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TRAUEN!

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MANN GROSSER WORTE

MANN GROSSER WORTE

Die Rolle der Infuencerin Vanessa in der Netfix­Serie „Kitz“ katapultierte sie unter die drei meist gegoogelten Österreicherinnen und Österreicher. Weil sie die Fassade der oberfächlichen Instagram­Blondine gekonnt gesprengt hatte: Valerie Huber, 28, Schauspielerin. Und viel, viel mehr.

Auch nach „Kitz“ ist die gebürtige Wienerin, die großteils in Afrika (Uganda und der Elfenbeinküste) und in den USA (Washington, D. C.) aufwuchs, aus den Online­Suchanfragen nicht wegzudenken. Denn diese Frau Huber hat ein Motto: Probier alles, was dich reizt.

Ja, sie ist Schauspielerin. So war sie in der ServusTV­ Produktion „ Das Netz – Prometheus“, im US­Remake des Til­Schweiger­Films „ Head Full of Honey“, im Epos „Chasing the Line“ sowie in der Krimikömodie „Pulled Pork“ zu sehen. Aber: Sie singt jetzt auch. Unter dem Künstlernamen Valeh hat sie drei poplastige Singles samt Videos an den Start gebracht: „Want You“, „Otherside“ und „Hell“. Und als ob das nicht genug wäre, ist Valerie Huber nebenbei Skilehrerin, Schwarzgurt­Trägerin im Taekwondo, Dokumentarflmerin und Aktivistin.

Aber wie macht sie das? Und warum? Für unsere Bildstrecke performte sie noch im Fotostudio in Wien. Fürs Interview brauchte es dann aber eine Satelliten­Internetverbindung. Denn Valerie Huber war uns schon wieder ein paar Flugmeilen voraus – diesmal im südamerikanischen Ecuador.

The Red Bulletin: Valerie, wir er reichen dich auf einem Expeditionsschif vor den Galapagos-Inseln. Wie kommt’s?

Valerie Huber: Ich bin hier, weil ich für zwei Monate an einem Dokumentarfilm mitarbeiten darf – es geht darum, wie sich Klimawandel und Plastikmüll auf die Seelöwen auswirken. Gestern ist die Crew mit einem Schlauchboot rausgefahren und wäre aufgrund der Wellen fast gekentert. Man weiß nie, wie das Wetter hier umschlägt, das ist teilweise echt abenteuerlich.

Du hast dich kürzlich zum ersten Mal als Sängerin präsentiert. Andere würden eine Promo-Tour machen. Solltest du nicht in Wien sein, um die Werbetrommel für deine Musik zu rühren?

Ich sollte wahrscheinlich Promo machen, stimmt schon. Aber die Chance, bei diesem Projekt mitzumachen, war einmalig. Es sind Top­-Leute an Bord, ich kann hier überall reinschnuppern – und viel für künftige Dokus lernen.

Keine Angst, dass die Musikkarriere stockt, wenn du nicht dranbleibst?

Diese drei Singles rauszubringen und mit der Welt zu teilen war wichtig für mich. Weil das Leben nun mal zu kurz ist, um nur von etwas zu träumen – und es dann nicht zu tun. Ich bin da aber ohne große Erwartungen rein, obwohl Musik ein Teil von mir ist. Mir ist durchaus klar: Wenn man in etwas so richtig gut und erfolgreich sein will, dann muss man seine komplette Energie reinstecken. Denn von dort, wo die Energie hinfießt, kommt sie auch zurück. Aber natürlich ist das schwierig, wenn man am liebsten alles gleichzeitig tun würde.

Wird’s nicht manchmal zu viel?

Im Gegenteil, viele Sachen gleichzeitig zu machen gibt mir so ein Gefühl von Lebendigkeit. Das war schon als Kind so. Mit zehn stand ich regelmäßig für die Kinderserie „Tom Turbo“ vor der Kamera. Letztlich war ich in der Schule fleißiger und besser – so viel Energie habe ich daraus gezogen.

Was findest du in der Musik, was dir das Schauspiel nicht geben kann?

Das sind ganz unterschiedliche Arten von Kreativität. Als Schauspielerin sagt man Texte auf, die jemand anders geschrieben hat. Erntet man Kritik, dann kann man sich immer auf das Drehbuch oder auf die Regie rausreden. In der Musik hingegen habe ich die Möglichkeit, selbst etwas zu erschafen und mein Innerstes preiszugeben. Momentan bin ich klassisch in Richtung Rock/ Pop unterwegs, da geht’s um klassische Themen wie Liebe. In Zukunft möchte ich defnitiv auch kritischere Texte machen.

Wo wir schon beim Thema Interessenvielfalt sind: Du hast auch ein Studium der Politikwissenschaften begonnen. Warum hat letztlich das Schauspiel das Rennen gemacht?

Gute Frage. Einer der Gründe war, dass ich mir am Anfang in der Schauspielschule schwergetan habe. Alle waren unnahbar und schwarz angezogen, typische Schauspielstudenten. Und dann kam ich, frisch aus Amerika – dieses Extrovertierte, die bubbly personality, ich habe da nicht wirklich reingepasst. Ich war kurz davor, abzubrechen, aber die Direktorin der Schule meinte, sie sehe etwas in mir. Also blieb ich und ließ das Studium.

Die Direktorin schien den richtigen Riecher gehabt zu haben. Hast du – trotz deiner Erfolge mit Serien wie „Kitz“ – die Entscheidung je angezweifelt?

Ja, ich denke, das tut man ständig in diesem Beruf. Vielleicht ist es mit Ende zwanzig auch normal, dass man sich hinterfragt: Was mache ich überhaupt mit meinem Leben? Ich beobachte das auch in meinem Freundeskreis. Man denkt so Sachen wie: Ich könnte gerade etwas tun, was wirklich einen Nutzen hat. In Afrika Schulen bauen zum Beispiel. Aber stattdessen mache ich etwas, was mir Spaß macht, aber niemandem zugutekommt. Ich habe auch hinterfragt, ob ich gewisse Rollenbilder, die oft im Fernsehen gezeigt werden, wirklich bedienen möchte.

Zu welchem Schluss kommst du?

Dass ich sie nicht bedienen will. Junges blondes Mädchen – um in den deutschen Markt überhaupt erst mal reinzukommen, habe ich anfangs eben viele dieser Charaktere gespielt. Davon konnte ich mich mittlerweile distanzieren. Und ich beginne zu sehen: Die Plattform, die ich durch die Schauspielerei habe, kann ich auch nutzen. Um etwa auf sozialpolitische Themen aufmerksam zu machen, was mir sehr wichtig ist. Ich wurde neulich von einem Verlag gefragt, ob ich nicht ein Sachbuch schreiben möchte – und tue dies gerade auch. Darüber, wie die junge Generation inmitten der multiplen Krisen dieser Welt überlebensfähig bleiben kann. Doch es ist schon paradox: Mein Vater etwa wurde nie gefragt, ob er ein Buch schreiben möchte – er ist Afrika-Experte, hat richtig große Projekte bei der Weltbank mitentschieden. Da stellt sich schon die Frage: Warum hören wir – jetzt bei der Klimadebatte – nicht den Menschen zu, die sich wirklich auskennen, den Wissenschaftlern und Experten?

Stimmt es, dass du auch den schwarzen Gürtel in Taekwondo hast?

Ja, mein Papa war früher Taekwondo-Trainer –so haben sich auch meine Eltern kennengelernt. Ich habe schon als Kind damit begonnen und mit sechzehn den schwarzen Gürtel gemacht.

Was hat die Kampfkunst dich fürs Leben gelehrt?

Respekt. Achtsamkeit. Vor allem aber Selbstsicherheit: Zu wissen, wie ich mich im Notfall wehren kann – auch wenn ich es bisher zum Glück nicht gebraucht habe –, lässt mich ganz anders auftreten. Vor allem Männern gegenüber. Sagen wir so, ich lasse mich nicht schnell einschüchtern.

Diese Selbstsicherheit, viele unterschiedliche Projekte zu wagen – ist die auch dem Kampfsport zuzuschreiben?

Eher der Erziehung durch meine Eltern. Sie haben mir beigebracht, dass ich alles schaffen kann, wenn ich möchte. Wobei mir durchaus klar ist: Ich bin extrem privilegiert aufgewachsen. Nur ein weißer Mann hat mehr Privilegien als ich. Die ersten Jahre meines Lebens waren wir ja wie gesagt in Afrika – an der Elfenbeinküste und in Uganda. Dort habe ich früh mitbekommen, wie viel Ungleichheit und Ungerechtigkeit in der Welt herrscht. Das hat mir aber auch aufgezeigt, dass es eine Verschwendung wäre, wenn ich mein Privileg nicht nutzen oder nicht versuchen würde, meine Träume zu leben und der Welt etwas zurückzugeben. Weil ich eben die Chance habe, das zu tun. So viele andere haben die nicht.

Ist das zu deinem Credo geworden?

Ja. Auch wenn ich nicht immer alles in letzter Konsequenz durchziehe – da gibt es wesentlich planvollere Menschen als mich. Aber prinzipiell denke ich schon: Go for it! Denn was hat man schon zu verlieren, in einem Sozialstaat wie Österreich zumindest. Als Teenager habe ich mich immer an den Spruch gehalten: Was würdest du tun, wenn du keine Angst hättest? Denn Angst existiert nur im Kopf.

Und – was würdest du tun?

Schwierig. Vielleicht nach Los Angeles ziehen, weil man dort die Schauspielerei noch mal auf einem anderem Level betreiben kann. Vor der Pandemie war das auch mein Plan. Ich habe mir damals das Visum organisiert, musste dann aber zurück.

Was hält dich ab vom Zweitversuch?

Ich schätze, ich bin nicht naiv genug, zu glauben, dass ausgerechnet ich es schafen würde. Der Markt ist dort so unfassbar hart. Es gibt tausende andere talentierte, hübsche junge Menschen da drüben – und ich habe gesehen, dass die meisten eben auch scheitern. Insofern stehe ich derzeit vor der Frage: Glaube ich wirklich so hoffnungsvoll und fest an diesen Traum, dass ich alles dafür in Kauf nehmen will? Oder führe ich hier weiter, was ich angefangen habe?

Der Gedanke an L. A. taucht aber immer wieder auf. Mal schauen.

Was ist das Wichtigste, was du aus deiner Kindheit in Afrika mitnimmst?

Das Gefühl von Community. Diese Liebe und Wärme, die ich von den Menschen dort erfahren durfte, war unglaublich. Sie haben mich nie spüren lassen, dass ich anders bin. Als wir nach Österreich zurückgekommen sind, war das erst mal ein Kulturschock. Eine meiner ersten Erinnerungen ist: Ich gehe als Achtjährige in Wien auf der Straße, und ein Mann kommt auf dem Rad vorbei und schreit in meine Richtung: „Das ist der Radweg, G’schissene!“ Es war mir schnell klar, das ist eine andere Welt.

Mit welchen Attributen würdest du dich selbst vorstellen?

Spontan. Willensstark. Kreativ.

Was bringt einen weiter – Fragen zu stellen oder zuzuhören?

Hängt das nicht zusammen? Also erst Fragen stellen und dann zuhören. Fragen zu stellen ist aber schon ein wichtiger Punkt. Eine meiner wahrscheinlich größten Erkenntnisse der letzten Jahre ist: Wenn du etwas willst, dann frag danach. Du wirst überrascht sein, wie oft du es auch wirklich bekommst. Das beginnt bei ganz banalen Sachen. Wenn ich im Flugzeug eingequetscht zwischen zwei Leuten sitze und sehe, dass weiter vorne ein Fensterplatz frei ist … Man denkt erst: Es sind eh nur ein paar Stunden, bloß keine Extrawurst verlangen. Aber mittlerweile sehe ich: Oft ist es den Leuten, die man fragt, total egal, sie sagen: „Ja, klar, setz dich um.“ Fragen kostet nichts, aber im besten Fall hat man dann ein ganz anderes Erlebnis.

Als Schauspielerin kannst du in viele Rollen schlüpfen. Welche willst du privat mehr ausleben?

Es ist Zeit, auch die ruhigere Seite in mir zu entdecken – und auch mal ein Schweigekloster oder irgendwas in die Richtung zu probieren. Und weil ich merke, dass ich mit zunehmendem Alter ernster werde, will ich mir eine gewisse Leichtigkeit bewahren. Aber vor allem will ich daran arbeiten, in mehr Lebensmomenten glücklich zu sein.

Instagram: @valerie__huber

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