00 Uhr Kirchplatz Winterthur
HTWG Konstanz Fakultät Architektur und Gestaltung Prof. Myriam Gautschi, Mario Rechsteiner Sebastian Beck, Ingo Böhler, Johannes Eppler, Roxana Fraifeld, Jesus Medina, Vidhura Perera
Architekturstudenten der HTWG Konstanz gestalten im Rahmen der 3. Internationalen Lichttage Winterthur die Passage Obertor-Badgasse. Das Projekt „Goldrausch“ interpretiert das diesjährige Thema Barock und übersetzt es in 157m2 Goldfolie, 75l Goldsaft, 5000W Goldlicht ....
Ausstellung von 5. - 28. November 2010_beleuchtet täglich 17.00 - 22.00 Uhr www.lichttage.ch_www.gold-rausch.blogspot.com Wir danken Klanginstallation Christian Rösli, Matthias Heckmann, Winterthur_ Theater im Stadtgarten, Winterthur_XAL Schweiz, Zürich_Fluora Leuchten, Herisau_ STO, Niederglatt_Blumer - Lehmann, Gossau_Mosterei Möhl, Arbon_art light, St.Gallen
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„Architekturstudierende der Hochschule Konstanz setzten sich mit der Passage auseinander. Sie unterzogen die pittoreske, wenn auch etwas vergammelte mittelalterliche Passage unter dem Titel «Goldrausch» einer Rundumerneuerung. Ihr Ausgangspunkt war das Thema «Barock», das die Lichttage wie ein roter Faden durchzieht. Darum haben sie die Passage nicht in altem, sondern neuem Glanz erstrahlen lassen. Der Gang wurde von oben bis unten mit Schokoladefolie vergoldet. Gespielt wird hier mit dem für den Barock wichtigen Thema von Licht und Schatten. War einst Gold dem sakralen Raum oder Thronsaal vorbehalten, illuminiert es im «Gängli» einen Nichtort, wo man lediglich hindurcheilt. Was ist Illusion? Was ist Wirklichkeit?, fragen die Studierenden. Und wo ist all die Schokolade abgeblieben?, fragt sich der Betrachter.“
Auf der Schokoladenseite des Kunstlichts der landbote, Dienstag - 16. 11.2010
Die Altstadt im Lichte der Kunst Neue Züricher Zeitung - 5.11.2010 - Nr. 258
„In der Oberstadt haben Studierende der Hochschule Konstanz den biederen Charme der Passage «im Gängli» zwischen Gemüseladen und Imbissbude in güldenes Licht getaucht. Den Schein des Edelmetalls besorgen profane Schokoladen-Folien.„
„Mit zur bunten Inszenierung der Altstadt tragen auch die Studenten der Hochschule für Künste in Konstanz bei bei: Mit insgesamt 134 Quadratmetern „Schoggipapierli“ haben sie die Passage „Im Gängli“ verkleidet. Damit wird aus dem etwas heruntergekommenen Ort ein güldener, königlicher Raum.“
Wenn Novembertage schimmern und leuchten
http://www.baublatt.ch/news/trends/wenn-novembertage-schimmern-und-leuchten - 05.11.2010
Leuchtende Fragen in dunklen Durchgängen der Altstadt Tages-Anzeiger, Zürich – 4. 11. 2010
„Existenzielle Fragen liessen sich auch in jener Passage stellen, die unter dem Haus zum Gängli durchführt. 134 Quadratmeter «Schoggipapierli» haben Studierende der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz auf Wände und Decken geklebt – auf dass sich die Passanten davon blenden lassen und einen Moment wie Könige fühlen.“
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Mein Dank gilt allen, die dieses Projekt unterstützt und ermöglicht haben. Persönlich möchte ich mich beim Verein Lichttage, Susan Wiget und Dorothee Messmer, der Kuratorin der Lichttage 2010 für die Einladung und Möglichkeit, an den Lichttagen teilzunehmen, bedanken. Stefan Tauss, Stadtwerke Winterthur hat immer Lösungen gefunden, ihm gilt ein ganz besonderer Dank. Blumer-Lehmann AG Holzbau, Fluora Leuchten, Jowat Klebstoffe, Mosterei Möhl AG, Sto AG, das Theater am Stadtgarten und XAL Lightning haben mit den notwendigen Leuchten, Farben, Apfelsaft und Klebstoff, Holzplatten und -latten das Projekt ermöglicht. Ohne diese Sachunterstützung und dem jeweiligen Wissen und ihrer Erfahrung, die uns mitgegeben wurde, wäre das Projekt in dieser Form nicht realisierbar gewesen. Ein grosses Dankeschön. Ch. Rösli und M. Heckmann haben ihr Cembalo inszeniert, am klanglichen Hintergrund getüftelt, ihre Klanginstallation 1:1 umgesetzt. Ein herzliches Dankeschön für die Zusammenarbeit. Mein Dank gilt auch allen Studenten, die an der Idee gesucht, sie konkretisiert und 1:1 umgesetzt haben. Meiner Tutorin Alyssa Rau und meinem Tutor Sebastian Beck von ganzem Herzen danke für ihr Engagement und ihren unermüdlichen Einsatz.
Prof. Myriam Gautschi
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MITWIRKENDE SPONSOREN
Prof. Myriam Gautschi Mario Rechsteiner
art light GmbH, St.Gallen Blumer-Lehman AG Holz, Gossau Fluora Leuchten AG, Herisau Raumklang C. Rösli & M. Heckmann, Winterthur Jowat Klebstoffe, Swiss AG, Buchs Mosterei Möhl AG, Arbon
Beck Sebastian Böhler Ingo Brockmeyer Benedict Chudoba Benedict Diering Dominik Ebeler Franziska Eppler Johannes Fraifeld Roxana Gallus Sebastian Groschopp Linda Haller Ruth Handloser Melanie Hanke Nikolai Jung Karina Kern Heiko Klein Simon Lenk Sarah Medina Jesus Melber Veronika Mothes Franziska Österlein Dominik Perera Vidhura Rau Alyssa Renner Jannis Renold Andreas Ruppenthal Per Schad Dominik Schmidt Lisa Schwendemann Nicolai Umul Nilüfer Völlnagel Cora Wendelin Biller, Metallwerkstatt HTWG
Sto AG, Niederglatt Theater am Stadtgarten, Winterthur XAL Schweiz GmbH, Zürich
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IMPRESSUM
HERAUSGEBER: Prof. Myriam Gautschi, Lichtdesign PLDA Mario Rechsteiner Wahlfach Lichttage Winterthur 2010, Dokumentation
HTWG Konstanz University of Applied Sciences Fakult채t f체r Architektur und Gestaltung Fachbereich Architektur Brauneggerstr. 55 D-78462 Konstanz
KONTAKT: gautschi@htwg-konstanz.de m.rechsteiner@artlight.ch
REDAKTION: Alyssa Rau, Jannis Renner, Julia Butsch, Nikolai Hanke, Nil체fer Umul
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