NPO_Newsletter_1_ 2015

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NON-PROFIT-ORGANISATIONEN Themenübersicht Editorial 2 Mittelanlage und Zuwendungen Stiftungsfonds als Anlageoption für gemeinnützige Stiftungen

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Steuerliche Anerkennung von Aufwand- und Rückspenden

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Übergangsfrist ausgelaufen: neue Muster für Zuwendungsbestätigungen ab 2015

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Rechtsprechung und Anwendung BFH-Entscheidungen zur Zytostatika-Abgabe durch Krankenausapotheke

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Finanzverwaltung nimmt von BFH in Zytostatika-Urteilen entwickelten Begriff des Zweckbetriebs Krankenhaus i. S. d. § 67 AO in Anwendungserlass zur Abgabenordnung auf 11 Ermäßigter Umsatzsteuersatz bei Fortbildungsveranstaltungen und mehr

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BMF-Schreiben zu Kapitalertragbesteuerung bei Betrieben gewerblicher Art

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Aktuelle Compliance-Fragen IHK-Pflicht trotz Steuerbefreiung

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Neues aus Europa Kabinettsbeschluss mit Zeitplan zur Vergaberechtsreform

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Steuerbegünstigung von Zweckbetrieben eine unzulässige Beihilfe im Sinne des EU-Rechts?

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Editorial Liebe Leserinnen und Leser, auf dem Kapitalmarkt werden im derzeitigen Niedrigzinsumfeld, in dem Zinspapiere nur noch sehr niedrige Renditen erwirtschaften, spezielle Anlagefonds für Stiftungen, sog. Stiftungsfonds, angeboten. Welche steuerlichen und bilanziellen Vorgaben es bei dieser Form der Mittelanlage zu beachten gilt, stellen wir Ihnen in unserem Beitrag dar. Im Bereich des Zuwendungsrechts weisen wir sodann auf die durch die Finanzverwaltung nochmals umfassend veröffentlichten engen Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Aufwandspenden hin. Der Newsletter behandelt im Folgenden mehrere aktuelle Entwicklungen zu den Grenzen der Steuerbegünstigung für wirtschaftliche Betätigungen von Non-ProfitOrganisationen. Ausgangspunkt ist in der Regel die Rechtsprechung, deren praktische Anwendung sowohl den Steuerpflichtigen wie auch die Finanzverwaltung vor neue Herausforderungen stellt: Der BFH hat über die ertragsteuerliche und umsatzsteuerliche Einordnung der Abgabe von individualisierten Medikamenten für die ambulante Krebstherapie (sogenannte Zytostatika) durch krankenhauseigene Apotheken entschieden. Er hat damit wiederum im Nachhinein die fehlende Abstimmung des Steuer- und des Sozialgesetzgebers bezüglich der Fortentwicklung der ambulanten Angebote im Gesundheitswesen klären müssen. Stimmen aus der Finanzverwaltung deuten allerdings darauf hin, dass weitere Verfahrensschleifen drohen. Die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7 % für Zweckbetriebe gemeinnütziger Körperschaften wurde einschränkend ausgelegt. Die Finanzverwaltung versucht nun, mit komplexen „Vereinfachungsregelungen“ den Steuerpflichtigen eine Brücke zu bauen. Die von den Gerichten bereits systematisch anhand kommunalrechtlicher Grundlagen neu bewertete Kapitalertragsteuerpflicht der Gewinne von Eigenund Regiebetrieben wird nunmehr auch von der Finanzverwaltung anerkannt. Dass die Corporate Governance und Compliance ausgehend von der steuerlichen Beurteilung auch weitere außersteuerliche Folgen im Blick haben muss, zeigt die Praxis der IHK, zunehmend Beiträge für die wirtschaftliche Betätigung von NonProfit-Organisationen festzusetzen und einzuziehen. Der Newsletter wird abgerundet durch den Hinweis auf zwei aktuelle europarechtliche Vorgaben: den Zeitplan für die Umsetzung der EU-Vergaberechtsreform in deutsches Recht sowie die neueste Fragestellung zur Vereinbarkeit der sogenannten Katalogzweckbetriebe mit dem EU-Beihilfeverbot. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre. Ihre Partner von RBS RoeverBroennerSusat

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Mittelanlage und Zuwendungen Stiftungsfonds als Anlageoption für gemeinnützige Stiftungen Die Kapitalanlage in Fonds kann für Stiftungen (und andere mit Vermögen ausgestattete Körperschaften) gegenüber der Direktanlage Vorteile bei der Bilanzierung bringen. Bei der Auswahl sind jedoch einige juristische Fallstricke zu beachten. Wer seinen Jahresabschluss nach handelsrechtlichen Grundsätzen aufstellen will, muss die Bewertung seiner Kapitalanlagen jährlich überprüfen. Die Landesstiftungsgesetze fordern regelmäßig die ungeschmälerte Erhaltung des Stiftungsvermögens. Übersetzt heißt das: Die Anlage muss „sicher“ sein. Die Beteiligung an rein spekulativen Fonds ist somit ausgeschlossen. Weitere Anforderungen der Stiftungsgesetze zielen auf eine „wirtschaftliche“ und „ertragreiche“ Bewirtschaftung des Stiftungsvermögens ab. Hierauf ist bei der Auswahl eines Stiftungsfonds zu achten. Die Verwaltungskosten müssen einem Fremdvergleich standhalten. Und: So schwer dies in Zeiten von historisch niedrigem Zinsniveau auch ist, die Vermögensanlage soll auch Erträge erwirtschaften. In diesem Zusammenhang sind von gemeinnützigen Stiftungen auch steuerrechtliche Regeln zu beachten: Sollen die Erträge aus den Fonds steuerfrei von der Stiftung vereinnahmt werden, müssen die Fonds als Teil der Vermögensverwaltung anerkannt werden. Eine Beteiligung der Stiftung an „Trading-Fonds“, gegebenenfalls unter Einsatz von Fremdkapital, kann vom Finanzamt den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugeordnet werden. Dann sind die Erträge steuerpflichtig. Auch eine „aktive“ Beteiligung der Vertreter der Stiftung am operativen Handelsgeschäft des Fonds kann steuerschädlich sein. Unkritisch ist hingegen die Mitwirkung von Organen der Stiftung im Anlageausschuss eines Fonds. Das Steuerrecht fordert zudem die Anlage in Fonds, die ihre ordentlichen Erträge mindestens jährlich ausschütten. Diese wichtige Anforderung ergibt sich indirekt aus dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 der Abgabenordnung [AO]). Die Erträge müssen als Mittelzufluss im Rechnungswesen der Stiftung erfasst werden. Lediglich ein Drittel der Überschüsse aus Vermögensverwaltung darf dem Eigenkapital der Stiftung durch Bildung einer freien Rücklage nach § 62 Absatz 1 Nr. 3 AO zugeführt werden. Einmal angeschafft – Bilanzansatz für immer? Für die Bilanzierung von Fondsanteilen kommt es zunächst auf die Satzungsregeln einer Stiftung für die Rechnungslegung an. Heute folgen viele Stiftungen dem Vorschlag des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW RS HFA 5) und bilanzieren nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (HGB). Der Bilanzansatz erfolgt danach zu Anschaffungskosten. Eine jährliche Anpassung an den Marktwert der Anteile ist grundsätzlich nicht vorzunehmen. Insbesondere Wertsteigerungen über die ursprünglichen Anschaffungskosten hinaus dürfen nicht in der Bilanz berücksichtigt werden. Bei Wertverlusten muss die Stiftung unterscheiden, ob es sich um eine voraussichtlich dauerhafte oder nur um eine vorübergehende Wertminderung handelt. Kapitalanlagen mit langfristiger Halteabsicht sind im Finanzanlagevermögen auszuweisen. Hier sind nur voraussichtlich dauerhafte Wertminderungen durch Abschreibungen in der Bilanz zu berücksichtigen (§ 253 Absatz 3 HGB). Bei kurzfristigen Wertschwankungen dürfen zwar auch für im Anlagevermögen gehaltene

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Wertpapiere oder Fondsanteile Wertberichtigungen vorgenommen werden. Vor dem Hintergrund der langfristigen Ausrichtung der Vermögensanlage von Stiftungen führt dies aber eher zu einem unzutreffenden Bild von der Vermögenslage der Stiftung und wird daher zu Recht oft abgelehnt. Steigen die Kurse für abgeschriebene Finanzanlagen in Folgejahren wieder an, sind Zuschreibungen bis zur Höhe der ursprünglichen Anschaffungskosten vorzunehmen (§ 253 Absatz 5 HGB). Für die Frage, wie eine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung ermittelt werden kann, hat das IDW in seinem Standard für die Bewertung von Kapitalanlagen bei Versicherungsgesellschaften Kriterien festgelegt (IDW VFA 2). Eine analoge Anwendung für Stiftungen bietet sich an, da auch Versicherungen vergleichbar mit Stiftungen zum Spagat einer sicheren und zugleich ertragreichen Kapitalanlage verpflichtet sind. Dabei gibt der IDW-Standard keine absoluten Bewertungsregeln vor. Die Stiftung muss sich mit den Parametern für jede Kapitalanlage im Einzelfall befassen. Für eine Abwertung sprechen: die Höhe der Differenz zwischen Anschaffungskosten und Zeitwert, die bisherige Dauer der eingetretenen Wertminderung, ein stark von der allgemeinen Kursentwicklung abweichender Kursverlauf, Substanzverluste, erhebliche finanzielle Schwierigkeiten der Emittenten der im Fonds gehaltenen Papiere, Verschlechterung der Zukunftsaussichten der Emittenten, hohe Insolvenzwahrscheinlichkeit, Sanierungsbedarf des Emittenten. Als Anlass für die Überprüfung des Bilanzansatzes wird in der Literatur zum Beispiel ein Unterschreiten des Marktwertes zum Stichtag unter den Bilanzwert der Anlage um mehr als 20 Prozent seit mehr als sechs Monaten oder um mehr als 10 Prozent seit mehr als zwölf Monaten angeführt. Vorteile von Fonds Der große Vorteil bei der Anlage in Fonds ist zum einen, dass nicht jeder Wertverlust eines einzelnen im Fonds enthaltenen Wertpapieres auf die Bilanz der Stiftung durchschlägt. Auf Ebene der Stiftung kommt es nur auf die Wertentwicklung der Fondsanteile an. Deren Wert ermittelt sich aus den Marktwerten aller im Fonds gehaltenen Papiere, das heißt einschließlich stiller Reserven. Gewinne und Verluste auf Ebene des Fonds, ob realisiert oder nicht, können sich saldieren. Nur wenn der Marktwert der Fondsanteile insgesamt unter die Anschaffungskosten der Stiftung fällt, muss über eine Abwertung nachgedacht werden. Hierfür sind dann allerdings die einzelnen getätigten Anlagen des Fonds zu analysieren. Es gibt noch einen weiteren Vorteil von Fonds, der allerdings nicht ganz unkritisch betrachtet wird: Werden auf Ebene des Fonds durch Umschichtung seiner Kapitalanlagen Kursgewinne realisiert und führt dies zu einem Wertanstieg der Fondsanteile, so spiegelt sich dies zunächst nicht in der Bilanz der Stiftung wider. Es werden vielmehr auf Ebene der Stiftung stille Reserven gelegt, obwohl auf Ebene des Fonds im Rahmen der Umschichtung eine echte Gewinnrealisation stattgefunden hat. Die Organe der Stiftung müssen hier entscheiden, ob die Kursgewinne realisiert und für die Zwecke der Stiftung ausgegeben werden sollen. Dies kann durch eine Ausschüttung auch der außerordentlichen Erträge oder durch den teilweisen Verkauf von Fondsanteilen erfolgen. Das Gemeinnützigkeitsrecht sieht für diese Fälle

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in der Bilanz die Bildung einer Rücklage für Vermögensumschichtung vor, soweit die Umschichtung das satzungsmäßige Stiftungskapital betrifft. Das Jahresergebnis unterliegt in Höhe der Rücklage nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung des § 55 AO. Fazit Die Anlage in Fonds kann für Stiftungen – aber auch für andere mit Vermögen ausgestattete Körperschaften – vorteilhaft sein, da es für die Bilanzierung nur auf die saldierte Wertentwicklung des im Fonds investierten Portfolios ankommt. Eine Abwertung ist nur bei voraussichtlich dauerhafter Wertminderung der Fondsanteile notwendig. Bei der Auswahl des Fonds müssen allerdings die stiftungs- und steuerrechtlichen Grundregeln der sicheren und ertragreichen Kapitalanlage sowie der zeitnahen Mittelverwendung für den Stiftungszweck beachtet werden.

Dr. Christoph Regierer T +49 30 208 88-1210 E c.regierer@rbs-partner.de Oliver Haupt T +49 40 415 22-812 E o.haupt@rbs-partner.de

Steuerliche Anerkennung von Aufwand- und Rückspenden Mit Schreiben vom 25.11.2014 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) die Voraussetzungen für die Anerkennung von sogenannten Aufwandspenden und Rückspenden als Sonderausgaben im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Spenders nach § 10b EStG präzisiert. Die Einhaltung dieser Kriterien ist für gemeinnützige Organisationen zur Vermeidung einer Spendenhaftung von Bedeutung. Die freizügige Ausstellung von Spendenbescheinigungen in diesem Bereich hat in der Vergangenheit zu einem vermehrten Aufgreifen durch die Finanzverwaltung geführt. Sonderausgabenabzug nach § 10b EStG Nach § 10b Abs. 3 EStG können Aufwendungen zugunsten einer gemeinnützigen Körperschaft (nur) dann als Sonderausgabe abgezogen werden, wenn ein Anspruch auf die Erstattung der Aufwendungen durch Vertrag oder Satzung eingeräumt und auf die Erstattung verzichtet worden ist. Der Anspruch darf nicht (von Anfang an) unter der Bedingung des Verzichts eingeräumt worden sein. Hierzu zählen zunächst alle Ansprüche aus gültigen Verträgen, wie z. B. Lohnoder Honorarforderungen oder (sonstige) gesetzliche Ansprüche, die im Nachhinein der gemeinnützigen Körperschaft zugewendet werden (sog. Rückspende). Der Verzicht auf Aufwendungsersatzansprüche kann Gegenstand einer sog. Aufwandsspende sein. Aufwendungsersatzansprüche können aus der Satzung, Verträgen oder unmittelbar aus § 670 BGB abgeleitet werden. Danach ist ein Auftraggeber dem Beauftragten zum Ersatz der Aufwendungen verpflichtet, die dieser zum Zwecke der Ausführung des Auftrags den Umständen nach für erforderlich halten darf. Dies gilt grundsätzlich auch im Verhältnis einer gemeinnützigen Körperschaft zu ihren Mitgliedern bzw. den bei ihr „ehrenamtlich“ Tätigen. Gemeinnützigkeitsrechtliche Fragen Grundsätzlich sind gemeinnützige Körperschaften berechtigt und verpflichtet, ihre Mittel zur Erreichung ihrer satzungsgemäßen, steuerbegünstigten Zwecke zu verwenden. Sie dürfen in diesem Zusammenhang selbstverständlich alle erforderlichen Verträge eingehen und darüber hinaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben Aufwendungsersatz leisten. Allerdings darf keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden.

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Für erhaltene Spenden sind gemeinnützige Körperschaften berechtigt, sog. „Zuwendungsbestätigungen nach amtlichen Muster“ auszustellen. Diese sind materielle Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug nach § 10b EStG bei dem Spender. Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Zuwendungsbestätigung ausstellt oder veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden, haftet für die entgangene Steuer. Diese ist mit 30 Prozent des zugewendeten Betrags anzusetzen und vorrangig durch den Aussteller zu entrichten. Regelvermutung und Beweislast Gemäß dem BMF-Schreiben vom 25.11.2014 spricht nach den Erfahrungen eine tatsächliche Vermutung dafür, dass Leistungen ehrenamtlich tätiger Mitglieder und Förderer des Zuwendungsempfängers unentgeltlich und ohne Aufwendungsersatzanspruch erbracht werden. Damit wird unterstellt, dass diese Personen im Regelfall keinen – einer Aufwand- oder Rückspende zugänglichen – Vergütungs- oder Aufwandsersatzanspruch gegenüber der gemeinnützigen Körperschaft haben. Der Nachweis, dass dieses doch der Fall ist, hat die gemeinnützige Körperschaft zu erbringen. Die Regelvermutung ist widerlegbar, wenn bei vertraglichen Ansprüchen eine schriftliche Vereinbarung zwischen Zuwendendem und Zuwendungsempfänger vorliegt, die vor der zum Aufwand führenden Tätigkeit getroffen wurde, ein Aufwendungsersatzanspruch durch einen Vertrag oder die Satzung vor Beginn der zu dem Aufwand führenden Tätigkeit eingeräumt worden ist. Ausnahmsweise reicht auch ein rechtsgültiger Vorstandsbeschluss aus, sofern die Satzung den Vorstand hierzu ermächtigt. Eine rückwirkende Satzungsänderung oder ein rückwirkender Vorstandsbeschluss genügen regelmäßig nicht. Praxishinweis Bei Satzungsänderungen nach dem 1.1.2015 ist es zwingend erforderlich, dass die Satzung den Vorstand zum Beschluss von (Richtlinien zum) Aufwendungsersatz ermächtigt. Für ältere Satzungsfassungen gilt ein Bestandschutz. Darüber hinaus muss die Körperschaft dokumentieren können, dass die Ansprüche auf einen Aufwendungsersatz oder eine Vergütung ernsthaft eingeräumt wurden. Wesentliche Indizien der Ernsthaftigkeit sind gemäß BMF: Ein späterer Verzicht auf den Aufwendungsersatz wurde nicht von Anfang an vereinbart die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der zuwendungsempfangenden Körperschaft. Diese muss im Zeitpunkt der Einräumung des Anspruchs in der Lage sein, die eingegangene Verpflichtung zu erfüllen. Hiervon ist immer dann auszugehen, wenn die Körperschaft offensichtlich über genügend liquide Mittel bzw. sonstiges Vermögen zur Begleichung der eingegangenen Verpflichtung verfügt. Dabei ist keine Differenzierung nach steuerbegünstigtem Tätigkeitsbereich (ideelle Tätigkeit, Zweckbetrieb), steuerfreier Vermögensverwaltung oder steuerpflichtigem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb vorzunehmen

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die zeitliche Nähe (maximal drei Monate) der Verzichtserklärung zur Fälligkeit des Anspruchs Auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen darf eine Zuwendungsbestätigung nur dann ausgestellt werden, wenn folgende weitere Voraussetzungen kumulativ vorliegen: Der Anspruch ist im Zeitpunkt des Verzichts werthaltig. Die Werthaltigkeit wird unterstellt, wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Zeitpunkt der Einräumung des Anspruchs vorlag. Lediglich bei wesentlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist eine detaillierte Prüfung erforderlich Die Aufwendung bzw. vertraglich erbrachte Leistung hat den (späteren) Spender tatsächlich wirtschaftlich belastet. Die von der spendenempfangsberechtigten Einrichtung erteilten Aufträge und die mit deren Ausführung entstehenden Aufwendungen dürfen nicht, auch nicht zum Teil, im eigenen Interesse des Spendenden ausgeführt bzw. getätigt werden Praxisbeispiel In einem, dem BMF-Schreiben vorangehendem, (rechtskräftigen) Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 4.3.2014 (6 K 9244/11) hat ein Gericht erstmals das Kriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufgestellt. In dem Urteilsfall hatte ein Sportverein gemäß Vorstandsbeschluss seinen Mitgliedern die Möglichkeit eingeräumt, Fahrtkosten zu Auswärtsspielen bis in Höhe von 3.000 € pro Jahr und Mitglied „gegen Aufwandspende“ zu erstatten. Hätten tatsächlich alle betroffenen Mitglieder eine Auszahlung des Maximalbetrages verlangt, wäre der Verein „pleite“ gewesen. Einen weiteren Konflikt sah das Gericht darin, dass die Aufwendungen für die Fahrten zu Auswärtsspielen von den Mitgliedern im eigenen Interesse (bzw. dem ihrer Kinder) getätigt wurden. Ein Spendenabzug komme schon aus diesem Grund nicht in Frage. Handlungsbedarf Für den Fall, dass eine gemeinnützige Körperschaft Aufwendungsersatz gegen Zuwendungsbescheinigung leisten will, sind mehrere Schritte zu beachten. Zunächst ist eine gültige Satzungsregelung zu schaffen, dass Aufwendungsersatz geleistet werden soll. In einem zweiten Schritt ist eine transparente „Erstattungsrichtlinie“ von den laut Satzung zuständigen Organen zu beschließen. Hinsichtlich der Höhe sind ggfs. Begrenzungen vorzusehen, welche sicherstellen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft durch die Erstattungen nicht gefährdet wird. Schließlich sind von den Erstattungsberechtigten nachvollziehbare Abrechnungen über den zu erstattenden Aufwand schriftlich einzureichen und nach Fälligkeit des Auszahlungsanspruches innerhalb von drei Monaten der Verzicht schriftlich zu erklären und zu den Unterlagen der Körperschaft zu nehmen. Nur dann, wenn dieses Verfahren eingehalten und sorgfältig dokumentiert wird, kann im Nachgang eine Zuwendungsbestätigung – ohne das Risiko einer Spendenhaftung einzugehen – für den zuvor vereinbarten Aufwendungsersatz ausgestellt werden.

Jens Krieger T +49 30 208 88-1280 E j.krieger@rbs-partner.de

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Übergangsfrist ausgelaufen: neue Muster für Zuwendungsbestätigungen ab 2015 Mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 7.11.2013 (BStBl 2013 I S. 1333) wurden neue verbindliche Muster für Zuwendungsbestätigungen veröffentlicht. Damit wurden die Muster vom 30.8.2012 (BStBl 2012 I S. 884) ersetzt. Grundsätzlich gelten die neuen Muster bereits für Zuwendungen seit dem 1.1.2014. Allerdings wurde seitens der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die nach bisherigem Muster erstellten Zuwendungsbestätigungen noch bis zum 31.12.2014 weiterverwendet wurden (BMF-Schreiben vom 26.3.2014, IV C 4 – S 2223/07/0018:005). Nach Ablauf dieser Übergangsfrist müssen seit dem 1.1.2015 Zuwendungsbestätigungen zwingend nach den neuen Mustern des BMF ausgestellt werden. Thorsten Möws T +49 30 208 88-1376 E t.moews@rbs-partner.de

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Die verbindlichen Muster für Zuwendungsbestätigungen stehen im FormularManagement-System der Bundesfinanzverwaltung als ausfüllbare Formulare unter https://www.formulare-bfinv.de Formularcenter Formulare A–Z Gemeinnützigkeit zur Verfügung.

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Rechtsprechung und Anwendung BFH-Entscheidungen zur Zytostatika-Abgabe durch Krankenhausapotheke Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 10.12.2014 sein Schlussurteil zur Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der Lieferung von Zytostatika durch Krankenhausapotheken für Zwecke der ambulanten Therapie von Krebspatienten (Chemotherapie) veröffentlicht (Urteil vom 24.9.2014 – V R 19/11). Danach ist die Abgabe dieser Medikamente an ambulante Patienten des Krankenhauses von der Umsatzsteuer befreit, und zwar unabhängig davon, ob die Behandlung durch eine Institutsambulanz des Krankenhauses oder aber durch, hierzu persönlich im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit, nach § 116 SGB V ermächtigte Ärzte erfolgt. Bereits am 18.12.2013 hatte der BFH sein Urteil hinsichtlich der gemeinnützigkeitsrechtlichen Einordnung veröffentlicht. Danach zählt die Abgabe der Zytostatika an ambulante Patienten des Krankenhauses zu dem Krankenhauszweckbetrieb nach § 67 AO. Umsatzsteuer Medikamentenlieferungen unterliegen grundsätzlich dem Regelsteuersatz von 19 %. Werden die von einem Krankenhaus so erworbenen Medikamente im Rahmen einer stationären Behandlung verabreicht, so galt die Abgabe schon immer als „eng mit einer Krankenhausbehandlung verbundene“ und damit umsatzsteuerfreie Leistung. Werden dagegen Medikamente von einer Krankenhausapotheke an ein anderes Krankenhaus geliefert, so ist diese Lieferung, wie jede andere Apothekenlieferung, umsatzsteuerpflichtig. Streitfrage im vorliegenden Fall war, ob auch die Abgabe gebrauchsfertiger, individuell zubereiteter und nur begrenzt haltbarer zytostatischer Medikamentenlösungen durch die Krankenhausapotheke an ambulant im Krankenhaus behandelte Patienten einen sog. „eng mit einer Krankenhausbehandlung verbundene“ Umsatz darstellt, der als Nebenleistung zur eigentlichen ärztlichen Heilbehandlungsleistung wie diese von der Umsatzsteuer befreit ist. Während sich für den Patienten eine ambulante Behandlung im Krankenhaus einer stationären Versorgung sehr ähnlich darstellt, unterscheidet sich das dahinterstehende Vertrags- und Abgeltungsprozedere grundsätzlich. Eine stationäre Krankenhausleistung (einschließlich aller verabreichten Medikamente, Heilmittel usw.) wird einheitlich nach den sog. diagnosebezogenen Fallgruppen (DRGs) und der Fallschwere abgerechnet. Bei einer ambulanten Behandlung werden dagegen die ärztliche Heilbehandlungsleistung und die Medikamentenlieferung jeweils eigenständig gegenüber den Kostenträgern abgerechnet. Heilbehandlungsleistung und Medikamentenlieferung werden in der Regel durch unterschiedliche Rechtsträger erbracht (Arzt, Apotheke). Während die Heilbehandlungsleistungen immer umsatzsteuerbefreit sind, könnten Krankenhausapotheken einen Wettbewerbsvorteil erlangen, wenn ihre Medikamentenlieferung umsatzsteuerfrei erfolgt, während eine niedergelassene Apotheke die Medikamente nur umsatzsteuerpflichtig liefern darf. Dieses würde dem Grundgedanken der Wettbewerbsneutralität der Umsatzsteuer widersprechen. Der BFH ist nun unter Berücksichtigung des, von dem EuGH in diesem Fall entschiedenen, Vorabentscheidungsersuchens (EuGH, Urteil vom 13.3.2014, Az. C – 366/12, siehe NPO-Newsletter 1/2014 S. 20 f.) zu der Erkenntnis gelangt, dass der Wettbewerbsaspekt im Falle der Abgabe der Zytostatika in den Hintergrund tritt, da die Abgabe der Zytostatika für die Heilbehandlung der Krebspatienten „unab-

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dingbar“ sei. Dies gilt für die Erreichung der damit verbundenen therapeutischen Ziele jedenfalls dann, wenn die Medikamente individuell für den einzelnen Patienten hergestellt werden. Unerheblich sei dagegen, ob die Krankenhausbehandlung ambulant oder stationär erfolge. Weiterhin mache es keinen Unterschied, ob die Behandlung durch eine Institutsambulanz oder aber einen ermächtigten Krankenhausarzt im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit erfolge. Für die Beurteilung der engen Verbundenheit ist auf die Sicht des Patienten („Endverbraucher“) und nicht die dahinterstehenden organisatorischen Merkmale abzuzielen. Es komme lediglich auf die Identität des Leistungsempfängers, nicht aber des Leistungserbringers an. Im Ergebnis ist die Abgabe der Zytostatika durch eine Krankenhausapotheke an Krankenhauspatienten umsatzsteuerfrei. Folgefragen Die Finanzverwaltung hat in der Vergangenheit vertreten, dass es sich um eine steuerpflichtige Lieferung handelt. Die meisten Krankenhäuser sind dieser Beurteilung gefolgt und haben die Zytostatika zuzüglich Umsatzsteuer geliefert und diese Umsatzsteuer – nach Abzug der zulässigen Vorsteuer – an die Finanzämter abgeführt. Für sie stellt sich die Frage, wie mit der Entscheidung umzugehen ist. Festzustellen ist, dass das Urteil zunächst nur für den entschiedenen Einzelfall gilt. Die Finanzämter sind an die Entscheidung nicht gebunden. Erste Verlautbarungen aus der Finanzverwaltung lassen darauf schließen, dass diese das Urteil nicht im Bundessteuerblatt veröffentlichen und damit allgemein anwendbar machen will. Vielmehr ist derzeit ein Nichtanwendungserlass in der Diskussion. Die Krankenkassen als Kostenträger und Vertragspartner der Krankenhäuser sind gesetzlich verpflichtet, bei der Durchführung ihrer Aufgaben sparsam und wirtschaftlich zu verfahren und ihre Ausgaben so auszurichten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden (§ 4 Abs. 4 SGB V). Es ist daher davon auszugehen, dass sie mögliche Rückerstattungsansprüche aus – nach dem Urteil – zu Unrecht gezahlter Umsatzsteuer geltend machen werden. Ob und in welcher Höhe dieses erfolgreich sein wird, ist einzelfallabhängig. So gibt es starke Unterschiede in den Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und den Krankenhäusern über die Versorgung mit Zytostatika in den einzelnen Bundesländern. Streitpunkt dürfte insbesondere die Frage werden, ob und wie die, von den Krankenhäusern nunmehr zu Unrecht geltend gemachte und daher an das Finanzamt zurückzuzahlende, Vorsteuer angerechnet wird. Weigern sich die Finanzämter, das Urteil insgesamt anzuwenden, könnten die Krankenhäuser sogar vor dem Problem stehen, an die Krankenkassen erstatten zu müssen, die eigene Forderung an das Finanzamt aber erst in aufwendigen Prozessen durchsetzen zu können. Auch für die weiteren laufenden Medikamentenabgaben an die Patienten des Krankenhauses stellt sich die Frage, wie diese zu bepreisen und zu besteuern sind. Die Kostenträger könnten etwa bei fälligen Abrechnungen die Auszahlung der Umsatzsteuer mit Hinweis auf die BFH-Rechtsprechung verweigern. In den Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Erklärungen wäre, sofern die Versorgungsvereinbarungen einen Preis zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer vorsehen, diese unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit 0 % anzusetzen und ein Vorsteuerabzug versagt. Da die Finanzverwaltung derzeit aber noch von einer

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Umsatzsteuerpflicht auszugehen scheint, könnte bei einer unterlassenen Anmeldung und Abführung der nach Finanzamtsauffassung fälligen Umsatzsteuer sogar ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung drohen. Da die möglichen Folgen stark einzelfallabhängig sind, kann nur nach einer intensiven Prüfung der zugrunde liegenden Vereinbarungen und der tatsächlichen Abrechnungspraxis entschieden werden, welche Schritte erforderlich sind. Gerne stehen hierfür die Experten unseres NPO-Teams zur Verfügung. Körperschaftsteuer Im Kontext der Abgabe von Zytostatika hatte der BFH für Zwecke der Körperschaftsteuer mit Urteilen vom 31.7.2013 (I R 31/12 und I R 82/12) bereits die ertragsteuerliche Steuerbefreiung für Krankenhäuser weit ausgelegt. Die Abgabe der Zytostatika durch Krankenhausapotheken an die im Krankenhaus behandelten Patienten ist danach noch dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb des Krankenhauses zuzurechnen. Der BFH hatte dies unter anderem damit begründet, dass der deutsche Gesetzgeber für den Krankenhaus-Zweckbetrieb nach § 67 AO (anders als für den allgemeinen Zweckbetrieb, vgl. § 65 Abs. 3 AO) gerade keine Wettbewerbsklausel vorgesehen habe. Die Finanzverwaltung ist dieser Auffassung zwischenzeitlich gefolgt und hat den Anwendungserlass zur Abgabenordnung entsprechend geändert (vgl. gesonderter Artikel in diesem Newsletter). Da nach einer Zuordnung der Abgabe von Zytostatika zum Zweckbetrieb viele Krankenhäuser gemeinnützigkeitsschädliche Verluste in dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausweisen, stellt sich die Frage, wie hiermit künftig umzugehen ist. Erste Verlautbarungen aus der Finanzverwaltung deuten nunmehr darauf hin, dass es Billigkeitsregelungen geben könnte, nach denen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt entsprechende Verluste nicht als gemeinnützigkeitsschädlich angesehen werden, sofern diese für die Zukunft strukturell neu aufgestellt werden. Zum aktuellen Stand sprechen Sie uns bitte an. Fazit Die Kläger in dem vor die Finanzgerichte getragenen Fall haben zwar Recht bekommen und insoweit auch zur Rechtsentwicklung beigetragen. Gleichzeitig ergibt sich aber für alle Beteiligten eine erhebliche Unsicherheit und ggfs. Berichtigungsbedarf hinsichtlich bisheriger und künftiger Leistungsabrechnungen.

Jens Krieger T +49 30 208 88-1280 E j.krieger@rbs-partner.de

Finanzverwaltung nimmt von BFH in Zytostatika-Urteilen entwickelten Begriff des Zweckbetriebs Krankenhaus i. S. d. § 67 AO in Anwendungserlass zur Abgabenordnung auf Aufgrund des BFH-Urteils (vom 31.7.2013, I R 82/12) zur Abgabe von Zytostatika an ambulant behandelte Krankenhauspatienten und der Zuordnung dieser Leistungen zum Zweckbetrieb Krankenhaus i. S. d. § 67 AO, sah sich die Finanzverwaltung offenbar veranlasst, ausdrücklich zur Reichweite der Zweckbetriebseigenschaft von Krankenhäusern Stellung zu nehmen. Mit dem BMF-Schreiben vom 14.1.2015 (IV A 3 – S 0062/14/10009) wurden daher erstmals Hinweise zum Krankenhausbegriff i. S. d. § 67 AO in den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) aufgenommen.

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Aktueller Anwendungserlass Unter Bezugnahme auf die allgemeine Definition von Krankenhäusern in § 2 Nr. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) stellt die Finanzverwaltung klar, dass unter Krankenhausleistungen diejenigen Leistungen fallen, die für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung der Patienten notwendig sind. Dabei handelt es sich unter anderem um ärztliche und pflegerische Behandlung oder Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, oder Unterkunft und Verpflegung. Wie bereits der BFH (Urteil vom 6.4.2005, I R 85/04, BStBl II S. 545) ausführte, gehören zum Zweckbetrieb Krankenhaus damit alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen. Infolge der aktuellen Rechtsprechung des BFH zur Zweckbetriebszuordnung der Abgabe von Zytostatika an ambulant behandelte Patienten stellt die Finanzverwaltung ausdrücklich fest, dass vom Zweckbetrieb Krankenhaus auch die an ambulant behandelte Patienten erbrachten Leistungen erfasst werden, soweit diese Bestandteil des Versorgungsauftrags des Krankenhauses sind. Gleiches gelte auch für Einnahmen und Ausgaben, die in Zusammenhang mit der Abgabe von Medikamenten durch Krankenhausärzte an ambulant behandelte Patienten des Krankenhauses zur unmittelbaren Verabreichung im Krankenhaus stehen (BFH-Urteil vom 31.7.2013, I R 82/12). Nach Verwaltungsauffassung regelt der Versorgungsauftrag, welche Leistungen ein Krankenhaus, unabhängig von der Art der Krankenversicherungsträger, erbringen darf. Für die gemeinnützigkeitsrechtliche Beurteilung folgt daraus, dass für Leistungen, die außerhalb des Versorgungsauftrages erbracht werden, eine Zuordnung zum Zweckbetrieb Krankenhaus ausscheidet. Unklar ist, ob demzufolge Leistungen, die nicht gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden können, nicht dem Zweckbetrieb zuordenbar sind. Daneben sieht es die Finanzverwaltung in Übereinstimmung mit dem Leitsatz des BFH für die Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft als unerheblich an, wenn die Ermächtigung zur Durchführung ambulanter Behandlungen nicht dem Krankenhaus im Wege einer sog. Institutsermächtigung (§ 116a SGB V), sondern dem Chefarzt des Krankenhauses erteilt wird (§ 116 SGB V), der die Behandlungen als Dienstaufgabe durchführt. Daher wird im AEAO ausgeführt, dass es für die Zurechnung der Behandlungsleistungen zum Zweckbetrieb Krankenhaus unbeachtlich ist, wenn die Behandlungen von Patienten des Krankenhauses durch einen ermächtigten Arzt als Dienstaufgabe innerhalb einer nichtselbstständigen Tätigkeit erbracht werden. Verbleibende offene Fragestellungen und Ausblick Unklar ist, wie die Abgabe von Medikamenten ertragsteuerlich zu beurteilen ist, wenn der ermächtigte Arzt die Behandlung nicht im Rahmen seiner Dienstaufgabe durchführt. Denn in seinem Urteil hatte sich der BFH nicht eindeutig dazu geäußert, ob die Erbringung der ambulanten Behandlung zwingend als Dienstaufgabe erfolgen muss oder das Kriterium nur ergänzend für die Zuordnung zum Zweckbetrieb herangezogen wurde. Diesbezüglich hat auch das aktuelle BMF-Schreiben bedauerlicherweise keine Klarstellung herbeigeführt.

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Daneben könnten die Ausführungen der Finanzverwaltung im AEAO auch Auswirkungen auf die ertragsteuerliche Beurteilung der Sachmittel- und Personalgestellung haben, soweit diese für die Ambulanzen ermächtigter Ärzte erfolgt. Nach den zum Zweckbetrieb Krankenhaus dargelegten Grundsätzen könnten auch diese Leistungen noch dem Krankenhauszweckbetrieb zuzuordnen sein. Auch die in der Vergangenheit im Rahmen von Betriebsprüfungen oftmals streitbefangenen ambulanten Physiotherapieleistungen dürften nach den dargelegten Grundsätzen nunmehr eindeutig dem Zweckbetrieb zuzurechnen sein, soweit sie auf ärztlicher Verordnung beruhen bzw. für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind. Insgesamt ist die Festschreibung der Reichweite des Zweckbetriebs Krankenhaus in dem für die Finanzverwaltung bindenden AEAO zu begrüßen, da so die vom BFH entwickelten Grundsätze von der Finanzverwaltung einheitlich angewendet werden. Im Einzelnen sind jedoch weitere Konkretisierungen wünschenswert.

Danica Haida T +49 30 208 88-1564 E d.haida@rbs-partner.de

Ermäßigter Umsatzsteuersatz bei Fortbildungsveranstaltungen und mehr Der BFH entschied mit Urteil vom 8.3.2012 (V R 14/11), dass Übernachtungsund Verpflegungsleistungen in Zusammenhang mit steuerfreien Aus- und Fortbildungsseminaren nicht per se dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen. Die Finanzverwaltung hat mit Schreiben vom 29.4.2014 die Grundsätze des Urteils als allgemein anwendbar erklärt. In einem weiteren Urteil vom 20.3.2014 (V R 4/13) hat der BFH entschieden, dass Umsätze im Bereich der Vermögensverwaltung ebenfalls nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz zugänglich sind. Darüber hinaus hat er wichtige Aussagen zur Steuerbarkeit von Zuschüssen getroffen. BFH-Urteil vom 8.3.2012 (V R 14/11) Im Urteilsfall erbrachte ein gemeinnütziger Fortbildungsveranstalter unstreitig nach § 4 Nr. 22 UStG umsatzsteuerfreie Bildungsleistungen. Unstreitig war ebenfalls, dass die Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen keine Nebenleistung zu der umsatzsteuerbefreiten Hauptleistung Aus- oder Fortbildung darstellt, da es sich nicht um eine „unerlässliche“, sondern nur um eine hierfür „nützliche“ Leistung handelt. Sie waren also für Zwecke der Umsatzbesteuerung eigenständig zu beurteilen. Der Veranstalter begehrte für diese Leistungen die Anwendung des auf 7 % ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG. In dieser Vorschrift heißt es: Die Steuer ermäßigt sich auf 7 Prozent für die folgenden Umsätze: 1  Die Leistungen der Körperschaften, die […] gemeinnützige […] Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). 2 Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. 3 Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht.

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Gemäß der Begründung des BFH steht diese Vorschrift zwar nicht in Einklang mit der übergeordneten europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie, dennoch könne sich der Steuerpflichtige auf die für ihn günstigere nationale Rechtslage berufen. Nach übergeordnetem Unionsrecht sind nur die Leistungen gemeinnütziger Körperschaften, die wohltätigen Zwecken dienen oder im Bereich der sozialen Sicherheit erbracht werden, einem ermäßigten Steuersatz zugänglich, eine Begünstigung beispielsweise von Zweckbetrieben der Forschung und Wissenschaft oder des Sports (usw.) ist nicht vorgesehen. Wenn das nationale Recht angewendet wird, ist es dennoch nach streng umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu interpretieren, dieses gilt insbesondere in Hinblick auf die Zweckbetriebseigenschaft. Die Leistungen des Klägers gelten nach dem nationalen Gemeinnützigkeitsrecht als Bildungszweckbetrieb i. S. v. § 68 Nr. 8 AO. Dort heißt es: Zweckbetriebe sind auch Volkshochschulen und andere Einrichtungen, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen; dies gilt auch, soweit die Einrichtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst Beherbergung und Beköstigung gewähren. Das Gemeinnützigkeitsrecht weist damit Beherbergungs- und Beköstigungsleistungen ausdrücklich dem Zweckbetrieb zu. Dem folgt der BFH insoweit, dass er akzeptiert, dass auch diese Leistungen einen Zweckbetrieb darstellen. Allerdings nimmt er – tätigkeitsbezogen – einen eigenen Zweckbetrieb „Beherbergung und Beköstigung“ neben dem Zweckbetrieb „Bildungsveranstaltungen“ an. Er sieht sich damit in Übereinstimmung mit dem gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsatz, dass ihrer Art nach unterschiedliche Tätigkeiten jeweils eigenständige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe sind; auch dann, wenn die Tätigkeiten wirtschaftlich verflochten sind und sich gegenseitig bedingen. Der Zweckbetrieb „Beherbergung und Beköstigung“ sei eigenständig zu beurteilen und falle unter die Ausschlusstatbestände nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Satz 3 UStG (oben zitiert): Es handele sich nicht um Umsätze, mit denen die steuerbegünstigten (Bildungs-)Zwecke unmittelbar erfüllt werden. Sie dienten darüber hinaus dazu, der Körperschaft zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, und stehen im Wettbewerb zu den Leistungen (umsatzsteuerpflichtiger) Hotels und Gaststätten. Situation für Fortbildungsveranstalter Die nach dieser Entscheidung anzusetzende zusätzliche Umsatzsteuer führt zu einer Verteuerung von Fortbildungsveranstaltungen, bei denen auch Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen angeboten werden. Praktische Relevanz hat diese allerdings nur gegenüber Teilnehmern, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, z. B. Privatpersonen oder viele gemeinnützige Körperschaften. Durch die zum 01.01.2010 gesondert eingeführte Umsatzsteuerermäßigung auf Übernachtungsleistungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG hat sich teilweise wieder der vorherige Rechtstand hergestellt. Allerdings gilt diese Ermäßigungsvorschrift nicht für die Verpflegungsleistungen, wie der BFH bereits mit Urteil vom 24.4.2013 (XI R 3/11) entschieden hat und dem sich die Finanzverwaltung nunmehr mit Schreiben vom 9.12.2014 auch angeschlossen hat. Für die Verpflegungsleistungen gilt somit grundsätzlich ein 19%iger Steuersatz.

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Die Verwaltungsanweisungen vom 29.4.2014 Dem BMF-Schreiben vom 29.4.2014 erklärt die Grundsätze der BFH-Entscheidung für grundsätzlich anwendbar. Allerdings wird im Sinne einer Übergangsvorschrift nicht beanstandet, wenn für bis zum 31.12.2013 ausgeführte Umsätze – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – der ermäßigte Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG in Anspruch genommen wird. Dieses gilt sowohl für den leistenden Veranstalter wie auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs bei dem Leistungsempfänger. Weiterhin führt das BMF eine „Vereinfachungsregel“ ein: Sofern die steuerbaren und steuerpflichtigen Einnahmen (inkl. Umsatzsteuer) in dem Beherbergungs- und Beköstigungszweckbetrieb den Betrag von 35.000 € im Jahr nicht übersteigen, sei – von der BFH-Rechtsprechung abweichend – davon auszugehen, dass der Zweckbetrieb nicht der Erzielung zusätzlicher Einnahmen diene und die Leistungen entsprechend nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Weiterhin wird nicht beanstandet, wenn bei der Prüfung der Einnahmegrenze solche Umsätze nicht berücksichtigt werden, die an zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer erbracht werden. Das BMF unterstellt, dass sich hinsichtlich dieser Leistungen kein Vorteil für die gemeinnützige Körperschaft ergäbe. Nicht zu berücksichtigen seien weiterhin auch nicht umsatzsteuerbare Zuschüsse. Die „Sportverein“-Entscheidung des BFH In dem im Juli 2014 veröffentlichten Urteil vom 20.3.2014 (Aktenzeichen V R 4/13) hat der BFH im Falle eines Sportvereins die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG weiter eingeschränkt. Danach ist, entgegen vorherigem Verständnis, dieser nicht auf (Vermietungs-)Leistungen anzuwenden, die in der gemeinnützigkeitsrechtlichen Sphäre der Vermögensverwaltung erbracht werden (im Urteilsfall Sportanlagen). Maßgeblich sei allein, ob die gemeinnützige Organisation die Leistung für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit erbringe (EuGH, Urteil v. 17.6.2010, C-492/08, Kommission/Frankreich). Sportliche, kulturelle oder z. B. auch unterrichtende Leistungen, aber auch die reine Verwaltung des Immobilienvermögens gehören nicht dazu. Insoweit sei die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes unionsrechtswidrig. Zwar könnten sich Steuerpflichtige auch in diesem Fall auf das für sie günstigere – da weiter gefasste – nationale Recht berufen, jedoch scheitere die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes wiederum an der unionsrechtlich gebotenen Auslegung. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 UStG (s. o. zitiert) gilt die Steuerermäßigung nicht für Leistungen eines „wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes“. Dieser Begriff sei aber umsatzsteuerrechtlich als Bereich der „unternehmerischen Tätigkeit“ zu verstehen und umfasse damit alle Leistungen, die gegen Entgelt an einen Dritten erbracht werden; folglich auch die Leistungen in der gemeinnützigkeitsrechtlichen Sphäre der Vermögensverwaltung. In Folge unterliegen diese – soweit sie nicht steuerbefreit sind – dem Regelsteuersatz. In dem Urteil präzisiert der BFH darüber hinaus sein Verständnis darüber, wann, z. B. öffentliche, Zuschüsse für gemeinnützige Tätigkeiten Teil des umsatzsteuerrechtlichen Entgeltes sind. Er bejaht dieses immer dann, wenn die gemeinnützige Körperschaft ohne diese Zuschüsse ihre Leistung nicht kostendeckend „verkaufe“. Die Zuschüsse sind dann als preisauffüllendes Entgelt von dritter Seite anzusehen und umsatzsteuerlich genauso wie die sonstigen vom Leistungsempfänger gezahlten Entgeltbestandteile zu behandeln.

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Ausblick Im Ergebnis dürfte der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG für gemeinnützige Einrichtungen praktisch nur noch in den Fällen anwendbar sein, in denen Leistungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit erbracht werden. Gerade diese Leistungen sind im Regelfall aber ohnehin von Umsatzsteuer befreit, sodass im Ergebnis kaum Anwendungsfälle verbleiben dürften.

Jens Krieger T +49 30 208 88-1280 E j.krieger@rbs-partner.de Torsten Volkmann T +49 30 208 88-1332 E t.volkmann@rbs-partner.de

Die Vereinfachungsregel gemäß dem BMF-Schreiben vom 29.4.2014 sollten Fortbildungsveranstalter nur nach genauer Prüfung in Anspruch nehmen. Außer der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG kennt das Umsatzsteuerrecht in diesem Bereich keine „Nichtaufgriffsgrenzen“. Ferner dürfte streitig sein, ob tatsächlich die Umsätze an vorsteuerabzugsberechtigte Teilnehmer aus dem „einheitlichen“ Beherbergungs- und Beköstigungszweckbetrieb herauszurechnen sind. Auch erhaltene Zuschüsse sind bei der Ermittlung des Grenzbetrages von 35.000 € daraufhin zu untersuchen, ob sie nicht als „preisauffüllendes Entgelt“ zu berücksichtigen sind. Ob aufgrund des Prüfungsaufwandes tatsächlich noch eine „Vereinfachungsregel“ vorliegt, wird die Praxis zeigen.

BMF-Schreiben zu Kapitalertragbesteuerung bei Betrieben gewerblicher Art Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 9.1.2015 ein neues Schreiben zur Thematik der Kapitalertragbesteuerung bei Betrieben gewerblicher Art (BgA) von Körperschaften des öffentlichen Rechts veröffentlicht. Damit werden die bisherigen Verwaltungsanweisungen hierzu (die noch aus den Jahren 2002 und 2005 datieren) in einem Schreiben zusammengeführt und um neuere Urteile des Bundesfinanzhofs ergänzt. Hintergrund Betriebe gewerblicher Art unterliegen bekanntlich – zwecks Gleichbehandlung mit Kapitalgesellschaften – einer Kapitalertragsteuer (in Höhe von 15 %) auf ihre (fiktiven) Gewinnauskehrungen an ihre öffentlichen Träger. Als besonders streitanfällig hat sich in jüngerer Vergangenheit die sogenannte Ausschüttungsfiktion bei Eigenbetrieben und Regiebetrieben erwiesen. Anders als bei Betrieben gewerblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit (zum Beispiel einer Anstalt des öffentlichen Rechts) sind diese in den öffentlichen Haushalt eingegliedert. Wegen dieser unmittelbaren Zugriffsmöglichkeit des öffentlichen Trägers hat die Finanzverwaltung bis vor Kurzem die Fiktion einer Gewinnausschüttung vom Betrieb gewerblicher Art an den Träger in der Tendenz weit ausgelegt. Rezeption neuer Rechtsprechung zu Eigen- und Regiebetrieben Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in mehreren Urteilen dieser extensiven Auslegung der Ausschüttungsfiktion Grenzen gesetzt. Bei Eigenbetrieben betraf dies die Anerkennung von Rücklagen, mittels derer eine fingierte Ausschüttung mit Kapitalertragssteuerpflicht hinausgezögert werden kann. Nach dem BFH-Urteil vom 16.11.2011 (I R 108/09) können alle als Eigenkapital stehen gelassenen Gewinne grundsätzlich als Rücklagen betrachtet werden. Eine Kapitalertragsteuererhebung kommt somit nur dann in Betracht, wenn das entsprechende Gremium des Eigenbetriebs eine Zuführung des Gewinns an den Träger beschlossen hat. Diese stuerliche Gleichstellung mit Kapitalgesellschaften wird vom BFH damit begründet, dass es sich beim Eigenbetrieb um eine organisatorisch und haushaltsmäßig verselbständigte Einrichtung handele, die finanzwirtschaftlich Sondervermögen der Trägerkörperschaft ist.

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Eine in der Literatur diskutierte Übertragung dieser Grundsätze auf gemischtwirtschaftliche Eigenbetriebe, die neben einem BgA auch einen hoheitlichen Betrieb unterhalten, wird jedoch in dem neuen BMF-Schreiben nicht vorgenommen. Für diese wird – wie bei Regiebetrieben – eine Rücklagenbildung weiterhin nur dann anerkannt, wenn diese für ein bestimmtes Investitionsvorhaben gebildet wird, was der Finanzverwaltung gegenüber nachzuweisen ist. Bei Regiebetrieben, bei denen konstruktiv ein Gewinnvortrag nicht möglich ist, hat der BFH zur Abwendung einer andernfalls stets drohenden Kapitalertragbesteuerung geurteilt, dass das System der Kapitalertragbesteuerung dann zumindest berücksichtigen muss, dass der Träger für allfällige Verluste von Regiebetrieben selbst einstehen muss. In der Konsequenz werden nach der Rechtsprechung des BFH Verluste im Regiebetrieb stets zum Jahresende durch eine entsprechende Zuführung zum steuerlichen Einlagekonto durch den Träger ausgeglichen (BFH, Urteil vom 21.1.2008, I R 18/07 – diese Zuführung ist einzutragen in Zeile 38c des Formulars „KSt 1 Fa“). In einer neueren Entscheidung hat der BFH zudem festgehalten, dass dies auch bei Buchverlusten, die etwa aus Abschreibungen resultieren, gilt (BFH, Urteil vom 11.9.2013, I R 77/11). Diese Zuführungen zum steuerlichen Einlagekonto mindern dann den (kapitalertragsteuerpflichtigen) ausschüttbaren Gewinn in den Folgejahren. Das neue BMF-Schreiben nimmt diese neuere Rechtsprechung auf. Zeitgleich wird das jüngste bisher nicht veröffentlichte Urteil des BFH vom 11.9.2013 (I R 77/11) nunmehr auch im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Keine Aussage zu Kapitalertragsteuerbescheinigungen In das BMF-Schreiben nicht aufgenommen wurde allerdings die derzeit diskutierte Frage, ob auch rechtlich unselbständige Betriebe gewerblicher Art wie Körperschaften ggf. sich selbst Bescheinigungen über die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos (nach § 27 Abs. 3 KStG) ausstellen müssen. Ein bundeseinheitlich abgestimmtes Schreiben bejaht dies (OFD Karlsruhe vom 20.12.2013, S 283.6/3/5). Vor diesem Hintergrund ist Körperschaften des öffentlichen Rechts derzeit anzuraten, Bescheinigungen nach § 27 Abs. 3 KStG auszustellen.

Marcel Ruhlmann T +49 30 208 88-1328 E m.ruhlmann@rbs-partner.de

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Aktuelle Compliance-Fragen IHK-Pflicht trotz Steuerbefreiung In der Vergangenheit haben vermehrt Körperschaften des öffentlichen Rechts, aber auch gemeinnützige Organisationen mit wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben Bescheide erhalten, worin sie zur Entrichtung von Mitgliedsbeiträgen zu ihrer jeweiligen Industrie- und Handelskammer (IHK) aufgefordert worden sind. Rechtsrahmen Gemäß den jeweiligen IHK-Landesgesetzen gehören grundsätzlich alle Unternehmen zur IHK, die ihren Sitz oder eine Betriebsstätte in dem Zuständigkeitsbereich der jeweiligen IHK haben und gewerbesteuerpflichtig sind. Mitglied ist also, wer dem Grunde nach der Gewerbesteuer unterliegt. Darunter fallen trotz der grundsätzlichen Steuerbefreiung auch die Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, mit Ausnahme von kommunalen Eigenbetrieben. Ebenso betroffen sind steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gemeinnütziger Organisationen. Es kommt für die grundsätzliche Kammerpflicht nicht darauf an, ob die jeweiligen Körperschaften tatsächlich Gewerbesteuer bezahlen müssen. Einer gesonderten Beitrittserklärung bedarf es nicht. Ein Austritt aus der IHK bzw. eine Kündigung der Mitgliedschaft ist nicht möglich. Mit der IHK-Mitgliedschaft ist grundsätzlich auch die Pflicht zur Zahlung eines Mitgliedsbeitrages verbunden. Dies gilt unabhängig von einer tatsächlichen Inanspruchnahme der IHK durch das jeweilige Mitglied. Bemessungsgrundlage ist der Gewerbeertrag. Auch im Falle von Verlusten eines Betriebs gewerblicher Art oder eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist ein sogenannter „Mindestbeitrag“ zu entrichten. Die IHKs sind berechtigt, zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit und zur Festsetzung der Beiträge Angaben zur Gewerbesteuerveranlagung bei den Finanzbehörden einzufordern.

Peter Biegler T +49 30 208 88-1722 E p.biegler@rbs-partner.de

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Hinweis Nach unserer Praxiserfahrung erlassen die IHKs Bescheide für jeden BgA. Es gibt jedoch gute Argumente dafür, mehrere unselbständige BgA (z. B. gem. § 4 Abs. 6 Nr. 1 KStG wegen „Gleichartigkeit“) zusammenzufassen. Entsteht dann beispielsweise bei der Zusammenfassung aller Betriebe gewerblicher Art ein Gesamtverlust, wird nur der IHK-Grundbetrag einmal fällig.

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Neues aus Europa Kabinettsbeschluss mit Zeitplan zur Vergaberechtsreform Das deutsche Vergaberecht, das im Wesentlichen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und in verschiedenen Verordnungen geregelt ist, geht weitgehend auf EU-Recht zurück. Um eine weitere Harmonisierung herbeizuführen, haben EU-Kommission, -Rat und -Parlament eine umfassende Reform der einschlägigen gemeinschaftlichen Regelwerke auf den Weg gebracht. Ziel ist es insbesondere, europaweite Ausschreibungen zu vereinfachen und damit den Binnenmarkt im Beschaffungswesen zu stärken. Weiterhin werden die bisher weitgehend durch die Rechtsprechung geprägten Grundsätze kodifiziert und die Nutzung elektronischer Medien geregelt. Neue EU-Vergaberichtlinien Gegenstand der Überarbeitung auf europäischer Ebene waren die Vergaberichtlinien für die öffentliche Hand und zur sektorentätigkeitsbezogenen Vergabe. Neu hinzugekommen ist eine eigenständige Richtlinie zur Konzessionsvergabe. Die am 17.4.2014 in Kraft getretene, überarbeitete EU-Gesetzgebung besteht aus folgenden Regelwerken: RL 2014/24 RL 2014/25 RL 2014/23

öffentliche Auftragsvergabe sektorenspezifische Richtlinie (betr. Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie die Postdienste) Konzessionsvergabe

Umsetzungszeitplan Die Bundesregierung hat mit Kabinettsbeschuss vom 7. Januar 2015 die Umsetzung dieser Reform in das deutsche Recht bis April 2016 beschlossen. Dieser Zeitplan entspricht der zweijährigen Umsetzungsfrist, mit der EU-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Der Zeitplan sieht im Einzelnen folgende Schritte vor:

Kabinettsbeschluss zur GWB-Novelle Gesetzgebung Bundestag und Bundesrat Kabinettsbeschluss zu den Verordnungen Bundesrat-Zustimmung Inkrafttreten Umsetzung

Frühjahr 2015 Herbst 2015 Herbst 2015 Winter 2015/2016 18. April 2016

Auf welche Neuerung müssen sich öffentliche Körperschaften einstellen? Folgende wesentliche Neuerungen seien hier herausgegriffen: Neuerungen beim Vergabeverfahren Vergabeverfahren für Dienstleistungskonzessionen Erstmals wird die Vergabe von Konzessionen (über die bisher schon geregelte Baukonzession hinaus) umfassend in einer eigenen Richtlinie geregelt, sie umfasst insbesondere auch Dienstleistungskonzessionen. Auch die Vergabe von Konzessionen muss damit zukünftig etwa dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit und der Pflicht zur Durchführung eines nachprüfbaren transparenten Verfahrens genügen.

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Kodifizierung von Inhouse-Vergaben und der kommunalen Zusammenarbeit Die bestehende Rechtsprechung zur sogenannten Inhouse-Vergabe (vertikale Auftragsvergabe) und zur kommunalen Zusammenarbeit (horizontale Auftragsvergabe) wird kodifiziert und teilweise der Anwendungsbereich dieser Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht über die Grundsätze der Rechtsprechung hinaus erweitert. Unschädlich für eine vertikale Inhouse-Vergabe ist beispielsweise nach den neuen EU-Richtlinien, wenn der Auftragnehmer zu 20 % auch für andere Auftraggeber tätig wird (die Rechtsprechung hat dieses sog. „Wesentlichkeitskriterium“ bisher strenger gehandhabt). Von Interesse für gemeinnützige Organisationen dürfte die Vorgabe der EURichtlinien sein, wonach die Inhouse-Vergabe auch dann zulässig ist, wenn die Vergabe an Gesellschaften erfolgt, an denen auch Private beteiligt sind. Dies gilt laut den Richtlinien allerdings nur unter der weiteren Voraussetzung, dass die Beteiligung der privaten Anteilseigner durch Gesetz zwingend vorgeschrieben ist. Diese Regelung stellt eine großzügige gesetzgeberische Ausgestaltung des von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsatzes dar, dass der Auftraggeber für die Zulässigkeit von Inhouse-Vergaben über den Auftragnehmer eine „ähnliche Kontrolle wie über die eigenen Dienststellen ausüben muss“ (ständige EuGHRechtsprechung seit der sog. Teckal-Entscheidung, Urteil vom 18.11.1999, C-107/98). In einem jüngeren Urteil hatte der EuGH noch geurteilt, dass das sog. TeckalKriterium auch im Falle gesellschaftsrechtlicher (Minderheits-) Beteiligungen gemeinnütziger privater Sozialträger nicht erfüllt und daher keine Inhouse-Vergabe zulässig ist (EuGH, Urteil vom 19.6.2014, C-574/12). Hier könnten sich künftig neue Möglichkeiten für die Auftragsvergabe an gesellschaftsrechtliche Kooperationen zwischen der öffentlichen Hand und gemeinnützigen Trägern eröffnen. Eine Auftragsvergabe nach diesem erweiterten Inhouse-Privileg wird aber erst nach Ablauf der zweijährigen Umsetzungsfrist, also ab 18.4.2016, zu empfehlen sein, da zuvor trotz der in der Rechtspraxis anerkannten sogenannten „Vorwirkung“ von EU-Richtlinien keine Pflicht der Vergabekammern und nationalen Gerichte besteht, die EU-Richtlinien anzuwenden.

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Vereinfachungen für „soziale Dienste und andere besondere Dienstleistungen“ „Soziale Dienste und andere besondere Dienstleistungen“ unterliegen auch künftig einem stark abgeschwächten Vergaberegime. Darunter fallen insbesondere personenbezogene Dienstleistungen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich. Die EU-Richtlinien sehen ab einem geschätzten Auftragswert von 750.000 € anstelle eines vollständigen Ausschreibungsverfahrens vor, dass Aufträge und Zuschlagserteilung öffentlich bekannt zu machen sind und ein Nachprüfungsverfahren möglich ist. Das eigentliche Verfahren können die Mitgliedstaaten eigenständig gestalten. Der Kabinettsbeschluss der Bundesregierung vom 7.1.2015 stellt bisher als mögliche Umsetzungsoption in den Raum, dass die Auftraggeber insoweit zwischen dem vereinfachten und dem Regelausschreibungsverfahren wählen können. Abzuwarten bleibt, ob vom deutschen Gesetzgeber auch der Vorschlag der Richtlinie aufgegriffen werden wird, für die Vergabe bestimmter Dienstleistungsaufträge im Gesundheits-, Sozial- und kulturellen Bereich ausschließlich gemeinwohlorientierte Organisationen als Bieter zuzulassen.

Marcel Ruhlmann T +49 30 208 88-1328 E m.ruhlmann@rbs-partner.de Jens Krieger T +49 30 208 88-1280 E j.krieger@rbs-partner.de

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Steuerbegünstigung von Zweckbetrieben eine unzulässige Beihilfe im Sinne des EU-Rechts? Das Gemeinnützigkeitsrecht regelt im Wesentlichen bestimmte Steuervergünstigungen. Nachdem die EU-Kommission am Beispiel Luxemburgs und anderer EU-Länder das „tax ruling“, mittels dessen in einigen EU-Ländern international tätigen Konzernen besondere günstige steuerliche Zusagen gemacht wurden, aufgreift, stellt sich vermehrt die Frage, ob nicht auch die Begünstigung bestimmter wirtschaftlicher Aktivitäten gemeinnütziger Körperschaften eine unzulässige Beihilfe darstellen könnte. Das höchste deutsche Finanzgericht, der BFH, hat sich in jüngerer Zeit in verschiedenen Entscheidungen damit auseinandergesetzt, inwieweit die in §§ 66–68 Abgabenordnung (AO) geregelten Zweckbetriebe gegen das europäische Beihilfenverbot verstoßen. Obwohl der BFH selbst darüber nicht abschließend befinden musste, hat er darauf hingewiesen, dass die EU-Kommission befugt wäre, entsprechende Beihilfe-Prüfungsverfahren einzuleiten. Spätestens seitdem die EU-Kommission am 9.4.2014 ein vereinfachtes Beschwerdeformular der Öffentlichkeit vorgesellt hat, ist Aufmerksamkeit geboten. Das Formular erlaubt es, die EUKommission auf einfachem Wege über vermutete europarechtswidrige Beihilfen zu informieren. Sollte die EU-Kommission ein solches Beihilfeverfahren eröffnen, wären deutsche Gerichte – entsprechend der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Flughafen Frankfurt/Hahn – gezwungen, klagenden (nichtgemeinnützigen) Wettbewerbern vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren. Dieses könnte im ungünstigsten Fall zur Folge haben, dass gemeinnützige Zweckbetriebe bis zur Klärung in dem Hauptsacheverfahren vorläufig der Körperschaft- und der Gewerbesteuer unterliegen. Zweckbetriebe im Gemeinnützigkeitsrecht Nach § 14 AO gelten nachhaltige Tätigkeiten mit Einnahmeerzielungsabsicht als wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, soweit sie über die reine Fruchtziehung aus vorhandenem Vermögen hinausgehen. Die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe sind, sofern nicht mit ihnen unmittelbar die satzungsgemäßen steuerbegünstigten Zwecke verfolgt werden, steuerpflichtig. Bei den steuerbegünstigten Zweckbetrieben wird unterschieden zwischen der allgemeinen Definition (§ 65 AO) und den besonderen Katalogzweckbetrieben nach § 66–68 AO. Hierzu gehören beispielsweise:

Wohlfahrtszweckbetriebe (§ 66 AO) Krankenhäuser (§ 67 AO) Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime usw. (§ 68 Nr. 1 Buchst. a AO) Kindergärten, Schullandheime und Jugendherbergen (§ 68 Nr. 1 Buchst. b AO) kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen (§ 68 Nr. 7 AO) Volkshochschulen und andere Aus- und Fortbildungseinrichtungen (§ 68 Nr. 7 AO) Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen (§ 68 Nr. 9 AO)

Nur Zweckbetriebe nach der allgemeinen Definition § 65 AO unterliegen einer Prüfung, ob die Steuerbegünstigung zu einer Wettbewerbsbeeinflussung führt. Für die Katalogzweckbetriebe wird dagegen eine mögliche Wettbewerbsbeeinflussung in Kauf genommen.

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EU-Beihilfeverbot Nach Art. 107 ff. Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union (AEUV) ist die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige durch staatliche Mittel eine unzulässige Beihilfe, wenn dadurch der Wettbewerb verfälscht und hierdurch der zwischenstaatliche Handel in der Gemeinschaft beeinträchtigt werden könnte. Von dem Verbot gibt es eine Reihe größen- und tätigkeitsbezogene Ausnahmen. Neben bestimmten Schwellenwerten („DeMinimis“) sind insbesondere Leistungen der Daseinsvorsorge teilweise von dem Verbot befreit. Grundsätzlich gilt aber eine sog. Notizifizierungspflicht, nach der die Begünstigung den EU-Behörden zu melden („notifizieren“) ist, um eine Prüfung der Zulässigkeit zu ermöglichen. Bereits ein Verstoß gegen die Notifizierungspflicht führt zu einer formellen Unzulässigkeit der Beihilfe, mit der Folge eines Durchführungsverbots. Die EU-Kommission kann anordnen, dass unzulässige Beihilfen zurückzuerstatten sind. Folge der Erkennung von Steuervergünstigungen als unzulässige Beihilfe wäre, dass die „normale“ Versteuerung nachzuholen ist. Da gemeinnützige Zweckbetriebe nach §§ 66–68 AO keiner Prüfung auf eine Wettbewerbsbeeinflussung unterliegen, könnte insoweit eine unzulässige Beihilfe angenommen werden. Hinsichtlich von Zweckbetrieben nach der allgemeinen Zweckbetriebsdefinition § 65 AO erscheint dieses unwahrscheinlich, da hier der Ausschluss unnötiger Wettbewerbsbeeinträchtigungen bereits Anerkennungsvoraussetzung ist. Ausblick Sollte die EU-Kommission ein Beihilfe-Prüfverfahren in Zusammenhang mit den Zweckbetrieben nach §§ 66–68 AO einleiten, besteht das Risiko, dass (gewerbliche) Wettbewerber mittels eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz vor deutschen Gerichten eine (vorläufige) Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften durchsetzen. Insbesondere in Branchen mit hohem Wettbewerbsdruck sollten die Aktivitäten der EU-Kommission insoweit beobachtet und ggfs. Möglichkeiten und Erfordernisse einer Risikovorsorge geprüft werden.

Marcel Ruhlmann T +49 30 208 88-1328 E m.ruhlmann@rbs-partner.de

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Impressum Die Beiträge in dem NPO-Newsletter sind nach bestem Wissen und nach derzeitigem Kenntnisstand erstellt worden. Gesetze, Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen werden nur auszugsweise wiedergegeben. Wir bitten deshalb, die Beiträge im Einzelfall mit den ungekürzten Veröffentlichungen zu vergleichen, um Informationsfehler zu vermeiden. Die Komplexität und der ständige Wechsel der Rechtsmaterie machen es notwendig, Haftung und Gewähr für die Richtigkeit der in diesem Newsletter enthaltenen Informationen auszuschließen. Herausgeber RBS RoeverBroennerSusat GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Domstraße 15 20095 Hamburg Verantwortliche Redaktion WP/RA/StB Dr. Christoph Regierer Rankestraße 21 10789 Berlin T +49 30 208 88-1210 E c.regierer@rbs-partner.de Druckerei Max Siemen KG Oldenfelder Bogen 6 22143 Hamburg


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