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2/2014

Themenübersicht Editorial 2 Gesetzesänderungen AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz – Änderungen des Einkommensteuergesetzes

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Internationales Steuerrecht Der Coordinated Documentation Approach der OECD

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Hinzurechnungsbesteuerung – neue Niedrigsteuerländer in der EU

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BFH: Vorlage zum BVerfG hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 50d Abs. 10 EStG

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Ertragsteuerrecht FG München: keine beschränkte Steuerpflicht von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an einer grundbesitzenden Personengesellschaft durch eine ausländische Kapitalgesellschaft

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Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer: automatisierter Datenabruf ab 1.1.2015; Erklärung zum Sperrvermerk bis 30.6.2014 notwendig

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Steuerpflicht von Erstattungszinsen

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BFH-Urteile zur Tonnagebesteuerung sowie zur gewerbesteuerlichen Kürzungsvorschrift bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr

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Organschaft: Risiko im Anschluss einer steuerlichen Außenprüfung

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Neues zum gewerblichen Grundstückshandel

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Umsatzsteuer Aufteilbarkeit der Gesamtfinanzierung eines Public-Private-Partnership (PPP) (Build-Lease)-Bauprojekts für umsatzsteuerliche Zwecke

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Zulässigkeit des Flächenschlüssels bei gemischt genutzten Gebäuden

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Bauleistungen an Bauträger

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Lohnsteuer Erste BFH-Urteile zur Pauschalversteuerung von Sachzuwendungen

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Sonstige Steuern Erbschaftsteuer beim Ausscheiden zum Nennwert

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EuGH: Deutsche Erbschaftsteuerfreibeträge benachteiligen Erben im Drittlandsgebiet 17 Nichtanwendungserlass: BMF hält an Gesamtplan fest

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Kurz notiert

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Editorial Sehr geehrte Damen und Herren, der Steuergesetzgeber ist bisher – wie angekündigt – kaum in Erscheinung getreten. Im „politischen Raum“ werden derzeit lediglich Vorhaben besprochen, die bereits im vergangenen Jahr auf der Tagesordnung standen, wegen der anstehenden Wahlen jedoch nicht umgesetzt wurden. Allerdings wird auf internationaler Ebene weiter über die als unerwünscht angesehene Verlagerung von Aktivitäten oder Einkunftsquellen in deutlich niedriger besteuernde Länder diskutiert. In der OECD trägt dieses Thema den Namen „BEPS“ (Base Erosion and Profit Shifting). Die diskutierten Maßnahmen sollen es international tätigen Konzernen deutlich schwerer machen, Einkünfte zu „verschieben“. Wir haben daher in diesem Newsletter wieder einen Schwerpunkt auf den Bereich „Internationales Steuerrecht“ gelegt. Daneben ist weiter erkennbar, dass der Europäische Gerichtshof immer häufiger in das deutsche Steuerrecht eingreift. Nicht nur der BFH, sondern zunehmend auch Finanzgerichte legen dem EuGH Streitfragen vor, bei denen sie vermuten, dass das deutsche Recht mit dem europäischen Recht nicht vereinbar ist. Auch das Erbschaftsteuerrecht gerät wieder in den Fokus. Das Bundesverfassungsgericht wird – voraussichtlich – noch in diesem Jahr über die deutliche steuerrechtliche Bevorzugung der Übertragung von Betriebsvermögen urteilen; dieses Urteil wird jedoch frühestens für die zweite Jahreshälfte erwartet. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre bei den interessanten Themen, die wir wieder für Sie zusammengestellt haben. Für Rückfragen und tiefergehende Beratung stehen wir und die jeweiligen Autoren Ihnen jederzeit gern zur Verfügung. Ihre Partner von RBS RoeverBroennerSusat

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Gesetzesänderungen AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz – Änderungen des Einkommensteuergesetzes Mit Zustimmung des Bundesrates am 29.11.2013 wurde das AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (nachfolgend: AIFM-StAnpG) verabschiedet. Das Gesetz wurde am 23.12.2013 im Bundesgesetzblatt (BGBl I, S. 4318), veröffentlicht und trat im Wesentlichen am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Wesentliche Inhalte des AIFM-StAnpG sind neben der Anpassung des InvStG an das Kapitalanlagegesetzbuch (kurz KAGB) die Schaffung der Rahmenbedingungen für das sog. Pension-Asset-Pooling, die Rechtsgrundlage für die Umsetzung des FATCA-Abkommens mit den USA sowie verschiedene Änderungen im Einkommensteuerrecht. Folgende Änderungen sind für die Praxis besonders relevant: Anhebung des Höchstbetrags von Unterhaltsleistungen Der Höchstbetrag für den Abzug von Unterhaltsleistungen gemäß § 33a EStG wurde für das Veranlagungsjahr 2013 von 8.004 Euro auf 8.130 Euro angehoben. Für das Veranlagungsjahr 2014 wurde der Betrag von 8.130 auf 8.354 Euro erhöht. Beide Anhebungen orientieren sich an der Höhe des Grundfreibetrags. Berücksichtigung von Vorsteuerberichtigungsbeträgen Bei der Berücksichtigung von Vorsteuerberichtigungsbeträgen nach § 15a UStG wurden bisher nachträgliche Korrekturen gemäß § 9b Abs. 2 EStG ertragsteuerlich entweder als Betriebseinnahme/Einnahme (Mehrbeträge) oder als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe/Werbungskosten (Minderbeträge) behandelt. Die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (AK/HK) blieben unberührt. Mit der Neufassung des § 9b Abs. 2 EStG gilt diese Regelung nur noch, sofern die Vorsteuerberichtigungen im Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen. Ist eine Änderung nicht durch eine Einkunftsart veranlasst (Zuordnung zur privaten Lebensführung), sind die Mehr- und Minderbeträge den AK/HK zuzuordnen. Gemäß § 52 Abs. 23f EStG ist die Neufassung für alle Fälle anzuwenden, die nach dem 28.11.2013 eingetreten sind. Entgeltliche Übertragung von Verpflichtungen Der BFH hatte in seiner Rechtsprechung (I R 102/08 und I R 72/10) entschieden, dass steuerlich bestehende Passivierungsbeschränkungen dem Grunde (z. B. Verbot von Drohverlustrückstellungen) und/oder der Höhe (z. B. Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG) nach nicht anzuwenden sind, sofern die Verpflichtungen durch den Übernehmer „angeschafft“ wurden. Als Folge der Rechtsprechung wurden entsprechende stille Lasten bei Erwerb von Unternehmen im Zuge eines „Asset-Deals“ aufgedeckt und als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe steuermindernd in Abzug gebracht. Dem durch diese Rechtsprechung bewirkten Steuerausfallrisiko wollte der Gesetzgeber durch die Neuregelung entgegenwirken.

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Durch die Einfügung des § 4f EStG, einschlägig für den „Veräußerer einer Verpflichtung“, können aufgedeckte stille Lasten nicht mehr als sofort steuermindernde Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Der „Veräußerer“ kann Übertragungsverluste lediglich außerbilanziell über einen Zeitraum von 15 Jahren in Abzug bringen. Ausnahmetatbestände liegen bei einer Veräußerung/Aufgabe eines ganzen Betriebs oder Mitunternehmeranteils, bei einem Arbeitgeberwechsel unter Mitnahme der erworbenen Pensionsansprüche und für Betriebe, die die Größenklassen des § 7g EStG nicht überschreiten, vor. Auf Seite des „Erwerbers“ müssen die Regelungen des neu eingefügten § 5 Abs. 7 EStG beachtet werden. Wurde eine etwaige Passivierungsbeschränkung der übernommenen Verpflichtung (bisher) nicht beachtet, muss dieses in der ersten nach der Übernahme aufzustellenden Bilanz (Regelfall 31.12.2013) nachgeholt werden. Für einen dabei entstehenden Gewinn kann eine gewinnmindernde Rücklage (14/15) gebildet werden, welche in den folgenden 14 Jahren mit mindestens einem Vierzehntel aufgelöst wird (Auflösungszeitraum). Eine höhere/vollständige Auflösung kann demnach in einem Verlustjahr eine sinnvolle Gestaltung darstellen. Die §§ 4f EStG und 5 Abs. 7 EStG sind gemäß § 52 Abs. 12c EStG und § 52 Abs. 14a EStG für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 28.11.2013 enden.

Markus Husmann T +49 69 500 60-2026 E m.husmann@rbs-partner.de

Änderungen des § 15b EStG Auf Grund der sog. „Goldfinger-Steuersparmodelle“ wurde der § 15b Abs. 3a EStG eingefügt sowie der § 32b Abs. 1 Satz 3 EStG angepasst. Demnach wird ein Steuerstundungsmodell auch dann fingiert, wenn keine modellhafte Gestaltung oder entsprechende Verlustquote vorliegt.

Internationales Steuerrecht Der Coordinated Documentation Approach der OECD Eine Debatte, die Politik und Wirtschaft im vergangenen Jahr gleichermaßen beschäftigte, zieht nun auch im Jahr 2014 weitreichende Kreise: BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) umschreibt die öffentliche Diskussion über die Minimierung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und Gewinnverlagerungen durch international agierende Unternehmen. Mit der Zielsetzung, den im Rahmen der BEPS-Debatte thematisierten Steuergestaltungen künftig entgegenzuwirken, hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am 30.1.2014 ein weiteres Diskussionspapier zur Verrechnungspreisdokumentation und zum sog. Country-by-CountryReporting („CbC-Reporting“) veröffentlicht. Die OECD erläutert hier ihr geplantes zweistufiges Konzept zum Aufbau von Verrechnungspreisdokumentationen. Dieser Ansatz besteht aus dem sog. „Master file“ und dem „Local file“. Das „Master file“ bildet das Kernstück des Konzepts, das der Verrechnungspreisdokumentation jedes Gruppenunternehmens beigefügt wird und in dem standardisierte Informationen über die gesamte Unternehmensgruppe enthalten sind. Diese Kerndokumentation gibt einen Überblick über die Unternehmensgruppe und deren Geschäft. Hierin werden unter anderem Informationen zur Wertschöpfungskette und relevanten Märkten gegeben, eine Funktionsanalyse durchgeführt,

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Vereinbarungen mit nahestehenden Personen aufgezeigt und ggf. erfolgte Funktionsverlagerungen thematisiert. Immaterielle Wirtschaftsgüter spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle im „Master file“. So sind in diesem Zusammenhang Strategien für deren Entwicklung sowie Informationen über Eigentumsrechte und Nutzungsrechte zu erläutern. Daneben gibt die Kerndokumentation auch einen Überblick über die konzerninternen finanziellen Transaktionen und beinhaltet Erläuterungen zur finanziellen und steuerlichen Situation der Gruppe. Der bisherige Entwurf sieht vor, dass im Rahmen des „Master files“ Informationen aus dem umstrittenen CbC-Reporting der Finanzverwaltung offengelegt werden sollen. Die Einführung des CbC-Reportings würde Unternehmen unter anderem dazu verpflichten, detailliert offenzulegen, in welchen Ländern sie tätig sind, welche Umsatzerlöse und Gewinne in diesen Ländern generiert werden und wie hoch die entsprechenden Steuerzahlungen sind. Die Fachwelt kritisiert das CbCReporting bereits, da es die in § 90 Abs. 2 AO genannten Mitwirkungspflichten übersteigen dürfte. Daneben kann das CbC-Reporting durchaus als ein erster Schritt in Richtung einer „formelbasierten Gewinnaufteilung“ und der Abkehr vom Fremdvergleichsgrundsatz beurteilt werden. Ob das CbC-Reporting Eingang in den endgültigen Entwurf des Kapitels 5 der Transfer Pricing Guidelines findet oder als separates Thema behandelt wird, steht noch offen. Das „Local file“ ergänzt die durch das „Master file“ dargestellten Gruppeninformationen durch Erläuterungen über die einzelnen verrechnungspreisrelevanten Transaktionen innerhalb eines Landes. In der länderspezifischen Dokumentation sind die Management- und Reportingstrukturen des Unternehmens zu beschreiben sowie Informationen über erfolgte Funktionsverlagerungen oder IP-Transfers zu geben. Neben der Beschreibung der Geschäftsvorfälle und Angabe der zugehörigen Transaktionsvolumina ist eine transaktionsbezogene Funktions- und Risikoanalyse zu erstellen. Zunächst erfolgt die Darstellung geeigneter Verrechnungspreismethoden sowie eine Begründung für die Auswahl und Anwendung einer Methode mit dem Ziel, die Angemessenheit der festgesetzten Verrechnungspreise darzulegen. Anschließend ist die Auswahl von Daten im Rahmen des Fremdvergleichs zu beschreiben sowie zu begründen. Darüber hinaus enthält das „Local file“ Informationen zur finanziellen Lage des jeweiligen Unternehmens. Während die Ansätze zur Standardisierung und Vereinheitlichung von Verrechnungspreisdokumentationen im Zusammenhang mit den hohen Compliance-Aufwendungen zu begrüßen sind und Kostenersparnisse für dokumentationspflichtige Unternehmen durch verkürzte steuerliche Außenprüfungen möglich scheinen, verfolgt der Ansatz der OECD derzeit primär eine Erweiterung der Informationsrechte der Finanzbehörden. Wir rechnen noch in diesem Jahr mit einer Finalisierung des Entwurfs. Auch die deutsche Regierung lässt sehr deutlich erkennen, dass Ergebnisse im Rahmen der BEPS-Debatte auf deutscher Rechtsebene zeitnah umgesetzt werden sollen. Da das Masterfile-Konzept die Nutzung einer einzigen Kerndokumentation grenzüberschreitender Geschäftsvorfälle für Argumentationszwecke gegenüber verschiedenen nationalen Finanzverwaltungen ermöglicht, bietet eine vorfristige Einführung dieses Ansatzes für betroffene Unternehmen gute Chancen, die Effizienz im Bereich der Verrechnungspreisdokumentation zu steigern. Gern ist unser Team Ihnen bei der Erarbeitung einer solchen Dokumentation dann behilflich.

Bettina Grothe T +49 30 208 88-1976 E b.grothe@rbs-partner.de Jeanette Yvonne Hornschuh T +49 30 208 88-1772 E j.hornschuh@rbs-partner.de

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Hinzurechnungsbesteuerung – neue Niedrigsteuerländer in der EU Der deutsche Gesetzgeber hat in den §§ 7–14 AStG die sog. Hinzurechnungsbesteuerung geregelt. Die Hinzurechnungsbesteuerung greift ein, wenn unbeschränkt steuerpflichtige Personen ausländische Kapitalgesellschaften halten (§ 7 Abs. 1 AStG), die passive Einkünfte erzielen (§ 8 Abs. 1 EStG) und einer effektiven Steuerbelastung von weniger als 25 % unterliegen. Bei Anwendbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung werden die Einkünfte der Kapitalgesellschaft beim Anteilseigner direkt zugerechnet, d. h., diese Einkünfte sind im Inland steuerpflichtig (§ 7 Abs. 1 AStG). Für EU- und EWR-Gesellschaften kann die Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung durch den Nachweis einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit in dem jeweiligen Staat vermieden werden (sog. „Motivtest“, § 8 Abs. 2 AStG). Die Hinzurechnungsbesteuerung findet auch für Personengesellschaften Anwendung (§ 20 Abs. 2 AStG). Als Staaten mit niedriger Ertragsteuerbelastung nach § 8 Abs. 3 AStG treten – neben den bekannten Niedrigsteuerländern – durch die Senkung der Steuersätze nun auch neue Staaten innerhalb der EU hinzu: Der Steuersatz in Großbritannien beträgt für das Steuerjahr ab dem 1.4.2013 23 % und ab dem 1.4.2014 21 %. Die Niederlande besteuern die ersten 200.000 Euro mit 20 % und den übersteigenden Betrag mit 25 %. Die effektive Ertragsteuerbelastung in den Niederlanden liegt je nach zu versteuerndem Einkommen der Körperschaft somit generell unter 25 %. Marcus von Goldacker T +49 89 350 00-2324 E m.vongoldacker@rbs-partner.de

Deutschen unbeschränkt Steuerpflichtigen mit Tochtergesellschaften in Großbritannien und den Niederlanden ist daher anzuraten, das Risiko der Anwendbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung zu prüfen.

BFH: Vorlage zum BVerfG hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 50d Abs. 10 EStG Mit Beschluss vom 11.12.2013 (I R 4/13) hat der BFH dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die Regelung des § 50d Abs. 10 EStG einen verfassungswidrigen treaty override darstellt. Dem Beschluss liegt der Fall zugrunde, dass ein in Italien ansässiger Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft Zinsen für ein der Personengesellschaft gewährtes Darlehen erhält. Diese Zinsen gelten zwar nach deutschem Recht als Teil der gewerblichen Einkünfte der Personengesellschaft, werden jedoch bei abkommensautonomer Auslegung des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit Italien als Zinsen qualifiziert, für die Deutschland lediglich ein eingeschränktes Besteuerungsrecht zugewiesen wird. Auf Grundlage des § 50d Abs. 10 wird die abkommensrechtliche Einordnung als Zinsen durch innerstaatliches Recht „überschrieben“ (treaty override). Dadurch verdrängt diese Regelung das eigentlich höherrangige Abkommensrecht, mit der Folge, dass die Zinsen als Unternehmensgewinne qualifiziert werden und damit in Deutschland uneingeschränkt besteuert werden können. Nach Auffassung des BFH stellt dieses einseitige Überschreiben des DBA durch das nationale Steuerrecht einen verfassungswidrigen Verstoß gegen Völkervertragsrecht dar. In seiner bisherigen Spruchpraxis stellte der BFH darauf ab, dass ein DBA in Form eines Zustimmungsgesetzes innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erhält und damit der in Art. 25 des GG verankerte Vorrang

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des Völkerrechts vor den innerstaatlichen Gesetzen auf DBA nicht anzuwenden sei. Hieran hält der BFH nicht länger fest. Der BFH geht stattdessen nunmehr davon aus, dass ein DBA als völkerrechtliche Vereinbarung ein unmittelbar bindendes Gebot für den Gesetzgeber bewirkt und entsprechend eingehalten werden muss. Damit stellt die nationale, einseitig getroffene Regelung des § 50d Abs. 10 EStG einen Verstoß gegen das in Art. 25 GG verankerte Vorrangigkeitsgebot dar. Sollte das BVerfG der Auffassung des BFH folgen, würde dies das Ende des seit Jahren vorherrschenden Streits zwischen dem BFH und der Finanzverwaltung zugunsten des Steuerpflichtigen bedeuten. Denn bislang hat die Finanzverwaltung vehement auf der Qualifizierung von Sondervergütungen als Unternehmensgewinne auf abkommensrechtlicher Ebene bestanden und auf diese Weise in vielen Fällen eine Doppelbesteuerung in Kauf genommen. Die Vorlage dieser Regelung durch den BFH folgt einer weiteren Vorlage zur Regelung des § 50d Abs. 8 EStG vom 10.1.2012 (I R 66/09), bei der der BFH die Verfassungsmäßigkeit des einseitigen treaty overrides ebenfalls anzweifelt und dem BVerfG zur Überprüfung vorgelegt hat. Es bleibt abzuwarten, ob das BVerfG der Auffassung des BFH folgen wird, da dessen Entscheidung Einfluss auf diverse weitere potenziell als verfassungswidrig eingestufte Vorschriften haben könnte.

Daniela Blaudow T +49 30 208 88-1062 E d.blaudow@rbs-partner.de

Ertragsteuerrecht FG München: keine beschränkte Steuerpflicht von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an einer grundbesitzenden Personengesellschaft durch eine ausländische Kapitalgesellschaft Das FG München hat mit Urteil vom 29.7.2013 (7 K 190/11) entschieden, dass der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft mit inländischem Grundbesitz durch eine ausländische Kapitalgesellschaft (hier: niederländische B.V.) nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Eine ausländische Kapitalgesellschaft unterliegt u. a. der inländischen Steuerpflicht, gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. f EStG, soweit Einkünfte aus der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen erzielt werden. Nach Auffassung des FG umfasst der Wortlaut nicht die mittelbare Veräußerung des Grundstücks im Rahmen der Veräußerung eines Kommanditanteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft mit inländischem Grundbesitz. Eine Auslegung unter Bezugnahme auf § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO kommt nach Auffassung des FG nicht in Betracht, da diese Vorschrift lediglich die anteilige Zuordnung des durch eine Gesamthand erzielten Ergebnisses an den Anteilseigner vorsieht und keine Umqualifizierung einer Veräußerung eines Kommanditanteils in die Veräußerung eines Grundstücks vornimmt. Es ergibt sich auch keine beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 8 EStG, da die B.V. zum Zeitpunkt der Veräußerung seit mehr als zehn Jahren an der Personengesellschaft beteiligt war und das Grundstück bereits bei Eintritt der B.V. in die Personengesellschaft zum Gesellschaftsvermögen zählte. Das Urteil ist rechtskräftig.

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Daniela Blaudow T +49 30 208 88-1062 E d.blaudow@rbs-partner.de

Das Urteil bestätigt die bereits in der Literatur bestehende Auffassung. Bei Halten eines inländischen Grundstücks über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft können damit ausländische Investoren ein inländisches Grundstück mittelbar über die Veräußerung der Anteile an der Personengesellschaft im Inland steuerfrei veräußern. Die Steuerbefreiung gilt für die Fälle, in denen keine inländische Betriebsstätte unterhalten wird und das Grundstück länger als zehn Jahre im Gesellschaftsvermögen gehalten wird sowie die Beteiligung an der Personengesellschaft länger als zehn Jahre besteht. Im Gegensatz zu § 49 Abs. 1 Nr. 2f EStG wird bei einer Haltensfrist unter zehn Jahren die Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft gemäß § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 EStG ausdrücklich als Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter fingiert und somit das inländische Besteuerungsrecht nach § 49 Abs. 1 Nr. 8 EStG begründet.

Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer: automatisierter Datenabruf ab 1.1.2015; Erklärung zum Sperrvermerk bis 30.6.2014 notwendig Ab 1.1.2015 sind die Schuldner von abgeltend besteuerten Kapitalerträgen (Banken, Kapitalgesellschaften) verpflichtet, die Kirchensteuer als Zuschlag zur Abgeltungsteuer einzubehalten und folglich die Religionszugehörigkeit in einem automatisierten Datenabruf bei dem Bundeszentralamt für Steuern (BzSt) abzufragen. Der Steuerpflichtige hat jedoch die Möglichkeit, durch eine schriftliche Erklärung zum Sperrvermerk den automatisierten Datenabruf der Religionszugehörigkeit bis auf Weiteres zu unterbinden. Die unterzeichnete Erklärung ist jedoch bis spätestens 30.6.2014 dem BzSt auf dem Postweg einzureichen, damit der Datenabruf ab 1.1.2015 unterbleibt. An den kirchensteuerlichen Verpflichtungen ändert der Sperrvermerk nichts; es unterbleibt lediglich der (unterjährige) Abzug direkt an der Quelle, der eine Steuererklärungspflicht zur Folge hat. Das BzSt informiert bei eingetragenem Sperrvermerk das zuständige Wohnsitz-Finanzamt über sämtliche Schuldner, die den Datenabruf angefragt haben. Britta Koehn T +49 30 208 88-1704 E b.koehn@rbs-partner.de

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Die Erklärung zum Sperrvermerk mittels amtlichen Vordrucks ist über das Formularcenter des BzSt unter http://www.formulare-bfinv.de/ffw/action/invoke. do?id=010156 abrufbar.

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Steuerpflicht von Erstattungszinsen Zinsen aufgrund von Steuererstattungen unterliegen der Steuerpflicht. Dies hat der BFH in seinem Urteil vom 12.11.2013 (VIII R 36/10) entschieden. Die Besonderheit besteht hierbei darin, dass der BFH erst drei Jahre zuvor in seinem Urteil vom 15.6.2010 (VIII R 33/07) noch anders entschieden hatte. Vor dem Hintergrund dieser damaligen Entscheidung hatte der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2010 eine Regelung in das Einkommensteuergesetz aufgenommen, wonach nunmehr Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte steuerbar sind. Die erneute Entscheidung basiert auf der neuen Gesetzeslage. Der BFH bestätigt diese unter Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber seinen Willen, die Erstattungszinsen der Besteuerung zu unterwerfen, klar ausgedrückt hat. Für eine andere Auslegung bleibt damit kein Raum mehr. Für die Praxis bedeutet das, dass bestehende Rechtsbehelfsverfahren, die unter Hinweis auf dieses anhängige Verfahren ruhten, nunmehr abschlägig beschieden werden.

Dirk Lehmann T +49 40 415 22-164 E d.lehmann@rbs-partner.de

BFH-Urteile zur Tonnagebesteuerung sowie zur gewerbesteuerlichen Kürzungsvorschrift bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr Um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken, ermöglicht der deutsche Steuergesetzgeber Reedern und Schifffahrtsunternehmen eine pauschalierte Gewinnermittlung anhand der Nettoraumzahl und den tatsächlichen Betriebstagen (Tonnagesteuer). Bei der Tonnagesteuer handelt es sich nicht um eine eigene Steuer, sondern um eine unter bestimmten Voraussetzungen wählbare besondere Gewinnermittlungsart. Zur Tonnagesteuer kann nach § 5a Abs. 1 EStG optiert werden, soweit der Gewinn auf den Einsatz von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, wenn die Bereederung der Schiffe in Deutschland erfolgt. Voraussetzung ist die Absicht zum langfristigen Betrieb der Handelsschiffe. Mit zwei Urteilen vom 26.9.2013 (IV R 46/10 und IV R 45/11) hat der BFH den unbestimmten Rechtsbegriff des langfristigen Betriebs von Handelsschiffen für die Tonnagebesteuerung präzisiert. Nach Ansicht des BFH fällt der lediglich vorübergehende Betrieb von Handelsschiffen wie z. B. der kurzfristige Einsatz des Handelsschiffes im internationalen Verkehr zur Überbrückung der Zeit zwischen Erwerb und bereits geplanter Veräußerung des Seeschiffes nicht unter die Tonnagesteuer. Der BFH konkretisiert den Zeitraum zur Abgrenzung zwischen langfristigem und vorübergehendem Einsatz mit einer Frist von einem Jahr. Wird der schuldrechtliche Vertrag über die Veräußerung des Schiffes innerhalb eines Jahres nach Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung der Tonnagesteuer geschlossen, liegt die vom Steuerpflichtigen widerlegbare Vermutung vor, dass ein langfristiger Betrieb des Seeschiffes von Anfang an nicht beabsichtigt war. Entsprechend wird die Absicht, das Seeschiff langfristig zu betreiben, durch das Finanzamt widerlegbar vermutet, wenn der Vertrag zur Veräußerung des Schiffes erst nach Ablauf der Jahresfrist geschlossen wird. Steht bereits vor der Inbetriebnahme des Schiffes fest, dass das Schiff innerhalb der Jahresfrist veräußert werden soll, ist unwiderlegbar die Tonnagebesteuerung nicht anzuwenden, da nie die Absicht bestand, das Seeschiff langfristig entsprechend § 5a EStG einzusetzen.

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Relevant ist die Beurteilung der Absicht zum langfristigen Betrieb von Seeschiffen ebenfalls für die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des Schiffes. Nach § 5a Abs. 2 S. 2 EStG ist auch der Gewinn aus der Veräußerung des Seeschiffes der Tonnagesteuer zu unterwerfen, soweit es sich bei der Veräußerung um ein Neben- oder Hilfsgeschäft handelt. Gemäß o. g. Urteilen fällt der Veräußerungsgewinn bei der Vermutung zum langfristigen Betrieb ebenfalls unter die Tonnagesteuer, da die Haupttätigkeit der Betrieb des Handelsschiffes im internationalen Verkehr war. Sofern der Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht der Tonnagesteuer unterworfen wird, ist der Gewinn aus dem Einsatz eines Schiffes als Handelsschiff im internationalen Verkehr gleichwohl gewerbesteuerlich begünstigt. Nach § 9 Nr. 3 GewStG ist der Gewerbeertrag um 80  % des Gewinns aus dem Einsatz von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zu kürzen. Die Anwendung erstreckt sich entsprechend § 5a Abs. 2 S. 2 EStG auch auf Hilfs- und Nebengeschäfte. Für die Anwendung der gewerbesteuerlichen Kürzungsvorschrift ist die Absicht des langfristigen Betriebs des Seeschiffes keine Voraussetzung. Wird das Schiff innerhalb der Jahresfrist veräußert und besteht damit keine Option zur Tonnagebesteuerung, ist nach dem BFH-Urteil vom 26.9.2013 (IV R 45/11) trotzdem der aus dem Einsatz des Handelsschiffes im internationalen Verkehr erzielte Gewerbeertrag um 80 % zu kürzen. Jutta Horstrup T +49 40 415 22-462 E j.horstrup@rbs-partner.de Judith Stauch T +49 40 415 22-491 E j.stauch@rbs-partner.de

Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der gewerbesteuerlichen Kürzungsvorschrift im Gegensatz zur Tonnagesteuer nicht um eine Subventionsnorm des Schiffsstandortes Deutschland handelt, sondern um eine Vorschrift zur vereinfachten Ermittlung des aufgrund des Auslandsbezugs nicht der deutschen Gewerbesteuer unterliegenden Anteils des Gewerbeertrags beim Einsatz im internationalen Verkehr.

Organschaft: Risiko im Anschluss einer steuerlichen Außenprüfung Für die Anerkennung eines ertragsteuerlichen Organschaftsverhältnisses ist u. a. entscheidend, ob ein bestehender Gewinnabführungsvertrag tatsächlich durchgeführt wurde. Die zivilrechtliche und damit tatsächliche Durchführung setzt voraus, dass der von der Organgesellschaft abgeführte Gewinn bzw. der vom Organträger auszugleichende Verlust auf einem objektiv richtigen Jahresabschluss beruht (z. B. BGH v. 5.6.1989, II ZR 172/88, BB 1989 S. 1518). War der Jahresabschluss handelsrechtlich unrichtig, gefährdete dies bislang die steuerliche Anerkennung der Organschaft. Mit dem „Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts“ vom 20.2.2013 wurden in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG die Sätze 4 und 5 aufgenommen. Danach ist es unter den dort genannten Voraussetzungen steuerlich nicht schädlich, wenn der Jahresabschluss handelsrechtlich objektiv fehlerhafte Bilanzansätze enthielt (Heilungsregelung). Die Regelung ist auf alle nicht bestandskräftig veranlagten Fälle anzuwenden (§ 34 Abs. 9 Nr. 7 KStG). Eine der Heilungsvoraussetzungen einer fehlerhaften Gewinnabführung ist, dass ein handelsbilanzieller Fehler nach Beanstandung durch die Finanzverwaltung (regelmäßig durch eine steuerliche Außenprüfung) im nächsten aufzustellenden Jahresabschluss korrigiert wird. Da nicht jeder handelsrechtliche Bilanzierungsfehler eine Korrektur notwendig macht, ist differenziert zu prüfen.

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Besonders relevant ist die neue Regelung im Fall von steuerlichen Außenprüfungen, für die im Kalenderjahr 2013 Prüfungsberichte ergingen. Bei der Erstellung des Jahresabschlusses 2013 raten wir unbedingt, die Feststellungen der Finanzbehörden auf eine etwaige Korrekturpflicht in der Handelsbilanz zu prüfen, da insoweit der Jahresabschluss 2013 gegebenenfalls den letztmöglichen Zeitpunkt einer Heilung darstellt. Bei späteren Korrekturen könnte der Organschaft steuerlich ggf. die Anerkennung versagt bleiben. Wir werden im Rahmen der laufenden Beratung und bei der Abschlussprüfung auf diese Aspekte achten.

Marc-Oliver Beste T +49 69 500 60-2080 E m.beste@rbs-partner.de

Neues zum gewerblichen Grundstückshandel Das Thema „gewerblicher Grundstückshandel“ bleibt aktuell. In zwei FG-Urteilen sind praxisrelevante Aspekte beim Überschreiten der 3-Objekt-Grenze aufgegriffen und im Ergebnis leicht unterschiedlich beurteilt worden. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 18.10.2012 (Az. 5 K 5212/10) entschieden, dass kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, wenn 10 Grundbesitzpersonengesellschaften ihren gesamten Grundbesitz in einer Vertragsurkunde an einen Käufer veräußern. Weil dem Verkauf nur ein Verkaufsentschluss und eine Verkaufsverhandlung zugrunde lagen, sah das Gericht die für die Gewerb-lichkeit notwendige Nachhaltigkeit als nicht gegeben an. Obwohl eine Vielzahl von Objekten veräußert wurde, hat das Gericht dies als einen einzigen Akt beurteilt, sodass der Steuerpflichtige nicht nachhaltig tätig geworden sei. Die Finanzverwaltung hat Revision gegen dieses Urteil eingelegt. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat durch Urteil vom 16.4.2013 (Az. 8 K 2759/11) allerdings entschieden, dass die Einbringung mehrerer Grundstücke in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eine Grundstücksveräußerung im Rahmen eines Grundstückshandels darstellen kann. Insoweit handele es sich um einen tauschähnlichen Vorgang, sodass ebenfalls ein Umsatzakt gegeben ist. Der Steuerpflichtige erhielt zwar kein Geld für die Grundstücke, aber geldwerte Anteile an einer Gesellschaft. Das Gericht sah in der Einbringung insbesondere eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Diese müsse nicht dem allgemeinen Publikum erkennbar sein, sondern es genüge bereits die Erkennbarkeit für die beteiligten Kreise. Auch gegen dieses Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Wir werden Sie über den Ausgang der Revisionsverfahren selbstverständlich informieren.

Dr. Peter H. Eggers T +49 30 208 88-2160 E p.eggers@rbs-partner.de

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Umsatzsteuer Aufteilbarkeit der Gesamtfinanzierung eines Public-Private-Partnership (PPP) (Build-Lease)-Bauprojekts für umsatzsteuerliche Zwecke Mit Urteil vom 13.11.2013 (XI R 24/11) hat der BFH eine grundlegende Aussage für die umsatzsteuerliche Behandlung von PPP-Projektverträgen getroffen: Für die PPP-Projekten immanente Übernahme der Finanzierungsleistung durch den privaten Partner kann isoliert die entsprechende Umsatzsteuerbefreiung für Kreditgewährung (§ 4 Nr. 8 a UStG) in Anspruch genommen werden. Dies bedeutet, dass insoweit aus Sicht des (regelmäßig nicht vorsteuerabzugsberechtigten) öffentlichen Partners eine umsatzsteuerliche Mehrbelastung im Vergleich zu einer herkömmlichen (externen) Finanzierung vermieden werden kann. Zur Erläuterung: PPP-Projekte für den Bau oder die Sanierung von öffentlichen Gebäuden zeichnen sich dadurch aus, dass die Bauphase mit der sich anschließenden Betriebsphase verklammert wird. Ein meist als Projektgesellschaft organisiertes Konsortium privater Unternehmer übernimmt neben der eigentlichen Bautätigkeit auch die Finanzierung der Bauphase. Diese Gesamtfinanzierungsleistung wird in der sich anschließenden PPP-Betriebsphase des Gebäudes (in der Regel zwischen 10 und 30 Jahren) über ein dem öffentlichen Partner ratierlich berechnetes Nutzungsentgelt amortisiert. In dem dem BFH zur Beurteilung vorgelegten PPP-„Build-Lease-Modell“ flossen entsprechend in das dem öffentlichen Partner berechnete Nutzungsentgelt neben den angefallenen Baukosten und den Mietzinsen (für die Überlassung des Gebäudes während der Betriebsphase) auch die an den öffentlichen Partner weitergereichten Refinanzierungskosten sowie ein vom privaten Partner selbst erhobener Finanzierungszins als kalkulatorische Posten mit ein. Die Vertragsparteien hatten in dem Projektvertrag das einheitliche Nutzungsentgelt hinsichtlich seiner kalkulatorischen Einzelposten aufgegliedert: Sie vertraten die Auffassung, dass dies ausreiche, um unter anderem für die Kreditierungsleistung die dafür vorgesehene Umsatzsteuerbefreiung (§ 4 Nr. 8 a UStG) in Anspruch zu nehmen. Der BFH hat im o. g. Urteil entgegen der Ansicht des Finanzamts diese Vorgehensweise mit der Maßgabe bestätigt, dass hinsichtlich der Finanzierungsleistung auch eine separate Rechnungslegung erfolgt und der Projektvertrag zumindest eine Berechnungsformel für den Finanzierungszins enthält.

Marcel Ruhlmann T +49 30 208 88-1328 E m.ruhlmann@rbs-partner.de

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Es zeichnet sich damit in dieser Frage eine einheitliche Linie für PPP-Vertragsmodelle im Allgemeinen ab: Denn neben dem vom BFH entschiedenen PPP-„BuildLease-Modell“ (das insbesondere beim Bau und der Sanierung von öffentlichen Verwaltungsgebäuden, Schulen, Krankenhäusern, Gefängnissen, Studentenwohnheimen Verwendung findet) gilt diese Rechtsauffassung laut Erlass des Bundesfinanzministeriums schon für das beim Straßenbau verwendete PPP-„A-Modell“ (dieses unterscheidet sich vertragstechnisch vom „Build-Lease-Modell“ durch eine bedeutendere Rolle des privaten Partners in der Betriebsphase).

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Zulässigkeit des Flächenschlüssels bei gemischt genutzten Gebäuden Werden Gebäude sowohl umsatzsteuerpflichtig als auch umsatzsteuerfrei vermietet, stellt sich regelmäßig die Frage nach der Aufteilung der Vorsteuer. Mit Urteil vom 8.11.2012 (C-511/10) hatte der EuGH entschieden, dass es den Mitgliedstaaten nach der MwStSyst-Richtlinie nicht verwehrt ist, die Anwendung des für die Berechnung der abziehbaren Vorsteuern grundsätzlich vorgesehenen Umsatzschlüssels einzuschränken. Voraussetzung ist aber, dass die alternativ anzuwendende Methode eine präzisere Bestimmung dieses Anteils erlaubt. Folglich ist der Ausschluss des Umsatzschlüssels nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge grundsätzlich unionsrechtskonform (siehe Steuer-Newsletter 1/2013). In einer Folgeentscheidung zu diesem EuGH-Urteil hat sich der BFH mit Urteil vom 22.8.2013 (V R 19/09) noch einmal mit der Unionsrechtskonformität von § 15 Abs. 4 UStG auseinandergesetzt. Im Ergebnis hat er entschieden, dass diese Vorschrift grundsätzlich unionswidrig ist, da er für alle Umsätze und nicht nur, wie vom Unionsrecht gefordert, für bestimmte Umsätze eine vom Unionsrecht abweichende Regelung bestimmt. Das führt jedoch nicht zur Unanwendbarkeit der Regelung. Vielmehr ist § 15 Abs. 4 UStG unionsrechtskonform auszulegen. Der BFH sieht § 15 Abs. 4 Satz 1 bis 3 UStG insoweit als richtlinienkonform an, als er sich auf Vorsteuerbeträge bezieht, die der Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG unterliegen. Die Regelungen in § 15a UStG dienen in diesem Kontext, nach Auffassung des BFH, der Erhöhung der Genauigkeit des Vorsteuerabzuges, um, wie vom Unionsrecht gefordert, zu präziseren Ergebnissen bei der Vorsteueraufteilung zu gelangen. Dementsprechend sollte bei allgemeinen Kosten, die nicht direkt steuerpflichtigen oder steuerfreien Umsätzen zurechenbar sind und nicht der Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG unterliegen, also laufenden Aufwendungen (z. B. Kosten für die Verwaltung und Reinigung eines Gebäudes), geprüft werden, ob unter Berufung auf das Unionsrecht unter Umständen die Anwendung des Umsatzschlüssels anstatt des Flächenschlüssels auf diese Umsätze zu einem höheren Vorsteuerabzug führt.

Roy Hausmann T +49 30 208 88-1868 E r.hausmann@rbs-partner.de

Bauleistungen an Bauträger Mit Urteil vom 22.8.2013 (V R 37/10) hat der für die Umsatzsteuer zuständige fünfte Senat des BFH ein Urteil gefällt, welches insbesondere für Bauträger weitreichende Bedeutung hat. Bislang rechneten Bauleistende ihre Leistungen an Bauträger im sogenannten Reverse-Charge-Verfahren auf folgender Grundlage ab: Für Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahmen von Planungs- und Überwachungsleistungen, ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn er selbst Unternehmer ist, welcher solche Leistungen erbringt, § 13b Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 UStG. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ging die Steuerschuld auch auf den Bauträger über, wenn sich die Parteien einig waren, dass die Steuerschuld vom leistenden Bauunternehmer auf den Bauträger übergehen solle (Abschn. 13b.3 Abs. 2 UStAE).

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Nach Vorlage am EuGH, der die grundsätzliche Vereinbarkeit des § 13b UStG mit Europarecht zwar bejaht, aber Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit verlangt hat, hat der BFH nun die Auslegung des § 13b UStG durch die Finanzverwaltung als nicht rechtssicher genug verworfen. Ob der Auftraggeber selbst nachhaltig Bauleistungen erbringe, könne der Auftragnehmer nicht erkennen. Für zu weitgehend erachtet der BFH auch die Annahme, dass die Erbringung jedweder Bauleistungen durch den Auftraggeber ausreiche, ohne dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der empfangenen und erbrachten Bauleistung bestehen müsse. Soweit Bauträger Bauleistungen empfangen, selbst aber bebaute Grundstücke liefern, sieht der BFH den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der empfangenen und der erbrachten Bauleistung für nicht gegeben an, sodass die Steuerschuld insoweit nicht mehr auf den Bauträger übergeht. Auf eine Einigung zwischen den Vertragspartnern könne es schon deshalb nicht ankommen, weil das Gesetz den Übergang der Steuerschuldnerschaft nicht zur Disposition der Beteiligten stelle. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsauffassung in einem BMF-Schreiben vom 5.2.2014, IV D 3, S-7279, angeschlossen. Soweit Bauleistungen an Bauträger erbracht werden, diese selbst aber bebaute Grundstücke veräußern, ist das Reverse-Charge-Verfahren nun auch nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht mehr anwendbar und Rechnungen sind insoweit unter Ausweis von Umsatzsteuer auszustellen. Für die Vergangenheit bedeutet dies, dass Bauträger die Möglichkeit haben, die gezahlte Umsatzsteuer, ggf. mit Zinsen, vom Finanzamt zurückzufordern. Gleichzeitig ist aus Sicht des Bauträgers wiederum zu berücksichtigen, dass der Vertragspartner eine korrekte Rechnung mit Umsatzsteuer ausstellen könnte und somit der Bauträger zur Zahlung der Umsatzsteuer gegenüber dem Vertragspartner verpflichtet ist.

Dr. Anja Wischermann T +49 69 500 60-2022 E a.wischermann@rbs-partner.de

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Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung der Finanzverwaltung zu sehen, wonach eine Rechnungsberichtigung für diejenigen Leistungen nicht notwendig ist, die bis zur Veröffentlichung des Schreibens durchgeführt worden sind und bei denen die Parteien einvernehmlich an der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers festhalten. Soweit sich der Leistungsempfänger zu einem späteren Zeitpunkt jedoch auf das Urteil des BFH beruft (also die Rückerstattung der abgeführten Umsatzsteuer verlangt), genießt der leistende Unternehmer nach Auffassung der Finanzverwaltung insoweit keinen Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO. Zu weiteren Fragen der Anwendung dieses Urteils soll ein gesondertes BMFSchreiben ergehen.

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Lohnsteuer Erste BFH-Urteile zur Pauschalversteuerung von Sachzuwendungen Ende 2013 hat sich der BFH in vier Verfahren erstmals mit der Pauschalversteuerung von Sachzuwendungen nach § 37b EStG befasst. Zur Vereinfachung 2007 eingeführt, trägt die Norm einem praktischen Bedürfnis Rechnung. Aufmerksamkeiten, Geschenke, Einladungen, Werbeartikel und andere Incentives sind im Geschäftsleben unverzichtbar. Doch die Freude darüber ist getrübt, wenn der Empfänger sie versteuern muss. Das ist für den Zuwendenden misslich, der dem Empfänger mit Hinweis auf die Steuerpflicht den Wert des Geschenks mitteilen müsste. Daher ermöglicht § 37b EStG, die Steuer für den Empfänger zu übernehmen. Der Zuwendende hat das Wahlrecht, die Einkommensteuer für beschenkte oder eingeladene Geschäftsfreunde und eigene Arbeitnehmer mit einem Pauschsteuersatz von 30 % abzugelten. Das Wahlrecht kann nur einheitlich für alle Zuwendungen eines Wirtschaftsjahres ausgeübt werden, d. h., wenn der Zuwendende ein Geschenk pauschal versteuern will, dann muss er alle Zuwendungen, die er innerhalb des Jahres tätigt, pauschal versteuern. Genau das war in letzter Zeit ein beliebter Anknüpfungspunkt für Außenprüfer der Finanzämter, die sich bei Ausübung des Wahlrechts bemühten, weitere noch nicht versteuerte Zuwendungen zu finden. Dabei kam es oft zu Meinungsverschiedenheiten, welche Zuwendungen § 37b EStG überhaupt erfasst. Geklärt ist nun, dass § 37b EStG nur eine Steuererhebungsvorschrift ist (BFH, Urteil vom 16.10.2013 – VI R 57/11), die eingreift, wenn eine Zuwendung beim Empfänger steuerbar und dem Grunde nach steuerpflichtig ist. Zuwendungen außerhalb einer Einkunftsart (z. B. Geschenke an Privatkunden) und an Nicht-Steuerpflichtige (z. B. Ausländer) unterliegen daher nicht der Pauschalversteuerung. Das sah die Finanzverwaltung bisher anders. Es gibt keine Wertuntergrenze für Geschenke. Sie unterliegen der Pauschalsteuer auch bei einem Wert unter 35,00 Euro (BFH, Urteil vom 16.10.2013 – VI R 52/11). Der BFH sieht selbst keine Grundlage für die 10,00-Euro-Bagatellgrenze der Finanzverwaltung, die die Finanzverwaltung aber zunächst weiter anwendet. Zuwendungen an eigene Arbeitnehmer müssen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen, um von § 37b EStG erfasst zu werden (BFH, Urteil vom 16.10.2013 – VI R 78/12). Dabei gelten die allgemeinen lohnsteuerlichen Grundsätze. Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn Arbeitnehmer auf Weisung und im überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers an einem Kundenevent, wie z. B. einer Segelregatta, mitwirken, um die Kunden zu betreuen.

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Ferner hat der BFH klargestellt (Urteil vom 12.12.2013 – VI R 47/12), dass Zuwendungen nur dann betrieblich veranlasst sind, wenn sie von einem Unternehmen/ Unternehmer getätigt werden. Bei Zuwendungen von Privatpersonen kann die Steuer des Empfängers nicht pauschal abgegolten werden. Das gilt z. B., wenn ein Geschäftsführer die Kosten für Geschenke an Geschäftsfreunde aus eigener Tasche zahlt.

Ines Otte T +49 30 208 88-1354 E i.otte@rbs-partner.de

Für Unternehmen, die Zuwendungen pauschal versteuern wollen, ist die neue BFH-Rechtsprechung meist günstig, da sich die Bemessungsgrundlage jetzt in vielen Fällen deutlich verringern lässt. Allerdings ist dies mit erhöhtem Dokumentations- und Nachweisaufwand verbunden. Im Hinblick darauf sollten Unternehmen ihre Prozesse prüfen und anpassen.

Sonstige Steuern Erbschaftsteuer beim Ausscheiden zum Nennwert Infolge der Änderung des Erbschaftsteuergesetzes nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7.11.2006 ist die Schenkung oder die Erbschaft von Anteilen an Personengesellschaften seit 2008 nicht mehr mit dem Steuerbilanzwert, sondern mit dem Verkehrswert anzusetzen. Insbesondere bei Familienpersonengesellschaften und Zusammenschlüssen von Freiberuflern ist häufig vertraglich geregelt, dass ein Gesellschafter beim Ausscheiden nicht den Verkehrswert seines Anteils erhält, sondern nur einen deutlich geringeren Wert, zum Teil auch nur den Nominalbetrag seiner Einlage. Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 7 ErbStG liegt in einem solchen Fall in Höhe der Differenz zwischen dem Abfindungsbetrag und dem Verkehrswert des Anteils eine Schenkung des Ausscheidenden an seine verbleibenden Mitgesellschafter vor. Dies gilt nach überwiegender Auffassung auch dann, wenn der Ausscheidende keinerlei Bereicherungswillen hat, also seinen Mitgesellschaftern keinen Vorteil zuwenden will. Und dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag von vornherein eine solche Klausel bereits bei Eintritt in die Gesellschaft vorgesehen hat. Nunmehr hat das Finanzgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 13.11.2013 (Az. 4 K 788/13 Erb) die Möglichkeit aufgezeigt, diese als überzogen angesehene Besteuerung zu vermeiden. In dem entschiedenen Fall war der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters auf einen Treuhänder zum Nennwert, d. h. zum in der Bilanz ausgewiesenen anteiligen Wert des Anteils, übertragen worden. Der Treuhänder war verpflichtet, diesen Anteil an kaufwillige andere Gesellschafter zum selben Wert, d. h. dem Nennwert, zu veräußern. Dr. Peter H. Eggers T +49 30 208 88-2160 E p.eggers@rbs-partner.de

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Angesichts dieser Konstruktion sah das Finanzgericht Düsseldorf keinen Fall des § 7 Abs. 7 ErbStG. Es hat jedoch die Revision zugelassen, sodass der BFH Gelegenheit haben wird, diese für die Praxis sehr relevante Frage zu entscheiden. Vor diesem Hintergrund sollten vergleichbare Fälle offengehalten werden.

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EuGH: Deutsche Erbschaftsteuerfreibeträge benachteiligen Erben im Drittlandsgebiet Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz gewährt jedem Erwerber alle zehn Jahre einen persönlichen Freibetrag. Bei unbeschränkter Steuerpflicht beträgt der Freibetrag je nach Verwandtschaftsgrad 20.000 bis 500.000 Euro. Bei beschränkter Steuerpflicht reduziert sich der Freibetrag auf einheitlich 2.000 Euro (§ 16 Abs. 2 ErbStG). Der EuGH (Urteil vom 17.10.2013, C-181/12) hat nun entschieden, dass es gegen die europäische Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, wenn Deutschland einen im Drittland ansässigen – nur beschränkt steuerpflichtigen – Erben höher besteuert, als wenn der Erbe oder Erblasser in Deutschland ansässig gewesen wäre. Der Fall betraf ein Ehepaar mit Wohnsitz in der Schweiz. Die Frau war Eigentümerin eines deutschen Grundstücks. Als sie verstarb, erbte der Ehemann das Grundstück. Das deutsche Finanzamt sah darin einen beschränkt steuerpflichtigen Erwerb. Es berücksichtigte für den Ehemann nur einen Erbschaftsteuerfreibetrag von 2.000 Euro. Der Ehemann begehrte hingegen die Anwendung des Freibetrags von 500.000 Euro wie für unbeschränkt steuerpflichtige Erwerbe und klagte vor dem FG Düsseldorf. Das Finanzgericht hatte Zweifel, ob die Freibetragsregeln mit europäischem Recht vereinbar sind, und legte die Rechtsfrage dem EuGH vor. Nach Auffassung des EuGH gilt die europäische Kapitalverkehrsfreiheit auch zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten (Art. 56 EGV a. F.). Die Gewährung unterschiedlicher Freibeträge, je nach Ansässigkeit mindert den Wert des Nachlasses und verletzt die Kapitalverkehrsfreiheit. Daraufhin hat das FG Düsseldorf den Rechtsstreit zugunsten des Erben entschieden und den erhöhten Freibetrag gewährt (Urteil vom 27.11.2013 – 4 K 689/12 Erb). Das Urteil ist eine konsequente Weiterentwicklung der Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 22.4.2010 (C-510/08). Darin ging es um die Schenkung eines deutschen Grundstücks zwischen zwei in den Niederlanden ansässigen Personen. Als Reaktion auf das Urteil hatte Deutschland im Jahr 2011 für beschränkt Steuerpflichtige aus EU/EWR-Staaten die Möglichkeit eingeführt, die unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht zu wählen (§ 2 Abs. 3 ErbStG). Das Antragsrecht galt auch rückwirkend für alle Fälle, in welchen der Steuerbescheid noch nicht bestandskräftig war (§ 37 Abs. 7 ErbStG). Es liegt nahe, dass der deutsche Gesetzgeber für den vorliegenden Fall, also für Personen mit Wohnsitz im Drittland, jetzt ebenfalls ein Wahlrecht einführen wird. Alternativ kommt eine Angleichung der Freibeträge in Betracht. Hierbei könnte es sein, dass der Gesetzgeber den Freibetrag anteilig um das nicht in Deutschland steuerpflichtige Auslandsvermögen kürzt. Ferner sollte berücksichtigt werden, dass der EuGH sich zwar in der Entscheidung nur mit den Freibeträgen gemäß § 16 ErbStG auseinandersetzen musste. Die Versorgungsfreibeträge gemäß § 17 ErbStG hängen jedoch ebenfalls von der Ansässigkeit bzw. der Steuerpflicht ab. Die Entscheidung des EuGH dürfte daher auch die Anwendung der Versorgungsfreibeträge betreffen. Es ist grundsätzlich zu empfehlen, die Steuerbescheide in einschlägigen Fällen im Hinblick auf das Urteil des EuGH offenzuhalten, auch, um ggf. noch nachträglich eine günstigere Gesetzesregelung in Anspruch nehmen zu können.

Gregor Schubert T +49 40 415 22-176 E g.schubert@rbs-partner.de

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Nichtanwendungserlass: BMF hält an Gesamtplan fest Mit Urteil vom 2.8.2012 (IV R 41/11) hatte der IV. Senat des BFH die steuerneutrale Generationennachfolge bei Personengesellschaften erleichtert. Er entschied, dass ein Personengesellschafter seinen Gesellschaftsanteil steuerneutral übertragen kann, auch wenn er ein von der Gesellschaft genutztes ihm allein gehörendes Grundstück (sog. Sonderbetriebsvermögen) zeitgleich und ebenfalls steuerneutral auf eine zweite Personengesellschaft überträgt. Damit widersprach der BFH der Finanzverwaltung. Diese hatte durch Verwaltungsanweisung vom 3.3.2005 erklärt, der Transfer von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens (hier das Grundstück) in ein anderes Betriebsvermögen bewirke, dass der Gesellschaftsanteil nicht mehr zum Buchwert übertragen werden könne. Eine gleichzeitige Anwendung der Steuervergünstigungen nach § 6 Abs. 3 EStG für den Mitunternehmeranteil einerseits und nach § 6 Abs. 5 EStG für einzelne Wirtschaftsgüter andererseits sei nicht möglich. Das sieht der BFH anders: Das Gesetz gestattet beide Buchwertübertragungen, auch wenn sie in engem zeitlichem Zusammenhang vorgenommen werden. Der BFH distanzierte sich zugleich von seiner sog. Gesamtplanrechtsprechung. Kennzeichen des „Gesamtplans“ ist die „künstliche“ Zerlegung eines einheitlichen wirtschaftlichen Sachverhalts in steuerlich günstigere Teilakte. Die steuerliche Begünstigung wurde bisher versagt, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichem Zusammenhang Teilschritte zur Erreichung eines steuerlich nicht begünstigten Endzustands vorgenommen wurden. Die Finanzverwaltung hat daraus ein regelrechtes Abwehrinstrument gegen unliebsame Steuergestaltungen entwickelt, das neben § 42 AO (Gestaltungsmissbrauch) Anwendung findet. Nun scheint das Ende des steuerschädlichen Gesamtplans gekommen zu sein. Die Rechtsprechung als Schöpfer des Instituts hat sich distanziert und im Gesetz ist es nicht geregelt. Doch die Finanzverwaltung will (vorerst) am „Gesamtplan“ festhalten. Die schrittweise Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen auf mehrere verschiedene Rechtsträger soll ihr zufolge nicht steuerneutral möglich sein. Das BMF hat daher durch Schreiben vom 12.9.2013 die Finanzbehörden angewiesen, ein Urteil des I. Senats des BFH zur Anwendung der Gesamtplanrechtsprechung abzuwarten. Bis dahin wird die gleichzeitige Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG von der Finanzverwaltung nicht gewährt. Beim I. Senat ist ein Revisionsverfahren (I R 80/12) zur Buchwerteinbringung nach § 20 UmwStG mit vorheriger Ausgliederung von funktional wesentlichen Grundstücken anhängig. Einsprüche von Steuerpflichtigen, die gegen entsprechende Steuerbescheide unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 2.8.2012 eingelegt werden, ruhen kraft Gesetzes bis zur endgültigen Klärung der Problematik. Das wird aber noch dauern, denn der I. Senat des BFH zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 5 EStG und hat diese Vorfrage dem BVerfG vorgelegt. Damit bleibt zunächst ungeklärt, ob die Gesamtplanrechtsprechung obsolet ist.

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Inzwischen hatte auch der X. Senat des BFH mit Urteil vom 22.10.2013 (X R 14/11) über die Anwendung des „Gesamtplans“, diesmal zugunsten des Steuerpflichtigen, zu entscheiden. Er hat sich aber nicht zur allgemeinen Weitergeltung der Gesamtplanrechtsprechung geäußert, sondern für den konkreten Einzelfall entschieden, dass gar kein Gesamtplan, sondern vielmehr ein „Plan in Einzelakten“ vorliege.

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Kurz notiert Die zunehmende Beliebtheit der digitalen Währung Bitcoin ruft in vielen Ländern die Finanzaufsichtsbehörden auf den Plan. Auch in Deutschland hat sich jetzt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) näher mit Bitcoins befasst. Nach Ansicht der BaFin sind Bitcoins nach dem Kreditwesengesetz als Finanzinstrumente einzustufen. Diese Einordnung ist deshalb von Bedeutung, da bestimmte Dienstleistungen in Bezug auf Finanzinstrumente nur von zugelassenen Kreditund Finanzdienstleistungsinstituten erbracht werden dürfen. Unproblematisch ist allerdings die Verwendung von Bitcoins als Zahlungsmittel. Weder der Kunde, der mit Bitcoins zahlt, noch ein Unternehmer, der Zahlungen mit Bitcoins akzeptiert, benötigt eine BaFin-Zulassung. Auch wer selbst mittels eines Programms Bitcoins erzeugt und anschließend veräußert, unterliegt nicht der Erlaubnispflicht. Wer dagegen weitergehend tätig wird, unterliegt schnell der Erlaubnispflicht. Das ist z. B. dann der Fall, wenn man damit wirbt, dass man Bitcoins regelmäßig an- und verkauft. Auch für das Betreiben sog. Bitcoin-Börsen, „Wechselstuben“ oder MiningPools ist regelmäßig eine Zulassung durch die Finanzaufsicht erforderlich.

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Impressum Die Beiträge in dem Steuer-Newsletter sind nach bestem Wissen und nach derzeitigem Kenntnisstand erstellt worden. Gesetze, Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen werden nur auszugsweise wiedergegeben. Wir bitten deshalb, die Beiträge im Einzelfall mit den ungekürzten Veröffentlichungen zu vergleichen, um Informationsfehler zu vermeiden. Die Komplexität und der ständige Wechsel der Rechtsmaterie machen es notwendig, Haftung und Gewähr für die Richtigkeit der in diesem Newsletter enthaltenen Informationen auszuschließen. Herausgeber RBS RoeverBroennerSusat GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Domstraße 15 20095 Hamburg Verantwortliche Redaktion WP/RA/StB Dr. Peter H. Eggers Rankestraße 21 10789 Berlin T +49 30 208 88-2160 E p.eggers@rbs-partner.de Druckerei Max Siemen KG Oldenfelder Bogen 6 22143 Hamburg


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