OECD-Diskussionspapier zur Verrechnungspreisdokumentation

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STEUER-NEWS

OECD-DISKUSSIONSPAPIER ZUR VERRECHNUNGSPREISDOKUMENTATION Vor dem Hintergrund des BEPS-Aktionsplans vom 19. Juli 2013 hat die OECD am 20.01.2014 ein weiteres Diskussionspapier zur Verrechnungspreisdokumentation und zum sog. Country-by-Country-Reporting („CbC-Reporting“) veröffentlicht. Inhaltlich basiert das Diskussionspapier zum einen auf dem Weißbuch zur Verrechnungspreisdokumentation (Juli 2013) und zum anderen auf dem „Memorandum on Transfer Pricing Documentation and Country-by-Country-Reporting“ (Oktober 2013). Ziel der OECD ist es, auf eine Vereinheitlichung der Dokumentationsanforderungen hinzuwirken, um die aus unterschiedlichen nationalen Regelungen resultierenden Compliance-Aufwendungen zu reduzieren und um Informationsasymmetrien zwischen den Finanzbehörden und den Steuerpflichtigen abzubauen. Die OECD definiert in diesem Zusammenhang drei grundsätzliche Anforderungen an Verrechnungspreisdokumentationen und unterbreitet entsprechende Vorschläge: a.) Den Steuerbehörden sind frühzeitig alle notwendigen Informationen zu einer Bewertung von Verrechnungspreisrisiken zur Verfügung zu stellen, um eine zielgerichtete Fokussierung auf Unternehmen mit entsprechendem Risikopotenzial zu ermöglichen. � Ergänzend zur Verrechnungspreisdokumentation stehen unter anderem folgende Werkzeuge zur Diskussion: Formulare, welche zusammen mit der Steuererklärung einzureichen sind; verpflichtende Fragebögen; Besprechungen zwischen Steuerbehörde und Steuerpflichtigen. b.) Es soll sichergestellt werden, dass der Steuerpflichtige bei der Festsetzung seiner Verrechnungspreise, also vor der Erstellung entsprechender Steuererklärungen, die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Fremdvergleichsgrundsatz, berücksichtigt. � In diesem Zusammenhang soll eine „Befolgungskultur“ etabliert werden. Hervorgehoben wer den die Vorzüge einer Verschärfung der Vorschriften zur zeitnahen Erstellung einer Dokumen tation. Die zeitnahe Erstellung soll außerdem durch entsprechende Strafzahlungen im Ver- zugsfall befördert werden. Steuerbehörden werden dazu angehalten, sich auf die Prüfung substanzieller Transaktionen zu fokussieren. c.) Den Steuerbehörden sind zeitnah die notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen, um eine umfängliche Prüfung der Verrechnungspreise der innerhalb ihres Hoheitsgebietes ansässigen Unternehmen durchführen zu können. � Unabhängig vom Umfang der Verrechnungspreisdokumentation können die Steuerbehörden grundsätzlich ergänzende Informationen anfordern. Darüber hinaus wird ein stärkerer Infor- mationsaustausch zwischen den Steuerbehörden befürwortet, um den Steuerbehörden auch solche Informationen zugänglich zu machen, die nur auf der Ebene eines verbundenen Unternehmens im Ausland verfügbar sind. Zur praktischen Umsetzung schlägt die OECD, analog zum EUJTPF (das EU Joint Transfer Pricing Forum unterstützt und berät die Europäische Kommission in steuerlichen Fragen im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen), die Erstellung eines Master- und entsprechender Local-Files vor. Die Anlagen I und II des Diskussionspapiers lassen erkennen, dass angesichts der unverändert umfangreichen 1


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Dokumentationsanforderungen keine wesentliche Erleichterung für den Steuerpflichtigen zu erwarten ist. Besonders die Empfehlung der OECD, zukünftig stärker auf eine zeitnahe Erstellung der Dokumentation hinzuwirken, womit die bislang in der Praxis durchaus übliche Zusammenfassung mehrerer Geschäftsjahre innerhalb einer Dokumentation erschwert würde, bedeutet eher einen höheren Aufwand für den Steuerpflichtigen. Während für den Mittelstand grundsätzlich geringere Dokumentationsanforderungen bestehen sollen, lässt das Diskussionspapier in diesem Zusammenhang eine hinreichende Konkretisierung vermissen. Der OECD-Entwurf sieht vielmehr vor, dass das CbC-Reporting auch für den Mittelstand verpflichtend einzuführen ist. Hierbei ist festzuhalten, dass das CbC-Reporting deutlich über den üblichen Inhalt eines Master-File-Ansatzes hinausgeht. Offen gelassen wurde in diesem Zusammenhang, ob das CbC-Reporting Bestandteil des Master-Files werden soll oder den Steuerbehörden als ein separates Dokument zu übergeben ist. Die Einführung des CbC-Reportings würde Unternehmen unter anderem dazu verpflichten, detailliert offenzulegen, in welchen Ländern sie tätig sind und welche Umsatzerlöse und Gewinne in diesen Ländern generiert werden sowie die Höhe der entsprechenden Steuerzahlungen. In der einschlägigen Literatur wird das CbC-Reporting in diesem Zusammenhang bereits kritisiert, da die Anforderungen die in § 90 Abs. 2 AO genannten Mitwirkungshandlungen übersteigen dürften. Weiterhin ist kritisch zu würdigen, dass das CbC-Reporting durchaus als ein erster Schritt in Richtung einer „Formelbasierten Gewinnaufteilung“ und der Abkehr vom Fremdvergleichsgrundsatz beurteilt werden kann. Wie in den entsprechenden Vorschlägen der EU Kommission zur Einführung einer Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftsteuer Bemessungsgrundlage (GKKB) könnten Finanzverwaltungen so zukünftig die Gewinne anhand einer auf den CbC-Reporting-Informationen (Umsatz, Personalausgaben und Anlagevermögen) basierenden Formel auf die einzelnen Unternehmensteile aufschlüsseln. Unternehmen wäre hiermit die Möglichkeit genommen, ihre Verrechnungspreise selbst zu bestimmen und die tatsächliche, unternehmensspezifische Wertschöpfung würde nicht länger berücksichtigt. Die OECD beabsichtigt mit ihrem Aktionsplan und dem CbC-Reporting, den Druck auf Unternehmen zu erhöhen, deren Steuerplanungen als aggressiv eingestuft werden. Während die Ansätze zur Standardisierung und Vereinheitlichung von Verrechnungspreisdokumentationen im Zusammenhang mit den hohen Compliance-Aufwendungen zu begrüßen sind, scheint der Ansatz der OECD derzeit primär eine Erweiterung der Informationsrechte der Finanzbehörden zu befördern. Für Steuerpflichtige kann dieses Ungleichgewicht letztlich eine Erhöhung des Verwaltungsaufwands bedeuten. Insbesondere der Mittelstand droht in Kollektivhaftung genommen zu werden. Obwohl es sich aktuell lediglich um ein Diskussionspapier handelt, sind mittelfristig signifikante Auswirkungen für die Steuerpraxis zu erwarten. Es lohnt sich daher, die Entwicklungen weiterhin aufmerksam zu beobachten.

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