REAL DRIVING DRIVING REAL LIFESTYLE LIFESTYLEMOTORMAGAZIN MOTORMAGAZIN10-1/2013 05/2013 ISBN ISBN978-3-942853-25-5 978-3-942853-42-2
Born electric
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ruce Springsteen ist nicht der beste Musiker aller Zeiten. Der US-Amerikaner kann aber zweifellos Massen begeistern Generation von Fans strömen zu seinen Konzerten auf der ganzen Welt. Wenn „Born in the USA“ ertönt, können Millionen mitgrölen und im Takt stampfen und jubeln. Ein Hauch Bruce Springsteen wäre ganz gut für die Elektromobilität, denn Millionen Fans sind es bisher nicht. In Deutschland gerade mal Tausende. Das will BMW ändern. Der i3 ist „born electric“ und soll die Massen mobilisieren. der besser emobilisieren. Bruce Springsteen hatte seinen größten Hit „Born in the USA“ mit der E Street-Band.
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infachere Gemüter mögen nun denken, dass E-Street auch für Elektrizität in irgendeiner Variation steht. Klingt schön, ist aber natürlich nicht so. Der Stadtplaner in den USA benennt seine Fahrwege lieber nach dem Alphabet und nach Windrichtungen als nur nach Personen oder Geschehnissen der Zeitgeschichte. Herr Springsteen hat mehr als 130 Millionen Tonträger verkauft. Dahin will BMW mit dem i3 noch. Nun geht es endlich los. ach unzähligen Präsentationen von i3 und i8 auf der ganzen Welt. „Born electric“ kommt nicht von ungefähr.
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er i3 und der i8 sind von Grund auf neu konstruiert. Entwickelt für den elektrischen Antrieb. Kein Auspuff, kein Ölfilter und kein großer Motorraum bieten neue gestalterische Möglichkeiten. So kann der i3 sehr kompakt bleiben.
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orm und Raum aussen und innen geben Platz für neue Interpretationen. Das EVehikel aus Karbon wiegt 1.195kg. Das sind rund 300kg weniger als andere E-Mobile dieser Größe. Karbon in Großserie kann zur Zeit nur BMW. Lamborghini und Co machen bisher nur kleine Stückzahlen.
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n nur 7,2 Sekunden spurtet der i3 von Null auf Hundert. Der E-Motor entwickelt 170PS und 250 Nm Drehmoment. as klingt weniger spektakul채r als es ist. In der Realit채t st체rmt der i3 aus dem Stand los wie vom Gummiseil gezogen. Blitzschnell und ohne jegliche Unterbrechung saust das Automobilchen los und erzeugt dabei nur ein durchaus sympathisches Pfeifen.
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onst hört man nichts außer irgendwann Windgeräusche, da sich auch eine Karosserie aus Carbon nicht am Luftwiderstand vorbeimogeln kann. Die Karbonfasern stellt BMW in den USA in einem speziell gebauten Werk her und gewinnt die Energie dafür in eigens aufgestellten Wasserkraftanlagen. n Leipzig wird dann ein Schuh- äh Automobil daraus und zwar mit der Kraft dafür aufgestellter Windräder. So soll der Produktionsprozess so grün wie möglich bleiben.
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rün ist der i3 bei der Testfahrt nicht, sondern silber- oder gulaschfarben. Solarorange heißt das bei den Entwicklern. Nun gut, wer wird schon über Farben streiten. on aussen ist der i3 in der Tat anders. Die Front ist futuristisch. Das Tagfahrlicht ist individuell, die BMW-Niere sofort erkennbar und geschlossen. Die Seite ist, sagen wir mal, kubistisch. in Kollege meint sogar, dass sie fast an den Übergang von Picasso in seine rosa Periode erinnert und den genialen Pablo zunächst manche Zeitgenossen auch nicht verstanden haben. Auf jeden Fall ist der i3 von der Seite gesehen radikal anders. Respekt dafür. Das muss man sich erst einmal trauen.
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as Heck erinnert von den Proportionen her an den Audi A2. Der war ja etwas zu früh für die Welt. Hoffentlich ist sie jetzt bereit für den i3. Zeit wäre es. er i3 ist hoch. Diesen Eindruck verstärken die großen, schmalen Reifen noch. urch den Einbau der Batterie in den Wagenboden ist der Schwerpunkt trotzdem erfreulich tief und lässt den E-BMW auch bei sportlichem Einsatz satt auf der Straße liegen.
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ie Batterie besteht aus 96 Lithium-Ionen-Zellen in 8 Modulen. Die Module können bei Defekten auch einzeln ausgetauscht werden. Sie verfügt über 18,8 kWh nutzbare Energie. n einer 220V-Haushaltssteckdose dauert es 6-8 Stunden bis die Batterie wieder voll ist, mit Gleichstrom an der Wallbox von BMW nur 2-3 Stunden.
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chnellladestationen mit extremer Leistung bekommen den i3 auch in rund 30 Minuten wieder zu 80% voll. er Ladezustand und andere nette Funktionen lassen sich Ăźber eine Smartphone-App kontrollieren. as normale Ladekabel zur Steckdose ist gratis und in einem Fach unter der Motorhaube verstaut. Die Leitung zur Wallbox kostet 190.-â‚Ź.
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MW gibt auf die Batterie 8 Jahre oder bis zu 100.000km Laufleistung Garantie. it der ChargeNow-Karte von BMW kann der stolze i3Eigner an den meisten Ladestationen im In- und Ausland bezahlen. er einen Garten hat, kann sich einen Carport mit Solarzellen auf dem Dach vor das H채uschen stellen.
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o wird der Strom dann komplett grĂźn. Bis sich der Solarport amortisiert hat, dauert es aber etwas, denn die Investitionskosten liegen bei rund 15.000.-â‚Ź. Der Kofferraum fasst im Normalzustand 260 Liter, bei umgeklappter RĂźcksitzbank bis zu 1.100 Liter. m Vergleich zu einem VW Polo (280-952L), VW Golf (380-1.270L) oder der MercedesBenz A-Klasse (341-1.157L) liegt der i3 genau dazwischen.
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un zur Größe: Er ist 4 Meter lang und 1,78 Meter breit. Der Audi A3 liegt bei 4,24 Meter Länge und 1,78 Meter Breite. Die A-Klasse ist ebenfalls 1,78 Meter breit und 4,29 Meter lang. Der VW Golf misst 4,26 Meter in der Länge und 1,79 Meter in der Breite und der VW Polo ist 1,68 Meter breit und 3,97 Meter lang. Damit liegt der i3 äußerlich auf Kleinwagen-Niveau, innerlich ist der BMW allerdings ein Raumwunder. Zunächst sieht der Münchner aus wie ein Zweitürer.
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er die vordere Tür öffnet, merkt schnell, dass es da noch eine weitere Öffnung gibt. Mit einem innen liegenden Handgriff lässt sich die Fondtür öffnen und gibt den Blick auf das Interieur frei. Die Schalensitze verstärken den futuristischen LoungeCharakter. eine B-Säule stört den Blick und macht Einoder Ausstieg einfach. Außerdem gibt es weder vorne noch hinten einen Mitteltunnel. Das macht den Innenraum sehr luftig und groß. Hinten haben auch Erwachsene Platz.
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orne Ăźberzeugt das Cockpit mit sehr reduzierter Instrumentierung und einer sehr schĂśnen Welle aus Schichtholz.
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er Monitor direkt hinter dem Lenkrad ist etwas klein. af端r hat das Zentraldisplay fast Kinoformat.
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er Verzicht auf eine riesige Armaturentafel passt zum neuen Innenraumkonzept und spart Gewicht. Dadurch wird auch der Blick auf die große Fläche hinter den Monitoren bis zur Front scheibe frei. ie Oberfläche soll zwar Nachhaltigkeit sichtbar machen. Kenaf, eine Naturfaser, sieht hier aber leider aus wie dunkelgrau eingefärbter Eierkarton. Für diese Fläche wird es bestimmt bald andere Lösungen geben.
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ie Sitzposition ist etwas erhöht und erzeugt einen zusätzlichen Eindruck von Geräumigkeit und Gelassenheit.
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ie Bezeichnung fĂźr die Ausstattungsvarianten passt haargenau dazu. Sie heiĂ&#x;en Atelier, Loft, Lodge oder Suite.
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n der Lenks채ule sitzt der Ein-/Ausschalter. Im Stand pulsiert die Schaltfl채che und zeigt auch nachts, wo der Finger hin muss. ann lassen sich noch die Fahrstufen an dem Drehregler w채hlen und schon kann es fast ger채uschlos abgehen. Das tut es auch. Sofort und ohne Pause. Der i3 rennt in nur 4 Sekunden von Null auf 60km/h.
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n der Ampel m체ssen schon sehr viel st채rkere Vehikel stehen, um den Spurt zu gewinnen. Ohne Unterbrechung beschleunigt der BMW immer weiter und bereitet 100%ige Freude am Fahren.
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nders als bei vielen anderen Stromern flitzt der i3 hoch bis 150km/h. Dann ist elektronisch abgeregelt Schluss. Die Reichweite betr채gt 130-160 Kilometer, im Testalltag auch 120 Kilometer.
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afür, dass man nicht ständig grinsend andere Verkehrsteilnehmer versägt, sorgt die Anzeige auf den Monitoren. Ein halbrundes Leuchtbalkenband gibt ständig Auskunft über die Fahrweise des Nutzers.
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inks wird rekuperiert. Wer den Fuß vom Gas nimmt, bekommt so Energie zurück.
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ie Mittelstellung zeigt an, dass der Fahrstil verbrauchsfreundlich ist.
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echts freut sich der Fahrer gerade über die sportwagenähnliche Beschleunigung. s ist erstaunlich, wie beruhigend so eine zentrale Verbrauchsanzeige auf den Gasfuß wirkt. Kaum sitzt man im i3, will man die Reichweite maximieren. Allerdings macht der atemberaubende Schub auch immer wieder Lust auf Leistung. Erstaunlich ist der kleine Wendekreis (9,6 Meter). Da kommt fast Gokart-Feeling auf.
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as große Display in der Mitte zeigt die Navigationskarten brillant an.
ie Software stellt die Reichweite der Batterie grafisch dar. So wird sofort klar, ob man sein Ziel mit der Ladung noch erreichen kann oder nicht. uf Wunsch gibt das System sogar die Kombination mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder den Fußweg bis zum Ziel an. Außerdem sind die Statistiken über die Fahrweise, Rekuperation und Stromverbraucher abrufbar.
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ie Rekuperation funktioniert so gut, dass engagierte Sparer bald komplett ohne Bremse auskommen. Im „Eco-Pro+“-Modus verzögert der i3 nur durch das Lupfen des Fahrerfüsschens vom Gaspedal so gut bis in den Stand, dass dadurch auch noch der Bremsbelagverschleiss gegen Null geht. n diesem Sparmodus bleibt auch die Klimaanlage ausgeschaltet, die Höchstgeschwindigkeit auf 90km/h begrenzt und der i3 kann segeln. Apropos Null. Kostenlos gibt es den i3 natürlich nicht. Die Preise beginnen bei 34.950.-€.
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er Range Extender, ein kleines Zweizylinderchen mit 650ccm Hubraum und 34PS zum Aufladen der Batterie, kostet nochmal 4.500.-â‚Ź. ie Reichweite steigt dadurch auf 300 km und die Omi muss am Geburtstag keine Einsamkeit fĂźrchten. Genau das ist das Ding, das mit der Range Anxiety oder Reich weitenangst.
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eit den Verbraucherstudien von GM oder Toyota in den vergangenen Jahren ist klar, dass der durchschnittliche Stadtmensch nur 50-65 Kilometer täglich mit dem Auto zurück legt. Hin zur Arbeit und wieder zurück. Diese Ergebnisse hat auch BMW in umfangreichen Analysen bestätigt. Also passt die Reichweite in den meisten Fällen.
as sieht auch BMW-Sprecher Wieland Bruch so: “Wir glauben, dass die meisten Menschen, die jetzt einen i3 mit Range Extender bestellen, bald feststellen werden, dass sie ihn überhaupt nicht nutzen. Und wer am Tag mehr als 100 Kilometer fährt, sollte sich für ein anderes Konzept, zum Beispiel einen BMW 1er entscheiden.“ er Range Extender wiegt 120kg. Das macht den i3 langsamer (0-100km/h: 7,9 Sekunden) und steigert den Verbrauch (13,5kw/h statt 12,9 kw/h, Reichweite minus 20km). Die Vollkasko-Einstufung 18 ist deshalb so günstig, weil die Reparaturkosten günstig sind. BMW-Produktmanager Heinrich Schwackhöfer: „Die Außenhaut ist aus Thermoplast. Das vermeidet bei kleinen Parkremplern Beschädigungen, weil es nachgibt oder auch leicht repariert werden kann.“
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ie Produktion ist etwas aufwändiger als bei konventionellen Autos. Die Umweltbilanz dreht aber nach 5 Jahren Nutzungszeit in den grünen Bereich und arbeitet dann für den i3. ls Zusatzausstattung bietet sich die Wärmepumpe zur Batterievorheizung für 660.-€ an. Das verlängert gerade im Winter die Reichweite.
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m Jahr 2007 fand sich bei BMW ein 7köpfiges Team zum Projekt „i“ zusammen. Ein Megacity-Vehikel war das Ziel. Nun, nach mehr als 2 Millionen Testkilometern, steht der i3 auf der Straße. Nachhaltig über die gesamte Wertschöpfungskette und hochspezialisiert in der Anwendung.
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onzipiert als Fahrzeug mit Rückzugsmöglichkeit im Inneren, mit Loungecharakter, der passenden Portion Gelassenheit und den Funktionen, um Staus oder Zeitverlust bei der Parkplatzsuche zu vermeiden. Insgesamt hat BMW für den i3 und den Sportwagen-Bruder i8 nach Schätzungen mehr als 3 Milliarden Euro investiert.
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llein 400 Millionen für das Karbonfaser-Werk in Moses Lake im US-Bundesstaat Washington. Außerdem sind an der Produktion noch die Werke in Wackersdorf, Landshut und Dingolfing beteiligt. In Leipzig rollen die i3s dann fertig vom Band. Mindestens 800 neue Arbeitsplätze bringt „born electric“. ie Jahresproduktion soll bei 15.000 Stück liegen. 2.000 bleiben in Deutschland, die meisten werden in die USA und 2014 auch nach China gehen. Verkauft werden die „i“s bei speziellen Händlern in der „i-World“. Wer wieder vergleichen will, bemerkt schnell, dass der i3 kein Sonderangebot ist, kann er auch nicht.
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r ist nämlich premium UND elektrisch, also doppelt teuer. Von der Motorleistung her kommt ihm eine Mercedes-Benz A-Klasse nah (A 220 CDI, 170PS, ab 34.093,50). Der A 200 Benziner mit 156PS kostet ca. 7.000.-€ weniger, ein Audi A3 1,8 TFSI mit 180PS ebenso. Die Konkurrenten sind jedoch konventionelle Autos. MW-Produktmanager Heinrich Schwackhöfer: “Bei den Energiekosten sind Sie im Bereich von bis zu 50% im Vergleich zu einem sparsamen Verbrennungsfahrzeug. Aber auch bei den Kosten durch Wartung, Versicherung oder Steuern habe Sie Vorteile, so dass wir insgesamt auf ein Drittel der laufenden Kosten kommen.“ enn jetzt die Bundesregierung, so wie in den USA, Frankreich oder den Niederlanden, konkrete finanzielle Anreize bieten würde, würde der Stromer ein Renner. Schlechte Nachricht für alle niederländischen Wohnwagenliebhaber: eine Anhängerkupplung ist nicht erhältlich.
REAL DRIVING Impressum: Verlag: Proremo GmbH Gernotstr. 8 80804 MÜNCHEN ISBN 978-3-942853-42-2
Redaktion: Reinhold Deisenhofer Mathew Wales Amy Werner Simon Fühler Sven Pauly
Herausgeber: Reinhold Deisenhofer
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Ein Doppeltipp auf den Bildschirm macht Fotos groß.