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Mangelware Wertsch\u00E4tzung
Wo Anerkennung für erbrachte Leistungen fehlt, sinkt die Einsatzbereitschaft und die Identifikation mit dem Unternehmen. Alles und jeden über den grünen Klee zu loben, kann jedoch auch nicht die Lösung sein. Tatsächlich erfordert es vielmehr ein Bewusstsein für die Instrumente der Wertschätzung.
Die Wertschätzung gegenüber Mitarbeitenden gilt als wichtige Stellschraube für die emotionale Bindung der Belegschaft ans Unternehmen. Und die ist ein relevanter Kostenfaktor: Mangelnde Wertschätzung sorgt langfristig für finanzielle Einbussen. Deshalb nachfolgend eine kleine Begriffskunde – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
A wie Anerkennung
Es ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis, anerkannt und geliebt zu werden. Medizinprofessor Joachim Bauer von der Universität Freiburg, der seit Jahren den Wunsch nach Anerkennung erforscht, sagt: «Neurobiologische Studien zeigen, dass nichts das Motivationssystem so sehr aktiviert, wie von anderen gesehen und sozial anerkannt zu werden.»
Wertschätzung gegenüber Mitarbeitern kann heissen, dem anderen für seine Unterstützung, sein Engagement oder sein Entgegenkommen Anerkennung zu zollen. Dabei kommt es erheblich auf die Qualität der Anerkennung an, um Wirkung zu erzielen. Nach dem Giesskannenprinzip regelmässig als Vorgesetzter zu sagen: «Ihr seid ein Spitzenteam!», wird den Einzelnen nicht dauerhaft motivieren. Je konkreter und individueller die Anerkennung, desto besser kommt sie an.
Interessant ist, dass Worte allein hier nicht reichen. Vielmehr wünschen sich Arbeitnehmer Anerkennung, dass ihr Vorgesetzter wirklich hinter einer Initiative für mehr Wertschätzung und Anerkennung steht, häufig gemeinsam mit seinem Team agiert und Erfolge sichtbar und nachvollziehbar für alle sind.
W wie Wertschätzung
Wenn wir andere wertschätzen, bewerten wir sie positiv. Doch diese Bewertung ist nicht abhängig von konkreten Taten, Statussymbolen oder Privilegien – auch wenn diese unser Urteil mitbeeinflussen. Unsere Wertschätzung basiert eher auf einer allgemeinen Haltung anderen gegenüber. Mitarbeiter erfahren Wertschätzung im Unternehmen durch die gelebte Führungs- und Unternehmenskultur.
Wertschätzung gegenüber Mitarbeitenden kann sich in vielen kleinen Gesten, Massnahmen und Ritualen zeigen. Wertschätzung ist eine Kombination aus Haltung (Neugierde und Interesse am Gegenüber, Wissen um die Einzigartigkeit des anderen, Freude daran, mit einem anderen Menschen auf Augenhöhe in Kontakt zu sein), aus Verhalten und aus einer wertschätzenden, positiven Sprache.
Wertschätzung ist ein Gesundheitsfaktor, besonders im Arbeitsleben. Sie erleichtert den Ausstieg aus der Stress-Spirale, steigert das Wohlbefinden und die Motivation. Fehlt hingegen die Anerkennung des Chefs, kann das Mitarbeiter krank machen.
L wie Lob
Im Schwäbischen gibt es die Redewendung «Nix gschwätzt isch Lob gnuag», aber das sollte nicht für den Führungsalltag in den Firmen gelten. Nur zu denken, «das hat er oder sie aber gut gemacht», kommt bei Mitarbeitern nicht an. Im Gegenteil. Wo für offenkundig sehr gute Leistung ein positives Feedback fehlt, entsteht das Gefühl der Nichtbeachtung. Und das weist den Weg in die falsche Richtung.
Ein geäussertes Lob ist nicht zu verwechseln mit der grundsätzlichen Anerkennung, die man anderen entgegenbringt. Es hat weniger Bedeutung für den Empfänger als die gelebte Kultur der Anerkennung in Form emotionaler Wertschätzung und persönlicher Förderung. Damit ein Lob ankommt und überhaupt positive Wirkung erzielt, sollte es konkret formuliert sein, so dass der oder die Gelobte weiss, wofür er oder sie das Lob bekommt.
Doch was wir für diese Beziehungen brauchen, hängt sehr von den gemachten Erfahrungen des Einzelnen ab. Während der eine Mitarbeiter einen Kick durch das Lob des Vorgesetzten erlebt, misstraut der andere Mitarbeiter zunächst dem Lob und wartet ab, ob er weiteren Zuspruch bekommt, bevor er das Gesagte als wahr annehmen kann. Hier braucht es von Führungskräften ein gutes Gespür, welche Ansprache ein Mitarbeiter benötigt.
Z wie Zuwendung
Für Zuwendung kennt das Wörterbuch viele Synonyme: Anteilnahme, Entgegenkommen, Zuneigung, Freundlichkeit, Herzlichkeit, Herzensgüte, Wärme, Warmherzigkeit, Liebenswürdigkeit, Wohlwollen oder Güte. Wenn wir uns jemandem zuwenden, beachten wir ihn spürbar. Er oder sie erfährt liebevolle Aufmerksamkeit.
Diese Zuwendung steigert bei Mitarbeitern das Zugehörigkeitsgefühl. Es verbessert nicht nur die Motivation für weitere Leistungen, sondern auch das Verhältnis zu demjenigen, der ihnen die Zuwendung entgegenbringt. Und genau dieses Verhältnis gilt es zu pflegen.
Wer Mitarbeiter dauerhaft zu Bestleistungen motivieren möchte, sollte wertschätzenden Kontakt zu ihnen halten. Zuwendung ist ein Teil davon. Sei es die morgendliche Begrüssung per Handschlag, das aufmerksame Zuhören, wenn jemand mit Ihnen spricht, sei es die freundliche Erkundigung, wie es der Familie geht oder das Schulterklopfen, wenn Sie Aufmunterung oder Anerkennung zeigen wollen – es gibt viele Gesten und Möglichkeiten der Zuwendung. Wichtig ist, sie zu nutzen, um Wertschätzung gegenüber Mitarbeitern spürbar zu machen.
Fazit
Im Grunde lässt sich das geeignete Vorgehen auf ein einfaches Credo reduzieren: Behandeln Sie andere, wie Sie selber behandelt werden möchten. Echte Wertschätzung stellt keine Bedingungen. Wertschätzung beginnt mit einem Lächeln auf den Lippen und einem «Danke» auf der Zunge. Kleine Gesten mit grosser Wirkung – und dem Potenzial, eine Kultur zu schaffen, in der sich alle wohlfühlen und wo man gern arbeitet.
Zur Autorin: Antje Heimsoeth ist eine der bekanntesten Mental Coaches im deutschsprachigen Raum. Die Gründerin und Geschäftsführerin der Heimsoeth Academy trainiert Top-Führungskräfte von internationalen Konzernen und traditionsreichen Mittelständlern. Sie ist eine begehrte Keynote-Rednerin, ausgezeichnet als «Vortragsrednerin des Jahres 2014» und «renommierteste Motivationstrainerin Deutschlands» (Focus). www.antje-heimsoeth.com www.heimsoeth-academy.com