Steuer-News: Neuregelung zur deutschen Wegzugsbesteuerung

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STEUER-NEWS

NEUREGELUNG ZUR DEUTSCHEN WEGZUGSBESTEUERUNG (§ 50i EStG) In der Vergangenheit war die Einlage von wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft vor einem Wegzug einer natürlichen Person aus der Bundesrepublik Deutschland eine häufig gewählte Gestaltung. Ziel einer solchen Einlage war es, die Folgen der deutschen Wegzugsbesteuerung nicht auszulösen. In der Annahme, dass ein Wegzug nach einer steuerneutralen Einlage in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft nicht zum Verlust von Steuersubstrat führt, hat die deutsche Finanzverwaltung – häufig abgesichert durch eine verbindliche Auskunft – regelmäßig von einer Wegzugsbesteuerung in Deutschland abgesehen. Mit Urteil vom 28.4.2010 (I R 81/09) hat der deutsche Bundesfinanzhof („BFH“) seine entgegengesetzte Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht. Der BFH geht davon aus, dass eine gewerblich geprägte Personengesellschaft keine Unternehmensgewinne i. S. des Doppelbesteuerungsrechts erzielen könne. Eine Einlage in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft sichere somit kein deutsches Besteuerungsrecht. Dieses Besteuerungsrecht stehe vielmehr dem Zuzugsstaat des ehemals im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen zu. Auf Grundlage des oben beschriebenen BFH-Urteils hätten stille Reserven somit endgültig dem deutschen Besteuerungszugriff entzogen werden können. Es zwang den deutschen Gesetzgeber daher zur Einführung der Neuregelung des § 50i EStG im Rahmen des sog. AmtshilferichtlinieUmsetzungsgesetzes. Mit der Vorschrift sollen Veräußerungs- und Entnahmegewinne sowie laufende Einkünfte inländischer, gewerblich geprägter Personengesellschaften ungeachtet entgegenstehender Abkommensnormen der deutschen Besteuerung unterworfen werden (sog. Treaty-Override). Die Regelung betrifft ausschließlich Altfälle, bei denen ein Wegzug bereits erfolgt ist. Die Besteuerung von Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinnen ist jedoch nicht auf solche stille Reserven beschränkt, die vor dem Wegzug entstanden sind. Im Zusammenhang mit einem anstehenden Wegzug ist nunmehr sicher, dass die vorherige Einlage von Kapitalgesellschaftsanteilen in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft eine deutsche Wegzugsbesteuerung nicht verhindern kann. In zeitlicher Hinsicht ist der Anwendungsbereich des § 50i EStG auf Wirtschaftsgüter beschränkt, die vor dem 29. Juni 2013 in das Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft übertragen oder überführt wurden. Entsprechend der Anwendungsregel sind Veräußerungen und Entnahmen von der Vorschrift betroffen, die nach dem 29. Juni 2013 stattfinden (§ 52 Abs. 59d S. 1 EStG). Hinsichtlich der laufenden Einkünfte aus der Beteiligung an der Personengesellschaft soll die Vorschrift in sämtlichen Fällen angewendet werden, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist (§ 52 Abs. 59d S. 2 EStG).

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Mit der Neuregelung des § 50i EStG sind zahlreiche Zweifelsfragen verbunden. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Vorschrift aufgrund des oben dargestellten zeitlichen Anwendungsbereiches überhaupt eine Wirkung entfalten kann. Hintergrund ist, dass der Wegzug auf Basis der oben zitierten BFH-Rechtsprechung nach der vorherigen Einlage regelmäßig den Tatbestand einer sog. fiktiven Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllen sollte. Die Besteuerung einer solchen Entnahme wird in praxi aufgrund der ursprünglichen Annahme der Finanzverwaltung, dass die Einlage in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ein deutsches Besteuerungsrecht sichert, regelmäßig unterblieben sein. Sind die Bescheide bereits bestandskräftig ist eine Änderung nicht mehr möglich. Eine nochmalige Entnahme bzw. eine Veräußerung im Rahmen des § 50i EStG könnte am Wortlaut der Regelung scheitern. Vor diesem Hintergrund bestehen nicht unberechtigte Zweifel, ob Deutschland trotz Einführung des § 50i EStG Veräußerungen oder Entnahmen ab dem 29. Juni 2013 in entsprechenden Fällen besteuern kann. Ergeht in diesem Zusammenhang ein deutscher Steuerbescheid, empfehlen wir die Einlegung eines Einspruchs.

Kontaktpersonen

Burkhard Lohmann Rechtsanwalt, Steuerberater Partner T +49 89 350 00-2322 E b.lohmann@rbs-partner.de

Andreas Lichel Diplom-Kaufmann, Steuerberater Partner T +49 30 280 88-1002 E a.lichel@rbs-partner.de

Dr. Tobias Heerdt Diplom-Kaufmann Manager T +49 89 350 00-2328 E t.heerdt@rbs-partner.de

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Hinweis zu den Steuernews: Weder die RBS RoeverBroennerSusat GmbH & Co. KG noch andere verbundene Unternehmen der RBS Gruppe (d.h. RBS RoeverBroennerSusat Geschäftsführungs-GmbH, RBS RoeverBroennerSusat Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, SUSAT Gesellschaft für Beratung und Revision mbH, SUSAT GmbH, RBS RoeverBroennerSusat Consulting GmbH, RBS RoeverBroennerSusat Advisors GmbH & Co. KG, nachfolgend gemeinsam als RBS Gruppe bezeichnet) geben durch diese Steuernews eine professionelle Beratung, Dienstleistung oder Empfehlung für eine bestimmte unternehmerische oder persönliche Entscheidung ab. Diese Steuernews enthalten nur allgemeine Informationen. Entscheidungen sind selbstständig und eigenverantwortlich durch den Kunden vorzunehmen. Bevor eine Entscheidung oder Maßnahme im Zusammenhang mit dem Inhalt dieser Steuernews für sich oder eine andere Person getroffen wird, sollte eine Beratung durch einen qualifizierten Berater erfolgen. Kein Unternehmen der vorstehend bezeichneten RBS Gruppe ist verantwortlich für etwaige Vermögensschäden von Personen, die sich auf diese Steuernews verlassen. Herausgeber: RBS RoeverBroennerSusat GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Domstraße 15 20095 Hamburg Verantwortliche Redaktion: Burkhard Lohmann Herzog-Heinrich-Straße 22 80336 München T +49 89 350 00-2322 E b.lohmann@rbs-partner.de


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