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Newsletter

1/2014

NON-PROFIT-ORGANISATIONEN Themenübersicht Editorial 2 Aktuelles aus der Finanzverwaltung

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AEAO 2014: Sparen wird leichter, Bilanzieren leider nicht

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Schwerpunktthema: „Kooperationen und Outsourcing“

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Neues zur Mittelweiterleitung zwischen steuerbegünstigten Körperschaften

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Ausgliederung im gemeinnützigen Konzern (Folgerungen aus dem BFH-Urteil vom 6.2.2013, I R 59/119)

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Umsatzsteuerliche Fallstricke bei Kooperationen zwischen gemeinnützigen Organisationen (Zum BFH-Urteil vom 4.7.2013, V R 33/11)

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Umsatzsteuerliche Organschaft: verlängerte Übergangsfrist für die „organisatorische Eingliederung“

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Umsatzsteuerbefreiung gemeinnütziger Einrichtungen

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Umsatzsteuerbefreiung von Pflegeeinrichtungen und Altenwohnheimen – kommt es auf die Gemeinnützigkeit an? (Zu den BFH-Urteilen XI R 47/07 und XI R 45/10, jeweils vom 19.3.2013)

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Bilanzierung und Zivilrecht

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Überarbeitete Rechnungslegungs-Standards des IDW für Stiftungen und Vereine 22 Update zum Projekt einer Europäischen Stiftung („Fundatio Europaea [FE]“)

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Ertragsteuerliche Rechenschaftspflichten

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Neue Muster für Zuwendungsbestätigungen

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BMF-Schreiben zur „E-Bilanz“ für steuerbegünstigte Körperschaften vom 19.12.2013

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Veranstaltungshinweis

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Newsletter NPO

Editorial Liebe Leserinnen und Leser, das Erscheinen dieses Newsletters fällt mit dem einjährigen Jubiläum des Ehrenamtsstärkungsgesetzes aus 2013 zusammen. Inzwischen wurden auch die ersten Verwaltungsanweisungen dazu veröffentlicht. Grund genug, um im ersten Beitrag nochmals die wichtigsten Neuerungen insbesondere bei der Lockerung der Gebote zur Mittelverwendung und zur Bildung von Rücklagen im Lichte der neuen Verwaltungsanweisungen zu resümieren. Den jüngeren Entwicklungen zu den Themen Kooperationen und „Outsourcing“ im gemeinnützigen Sektor widmen sich mehrere Beiträge aus verschiedenen Blickwinkeln: In ertragsteuerlicher Hinsicht werden die Neuerungen bei der Mittelweiterleitung zwischen gemeinnützigen Körperschaften sowie die jüngere BFH-Rechtsprechung zu Ausgliederungsvorhaben beleuchtet; in umsatzsteuerlicher Hinsicht typische Fallstricke bei Projekt- und anderen Kooperationen sowie Verwaltungsanweisungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft zu Tochter(kapital)gesellschaften. Neben dem Gesetzgeber, der Finanzverwaltung und den Gerichten kommen neue Impulse für das Gemeinnützigkeitsrecht auch von anderen Institutionen. Dieser Newsletter stellt die neuen Prüfungsstandards vor, die das Institut der Wirtschaftsprüfer jüngst für die Rechnungslegung von Stiftungen und auch Vereinen veröffentlicht hat. In einem weiteren Beitrag erfolgt ein „Update“ über die Bestrebungen der EU-Kommission, durch ein neues Statut über eine EU-Stiftung grenzüberschreitendes gemeinnütziges Handeln europaweit zu erleichtern. Im Umsatzsteuerrecht ist der EU-Einfluss schon lange spürbar: Die gemeinschaftsrechtlich bedingte Aufweichung der gemeinnützigen Bezüge bei den Umsatzsteuerbefreiungen zeigen wir für Sie exemplarisch anhand neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung auf. Neben diesen Schwerpunktthemen sollen in diesem Newsletter auch praktische Hinweise zu den ertragsteuerlichen Rechenschaftspflichten nicht fehlen, wie zum Muster der neuen Zuwendungsbestätigung oder zum BMF-Schreiben zur Übermittlung der E-Bilanz für gemeinnützige Einrichtungen. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre. Ihre Partner von RBS RoeverBroennerSusat

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Aktuelles aus der Finanzverwaltung AEAO 2014: Sparen wird leichter, Bilanzierung leider nicht 1 Der neue Anwendungserlass zur Abgabenordnung schafft bei einigen Änderungen des Ehrenamtsstärkungsgesetzes durchaus mehr Klarheit. Allerdings bleiben auch grundsätzliche Fragen zur zeitnahen Mittelverwendung und zur Bildung von Rücklagen offen. Kommt eine Gesetzesreform, lassen die Richtlinien für deren Anwendung nicht lange auf sich warten. So auch dieses Mal. Am 31.1.2014 hat das Bundesfinanzministerium den neuen Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO 2014) veröffentlicht. Das rund 250-seitige Dokument konkretisiert die Änderungen für gemeinnützige Organisationen, die sich durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz aus dem vergangenen Jahr ergeben. Zentraler Aspekt ist die Regelung für die zeitnahe Mittelverwendung und die Bildung bestimmter Rücklagen. Ab dem 1.1.2014 gelten auf der Basis des Ehrenamtsstärkungsgesetzes für beides grundsätzlich verlängerte Fristen. Doch auch nach der Veröffentlichung des AEAO 2014 bleiben die formellen Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten zum Nachweis der zeitnahen Verwendung und der Rücklagenbildung weiterhin vage. Nach wie vor geradezu irreführend ist der Begriff der „Rücklage“ selbst. Wer hierbei an Rücklagen im Sinne des Gesellschafts- und Handelsrechts denkt, stößt schnell auf schwer überwindbare Probleme. Die neuen Regelungen im Überblick: Zeitnahe Mittelverwendung Die Frist zur Verwendung der Mittel wurde 2013 durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz von einem auf zwei Jahre nach dem Jahr des Vermögenszuflusses verlängert (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). Dies gilt nicht nur für Spenden und Mitgliedsbeiträge im ideellen Bereich, sondern auch für Überschüsse aus der Vermögensverwaltung, aus Zweckbetrieben und aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben. In den vergangenen Monaten herrschte Unklarheit darüber, ob dies auch für Mittel gilt, die eine NPO vor Inkrafttreten des Gesetzes im März 2013 erhalten hat. Der neue AEAO 2014 legt nun fest, dass die neue Regelung für Zuflüsse ab dem 1.1.2012 gilt, die nunmehr spätestens im Jahr 2014 verwendet werden müssen. Ausnahme: Zuwendungen in das Vermögen Wie bisher unterliegen folgende Mittelzuführungen nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (§ 62 Abs. 3 Nr. 1–4 AO): Sofern der Erblasser nichts anderes bestimmt hat, sind dies Zuwendungen von Todes wegen, Zuwendungen, die nach der ausdrücklichen Erklärung des Zuwendenden der dauerhaften Ausstattung der Körperschaft dienen sollen, oder Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören. Das betrifft insbesondere Grundstücke. Auch Zuwendungen aufgrund eines entsprechenden Spendenaufrufes dürfen zur Aufstockung des Vermögens verwendet werden.

Dieser Beitrag ist in leicht abgewandelter Form in der Zeitschrift „Die Stiftung“, Ausgabe 2/2014 erschienen.

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Veräußerung und Sphärenwechsel Veräußert eine Körperschaft zweckgebundenes Vermögen, unterliegt der Veräußerungserlös ebenfalls dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, wenn das Vermögen aus zeitnah zu verwendenden Mitteln angeschafft wurde. Diese erstmals in den Anwendungserlass aufgenommene Regelung ist zwar grundsätzlich nachvollziehbar, dürfte jedoch in der Praxis einige Probleme aufwerfen, da die Art der Finanzierung eines Vermögensgegenstandes im Zeitpunkt der Beschaffung typischerweise nicht in der Buchhaltung schriftlich festgehalten wird. Nach dem neuen AEAO 2014 lebt auch bei der Überführung eines Vermögensgegenstands vom Zweckbetrieb in die Vermögensverwaltung oder einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung in Höhe des Zeitwertes wieder auf. Da in einem solchen Falle der Körperschaft insgesamt jedoch keine Mittel zufließen, stellt sich die Frage, woher die Liquidität für eine solche notwendige Mittelverwendung im Zweckbetrieb stammen soll. Welche praktischen Konsequenzen die vorgenannten Regelungen zukünftig nach sich ziehen, bleibt abzuwarten. Besonderheit bei Stiftungen Stiftungen dürfen im Jahr ihrer Errichtung und in den darauffolgenden drei Kalenderjahren ihre Überschüsse aus Vermögensverwaltung oder wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben vollständig ihrem Vermögen zuführen. Bis zur Gesetzesänderung galt hier eine Frist von zwei Kalenderjahren. Neuregelung der Rücklagen ab Januar 2014 Für die nachhaltige Erfüllung ihrer Zwecke dürfen gemeinnützige Körperschaften Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO bilden (sogenannte Projektrücklage). Der konkrete Zweck der künftigen Verwendung muss hinreichend spezifiziert und realistisch erreichbar sein. Als Beispiele sind künftige Großprojekte oder Neuinvestitionen zu nennen. Zwar ist der Erhalt der allgemeinen Leistungsfähigkeit keine hinreichende Spezifizierung, jedoch kann für periodisch wiederkehrende Ausgaben, etwa für Miete und Personal, eine Betriebsmittelrücklage gebildet werden. Neu in das Gesetz aufgenommen wurde die Rücklage für Wiederbeschaffung (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 AO). Diese war bisher lediglich in BMF-Schreiben geregelt. Die Zuführung zu dieser Rücklage darf in Höhe der Abschreibung auf das zu ersetzende Wirtschaftsgut angesetzt werden. Eine höhere Zuführung ist nach dem neuen AEAO 2014 gegen Nachweis möglich. Auch für diese Rücklage gilt, dass die Wiederbeschaffung des Wirtschaftsgutes nach den konkreten Umständen wahrscheinlich sein muss. Zum Erhalt der Beteiligungsquote bei geplanten Kapitalerhöhungen dürfen auch weiterhin Rücklagen gebildet werden (§ 62 Abs. 1 Nr. 4 AO).

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Freie Rücklage: Nachholung möglich Besonders vorteilhaft ist – wie bisher – die Bildung einer freien Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO. Die Mittel der freien Rücklage müssen nicht zeitnah verwendet werden und es bedarf insoweit auch keiner näheren Zweckbestimmung. Die Rücklage kann zum Beispiel für die Kapitalausstattung einer gewerblichen Beteiligung oder grundsätzlich auch für eine Investition in die Vermögensverwaltung oder den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verwendet werden. In die freie Rücklage können gemeinnützige Körperschaften jährlich bis zu einem Drittel der Überschüsse aus Vermögensverwaltung und 10 % der Überschüsse aus Zweckbetrieben und steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und 10 % der Einnahmen des ideellen Bereichs (z. B. Spenden, echte Mitgliedsbeiträge) einstellen. Neu in das Gesetz aufgenommen wurde die Erlaubnis, dass nicht ausgeschöpfte Einstellungen in die freie Rücklage innerhalb von zwei Jahren nachgeholt werden können. Da § 62 AO zum 1.1.2014 in Kraft tritt, dürfen Beträge, die für das Jahr 2014 ermittelt werden, in den Jahren 2014, 2015 oder 2016 in die Rücklage eingestellt werden. Auch eine Einstellung von Teilbeträgen bis zur Gesamtobergrenze ist möglich. Bildung und Auflösung von Rücklagen Die Bildung einer Rücklage muss innerhalb von zwei Kalenderjahren nach dem Mittelzufluss erfolgen (§ 62 Abs. 2 AO). Insofern gelten hierfür nun die gleichen Fristen wie für die zeitnahe Mittelverwendung. Ist der Grund für die Bildung einer Rücklage entfallen, ist diese aufzulösen und die frei werdenden Mittel müssen ebenfalls zeitnah für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden. Offene Fragen Auch der neue AEAO 2014 lässt einige Grundsatzfragen unbeantwortet. Die neuen Fristen für die zeitnahe Mittelverwendung und die Bildung von Rücklagen lassen sich in handelsrechtlichen Jahresabschlüssen oder in Einnahmen-Überschuss-Rechnungen nicht ohne Weiteres abbilden. Hier ist das Führen zusätzlicher Aufzeichnungen, der AEAO 2014 spricht von „Mittelverwendungsrechnung“, erforderlich. Wollen Körperschaften die verlängerten Fristen zur Mittelverwendung oder Rücklagenbildung nutzen, müssen sie den Mittelvortrag oder die nicht genutzten Beträge zur Bildung von Rücklagen pro Jahr aufzeichnen. Der nach handelsrechtlichen Grundsätzen aufgestellte Jahresabschluss sieht hierfür kein auf Jahresscheiben bezogenes Berichtsformat vor. (  Vgl. hierzu auch den weiterführenden Beitrag „Überarbeitete Rechnungslegungs-Standards des IDW für Stiftungen und Vereine“ in diesem Newsletter) Rücklagen – eine unselige Begriffsverwirrung Generell ist bei der Verwendung des Begriffs „Rücklage“ Vorsicht geboten. Gemeinnützigkeitsrecht und Handelsrecht verwenden zwar das gleiche Wort, meinen aber verschiedene Dinge.

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Die Gewinnrücklagen im bilanziellen Eigenkapital können nur aus dem handelsrechtlichen Jahresüberschuss gebildet werden. Die Rücklagen im Sinne der Abgabenordnung orientieren sich dagegen eher an Liquiditätsveränderungen. Das macht der Bezug auf das Jahr des Zuflusses von zeitnah zu verwendenden Mitteln deutlich. Aus zahlreichen Gründen haben Jahresüberschuss und Liquiditätsentwicklung nicht den gleichen Betrag. Differenzen ergeben sich insbesondere durch Investitionen und Abschreibungen, Aufnahme von Darlehen und ihre Tilgung, Bildung und Auflösung von Rückstellungen und generell durch die Veränderungen von Forderungen und Verbindlichkeiten. Oftmals dürften die rechnerischen Möglichkeiten zur Bildung und Entwicklung von Rücklagen nach der Abgabenordnung weiter gefasst sein als im handelsrechtlichen Jahresabschluss. Die Ergebnisverwendung im Jahresabschluss sollte sich daher an den Regeln des Gemeinnützigkeitsrechtes orientieren und den Jahresüberschuss im Bedarfsfall in eine Gewinnrücklage mit der entsprechenden Bezeichnung aus der Abgabenordnung einstellen. In diesem Zusammenhang hilft auch der Ausweis von Rücklagen für getätigte Investitionen, mit dem eine Kongruenz der Rücklagenbegriffe zumindest zum Teil hergestellt werden kann. Für eine vollständige Dokumentation der Rücklagen im Sinn der Abgabenordnung ist aber zusätzlich eine Nebenrechnung oder eine Steuerbilanz erforderlich. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der neue AEAO 2014 auf die unterschiedlichen Begriffsdefinitionen zumindest hingewiesen hätte. Auch enthalten weder das Gesetz noch der AEAO 2014 Vorschriften, in welcher genauen Form die Bildung, Zweckbindung und Auflösung von Rücklagen zu dokumentieren ist. Änderungsbedarf für die Satzung? Soweit Satzungen oder Gesellschaftsverträge Bezüge auf die Bildung von Rücklagen nach bestimmten Paragrafen der Abgabenordnung enthalten, empfiehlt sich zur Vermeidung von Irritationen eine Anpassung an die neue Rechtslage. Fazit Die Verlängerung der Fristen zur zeitnahen Mittelverwendung durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz ist zu begrüßen. Gerade für Stiftungen, die in Zeiten sinkender Renditen für festverzinsliche Kapitalanlagen um den Erhalt ihrer langfristigen Finanzkraft kämpfen müssen, sind die erweiterten Regelungen zur Bildung von Rücklagen erfreulich. Gleichzeitig ergeben sich aus den Neuerungen Aufzeichnungspflichten, für die der neue AEAO 2014 wenig konkrete Vorschläge enthält. Gerade für kleine Stiftungen und Vereine führt die zunehmende Komplexität der steuerlichen Vorschriften zu höherem Verwaltungsaufwand. Die begriffliche Verwirrung beim Wort Rücklagen bleibt: Ob hiermit Bestandteile des handelsrechtlich ermittelten Eigenkapitals oder das Ergebnis von Nebenrechnungen zur Vermögensentwicklung – sprich: zu den liquiden Mitteln – gemeint sind, klärt auch der neue AEAO 2014 nicht.

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Kurz gefasst: weitere Neuerungen des AEAO 2014 „Endowment“: Der neue § 58 Nr. 3 AO hat das sogenannte „Endowmentverbot“ gelockert und erlaubt die Weitergabe von zeitnah zu verwendenden Mitteln zur Vermögensausstattung einer anderen steuerbefreiten Körperschaft. Voraussetzung ist unter anderem die Verfolgung zumindest eines gemeinsamen Satzungszweckes. Der AEAO 2014 verdeutlicht, dass mit Vermögensausstattung auch die Ausstattung einer gGmbH mit Stammkapital gemeint sein kann, nicht jedoch der Erwerb einer bereits bestehenden GmbH. ( Vgl. zu weiteren Konkretisierungen des AEAO 2014 auch den Beitrag „Neues zur Mittelweiterleitung zwischen steuerbegünstigten Körperschaften“ in diesem Newsletter) Tafeln müssen ebenso wie Kleiderkammern oder Obdachlosenasyle keinen gesonderten Nachweis der Hilfsbedürftigkeit der Zielgruppe der Angebote erbringen, wenn sie einen Antrag nach § 53 Nr. 2 AO stellen. Zu einer generellen Anerkennung dieser Angebote als Tätigkeit im Rahmen mildtätiger Zwecke ohne Antragsverfahren konnten sich Gesetzgeber und Finanzverwaltung leider nicht durchringen. Leistungen an Stifter oder seine Nachfahren: Leistungen an den Stifter oder seine Nachfahren dürfen nicht in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Erträge in der Stiftungssatzung festgeschrieben werden (AEAO 2014 zu § 58 Nr. 6 AO). Sie dürfen keinen Ausschüttungscharakter haben, sondern müssen sich vielmehr auch bezüglich ihrer Höhe an der Zwecksetzung der Leistung (Unterhalt, Grabpflege, Pflege des Andenkens) orientieren. Bescheid nach § 60a AO: Das Recht auf eine verbindliche Feststellung, dass die Satzung einer Körperschaft den Anforderungen für eine Steuerprivilegierung entspricht, ist neu in das Gesetz aufgenommen worden. Sie erfolgt auf Antrag oder im Rahmen der Regelveranlagung. Bei Körperschaften, die bereits vor dem 1.1.2009 bestanden, ist es dabei nicht erforderlich, die Satzung an die Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60 AO) anzupassen. Die Anpassungen an die Mustersatzung sind auch dann vorzunehmen, wenn die Satzung einer gemeinnützigen Körperschaft aus anderen – auch nichtsteuerlichen oder bloß „formalen“ – Gründen verändert werden soll. Wir empfehlen daher, Satzungsänderungen immer mit dem zuständigen Finanzamt im Voraus abzustimmen. Zu guter Letzt: IPSC-Schießen ist kein Sport im Sinne von § 52 AO. Die Verfasser mussten den Begriff zunächst im Lexikon nachschlagen, begrüßen jedoch sehr, dass das Gebot der Menschenwürde nach dem neuen AEAO 2014 auch in diesem Bereich Grundlage für die steuerliche Förderung ist und der Finanzverwaltung Spielraum für positive Wertentscheidungen gegeben ist.

Dr. Christoph Regierer T +49 30 208 88-1210 E c.regierer@rbs-partner.de Oliver Haupt T +49 40 415 22-812 E o.haupt@rbs-partner.de

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Schwerpunktthema: „Kooperationen und Outsourcing“ Neues zur Mittelweiterleitung zwischen steuerbegünstigten Körperschaften Die Weiterleitung von Mitteln zwischen steuerbegünstigten Körperschaften hat in der Praxis nicht nur bei den klassischen Förder- bzw. Mittelbeschaffungskörperschaften, sondern auch bei Körperschaften, die vorrangig unmittelbar selbst ihre steuerbegünstigten Zwecke verwirklichen, Relevanz. Dies gilt insbesondere bei steuerbegünstigten Körperschaften, die in einer konzernartigen Struktur verbunden sind und sich untereinander finanzielle Zuwendungen gewähren. 1. Überblick über die Regelungen zur Mittelweiterleitung Den rechtlichen Rahmen derartiger Mittelweiterleitungen bilden § 58 Nr. 1 und 2 AO. § 58 Nr. 1 AO Nach dem für Mittelbeschaffungskörperschaften geltenden § 58 Nr. 1 AO steht es der Steuerbegünstigung nicht entgegen, wenn eine Körperschaft Mittel für die Verwirklichung von steuerbegünstigten Zwecken einer anderen inländischen steuerbegünstigten Körperschaft, einer ausländischen Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts beschafft. Die Mittelweiterleitung nach § 58 Nr. 1 AO setzt voraus, dass die zuwendende Körperschaft die Mittelbeschaffung in ihrer Satzung verankert hat. Die Mittelweiterleitung an eine Empfängerkörperschaft setzt voraus, dass die steuerbegünstigten Zwecke der Empfängerkörperschaft mit denen der Mittelbeschaffungskörperschaft übereinstimmen. Bei Weiterleitungen an inländische steuerbegünstigte Körperschaften ist daher zumindest eine teilweise Kongruenz zwischen den satzungsmäßigen Zwecken der Mittelbeschaffungskörperschaft und der Empfängerkörperschaft erforderlich. Ob die kongruenten Zwecke in den Freistellungsbescheiden der geförderten Körperschaft genannt sein müssen oder gar eine vollständige Übereinstimmung der Satzungszwecke vorliegen muss, ist Gegenstand eines anhängigen BFH-Verfahrens (I R 41/12). § 58 Nr. 2 AO Nach § 58 Nr. 2 AO kann eine Körperschaft ihre Mittel teilweise einer inländischen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken zuwenden. Anders als bei Weiterleitungen nach § 58 Nr. 1 AO ist aus steuerlicher Sicht eine satzungsmäßige Verankerung der Weiterleitung sowie eine Identität der Satzungszwecke mit denjenigen der Empfängerkörperschaft nicht erforderlich. 2. Verfügung zur Zulässigkeit von Weiterleitungsketten Unklar war in der Vergangenheit, ob Mittelweiterleitungen nach § 58 Nr. 1 und 2 AO über mehrere Stufen zulässig sind. Mit ihrer Verfügung vom 19.8.2013 (S 0177 A – 6 – St 53, DStR 2013, 2278) hat die OFD Frankfurt am Main hierzu erstmals Stellung genommen. Hiernach sollen längere Weiterleitungsketten mit mehreren steuerbegünstigten Mittelbeschaffungskörperschaften zulässig sein, soweit die Mittel letztlich bei einer Empfängerkörperschaft ankommen, die diese für die Verwirklichung ihrer steuerbegünstigten Zwecke verwendet. Bedauerlicherweise lässt die Verfügung offen, ob derartige Weiterleitungsketten auch zulässig sind, wenn

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andere Rechtsträger als Mittelbeschaffungskörperschaften (steuerbegünstigte Körperschaften i. S. d. § 58 Nr. 2 AO, ausländische Körperschaften, juristische Person des öffentlichen Rechts) zwischengeschaltet werden. Im Rahmen von verbindlichen Auskünften ist uns in mehreren Einzelfällen bestätigt worden, dass auch eine Weiterleitungskette unter Einschaltung einer ausländischen „Weiterleitungskörperschaft“ möglich ist. 3. Weiterleitung zur Kapitalausstattung anderer Körperschaften In der Vergangenheit ist von Mittelweiterleitungen nach § 58 Nr. 1 und 2 AO auch im Zusammenhang mit der Errichtung anderer Körperschaften, insbesondere von Stiftungen, Gebrauch gemacht worden. Im Zusammenhang mit der Errichtung einer gemeinnützigen Kapitalgesellschaft vertreten die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder jedoch seit 2012 die Rechtsauffassung, dass ein Einsatz von zeitnah zu verwendenden Mitteln gegen das Gebot der Selbstlosigkeit verstößt und sich der Anteilserwerb auch nicht über § 58 Nr. 2 AO rechtfertigen lässt. Diese restriktive Praxis wurde auch als „Endowmentverbot“ bezeichnet. Mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz hat der Gesetzgeber auf die restriktive Verwaltungspraxis reagiert und das Endowmentverbot gelockert. Lockerung des Endowmentverbots ab 2014, § 58 Nr. 3 AO n. F. Gemäß der ab 2014 geltenden Neufassung des § 58 Nr. 3 AO ist es nun zulässig, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft zum Zweck der Vermögensausstattung Überschüsse aus der Vermögensverwaltung, Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (einschließlich des Zweckbetriebs) und darüber hinaus bis zu 15 % ihrer sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel zuwendet. Die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der am Ausstattungsvorgang beteiligten Rechtsträger müssen zumindest partiell identisch sein. Eine mehrstufige Weiterreichung von Ausstattungskapital ist nicht möglich. Auch die Finanzverwaltung hat inzwischen mit dem am 31.1.2014 veröffentlichten redigierten Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO 2014) ihre Auffassung zur Auslegung der Neufassung des § 58 Nr. 3 AO dargelegt. Hinsichtlich der Frage der Kongruenz der Satzungszwecke zwischen der am Ausstattungsvorgang beteiligten Rechtsträger legt sie die schon vom Gesetz vorgezeichnete Sichtweise zugrunde: Die aus den Vermögenserträgen zu verwirklichenden steuerbegünstigten Zwecke der Empfängerkörperschaft müssen mit denen der gebenden Körperschaft übereinstimmen (AEAO 2014 Tz. 3 zu § 58 Nr. 3 AO). Damit wäre eine nicht zweckidentische Verwendung der Vermögenserträge gemeinnützigkeitsrechtlich nicht zulässig. Dies würde die Bildung von Töpfen, aus denen die Verwendung der Mittel ersichtlich ist, notwendig machen; diese Nachweispflicht ist jedoch in der Vergangenheit von Seiten der Finanzverwaltung stets negiert worden. Als restriktiv ist die Auffassung der Finanzverwaltung zu bezeichnen, dass hinsichtlich des zulässigen Ausstattungskapitals zwingend auf die Überschüsse/ Gewinne und den Mittelbestand des vorangegangenen Kalender- oder Wirtschaftsjahres abzustellen sein soll.

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Auch die Anweisung, dass für Zwecke des „Endowments“ keine Projektrücklagen in den Vorjahren gebildet werden dürfen (AEAO 2014 Tz. 4 a. E. zu § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO), ist für Gründungen mit einem höheren Ausstattungskapital (wie bei Stiftungsgründungen) nicht sachgerecht. Gerade die letzten beiden, über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Beschränkungen der Finanzverwaltung haben bereits zu ersten kritischen Äußerungen im Schrifttum geführt. Torsten Franz T +49 30 208 88-1338 E t.franz@rbs-partner.de Christin Drüke T +49 30 208 88-1276 E c.drueke@rbs-partner.de

Ein Erwerb von Anteilen an einer bereits bestehenden Körperschaft unter Verwendung von zeitnah zu verwendenden Mitteln ist vom Anwendungsbereich des § 58 Nr. 3 AO nicht gedeckt. Im Ergebnis ist die Lockerung des „Endowmentverbots“ zu begrüßen, auch wenn einige Details zur Anwendung der Vorschrift derzeit noch nicht abschließend geklärt sind.

Ausgliederung im gemeinnützigen Konzern (Folgerungen aus dem BFH-Urteil vom 6.2.2013, I R 59/119) Die Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts erlauben es regelmäßig nicht, dass sogenannte „Servicegesellschaften“, auf die beispielsweise aus einem Zweckbetrieb einer gemeinnützigen Einrichtung eine Support-Tätigkeit ausgegliedert wurde, selbst als gemeinnützig eingestuft werden können. Dies wird durch eine jüngere Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Ausgliederung eines Krankenhauslabors nochmals verdeutlicht. Konsequenz ist, dass eine finanzielle Unterstützung dieser Einheiten aus gemeinnützig gebundenen Mitteln erschwert wird. Gemeinnützige Körperschaften sind immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder einen Teil eines Zweckbetriebs auf eine eigenständige Tochtergesellschaft auslagern sollen. Typische Gründe für eine Ausgliederung sind: 1. Auslagerung eines bedeutsamen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (z. B. Verwertung von immateriellen Wirtschaftsgütern), der ein solches Gewicht hat, dass er den Status der Gemeinnützigkeit bei der auslagernden Körperschaft ggf. gefährden könnte oder dessen Einkünfte nicht mehr dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen sollen. 2. Auslagerung von bestimmten Support-Leistungen (z. B. Verwaltungsarbeiten, Handwerksleistungen, Reinigungsarbeiten, Küchendienste) auf eine zentrale Servicegesellschaft.

Die Auslagerung erfolgt hier regelmäßig zur Kostensenkung im gemeinnützigen Bereich. Teilweise kann dies aber auch mit dem Aspekt der Mittelbeschaffung kombiniert werden, etwa, wenn die neue Tochtergesellschaft ihre Dienstleistungen auch gegenüber Dritten anbieten soll.

Die Ausgliederung ist im Vergleich zu einem Fremdbezug der Dienstleistungen für gemeinnützige Körperschaften häufig vorzugswürdig, dass auf diese Weise das eigene Personal bei der neuen Einheit weiterbeschäftigt werden kann.

Fallkonstellationen der Ausgliederung Aus steuerlicher Sicht sind die beiden oben genannten Grundkonstellationen zu trennen, da sie steuerlich unterschiedliche Fragestellungen aufwerfen: 10

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1. Bei der Ausgliederung von ertragreichen wirtschaftlichen Betätigungen stehen in der Regel die Möglichkeiten der Weiterleitung der Erträge von der (steuerpflichtigen) Tochtergesellschaft an die gemeinnützige Muttergesellschaft im Vordergrund. Die Ausgliederung erfolgt hier unter anderem zur Mittelbeschaffung. 2. Bei der Ausgliederung von Hilfstätigkeiten auf eine zentrale Servicegesellschaft, die meist nur kostendeckend arbeiten wird, ist hingegen eher die Frage von Bedeutung, wie in gemeinnützigkeitsrechtlich konformer Weise in umgekehrter Richtung von der ausgliedernden Muttergesellschaft Mittel zur finanziellen Unterstützung an die ausgegliederte Einheit weitergeleitet werden können.

Ist Letztere steuerpflichtig, sind einem Verlustausgleich oder einer Subventionierung der Bezugspreise seitens der Muttergesellschaft gemeinnützigkeitsrechtlich Grenzen gesetzt. Eine finanzielle Unterstützung im Wege der Mittelweiterleitung ist hingegen ohne Weiteres möglich, wenn die neue Einheit selbst als gemeinnützig anerkannt ist. Ferner ist die Überlassung von Personal, Grundstücken, von materiellen oder immateriellen Gegenständen an die Tochtergesellschaft sowie die Ausstattung mit Kapital dann grundsätzlich steuerfrei möglich.

BFH-Urteil vom 6.2.2013 (Ausgliederung eines Krankenhauslabors) Hinsichtlich der letztgenannten Konstellation (Ausgliederung auf eine zentrale Servicegesellschaft) verdeutlicht ein jüngeres Urteil des Bundesfinanzhofs, dass eine nachgelagerte Servicegesellschaft regelmäßig nicht als gemeinnützig anerkannt werden kann, was unter anderem die Mittelweiterleitung (z. B. Spenden) an diese seitens ihrer Träger erschweren kann. Der Entscheidung (BFH-Urteil vom 6.2.2013, I R 59/11, BStBl. II 2013, 603) lag folgender Sachverhalt (vereinfacht) zugrunde: Mehrere städtische gemeinnützige Krankenhäuser hatten ihre bisher hausintern ausgeführten Laborleistungen auf eine GmbH, an der sie in unterschiedlicher Höhe beteiligt waren, ausgegliedert (im Folgenden: „Labor-GmbH“). Diese sollte laut Satzung keine Gewinne erwirtschaften, sondern lediglich kostendeckend arbeiten. Die Labor-GmbH erbrachte die Laborleistungen hauptsächlich gegenüber ihren Gesellschaftern (den Krankenhäusern). Bei der Labor-GmbH selbst waren keine Ärzte angestellt. Streitig war, ob die Labor-GmbH, wie ihre Gesellschafter, als gemeinnützig anerkannt werden könne. Der BFH entschied, dass die Labor-GmbH die gemeinnützigen Zwecke der Krankenhaus-Muttergesellschaften (Förderung des „öffentlichen Gesundheitswesens“ sowie des „Wohlfahrtswesens“) nicht auf sich überleiten könne. Denn sie erfülle im Gegensatz zu den Muttergesellschaften nicht das Kriterium der Unmittelbarkeit der Förderung. Mit diesem Kriterium sollen originär gemeinnützige Tätigkeiten von nachgelagerten allgemein marktgängigen Support-Tätigkeiten abgegrenzt werden. Danach sei es grundsätzlich notwendig, dass die fragliche Körperschaft selbst gegenüber der Zielgruppe – hier: den Patienten – tätig werde. Dies sei bei den von der Labor-GmbH erbrachten Vorbereitungsleistungen an die gemeinnützigen Gesellschafter (Krankenhäuser) nicht ersichtlich. Bei dem abstrakt gehaltenen Zweck der Förderung des „öffentlichen Gesundheitswesens“ sei es zwar ausreichend, dass die Dienstleistungen an die Allgemeinheit erbracht werden, doch müsse dann eine „übergreifende Funktion“ der Tätigkeit der ausgegliederten Einheit innerhalb der Gesundheitsfürsorge erkennbar sein, was bei marktgängigen Laborleistungen nicht der Fall sei.

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Das Urteil der Vorinstanz (FG Münster, vom 30.5.2011, 9 K 73/09 K F) macht zudem deutlich, dass auch eine weitere aus steuerlicher Sicht notwendige Voraussetzung, nämlich die Überleitung der „Zweckbetriebseigenschaft“ der ausgliedernden Einheiten auf die ausgelagerte Einheit, aus verschiedenen Gründen, u. a. wegen der bei marktgängigen Support-Tätigkeiten meist einschlägigen Wettbewerbsklausel, nicht vorliegen wird. Ohne „Zweckbetriebseigenschaft“ wird eine Weiterleitung von Mitteln in den eigentlichen Laborbereich aber nicht möglich sein, da dieser dann einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bildet, an den gebundene Mittel nicht ohne Weiteres weitergeleitet werden dürfen. Folgen aus dem Urteil für die Ausgliederung von Serviceleistungen Im Urteilsfall ging damit der Gemeinnützigkeitsstatus durch die Auslagerung einer Hilfstätigkeit (Laborleistungen), die bei den auslagernden Einrichtungen noch zum Zweckbetrieb zählte, auf eine zentrale Servicegesellschaft verloren. Diese nachteilige steuerliche Folge schränkt, wie zu Recht moniert wird, die Organisationsfreiheit gemeinnütziger Einrichtungen ein. Aber die dahinterstehende Ratio ist auch klar: Aus Wettbewerbsgründen soll verhindert werden, dass durch eine Ausdehnung der Steuerbegünstigung auch auf Servicegesellschaften anderen gewerblichen Wettbewerbern (hier: gewerblichen Laboren) der Marktzutritt auf diesen nachgelagerten Markt erschwert wird. Abgrenzung zu unschädlichen gemeinnützigen Kooperationen Wenn man ergänzend die Aussagen der Entscheidung des BFH aus dem Jahre 2010 zur zulässigen Kooperation zwischen gemeinnützigen Einrichtungen heranzieht, wird auch klar, in welchen Fällen eine ausgegliederte Einheit ausnahmsweise doch selbst als gemeinnützig eingestuft werden kann (BFH vom 17.2.2010, I R 2/08, BStBl. II 2010, S. 1006): nämlich immer dann, wenn die ausgegliederte Einheit für die Trägergesellschaft in der Weise als Hilfsperson tätig wird, dass sie die übertragenen Aufgaben unmittelbar gegenüber den Zielpersonen ausführt (im betreffenden Fall ging es um Betreuungsleistungen gegenüber bedürftigen Jugendlichen). Es lässt sich also festhalten, dass die ausgegliederte Einheit selbst mit der Durchführung einer gemeinnützigen Aufgabe gegenüber der Zielgruppe betraut werden sollte. Die Verbindungen zum alten Zweckbetrieb der ausgliedernden Einheit sind hingegen nach der Ausgliederung gleichsam „durchschnitten“. Grundproblematik bei Ausgliederung von Serviceeinheiten

Gemeinnützige Körperschaft Serviceeinheit (Zweckbetrieb)

Serviceleistungen (als sog. „Hilfsperson“)

Unmittelbares Tätigwerden gegenüber Zielgruppe

Ausgliederung

Service-GmbH (gemeinnützig?)

Nach den Grundsätzen des BFH verliert die Serviceeinheit die Gemeinnützigkeit (als Zweckbetrieb) durch die Ausgliederung auf eine eigenständige GmbH. Die neue Service-GmbH könne nur dann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn sie – abweichend vom Schaubild – auch selbst gegenüber der begünstigten Zielgruppe (Patienten, Jugendliche, ältere Menschen etc.) unmittelbar tätig werde.

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Prüfung: Ausgliederung auf steuerpflichtige Einheit? Trotzdem muss der Verlust des Gemeinnützigkeits-/Zweckbetriebs-Status für die ausgegliederte Tätigkeit nicht zwingend bedeuten, dass eine solche Ausgliederung nicht trotzdem in betriebswirtschaftlich vertretbarer Weise durchgeführt werden kann. Häufig wird übersehen, dass durchaus ein Spielraum besteht, auch steuerpflichtige ausgegliederte Einheiten mit Mitteln der ausgliedernden Einheit weiter finanziell zu unterstützen. Im Rahmen der nicht gebundenen Mittel (wie freies Vermögen und freie Rücklage) ist dies unbegrenzt möglich; insbesondere bei Anlaufverlusten wird auch ein vorübergehender Verlustausgleich aus zeitnah zu verwendenden Mitteln toleriert. Aus diesem Grund muss gerade bei nicht auf Gewinnerzielungsabsicht angelegten Servicegesellschaften gemeinnütziger Einrichtungen der befürchtete Nachteil eines für diese Einheiten schwer zu erlangenden Gemeinnützigkeitsstatus relativiert werden.

Torsten Volkmann T +49 30 208 88-1332 E t.volkmann@rbs-partner.de Marcel Ruhlmann T +49 30 208 88-1328 E m.ruhlmann@rbs-partner.de

Umsatzsteuerliche Fallstricke bei Kooperationen zwischen gemeinnützigen Organisationen (Zum BFH-Urteil vom 4.7.2013, V R 33/11) Bei Kooperationen zwischen gemeinnützigen Körperschaften untereinander – sei es auf Dauer oder nur zur Verwirklichung eines von einem Dritten geförderten Projekts – ist stets an einen umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch zu denken. Ein jüngeres BFH-Urteil macht deutlich, dass das umsatzsteuerliche Risiko selbst in einem arbeitsteiligen Verbund fortbesteht. Gemeinnützige Organisationen schließen sich zur gemeinsamen Projektverwirklichung öfter im Wege einer vertraglichen Kooperation zusammen. Wie bei anderen Joint Ventures liegt der Grund oft darin, dass die Partner sich gegenseitig ergänzen (z. B. wenn der eine Partner Organisations-Know-how und finanzielle Mittel, der andere Kontakte und Präsenz vor Ort mitbringt). Besonders deutlich wird dies bei Projekten, die mit öffentlichen Projektmitteln gefördert werden. Die Förderbedingungen sehen dann häufig vor, dass die geförderte Organisation (z. B. eine Stiftung) mit anderen kompetenten Projektpartnern kooperieren muss. Der geförderte Projektpartner muss dann alle Mittel in diese Kooperation mit den Projektpartnern einbringen. Aber auch außerhalb der Förderungen durch Dritte ist es in der Praxis häufig der Fall, dass sich mehrere steuerbegünstigte (gemeinnützige) Partner zusammenschließen oder auch mit Körperschaften des öffentlichen Rechts (wie z. B. Hochschulen) kooperieren, um gemeinsam ein Projekt oder eine Veranstaltungsreihe zu organisieren. 1. Steuerliche Risiken bei projektbezogenen Kooperationen Solche Kooperationen erfolgen meist auf rein vertraglicher Basis, ein gesellschaftsrechtliches Zusammengehen ist selten. Dennoch kann auch auf Vertragsbasis eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstehen, selbst wenn diese im Vertrag nicht als solche bezeichnet wird. Dies hängt von dem Auftritt nach außen ab. Treten die Partner aber weiterhin im eigenen Namen nach außen auf (was der Regelfall sein dürfte), begründet eine solche Kooperationsvereinbarung dennoch eine Innengesellschaft, die keine eigenständige Rechtspersönlichkeit hat. Steuerlich ist der Mechanismus der Verteilung der finanziellen Projektbeiträge auf die einzelnen Partner stets unter zwei Gesichtspunkten zu prüfen:

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Da eine Innengesellschaft kein Gesamthandsvermögen hat, gelten Geldflüsse als zwischen den Partnern selbst erfolgt. Folglich sind die engen Vorgaben, die das Gemeinnützigkeitsrecht an die Weiterleitung von Mitteln an andere Partnerorganisationen stellt, zu beachten. Andernfalls kann der Verlust der Gemeinnützigkeit wegen Mittelfehlverwendung drohen. Um Projektmittel an Partner direkt weiterzuleiten, bieten sich die Regelungen nach § 57 Abs. 1 S. 2; § 58 Nr. 1 und Nr. 2 AO an. Gerade bei einer Projektverwirklichung innerhalb einer Kooperation kann jedoch auch argumentiert werden, dass es überhaupt keiner Weiterleitungs-Sonderregelung bedarf, da sich die Verwirklichung der gemeinnützigen Zwecke gerade aus der Projektverwirklichung innerhalb der Kooperation ergibt. Ein weiteres erhebliches steuerliches Risiko besteht darin, dass die Geldflüsse zur Aufteilung der Projektmittel auf die Partner entsprechend deren Kosten als Leistungsaustauschverhältnisse zwischen den Partnern beurteilt werden, die entsprechend der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind. Denn es ist anerkannt, dass auch die Erstattung des Aufwendungsersatzes eines Partners ein Entgelt für eine Leistung dieses Partners darstellen kann. Diesem Ansatz wurde bisher entgegengehalten, dass im Rahmen einer Kooperation die Partner nicht gegenseitig Leistungen an die jeweils anderen Partner erbringen, sondern alle ein eigenes Interesse an der Projektverwirklichung haben (Gedanke der Leistungsvereinigung). Diese Ansicht berief sich auch auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu einem Konsortium (sogenannte EDM-Entscheidung, Urteil vom 29.4.2004, C-J007/01). Dort hatte der EuGH geurteilt, dass kein Leistungsaustausch innerhalb des Konsortiums vorliege, solange jede Partei nur die vertraglich vereinbarten Leistungen erbringe. Allerdings hatte der EuGH im konkreten Fall einen Leistungsaustausch angenommen, da über das vertraglich Vereinbarte auch weitere Dienstleistungen eines Partners vergütet worden waren.

Grundkonstellation einer fördermittelbasierten Kooperation

Fördermittelgeber

Innen-GbR (begründet durch Kooperations-Vertrag)

Fördermittel

gGmbH

Fördermittelweiterleitung

Koop-Partner

Eigene Beiträge (Kapital, Sachleistungen, Personal)

Gemeinnütziges Projekt

In diesem Beispiel empfängt eine gemeinnützige Körperschaft (hier gGmbH) Projektfördermittel und leitet diese Mittel teilweise an den Projektkooperationspartner (Koop-Partner) für dessen Projektmitarbeit im Rahmen der Kooperation (= Innen-GbR) weiter. Es besteht das Risiko, dass die weitergeleiteten Fördermittel als „Gegenleistung“ für die Projektbeiträge des Koop-Partners und damit als umsatzsteuerpflichtig angesehen werden.

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2. BFH-Urteil vom 4.7.2013, V R 33/11, BStBl. II 2013, 937 Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Fragestellung ist durch ein jüngeres Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4.7.2013 eine Verschärfung der Prüfung der Umsatzsteuerfreiheit gegenüber der bisherigen Sichtweise zu konstatieren. Der BFH hat entschieden, dass bei der Erstattung von Aufwendungsersatz unter Kooperationspartnern grundsätzlich ein Leistungsaustauschverhältnis vorliegt. Dies gelte auch dann, wenn die jeweiligen Leistungen aufgrund des Kooperationsvertrags erbracht werden. Die Finanzverwaltung hat durch Veröffentlichung dieser Entscheidung zum Ausdruck gebracht, dass sie zunächst keine abweichende Haltung zu diesem Urteil des BFH einnehmen wird. Dem BFH-Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Kooperationspartner aus zwei Ländern hatten sich zusammengeschlossen, um einen Nachtzug grenzüberschreitend gemeinschaftlich zu betreiben, jeder hinsichtlich des Streckenabschnitts in seinem Heimatland. Der Ticketverkauf sollte jedoch nur durch einen der Kooperationspartner erfolgen und dieser stellte dem anderen regelmäßig seine Kosten dafür in Rechnung. Der BFH sah darin einen Leistungsaustausch. 3. Auswirkungen des BFH-Urteils Die Auswirkungen auf die Umsatzbesteuerung der Verteilung von Projektmitteln in Kooperationen durch dieses Urteil sind nicht zu unterschätzen. Denn es ist gerade der Regelfall, dass – wie im Urteilsfall – die Einnahmen von Geldern und auch der Kostenaufwand bei einem der Partner gebündelt sind, in der Regel demjenigen, der nach außen in Erscheinung tritt. Die anderen Partner werden dessen Kosten in aller Regel bezuschussen, soweit die Einnahmen – wie meistens – die Kosten nicht decken. Ähnlich liegen auch die in der Förderpraxis anzutreffenden Konstellationen. Die Fördermittelbedingungen verlangen häufig, dass der Projektpartner, dem die Fördergelder bewilligt wurden, diese entsprechend dem Projektfortschritt gegen Nachweis der Kosten an den (bzw. die) anderen Partner weiterleitet und somit dessen (bzw. deren) Kosten erstattet. Diese Fälle sind also wirtschaftlich betrachtet durchaus vergleichbar mit der der BFH-Entscheidung zugrunde liegenden Konstellation. 4. Gestaltungsoptionen im Rahmen der neuen Rechtsprechung Aus unserer Sicht gibt es je nach Projektkonzeption unterschiedliche Ansätze, diese umsatzsteuerliche Problematik zu entschärfen: Zum einen muss stets genau untersucht werden, ob den Geldflüssen zwischen den Partnern konkrete Gegenleistungen gegenüberstehen. Wenn z. B. ein Partner ein Projekt nur bezuschusst, weil er dieses mitfördern will, ohne aber dass der andere Partner ihm gegenüber eine konkrete Leistung im Rahmen des Projekts erbringt, fehlt es schon mangels Leistungserbringung seitens des Partners an einem Leistungsaustausch. Es bestehen allerdings Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen reiner (nicht umsatzsteuerbarer) Kooperationsleistung und Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne. So kann beispielsweise die Übernahme der gesamten Organisation einer Veranstaltung durch einen Partner schon eine Leistung darstellen, wenn und soweit der bezuschussende Partner ohne weitere eigene Anstrengungen durch seine Mit-Namensnennung einen Imagegewinn erzielt.

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Zum anderen sollte versucht werden, in größeren Projekten, mit denen aber nur kostendeckend gearbeitet werden soll, die Verteilung der Projektmittel auf Basis eines sogenannten „Aufwandpools“ zu organisieren. Denn diesbezüglich erkennt auch die Rechtsprechung die Umsatzsteuerfreiheit (spiegelbildlich zum Gewinnpool) an. Soweit alle Projektmittel nach einem bestimmten im Voraus bestimmten Schlüssel auf die Projektverantwortlichen verteilt werden, kann dies die Umsatzsteuerbarkeit von vornherein ausschließen. Bei der Ausgestaltung von Aufwandpools tritt in der Praxis dann nicht selten die Frage auf, ob – ähnlich wie im oben zitierten BFH-Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt – alle Kosten und Einnahmen bei einem Partner (der auch nach Außen auftritt) gebündelt werden sollten, oder ob jeder Partner zunächst seine Kosten originär tragen sollte. Hier empfiehlt sich im Grundsatz die Bündelung der Einnahmen- und Kostenentstehung bei einem Partner, da hierdurch die Zahl potenzieller Leistungsaustauschverhältnisse unter den Partnern reduziert wird. Allerdings hängt dies stets von den Projektgegebenheiten ab.

Marcel Ruhlmann T +49 30 208 88-1328 E m.ruhlmann@rbs-partner.de

Da die Konsequenzen und die Reichweite des oben genannten Urteils noch unklar sind, kann es sich – bei Kooperationen, die noch nicht verwirklicht worden, sondern noch in der Planungsphase sind –, empfehlen, vorab eine verbindliche Auskunft zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Kooperation beim zuständigen Finanzamt einzuholen.

Umsatzsteuerliche Organschaft: verlängerte Übergangsfrist für die organisatorische Eingliederung Die verschärften Vorgaben zur organisatorischen Eingliederung bei der umsatzsteuerlichen Organschaft können noch bis Ende 2014 umgesetzt werden (Verlängerung der Übergangsfrist um ein Jahr). Dieses bietet auch die Gelegenheit, Vor- und Nachteile einer umsatzsteuerlichen Organschaft nochmals kritisch unter die Lupe zu nehmen. Umsatzsteuerliche Organschaften werden im Non-Profit-Sektor häufig dann angestrebt, wenn eine gemeinnützige Muttergesellschaft von ihrer (steuerpflichtigen oder gemeinnützigen) Tochtergesellschaft Leistungen bezieht und sie selbst – z. B. weil sie umsatzsteuerbefreite Ausgangsleistungen erbringt – keinen Vorsteuerabzug hat. Damit sie in diesem Fall mit der Umsatzsteuer auf diese Leistungen nicht definitiv belastet wird, kann sie mit einer von ihr beherrschten Tochtergesellschaft eine umsatzsteuerliche Organschaft eingehen mit der Folge, dass die Umsätze mit dieser steuerlich nicht existent sind. Ein typischer Anwendungsbereich für umsatzsteuerliche Organschaften im NPO-Bereich sind selbstständige Service-Tochtergesellschaften von gemeinnützigen Krankenhäusern (z. B. Wäscherei, Küche). BMF-Schreiben vom 7.3.2013 zu verschärften Eingliederungsvoraussetzungen Das Bundesfinanzministerium hatte als Reaktion auf mehrere jüngere Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zu den Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft in einem (den Umsatzsteuer-Anwendungserlass abändernden) Schreiben die Fallkonstellationen fixiert, bei denen eine organisatorische Eingliederung vorliegen soll (BMF-Schreiben v. 7.3.2013, IV D 2 – S 7105/11/10001, DStR 2013, 593). Die „organisatorische Eingliederung“ ist eines der Tatbestandsmerkmale für das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft, neben der „finanziellen“ und „wirtschaftlichen Eingliederung“.

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Tendenziell sind die Voraussetzungen an die organisatorische Eingliederung jetzt im Einklang mit den neueren BFH-Urteilen strenger gefasst. Dies kann dazu führen, dass eine bisher angenommene organisatorische Eingliederung den neueren strengeren Voraussetzungen eventuell nicht mehr genügen wird. Verlängerung der Übergangsfrist Um hier einen abrupten Verlust der Vorteile einer bislang angenommenen umsatzsteuerlichen Organschaft zu vermeiden, hatte das Bundesfinanzministerium im o. g. Schreiben eine Übergangsregelung bis Ende 2013 vorgesehen. Bis dahin sollte es nicht beanstandet werden, wenn die Eingliederungsvoraussetzungen bei einer bisher angenommenen umsatzsteuerlichen Organschaft nun aufgrund der verschärften Kriterien nicht mehr vorlagen. Diese Frist wurde nunmehr aufgrund des umfangreichen Anpassungsbedarfs um ein Jahr bis zum 31.12.2014 verlängert (BMF-Schreiben v. 11.12.2013, BStBl. 2013 I, S. 1625). Handlungsbedarf? Bis zum Jahresende 2014 sollten deshalb bislang angenommene umsatzsteuerliche Organschaften speziell daraufhin überprüft werden, ob sie die organisatorischen Eingliederungsvoraussetzungen des o. g. BMF-Schreibens erfüllen. Vom Grundsatz her zielt die neue Linie der Rechtsprechung und des BMF auf eine stärkere personelle Verflechtung zwischen Mutter- (Organträger) und Tochtergesellschaft (Organgesellschaft) ab. Falls die Eingliederungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sein sollten, muss gleichzeitig aber auch kritisch hinterfragt werden, ob die umsatzsteuerliche Organschaft weiterhin überhaupt steuerlich sinnvoll ist. Je nach Fall können die neuen verschärften Voraussetzungen auch als Chance begriffen werden, bestehende umsatzsteuerliche Organschaften durch eine andere Gestaltung der Vertragsbeziehungen zu ersetzen. In diesem Fall würden die Verflechtungen zwischen Organträger und Organgesellschaft bewusst nicht den verschärften Anforderungen des o. g. BMF-Schreibens angepasst werden.

Torsten Volkmann T +49 30 208 88-1332 E t.volkmann@rbs-partner.de Marcel Ruhlmann T +49 30 208 88-1328 E m.ruhlmann@rbs-partner.de

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Umsatzsteuerbefreiung gemeinnütziger Einrichtungen Umsatzsteuerbefreiung von Pflegeeinrichtungen und Altenwohnheimen – kommt es auf die Gemeinnützigkeit an? (Zu den BFH-Urteilen XI R 47/07 und XI R 45/10, jeweils vom 19.3.2013) Können gewerbliche Pflegeeinrichtungen und Altenwohnheime eine ebenso umfangreiche Umsatzsteuerbefreiung wie gemeinnützige Wohlfahrtsverbände einfordern? Der Europäische Gerichtshof hat dies in zwei jüngeren Verfahren angedeutet. Die Umsetzung dieser Rechtsprechung in das deutsche Recht ist noch unvollständig, eine unmittelbare Berufung auf die EU-Richtlinie aber in der Zwischenzeit möglich. Der Bundesfinanzhof hat in zwei Urteilen zur Umsatzsteuerbefreiung von Pflegeeinrichtungen Stellung genommen. Hierbei ging es vordergründig um die Anwendung von Befreiungsvorschriften, welche bis zum Jahr 2008 galten. Die Entscheidungen sind jedoch auch für die Anwendung aktueller Befreiungsvorschriften bedeutsam. Ferner hat das Gericht erneut klargestellt, dass sich Steuerpflichtige direkt auf die europäische Richtlinie zur Umsatzsteuer (seit 1.1.2010: Mehrwertsteuersystemrichtlinie [MwStSystRL]) berufen können. 1. Ambulanter Pflegedienst: Die Klägerin war eine gewerbliche Einzelunternehmerin. Sie hatte im Jahr 1993 unterjährig einen ambulanten Pflegedienst eröffnet und die Umsätze als steuerfrei erklärt gemäß § 4 Nr. 16 lit. e UStG a. F. Das Finanzamt versagte diese Steuerbefreiung. Es berief sich auf den Gesetzeswortlaut. Der setze insbesondere voraus, dass die Pflegekosten im vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens zwei Dritteln der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe ganz oder überwiegend getragen worden seien. Die Klägerin habe diese Voraussetzung nicht im Vorjahr, sondern erst unterjährig in 1993 erfüllt. Nachdem das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zugunsten der Klägerin entschieden hatte, ging der Rechtsstreit zum Bundesfinanzhof. Dieser hatte Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie der EU (Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g RL 77/388/EWG) und legte die Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH entschied am 15.11.2012 in der Rechtssache „Zimmermann“ (C-174/11), dass die deutsche Vorschrift nicht mit der europäischen Richtlinie vereinbar sei, da sie zwingend auf die Verhältnisse des Vorjahrs abstelle. Darüber hinaus sei die steuerliche Neutralität des Umsatzsteuerrechts verletzt. Während die Umsätze gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen bereits nach § 4 Nr. 18 UStG steuerbefreit seien, müsse die Klägerin die strengeren Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 lit. e UStG erfüllen. Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH hat der BFH nun den Rechtsstreit endgültig entschieden (Urteil vom 19.3.2013, XI R 47/07). Nach Auffassung des BFH könne sich die Klägerin unmittelbar auf die europäische Richtlinie berufen und erfülle die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g RL 77/388/EWG. Insbesondere sei sie eine sozial anerkannte Einrichtung. Es sei entscheidend, dass sie ab dem Zeitpunkt der unterjährigen Betriebseröffnung in 1993 die Zwei-Drittel-Grenze des § 4 Nr. 16 lit. e UStG erfülle. Es komme nicht auf das Vorjahr oder das gesamte Jahr 1993 an. Der BFH ging nicht weiter auf das Spannungsverhältnis zu § 4 Nr. 18 UStG ein.

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Praxishinweis: Die Vorschrift der europäischen Richtlinie aus dem Streitjahr 1993 wurde zwischenzeitlich durch den inhaltsgleichen Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL ersetzt. Die nationale Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 16 UStG wurde ab 2009 neu geregelt und ist seit dem 1.7.2013 nochmals geändert worden. Aktuell gilt die Vorschrift des § 4 Nr. 16 lit. l UStG für Einrichtungen, die nicht bereits nach Sozialrecht anerkannt sind und mit denen weder ein Vertrag noch eine Vereinbarung nach Sozialrecht besteht. Sie verlangt statt einer Zwei-Drittel-Grenze bzw. zwischenzeitlich 40 %-Grenze nur noch, dass in 25 % der Fälle die Betreuungs- und Pflegekosten von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder überwiegend vergütet werden. Jedoch stellt sie ebenfalls auf die Verhältnisse des Vorjahres ab. Daher dürften die Grundsätze des BFH auch darauf anzuwenden sein. 2. Altenwohnheim: In diesem Fall war die Klägerin eine gemeinnützige GmbH. Sie betrieb ein Altenwohnheim mit ca. 300 Wohnungen. Darüber hinaus gab es 10 Zimmer einer Pflegestation. Nach dem Heimvertrag erbrachte sie an die Bewohner verschiedene Leistungen: Überlassung von Wohnung und Telefon, Grundreinigung der Wohnung, Notruf- und Pflegebereitschaft, Vorhalten von Gemeinschaftsräumen und -anlagen, tägliches Mittagessen im Speisesaal mit Bedienung, Betreuung und Pflege bis zu einer Gesamtdauer von 14 Tagen im Jahr. Für weitere Pflegeleistungen war ein gesondertes Entgelt zu entrichten. Nur 10–20 Bewohner hatten eine Pflegestufe nach SGB XI. Das Finanzamt gewährte der Klägerin nur eine Umsatzsteuerbefreiung für die Wohnungsüberlassungen und Zinserträge. Im Übrigen versagte es die Steuerbefreiung mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 lit. d UStG a. F. seien nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift waren die mit dem Betrieb eines Altenwohnheims eng verbundenen Umsätze unter anderem dann steuerbefreit, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 % der Leistungen körperlich hilfsbedürftigen Personen nach SGB XII bzw. BSHG zugutekamen. Das Finanzgericht bestätigte die Auffassung des Finanzamts und stellte im Wesentlichen darauf ab, dass die Bewohner nicht in hinreichender Anzahl eine Pflegestufe nach SGB XI gehabt hätten. Der BFH hob die Entscheidung des Finanzgerichts auf und verwies den Rechtsstreit an das Finanzgericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und Entscheidung zurück (Urteil vom 19.3.2013, XI R 45/10). Die Umsatzsteuerbefreiung setze keine Pflegestufe nach SGB XI voraus, sondern nur eine (einfache) Pflegebedürftigkeit gemäß § 68 Abs. 1 BSHG. Ferner verwies der BFH auf die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache „Zimmermann“. Das Finanzgericht müsse ggf. prüfen, ob sich die Umsatzsteuerbefreiung direkt aus der europäischen Richtlinie ergebe (Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g RL 77/388/EWG). Dabei müsse es u. a. den Grundsatz der steuerlichen Neutralität berücksichtigen, wonach die nationale Befreiungsvorschrift nicht sachlich zwischen Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht und Einheiten ohne Gewinnerzielungsabsicht (§ 4 Nr. 18 UStG) unterscheiden dürfe. Praxishinweis: Der BFH hat auch in dieser Entscheidung nicht abschließend das Verhältnis der Steuerbefreiungen für Wohlfahrtsverbände gemäß § 4 Nr. 18 UStG und für andere private Einrichtungen, z. B. § 4 Nr. 16 UStG geklärt. Allerdings ist es nun spannend, wie das Finanzgericht die Vorgaben des BFH umsetzen wird. Dieser Fall zeigt erneut, dass bei der Umsatzsteuer von Sozialeinrichtungen durch die Uneinheitlichkeit von nationalen und europäischen Vorschriften Unsicherheit herrscht. Hier ist der Gesetzgeber gefordert. Bis dahin muss im Einzelfall entschieden werden, ob die Berufung auf nationales Recht oder europäisches Recht vorteilhafter ist.

Gregor Schubert T +49 40 415 22-176 E g.schubert@rbs-partner.de

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Hintergrund Gemeinnützigkeit führt nicht automatisch zur Umsatzsteuerbefreiung Die oben zitierten Urteile zeigen eine grundsätzliche Problematik des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts auf: Die ertragsteuerliche Steuerbefreiung für gemeinnützige Körperschaften führt nicht ohne Weiteres auch zu einer korrespondierenden umsatzsteuerlichen Steuerbefreiung. Dies beruht darauf, dass sich die umsatzsteuerlichen Steuerbefreiungen eng an die EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie [MwStSystRL] anlehnen müssen. Die „Gemeinnützigkeits-Blindheit“ des europäischen Mehrwertsteuerrechts Die MwStSystRL kennt aber keine persönliche Steuerbefreiung für gemeinnützige Körperschaften. In der MwStSystRL ist allein eine Steuersatzermäßigung für den steuerbegünstigten Bereich von gemeinnützigen Körperschaften vorgesehen (Zweckbetrieb, Vermögensverwaltung, vgl. Art. 98 i. V. m. Anhang III Nr. 15 der MwStSystRL bzw. § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG). Auch bei den sachlichen Steuerbefreiungen der MwStSystRL bestehen nur gewisse Schnittmengen mit typischen gemeinnützigen Zwecken wie z. B. der Förderung von Bildung und des Gesundheitswesens, ohne aber dass der Status der Gemeinnützigkeit als solcher per se zu einer sachlichen Umsatzsteuerbefreiung führt. Zwar hat der deutsche Gesetzgeber von der Zielrichtung her einen weitestmöglichen Gleichklang zwischen Ertragsteuerbefreiung und Umsatzsteuerbefreiung für gemeinnützige Einrichtungen zumindest im Ergebnis herzustellen versucht (indem möglichst viele typische Tätigkeiten gemeinnütziger Körperschaften im Einklang mit der MwStSystRL steuerbefreit werden). So gibt es im Einklang mit der MwStSystRL sektorspezifische Steuerbefreiungen für Krankenhäuser, Einrichtungen der Wohlfahrtspflege (siehe obigen Beitrag), kulturelle Einrichtungen, Bildungseinrichtungen, Jugendherbergen etc., die als sachliche Steuerbefreiungen jeweils an weitere besondere Voraussetzungen geknüpft sind. Doch ist der Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers begrenzt. Denn das deutsche Umsatzsteuergesetz muss stets im Lichte der maßgeblichen MwStSystRL ausgelegt werden und im Konfliktfall kann sich der Steuerpflichtige auch unmittelbar auf deren Regelungen berufen. Die obigen Gerichtsentscheidungen zeigen, dass dort, wo der nationale Gesetzgeber ausdrücklich die Gemeinnützigkeit über den Wortlaut der MwStSystRL hinaus als Voraussetzung zur Erlangung der Umsatzsteuerbefreiung niedergelegt hat (z. B. in § 4 Nr. 18 a UStG), die gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung besteht, diese Steuerbefreiung ebenso nicht gemeinnützigen Körperschaften zu eröffnen (aufgrund des der MwStSystRL innewohnenden Prinzips der steuerlichen Neutralität). Mit anderen Worten ist das Kriterium der Gemeinnützigkeit für den nationalen Gesetzgeber beim gegenwärtigen Stand der MwStSystRL kaum ein taugliches Abgrenzungskriterium. Weiterer Brennpunkt: Steuerbefreiung für gemeinnützige Krankenhäuser In diesen thematischen Zusammenhang gehört auch eine aktuelle Rechtsprechungsentwicklung aus einem anderen Bereich. Angesprochen sind hier die jüngeren Urteile zur Abgabe von Medikamenten zur Krebsbehandlung

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(sog. „Zytostatika“) durch Krankenhausapotheken an ambulant behandelte Patienten. Die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zur sachlichen Steuerbefreiung dieser wirtschaftlichen Tätigkeit gemeinnütziger Krankenhäuser zeigt das Auseinanderklaffen von ertragsteuerlicher und umsatzsteuerlicher Steuerbefreiung eindrücklich auf: Während die Medikamentenabgabe ertragsteuerlich nach der Rechtsprechung des BFH nämlich noch zum kraft Gesetz fingierten Zweckbetrieb des gemeinnützigen Krankenhauses (§ 67 AO) gerechnet wird, da der Begriff des Zweckbetriebs nach dem deutschen Gesetz weit auszulegen ist (BFH, Urteile vom 31.7.2013, I R 82/12 und I R 31/12), gilt umsatzsteuerlich etwas anderes: So ergibt sich aus einer kürzlich ergangenen EuGH-Entscheidung (Urteil vom 13.3.2014, Rs. C-366/12, Vorabentscheidungsverfahren), dass die in Betracht kommende Umsatzsteuerbefreiung (§ 4 Nr. 14 lit. b UStG) tendenziell eng auszulegen ist und sich am Maßstab der MwStSystRL auszurichten hat. Nach der MwStSystRL – so der EuGH – wäre die Umsatzsteuerbefreiung grundsätzlich allein auf die Heilbehandlung des Krankenhauses zu beschränken und könne nicht ohne Weiteres auf die an das gemeinnützige Krankenhaus angeschlossene Krankenhausapotheke ausgedehnt werden. ( Zu diesen Urteilen siehe ausführlich den Beitrag im RBS Health Care Newsletter 1/2014) Umsatzsteuerbefreiung oder Vorsteuerabzug? Abschließend muss aber auch darauf hingewiesen werden, dass alle sachlichen Umsatzsteuerbefreiungen stets mit der Versagung der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug einhergehen. Vor diesem Hintergrund kann es bei entsprechend hohen Eingangsleistungen bei gemeinnützigen Körperschaften im Einzelfall durchaus vorteilhaft sein, wenn sie in ihrem unternehmerischen Bereich keine Umsatzsteuerbefreiung für die Ausgangsumsätze, dafür aber für die Eingangsleistungen den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen können.

Marcel Ruhlmann T +49 30 208 88-1328 E m.ruhlmann@rbs-partner.de

Schnittmenge zwischen Umsatzsteuer- und Ertragsteuerbefreiung für gemeinnützige Einrichtungen

Soziale Belange nach EU-MwStSystRL (Art. 132)

Umsatzsteuerbefreiung nach UStG

Anerkennung als gemeinnützig (§§ 51 ff. AO)

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Ertragsteuerbefreiung Ertragsteuerbefreiung

Die Umsatzsteuerbefreiungen enthalten Bezüge zum Gemeinnützigkeitsrecht (= Schnittmenge), die von der EU-MwStSystRL aber nicht gedeckt sind. Soweit diese Bezüge zum Gemeinnützigkeitsrecht gewerbliche Einrichtungen (durch teilweise Beschränkung der Befreiungen auf gemeinnützige Einrichtungen) oder gemeinnützige Körperschaften benachteiligen (durch eine strengere Ausgestaltung der für gemeinnützige Einrichtungen vorgesehenen Steuerbefreiungen), können diese sich daher unmittelbar auf die für sie günstigere EU-MwStSystRL berufen. Die Kehrseite der „Gemeinnützigkeits-Blindheit“ der EU-MwStSystRL zeigt das „Zytostatika-Urteil“ des EuGH auf: Gemeinnützige Körperschaften können sich umgekehrt nicht zu ihren Gunsten auf eine etwaige Deckungsgleichheit der Umsatzsteuerbefreiungen mit der Ertragsteuerbefreiung aufgrund der Gemeinnützigkeit berufen.

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Bilanzierung und Zivilrecht Überarbeitete Rechnungslegungs-Standards des IDW für Stiftungen und Vereine Das IDW hat die Rechnungslegungsstandards für Stiftungen und Vereine überarbeitet und insbesondere die empfohlenen Gliederungsvorschriften erweitert, um den Besonderheiten dieser Rechtsformen besser Rechnung zu tragen. Bezüglich der Rechnungslegung für Stiftungen wurde dabei das Informationsbedürfnis der Stiftungsaufsicht besonders berücksichtigt. Die Rechnungslegungsstandards bieten aber weiterhin keine Einheitsrechnungslegung auch für steuerliche Zwecke. Da der Nutzen der Bilanzierung somit begrenzt ist, ist die Vorteilhaftigkeit eines Übergangs zur Bilanzierung stets im Einzelfall abzuwägen. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat die finale Überarbeitung des Rechnungslegungsstandards für Stiftungen (HFA 5, ursprünglich aus dem Jahr 2000) im Januar 2014 verabschiedet. Einige der Änderungen wurden entsprechend auch in den Rechnungslegungsstandard für Vereine (HFA 14) übernommen. Ebenfalls ist ein neuer Entwurf für die Prüfung bei Stiftungen (PS 740) in Planung. Größere bilanzierende Stiftungen und Vereine sollten insbesondere die neuen Gliederungsvorschläge für die Jahresabschlüsse ab 2014 beachten. 1. Wesentliche Änderungen Für Nichtbilanzierende: Zulässigkeit der Einnahmen-Überschuss-Rechnung Für Nichtbilanzierende Stiftungen regelt der HFA 5 neu, dass auch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung in Anlehnung an § 4 Abs. 3 EStG (bei der auch Zu- und Abfluss von geldwerten Gütern wie Sachspenden sowie Abschreibungen berücksichtigt werden) anstelle der üblichen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zulässig sein soll. Diese Neuerung wurde entsprechend auch in den Rechnungslegungsstandard für Vereine (HFA 14) übernommen. Für Bilanzierende: Änderungen bei Gliederung und Kapitalerhaltungskonzept Die vorgenommenen Änderungen des IDW für bilanzierende Stiftungen dienen insbesondere einer noch besseren Informationsfunktion des Abschlusses für Stiftungsaufsicht, Stiftungsvorstand, Stifter und Spender etc. durch eine noch stärker an die Bedürfnisse der Stiftung angepasste Gliederung der Bilanz. Künftig wird z. B. im Rahmen der Gliederung der Passivseite der Bilanz der Ansatz einer Kapitalrücklage möglich sein, in die sonstige Zuwendungen zur Stärkung des Kapitals (außer Zustiftungen) eingestellt werden sollen. Im Rahmen der Gliederung der Gewinn-und-Verlust-Rechnung wird in Übereinstimmung mit der bereits im HFA 21 (zu Spenden sammelnden Organisationen) vom IDW entwickelten Linie eine Empfehlung für das Umsatzkostenverfahren anstelle des Gesamtkostenverfahrens ausgesprochen, da dies für Spender eine bessere Information über die Verwendung der Spende biete. 2. Ratio der Änderungen Die Änderungen müssen vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Schwierigkeit im Rahmen des HFA 5 gesehen werden, das den üblichen Handelsgesellschaften fremde stiftungsrechtliche Kapitalerhaltungskonzept sowie die Vorgaben an die Mittelverwendung mit dem gängigen handelsrechtlichen Rechnungslegungs-

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Instrumentarium abzubilden. In dieser Hinsicht kann man konstatieren, dass das IDW auch in dem neuen HFA 5 seine Bilanzierungsgrundsätze in besonderem Maße an der Informationsfunktion für die Stiftungsaufsicht ausrichtet: Der Standard enthält beispielsweise erstmals eine eindeutige Präferenz des IDW für das Gebot der realen Erhaltung des Stiftungskapitals anstelle der bloß nominellen. Bei der realen Methode wird das Kapital indexiert (konsequent geprüft wird eine reale Kapitalerhaltung laut IDW bisher allerdings nur von der Stiftungsaufsicht in Bayern). Laut IDW-Entwurf sollen Vorstände rechnungslegender Stiftungen zukünftig – auch wenn sich dies nicht eindeutig aus der Errichtungsurkunde/Satzung ergibt – die reale Kapitalerhaltung durch ein auf mehrere Jahre ausgelegtes Kapitalerhaltungskonzept dokumentieren, wobei dann allerdings auch kurzfristige Wertminderungen unschädlich sein sollen. Praxishinweis: Das Erstellen eines solchen Kapitalerhaltungskonzepts ist angesichts einer möglichen Rückwirkung der IDW-Grundsätze auf die Sicht der Stiftungsaufsichtsbehörden dringend anzuraten, um gegenüber der Stiftungsaufsicht für den Fall, dass der Wert des zugewendeten Vermögens auf der Aktivseite unter das indexierte Stiftungskapital zu sinken droht, eine Pflicht des Vorstands widerlegen zu können, Erträge in einem gewissen Umfang zwecks Vermeidung einer Unterbilanz thesaurieren zu müssen. Dies ist auch nicht bilanzierenden Stiftungen anzuraten. Gegenüber der früheren Stellungnahme werden Ergebnisse aus Vermögensumschichtungen nun nicht mehr beim Eigenkapital, sondern gesondert ausgewiesen. Dieser neue Posten hat u. a. das Ziel, Gewinnauswirkungen aus Umschichtungen des Vermögens, die die Vermögenssphäre betreffen und weder stiftungs- noch steuerrechtlich für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden dürfen, zu neutralisieren. Gleichzeitig kann die Stiftungsaufsicht die nominelle Kapitalerhaltung besser überprüfen.

Gliederung des Eigenkapitals im Vergleich: (g)GmbH (nach § 266 HGB)

Stiftung (nach IDW HFA 5)

Verein (nach IDW HFA 14)

A. Eigenkapital I. Gezeichnetes Kapital

A. Eigenkapital I. Stiftungskapital 1. Errichtungskapital 2. Zustiftungen

A. Eigenkapital I. Vereinskapital

II. Kapitalrücklage III. Gewinnrücklagen

II. Rücklagen 1. Kapitalrücklage (neu!) 2. Ergebnisrücklagen

IV. Gewinn-/Verlustvortrag

II. Rücklagen

III. Umschichtungs ergebnisse (neu!)

IV. Ergebnisvortrag

IV. Ergebnisvortrag

V. Jahresüberschuss/

-fehlbetrag

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Hintergrund Die grundsätzliche Frage der Bilanzierung im dritten Sektor Die Bilanzierung ist für die meisten Stiftungen freiwillig. Sowohl zivilrechtlich (bei Nichtvorliegen der Kaufmannseigenschaft) als auch aufsichts- und steuerrechtlich wird lediglich eine Einnahmen- Ausgaben-Rechnung mit Vermögensübersicht verlangt. Der überarbeitete HFA 5 empfiehlt eine (freiwillige) Bilanzierung für solche Stiftungen, „die in einem wesentlichen Umfang Anlagevermögen, Forderungen, Verbindlichkeiten, Rückstellungen oder Abgrenzungsposten zu verzeichnen haben, oder deren Stiftungstätigkeit nicht durch einen gleichmäßigen Geschäftsablauf (z. B. durch Investitionen in unregelmäßigen Zeitabständen) geprägt sind“. Eine entsprechende Empfehlung wurde als Folgeänderung auch für Vereine in den HFA 14 übernommen. Für die klassische lediglich vermögensverwaltende Stiftung dürfte sich die Frage des Übergangs zur Bilanzierung somit weiterhin nicht stellen. Größere Stiftungen (sowie größere Vereine), die nicht Kaufleute sind, können freiwillig entscheiden, ob die Vorteile einer Bilanzierung – wie Ausweis von Forderungen und Verbindlichkeiten, periodengenauer Abgrenzung, Vergleichbarkeit der Jahresergebnisse im Zeitablauf – eine günstigere Variante darstellen. Praxishinweis: steuerliche Implikationen eines Übergangs zur Bilanzierung Für gemeinnützige Stiftungen (und Vereine) sind bei einem Übergang zu einer freiwilligen Bilanzierung aber auch die steuerrechtlichen Folgen zu berücksichtigen. Was Stiftungen anbelangt, ist das Gemeinnützigkeitsrecht aufgrund seiner gesetzlich zwingenden Verankerung in der Stiftungssatzung auch gegenüber der Stiftungsaufsicht von Relevanz. Für eine bessere Verzahnung von Bilanz- und Steuerrecht der Gemeinnützigkeit leistet das IDW mit dem neuen Entwurf aber keinen Beitrag. Das IDW gibt ausdrücklich an, dass es keine „Einheitsrechnungslegung“ für stiftungsund gemeinnützigkeitsrechtliche Zwecke entwickelt hat. Im gegenwärtigen Dualismus von handelsrechtlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Regelungen kann der Übergang zu einer freiwilligen Bilanzierung deshalb einen steuerlichen Mehraufwand bedeuten, z. B.: Nach aktueller Erlasslage der Finanzverwaltung müssen Stiftungen (und Vereine) mit wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben auch im Falle einer freiwilligen Bilanzierung nach § 5b EStG ab 2015 grundsätzlich eine Bilanz jedenfalls für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb elektronisch einreichen, obwohl sie hiervon als steuerbefreite Körperschaften grundsätzlich entbunden sind (BMF-Schreiben vom 19.12.2013, DStR 2014, 100, Anlage Tz. 5,  vgl. auch den Beitrag zu diesem BMF-Schreiben in diesem Newsletter). Es gibt keine Verwaltungsanweisung, wonach auch eine Bilanz als Nachweis für den „Zufluss“ von Mitteln zum Nachweis der „zeitnahen Mittelverwendung“ nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO von der Finanzverwaltung akzeptiert wird.

Marcel Ruhlmann T +49 30 208 88-1328 E m.ruhlmann@rbs-partner.de

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Gemeinnützigen Stiftungen (oder Vereinen), die zu einer freiwilligen Bilanzierung überzugehen beabsichtigen, ist zur Vermeidung eines steuerlichen Mehraufwands deshalb derzeit anzuraten, im Rahmen einer Vorab-Konsultation mit dem Finanzamt die Art und Weise der Bilanzierung abzustimmen, ggf. mögliche steuerliche Ergänzungen bei der Bilanzierung anzuregen.

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Update: Projekt einer Europäischen Stiftung („Fundatio Europaea [FE]“) Die Verhandlungen über die Schaffung eines EU-Statuts für eine Europäische Stiftung gehen in die Endrunde. Der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission ist mittlerweile stark abgeschwächt worden, insbesondere insoweit, als hierdurch rechtsformbezogen auch eine grenzüberschreitende Gemeinnützigkeit hätte eingeführt werden können. Auch die Vorstellungen, wozu eine solche weitere EU-Rechtsform (neben der bereits bestehenden europäischen Aktiengesellschaft „SE“) genau dienen soll, gehen zwischen den Beteiligten noch weit auseinander. Im Februar 2012 hatte die EU-Kommission einen Verordnungs-Vorschlag für die Schaffung eines Statuts einer Europäischen Stiftung („Fundatio Europaea [kurz: FE]“) veröffentlicht. Sinn dieser neuen Rechtsform ist es, dass grenzüberschreitende Tätigkeiten von Stiftungen, insbesondere auch der Transfer von gemeinnützig gebundenem Geld, einfacher werden soll. Nach einer Studie belaufen sich die Kosten durch den fehlenden Stiftungs-EU-Binnenmarkt auf bis zu 100 Millionen Euro pro Jahr. Bisher hilft sich die Stiftungspraxis mit Behelfskonstrukten, wie nationalen Fördervereinen, die Geld sammeln, um es anschließend zu gemeinnützigen Zwecken in das Ausland zu transferieren. Streichung der Steuerklausel im ursprünglichen Entwurf Dem Vorschlag der Kommission wurde von Anfang an wenig Aussicht auf Umsetzung in dieser Form vorausgesagt. Denn die in diesem Entwurf eher versteckt enthaltene steuerliche Harmonisierung des Gemeinnützigkeitsrechts geht vielen Mitgliedstaaten derzeit noch zu weit. Zwar wurde nach dem Entwurf der Kommission die Aufsicht über die Stiftung (stiftungsrechtlich wie steuerlich) weiterhin den Mitgliedstaaten überlassen und keine zentrale EU-Aufsichtsbehörde etabliert. Allerdings sah der Entwurf (in Art. 49 ff) vor, dass über einen Nichtdiskriminierungsgrundsatz die Europäische Stiftung genauso behandelt werden sollte wie inländische gemeinnützige Stiftungen. Durch die Erstreckung des Nichtdiskriminierungsgrundsatzes auf die steuerliche Behandlung wäre sozusagen durch die Hintertür eine gegenseitige steuerliche Anerkennungspflicht für die Mitgliedstaaten eingeführt worden; dies hätte eine Harmonisierung des Gemeinnützigkeitsrechts „light“ dargestellt, wenn auch rechtsformabhängig. Widerstand gegen diese Steuerklausel kam auch von der deutschen Regierung, die wie viele andere EU-Mitgliedstaaten hierdurch Steuermissbrauch befürchtete; gerade aus deutscher Sicht wird einer Stiftungsaufsicht z. B. in einem der neuen EU-Mitgliedstaaten nicht dasselbe Vertrauen hinsichtlich der Kontrolle der Mittelverwendung entgegengebracht wie einer deutschen Landes-Stiftungsaufsicht. Zudem kennen ausländische Rechtsordnungen nur selten das deutsche Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Die Bereitschaft, auch Stiftungen aus dem gesamten EU-Rechtsraum eine Steuervergünstigung zu gewähren, und damit das Risiko zu tragen, dass in Deutschland steuerfrei vereinnahmte Spenden im Ausland nicht (zeitnah) gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden, ist gering. Ferner wird eine aufwendige Parallelverwaltung des Aufsichtsregimes der nationalen gemeinnützigen und der (zukünftigen) Europäischen Stiftungen befürchtet. Nach einer erfolglosen Kompromisssuche auf EU-Ebene in der zweiten Jahreshälfte 2013 ( siehe unten stehenden Kasten auf S. 27) erarbeitet die in der ersten Jahreshälfte 2014 amtierende griechische Ratspräsidentschaft aktuell einen neuen Kompromissvorschlag für ein EU-Stiftungsstatut, der allerdings keine steuerliche Bestimmungen mehr enthält.

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Ansatz einer flexiblen, aber umfassend rechenschaftspflichtigen Stiftung nicht durchsetzbar Weitere Einwände gegen den Vorschlag der EU-Kommission betreffen die technische Ausgestaltung der Europäischen Stiftung. Diese zeichnet sich nach dem Entwurf der Kommission durch einen leichten Gründungsprozess und durch einen Grad an Flexibilität aus, wie er zumindest dem deutschen Stiftungsrecht fremd ist. Diese Flexibilität soll durch erhöhte Anforderungen an das Reporting und die „Corporate Governance“ kompensiert werden. Es wird kritisiert, dass eine solche Stiftung sich von der eigentlich auf Dauer angelegten und eher unflexiblen Rechtsform „Stiftung“ entferne und einen Rechtsformmissbrauch begünstige. Entsprechend hat der deutsche Bundesrat in einer Entschließung zu dem Kommissions-Vorschlag kritisiert, dass die geringen Anforderungen an die Kapitalausstattung mit 25.000 € in Kombination mit der Mindestdauer von nur zwei Jahren tendenziell zu vielen finanzschwachen EU-Kleinststiftungen führen könnten. Außerdem wurde angemahnt, dass der Verwaltungssitz stets auch dort liegen müsse, wo die zuständige Aufsicht sei. Der Vorschlag der Kommission hatte im Sinne einer möglichst umfassenden Verwirklichung des Binnenmarktgedankens eine Spaltung von Satzungs- und Verwaltungssitz nicht ausgeschlossen. Gemäß der Entschließung des Bundesrats ist die von der Kommission als Ausgleich vorgeschlagene Amtshilfe zwischen der zuständigen Stiftungsaufsicht im Gründungsstaat und der Aufsicht des Staats des Verwaltungssitzes nicht praktikabel. Der Bundesrat sieht auch die Reporting-Pflichten zur Bilanzierung und zur Sicherstellung der Corporate Governance, die viele deutsche Stiftungen in dieser Form nicht erfüllen, als überzogen an. Das EU-Parlament hatte im Juli 2013 ähnliche Bedenken geäußert wie der deutsche Bundesrat, hatte dem Vorschlag aber unter Vorbehalt von entsprechenden Abänderungen im Grundsatz zugestimmt (übrigens auch betreffend die gegenseitige Anerkennung für steuerliche Zwecke). Vorhaben als „Schwungrad“ für neue EU-Initiativen? In Stiftungskreisen wird die Initiative zur Schaffung einer EU-Stiftung grundsätzlich nach wie vor unterstützt. Gleichzeitig ist aber auch Kritik mit Blick auf die Ambitionslosigkeit hinsichtlich der steuerlichen Harmonisierungsfrage zu vernehmen. Es wird darauf hingewiesen, dass eine „Europäische Stiftung“ nicht benötigt werde, soweit sich dadurch nicht auch steuerliche Vorteile ergäben. Denn die erhöhten Compliance-Anforderungen einer Europäischen Stiftung seien grundsätzlich nur größeren europäischen Stiftungen mit genuin europäischen Zielen zumutbar (genannt wird häufig das Beispiel einer „Europäischen Stiftung für Verbraucherschutz“). Für die gelegentliche grenzüberschreitende Projektverwirklichung dürfte sich – so die aktuelle Einschätzung – der im Vergleich zu deutschen Stiftungen höhere Administrationsaufwand (wie Bilanzierungs- und Offenlegungspflicht) nicht lohnen. In der Literatur wird allerdings ohnehin dafür plädiert, die Bestrebungen zur steuerlichen Harmonisierung losgelöst von dem Statut der Europäischen Stiftung zu verfolgen, etwa durch Entwicklung eines zunächst freiwilligen, später verbindlichen einheitlichen EU-weiten Mindestkriterienkatalogs für gemeinnütziges Handeln. Ein solches EU-weites „Gemeinnützigkeitsstatut“ würde dann für alle Rechtsformen, also auch für GmbHs und Vereine, gelten. Im Übrigen sind weitere Maßnahmen der EU-Kommission zur Stärkung und Vereinheitlichung der „Corporate Governance“ von Stiftungen zu erwarten. Im Gespräch ist z. B. die Verleihung eines europäischen Gütesiegels für Stiftungen, die selbst gesetzte Qualitätsziele erfüllen.

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Erfolglose Kompromisssuche zur umstrittenen Steuerklausel Kern-Streitpunkt beim Projekt der „Europäischen Stiftung“ waren von Anfang an die Bestimmungen zur steuerlichen Nichtdiskriminierung im VerordnungsEntwurf (Art. 49 ff), die auf eine Anerkennungspflicht des in einem anderen Mitgliedstaat einer Europäischen Stiftung gewährten Gemeinnützigkeitsstatus hinausgelaufen wären. Die irische EU-Ratspräsidentschaft hatte vor diesem Hintergrund im Sommer 2013 dem Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten einen Kompromisstext unterbreitet, der für die nationalen Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsah, im Rahmen der Anerkennung der Europäischen Stiftung als „gemeinnützig“ zusätzliche (nationale) Kriterien prüfen zu dürfen. Dieser Vorschlag fand jedoch keine ausreichende Zustimmung. Die nachfolgende litauische Ratspräsidentschaft hatte, um das Projekt zu retten, einen neuen Ansatz gewählt. Die steuerliche Streitfrage wurde von dem Entwurf abgetrennt und diesbezüglich der Ball an die Mitgliedstaaten zurückgespielt: Sie sollten entscheiden, ob steuerlich – auf der Linie des Kompromisstextes der irischen Ratspräsidentschaft – weitere Prüfungsvorbehalte zugunsten der Mitgliedstaaten in dem Statut verankert werden oder aber – alternativ – steuerliche Fragen in dem Statut völlig ausgeklammert werden sollten. Im November 2013 hat sich der Ausschuss dann einstimmig für die letztere Variante entschieden.

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Ertragsteuerliche Rechenschaftspflichten Neue Muster für Zuwendungsbestätigungen für Spenden Mit Schreiben vom 7.11.2013 hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) überarbeitete Muster für Zuwendungsbestätigungen i. S. d. § 10b EStG veröffentlicht (IV C 4 – S 2223/07/0018:005). Das Schreiben ergeht im Anschluss an das BMFSchreiben vom 30.8.2012, welches mit dem neuen Schreiben aufgehoben wird. Es wird seitens der Finanzverwaltung, gemäß ergänzendem BMF-Schreiben vom 26.3.2014 (IV C 4, S 2223/07/0018:005), nicht beanstandet, wenn die bisherigen Muster des BMF-Schreibens vom 30.8.2012 bis zum 31.12.2014 verwendet wurden. Die neuen verbindlichen Muster für Zuwendungsbestätigungen stehen ab sofort im Formular-Management-System der Bundesfinanzverwaltung als ausfüllbare Formulare unter https://www.formulare-bfinv.de  Formularcenter  Formulare  A–Z  Gemeinnützigkeit zur Verfügung. Änderungen aufgrund des Ehrenamtsstärkungsgesetzes Die wesentlichen Änderungen beruhen auf den Änderungen durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 21.3.2013 (BGBl. I 2013, S. 556) und umfassen insbesondere: Der bei Sachspenden aus dem Betriebsvermögen anzusetzende Wert der Zuwendungshöhe bemisst sich nach dem Wert, der bei der Entnahme angesetzt wurde, zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer, die bei der Entnahme entsteht (§ 10b Abs. 3 S. 2 EStG). Es ist stets die Zeile „Es handelt sich um den Verzicht auf die Erstattung von Aufwendungen Ja Nein “ in die Zuwendungsbestätigung über Geldzuwendungen/ Mitgliedsbeiträge zu übernehmen und anzukreuzen. Dies gilt auch für Sammelbestätigungen und in den Fällen, in denen ein Zuwendungsempfänger grundsätzlich keine Zuwendungsbestätigungen für die Erstattung von Aufwendungen ausstellt. Mit § 60a AO wurde die Feststellung der sog. „satzungsmäßigen Voraussetzungen“ eingeführt. Nach § 60a AO wird die Einhaltung dieser satzungsmäßigen Voraussetzungen gesondert vom Finanzamt festgestellt. Dieses Verfahren löst die sogenannte vorläufige Bescheinigung ab. Übergangsweise bleiben die bislang ausgestellten vorläufigen Bescheinigungen weiterhin gültig und die betroffenen Körperschaften sind zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen berechtigt. Diese Körperschaften haben in der Zuwendungsbestätigung zwingend die unter Nr. 13 des BMF-Schreibens aufgeführten weiterführenden Hinweise zur vorläufigen Bescheinigung und zur Haftung anzugeben. Ist der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse bisher weder ein Freistellungsbescheid noch eine Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid erteilt worden und sieht der Feststellungsbescheid nach § 60a AO die Steuerbefreiung erst für den nächsten Veranlagungszeitraum vor (§ 60 Abs. 2 AO), sind Zuwendungen erst ab diesem Zeitpunkt nach § 10b EStG abziehbar. Zuwendungen, die vor Beginn der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG erfolgen, sind steuerlich nicht nach § 10b EStG begünstigt, da die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse in diesem Zeitraum nicht die Voraussetzungen des § 10b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG erfüllt. Zuwendungsbestätigungen, die für die Zeiträume vor der Steuerbefreiung ausgestellt werden, sind unrichtig und können – bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10b Abs. 4 EStG – eine Haftung des Ausstellers auslösen.

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Weitere formale Änderungen Es wurden einige formale Änderungen aufgenommen: Hervorhebungen von Textpassagen durch z. B. Einrahmungen oder vorangestellte Ankreuzkästchen sind zulässig. Der Name des Zuwendenden kann gleichzeitig als Adressfeld gestaltet werden. Fortlaufende alphanumerische Zeichen zur Identifizierung der Zuwendungsbestätigung können vergeben werden. Verwendung eines Briefpapiers mit einem Logo, Emblem oder Wasserzeichen der Einrichtung sind zulässig. Weiterhin gilt für die sogenannten Kleinspenden bis 200 Euro die Vereinfachungsregelung des § 50 Abs. 2 EStDV. In diesen Fällen genügt als Nachweis grundsätzlich der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Zuwendenden.

Daniel Reisener T +49 30 208 88-1168 E d.reisener@rbs-partner.de

BMF-Schreiben zur „E-Bilanz“ für steuerbegünstigte Körperschaften vom 19.12.2013 Mit dem Auslaufen der den steuerbegünstigten Körperschaften gewährten Übergangsfrist für die Anwendbarkeit der Regelungen zur E-Bilanz zum 31.12.2014 rückt die Frage in den Fokus, wie die Umsetzung der Vorschriften zur Übermittlung der E-Bilanz im Einzelnen zu erfolgen hat. In einem neuen BMF-Schreiben hierzu werden einerseits nur Minimalanforderungen gestellt, andererseits aber auch verschiedene Möglichkeiten für eine freiwillige weitergehende Teilnahme an der Datenfernübertragung aufgezeigt. Mit Schreiben vom 19.12.2013 an verschiedene (Dach-)Verbände, den Deutschen Städtetag, die Bundessteuerberaterkammer, Kirchen u. a. hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zu den Übermittlungspflichten von steuerbegünstigten Körperschaften bei der elektronischen Übermittlung von Bilanzen sowie Gewinnund-Verlust-Rechnung gemäß § 5b EStG Stellung genommen (BMF-Schreiben vom 19.12.2013, IV C 6 – S 2133-b/11/10009: 004). 1. Aktueller Stand zur Einführung der E-Bilanz Nach aktueller Rechtslage besteht nach § 5b EStG für alle Steuerpflichtigen und Unternehmen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 oder § 5a EStG ermitteln, die Verpflichtung, den Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn-und-Verlust-Rechnung durch Datenfernübertragung und nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz zu übermitteln. Übergangsfrist für steuerpflichtige Körperschaften Gemäß BMF-Schreiben vom 28.9.2011 (BStBl I, S. 855) wird es übergangsweise nicht beanstandet, wenn die Bilanzen und Gewinn-und-Verlust-Rechnungen für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2013 begonnen haben, noch in Papierform abgegeben werden.

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Übergangsfrist für steuerbegünstigte Körperschaften Darüber hinaus wurde es u. a. bei gemeinnützigen Einrichtungen nicht beanstandet, wenn die durch Datenfernübertragung zu übermittelnden Datensätze erst für Wirtschaftsjahre erfolgen, die nach dem 31.12.2014 beginnen. In diesen Übergangszeiten können die Bilanz sowie die Gewinn-und-Verlust-Rechnung weiterhin in Papierform abgegeben werden; ausdrücklich ist hierbei eine Gliederung gemäß der Taxonomie für die E-Bilanz nicht erforderlich. 2. BMF-Schreiben vom 19.12.2013 Durch das oben genannte BMF-Schreiben soll nun klargestellt werden, in welchem Umfang eine Pflicht zur Datenübermittlung speziell für steuerbegünstigte Körperschaften besteht und welche Möglichkeiten für die Umsetzung im Rahmen der Taxonomie zur Verfügung gestellt werden. Grundsätzliche Befreiung von gemeinnützigen Körperschaften Demnach findet § 5b EStG auf Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die persönlich und vollumfänglich von der Körperschaftsteuer befreit sind, keine Anwendung. Insbesondere gilt dies für ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienende Körperschaften, die neben ihrer ideellen Tätigkeit keine der Körperschaft- oder der Gewerbesteuer unterliegenden wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe unterhalten und die ihren Gewinn auch tatsächlich durch Einnahme-Überschuss-Rechnung im Sinne von § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Minimalanforderungen bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterliegen dann nicht der Körperschaft- oder Gewerbesteuer, wenn es sich um Zweckbetriebe im Sinne von §§ 65 bis 68 AO handelt oder wenn die Einnahmen anderer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe 35.000 Euro nicht übersteigen (sogenannte Besteuerungsgrenze gemäß § 64 Abs. 3 AO). Wird vorgenannte Besteuerungsgrenze von 35.000 Euro überschritten und stellt diese Körperschaft aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen eine (Gesamt-)Bilanz sowie (Gesamt-)Gewinn-und-Verlust-Rechnung auf, so ist verpflichtend nur ein (einziger) Datensatz für den steuerpflichtigen Teilbereich zu übermitteln (Minimalanforderungen). Mehrere Optionen für freiwillige (weitergehende) Übermittlung Jede dieser Körperschaften hat auf freiwilliger Basis – voraussichtlich ab November 2014 – die Möglichkeit, Daten zu übermitteln, die über die Minimalanforderungen hinausgehen. Dieser Datensatz kann dann nach Taxonomie-Schema wie folgt übermittelt werden: 1. Gesamtbilanz sowie (Steuer-)Bilanz und (Steuer-)GuV für steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder 2. (Steuer-)GuV und freiwillig (Steuer-)Bilanz nur für steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder 3. Gesamtbilanz sowie Gesamtergebnis der bisherigen (außerbilanziellen) Nebenrechnungen als Einzelbetrag (zur Plausibilisierung mit der Steuererklärung) mit der Möglichkeit einer detaillierten Nebenrechnung in einer XBRLFußnote zur Erläuterungsposition.

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(Die vorgenannten Ausführungen zu den Übermittlungsformen gelten übrigens auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts und deren Betriebe gewerblicher Art, wenn diese unter den Anwendungsbereich des § 5b EStG fallen. In diesem Zusammenhang wird auf das BMF-Schreiben vom 3.1.2013 [BStBl I, S. 59] hingewiesen.) Im Frühsommer 2014 wird durch ein BMF-Schreiben die entsprechend aktualisierte Taxonomie (Update 5.3) bekanntgegeben. Mit der nächsten Elster Rich Client (EriC)-Version (das zwingend zu nutzende Softwaretool der Finanzverwaltung zur Datenübermittlung der E-Bilanz) ab November 2014 können voraussichtlich erste Testfälle übermittelt werden. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass für steuerbegünstigte Körperschaften erfreulicherweise eine ganze Reihe unterschiedlicher Möglichkeiten zur Übermittlung der Datensätze bestehen.

Jörn Höft T +49 30 208 88-1372 E j.hoeft@rbs-partner.de

Veranstaltungshinweis Nächstes „NPO Update Steuern“ geplant für Anfang September 2014 Berlin:

Donnerstag, den 4.9.2014

Hamburg:

Donnerstag, den 18.9.2014

Sie können sich bereits jetzt für den Einladungsverteiler anmelden: www.rbs-partner.de/save-npo

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Impressum Die Beiträge in dem NPO-Newsletter sind nach bestem Wissen und nach derzeitigem Kenntnisstand erstellt worden. Gesetze, Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen werden nur auszugsweise wiedergegeben. Wir bitten deshalb, die Beiträge im Einzelfall mit den ungekürzten Veröffentlichungen zu vergleichen, um Informationsfehler zu vermeiden. Die Komplexität und der ständige Wechsel der Rechtsmaterie machen es notwendig, Haftung und Gewähr für die Richtigkeit der in diesem Newsletter enthaltenen Informationen auszuschließen. Herausgeber RBS RoeverBroennerSusat GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Domstraße 15 20095 Hamburg Verantwortliche Redaktion WP/RA/StB Dr. Christoph Regierer Rankestraße 21 10789 Berlin T +49 30 208 88-1210 E c.regierer@rbs-partner.de Druckerei Max Siemen KG Oldenfelder Bogen 6 22143 Hamburg


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